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Die Zukunft, 17. August, Jahrg. XV, Bd. 60, Nr 46.

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IV. Jahrg. Fettsu,den17.Zugusi1907. Alt-.4L

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Herausgehen

Maximilian Hart-m

Inhalt:

Seite

Urtegiklxllsxsplkkh Vonzum-itzunqu ...............229

Dünn-er Abend. Voncertain-Hoffmann . .........-.....235

Carl-need VonJacke Zeudriui ....................236

Moderne- wrlibürgerttxum. vonBarthe- Zchücuuq ..........244

ksük Dir-kug. von »Man-Dsttuqsdeim ......... .·. ...246

Rubin-nd Wortes. VonEwatd gethan zottiger .......... .260

Bist-dart- vih Vonstehen . ... .. .. ......... 257

Nachdruckverboten.

Erscheint jedenSonnabend.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

Wilhelmstraße3a- 1907.

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Berlin, den 17.Kugulk 1907.

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Kriegsphilosophie.

»GoldeneMittelstraße«wandelte ernie;und dievonstärksterLeidens schaftgeschwellteRede,diebrausend sichüber denHörer ergoß,glättetesich seltenzujener abgeklärtenRuheundHeiterkeit,die denoomSturm undDrang desTages erregten Menschen so wohlthuend umfängt.Sicherwar Treitschke auchweichen,sentimentalen Stimmungen unterworfen,wasnicht erst durchden Hinweisaufseine (an sichschwachen)Gedichte (Studien; VaterlandischeGe- dichte)bewiesenzu werdenbraucht;abersein Herz gehörtenichtderLyrik, sondern derEpikund derDramatik. DasWaffengeklirrmythischerVorzeit,dasdie großenepischenDichtungen erfüllt, berauschte sein Ohr.UndandenHalb- götternderUrzeit,die dasSchicksalderMenschennach ihrem langen,unge- brochenenWillen kneteten,andengroßenMännern derGeschichte,die über dasdunkle Gewimmel in denTiefen emporragtenund demHaufen ihrenWillen aufzwangen,konntesein begeistertesAuge sich nicht sattsehen.DerKampfum hohe Ziele, Charaktere,diesichinheftigen Leidenschaftenentladen,Epochen;

dieeinergroßenZukunft auf mühsamverschlungenenWegen langsamentgegenL reisen,dieewig bewegteSeedespolitischenLebens,dassichnievollendet,von AufgabezuAufgabeweiterstürmtundkeineZeit vergönnt, sichdesErreichten, unterschwerenOpfernund Martern Eroberten zufreuen:Daswaren diegroßen Gegenständeseiner Federundseines politischen Interesses.

Kannesdaverwundern,daß seineUrtheile oft ungerechtsind, seinWort oftunverdient strafend züchtigteoderlobendübertrieb?Erwar zurPartei- nahme geboren; sein leidenschaftlichpochendesBlut triebihn dazu.Diekühle Entfernungvon denDingen,ausderdiehistorischeUnbefangenheitgeboren wird,haternieangestrebt.Konnteernieanstrebenwollen, ohne seineKampf-

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HeinrichvonTreitschkewar großin derLiebeundstarkimHaß.Die

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230 DieZukunft-

naturzuverleugnen.SeinebestenGabenvermochteerdaherin derhöheren PublizistikamErfolgreichstenzuverwerthen:dort,woermit der Gewaltder phantasievollenRedeundderGluth seiner Ueberzeugungenfüreingroßes nationales Werkeintreten und denThatmenschen,die esherbeiführenhalfen, beistehenkonnte. Waserdahervor701eiftete,alsSchrittmacherder werdenden deutschenEinheitundHelfer Bismarcks,was ein Mann von dieser historischen KulturunddieserzündendenBeredsamkeitleisten mußte,umimJnneren Deutsch- lands diecentrifugalen KräftedesPartikularismusniederzuringen:Dasbleibt TreitschkesRuhm für ewig.ManmußinunbeschränktestemSinnultramontan sein,

um angesichtssolcherLebensleistung unverdrossenanTreitschkeherumzumäkeln undseineAnschauungenandenPrangerzustellen.Solasich jüngstwieder ineinemkatholischenBlatt,daß TreitschkesArt,denKrieg ,,gewisfermaßen«

alsmoralischeNothwendigkeitzupreisen,imhöchstenGradeunchristlichund auf jeneunter Protestanten so häufige Gewohnheit zurückzuführensei,ein innerliches Heidenthummitnach Christlichleit schielendenWorten zu verdecken.

Mag sein. Jch weißnurDieses: daßvielegläubigeKatholikendieunbedingte RechtfertigungdesKrieges durchdenunbedingtenPapisten JosephdeMaistre nichtkennen, einen Mann alsovon überragendergeistiger Kraftundbegreif- licherAutorität ingebildeten katholischenKreisen;undich weiß ferner, daß weder Katholiken noch sehr, sehrvieleProtestanten Treitschkes Ansichtenüber denKrieg wirklichkennen.Schadedarum. Siehaben CharakterundZusammen- hangund verdienen gerade währendderTagungderhaager Friedenskonferenz gewürdigtzu werden. Jch gebesie zunächstgetreu wieder, gedrängtundmög- lichst ohne kritischeZwischenbemerkungen:undbinüberzeugt,daßderverehrte Herausgeber dieser Zeitschrift katholischenBlätterngestattenwird,sie auch ohne AngabederQuelle abzudrucken... « «

JndieserWeltderArbeithat sicheineTheoriederblindenFriedens- seligkeitherausgebildet,die wederdemWesenderNatur nochdem des Staates entspricht.Denn,,unfühlendistdie Natur«-. UndderStaat? Hatersich von··seinernatürlichenGrundlage soweitentfernt, daßSpinozas Axiom nicht mehrgilt:EinDing hatnur sovielWirklichkeit,wieesMacht besitzt?Un- politische,anrousseauscherSentimentalität leidendeKöpfe glaubenaneinge- sellschaftlichesNebeneinander ohne Reibungen;aneinsichsolidarischfühlendes Menschengeschlecht,indemdievolklichenUnterschiedeverblafsenundderDrang idereinzelnen Gruppen nachSelbstbehauptungschwindet;andasErstarkendes

’Mitleides,dasallmählicheinenunwiderstehlichenEkelvor demunsäglichen Kriegselenderzeugen undsodenKriegselberimmer seltener,dieFriedens- zeitenimmerlänger,dieFriedensarbeitimmerersprießlichermachenwird. So leuchtetamHorizont dieserscheinbarunvermeidlichenEntwickelungderewigeFriede

«auf."Jm Zusammenhangdieser AnschauungenhabendieBegriffedesVater-

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Kriegsphitosophie. 231 landes, der nationalen EhrekeinenPlatz, zählendiebesonderennationalen Auf- gaben nicht,dieausdenbesonderenhistorischen,geographischen,wirthschaftlichen Bedingungendesbisherigennationalen LebensundderbesonderenRassenbe- gabungabgeleitetzu werdenpflegen.Dasseientraurige Ueberrestemittelalterlicher Barbarei. TreitschkesKampfnatur, seinein der nationalen Eigenheitwurzelnde Kraftbäumtsichgegendiese ,,Wahngebilde«auf.Er brandmarkt siealspoli- tische Gedankenlosigkeitundbedauert,daßKant,dergroßeJmmanuelKant, denGlanz seinesNamens dazuhergegebenhabe, siein Kurszubringen:der großeMetaphysikerseiebeneinunpolitischerKopf,indiesemeinenPunktein Kindderoerweichlichendenundverweibenden Aufklärunggewesen.Nureinzelne quäkerischeSchwärmer,rufteraus,wollennicht sehen,wiewunderschöndas AlteTestamentdieHerrlichkeitdesheiligenundgerechtenKrieges preist.Und stattKantin seinen Schwächenzu bewundern,solltenwir lieberaufdietiefen undgroßenGedanken zurückgreifen,dieFichteundHegelüber denKriegaus- gesprochenhaben...HierkannicheineBemerkungodervielmehreineBerich- tigung nichtunterdrücken:WasTreitschkealsGedankenFichtesundHegels wiedergiebt, istderKerndernaturalistischenStaatsrechtstheorie,deren Väter Thomas HobbesundBaruch Spinoza sind.DergroßeholländischeJudewird erwähnt,derunerbittlichscharfsichtigeEngländerwirdübergangen.Auch wird KantsphilosophischerEntwurf »Zum ewigen Frieden-«vonTreitschkeganzfalsch eingeschätzt.Erstammtzwar erstausdemJahr179F),einerlZeit also,wo indemRiesengehirndesPhilosophendieLichter sachtzuverlöschenbeginnen.

AberdiearchitektonischeKraft seiner Grundgedankenwirktungebrochen fort;- undaus den,,Zusätzen«sprichteinedurch moralischeAbsichtenso völligunver- dunkeltenaturrechtlicheAuffassungdesStaats-!undVölkerlebens,daßesfast denEindruckmacht,alsob derHistorikerbei der LecturedesEntwurfesüber diePräliminar-und Definitivartikel nicht hinausgekommensei. DochDas ist hier Nebensache:eskommtausdieGrundanschauungan. Welche ift sie?

MitdemBegriffdesStaates istderBegriffderSelbstbehauptung so gut gegebenwiemitdemderPersönlichkeitDasWesendesStaates liegt inderMacht;derStaat istein«Zweckoerband,umseine Machtftlllezusteigern.

Eristdaszueinersouverainen Macht organisirte Volk; sein erster Beruf ist daherderSchutzgegenäußereundinnereFeinde.Beireisender Gesittung gesellensich dieser elementarsten AufgabedesStaates andere,höhereKultur- zweckebei;aberohne Gerichtegegendie Störer derinneren Ordnung,ohne Waffengegendenfremden Staat, dersichzumeigenen feindlichstellt, diesen

anderEntfaltung seinermateriellen undgeistigenKräfteundEigenheitenzu hindern trachtet: ohne solcheMitteldesSelbstschutzesund derSelbstbehauptung giebtein Staat sich selbst auf.DerKrieg ist daher,alsäußerstesundletztes Mittel dieser Selbstbehauptung,einepolitische Nothwendigkeit.Undwie die

19’«·

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232 DieZukunft.

realenDingeeinmal liegen, ist auchinalleZukunftdieVorstellungeiner Menschheitentwickelungnicht denkbar,bei derallenationalen undRassenver- schiedenheiten,alleAbsonderungenstaatlicherArt(dieimmerwiederdie Keime zuSpannung, Feindschaft, Reibung enthalten) verschwinden. Jm Gegentheil:

dieEntwickelung,dienatürlicheso gutwiediegesellschaftliche,gehtvom Einfachen zumZusammengesetzten,von derEinheitzurVielheit; ihr Wesen ist Diffe- renzirung.DieMöglichkeit,daßdieseDifferenzirungsichinnerhalbderNational- staaten immerweiterfortsetzenkönne,biszu demPunkt, daßderStaat in lauter selbstbewußteIndividuenzerbröckelt,faßt Treitschkeüberhauptnichtins Auge:mitRecht,daerhistorisch,nicht abstrakt philosophischdenktunddie Entwickelungdergeschichtlichen(wie auchdernatürlichen)Welt beweist, daß TendenzenderangedeutetenArtZeitendesNiederganges,derAnarchie,nicht PeriodenderAufwärtsbewegung,gesteigerterOrdnung also,imGefolge hatten.

Für Treitschkeistder Staat einejedemEinzelwesen, jeder Berussgemeinschaft, jedemLokalverband überlegenehöhereEinheit,ererkenntihmdasRechtund dieWürde einersittlichen Persönlichkeitzu,die,um existirenundsichent- faltenzu können, zuallenZeitenunterdemZwang übermächtigerUmstände dasRecht beanspruchthat,über das Leben derEinzelwesenverfügenzu können, und ihnendenOpfermuthalshöchstesittliche Pflicht auferlegt. »Wieder einzelneMensch, sobildenauchdieVölker, je höhersie aufsteigen,dieEigenart ihres Charaktersum so schärferaus· WiejederganzeMann,jederMeister befugtist, sichin derkleinenWelt, dieerbeherrscht,allen anderenMännern gleichzudünken: ebensoundmitweit besseremRecht glaubt jedes große Volk, daßeskeinemanderen Volknachstehe,dennesweiß, daßvon den tausendund abertausend sittlichenKräften, welchediereicheMenschengesittung bilden, irgendeinegeradeauf seinemBodendiehöchsteEntfaltung erlangt hat.«

Treitschkekonstatirtimmer wieder,daßdasSelbstbewußtseinderNa- tionen erstarktund darum,trotzderengerenVerkettungderInteressenaller Kulturmenschen,trotzderAnnäherungihrerSitten undLebensgewohnheitenund Umgangsformen, trotz ihrer unauflöslichenVerkettungindieWeltwirthschaft undderdadurch erzeugtenAbhängigkeitdesEinenvom AnderenderKriegschwer- lichjemalsvon derErdeverschwindenkann. Denn dieewigen Dinge sindin ewigem Werden,Staaten entstehen,Staaten vergehen;undnichteinmal für Europa läßt sicheineendgiltigeFormdesStaatensyftems auchnur erdenken.

Entspricht diese Auffassung nichtdenpositiven Verhältnissenundwirksamsten politischen Tendenzen?Oderhat sie, seit Treitschkesie niederschrieb,thatsäch- licheineAbschwächungerfahren?Esgiebt tausend Mittel,denewigenWider- streitderMenschenzuschlichten;noch sind sie nicht entfernt erschöpft:und daraus erwachsendenRegirtenundRegirenden täglichneue soziale,politische, diplomatischeAufgaben.Aberesgiebt Berwickelungen,beidenen derKrieg alleindieheilloseVerwirrungderGeister,denunauflöslichenWiderstreitder

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Kriegsphilosophie. 233 Interessen endgiltiger, also sittlicherzubeseitigenund denFriedenlängerzu verbürgenvermagals derfaule, durchAdvokatenkniffeherbeigeführteKompromiß.

Natürlich istderKrieg,dergroßeundgerechteKriegeinAeußerstesk ..,,Jahrzehnte lang«,bekenntderHistoriker,,,habenwir Männerderpreußischen Parteiuns müdegeschrieben,umzuzeigen, daß Preußenalleindiesittliche Kraft besitze,Deutschlandneu zuordnen;derBeweis dafürward erst auf denSchlachtfeldern Böhmens erbracht.«Dasheißt:dengerechtennationalen Krieg sendetdasSchicksal;demmüssenwirinDemuthuns beugen. Freilich erwecktauchdergerechteKriegdiegemeinenTriebe imMenschen;erbricht plötzlichhereinunderscheintdengesittetenVölkern zunächst»alseineAuf- shebungallernatürlichenOrdnung. Abersprießennicht auchbeilange fort- gesetztemFrieden allerhand Laster aufundgedeihtdanicht sittliche Fäulnißs Sind HabgierundSchwindel, GenußsuchtundmitdenekelhastenMitteln desRänkespiels,derScheelsucht,derVerleumdung,-desTreubruches,der Ad- ivokatenlogikoperirende Selbstsucht ästhetischund sittlich annehmbarerals die LasterdesKrieges? Ja,von hieraus gesehen,kommtman leicht dazu,den Kriegals eineHohe SchulederMannbarkeit undsozialenTugendenzupreisen und von demKriegermitLutherzurühmen: seinAmtsei,,göttlichundder Weltso nöthigundnützlichalsEssenund Trinken odersonsteinanderWerk.«

Wenn Treitschkevom KrieginhohenTönenspricht,alstreuerSohn seinesVolkes, das sichunter unsäglichenSchwierigkeitendasRecht aufeine unbedingtenationale Selbständigkeiterkämpste,so darfman nievergessen,hin- zuzufügen,welcheArtKriegermeintund wieer dengerechtennationalen Kriegbegrifflichbestimmt.AlsletztesMittel einersrivolen Staatskunstver- iabscheuterihnwienur Einer;und erwird nichtmüde, zusagen, daßin einemgebildetenVolk, dessenHeeresverfassungsich auf allgemeinerWehrpflicht aufbaut,eingemeinerLandsknechtsgeistgarnicht aufkommenkann,undzuermah- nen,daßdereinmüthigeWille einesfreienVolkes,zumBeispiel:desenglischen zurZeitOliversCromwell,dieMachtderBayonnette stets nochzubrechenge- wußt hat. ThatsächlichbetrachtetdiegroßeMehrheitdesdeutschenVolkes das Heer nichtalsunangenehmenFremdkörper,sondern eheralsSchulederMann- heit:esist populär, obwohl seine Erhaltung schwereOpfer heischt.

Endlich istein dummer undwahrheitwidrigerVorwurf zurückzuweisen, denman immerwieder erhebt,um Treitschkebloszustellen.Niehater,nicht einmal in demerstenBegeisterungtaumelüber harterfochteneSiege,einschlag- fertiges Heeralsletzten EndzweckdesStaats- und Gemeinschaftlebensbe- zeichnet;erhatesnie andersdennalsVorbedingung betrachtet,die einefried- -licheKulturarbeit innerhalbdes Staates überhaupterst möglichmacht. Preußen war nie einMilitärstaatimrohenSinndesWortes, hat weniger Kriegegeführt salsirgendeineandereGroßmacht,,NureinmalregirteinderdeutschenHaupt-

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2 3k DieZukunft.

stadtderSäbel; und diese kurze Epochedesberliner Belagerungzustandes,.

die neben den verwandten ErfahrungenderanderenHauptstädteimmerhin sehr milderscheint,gilt heute jedemDenkenden alseineSchmach,alseinehäßliche-- Störungderstreng bürgerlichenRechtsordnung,diesonstimmer inPreußen- herrschte.«Jch weiß nicht, woherman dasRecht nimmt,dengroßenPubli- zistenalsblindwüthigenAnbeter einerselbstherrlichenSoldateska hinzustellen;.

seineVorliebefür dieDarstellungderkriegerischenEpisodeninderpreußischen GeschichtereichtzurBegründungdieses Rechtes nichtaus.

Eineandere Auffassungvom Kriege,einanderer Begriffalsder blos- chimärischevomEwigen Frieden ist freilich möglich,wieja überhauptdie all-- gemeine weltgeschichtlicheOrientirung Treitschkes ihreLücken und Einseitig- keitenhat. AlsHistoriker konstruirter ausErfahrungen für (künstige)Er-.

fahrungen, schließtervon Einzelnem auf Einzelnes;alsPublizist verdichtet-

erErfahrungenzueinemStandpunkt,der zugleichMaßstabundRichtung- liniefürindividuelle Zweckeist,gegenandere Standpunkteblindmachtund Dem, derihnvertritt,nichteinmal dieFreiheit läßt,andereStandpunkteals dialektischeNothwendigkeitenzubegreifen.DasphilosophischeVerfahren, das einzelne FaktumalsSymboldesZeitlosenzubegreifen,übternie.Sofaßt

erdenStaat immmer alssittliche Persönlichkeit,demderWillezurSelbst- behauptungebenso eingeboren istwiedemEinzelwesenderDrang,inseinem Wesenzubeharren(inesse suo persoverare). Aber diesittlichePersönlich-- keitisteinerderabgeleitetstenBegriffe,dieexistiren,unddieFormderWirk- lichkeit, aufdieerBezug hat (ebenderStaat),ein ganzspätes,bewußteTheil-- nahmeundArbeit amsozialen GeschehenvoraussetzendesEntwickelungprodukt desGemeinschaftlebens. Diese langsameundspäteEntwickelung,dieparallel läuftmitderEutwickelungvonderThierheitzurBewußtheit hatdieSittlich- keitnichtzurVoraussetzung, sondernzumZiel:daSittlichkeit ohne Bewußtheit einUnding ist.DasmeintendiePhilosophen,wenn sie sichfragten, nachwel-- chemModus derstatus naturalis indenstatus civilis, dasNaturrechtin dasStaatsrecht übergehe.Diese Verwandlung ist ja gekommen;wäre, mit Kant- zureden, sogarmöglichin einem VolkvonTeufeln,wenn sienurVerstand haben.

Jener Uebergang ist ja nichteineFruchtdesWillenszumoralischerBesserung, sonderndesMechanismusderNatur,die denMenschenzwingt,sichunterZwangs-- gesetzezubegebenunddenFriedenszustand,in dem dieGesetzeKraft haben, fort- währendalsUrsaktumseinergesellschaftlichenundsittlichenExistenzanzuerkennen.- DieEntwickelungdesvergesellschaftetenMenschenmachtnunabernichtbei der VerwandlungdesNaturrechtesin dasStaatsrecht Halt, sonderntreibt zur Bil- dung des Völkerrechtes,womit dochwenigstensdieTendenz gegeben ist,die- ReibungenuntersdenVölkerndurchVeranstaltungenzubeseitigen, ähnlich-·

denen,durchdie der»WiderstreitderunfriedlichenGesin«nungen«innerhalb einer-

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DüftererAbend. 235

einzigenVolksgemeinschaftgeschlichtetwird.VondieserTendenzaufdenEwigen Frieden spricht Kant;erfordertnur, man solle sie bejahen, hatabernir- gendsgesagt,daß dieseinsUnendlicheverlaufendeBewegunginendlicherZeit beendetseinkönne. Darum nennt erdenGlauben andiesesZielderKultuv bewegungeineregulative Jdee. TreitschkehatkeinRecht,KantsArbeitals dialektischeSpielerei wegzuschieben.

Trotzdem sindTreitschkesGedanken über denKriegaus einemGuß, charaktervoll selbstinihren JrrthümernundUebertreibungen,von einemstarken politischenJnftinkt getragenund,vom Standpunktdes imPositioen,Wirk- lichen, PhänomenalenlebendenHistorikers, folgerichtigzu Endegedacht.Man kann sie gerecht nicht beurtheilen,wenn man ihre Herkunstausdergroßen Wendungderpreußisch-deutsche«nGeschichteunberücksichtigtläßt,dieTreitschke alsunermüdlicherWecker undWarner,alsleidenschaftlichtheilnehmenderund mitwirkender Zeitgenossedurchlebt hat.

L

DüstererAbend«

DieDieSegelletztetriebenSonnemitübergoßderBö, Sie feurigund derAbend floß In schwarzen Schleiernaus derHöh’.

Dr. Samuel Saenger.

DieFischer stießenan den Strand;

Jn rundgebauchten Körben lag Des heißenTages Mühertrag, Lebendiggleißendbis zum Rand.

Gleich Räubern blickten, hart und fest, DieFischerhinter-sich,voll Gier.

Das Meer war wie einwildes Thier, Das schlafend sich belisten läßt.

Wien. Camill Ho.ffmann.·

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236 DieZukunft.

Carducci.

Mkmoderne italienische Dichtung hatinDeutschlandnur wenig Beach- tung gefunden.Dasmußumso mehrausfallen,alsdieEntwickelungs- geschichtederbeidenNationen imvorigen Jahrhundert sehr ähnlichwar. Hin- derteVorurtheilundVerständnißlosigkeitdieBekanntschaft?Warderdeutsche Volksgeistzusehrmitsich selbst beschäftigt?Daswäreseltsamin einerZeit, wo einpoetischerKosmopolitismusdieDeutschenindenfernsten Zonen,den entlegenstenZeiten,bei denfremdestenVölkernheimischzumachen unternahm- undihre DichterinderTrachtdesindischenBrahmanen,desarabischenMär- chenerzählets,despersischenRhapsoden sich so freiund sicherwieinderhei-- mischenzubewegen suchten. Dennoch sinddie Namen einesFoscolo, Pindes monte,Monti, einesTomaso Grvssi, Giusti, Leopardi, Berchet, Stecchettiz Panzacchi, PascolidergroßenMehrzahldergebildeten Deutschen nichtviel mehralseinleererKlang,wetteninihnen,wenn überhauptirgendwelche, nur unklareVorstellungen. SelbstalsGiosue Carducci, kurzvor seinemTode, denNobelpreis erhalten hatte,blieberinDeutschlandeinfast völligUnbekannter.

Ein Hauptgrund dieser Vernachlässigungliegt wohlinderSprache.

Französischund Englisch sprechenViele. Jtalienisch Wenige so gut,wiezu mühelosemGenießennöthigwäre.DieDutzendmeisterderUebersetzungskunst aberscheuendenmühevollenVersuch,diesenMusengartenzuplündern;nebenden Blüthen stehendaallzuspitzigeDornen. JnderitalienischenLyrik habendie ReizederSpracheeineso überwiegendeBedeutung, daß ohne hohenSinn für stilvolle AnmuthundohnedenSchweißeiner langen, ernsten Kunstbe- mühungdieSchwierigkeiten dichterischerNachbildung nichtzubemeistern sind.

DieDutzendübersetzungwürdeeinfadenscheinigesGedankengewebevon nüch- terner Rhetorik ohneDustundSchmelzbieten. Unddochwirddie Ueber- setzungskunstnoch langedesVermittleramtes zwischenItaliensundDeutsch- landsDichtungzu walten haben;dennnur sehr allmählichscheintdieehren- volleStellung,dieItalien sichim Kreis der Nationen wiedererrungenhat, auch derVerbreitung seiner SpracheundgeistigenKultur nützlichwerdenzusollen.

JnCarducci hatthalien einender starken Geister verloren,dieals- Dichter,Prophetenund Kämpfer währendderdenkwürdigenErhebungdes italienischenVoltsgeistes großgeworden sindund,tiefvon ihr ergriffen, frucht- barauf sie zurückgewirkthaben.DaderDichterüberDas,was auf seine Entwickelungbestimmendeinwirkte,infrüherzerstreuten,jetztzumgroßenTheil gesammeltenProsaschristen selbst deutlich gesprochenhat, empfiehltessich,aus dieserreinenQuellezu schöpfen,inihrdasBild seinerPersönlichkeitzusuchen.

AuseinemSammelbande, denerunter demTitel »Selbstbekenntnisseund Schlachten«herausgab, erfahren wir, daßeram siebenundzwanzigstenJuli,

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Carducci. 237

1835indentoskanischenSümpfen (Maremme) geborenwar. Sein Vater, einvielverfolgterKarbonaroausFlorenz, hatteesdortbiszuderkümmer- lichen StellungeinesMedic-ocondotto (Gemeindearztes)gebracht.DerJunge war kräftig,heiltesichvom Maremmensieber durch Streifzüge aufdiewal- digen Höhenundkam danninsGeistlicheGymnasiumderScolopi von-Flo- renz. SchonfrühlaserdieAlten,das,,Befreite Jerusalem-«von Tasso,die

»GeschichtederFranzösischenRevolution« von Thiers,die,,RömischeGe- schichte«vonRollin,die»Hölle«von Dante. Besonders gefielen ihmundden vertrautestenKameraden Thier-sund dergute Rollin;inPantomimen,bei denenesnatürlich nichtohne SteinwürfeundStockschlägeabging, stellten sie dieKämpfederRömerundfranzösischenJakobinerdar.,,Jn diesen Vorstel- lungen«,schreibtCarducci, ,,wurdediehistorischeWahrheit nichtmitdemPe- dantismus eingehalten,derdiedramatischeWirkungzuverderben pflegt.Mit welchem HagelvonKieseln bewarf icheinesTages Caesar,derebendenRu- bikonüberschreitenwollte! Diesmal mußte sichderTyrannmitseinenLe- gionen flüchten(wohin, weiß ich nicht)und dieRepublitwardgerettet.Aber am nächstenTagüberfielmich CaesarineinemGebüsch;er behauptete,es seiderWald derFurienunderselbst sei Opimius·Jchwehrte michzwar gegendenAnachronismusund gab mich für ScipioAemilian aus;erließ michwieeinenGracchusvon seinenBogenschützenheranziehenundunbarm- herzig durchhauen, trotzdem ich verlangte,ersollewenigstensderGeschichte treubleibenundmirgestatten, michvonmeinemSklaven umbringenzulassen.

Wiediese verruchten Bogenschützenauf mich einschlagenundwiesiedabeilach- ten! Jch rächtemich übrigensbald;undhieltmichnun sogarandieGeschichte- ich erstürmteeinenStall,derdie Tuilerien darstellte,undließderVolkswuth gegendieSchweizerLudwigsdesSechzehnten freien Lauf.«

Der VaterGiosuåswarManzonianer, also katholischgesinnt,undliebte diese klassischenReminiszenzen nicht. Ersperrte seinen Sohneinundgab ihmdreiBücherzulesen:die,,KatholischeMoral« vonManzoni,die,,Pflichten desMenschen«unddas,,LebeneinesHeiligen«·DieFolgewar vorauszu- sehen:Carducci faßteeinen,,katilinarischenHaß«gegendieseunbedeutenden Werke. Erstellte sichansFensterund sagte tlassischeVerse aus, während seine Feinde,dieSchützendesOpimiusunddieSchweizerLudwigsdesSech- zehnten, ihnvonderStraße her auslachtenund mitAepfeln bewarfen. Zugleich mitdemSinn für Poesie erwachteindemKnaben schon frühdieSchaffens- lust;imzwölften Jahr schrieberVerse.,,Doch«,schreibter weiter,»den wirklicherstenSchrittmitderfesten Absicht,zusündigen,diefreilichnichtzur Ausführungkam, thatichimJahr1852. AneinemJulitag hatte ichden Muth,inallenMetren,die mirdurch denKopf gingen,eineromantischeNo- vellezusammenzuschreiben.Jchbetitelte sie,Liebe undTod·. EinBischen

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