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Die Zukunft, 30. Mai, Bd. 43.

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Berlin, den Zo.Mai (903.

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Fähnrich Hüssener.

Sechs

Jahre ZuchthausundEntfernungausderMarine hattederVer-

«

treterderAnklagegegen denFähnrichzur SeeRobertHüssenerbean- tragt.DerFähnrichwar auf OsterurlaubinEssengewesen. Jnderletzten NachtstundevordemOstersonntag hatteereinenihmunbekanntenKanonier vorderThüreinerSchankwirthschaftgetroffen.Um denMann,derihm schwerbetrunkenschien,vordergefährlichenWirkungneuen Alkoholgenusses zubewahren, forderteerihn,alsVorgesetzter,auf,mitaufdieWachezu kommen.DerKanonier, Einjährig-FreiwilligerHartmann,Sohneines essenerHotelbesitzers,sträubtesichzuerst,fügtesichdanndemBefehl, riß sich nacheiner Weile aber wiederlos, drohtedemVorgesetztenmiterhobenem Arm, liefdavon undließsichauch durch wiederholtenAnth nichtzumStehen bringen.DerFähnrichrennt ihm nach, erreicht ihnundstößtihmden ge- schliffenenMarinedolchin den Rücken ; dieWaffe durchbohrtdieBrustund Hartmannstirbt nochin derselbenStunde. Rechtswidriger Gebrauchder WaffezuschwererKörperverletzung,die den Tod desUntergebenen-verursacht hat: sobehauptetdieAnklage; undParagraph123desMilitärstrasgesetzbuches sagtim drittenAbsatz:»JstdurchdieKörperverletzungderTod desUntergebe- nenverursachtworden,sotrittZuchthaus nichtunterdreiJahren,in minder schwerenFällenGefängnißoderFestunghaft nichtuntereinemJahrein.«

Wider dengutenBrauch,der demBerwaltungchef vorschreibt,jedes noch so bedingte Urtheilüber einschwebendesGerichtsverfahrenzumeiden, hatte schonimAprilderStaatssekretärdesMarineamtes imReichstagden

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322 DieZukunft.

Angeklagten,vonderöffentlichenMeinung Verfluchtenschuldiggesprochen.

Wensolltedasbeantragte Strafmaßdaüberraschen?EinMenschwar ge- tötetworden,einjunger,tüchtigerMensch,desseneinzigesVerbrechengewesen war,daßersichin derLenzweihnachteinenbösenRausch angetrunkenhatte;

getötetvoneinemihochfahrenden,eitlenKnaben,dem derMachtkitzelinsHirn gestiegenwar. SokonnteesdemSohn jederMutter währendderDienst- zeit ergehen. Ein sinnlos Trunkener verletztdieGehorsamspflicht: steht darauf TodesstrafePWennHüssenermitsechsJahren davonkommt,kann ersichglücklichpreisen; daßergegenunzweideutigeVorschriften verstoßen hat, gab ja selbstTirpitzzu. Erschießenmüßteman ihn,henken,vfählen.

A lamort;etallons souper. DerVertheidiger findetkaumnoch Gehör.

Und als dieRichterinsVerathungzimmergeschrittensind,wird imGerichts- saalundaufdenGängendeskielerMilitärarrefthausesgewettet:Drei Runden,wenn diefünfMänner;nichtüber denStrafantraghinausgehen!

DieRichter schöpfenAthem.EinschwülerTag.Undeinehöllisch schwereVerantwortlichkeitLiebernochimTorpedodienftschwitzen.Schließlich istderAngeklagteja aucheinblutjunger Mensch,derSohneinerMutter, den dasZuchthaus brechen,vielleichttötenwürde.DemabgehärtetenJuristen istsnur einFallwie andereFälle. ManchesMoment sprichtihm fürTot- schlag. »ThatbestandsmerkmalnachderPeinlichenHalsgerichtsordnung KarlsdesFünftenz,GähheitundZorn«;nachmodernerem Recht: vorsätz- lich,aberohne Ueberlegung ausgeführteTötung IndirekterDolus kann genügen.DerAngeklagte hat nicht bestimmt geleugnet, daßerzugestoßen hätte,selbstwenn ihmdieMöglichkeiteinestötlichenAusgangesinsVe- wußtfeingetretenwäre.Sehr erheblicherUmstand.UndsehenSiesichdie Persönlichkeitan,meineHerren.Einedisziplinlose,gewaltthätigeNatur.

AlsKindschonschleudertereinen Stock gegen einarmesMädchen,dasdadurch einAugeverliert.AlsSekundaner gehörtereinerverbotenenSchülerverbind- ungan. Er betrinktsich,geräthinStreit, drohtundfeuert seinePistole ab, allerdingsnurgegen dieWand.Aufgeregten Wesens,hochmüthig,alsVorge- setzter sounbeliebt wie alsKamerad. Derpravus animus braucht also nicht erst lange gesuchtzu werden. Garnichtausgeschlossen,daßerdenVor- satzhatte,denKanonier zu töten. DerMann hatte ihn nicht gegrüßtund gehorchte jetzt nicht.DieFähnrichseitelkeitwartief gekränkt.Eine andere Erklärungist schwerzufinden.Jedem OffizierundUnteroffizierwirdein- geschärft,Betrunkenen soweit wiemöglichausdemWegezugehen. Noch hatteHxartmannnichts Strafbares gethan.DerAngeklagtekonnteihnlau-

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Fähnrich Hüssener. 323 sen lassen und,wennersnöthigfand,amnächstenTagemelden;den Namen hätteervon demStudenten,mitdemHartmannkneipenging, erfahren.

Nichtszwangihnzuso schroffemVorgehen.Und zuwelchemZweckließer sichdenDolchschärfen?Ganz sichereinegewaltthätigeNatur. Diesesselbst- bewußteAuftretenin derVerhandlunglKeineSpurvonReue(die Briefe, dieuns vorgelesenwurden,waren natürlichaufdenEffektberechnet),keine Regung christlichenEmpfindens.WennjeeinFallzurStatuirung eines Exempelsherausforderte, so ists dieser.WirdürfendenMächtendesUm- sturzes nichtdasSchauspiel bieten,daß einMann,der dieEhre hat,des KönigsRock zutragen,solcheThatmitgelinderStrafe büßt. Deshalb..

»Ungefähr«,sagt draußeneinOffizier,der den buntenRocklängst ausgezogen hat, »ungefährkannichmirdenken,wasda dringekochtwird.

Wahrscheinlichsoll,dieSache«mal wieder,gehalten«werden.DieWahlen sind vorderThürunddieRothen haben schonStoffgenug.DerBebel gehtum.

Daheißts,zeigen, daßwir miteisernem Besen fegen. Deshalb hat Tirpitz auch nicht gemuckt,alsdersehr ehrenwertheHerr Lenzmanndenkleinen FähnrichimReichstag ekligbeschimpfte.(WärediesempolitischenAdvokaten dieVertheidigungHüssenersübertragenworden,dannhätteersichnatürlich mitnicht geringeremMannesmuth für ihninsZeuggelegt.)Jchhabein manchemKriegsgerichtgesessenundweiß,auf welcheGrundmauern Urtheile gebautwerden. KennesonstkeineSehnsucht nachdenAchselstücken;heute abermöchteichdabeisein«Nichtetwa,umfreizusprechen.Daswäre derhöhere Wahnsinn.Nur,ummirEinigesvonderLeber zu reden unddasAeußersteabzu- wenden.DieBeweisaufnahme sagtmirnichtviel; amWenigstendieAufbausch- ungvereinzelter Knabenstreiche.Dumme Jungen sindwir Alle malgewesen undJeder hatvondieser Zeit herwasaufdemKerbholz. StehstDu abervor Gericht,dannwächstjede GassenbübereisichschnellzumSymptomange- borenenVerbrechersinnesaus. Wasgehts michheutean,obHüssenerals zwölfjährigerBengelinübermüthigemSchreckspieleinemMädcheneinAuge ausgeschlagenundspätereinemhandfesten Schankwirthmit demSchieß- prügel gedroht hat?Dankeergebenstfür solcheJndizien,die denehrlichsten Mann andenGalgen bringenkönnten. SindauchzurBeleuchtungdes Typus,den wirhiervorunshaben,garnicht nöthig.Derist jedemälteren Offizier irgendwo schondurchdieFingergegangen. VaterIndustriellen DasSöhUchMfvll höherhinaus;Osfizier ist noch-immerdasFeinsteund Kriegsmarineheutzutageobenan. DerJungehatnichtdasallergeringsteTa- lentzumSoldaten (oderrechnetman jetztFreudeanSchwulstundPhraseda-

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324 DieZukunft-

zu?)und einvernünftigerErzieher müßtedringend abrathen,denaufgeregten Knirpsin dieJackezustecken,dienur sitzt,wennihr TrägervomaltenClause- witzdas,innerste Seelenbedürsnißgelernt hat, ,überallals ein mitEinsicht undVerstand begabtes Wesenzu wirken«.Machtnichts;wirdschonnochkom- men. RobertchenwirdnachetlichenSchwierigkeitenauchrichtigins Kadetten- corpshineinprotegirt.DasnenntmanpassendenOsfizierersatzund wundert sichdann,wenndieBebel undBeherletn Zeter schreien.AuchimCorps thut derKnabeRobertnicht besonders gut.Erist. heftig, unverträglich,prahlt gernundwird überall zumStichblattderKameraden;dabei aberfügsam undgelehrig.Jns Zeugnißwirdihmgeschrieben,daßersichzumVorgesetz- tenwenig eigne.Warum wird ers dann? Cruelle smng Einerlei: er wirds. EinesschönenTagesbaumelt die blanke Troddel anseinerHüfte.

Undnun schwilltdasKämmcheninsKarmesinene.Porte-e«påeundForte- monnaie: Herz,wasbegehrstDumehr?Sollenmichkennen lernen.Alle müssenmirpariren.KeinerdarfnochdenSchnabelverziehen.Forsch,Robert, forsch! Erst recht,weilsieDirsnicht zutrauen.WerbeimHonneurmachen nichtdieKnochenzusammennimmt, fliegtin denKasten.Wernicht grüßt, wirdangebrüllt,ausgeschrieben,gemeldet.Meldenist überhauptfamos;die stärksteWürzedesFähnrichlebensOsfizierlehrlingenennen die Kerlsuns undreißenWitze,wennwir denRxückenwendenPWerdennichtsmehrzulachen haben.Und in derHeimath sollendieSippenmalAugen machen.Zwanzig Jahre alt,Geld in derTasche, hohe ProtektionundDienstgewaltüber die Mannschaft:einMirakel, daßdanichtAllerleivorkommt. Gebtdochzwan- zigjährigenStudenten, Commis, FabrikarbeiternblankeWaffen nebstdem RechtaufblindenGehorsamund wartet ab,wie derHaseläuft.Ein Wunder istnur, daßso seltenwaswirklichSchlimmes passirt;undeinBeweis, daß dergeschmähteMolochnochimmerleidlichesMenschenmaterialunddiebeste Erziehungmethodehat. Sonst gäbeesalleTagefrischeMenschenblutwurst.«

»ErlaubenSie,HerrMajor:dieBestimmungensind dochsoklar !«

»Wirklich?SindsiesoklarPWollen malzusehen.AlsounserMänn- chenhatdenbestenWillen,einstrammerSoldat zusein,Daer.denrechten militärischenGeist nichtin derKinderstube gelernt hat, mußersichgewalt- sam ausplustern. Forsch, Robert, forschundschneidig! Nichts einstecken.

Stets oben bleiben. Erist aufeinenKastenehrbegrifsgedrilltundhat hun- dertmalgehört,daßseinRockvornehmer istals alle anderenRöcke und unter keinenUmständenangetastetwerdendarf.Nurja sichnichts gefallenlassen.

Allzu scharsmachtbeiunsnicht schartig.EinschlapperPassagierbringtszu

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Fähnrich Hiissener. 325 nichts.WenndieSchwefelbandenichtblindgehorcht,selbstdemgrünsten Früchtchen,istdie ganzeMaschinekeinenSchußPulver mehr werth.Stimmt ja auch.WenndieKönigezur ultima ratiogreifen, kehrtderUrstandder Naturwieder.Dannheißts,Menschentöten,dieman niesah,dieEinenalso auchniekränkenkonnten;dannwirdmanMordwerkzeugin derallmächtigen HanddesKommandirenden, hat nachRechtundUnrecht nichtzufragen undistalsRädchenin derRiesenmaschinenurbrauchbar,wenn langeGe- wöhnungdenWillengebrochen,denKörperinstinktiv gehorchengelehrt hat.

Nennts meinetwegen Kadavergehorsam. Jhr brauchtdieMaschine jazum SchutzEurer Geldschränkeunddürftüber dasRasseln nicht klagen.Was singetIhrmitphilosophischenLieutenants undsentimentalen Fähnrichen an? Civilisation isteinschönesWort,reimtabernichtauf Militarismus;

undin einemfranzösischenVuch habe ichmalgelesen:LaPrusse estune armcåequiaune nation. Hättesonst64bis 71nicht geleistet;undwo vielLichtist...Aber wir wollen beiHüssenerbleiben. ErtriffteinenBe- trunkenen,der eben in eineneueKneipetaumelnwill. EinfacheSache.Der guteVorgesetzteistdieirdischeVorsehungdesUntergebenen. KommenSie mit,KanonierP DerKerl stehtnicht strammundhakt sichgemüthlichin den Arm desFähnrichsein. Daskannböseenden. EinCioilist, auchminde- stenssachtangezecht,alsZeuge;die Brüder könnenfrechwerden undEinen, wennman denKürzerenzieht,umdenKragen bringen«Vor allenDingen alsodieWaffebereithalten. Richtig:der Lümmelwillmitgeballter Faust aufHüssenerlos.Verletzungder demVorgesetztenschuldigenAchtung89);

Beleidigungeines imDienstrangeHöherm(§91); Ungehorsamgegen einen BefehlinDienstsachen(§ 92); Versuch,einenVorgesetztenzurUnterlassung einerDiensthandlungzunöthigen(§96);thätlicherAngriffgegen einen Vor- gesetzten(§97).SoetwaschwebtesdemFähnrichdunkelvor. Zwanzig Jahre-,zwölfUhr nachtsund kaum eine Minute zumUeberlegen!Blamirt ersich,wirdamEnde gargeschlagenundrächtdenSchimpf nicht aufder Stelle,dann wirdernieAdmiral(und jeder Fähnrichsiehtsichmindestens alsContre).SchonMancherist auf diesemWege schlankabgesägtworden.

Ein betrunkenerKerl,der denVorgesetztenthätlichbedroht:damußdieKlinge heraus;undist sie erstausderScheide,dannauchenergischdrauf.Wars inderJnstrultionstunde nicht sogelehrtworden?DieGeschichtekonnte zwar übelausgehen;ZweigegenEinen;unddieBombenschmeißersind stämmig.

Dochwer ausFurchtvor persönlicherGefahrdieDienstpflicht verletzt, wird alsFeiglingbestraft (§48);undDienstpflichtist hier,densinnlos

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326 DieZukunft.

Trunkenen,dersich schon schwervergangen hat, unschädlichzumachen.

Auf Feigheit steht selbstin denleichtestenFällen Freiheitstrafebis zu drei Jahren (§87).VonvorsätzlicherKörperverletzungundrechtswidrigem Gebrauch der WaffekanndochnichtdieRedesein. Wozu hättederVorge- setzteinFriedenszeitdenn dieWaffe,wenn ersienichtgebrauchen dürfte, um denthätlichenAngriffeinesUntergebenen abzuwehrenunddieFlucht einesArretirten zuhemmen, der, trotzallenAnrufen,nicht stehenwill?

DerStaatssekretärund derAnklägersagen freilich,nur imFall äußerster NothunddringendsterGefahr dürfeman sichmitderWaffe Gehorsam verschaffen.Das stehtimGesetz;aberimselben Abschnitt steht auch, daß alleHandlungendesVorgesetzten,dieeinenthätlichenAngriffdes Unter- gebenenabwehrensollen, nichtalsMißbrauchderDienstgewalt anzusehen sind.WarübrigensderGrenadierLück inäußersterNothunddringendster Gefahr,alsereinenMenschenniederschoß? Naalso;undbekamdochden Gefreitenknopf.Undwenn HartmanndenFähnrichgeohrfeigthätte:Ge- fahrwars auchdannnicht,aberjedesKriegsgericht hätteHüssenerfreige-

sprochen. Zwanzig Jahre, zwölfUhrnachtsunddenKopfvollRaupen:da darfman nichtfeineRechtsdistinktionen fordern. DerJüngling glaubte sicher,imRecht, sogarin derPflicht, mindestensaberdurchdenSchildder berühmtenEhrennothwehr gedecktzusein. Daher seineRuhe nachderThat unddassonst unerklärlicheSelbstbewußtseinwährendderVerhandlung.

FürdenRest standdie liebe Eitelkeit. Denneitelistder Knabebis in die Puppen;dabeivonniedlichfter Roheit.,Trete Ihnendie Därmeausdem Bauch!cUndDasposirtdenevangelischenGottesstreiter. Ungemeinmo- dernerTyp.Glaubt offenbar jetztnoch, ihmkönneKeiner. Wird Mundund Naseaufsperren.DasgehtansLeben.Jchhalte jedeWette,daßdieRichter...«

,,VierJahre Gefängnißund Degradation.DerGerichtshofnimmt alserwiesenan,daßHartmanndenFähnrichnicht thätlichangegriffen hat, glaubt aber,daßHüssenersichangegriffen wähnteund, obwohlkeintriftiger Grund zurAnwendungderWaffe gegebenwar,subjektivimNothwehrrecht zuhandeln meinte,dessenGrenzenerjedochübertretenhat.«

»Auf Deutschnennt mans Konipromiß.Seitwann ist Unkenntniß desGesetzesein mildernder Umstand?UndDegradation! Auf Entfernung ausdemWehrdienst,fürdenernichttaugt, mußtejedenfallserkanntwerden.

Guter Glaubeunddegradirti NichtFisch, nicht Fleisch.Lückistvielkonse- quenter behandeltworden« Und dieRothenwerdensichtrotzdem freuen.«

F

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LippifcherRechtsstreit. 327

Lippischer Rechtsstreit.

M

erin derlippischenThronfolgefrageinDresdenam zweiundzwanzigsten Juni1897 gefällteSchiedsspruchhatdieStreitigkeiten,zu denendas bevorstehendeAussterbendesfürstlichlippischen,zu DetmoldregirendenHauses mittelbaroderunmittelbar Veranlassunggegebenhatundgebenkann, keines- wegs beendet. ZunächstnichtinBezug aufdenThronanspruch.DerSchieds- spruch hataus demgroßenKreis offener Fragennur eineherausgeschnitten undbeantwortet: ,,SeineErlauchtderGraf Ernst Kasimir FriedrichKarl Eberhard, GrafundEdlerHerrzurLippe-Biesterfeldist nachErledigungdes zurZeitvonSeiner DurchlauchtdemFürstenKarl AlexanderzurLippe innegehabten ThroneszurRegirungnachfolgeindemFürstenthumLippebe- rechtigtundberufen.« NachdemWortlaut desSchiedsvertrageszwischen denParteienkonntedasSchiedsgerichtauchgarnicht mehr thun·Es hat sogareinenweitergehendenAntrag,zuGunstender ganzen LinieLippe-Biester- feldzuerkennen,ausdrücklichabgelehnt. Offen gebliebenist alsovorAllem dieFrage,wernachdemjetzigenGrafregenten,,zurRegirungnachfolgeindem FürstenthumLippe berechtigtundberufen ist«.

Ofer gelassensindaberzweiweiterewesentlicheRechtsfragenzerstens die derfamilienrechtlichenVermögensanfprüchedesGrafregentenundseiner Linie.Zweitensdie derZugehörigkeitderLinieLippe-Biesterfeldzumlippischen GefammthauskhAndiese Fragen knüpfteineReihevonProzessenan,die zumTheil soweitsie sichnämlichaufdiefamilienrechtlichenVermögens- verhältnissedesGrafregentenund seinerLiniebeziehen durchdieFest- stellungurtheiledesOberlandesgerichtsCellevomdreiundzwanzigstenJuni1900 undvomzwölftenDezember1902erledigtsind,zum anderenTheil soweit siedieZugehdrigkcitderLinieLippe-BiesterfeldzumlippischeuGesammchaus ansehen zwaralsmittelbar mitentschiedenzubetrachtensind,derförm- lichenErledigungdurchdieordentlichenGerichteabernoch harren.

NachdenerwähntenUrtheilen steht rechtskräftigfest, daß sämmtliche zurZeitlebendeMitgliederder LinieBiesterseldinBezug aufdiesogenannte

»LippischeRente« denErfordernissenderStandesgemäßheitundEbenbürtig- keitnicht mehr entsprechen,also auch, daßkeinMitglied dieserLiniemehr zumBezugder Renteberechtigt,daß diese vielmehr gänzlichaufdieLinie Weißenfeldübergegangenist.Zum Verständniß,welcheBewandtnißesmit diesersogenannten,,LippischenRente«hat, ist zunächsteine kleinegenealogische Ueberstchtstafelnothwendig.

N«)Dr.Felix Stoerk,o.ö·ProfessorderRechteinGreifswald: »Die aguatische ThronfolgeimFürstenthumLippe«, Berlin, VerlagvonO.Häring.

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328 DieZukunft.

Simon derSechste, GrafzurLippe, f1613.

Simon derSiebente, Philipp,

geb. 1587, f1627. geb.1601,1-1681.

Hermann Adolf, Jobst Hermann,

geb.1616,T1666. geb.1625,,f1678.

l Rudolph Ferdinand, geb. 1671, f1736.

GansBiesterffld-Weißenfeld)

FriedrichKarlAugust, Ferdinand JohannLudwig, geb. 1706, 1«1781. geb. 1709, f1791.

GansB(iesterfeld)(HausWleißenfeld)»

i s

RegirendeLinie Lippe- Lippe-Biesterseld- Schaum-

zu Detmold. Biesterfeld. Weißenfeld. burg-Lippe.

NebenderregirendenLiniein Detmoldbestand,wieausdiesergenea- logischenUebersichtzuentnehmen ist,einevonJobst Hermann, Grafenzur Lippe, stammendeSeitenlinie. Diesewar mitdenEinkünftenaus deneinen BestandtheildesDomaniums bildenden AemternSchwalenberg, Stoppelberg und Oldenburg,wieesdieHausverfassung vorschrieb, ausgesteuert.Aus dieserSeitenlinie schlossenamvierzehntenAugust1749 die BrüderFriedrich KarlAugustund Ferdinand Johann LudwigeinenVergleich, nach dessen Wortlaut derjüngeredemälteren Bruder dieseAemter undsämmtlicheAn- sprüchean dieregirendeLiniegegeneinegewisseJahresrenteabtrat. Dieser sogenannte»Brüdervergleich«setztealsMindesterfordernißfür Standesgemäß- heitundEbenbürtigkeitderEhen »gräflichenundnicht geringerenalsfreiherr- lichenStand« derEhefranen fest.

AmvierundzwanzigstenMai 1762 schlossenbeideBrüder mitder regirendenLiniedensogenannten ,,Hauptvergleich«,nachdemdieAemter Schwalenberg, Stoppelbergund Oldenburgund sämmtlicheRechteund GerechtigkeitenandieregirendeLinieabgetretenwurden gegen eineJahres- rente von fünfzehntausendThalerninGold,vondenendiebiesterfelderLinie zehntausend,dieweißenfelderLiniefünftausendThaler beziehensollte. Die imBrüdervergleichfestgesetztenErfordernisse fürStandesgemäßheitundEben- bürtigkeitbliebenbestehen.

DadieerwähntenUrtheilevonCellefeststellen,daßModestevonUnruh, die Stammmutter allerheutigen biesterfelderGrafen,denErfordernissendes BrüdervergleichesinBezug auf StandesgemäßheitundEbenbürtigkeitnicht genügt habe, sprechen sie folgerichtigweiteraus, daßdie ganze Rentevon fünfzehntausendThalern aufdie LinieWeißenfeldübergegangensei.Damit istdieLinieBiesterfeld,weilihrdiehausgesetzlicheEbenbürtigkeitfehlt,aus

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Lippifcher Rechtsstreit. 329 dersamilienrechtlichenVermögensgemeinschaftmitderihr zunächststehenden LinieWeißenfeldausgeschaltet.DiebiesterfelderGrafen sind also nichtAgnaten derLinieLippe-Biesterfeld-Weißenfelddes,lippischenGesammthauses.Und doch sollen sie, wenigstensderGrasregent ErnstzurLippe-Biesterfeld,kraft Schiedsspruches,AgnatendeslippischenGesammthauses sein!Das ist«ein unversöhnlicher.Widerspruch.Mit einleuchtenderKlarheit stelltStoerk fest:

»WennderSatz H.Schulzes (RechtderErstgeburtindendeutschen Fürstenhäusern)richtig ist:wer apanagefähig ist, ist deshalbauchunbedingt succcssionfähig,so mußernochmitweitgrößerer Treffsicherheit dahinumzu- kehren sein:werapanageunfähigist, ist deshalb unbedingtauchsuccessionunfähig Esist hier nichtderOrt,dieStreitfrage,ApanagiumoderParagium?«in AnsehungderLippischenRente aufs Neueaufzurollen;dochdürfteinderFort- setzungliniederThese Schulzesmit Recht behauptetwerden: wernicht fürs Paragiumausreichendlegitimirtist, istesum so wenigerzum Apanagium, nachderalten,abernichtveralteten Jnterpretationregel,daßdasMaius das Minus insicheinschließe,unddaß da,wodasMinus ausgeschlossensei,mitum sogrößererWahrscheinlichkeitauchdasMaius alsausgeschlossen geltenmüsse.«

Es istmireinegroßeGenugthuung,daßStoerk hiergenauzu- dem selbenErgebnißgelangt,dasichbereits1901 infolgenderFormaussprach:

»IchbinvielmehrderAnsicht,daßdieThronfolgefähigkeitderMitglieder dererbherrlichenLinienBiesterfeldundWeißenfeldjedenfallsauchdavonab- hängigist,obsiedieRentenfähigkeitbesitzen.DieRente hat,wiedasReichs- gerichtimProzesse William Lippeentschiedenhat, dieEigenschafteinesFamilien- fideikommifses.Siefließtausdemlippischen Gesammthausfideikommiß.Jch vermagschlechthinnichtzubegreifen, inwiefernfür einenTheildesGanzen strengere Ebenburterforderniffegiltig sein sollen alsfürdasGanze selbst.«

FürStoerkhat,aus denangegebenenGründen, dasAusscheidender biesterfelderLinieaus derfamilienrechtlichenVermögensgemeinschaftmitder LinieWeißenfeld,inBezug aufdie Rente, »mit innerer Nothwendigkeit«

auchdasAusscheidendieserLinieaus derZugehörigkeitzumlippischenGe- sammthauseundaus demKreisederinLippe thronfolgefähigenAgnatenzur Folge. DiesesErgebnißist so wichtig, daßesvon verschiedenenSeiten her beleuchtetwerdenmuß.

Hierzuisteszunächstnothwendig,dasVerhältnißderLippischenRente zum lippischenGefammthaussideikommiß,demsogenannten»Hauptstuhl«,dessenEin- künftederInhaberdeslippischenThronesnutzt, einernäherenBetrachtungzu unterziehen.Die alteStreitfrage,obdieLippifcheRente paragialenoder apanagialen Charakter hat,kannhierthatsächlich,wieStoerk hervorhebt,außer Betracht bleiben. Jedenfalls:wernicht berechtigtist,das Minus zu nutzen, ist sichernichtberechtigtzumGenußdes Maius. DasistaberauchdasVer- hältniß,wieeszwischendem»Hauptstuhl«und derRentebesteht.Die Rente wirdausdenEinkünftendes,,Hauptstuhles«bezahlt.SieistderErsatz für

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330 DieZukunft.

dieEinkünfteaus denGüternSchwalenberg, StoppelbergundOldenburg, die,von je hereinenBestandtheildes»Hauptstuhles«gebildet habenund noch jetztbilden,nämlichdeslippischenGesammthausfideikommisses.Schondas Wort »Hauptstuhl«,dasdenaltenVerträgenentnommen ist, läßt übrigens dieses Rechtsverhältnißerkennen. Sieist außerdemaufdiesämmtlichenBe- standtheiledes»Hauptstuhles«hypothekarischversichert.Es ist nicht abzu- sehen, auf welchemWege rechtlichenSchließenseineFähigkeitderNachfolge indasGanze fürDen hergeleitetwerden kann,dervon derNachfolgein einenTheildesGanzen ausgeschlossenist.

Bemerkenswerth ist,wiesichSätzedesGermanistenOttoGierke,die

«erfreilich imJahr1896 zuGunstenderThronfolgeansprücheder biesterfelderLinievorgetragen hat,nun, nachdencellerErkenntnissen,gegen dieseLiniekehrenmüssen.Gierkesprach nämlichdamals diebeidenansich unfehlbar richtigen Sätzeaus: »Die Nachkommendesstandeswidrigver- heiratheten Mitgliedeseines hochadeligenHauses sind nichtetwa minder- berechtigteMitglieder, sondern überhauptnicht Mitglieder dieses Hauses«;

und:»AgnatenohneFolgerecht,minderberechtigteMitgliedereineshochadeligen Hauseskenntdas deutsche Privatfürstenrechtnicht«.Daraus ergiebt sich abermit zwingenderNothwendigkeitderSchluß, daß, nachdemdasOber- landesgerichtCelle die,,Minderberechtigung«der Linie Biesterfeld rechts- kräftigfestgestellthat,dieMitglieder dieserLinieüberhauptnicht mehr Anspruch darauf erhebenkönnen,MitgliederdeslippischenGesammthauses, also auf- gehörthaben, Agnatenzusein. Daß sie also überhauptkeinFolgerechthaben.

Ebenso wenigin den»Hauptstuhl«oder, mit anderenWorten,in denGenuß desEinkommens aus demlippischenGesammthaussideikommiß,wiefürden Thron. DerGenußderEinkünftedes»Hauptstuhles«istmitderEigen- schafteinesFürstenvon Lippeuntrennbar verbunden. Das Einebedingt dasAndere. Undzwarnichtnur rechtlich, sondern auchinderWeltder Thatsachen.DerJnhaberdeslippischenThrones beziehtkeineEivillistevom Lande;erist aufdieEinkünftedes,,Hauptstuhles«für sich, seineFamilie undseinenHofhalt angewiesen.

FürdieFolgefähigkeitin den»Hauptstuhl«bestehenkeinevonderThron- folge abweichendenVorschriften.NurwerwirklicherAgnat ist, istzumGenuß derEinkünftedes»Hauptstuhles«befähigt.DerFürst istes, demdieErträg- nissedes»Hauptstuhles«,alsmitderKroneverbundeneEinkünfte,vonselbst zufließen.DerrechtlicheNutznießerderEinkünftedes»Hauptsiuhles«istalso heutederentmündigteFürst Alexander. Durch besonderes Gesetz sinddem Grafregentendiegesammten EinkünftedesGesammthausfideikommisseszu- gewiesen.AusderRegentschaftstellungergiebt sichDas aber nichtvon selbst. Prinz AdolfzuSchaumburg-LippehattealsRegentvon Lippe

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