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(Erklarungsbeitrage der Neuen Ókonomischen Geographie zur Transformation der ostdeutschen Volkswirtschaft)

Einfiihrung

Die Forschungsarbeiten von Klaus Gloede befassen sich seit vielen Jahren - ne- ben der Geldpolitik - mit den Fragen der deutschen sowie mittel- und osteuropai- schen Transformationsprozesse. An diese Forschungstradition will ich mit dem nachfolgenden Beitrag ankniipfen. Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten kann man nach nunmehr funfzehn Jahren feststellen, daB die Entwicklung im Beitrittsgebiet hinter den Prognosen und Erwartungen der ersten Jahre zuriickge- blieben ist. Industrielle Zentren der Vorkriegszeit und/oder der Nachkriegszeit ha­

ben den alten Rang nicht wieder erreicht, Mittelzentren sind - was die industriellen Standorte betrifft - vielfach verschwunden. Einige Beispiele einer erfolgreichen In- dustrieansiedlung oder Industrieerhaltung in Leipzig, Dresden und einigen wenigen anderen Orten kónnen nicht dariiber hinwegtauschen, dass im Osten eine industriel­

le Entleerung von historischem AusmaB statt gefunden hat. Sie hat sich ereignet un- geachtet hoher Infrastrukturausgaben und Produktionssubventionen des Staates; sie hat sich vollzogen entgegen der politischen Zielsetzung und des gesellschaftlichen Wiederherstellungswillens. Wie laBt sich dieses, fur viele Politiker aber auch Wis- senschaftler iiberraschende Phanomen erklaren?

Nun muss man zunachst erkennen, daB es keine allgemeine Theorie der Transfor­

mation gibt und aus logischen Griinden auch nicht geben kann. Theorien sind allge- meingultige Aussagen - im Idealfall ohne zeitliche und raumliche Begrenzung — aus denen sich vergangenheitsgerichtete Erklarungen oder zukunftsgerichtete Pro­

gnosen ableiten lassen. Liegt ein Sachverhalt X ais Randbedingung vor, so kónnen

170 K laus Schólcr

wir mit Hilfe der empirischen Theorie T den Zustand Y prognostizieren. Immer wenn X entdeckt wird, kann die Theorie zur Anwendung kommen. Auch kónnen wir den Zustand Y mit Hilfe der Theorie aus der Ursache X erklaren. Eine solche empirische Theorie muss an vielen Sacłwerhalten getestet und immer wieder auf Y oder X angewandt werden; sie gilt so lange, bis sie in Widerspruch zur Realitat gerat. Da die Transformation einer Zentralverwaltungswirtschaft in eine Marktwirt- schaft ein historisch singularer Vorgang ist, kann es keine empirische und allgemei- ne Theorie der Transformation geben. Man kann aber mit Hilfe bestehender Theori- en Teilaspekte der Transformation erklaren. Wanderungsbewegungen im Umfeld der Transformation lassen sich durch Migrationstheorien erklaren, innerstadtische Verdichtung der Bebauung durch die Existenz von Bodenpreisen, usw. mit Hilfe der Neuen Ókonomischen Geographie (kurz: NOG) soli in diesem Beitrag versucht werden, die industrielle Entleerung des Ostens zu diskutieren, wobei eine kritische Beurteilung dieses Ansatzes unverzichtbar fur die Einschatzung seiner Erklarungs- kraft ist. In Abschnitt 2 wird ein einfaches Zahlenbeispiel, das auf den Uberlegun- gen der NóG basiert, vorgestellt. In Abschnitt 3 wird ein Standardmodell der NOG entwickelt und die Ergebnisse mit der industriellen Standortverteilung in Deutsch­

land verglichen. Eine kurze Zusammenfassung schlieBt den Beitrag ab.

Numerisches Beispiel

Der von Krugman1 entwickelte Ansatz, den man heute ais Grundmodell der NOG verstehen kann, verwendet zum einen das mikroókonomische Totalmodell von Dixit und Stiglitz2, das sich durch heterogene Industrieguter auszeichnet, die unter steigenden Skalenertragen produziert werden. Zum anderen wird das Grund­

modell verstanden ais ein Ansatz, der die Bildung von Agglomerationen (core) und - im Gegenzug - die Entstehung von Entleerungsgebieten oder Hinterland (periphe- ry) sowohl im kleinraumigen, ais auch im nationalen und intemationalen Kontext zu begriinden vermag. Damit entspricht der Ansatz der haufig geauBerten Auffas- sung, daB internationale, interregionale und intraregionale Standortwahl und Han- desstrome unterschiedliche Erscheinungen gleichartiger Ursachen sind3.

A n n a h m e n . Die nachfolgenden Annahmen sollen der Diskussion eine einheit- liche Grundlage geben, wobei viele der Annahmen im Zuge der Weiterentwicklung der NOG verandert wurden; die Nutzenfunktion wird durch eine andere ersetzt, die eine analytische Lósung des Modells erlaubt4; es wird ein Forschungssektor

hinzu-P. R. K rugm an, G eography a n d Trade, C am bridge (M ass.) 1991.

T ransform ationsprozcssc und N eue Ó konom ischc G eographie. 171

genommen5 oder der Konsum der landwirtschaftlichen Giiter verursacht ebenfalls Transportkosten6. Gleichwohl sollen hier lediglich die Standardannahmen genannt werden:

A l: Es wird eine Ókonomie mit zwei Sektoren, einem landwirtschaftlichen und einem industriellen Sektor, angenommen. Der landwirtschaftliche Sektor produziert ein homogenes Gut unter konstanten Skalenertragen und verkauft dieses Gut auf ei­

nem homogenen Markt. Der industrielle Sektor stellt eine groBe Anzahl in physi- scher (oder psychischer) Hinsicht unterschiedlicher Giiter her und verkauft diese unter den Marktbedingungen der monopolistischen Konkurrenz.

A2: Die Arbeiter des landwirtschaftlichen Sektors sind immobil, die des industri­

ellen Sektors wandem in die Region, die die hóchsten Reallohne aufweist.

A3: Die Transportkosten (F) werden im Sinne von Thiinens (Der Zugochse frisst einen Teil des Heus, das er transportiert) oder im Sinne Samuelsons (Ein Teil der zu transportierenden Giiter wird ais Ressource fur ihren Transport benótigt) formuliert.

Die Annahme dieser Eisberg-Technologie des Transports erubrigt die Modellierung eines Transportsektors. Transportkosten entstehen nur fiir industrielle Giiter, nicht aber fur die landwirtschaftlichen Giiter.

A4: Es besteht die Móglichkeit verschiedener Standorte, wobei jede Firma an nur einem Standort angesiedelt ist. Femer werden zwei Regionen angenommen, in de- nen sich die Standorte befmden kónnen.

A5: Alle Konsumenten verfiigen iiber die gleichen Praferenzen, die ihren Nieder- schlag in einer Nutzenfunktion vom Cobb-Douglas-Typ finden:

H - A 1"^, (1)

wobei M die Menge der unterschiedlichen industriellen Giiter und A das landwirt­

schaftliche Gut reprasentiert. Die konstantę partielle Nutzenelastizitat ju gibt die Vorlieben der Konsumenten wieder.

Z a h l e n b e i s p i e l . Es ist zweckmaBig, die Funktionsweise des Modells zunachst an einem vereinfachenden numerischen Beispiel darzustellen7. Nennen wir die eine der beiden Regionen Osten und die andere Westen. Die Gesamtnachfrage von 10 Einheiten nach den verschiedenen Varianten der industriellen Giiter ist in diesem Zahlenbeispiel exogen und teilt sich wie folgt auf: 4 Einheiten werden von den industriellen Arbeitem und 6 Einheiten von den landwirtschaftlichen Arbeitern nachgefragt. Die ebenfalls exogene Verteilung der Landwirtschaft auf Ost und West ist derart, dass im Westen 4 Einheiten und im Osten 2 Einheiten nachgefragt wer­

den, wobei diese Annahme sicherstellt, dass in jeder Region eine positive

Giiter-5 M . F u jita , J. F. T h iss e , D o es G eographical Agglom eration fo s te r Econom ic G rowth? A n d who G ains a n d

172 K laus Scholcr

nachfrage existiert. Es sollen drei mogliche Ansiedlungs- oder Standortmuster der Industrie angenommen werden: (1) Die gesamte Industrie ist im Westen angesie- delt. (2) Die gesamte Industrie befmdet sich im Osten. (3) Die Industrie ist zu 1/4 im Westen und zu 3/4 im Osten. Diese Aufteilung wird gewahlt, um zu einer gleich hohen Nachfrage in Ost und West zu gelangen. Aus der nachstehenden Tabelle kónnen die regionalen Nachfrageverteilungen ersehen werden

T ab elle 1. Y erteilung d er Industrie

Standort d er Industrie N achfrage W est N achfrage Ost G esam tnachfrage

alle im W esten 4 + 4 = 8 2 10

alle im O sten 4 4 + 2 = 6 10

W esten 25%

O sten 75% 1 + 4 = 5 3 + 2 = 5 10

Nimmt man eine Firma an, die in den Markt eintritt oder ihren bisherigen Stand­

ort verlassen will und einen Standort in West oder Ost wahlen kann, so ist es fur diese Firma ókonomisch rational, ihren Standort in die Region zu legen, die ihre Transportkosten F minimiert. Betrachtet man die zur vorangegangenen Tabelle gehórigen Transportkosten, die mit den in die jeweils andere Region zu transportie- renden Giitereinheiten verbunden sind, so wird deutlich, dass die geringsten Trans­

portkosten in den ersten beiden Fallen dort entstehen, wo sich die gesamte Industrie bereits angesiedelt hat, nur im dritten Fali entsteht ein indifferentes Resultat.

T a b e lle 2. Y erteilung der Transportkosten

Die mit Hilfe einfacher Annahmen und Zahlenbeispielen beschriebene raumliche Verteilung der Industrie und der Landwirtschaft verdeutlicht folgende drei Eigen- schaften:

1) Wenn, wie im ersten und zweiten Fali, sich industrielle Agglomerationen her- ausgebildet haben, ist es fur hinzutretende Firmen ókonomisch rational, ebenfalls die Agglomeration ais Standort zu wahlen. Im dritten Fali ist die Unternehmenslei- tung einer hinzutretenden Firma indifferent - die Transportkosten sind in Ost und West gleich hoch - und daher werden nicht modellierte Ursachen zur Standortent- scheidung fuhren. Wahlt die Firma die Ostregion, werden sich die Transportkosten im Osten reduzieren und es wird fur die Firmen im Westen vorteilhaft, sich eben­

falls im Osten anzusiedeln und Fali 3 wandelt sich zu Fali 2. Wahlt das Untemeh­

men die Westregion, so reduzieren sich die Transportkosten im Westen; es wird fiir die Untemehmen im Osten ókonomisch sinnvoll, im Westen zu produzieren und Fali 3 wird zu Fali 1.

T ransform ationsprozesse und Neue Ó konom ische G eographie. 173

2) Die drei Falle stellen Gleichgewichtssituationen dar, wobei die Falle 1 und 2 stabile Gleichgewichte sind - kleine Anderungen fiihren immer wieder zum ange- gebenen Gleichgewicht zuriick - und der Fali 3 reprasentiert ein instabiles Gleich- gewicht, wie im Punkt 1 gezeigt wird.

3) Die Falle 1 und 2 stellen stabile Gleichgewichte dar, gleichwohl ist die An- siedlung der gesamten Industrie im Osten (Fali 2) mit Transportkosten von 4 subop- timal gegeniiber der vollstandigen Industrieagglomeration im Westen (Fali 1) mit Transportkosten von 2.

Man kann das Beispiel an die deutsche Realitat annahem, wenn man zu den im- mobilen Nachfragem aus der Landwirtschaft, die 6 Einheiten Industriegiiter nach- fragen, die nicht erwerbstatigen Personen (Kinder, Rentner, Arbeitslose, etc.) hin- zuzahlt. Im iibrigen spiegelt das Beispiel mit Fali 1 - bei allen Vereinfachungen - sehr gut die Verteilung der Industrie in Deutschland um das Jahr 1990 wider. Zwar war die Industrie in Ostdeutschland physisch vorhanden - es gab Fabrikhallen und Fertigwarenlager, Maschinen und Anlagen - aber in einem ókonomischen Sinne war die Industrie mit dem Beitritt zum Wahrungsgebiet der Deutschen Mark, also mit der Óffnung der DDR zum Welthandel, verschwunden. Unter der Protektion des Staatshandels waren Giiter produziert worden, die die nationale aber auch die intemationale Nachfrage in Qualitat und Formgebung nicht befriedigen kónnten, dereń Fertigungsverfahren ineffizient und dereń Fertigungstiefe zu groB war, was nichts anderes bedeutet, ais dass die Betriebe der DDR nur unzureichend in eine na­

tionale, vor allem aber intemationale Arbeitsteilung eingebunden waren. Andere Sektoren, wie etwa Landwirtschaft und Dienstleistungen (Fremdenverkehr und Kul­

tur) haben die Marktóffnung besser tiberstanden. Die Landwirtschaft konnte die Skaleneffekte der groBen Betriebseinheiten nutzen und wird durch hohe sektorspe- zifische Transportkosten geschiitzt; in weiten Bereichen des Dienstleistungssektors werden interregional nicht handelbare Giiter erzeugt.

Da im Westen Deutschlands zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung eine umfang- reiche, alle Teilbranchen umfassende Industriestruktur mit keineswegs ausgelaste- ten Kapazitaten bestand, war es fiir Untemehmen ókonomisch nicht rational, Betrie­

be im Osten zu iibemehmen und die Produktion von dort aus im nationalen Wirtschaftsraum zu vertreiben; im Sinne der Transportkostenminimierung - wie das Zahlenbeispiel zeigt - war die Auslastung der westdeutschen Produktionskapa- zitaten und die Mitversorgung der ostdeutschen Nachfrage ókonomisch sinnvoll.

Wenn es ungeachtet dieses Anreizes, die industrielle Produktion nicht im Osten auf- zunehmen, doch zu Industrieansiedlungen und Firmeniibemahmen gekommen ist, so mógen dafiir drei Grtinde verantwortlich sein, die in dem einfachen Zahlenbei­

spiel nicht beriicksichtigt werden kónnen:

1. Bei einem Teil der industriellen Produktion entstehen bei ihrer Verteilung Transportkosten, die im Verhaltnis zum Warenwert vemachlaBigt werden kónnen.

Die Ansiedlung der Chip-Fabriken in Dresden kann so vielleicht erklart werden.

174 K laus Scholer

2. Das politische Ziel der Erhaltung der industriellen Keme in Ostdeutschland hat zu umfangreichen Standort Subventionen gefiihrt. Das Volkswagenwerk in Mosel und viele andere Standorte konnen damit erklart werden.

3. SchlieBlich konnen die niedrigeren Faktorkosten in Ostdeutschland, insbesonde­

re Lóhne, in einigen Fallen zur Standortwahl im Beitrittsgebiet gefuhrt haben. Mógli- cherweise kann die Ansiedlung von Porsche in Leipzig ais Beispiel genannt werden.

Ungeachtet dieser drei Griinde fiir eine industrielle Wiederbelebung des Ostens kann festgestellt werden, daB diese Regionen bis heute nicht wieder die Industrie- dichte erlangt haben, die sie in der Vorkriegszeit hatten. Dieses Ergebnis ist verein- bar mit dem einfachen Zahlenbeispiel auf der Grundlage der Theorien der Neuen Ókonomischen Geographie. Es fragt sich nun, ob die empirischen Beobachtungen auch mit dem Standardmodell der NOG, das Reallohndifferenzen zwischen den Re­

gionen, die Skalenvorteile der Produktion und die unterschiedlichen regionalen Preisniveaus beriicksichtigt, ubereinstimmen. Dieser Frage soli im nachsten Ab­

schnitt nachgegangen werden.

Standardmodell der NOG

N a c h f r a g e s e i t e . In diesem Abschnitt soli die Grundstruktur des einfachen Standardmodells der NOG entwickelt werden. Zu diesem Zweck knupfen wir an die Nutzenfimktion (1) in Abschnitt 2 an und maximieren diese Funktion vom Cobb- -Douglas-Typ unter der Einkommensrestriktion der Konsumenten

y = A + P M (2)

wobei P der Preisindex der industriellen Guter M u n d y das Einkommen darstellen.

Der Preisindex der landwirtschaftlichen Guter wird mit 1 angenommen. Die La- grange-Funktion lautet:

L = M * A 1-" + X(y - A - PM) (3) und weist die partiellen Ableitungen auf:

Lm = /iM ^ A 1-*- XP = 0 (4)

LA = M » { i - n)A-* - 1 = 0 (5)

Lx = y - A - P M = 0 (6)

Dieses System aus drei Gleichungen und drei Variablen kann gelost werden, indem man das Verhaltnis aus (4) und (5):

f i M ^ ' A 1-/1 XP

—--- = — (7)

M h A

oder kiirzer:

T ransform ationsprozessc und N cuc Ó konom ischc G eographie. 175

P M = p!(\ - fi) A (8)

in (6) eingesetzt:

a = (i - M)y (9)

Im Optimum wird der Konsum so aufgeteilt, dass der Anteil p fur industrielle Giiter und der Anteil (1 - fi) fiir landwirtschaftliche Giiter ausgegeben wird; dieses Ergeb- nis folgt aus den Eigenschaften der Cobb-Douglas-Nutzenfunktion. Die gesamte Giitermenge M wird ais ein Kontinuum von n unterschiedlichen industriellen Giiter- varianten m(i), i e [l,n], verstanden, die durch eine CES-Funktion zusammengefaBt lauten:

M ■ ^m(i)p di P 6 (0,1) (lOa)

Oder unter Yerwendung der Summenformel:

M : y.

(lOb)

wobei der Parameter p den Wunsch nach unterschiedlichen Giitern zum Ausdruck bringt. Ist p nahe 1, so liegen fast homogene Giiter vor; bei einem Wert p nahe Nuli werden die Giiter ais sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die Substitutionselasti- zitat zwischen zwei beliebigen Giitern i und j ist <r.

a _ d(m(i) / m(j)) m(i) / m(J) 1 d(dm(i) / dm(J)) dm(i) / dm(j) 1 - p

Nimmt man an, daB alle Giitervarianten auf die gleichen Mengen standardisiert sind m(i) = m, so kann die Gleichung (lOb) ais:

M -

z y„

= (nmp ) K. -n/pm-y (lOc)

geschrieben werden. In (lOc) wird deutlich, dass mit steigender Anzahl der Pro- duktvarianten n auch M wachst und dieser zunehmende Ausdruck, der in die Nut- zenfunktion eingeht, den Nutzen erhóht. Produktvielfalt steigert also den Nutzen und es werden mehr industrielle Giiter nachgefragt M = py. Dieser Sachverhalt wird im Nutzenmaximierungskalkiil der Konsumenten beriicksichtigt.

Die Aufteilung des Einkommens p,y auf die Gutervarianten i innerhalb der Men- ge M w ird durch die Hohe des Preises p(i) der Produktvariante i bestimmt. Folglich gehen alle Preise p(i) in die Budgetrestriktion fiir industrielle Giiter ein:

176 K laus Scholcr

Y j p ( i ) m ( i ) = j u y (U)

und das Optimum wird unter Verwendung der CES-Nutzenfunktion (lOb) be- stimmt. Die Lagrange-Funktion:

y.

+ A (12)

mit ihrer partiellen Ableitung nach der Yariante j lautet:

Z ^ o y w - '

m (j)p~ - kpij) =0, i * j e [1, ń\ (13)

Das Verhaltnis zweier Bedingungen erster Ordnung fur zwei beliebige Gutervarian- ten i und j ist:

m (jY~ _ p { j ) . m(i)P~ Pif)

i * j e [1,n] (14)

oder:

m(J) = m ( i ) [ p ( i) /p ( j ) ] U('-p) oder m(j) = m(i)[p(i) / p(j)]a (15) wobei o = zu beriicksichtigen ist. Setzt man dieses Ergebnis in die Budgetre- striktion (11) ein, so erhalt man:

Z

P(J)m(J ) =

Z

P ( j ) m ( i ) [p{i) / p ( j ) Y =

i * j e [1, n] (16) y=i

= P(‘Y m( i) J ^ p ( jy ~ a = p (i)a m ( i ) P = n y

j=i

mit dem Term:

P = U pU ) ^

i= i

1/(1 ~o)

(17)

fiir das Preisniveau der industriellen Giiter. Je kleiner die Substitutionselastizitat o - d.h. je gróBer p - ist, um so gróBer ist die Anzahl der industriellen Produkte und um so hóher ist die Reduktion des Preisindex durch eine gestiegene Zahl von Produkt- varianten. Durch Umfonnen von (16) erhalt man:

T ransform ationsprozcsse und Ncuc Ó konom ische G eographie. 177

m(i) = fiy p ( iy a P a~', i e [1, n] (18) die Nachfrage nach der i-ten Giitervariante, die nicht nur durch den Preis p(i) son­

dem auch durch das Preisniveau P und ais exogene GroBe durch das Einkommen y bestimmt wird. Sie ist isoelastisch hinsichtlich des Preises p(i). Setzt man nun das Ergebnis aus (18) in die Gleichung (lOb) ein, so erhalt man:

M =

2>0T

K

= X(MypUr ra-') y.

= fiyP° 5> r

= MyP‘ I P (0 '-a = ą y P a-'P~a = f i y / P

y.

(19)

Nimmt man an, dass alle industriellen Preise gleich sind und p(M) betragen so redu- ziert sich (17) zu:

P = I > ( 0'-°

i/(i -a)

(20)

Diese Vereinfachung erweist sich ais nutzlich.

R a u m b e z u g . Zur Anwendung des Dixit-Stiglitz-Modells auf die raumliche Fragestellung von Agglomeration und Entleerungsgebiet (Hinterland) sollen die eingangs formulierten Annahmen A l bis A 5 erhalten bleiben und erganzt werden.

Das Modeli erweitert sich zu einem raumlichen Ansatz durch die Beriicksichtigung der Produktionsstandorte, die diskret im Raum verteilt sind8. Von jedem Standort r e R wird das Gut zu einem Verbrauchsort c e C transportiert, wobei die Entfer- nung mit dem Index rc bezeichnet wird.

A3’: Die Transportkosten im landwirtschaftlichen Sektor sind Nuli; im industri­

ellen Sektor fmdet die Eisberg-Technologie des Transports Anwendung; eine Ein- heit eines Gutes, das von r nach c transportiert wird, weist am Zielort c die Menge 1/Frc auf.

Wird eine Gtitermengeneinheit von r nach c transportiert, so erreicht unter Beriicksichtigung der Annahme A3’ nur ein Bruchteil 1/Frc (Frc > 1) den Konsu- mort. Der Ab-Werk-Preis der Industrie p{M)r ist geringer ais der Ortspreis p(M)c am Konsumort:

p(M)c = p(M)r Fn (21)

wodurch der Preisindex der industriellen Guter an allen Konsumorten unterschied- lich ist. Unter Yerwendung von (20) erhalt man einen regionalen Preisindex Pc von:

M. Fujita, P. K rugm an, A. J. V enables, The Spatial E conom y: Cities, R egions a n d Intern a tio n a l T rade, Cam bridge (M ass.)-L o n d o n 1999; K. Schóler, R a um w irtschaftstheorie, M iinchcn 2005.

12 - Polityka regionalna..

178 K laus SchSler

'Z"r(P(M)rFKy

1/(1 -a )

(22)

Die Nachfrage am Konsumort c lautet nun /uyc(p(M)cFrc)-a P "~', wobei y c das Ein- kommen am Konsumort darstellt. Um diese Menge anzubieten, ist die F rc-fache Menge zu versenden. Die Nachfrage q(M)r iiber alle Konsumorte c, die vom Stand- ort r versorgt werden, lautet daher

q ( M ) r = f i ' Z y A p ( M ) rF J - " P c°-'F rc (23)

C = 1

Die Nachfrage nach einem industriellen Gut hangt von den regionalen Einkommen und Preisindizes sowie von den Transportkosten und dem Ab-Werk-Preis ab. Un- abhangig von der raumlichen Verteilung der Konsumorte ist die Preiselastizitat der Nachfrage fiir jedes industrielle Gut — hinsichtlich Ab-Werk-Preis und Gesamt- marktnachfrage - konstant und betragt -a.

A n g e b o t s s e i t e . Nach Annahme A l wird das landwirtschaftliche Gut unter konstanten Skalenertragen produziert und auf einem homogenen Markt verkauft; die industriellen Giiter weisen in der Produktion steigende Skalenertrage auf. Diese Be- schreibung der Technologie trifft fiir alle Orte im Raum zu. In der industriellen Pro­

duktion wird nur der Faktor Arbeit t eingesetzt, wobei ein Teil des Einsatzes / von der Outputmenge unabhangig ist und ein anderer mit der Giitermenge variiert vq(M):

1 = 1+ vq(M) (24)

Jede Firma produziert genau eine Giiterart an einem Standort, womit Mehrprodukt- untemehmen ebenso ausgeschlossen sind wie multiplant firms. Die Gewinnfunktion eines Untemehmens am Ort r lautet bei exogenen Lóhnen wr und dem Ab-Werk- -Preis p(M)r:

n r = p(M)r q(M)r - wr(l + vq(M)r) (25) Unter Beriicksichtigung von (23) erhalt man die Bedingung erster Ordnung fur das Gewinnmaximum bezuglich des Preises:

[*p( M ) 7 ~ ' z c( o v w r + P ( M ) r (o - 1)) = 0 (26) d p (M )r

mit: c

z c

= y

/ .< y c rc y F '"“P "c

c= 1

woraus sich:

p ( M ) r = vwr =vwr / p (27)

o -1

T ransform ationsprozcssc und N cuc Ó konom ischc G eographie. 179

ergibt. Die Bedingung zweiter Ordnung ist erfullt. Setzt man diesen Preis in die Ge- winnfunktion (25) ein, so lautet der Gewinn:

\ a - l

(28)

Durch Marktein- und Marktaustritte von Firmen entsteht ein langfristiges Markt- gleichgewicht mit Nullgewinnen, wobei unter dieser Bedingung die Produktions- menge der Firma:

q \ M ) r = /(o - l)/v (29)

und der Arbeitseinsatz:

<f= v \ M ) r + l = la (30) lauten. Bezeichnet man die Anzahl der industriellen Arbeiter am Ort r mit L(M)r und die Anzahl der industriellen Firmen am Ort r mit nr, so gilt:

nr = = L(M)r/(la) (31)

Am Standort r ist in der Null-Gewinn-Situation der Output bei Abwesenheit von Lagerhaltung gleich der nachgefragten Menge (23):

q \ M ) r = l i Y j yct p { M ) rFrcy ° P r ' F K (32)

C - 1

Lóst man diese Gleichung nach dem Preis auf:

^ (M )“ = q {M) r c = l£ y<F* a p “~' (33) und verwendet Gleichung (27), so erhalt man schlieBlich die Lohngleichung:

o - l

\ J q ( M ) r c=I yeF ? p r ' (34) Diese Lohngleichung gilt fur alle Standorte unter der Bedingung der Abwesen­

heit von Lagerhaltung und Untemehmensgewinnen fur alle Firmen. Die Lohne sind umso hóher, je hóher das Einkommen y c im Markt c ist, je geringer die Kosten der Marktzuganglichkeit (Transportkosten) Frc sind und je hóher das Preisniveau Pc ist.

(Das Preisniveau Pc sinkt nach Gleichung (20) mit der wachsenden Anzahl n der Produktvarianten, da er a > 1 ist.) Es wird femer angenommen, dass im langfristi- gen Gleichgewicht die Firmen an allen Orten keinen Gewinn erzielen. SchlieBlich soli der in (34) angegebene Lohnsatz auch an den Orten gelten, an denen keine

in-180 K laus Scholcr

dustrielle Produktion angesiedelt ist. Die Reallohne co{M)r erhalt man durch die De- flationierung der Nominallohne mit dem Preisindex fur alle Konsumguter

S t a n d a r d i s i e r u n g . Das entwickelte Modeli kann nun in vielfaltiger Hin- sicht durch Standardisierung vereinfacht werden. Die Outputmengen, in Stiickzahl oder Gewicht gemessen, konnen beliebig festgesetzt werden. Wird die Outputmen- ge so standardisiert, dass der Kehrwert der Arbeitsproduktivitat v = (er- 1 )/a ist, so folgt aus Gleichung (27)p(M)r = w, und aus den Gleichungen (29) und (30) q* = d*

Der mengenunabhangige Arbeitseinsatz soli derart standardisiert werden, dass gilt 1 = ju/tr und die Anzahl der Firmen an jedem Ort nr sei gleich den gewerblichen Ar- beitskraften L(M)n dividiert durch den Gewichtungsfaktor pi, also nr — L{M)Jp.

Setzt man in die Gleichung fur die Produktionsmenge bei Null-Gewinn (29) q *(M)r =

= /(er — l)/v zunachst 1 = /j/a und dann v = (er - l)/er, so erhalt man g* = £* = //.

Verwendet man die dargestellten Standardisierungen in der Preisniveaugleichung (22), so reduziert sich diese auf

P. = X « c(p (M ) cJF „ ) '- “

- t Lc^cpcry-a

1/(1—cr)

(35)

und die Lohngleichung (34) auf:

(7 — 1

OV

— ^ — y v * , , , \ Z-j S c rc f '~a p ° - ]* c q ( M ) r „ i

t / * s c rc y F'~ap a-c

(36)

Die beiden Gleichungen (35) und (36) sind - wie noch zu zeigen sein wird - von elementarer Bedeutung fur das Modeli. Nimmt man zunachst zwei Orte ókonomi- scher Aktivitaten (Standorte) an, so konnen die Preisgleichungen ais:

Die beiden Gleichungen (35) und (36) sind - wie noch zu zeigen sein wird - von elementarer Bedeutung fur das Modeli. Nimmt man zunachst zwei Orte ókonomi- scher Aktivitaten (Standorte) an, so konnen die Preisgleichungen ais: