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Die Zukunft, 5. Juli, Bd. 40.

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Academic year: 2022

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gis Zwanka

Herauggrben

Waximilian Hardm

H

Bierzigster Band.

Berlin.

Verlag der Zukunft.

1902.

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(3)

Jlnlxalt

Ahnenproben auf Kunstwerken. 96 AuslöndischeRenten s.Renten.

Balsour, Arthur Jamess. Notiz- buch 123,166·

Bankiers undJuristen. ....537

BauernlasteninBayern s.Notiz- buch169. Bella undAnna ........129

Bennigsen, Rudolfvons. Notiz- buch288. Bestien .........·..491

Blitze.............357

Budde,dieAera........ 79

s.a.Notizbuch 255,456. Bund, der,derLandwirthe..·234

ChamberlainalsErzieher.57,104 China s. Kapitalismus. Conried s. Notizbuch 88. Depositenbankcn.........205

DeutschlandunddieSchweiz..225

Directoire ...·.......137

D’Jsraeli, Benjamin s. Notiz- buch166. Dreibundvertragf.Notizbuch 42,292. Dreimal ............530

Eduard VII........·.. 1

Effektenbankens. Sozialistnus. Einzug ...........·377

Feinde, die,desKaisers. ..337

Ferienkurse, juristische.....100

Fleischnoth...........445

Gedichte, drei.......·.198

Generalversammlungen,drei ..409

GeschichtwissenschastsMaßstäbe. Getreidepreises. Notizbuch 83. Goldminen ..........119

Goethe s. Siebeck. Gründung,einesreisinnige...331

Handelsoerträgliches......183

Heraklit, von,zuSpinoza. ..508

Herrenhaus,daspreußische s.Notizbuch 81. Hildebrandt,Oberlientenant s. Notizbuch 253,414. Höhenwahn..........434

Holland s.Notizbuch 416. Humbert, Familie s.Notizbuch 214. .Jmpresfionen s.Notizbuch175. Jubiläutn,mein.......·278

Juristens.Bankiers- JuristischeFerienkurse s.Ferien- kurse. KaiserundKanzler ......297

KaiserredeinAachenf.Los-. KaiserredeinEmdens.Notizbuch256 Kaiser WilhelmII.s.Notizbuch 216 KapitalismusinChina..... 39

Kreditanstalt,die........368

Kulturkampf..........257

Kunst, Pariser.........116

Landmann, bayerischerKultus- ministers.Notizbuch 128. Lausekanal,der ........334

Leviathan,derneue ......240

Liederaufeineralten Laute ..488

Lilien, von,träumeich.....328

Linie,die ... ..·:..385

Loö............ . 49 LöhningsLeiden........217

s.a.Notizbuch 293. Mädchenhandel.........177 MaßstabederGeschichtwissenschast12

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Mechanik, die,alsPhilosophie.469

Mensur, aufdie! .......359

Merian, Hans..·...... 9

s.a.Notizbuch 44. Millerand s. Notizbuch 86. Moral, ultramontane......457

Morgans· Notizbuch 88. Morgan-Trust,der.......344

MoritznndRina .......497

Mumm von Schwarzeustein s. Notizbuch 455. Natur undKultur .......485

Norddeutsche Allgemeine Zeitung s. Zeitung- Nothschrei,ein......... 71

Notizbuch 42, 81, 23, 166, 208, 251, 288, 414,451. Nürnberg, Bochum, Dortmund .248 Orthmann,Jungfrau .....156

Othello,wieentstand......394

PariserKunst s. Kunst. Philosophie s. Mechanik. PhilosophiedesPöbeis....440

Podbielgki,vons. Lausekanal. Poscn.............417

s.a.Notizbuch 293. Rabbi Löw,vom hohen.... 73

Renten,ausländische......493

Reuter,Fritz s. Notizbuch 296. Richter,derweise....... 31

Rolandbrunnen s. Einzug. Salisbury, RobertCecils.No- tizbuch 123. Sanden,Prozeß s.Directoire. s.a.Notizbuch 208. Sanden-Vertheidiger ......163

Säuglingheime........353

Schmidt,Adolf........ 89

Schuckert...........285

s.a.Generalversamm- lungen. Selbstanzeigen 36,113,161,237,282 329, 366, 408, 442,535. Sexuelle Zwischenstufen s. Zwischenstufen SiebecksGoethe........ 27

Situation undSprache ..265

Sozialismus undEssektenbanken309 Spinozas.Heraklit. Sterne,Grausame.......277

Stosch, Albrechtvon s. Notiz- buch454. Telegraphie s. Wunder. Theater,dasdeutsche s. Notiz- buch293. Tod, der,desDschinghiskhan. 317 Toleranz,freisinnige......448

Toni,derrothe........200

Trebertrocknung-Aktiengesellschaft s.Schmidt. Turin...........·.522

Ultramontane Moral s. Moral. Untersuchungrichter,vordem ..482

Vatican s. Notizbuch 211. Victor Emanuel Ul.s. Einzug. Virchow s.Notizbuch 451. Wagner-Denkmals.Notizbuch 416. Wagner-Frage,die, ... 144,189 Waldeck, Benedikts.Notizbuch 25l. Waldeck-Rousseau s.Notizbuch 127,176. «Wangenheim,Freiherrvons.No- tizbuch215. Weib .............424

WeltausstellunginSt. Louis s.Notizbuch 124. Wesen, das,desUnendlichen..389

Wohlthätigkeit,moderne .... 74

s.a.39.Band 392,487. Wörishoffer s. Notizbuch 175. Wunder, ein,derTelegraphie .153 Zeitung, Norddeutsche Allge- meine ...........371

Zwischenstufen,Sexuelle....425

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Ift

»O

Berlin, den 5. Juli 1902.

f I III ff

Eduard vII.

In demTrauerzug, der,vorvierzehn Jahren,derLeichedesKaisers

AsFriedrichvomNeuenPalaisindieFriedenskirchefolgte, schritt, ziem- lichvorn,einseisterBlücher-Husareinher.Ersahmüdeaus;unmuthig undgenirtwieEiner,dergenöthigtwar,einenfremdenRockanzuziehen, undnun schnellwieder inseineKleider kommenmöchte.KeineHusarenfigurz stramm saßderAtillaüber einemstattlichenBauchundüber die Stirn rann ausdemKolpakindickenTropfenderSchweiß.DerMannhatteinseinem Lebenwohl nochnicht oftWadenstiefel undengeHosengetragen. Frau Base, die alle demKönigshausVerwandtenamSchnürchenhat, wispertderNach- barinzu: »Der PrinzvonWales!« UndscheueAndacht raschelt durchdie Menge.AltePotsdamerblickenfinster,Muhmen steckentuschelnd dieKöpfe zusammenund untergesenktenLidernblinzeltmanchesJungfernaugeTantes Zeigfingernach.Deralsoists...Denhattensiefichganz andersvorgestellt,so zwischenDonJuanundRobert,demTeufel,wievondenblitzendenBretter- rittern Einen,derenwildemWerben keinWeiberherz widerstehenkann. Du lieberHimmel:einbehäbiger,dickerHerr,denjederStabsoffizierderGarbe- kavalleriebeiSchönen ausstechenwürde.Und,von fern wenigstens,der Schwestergarnichtähnlich.DerenverhärmtenunddochvonderSonnenkraft Sieg heischendenWollensdurchleuchtetenKopfkanntenAlle,dienahbeiChar- lottenhofdemEinzugderTrauergästezuschauten, hatte Jeder oft nochan heißenBorsommertagen gesehen,wenn sienebendemhageren, ergrauten, fahlen Mann,dernichtmehr sprechen,nur gütignochblickenkonnte, durch denlenzlichprangenden Park fuhr,umdenKaiser, ihren KaiserdenGas-

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2 DieZukuan

fernzuzeigen. DurchdiestraffeHautsah der·Betrachterdie Nerven leben;

undin demstählernglänzendenAugederkleinenFrau den ungebrochenen, zumAeußerstengerüstetenWillen.DesjüngerenBruders nervus facialis schienunter Fettpolsternzuschlummern; und blickloslagen,Glaskugeln gleich,dieAugeningeräumigenSchädelhöhlen:dieFischaugenderMutter.

ViktoriaundAlbert.Sohatten auchdieEltern geheißen.Und wie in deren EhedieFrau stärkergewesenwar als derMann,diefürdenThron gebo- reneBritin stärkerals derkleindeutschePrinz,dessenEitelkeitkeinenhöheren Wunschkannte alsden,unter EngländerneinEngländerzuscheinen,sowar auchindiesemGeschwisterpaarderWilledesWeibesTheil.ImSalon- anzug,unter demneusten Modellhutde baute for-mesahAlbert Eduard besserausals bei derpotsdamerLeichenparade;aberdieKrafteines unbe- irrtbis ansZiel greifendenWillens hatNiemand jeinihm gespürt.Die Schwesterwolltewirken,wollte dieMacht, nichtdenSchimmer unfrucht- barerHerrlichkeit.DerBruder war zufrieden,wennerbehaglichleben konnte undvomNeidsogaralsarbiter elegantiarum anerkannt wurde, dessen Laune mondäneGesetzevorschrieb.Unddieser Asthmatiker sollte Königdes größtenReiches sein,vondemdieWeltgeschichtebisheuteberichtethat.

Zwanzig Jahrewar AlbertEduard alt undhattemitseinen gesell- schaftlichenTalenten, mehr vielleichtnochmitdenTitelndesHerzogsvon Cornwall, HerzogszuSachsenundFürstenvonWales imSturm schondie Liebe derYankeesgewonnen,alsseinVaterstarb·DerschönePrjnce Con- Sortof Her most gracious Majesty hatte ihn auf seine Weiseerzogen;

erhättedenThronerbengernwohlzumMusterliberaler Männerwürde herangeläutert. Dochderim engumschränktenKreisklugeundstets emsige Koburger,denderbelgischeOnkelLeopold fürdieheikleRolledesPrinz- Gemahls gutvorbereitet hatteunddersichbaldwarm imBritenreichein- zuniften wußte,wareinPedant, einenüchterne,schwungloseSeele, der dieKinderherzenzwingendeMachtdesGemüthesimmerversagtblieb.Da diepolitischenVertreter beidergroßenParteien,dernobiljtyund dergentry, sichmitwetteifernden Schmeichlerkünstenum seineGunst bemühten,wuchs ihmdieSelbstschätzungseinespersönlichenWerthes. Füreinen Staatsmann hieltersich, fürdenPrototypdesGentleman ;nachkurzer Probezeit, dieerbenutzthatte,um sich auf offenemMarkt hastig seinerNationalität zu entkleiden,war ihmAlleserlaubt: erdurftesogar, seitAeonenals ErsterimJnselreich,denFischmitsilbernem Messer schneiden. Deutschen Fürsten,knirschenderzähltesTreitschke,gaberinhofmeisterndemTonun-

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GduardVII. 3

erbeteneRathschläge,diemehrwieBefehleklangen;undauchin der Kinder- stube scheinterehereinLehreralsein Vatergewesenzusein.DenTöchtern mochtederstattlicheMannimponiren,andem dieMutter mit allenFasern ihkesFrauengesühleshing; sie lernten, namentlichdieälteste,vonihmdie Wichtigkeitäußerlichkorrekten Wandels unddenungeblendetenSinn für dasWesentliche.DerVersuch,mitseinesWesens Stempel auchdenKnaben zu prägen,istihmmißlungen.Undwieesimmer insolchemFallgeht:denSohn

«

zogenNeigungundTrotzweit ausdervomErzieherlgewiesenenBahn. Zu Hausewars auch wirklichgar zulangweilig. PünktlichwurdenehrbareKüsse getauscht,pünktlichdieStaatsgeschäfteerledigtundpünktlich,wieeineBillnach Westminster,kam derKlapperstorchin denBuckingham-Palast.GreiseHöf- linge lächeltenspöttisch:früherwarshier hochhergegangen.AnVersuchungen fehlteesdemPrinzenAlbert Eduardnichtund zu derbürgerlichwohlanständi- gen Lebensart hatteerkeinenBlutstropfeninsich.WeilereinesTages wer weiß,wann? eine Kronetragensollte, brauchtederJüngling dochnicht Trübsalzublasen. Vorbereitung fürdenHerrscherberuf?Unsinn! Dercon- stitutionel eant herrscht;unddenSchattenköniglerntselbstderUnbegabte imHandumdrehenspielen.Manmerkt ebendoch, daßPapakein Briteist, kein Kind deslustigen altenEngelland. Ja...istsdennaberderSohn?

Der VaterKoburger,die MutterWelfin, auch sieeinerKoburgerin Tochter.

DerKronprinzmußtesichsehr englischzeigen,wenn erfür oollbürtiggelten wollte.Darin konnte der VaterihmVorbild sein.Derhehltenie dieUeber- zeugung,daßderEngländerdie Krone derSchöpfung ist. Also Sport, Angelsachsenthum,heitereLebensluftundalldie bunteAbenteuerlichkeit,die einemBritendauphinseit HeinzenstollenTagen ziemt. Herzumir,Sir Jvhn,Poins, Bardolph, Petozundvergeßtmir das dralleDortchen nichti

Jn Eastcheapwardie Kanne DünnbierbilligundeinPrinz brauchte sich nichtinlästigeSchuldknechtschaftzwingenzulassen,um eine ganze BandemitKanariensektzusättigen;auch Dortchen gab,wennsieinder richtigen Temperamenturwar, dieBrunstgrimafsezuniedrigem Preis.

AufdenGroßenBoulevards warschonanno 60LuxusundLaster theuer.

Wer da in der Grande Bohåme eine Rollespielen,dieersten Spargelund Pfirsiche,diebestenWeineunddiefeinstenMädchenhaben wollte, durftedie goldenenLouisnicht sparen;undMama hieltdieHand aufdenBeutel.

DieNothzwangAlbert, sichnach anderen Kumpanen umzusehen,alsBo- lingbkvkesSohn siegesuchthatte. FürdieemporstrebendereicheBourgeoisie Undbesondersfür gesterndemGhetto entwachseneJudenwars eingefun-

lsk

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4 DieZukunft.

denes Fressen. Welche Ehre,denKronprinzenvon Großbritanienbe- wirthenzudürfen;undwelche Kreditsteigerung,wenn man in dieEin- ladungbriefe schreibenkonnte:Nousaurons le Prince deGalleszoder gar im Stande war,denJntimsteneinenWechselzuzeigen,aufdenSeine KöniglicheHoheitdenNamen zusetzen geruht hatten.AusdieserZeit stammtdieFreundschaftmitdemTürkenhirsch,dieLaboucherezu dem Spottwort stimmte,inMarlborough Housegebeeskein Diner ohnePar- fait auHirsch. DerPrinz vonWales ist oftwegenseinerWeibergeschichten gefcholtenworden. InderLegendelebteralsderärgsteSchürzenjäger,als einNimmersatt,den baldnur nochunreife Frucht reizte.AmEndewars nicht so schlimm.DiePall-Mall-Enthüllungen sindalsunwahr erwiesen.

Aber derPrinz sah sichgernalsverfluchtenKerlgefürchtet.VonderSitt- samkcitheucheleihatteergeradegenug; esmachteihm Vergnügen,vonden WeibleinalseinOger angeschmachtetzuwerden. Auchandere Prinzen sind nicht tugendha.ft, bergen ihre MenschlichkeitcnaberdemBlickderNeugier.

Diesen Prinzen trafman inTheatergarderobenundbeimjourderMode- kokottcn.Nicht sehr fürstlich,nichtim Stil Eines,den morgenvielleichtein DienerdesHerrnamAltarsalbenwird. Aber derMann heucheltewenig- stens nicht, gab sichnicht für frommundreinaus; undnievernahmman, erhabe seineMacht mißbraucht,umeineSprödezukirren,oder diePolizei aufeineallzu langetreueMaitresse gehctzt.Schlimmeralsseine galanten Händelwar dernahe Verkehrmitallerleischmierigen Spekulanten, die, so mußteman glauben,nur auf goldenerLeiter zusolcherHöhegeklettert seinkonnten. Das gingJahre, Jahrzehnte lang.Heinzhätteesso lange nichteinmal beiFalstaff ausgehalten,derdochgeistreicherund amusanter war als dervom Jockeyklubabgelehnte Ballanwucherer.Albertaberfreute sich,wenn erdenenglischenSonntagen entlaufen konnte;danngings nach ParisoderandieRiviera,pourfaire lanoce. Dawar erinseinemEle- ment,bestimmtedieMode,lancirte Weiberundeerde,schienreizend ruch- losundkroch,wenn erdieLust spürte,in diedunkelsten Spelunken.

Werihn ohneErbarmen verdammt,hat nicht bedacht, daßesnicht leicht ist,einhalbesJahrhundert lang Kronprinzzusein, dannbesonders nicht,wenn derThronerbevonallenStaatsangelegenheiten streng sernge- haltenwird. UnterdemZwang thatlosen Harrens hat noch Jeder gelitten, demdieHoffnung auseineKrone in dieWiege gerufenward. Immerhin hätteeineernstereNatur sichüber dieWartezeit hinwegzufristen vermocht;

aufdemkleinsten Fleckist schöpferischeArbeitja möglich.Daswar Alberts

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Eduakd rn. 5

Sachenicht.UnddieeifersüchtigeMutterhätteihm wohl auchkaum den win- zigstenRuhm gegönnt. HerumlungernunddenLeutenverrathen, daßman dieUngeduld nicht mehrzuzügelnvermag?AlslästigenTopfguckersichaus

derSchwarzenKüchederPolitik jagen lassen?Nein.Liebernochdenskrupel- losenLebemannundHerzenbrecherspielen,den derSchnitt seinechsteund derAusgangderangefangenenBaeearatpartiewichtigerdünkt als dasSchick- saldesVereinigten Königreiches.NureinGebiethattedieMutter,die ge- räuschlosihre FädenüberEuropa hin spann, ihm freigelassen;sielebteihrer Trauer,zuerstumdenGatten,dannumdenschottischenLeibdiener, dessen Steinbild sieaufallenReisen mitschleppte,UndmiedlauteGeselligkeit.Die PflichtenglänzenderRepräsentationneidetesiedemSohnnicht.Undje schlechtersein Ruf wurde, desto sichererwar sie, daßdieBriten dasEnde ihrer Herrschertagenicht herbeisehnenwürden. Jn Königsschlössernwohnen nichtandereMenschenalsinBürgerhäusern.Mutter undSohnwurden einander fremdundböseWorte flogen hinüber,herüber.DerSchwager, derältesteSohndesKronprinzen starb;die Mutter lebterüstigfort. Schon früherhattendieGeschwisterViktoria undAlbert,wenn siezusammentraer, wohlwehmüthiggeseufzt:UnsBeide ruftkeinMorgen mehrzurRegirungl Jetzt empfingimNeuenPalaisdie Witweeinesstolzen Lebenswunsches denmiiden Mann. Dermuntere Modemonarch, dessenVitalität allen Stürmen getrotzt hatte,warallgemach träg geworden, so trägundmorsch, daßerdieMühe scheute,denlange gehätscheltenLeibausderFetthüllezu schälen.Wozu sichnoch anstrengen?Rien nevaplus.WenndiePolster beseitigtsind,erwacht aufdemGrab desVermögensamEnde gar dieBegierde.

Als dieMutter danneinesTages dochstarbundaus demBaeearat- pfinzenKönigEduardderSiebente wurde,lachteEuropa.Daskannhübsch werden,hießes; dieserHeldderRennplätzeundSpielsäleistdemperfiden Albionzugönnen.Der wirddasEmpire rascher herunter-bringen,als die stärksteKoalition esvermöchte.Die Briten nur bliebenernstundkeinmiß- trauischerZweifelfochtihreZuoersichtan. Erstens, sagten sie,sindvoneinem ScchzigerdummeStreiche nicht mehrzufürchten.Zweitens isterderKönig, derhöchsteRepräsentanteinksWelteeiches,derwissenwird,waserderWürde -schuldet,undden wir,so langeesirgendgeht,ehren müssen,wiedasWappen, dieFahnedes Vaterlandes. Und drittens herrschtüberihmdieVerfassung undMagnaCharta istinGroßbritanienmächtigerals dertnächtigsteMann.

EinVischen wüsthateralsKronprinz ja gewirthschaftet. Thut nichts.So treibensreicheErbenoftundwerdennachherdennochumfichtigeundsparsame

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6 DieZukunft-

GeschäftsleuteUnderhatin Paris,inNew-YorkundMonte Mancheskennen undnachdemwahren Werth schätzengelernt,waskorrekterePrinzenniesehen; vielleichtbefreiteruns vondenPuderperrückenundschafftuns diekauf- männischmoderneVerwaltung,die inLondon und in KalkuttadieHändler längstersehnen. Auch aufdemFestland fanden ruhige Beobachterin dem ThronwechselkeinenAnlaßzurSchadenfreude. Ja,wenndieserechteKoburger jung König gewordenwäre! Dannhätteihm,wieMephistos gutem Kaiser, gewißbeliebt, falschzuschließen:»Eskönnewohl zusammengehnund sei rechtwünschenswerthundschön,regirenundzugleichgenießen.«Nunister altund wirdAllesbeimAltenlassen.DiepaarSkandalprozessesind baldvergessenunddieWitzhascherwerdendieSchnitzeljagdaufgeben. Selbst wenn derneue HerraberFehler macht: England istmitdemstreitbaren Katholizismus,mitChartistenundFeniernfertig gewordenundwirdun- gefährdetaucheinenschlechtenMonarchen ertragen. Eduard hatgute Ve- ziehungen.Erwar dasPathenkind Friedrich WilhelmsdesVierten,der ihm nachderTaufedenschönensilbernen Glaubensschild schenkte,undWil- helm derZweite hatdenOheimbeijederGelegenheitgeehrt.Einerfahrener Weltmann,demnichts Menschliches fremd ist, paßtandieSpitzeeines Staates, dessenInstitutionendemBedürfnißeines altenWeltgroßhandels genügen sollen.DasAlleswar richtig.AberEuropa lachte nochimmer.

Das Lachen hätte harmloser geklungen,wenn Eduard inruhigen Tagen aufdenThrongelangtwäre.DocherwurdeKönig, währendEng- landgegen einenzähenBauernstammundzugleichgegen denGötzenkämpfte, denesinmühvollerArbeitselbstden Völkernaufgebaut hatte:gegenpublic 0pinion. EineböseZeit für den Mann,demdieVonvivantrolle desver- fluchtenKerlsso lange gefallen hatte.Inanderem Sinnward ernun ver- flucht.Hatteernichtbei derVorbereitungdes Jameson Raid dieHandim Spiel gehabt?Warnicht gerade deshalbdieUntersuchungzurPossege- worden? Rhodes, Milner,Beit: all die denVurenfreunden verhaßtesten Männer standenihm nah;undüberallwurde gemunkelt,erhabe starkin Goldshares spekulirt.Das Lachenklang höhnisch,klangwieeinHallaliruf grimmiger Jäger,diemitbeinahe nochwilderem EiferalsdenKolonial- minifterdenKönig verfolgten.EineernstereNatur hättedieWucht solcher«

VerantwortungimGewissengefühltundsichdesaucoeur lögererworbenen schlechtenRufes geschämt,der demLandnun so schädlichwurde.EinNervöser wäreunter denPfeilenundSchleudernzusammengebrochen.DerSohndes Koburgersund derWelfinkamnichtausderFassung.Er kannte dieMenschen

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Eduard VIL 7

undhatteoftgenugzugesehen,wieman öffentlicheMeinungen macht: für eineBank, eineSchwindelgründung,einen Diktator odereineDynastie.Nur dasgeliebteSpielzeugderMenge nichtmitschroffemGriffausdenFingern reißen,ehemanihranderen Zeitvertreibbietenkann; hat siedenerst,dann läßtsies selbst fallen. Ernste Gefahr ist nichtzufürchten,denndasDeutsche ReichdecktEnglands wehrloseFlanke.DieFrist ist also nichtmorgen schon abgelaufen.DerehrwürdigePlunderprunk mittelalterlichenHofeeremonials hatim LebenGroßbritaniens seit Jahrhunderteneinen breitenRaum ein- genommen. DieviktorianischeAeragabderSchaulust kargeNahrung;umso besser:jetztwird derHeißhungersichgierigaufjedenKnochenstürzen.Lächelnd saß,ohnezuzittern,derfette Königinseinem Palastundstudirte Kostüm- werke undsuchtein altenHofchronikendieMöglichkeitneuen Mummen- fchanzes.Seine Krönung sollteeinFestwerden, wievondenheuteLeben- dennochKeinereinssah.Monate lang vorher sollteman davon sprechen, Monate lang nachher sichanderErinnerungweiden. Solcher Aufwand, derausallenZonendieBriten undeinenreichenFremdentrosz herbeilockt, brintheld unter die Leute.Vor derweithinglänzendenPrachtwirdEuropa schnelldasLachenverlernen. UndwährenddieSinne desWeltpöbels auf diesacht sich enthüllendenWunder der eoronation gerichtet sind, istZeit genug,einenSchleichweginsLagerdesFeindeszusuchenund demleidigen Kriegein Ende zumachen,eheinWestminsterdasHochamt beginnt.

DieRechnungwarrichtig.DieSpalten,diezweiJahrelangdenHelden- thatenderBuren, wirklichenunderlogenen, reservirtwordenwaren,wurdcn schmaler.Coronation heischtegebieterischPlatz.SeitMonaten brachtejeder neueTagneueMärvondernahendenHerrlichkeit.JndenKrönungstuhl,auf demKingEdwardsitzenwird,istderSteineingefügt,andenJakobdie Stirn lehnte,alserdie genHimmel führendeLeitersah.DasGewand,dasKing deard tragenwird, hat Löcher,damitdesPriesters FingerdieHautsalben kann.DieindischenFürsten sind eingetroffen. AustraliensVertreterkommen übermorgeninSouthampton an. Unddie Toiletten, dieProviantmassen, diein London ausgestapelt sind!

«

DerSchwatzwollte nichtenden;und schon tauchtendieerstenBilderauf. Mögen die Hinterhausleutedasganze Jahrhindurch denProtzen schimpfen,dervorn dasbesteStockwerkbewohnt:

wennerHochzeithatodereinMaskenfest giebt, schaaren sie sichinAndacht umden»Aufgangfür Herrschaften«.UndwährenddieedleKulturmensch- heit zudemSchaugerüstdrängteund dieReporter zugestehenbegannen, daß demBritenreichdocheinansehnlicherMachtrestgebliebensei,warEduardauch

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8 DieZukunft.

andasZiel seines zweiten, wichtigerenWunsches gelangt:dieBurenhatten kapitulirt.DieAermstenkunntendieKonjunktur nicht; siekonntenihreFrei- heittheurer verkaufen,denn derKönigwollteumjedenPreisalspeaeemaker gekröntsein. Zu Englands Heil hatteerklugeDiener. Chamberlainund Kitchener stelltendieFalleund sorgten dafür, daßkeinallzu fetterKöder hineingestecktwurde.Sofielindas zweiteRegirungjahrEduards des Sie- bentendergrößteErfolg,derdemBritenreich seitderEroberung Indiens beschiedenwar,dereinzige,derfürdenVerlustIndiensleinstEntschädigung schaffenkönnte.England mußte,nachdem Gladstones unglücklicheHanddie zumentscheidendenCingriffgeeigneteStunde versäumthatte,denKrieggegen dieBauernfreistaaten führen,hätteihn, früheroderspäter,geführt,wennnie einChamberlain, RhodesoderMilner gelebthätte.DaßderKrieg Unsittlich war,noch unfittlicher vielleichtals andereKriege, brauchtheutenicht mehr bewiesenzuwerden.DieBriten,diestets für dieJdealederhöchstenHumanität erglühen,wennirgendwoeinemunschuldigScheinendeneinHaar gekrümmt wird,waren,wie alleHerren,die zurStärkung ihrer Macht Knechtebrauchen- in derWahl ihrerMittel nievonSkrupeln geplagt;dercanthatihnenimmer dasGewissenersetzt.Sinnlos aberund dasBeginnen politischUnmündiger istderVersuch,dieGröße,die esgeht nicht ohnedasandeutschenGala- taselnabgegriffeneWort weltgeschichtlicheBedeutungdesSiegeszu leugnen.Großbritanien hat Alleserreicht,waseserreichen wollte,undwäh- renddeshartenRingens zwei werthvolle Erfahrungen gemacht;die erste:daß seineKolonienimFühlenundWollenenglischgebliebensind;diezweite: daß dieNervositätderaltenDameEuropa sichzurThat nichtzuwaffnenver- mag.Undunter der denKriegendenden UrkundestehtEduards Name.

Wer wagtenun nochdieBehauptung, diesem Begnadeten fehledie Krafteinesunbeirrt bisansZiel greifendenWillens? ..Ganz nahnur drohte nocheineKlippe.Mr.undMrs.Snob waren schonaufdemWeg nach "Westminster; Sarah, Rtåjane, Frau Hading,alldie lieben Freun- dinnenvonfrüherhattenSitze bestellt. Fünf Erdtheilewürdenlauschen, wenn derGekröntevomKirchenfürstendasReichsschwert empfängtund schwört,es nurfürdiegerechteSacheaus derScheidezuziehen.Le Prince de Galles alsGesalbterdesHerrn?AmEnde lernteEuropa dochwieder dasLachen...DieAppendizitiskamsehr gelegen.Stirbt Eduard,dann lebteralsGlückbringerimBritenlied. Wirdergerettet,dann isterein Mär- tyrer und einHeldundkann denRest seinerTage nützen,umderFrage nach- zudenken,warum esso schwerist, Kronprinz, so kinderleicht,Königzusein.

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