• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 23. Januar, Jahrg. XVII, Bd. 66, Nr 17.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 23. Januar, Jahrg. XVII, Bd. 66, Nr 17."

Copied!
52
0
0

Pełen tekst

(1)

XVII«,»Wx«.««-.«8----·«--sp« eJahrg.»—.,sp«.«.-..-.-x«Berlin-,»M.«««xxx.—. den»-,,»-—23.«-.xJanuar»s.-.»««.,. —«·»«-«·-«x- 1909.« -.».»—.—.-—-«» Eli-:l7.

Herausgehen Maximilian Bart-m

Inhalt:

Seite

prqeludium . ....... ......................125

päpllinJohannen VonSukiug von Peripet .....·...... .·.«.141

very-Any vonthkzeutfch ............·.. ..·149

Minister Gveklxe.VonJenas Frännec ...........,... .152

Eis-using voncis-you .....................».. 161

Motcarchengelmrkgkag ..... «....................165

Uachdruck verboten.

V Erscheint jedenSonnabend.

Preis vierteljährcich5Mark, dieeinzelneNummer 50Pf.

Berlin.

Verlag der Zukunft WilhelmsfraßeBa.

1909.

(2)

Abonnement

pro

uuartal

n.5.—,

pkolankn.2o.—.

Unter

Kreuzbancl

bezogen

n.5.65, pkolaln n.22.60.

Auslankl

n.6.30,

pkolalns.25.2o.

Za-

Man

abonsniesst

bei

allen

Buchhandlunyem

Postemsmlten

und

bei cieis

Empeslition

Deo-Lin

sssc 48,

1l’i««.-lm8«-.

DieHypotheken-Abteilung des

Bankhauses cis-II Isublslsgckp

Komnlanclitgesellschaft aufAktien lsapitak 5Jlillionen Karls Berlln llll.8,Französischesstrasse No. 14,

hateinegrosseAnzahl vorzüglichescbjelcleinBerlinuntlVororlen zurhypothekarischen Beleihung zuzeilgemiissem Zinsfusse nacl1zuwesen, unclzwar fürdenGeldgeber .

völligkoste-hinri-

Mampgegenüber esGute

Imvf

Unttzxgrundbalmhof Friedrichgtragge . Vorn-hinzu Ufer-stut» derReichshauptgtadt

Extrafeiuc Likörc und Frülpstiicks-Weiue.

«

Hotel Esplanacle

»

Beklins « »l. Hamburg

Neuerökknete Häuser-- ersten Klanges --Restlaurasn3«ts«ini.vfsolrnehmstenstll Gilllskeotn

.

I-’ive 0’eloclc tea

llellextcllclllsplelllklllslelllllcl llolelkllcelslol

Nollenklorfplatz l Anhalter Bahnhof

Erstlclassige Weins u- Bierresiautsants

Fktetlkiehstkasse 67,

sTaubenstlc 15u.Mohrensfn 49.

Lenkt Fremde sprachen

illaZellllzFcllllllls

ol

LllllLlllchs

Berlin, Leipzigerstr. 123a. Charlottenburg, Tauenzienstr. 19a.

AlleWaffen sämtliche existierende, bezüglichexakter Arbeit

sintl unklvorzügliche-·sellllssleisnng unübertrolieno

S n ulslagcl-u.sclleihengowe.lro,

c automatiscMie aller-Summen

u.Pistolen,Luflwaifen,Toscliins, evoluorsowie sämtliche Jagdgerätschaitenliefert die Deutsche U’-tll«(snt’-tl-1-ilcGeotsg Kaki-als - BerlinsW-4s,Frlellrichstrasso 240-24l.

HAMBURGER HOF

Welthekanntes Haus« Herrliche Lagea.ti.Alster

llllllllelalllllalllll.l.ll.lalllgllllWillst-l

Feine Französische Küche

Neue Direktion.

staallioll qeprlitll

«

liatalogZ umsonst u.porlolroi.

llllllllllllQ

Gänzlich renoviert

L

(3)

»F

Berlin, den 23. Januar 1909.

s

IX- MC s

praeludium

MachBonapartesundMoreaus SiegenbeiMarengound Hohenlinden

«

wurde,amneuntenFebruar1801,derFriedevonLunevillegeschlossen.- DasmorscheDeutscheReichverlor das linkeRheinufer,dreiMillionenMen- schenundsechzigtaufendOuadratkilometer Landes,unddeninihrerTerri- torialmachtgeschmälertenFürstenwurde,wieschondreiJahre vorherim Frie- denvonCampo Formio,vom SiegerEntschädigungzugesagt.Dieregens- burgerReichsdeputationwirddieAnsprücheprüfenundJedemgebenYwas ihm gebührt.VonRechtes wegen?Nein.Diefranko-ruffisch.eInteressenge- meinschaftkannnichtwünfchen,daßeinerderdeutschenGroßstaatenBeträcht- liches gewinne;kannsdurch schlaueNutzungderaustro-preußischenEifer- suchtleicht hindernundin-Südwestdeutschlandsichein denGroßenunbe- quemesStaatenbündel schaffen.JmHauptschlußvom fünfundzwanzigften Februar1803fügendieRegensburgersichdemWunschderJmperatoren ausWestundOft. DeutschlandsVolkfühltdieSchmachnicht; ahnt nicht, daßKleinmuthundEigennutzderFürftendenletztenPfeiler derKaisermacht, die desReichesEinheit repräsentirt,lockernmuß;trägtdieSchandefremder Bevormundungwie einunabwendbaresGeschickUndrührtfichnicht einmal, alsdieFranzosenHannoverbesetzenundvon denlschemBoden denHerzog vonEnghiennachVincennes schleppen.VieleFürstenundHäupterFreier StädtejauchzendemEroberer zu, den derWilledesvonsolchemGlanzge- blendetenGalliervolkeszumKaiser krönt.KarlFriedrichvonBadenschreibt anihn: »EureMajestätkennen dasGefühlergebenerBewunderungund

10

(4)

126 DieZukunft-

Dankbarkeit,dasmichanSiekettet,zugut,um andertiefen Freudezwei- felnzukönnen,dieichbeiderNachr-ichtempfand,daßEureMajeståtmit der Machtbekleidet wordenist,diedenWünschenund derWürdeeinersogroßen Nation,zugleichaberauchdernGenie,demRuhm,dengewaltigenEigenschaf- schaftenentspricht.MeinaufrichtigerGlückwunschsolleineneueHuldigung sein,dieWiederholungderehrlichenWünsche,dieich fürdieErhaltunthres unersetzlichenLebenshege.EureMajestätwollenmirgestatten,in vollem Vertrauen stets aufeingnädigesWohlwollenundaufdieGewährungJhres mächtigenSchutzesin allenAngelegenheitenmeinesHauseszuzählen.Jn BewunderungundktiefsterEhrfurchtbinichEurer Majestät sehrergebe-

nerKarlFriedrichKurfürstvonBaden.«JndemBrief,denbadischePrin- zen zurKrönung nach Parismitbringen,nenntKarlFriedrich sichgar den t1«es humble et.ires devoud Serviteur desFranzosenkaisers.Der Land- grafvonHessen-Rothenburgschreibt:»DassranzösischeVolkhatsoebeneins derschönstenDenkmale nationaler Liebe undDankbarkeit errichtet,als es Eurer MajestätTitel und Würde deserblichenKaiserthumes verlieh. Diese WürdescheintgeschafsenfürDen,derinseinenThatenundinseinemGenieso sehrdemerstenderCaesarenähneltLängstbewundertEuropadiegroßenEigen- schaftenDessen,der demErdtheildenFriedengebrachtundsichimTempel desRuhmeseinen derschönstenPlätzegesicherthat. JndenBeifall spendenden Jubelruf EuropasmischtsichauchmeineStimme,umEurerMajestätGlück- wunschundHuldigungdarzubringen.EureKaiserlicheMajestätwolle darin dasEmpfindenseinesHauseserkennen,das mitehrfurchtvollerTreueanFrank- reichhängt,weildiesesLandesGroßmuthihm SchutzundRechtsbiirgschaft gewährthat. Ichwage, Beides von derSeelengrößeEurerMajestät auch fernernochzu erwarten. MeineDankbarkeit wirdIhremRuhmzuähneln trachten; siewirdohnegleichenseinundin meinenEnkeln fortleben. Jntief- sterEhrfurchtbinichEurerKaiserlichenMajestätsehrgeringerundganzge- horsamerDiener Emanuel LandgrafvonHessen-Rothenburg.«DerFürst von Hohenzollern-HechingenflehtdenHimmelan,dasglanzvolle,füralle Nachbarnundbesonders fürdiedeutschenStaatenkostbareLebendesKaisers zuverlängern.JoachimvonFürstenbergbittetumgnädigenSchutzundspricht seine Freudeüber dieKürung aus,die denFrieden Europasund die unge- störteGeltungderdeutschenVerfassungsichere.DieFürstenvonLeiningen undvonJsenburg schwelgenin TönenähnlicherInbrunst.DieFürstin-Re- gentin vonOettingen-Spielbergstammelt: ,,Jn diesemgroßenEreignißseg- netDeutschlanddieErhaltungundVollendungdesZustandes,denihmdie

(5)

Praeludium. 127

mächtigeHandEuerMajestätstattderKriegsgräuelbescherthat. Jchwage,

«andenStufenJhresThronesdenAusdruck derGenugthuungundFreude darüberniederzulegen,daßderHelddesJahrhundertsmitderMachtbekleidet ward,dieihm Einfluß aufdasSchicksalmeinerSöhne sichert. Wenn,wie ich innig wünsche,die DauerJhresLebens derJhres Ruhmesgleicht,wer- dennochmeine Enkel inbegeisterterDankbarkeit sichdesvonEurerMajestät unshuldvoll gewährtenmächtigenSchutzesfreuen.«Lakaien,diederFremd- ling fürdenNachtstuhldiestmiethete?Nein:deutscheFürsten; acht Jahre nachdem TodFritzensvonPreußens.LeidersprechendeutscheBürgernicht anders. JmNamenderFreienundHansa-StadtBremenwimmertderprä- sidirendeBürgermeisterHeinrichLampe-:»EurerMajestätwarvorbehalten, in einemweiten,vondenfurchtbarenStößen derZwietrachtund Anarchieer- schüttertenGebietRuheundOrdnungzuschaffen.SeitJahrhunderten sind swir denInteressen Frankreichsverbunden unddieneustenEreignissehaben sdiesesBandnochengergeknüpft.Sosindwirgewöhnt,dasGlückEurerMa-s jestätals einenZuwachszuunseremanzusehen.EureKaiserlicheMajestät kannsichalso vorstellen,wiegroßunsereFreudeist,danun das mitsoreichem LorbergeschmückteDiademaufdererhabenenStirn glänzt.MögederAll- mächtigedasLeben EurerMajestätmitebensolchemGlücksegnen,wie es

»aus EurerMajestätMühenaufdieFranzosenundaufdieStaaten,dieJhren Schutzerbaten,herabgeträuftist.MögendieTageEurerMajeståt,die das Szepterinso festerHand haltenwerdenwiedieWagederGerechtigkeit,so llangewähren,wie Allewünschen,denen-dasGlück derVölker,dieZusrieden- sheitder Mitlebenden und dasGedeihenkünftigerGeschlechterwahrhaftam

Herzen liegt.Wir,dieunterwürsigstenDiener EurerMajestät,bitten,unsund unsererStadtauch fernerdiehoheGüte zuerhalten,die unsbisher gewährt war.«UnsterblichenRuhm,schreibendieLübecker,habederKaiserzuwohlthä- tiger Wirkunggebracht.Wunderbar,jauchzendieNürnberger,einzigin der Ge- schichteundtröstlichfürdenFreundderMenschlichkeitistderAusblickaufeine ZeitallgemeinenFriedens.Und dieAugsburgerkreischen:»Einstimmigpreist EuropadasgroßeHerzund denweiten Blick Eurer KaiserlichenMajestät, derenHandelnüberalldieglänzendeSpureineserhabenenundwohlthätigen Genieserkennenläßt.WiedürftedieFreieReichsstathugsburg,dieim Ver- lause wenigerJahreso«vieleBeweisederHuldund desWohlwollens empfan- genhat,dieGelegenheitversäumen,EurerKaiserlichenundKöniglichenMa- sestätdieHuldigung tieferVerehrungdarzubringen?UnsereheißestenWünsche Vereinensichzu derBitte,dasunschätzbaieGut dcsmächtigenSchutzesder

104

(6)

128 DieZukunft

StadtAugsburgin allenFährlichkeitenzuihremHeilzuerhalten« Darf- man darüberstaunen-,daßderEmpfängersolcherBriefe nochaufSanktHe- lenasprach,diePamphletisten,dieseinenRuhmanzunagen versuchten,wür- denaufGranit beißen,dennseinevom Sonnenglanz umleuchtetenThaten zeugtenimWandelderZeitfür ihnundMillionen europäischerMenschen trauerten umihn,alsumEinen,dereinerMenschheitzumWohlthäterward?

EinHalbjahrhundert nachdemFriedenvonLuneville.NichteinFran- zosenkaiserwirdjetztvomdeutschenEmpfindenvergottet,sonderneinReussen- zar.NikolaiPawlowitschgiltalsderHelddesJahrhundertsundGermaniens entmanntes Volkwirft sichvorihm-indenStaub.DarsManteusfelMinister bleiben,trotzdemerdemZaren nicht gefälltundsogar seineFrauamHofder Königinschlechtbehandeltwird?TheodorvonBernhardi schreibtinseinTage- buch: »Derneue BürgermeistervonHirschbergbesuchtmich;eineleganterv undparsumirterjungerManninhellenHandschuhenBürgermeisterwerden zwarvon den Städtengewählt,vonderRegirungaberbestätigt,revera also- vonderRegirungernannt. Diesem jungenMannsiehtman aufdenersten Blick an,daßergebildetistwieJemand,dereinedeutscheUniversitätmitErnst besuchthat.AberwelcheAnsichten!,RußlandverhältsichzuDeutschlandwie- Makedonien zuGriechenland; deutscheBildungwirdundmußinRußland herrschendwerden.DagegenwirdDeutschlandaufhören,alsStaat fortzube- stehen;RußlandwirddiethatsächlicheHerrschaftindemalterschwachenDeutsch- landerlangen,aberdiedeutscheNationalität inihrer siirdieallgemeine Welt- bildungmaßgebendenLiteraturfortlebens. Rußland istdasReichSaturns.

DaherrschtdiegrößteOrdnung,dieallgemeinsteGlückseligkeitin allen Stän- denbegeisterteLiebefürdasKaiserhaus;dasindVolk undRegirungeinig- Von dorther mußdasHeilderWelt kommen-«Sahessoin denKreisender Höchstgebildetenaus,sowarnichtzuverwundern, daßderKultus desrussi- schenZarthumesin dentieferenStockwerken derGesellschaftdiethörichtesten Formen annahm.«Der,,BoteausdemRiesengebirge«bringteinGedicht, in dem Nikolai alsdergrößteMannderErdegefeiertwird, »alseinzigerMann indieserZeitderMemmen,dieSinn nur hat für Weiber,Geld undSchlem- men« ;erbärmlichePygmäenneidenDir,oKaiser,denRuhm »undhuldigend liegtDirdieWeltzuFüßen,Dich,HerrundKaiser,jubelndzubegrüßen«.Nach NikolaisTod wirdsnoch schlimmer. »DieKreuzzeitungistmitschwarzem Randerschienen,alssiedenToddesZarenzu meldenhatte!Soganzunver- hohlenfeiert sieindiesemKaiser ihreneigentlichenHerrn!DerRegirung- PräsidentGrafZedlitzhat,als dieNachrichteintraf,vonseinerFrauverlangt,

(7)

Praeludium. 1129 sie solleTraueranlegen,nochehedieVorschriftderHoftrauerdawar.Paftor .--KrummacherhatamBegräbnißtaginPotsdamüber denTextgepredigt:

DerKaiser isttot.DerKaiserlDerKaiserpar- excellencel WelcherPreuße müßtedabeinicht schamrothwerden! Gerlachsagtin derKammer,der Tod desKaisersNikolaus habeinganzPreußengewirkt,als ob einVater gestor- ben wäre.GardeosfiziereundAristokratietreibeneinenförmlichenKaiser- kultus ManträgtTrauermedaillen mit demBildnißdesKaisersaneinem -schwarzenBandDieHerrenGardeoffizieretragen sieanderUhr,dieDamen andenArmbändern. DerKaisertoutcouit istindiesenKreisenimmerder KaiservonRußlandJn denMilitärkreifenüberallKaiserkultusundkein Ende. Man kannnichtgenugüber dieBerblendungder Gardelieutenants staunen.DerNikolaus, fürdensieschwärmen,isteinganzimaginäresWesen, dasnie undnirgends eristirt hat;derwirklicheKaiser sah ihm nicht entfernt ähnlich.JndempommerschenArmeecorpssindsoziemlichalleOsfizierekreuz- ritterlichnndrussischgesinntnndbehelfensichinErmangelungvonJdeen mitgewissenSchlagworten: ,Jch hörelieberdierussischeNationalhymneals dieMarseillaise«;undmitähnlichen.WirsolltenunsvonRechteswegenwohl Beides verbittenundbei,HeilDirimSiegerkranz«stehenbleiben-«Sogrollt Bernhardi.Undberichtet,nacheinemGesprächmit demOberst Etzelx»Der Anblickhier istentmnthigend.KeinMenschweiß,waswerdensoll.Beun- ruhigendistnamentlichdieschlaffeMnthlosigkeit,dieman bei denvernünfti-

gerenunsererStaatsmänner findet.WährendalleVerständigenverzweifelt sind,weilPreußenbeseitigt,unbedeutend,in diepolitischeRumpelkammer gestelltist, glaubtderKönig,derSchiedsrichtervonEuropazusein,glaubt er, Allesbuhleum seine Gunstund alleMächtelegtendieEntscheidungder weltgeschichtlichenFrageninseineHand.«AuffeinenerstenBeratherhörtFried- richWilhelmbderViertekaumnoch.Alsihmerzähltwird,Manteufselbillige irgendeineköniglicheVerfügungnicht,ruster:»Achwas:Manteuffel istmein Schuhpntzer!«ManteuffelkenntdiesenAusspruch,weiß,daßereigentlich gehenmüßte,meintaber,als treuerDienerdürfeerinkritischerZeit seinen Herrnniiixtver-lassen.SoprofitablerTrosthatdeirSchwachheitnochniegefehlt.

NachdenFranzosenund denRuserkamendieBritendran. Jahre lang hatte namentlichSüddeutschlandAlles,wasnachFreiheitschmeckteoder roch,über denRhein importirt.Daswar nachdemStaatsstreichLouis Na- poleons nichtmehrsobequem:undderBlickdeutschenSehnensmühtesich deshalb, durchdenKanalnebel in dasLandzudringen,woschonMontesquieu sdasJdealdesTacitus,dieArbeitgemeinschaftvon Monarchie,Aristokratie

(8)

130 DieZukunft.

undDemokratie, verwirklichtfand. Dahlmann,Macaulay,Vincke,Gneist wurdengelesenund unterdemEindrucksolcherLecturewuchsdieEhrfurcht-.

vorder,,unvergleichlichenErbweisheit«derBriten. Church and crown

sinddortdemVolksbewußtseinPalladien:unddennochistdesGewissensRe- gungfreiund dieKroneselbstdemGesetzunterthan.DieMachtdesAdels- istgesichert:unddennochdemkleinstenMann auf derStraße seinRechtver-

bürgt.JstBritanien deutscherBewunderung nicht würdigeralsFrankreich, demwir denPräfektendruck,diepolitischeUnselbständigkeitderBeamten,dies gefährlichenKünstederVerfassunginterpretation,dasAnklagemonopolder StaatsanwaltschaftundähnlicheDanaergabendanken?Mitfast neidischer- Bewunderung mußtegeradederdeutscheBeamte nach England hinüber- schauen.GeheimePersonalakten,in denenauchgrundloserZorneines Vor- gesetztensichungestrastaustobendarf,sinddanichtzufürchten;dieFreiheitdes politischenGlaubensbekenntnifsesist gewahrt,durcheifernde Willfährigkeit auf derEhrenleitereinehöhereSprossenichtzuerreichenund dieAbsetzungnur möglich,wenn dietriftigstenGründedafür sprechen.WillkürlicheEntlassung einesBriefträgerskann imParlamentzu denheftigstenDebattenführen,sagt- Treitschke;undfügt(schon1857)hinzu:»JnPreußenbringtjedeKammerwahl sämmtlicheVerwaltungbeamte,biszumOfenheizerderunterstenBehördeher- ab,ja,wohlgardieHandwerker,derenSchilddasPrädikat,Hof«schmückt,in den- ernstestenKonfliktzwischenihrerpolitischenUeberzeugungundden Inter- essenihrerSubsistenz.«EnglandüberAlIes:wurdedieLosungdesdeutschen Liberalismus,derdochnicht einsah,daßdieFreiheitundKraftdesbritischen Staatslebens sichauf deutscherErdenur wiederholenkonnte,wenn diepoli- tischeLeistungdesBürgers (anZeit, Geld, wachsamemPatriotismus)derdes Jnselrömersähnlichwurde.Gneist selbst,einunverdächtigLiberaler, hatte- inseinemWerk überEnglands VerfassungundVerwaltunggesagt,Deutsch- landhabe»dieweitestegeistigeEntwickelung,diegesundestengesellschaftlichen Verhältnisse,die demGemeinwesenwohlthätigsteVertheilungdes Vermö- gens,die in einemGroßstaatEuropasoorkommt«. DieMagnnChartaBri- taniensbliebauch danachdasZielderSehnsucht.DieFrage,obEnglandvon deutschemNationalempfindenDankverdiene, wurde,weildiesesEmpfinden inseinerSchüchternheitkaum zum Wortkam,garnicht erst gestellt.Jn der ZeitdesDreißigjährigenKriegeshateinBritenkönigdieVerwirrunggemehrt, dieSachedesProtestantismusgefährdetunddenkontinentalenHändelndann kühlden Rückengekehrt.Daß DeutschlandimRastatter Frieden nichtden Elsaß bekam,wardasWerkenglischerStaatskunst,diezuerstzwar dieRück--

(9)

Praeludium. 131

gabederStadtStraßburgalsMindestleistungforderte,dannaberdemFrank- reichdesSonnenkönigssichgefälligzeigenundaufDeutschlandsKostenihren Besitzstandsichernwollte. Seitdie BritendasinFrankreicheroberteLand(zu ihrem Heil,wieMacaulay beweist)verlorenhatten,war aufbeidenSeitendes Aermels dieStimmungunfreundlichundLordStanhopekonnteseinVerspres chen,denLandsleuten dieFranzosenfeindschastabzugewöhnen,nur einlösen, wenn derAbtundStaatsrath Duboisihn nichtmitleeren HändenvordieWelt- händlernationtretenließ.UndwerNeufundlandunddieAntilleninselSaint Christopherhaben wollte,durftedenParisernnichtauchnochdenElsaszabsor-, dern.DievordenSturmtagendesSiebenjährigenKriegesgesammeltenEr- fahrungenfaßteFritzvonPreußenin denSatz,den er,alsseinebündigeKritik englischerDiplomaten,ineinemBriefanKarl vonBraunschweigaussprach:

»DieseLeutewollen, daßichFrankreichandieLuft setzeundmichandem Ruhmsättige,ihr Hannoverland gerettetzuhaben,dasmichgarnichtan-

geht;entweder wollensie michgröblichdupirenodersiesind lächerlicheitle Narren.«HundertJahrespäterschriebeinKönigvonPreußen,seineMahn- ungseiin London,,wiedasGebell einesHündchens«überhörtworden. Jn-.

zwischenhatte EnglanddasDeutscheReich nocheinmal um dasRechtan Elsaß-Lothringengeprellt.DieRückgabewäreerreichbargewesen,wenn Wellington nicht, ehedie verbündetenMonarchen nochinPariseingezogen waren, LudwigdenAchtzehntenunterdemSchutzenglischerBayonnettesin die Tuilerien gebrachthätte.DembefreundetenKönigkonntendie Vorkäm- pferderLegitimitätam ersten Tag nachderHeimkehrnichteineLandzer- stückungzumuthen,dieseineMacht entwurzeln mußte.JnderInstruktion, dieTalleyrand sichvomKönig fürdenWienerKongreßgebenließ,wurden dieGroßmächtevorPreußensEhrgeiz(,,dendieserMonarchie ihre körper- licheGestaltung fastzurPflichtmacht«)eindringlichgewarntundBeschlüsse empfohlen,diePreußensBesitzstanduudEinflußschmälernsollten.Der klugeFranzosesetzteseinenWillenauch durch: PreußenerhieltMainz nicht, vonSachsennur einenTheilundwurdeaufderniederländischenSeiteun-

günstigabgegrenzt.Warum? WeilCastlereagh,derdemFürstenHarden- berg vorherdieenergischsteUnterstützungzugesagthatte,in demAugenblick,

woFriedrichWilhelm sichnichtin eine denRassen feindlichePolitikhetzen lassen will, seinWortbrichtundFrankreichundOesterreich,denGegnern preußischerMacht,einBündnißvorschlägt.EinHalbjahrhundertdanacher- eifern sichbritischeStaatsmänner fürDänemarksJntegrität(,,Wir dürfen nicht dulden, daßKiel eindeutscherKriegshafenwird«)und gegen denboh-

(10)

132 DieZukunft.

mischenKrieg,derPreußensPrestige erhöhenkönnte.Noch1870hat Eng- land,trotzdemCarlerlautfürdieGerechtigkeitdesdeutschenKampfeszeug- te,Frankreichbegünstigtund derFranzosenflottesogargestattet,imBereich britischenHoheitrechteseinendeutschenKauffahreraufzubringen.AufdemWeg nachAfrikastießenwirbeijedemSchrittaufdenLeunFürsolcheLeistunghätte einanderesVolk nichtdenZoll derBewunderunggezahlt.Deutschlandshats gethan;undmeinte, aufdieObjektivitätseinesUrtheilesstolzseinzudürfen.

Jetzt freilich hatderWindsichgedreht.Wirdviel zuoftbei unsun- freundlichüberEnglandgesprochen.Weil es inseinerPolitikbessereGeschäfte machtals dasDeutscheReichundweil wir denVerantwortlichen erlauben, dieErtraglosigkeitihres MühensmitdemHinweis aufdieskrupelloseVer- schmitztheitderRivalenzurechtfertigen.(EineseltsameSitte.»DieKonkurrenz ist höllischschlauundsperrtunsalleWege-«:derLeiter einerAktiengesellschaft, dersichmitsolchemWortvonschlechtemGeschäftsabschlußzuentschuldigen versuchte,würdevonhöhnendemGelächteraus derRednerreiheund baldwahr- scheinlichvonseinemPosten gejagt.)Dasistwedernützlichnochnobel. Wir habenkeinenGrund, sentimentalischim eitlenBewußtseinanglo-deutscher StammverwandtschaftundWaffenbrüderschaftzuschwelgenund zuwähnen, BlüchersTagesbesehlausdemPachthofLaBeile Alliancehabe wirklich»ein vonderNaturfchongebotenesBündniß«besiegelt.Dem Geniedieseskräf- tigen, herrischstolzenVolkesaber,seinemunbeirrbaren Instinkt,derFähig- keit,dasfüreinWelt1«eichNothwendigezu erkennenund zuerringen,dürfen wirauchimAergerdieAnerkennungnicht weigern.Muß derPendel unseres Empfindensdenn immerin zu weitemBogenausschlagen2Thörichtist,dem Briten alsSchuld anzurechnen,daßernurandasWohlseinesReichesdenkt;

thöricht,ihnzuschelten,weilerumjedenerschwinglichenPreisprofitableGe- schäfteabzuschließentrachtet.NurkeinenNückfallin dieVasallensittedunkler Tage! Nur-,geradejetzt,ruhigeWürdelDieBosheit blinzeltüber dieGrenze.

WenndeutscheMenschenmorgen auchvonfernnur denSchwachgemuthen ähneln,dieausverzücktemAugeaufBonaparteundNikolai,Palmerstonund Gladstonestarrten,wird Germania übermorgenzumKinderspott.

Eduard derSiebente kommtendlichnachBerlin;zumerstenMalals Gekrönter.KommtmitseinerKönigin.Weil er,ohnediePflichtzurHöflich- keitgrobzuverletzen,denGegenbesuchnicht längeraufschiebenkann.Weil mancheanseinemGeschäftkonsortialBetheiligefinden,imanglo-deutschen Verkehr seidieSpannung allzu straff geworden.Undweil derKlugenicht hoffendars, jeinhelleremGlanzkommenzu können.Fasttäglichwird im VereinigtenKönigreichüber dieUnvermeidlichkeitdes gegenDeutschlandzu

(11)

Praeludinnl. 133

—fiihrendenKriegesnndüber dieAbwehr deutscherJnvasiongeredet.Die Västungarbeitwirdbeschleunigt,einLandheer (nichtzumSchutzder eng- llischeaKiistygeschaffen,dieLandunginJütlandstrategisch,in anderenThei- lenSkandinavienspolitischvorbereitet. EindeutscherGeneraloberst,derfünf- zehnJahre lang aufMoltkesPlatze saßunddessenArtikelvom Deutschen Kaiser seinenGeneralen empfohlen wird,nenntBritanien laut »einenun- versöhnlichenFeind, dessenHaßsichdurchVersicherungenaufrichtigerFreund- schaftundherzlicherSympathienichtmildernläßt«.EbenersthattedieHerrn Hale gewährteJnterview erkennengelehrt,wieWilhelmüberEnglandund dessenKönigdenke. Dasgenirt VickysSohn nicht. JustindieserZeitwiller nachBerlin. ,,Paßt auf,wiesiesichderAnkündungsreuen,mitwelcherHerz- lichkeitmichempfangenwerden.Jchbin derFreund RnßlandsUndderVer- einigtenStaaten, JapansundChinas,dermusulmanischen,slavischen,la- teinischen,1siordgermanischenVölker. Und meinNeffehat langekeinen ganz großenHerrnzuBesuchgehabt.«Somagergesprochenhaben;hatersicher gedacht.Eristwillkommen. kObseinDeutscherKaiser,dersogegenEngland gehandelt hätte,irr-Londonwäre?) JedehöfischeEhrenbezeugungseiihmge- göant. (Man sollteihn,denmilitärischeSchauspielelangweilen,mit deut- schenGroßindustriellenund Großkaufleutenzusammenbringen,ihm nicht einePrunkoperodergar daswidrigeAssyrerballet,sonderneinenlustigen Schwank VorführenundjedesTages HälftezurBelehrungoderErgötzung nacheigenerWahlfrei lassen.)KeinrohesWortdarf ihnkränken. Wollen dieVertreter desaufrechtenBürgerthumeswieder nebenwieherndenPferde- töpfenanswinterlicherStraßedenMund zurHuldigung aufthun:mögen sie.Nur:nichtallzuvielEifer.KeineHymnenundkeinGewinselnmEng- landsFreundschaftWasBrauchundAnstandheischt;nichtmehr.Die Stunde ist ernstundwirmüssenunshüten,EuropasLachlustzureizen.Jn manchen Praeludienward demBesuchschonzuhoheBedeutunggegeben;nachderWeise- desuhlandischenFrühlingsglaubcns:»NunmußsichAlles wenden.«

Nochsiehtesdraußennichtlenzlichaus;unddieWeltwird unsnicht, wie demSchwabensänger,schönermitjedemTagszwanzigsten Regirung- -jahr WilhelmsdesZweiten sollte übirdenWerthvonMonarchenbesuchea nirgends nocheinZweifel möglichsein.Erfahrenehattenauch früherkeinen.

AlsBismarck inBiarritzwar,sagte ihmLouisNapoleon,erwartenur auf dieGelegenheit,Preußen,dessenInteressedemFrankreichsso nahwie keines anderen Großstautessei,denBeweis freundschaftlicherundthätigerSym- pathiezuliefern;gegendieAngliederungderHerzogthümerhabeernichtsein-«

zuwenden.NachKöniggraetzundNikolsburghießesdann:Revanche pour

Cytaty

Powiązane dokumenty

Dann sind sie inzwischen klügergeworden; in letzter Zeit ist viel deutsches Renten- material nach Frankreich gewandert. Dort steht die dreiprozentige Staatsrente auf 98. Wir

sehen mit Frau und Kindern Stunden lang nicht einschlief (er mußte sich immer- wieder vorstellen, wie sichseine Frau über den Federnhut und den Spitzensächer freuen werde, die er

Wenn derVersuch mißlingt(wassehrmöglichist), kannFrankreich die Rolle, die es ersehnt, übernehmen.« Delcass6, derimWan- delgang des Abgeordnetenhauses über den coup de thdälre

Friedenau.. Heute sogar noch viel mehr als da- mals, als das Wort geprägt wurde. Die Räthe vom Kammer- gericht, die entgegen dem Widerspruch und dem Zorn des großen und zu Zeiten

Einer von Beiden kann sreilich geirrt haben. Nicht aber hat ein zu srüh verstor- bener Gelehrter, der klugeSchnapper-Arndt, geirrt, als er schrieb: »Wenn man das

Mit einer gewissen Genugthuung hat man die Thatsache verzeichnet daß der deutsche Kapitalmarkt schon seit drei Jahren nicht mehr direkt an einer russischen Anleiheemission

Stunden der Virzücktheit und nicht nur in der Sprache der Ahnung davon spricht, der vor Allem sowenig wie ich eine Anlehnung an die Gebilde des Aberglaubens braucht. Und der

Während der Mann, namentlich im freien Leben der Großstadt, schon in jun- gen Jahren seine auf erotischen Wechsel gerichteten Wünscheverhältnißmäßigleicht- befriedigen