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Die Zukunft, 11. November, Jahrg. XXV, Bd. 97, Nr 6.

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xxv. Jahrg. zum-,den 11.You-miserIm. sk.6.

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Jahrgang 25

spie Zukunka

Herausgeber:

Maximilian Kardm

Inhalt:

Seit- psukscheHäxaubülxnr........................149

Unchdruck verboten-, f

Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5Mark.dieeinzelne Nummer 50 Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa.

1916.

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Berlin, den 11..November 1916.

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Deutsche Schaubühne.

nSparschauundLublin habenam fünften November 1916 diemilitärischenStatthalter denWillenderKaiserWilhelm undFraanoseph verkündet,»ausdenpolnischenGebieten einen selbständigenStaatmiterblicherMonarchieundkonstitutioneller Verfassungzubilden«,dessen Grenzen späterbestimmtwerden sollen.(,,KonstitutionelleBerfasfung«:einweißerSchimmelund einQuadrat mit vier gleichenSeiten; dieWahlzwischeneiner unseremReichsgrundrechtähnelndenVerfassungundParlamen- tarischerRegirung sollte wohl offen bleiben.) »Die Organisation, Ausbildung undFührungdes (,eigenen«)Polenheeres wirdin gemeinsamem Einvernehmem (mitdemDeutschenNeichund mit OesterreichsUngarn?) geregeltwerden. Diegroßenwestlichen NachbarmächtedesKönigreichesPolenwerdenanihrerOstgrenze einenfreien,glücklichenundseinesnationalenLebensfrohenStaat mitFreudenneu erstehenundaufblühensehen.«Nochhatdieser Staat keinenKönig(das wiedischeErlebnis inAlbanien gebie- tetVorsicht),nochistseinUmfang, sind ihmdieGrenzennichtbe- stimmt. IeszczePolska nie zgine1a?Der geradehundertzwanzig JahrealteDombrowski-MarschwirdinfröhlicheremTempowei- terklingen. NochaberistPolen nicht gewonnen,nicht auferstanden.

EinWunschistausgesprochen worden,dernur nachtriumphalem SiegderdeutschenSacheerfülltwerden kann;nur nacheinem Sieg,der denzweiKaiserngestattet,dieBedingungen des Frie- denszudiktiren. Daßsieauffolchen Siegamfünften November-«

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»festvertrauten«,wirdmanches Herz erfreuen. Vertrauen und Wünsche öffentlichauszusprechen,ist ihr Recht. Artikel 17der Reichsverfassungsagt:»DieAnordnungenundVerfügungendes Kaiserswerden imNamen desReiches erlassenundbedürfenzu ihrer GiltigkeitderGegenzeichnungdesReichskanzlers, welcher dadurchdieVerantwortung übernimmt.« Dasichsnichtum eine AnordnungoderVerfügung handelt, durftedieGegenzeichnung fehlen; undmichdünktungerecht,daßdieVerbündeten Regiruns gengetadelt werden,weilsievorderVerkündungdesMonarchens wunsches, gegen denstarkeFraktionen Bedenken aussprechen mochten,«denReichstag heimschickten.VonAmtes wegenhatten dieVerbündetenRegirungenmitdiesemWunschesausdruckgar nichtszuthun;erwirktnoch nichtins Staatsrecht, läßtdenZu- stand,wieerheuteist,und deutet nur an,was ausihmwerden solle,wennderKaiserwillealleinzuentscheidenvermag.JmSom-

mer 1866hattedaspreußischeOberkommandoin einemAusruf seine AchtungvordengeschichtlichenundvölkischenRechtendes ,Königreiches Böhmen«betont und gesagt:»Sollte unserege- rechte Sache obsiegen,dann dürfte sich auchdenBöhmenund MöhrenderAugenblick darbieten,in demsie ihrenationalen Wünsche,gleichdenUngarn,verwirklichenkönnen.Mögedann eingünstigerStern ihrGlückausimmerbegründenl«8mAustrag derVolenfraktion sorderte danach herrvonLublenskcimLand- tag,daszPreußen, »daesdieRationalitätals berechtigtes Staats- prinzip anerkennt«,dasdenBöhmenVerheißenedenPolenge- währe. Bismarck antwortete kühl:,,Jchgehe auf diesenVorgang nichtein ;dennichglaubenicht, daßeineProklamaiioneinesKoms mandirenden Generals inFeindesland eingeeignetes Aktenstück ist,umalsUnterlage staatsrechtlicherErörterungenzu dienen.«

Das galtebenso sürden inReichenbergvonBismarck empfoh- lenen »AppellandieungarischeNationalität«. (,,Weltbekannt ist«daß sichaus ungarischen Kriegsgefangenen hiereineUnga- rische Legion gebildet hatte. SchonbeiAusbruchdesKrieges wurden uns inderBeziehung Anerbietungen gemacht; ichhabe siedamals zurückgewiesen.Erst alsKaiser Rapoleon, nachder SchlachtbeiSadowa, telegraphisch seine EinmischunginAus- sichtstellte,habe ichmirgesagt: Jch habemeinem Landegegen- über nicht mehrdasRecht, irgendeinMittel derVertheidigung

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DeutscheSchaubüth 151 nnd Kriegsführung,das kriegsrechtiicherlaubt ist,zuverschmä- hen,weil ichesnicht daraufankommen lassenkann,daß unsere ErfolgedurchdasErscheinenFrankreichsausderVühnewieder tnFragegestelltwürden.Damais alsohabeich,ineinemAktder Nothwehr,dieBildungdieserLegionennicht gemacht, sonderner- mächtigt.«)Das galt auch fürdenAusrufdespreußischenGene- rals,der imSeptember1914 zu denPolensprach:»EthebetEuch undvertreibet mit mir dietussischenBarbaren,dieEuchknechten, aus Eurem schönenLand,dasseine politischeundreligiöseFrei- heitwieder erhaltensoll.DasistderWille meines mächtigenund gnädigenKaisers.GegebenimKönigreich Polem«Nun hatdie- ser Wille, nocheinmal,mitgehobenerStimme gesprochen.Auch zudenPolen,die,nach dersusagekünstigerSelbstverwaltung,die- Huldigungadressean denGroßsürstenAikolai Nikolajewitschbe-

schlossen«undimNovember 1914,unter derFührungderLubos mirski, Plater, Nadziwill,Rudnicki, Schebeko,Wielopolski,Za- moyski,dem(vondemHerrnRoman Dmowski verfaßten) Aus- rufdeswarschauer Nationalausschusses zugestimmthaben.»Jn diesemKrieg istdieNiederlagederDeutschen unser Sieg.Dem Wort,das unsere Siellungwahl andeutete,antwortete derInha- Iberderhbchsten tussischenKommandogewaitmitderVerheißung, Iunserheilgstes SehnenwerdeansZiel gelangen.AusdemWesten kam,vonRußlandsBerbündetemdasEcho:Dieserblutige Krieg muß Polens EinheitundEntwickelungsreiheitwiederherstellen- Zu Jedemvonuns lebtnur ein Wille noch:diedeutscheMacht ZubrechenundallePolenunter RußlandsSzepterzu einen.«

DieserWille,den damals sogarderSozialdemokratsalewskibe- -kannte, ist, hassendieKaiser,mit demRussenheerausPolenge- :wichen.Sieschusennicht,unzeitgemäßselbstherrisch,neues Recht- lsondern zeigten,durchausin denGrenzenihrer Macht,denKom- IpaßihresWunsches. Derweist anderen Kursals imFrühling ,desDeutschen Reiches,daderberliner Hofund mehr nochder iimPalastRadziwill regirende KanzlerdenPolen dieAbsichtzu- traute, ihren WeißenAdler einst wieder aufdiekönigsberger GrüneBrückezutragen.Jn demKapitelüber denzweitenPreußen- königFriedrichWilhelmsagtTreitschke:»DiemechanischeStaats- aussassung derzeit gefiel sichinKünsteleienzdurcheinerkiügeltes SystemdesGleichgewichtes, durchwillkürlichgebildeteKlein-

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152 DieZukunft,

ftaaten,dieman alsPolsterkissenzwischendiegroßenMächteein- schob,meinte siedenFriedenzusichern,dennur die innere Ge- sundheitlebenskräftigernationaler Staaten verbürgenkonnte.

Weder inWien nochinBerlin war man zu derErkenntnißges- langt, daßdiepolnischeFreiheitnichtsAnderes war als die Fremdherrschaft sarmatifcher Magnaten und Slachtizen über Millionenslawischer,litauischer,deutscher-jüdifcher,wallachischer Unterthanen, die mitihrenHerrenkeinRechtund keinGefühk gemein hatten. Oefterreich,demkatholischen Adelsstaat innerlich verwandt undseitJahrhunderten beständigmitihmverbündet, hoffte,indemerftarkten polnischen ReicheineDeckung zugleich gegen Rußlandund gegen Preußenzufinden. Derpreußische Staat dagegenwar indemKampfgegen densarmatischen Nach- barausgewachsenund hattevon demWiederaufieben derpol- nischen MachteineschwereGefährdung seinerdeutschen Weichsel·

landezubefürchten.«Das war einmal-AeueHoffnungblühtauf-, Diesieche aufSonderfrieden mitRußland ist eingesargtworden.

DenndieErinnerung anJahrhunderte wilder Kämpfe wird, aus dieLänge,jebesRußland hindern, sichmit einemKönigreichPolen abzufinden,dasdieOrganisation, Ausbildung, Führungseines HeeresinEinvernehmenmitDeutschland undOesterreichs Ungarn

«regelt«.DieProklamation derStadthalter lehrt, daß gekämpft werden soll,bisZarund Reichsduma sichinUnvermeidliches fügenzfiewii dvondenFeindenalsdieAnkündungeinesKampfesv denman den»rückfichtlosenUnterseekrieggegenRußland«nennen könnte,aufgefaßt werden undleidenschaftlichlauten Widerhall wecken. Winkt demKaiserwunfch einstErfüllung:dann wird DeutschlandsVolk, Parlament (insbesondere PseußensLand- tag)undPresse sichGehörschaffenundfest aufdemRechtzuMit- wirkungstehen.Noch istzugrollendem Tadelkein Grund.

.DieWochehatdenFranzosenden(von derdeutschenHeeres- leitungerwarteten) RückgewinnderAußenfortsvonPerdunvolls endet.Da sonstunauffchiebbarWichtigesnichtzu wägenist,dürfen wir vonLeid undRuhmdesWaffenkampfes Ausgeschloffenen uns Erholungfrift gönnenund,ausderGeistigemunholdenZeit, indenBereichderKunstblicken,von deren FruchtinDeutsch- lands dunklen Tagen Seelenkräftigungerhoffiworden ist.

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Deutschie Schnubühne. 153 Washabendiestarken deutschen KöpfederachtzehntenJahr- hundertwendevon demTheater gehofft?AmMeisten, natürlich, Schiller, derRousfeausproßundMann idealerForderung. »Die Schaubühne istdergemeinschaftlicheKanal,inwelchenvondem denkenden, besserenTheildesVolkes dasLichtderWeisheithers unterstr ömtundvondaaus inmilderen Strahle-ndurchden ganzen Staat sichverbreitet. RichtigereBegriffe, geiäuterte Grundsätze, reinere Gefühle fließenvon hier durchalleAdern desVolkes- derAebelderBarbarei,desfinsterenAberglaubens verschwindet, dieNacht weichtdemfiegenden Licht. Wie allgemeinistnur in wenigenJahren dieDuldungderReligionen und Sekten ge- wordent DieSchaubühnepflanzte MenschlichkeitundSanftmuth inunserHerz,dieabscheulichenGemäldeheidnischerPfaffenwuth iehrtenunsReligionhaßvermeiden zindiesemschrecklichenSpiegei wuschdasChristenthum seines-leckenab. Mit ebenso glücklichern Erfolg«würdensichvonderSchaubühne JrrthümerderErziehung bekämpfenlassen.Nichtwenigerließensich,verstündenesdieOber- häupterundVormünder desStaates, vonderSchaubühneaus Meinungen derNation über Regirung undRegentenzurecht- weisen.SogarJndustrieundErfindungsgeistkönntenund würden vordemSchauplatzFeuerfangen,wenn dieDichteresderMühe werthhielten,Patriotenzusein,undderStaatsichherablassenwoll- te,siezuhören.Wenn wir eserlebten,eineNationalbühnezuha- ben, sowürdenwiraucheine Nation. DieSchaubühneistdieStif- tung,wosichVergnügenmitUnterricht,RuhemitAnstrengung, KurzweilmitBildunggattet,wo keineKraftderSeele zumNachtheil deranderen,keinVergnügenaufUnkostendesGanzen genossen wird. Wenn Gram an demHerzennagt, wenntrübeLaune unsere einsamenStunden vergiftet,wennunsWeltundGeschäfteanekeln·

wenn tausend Lasten unsere Seeledrücken undunsere Neizbarkeit unterArbeiten desVerufeszuerstickendroht,soempfängtuns dieBühne:indieser künstlichenWeltträumenwirdiewirkliche hinweg,wirwerden uns selbstwiedergegeben,unsereEmpfindung erwacht,heilsanieLeidenschaften erschütternunsere fchlummernde Naturundtreiben dasBlutinfrischerenWallungen.DerUnglücks iicheweint hiermitfremdemKummerseineneigenenaus«Der Glückckchewirdnüchternund der Sicherebesorgt.«Höherhinaus conntedieHoffnungkaumlangen.Freilich:»SolangedasSchau-

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154 DieZukunft-

spielweniger SchulealsZeitvertreib ist,mehrdazugebrauchtwird, dieeingähnendeLangeweilezubeleben, unfreundlicheWinter- nächtezubetrügenund dasgroße Heer unserer- süßenMüßig- gängermitdemSchaumderWeisheit,demPapiergeldderEcns pfindungundgalanten Zotenzubereichern,so langeesmehr für dieToiletteund dieSchänkearbeitet: solangegenimmerunsere Theaterschriftstellerderpatriotis chenEitelkeitentsagen,Lehrerdes Volkes zusein.« Wie lange dieser Zustand währenundoberje endenmüsse,wird nicht gefragt.Lessingwar nüchterner. »Das Publikumkommenur, seheund höre,prüfeundrichte.Seine Stimme solleniegeringschätzigverhört,seinUrtheilsollnieohne Unterweisungvernommen werden. DerStufen sind viele,die eine werdend-eBühnebiszumGipfelderVollkommenheit zudurch- steigenhat.Alles kannnicht aufeinmal geschehen. Dochwas man nichtwachsen sieht, findetman nach einigerZeitgewachsen.Ge- wissemittelmäßigeStückemüssenauch schon darum beibehalten werden,weilsiegewisse vorzüglicheRollen haben,inwelchender oderjenerActeur seineganze Stärkezeigenkann. Soverwirft man nicht gleicheinemusikalischeKomposition,weilder-Textda- zu elendist.Wir gehen, fast Alle,fastimmer,aus Neugier,aus Mode,aus Langeweile,aus Gesellschaft,aus Begierde,zu be- gaffenundbegafftzuwerden,insTheater;undnurWenigeund dieseWenigenur sparsamaus anderer Absicht.Wir Deutsche bekennen estreuherziggenug, daszwirnochkeinTheaterhaben.

UeberdengutherzigenEinfall,den DeutscheneinNationaltheater zuverschaffen,da wirDeutsche nochkeineNation findt Jchrede nichtvon derpolitischen Verfassung, sondernblosvondemsitt- lichenCharakter. Fastsollteman sagen, diesersei,keinen eigenen habenzu wollen. Wir sind nochimmer diegeschworenen Nach- ahmeralles Ausländischen,besondersnochimmer die unter- thänigenBewunderer derniegenug bewunderten Franzosen.«

Auch hierwirdgefordert;sprichtdieHoffnungauf einenMorgen deutscher Vühnenkunst.Wir habennochkeinTheater,ruftder Dramaturgdeshamburgischen Schauspielhauses,werden aber eins haben,einTheaterderdeutschenNation,wenn unsersitt- licherCharaktererstnational geworden ist. Goethes majestjc

common-sense mieddieunfruchtbareMühedesWeltverbesserers.

AlsEckermann ihmKotzebue lobte, stimmteerzu, nannte »Die

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DeutschseSchaubühna 155 beidenKlingsberg«eingutes Stückundsagte: »Es istnichtzu leugnen:erhatsichimLebenumgethanunddieAugen offenge- habt.Wennerinseinem Kreisblieb undnichtüberseinBermögen hinausging,somachteerinderRegeletwas Gutes. Waszwanzig Jahre sich erhältund dieNeigungdes Bolkes hat, muß schon Etwas sein.«AnCalderon rühmteer,daß seineStücke»durch- aus breiterrecht«seien; »in ihnen istkeinZug,dernicht fürdie beabsichtigteWirkungkalkulirtwar. EinStück,dasnichtursprüng- lich,mitAbsichtund GeschickdesDichters, fürdieBretter ge- schriebenist,geht auch nichthinauf;wieman auch damitverfährt:

eswirdimmeretwasUngehöriges undWiderstrebendesbehalten- FürdasTheaterzuschreiben,isteineigenDing,und wer esnicht durchunddurch kennt,Dermagesunterlassen.Für dasTheater zuschreiben,isteinWetter-,dasman kennen soll,und willein Talent, das man besitzen muß.Beides ist selten,und woessich nicht«-vereinigtfindet,wird schwerlichetwasGutes an denTag kommen. DerDichter mußdieMittel kennen,mitdenen erwirken will,undmuß seineRollen Denrn aufdenLeibschreiben,diesie spielen sollen«.Eine guteTheaterleitung sei nichtleichtzuer- reichen.»Das Schweredabeiist,daßman dasZufälligezu über- tragenwisseundsichdadurchvonseinenhöherenMaximennicht ableiten lasse.DiesehöherenMaximen sind:eingutes Repertoire trefflicher Tragoedien,OpernundLustspiele,woraufman halten und dieman alsdasFeststehende ansehenmuß.ZudemZufälligen aberrechne ich:ein neues Stück,das man sehenwill,eineGast- rolleund Dergleichen mehr.Bon diesen Dingen mußman sich nichtirrleiten lassen,sondernimmer wieder zuseinemRepertoire zurückkehren.UnsereZeitistnun an wahrhaftguten Stückensc reich,daßeinem Kennernichtsleichterist,als eingutes Repertoire zu bilden; allein nichtsistschwieriger,als es zuhalten«.Gelassener kannkeinUnbetheiligterüberdieseDingeredenzund Goethewar Theaterleiter undwolltenochsürdieBühne schreiben.UmsJahr 1825,alsKotzebueundJfftand, Baupachund dieWeißenthutn dieBretter beherrschten,fanderdieZeitanwahrhaft gutenStücken keich.Docherhat auchgeschrieben:»Wennmansichinden letzten Zeitenfasteinstimmigbeklagtundeingesteht, daßeskeindeutsches Theater gebe,worin wirkeineswegsmiteinstimmen,so könnte man aufeinewenigerparadoereise ausDem,was bishervor-

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156 DieZukunft,

gegangen, wie unsdünkt,mitgrößterWahrscheinlichkeitdarthun, daßes gar keindeutschesTheatergebenwerde noch gebenkönne«

Goethelebtenoch,ais VgctorHugodieVorrede zu crom—

weildruckenließ,dasTheatetprogrammdereuropäischenNo- mantik.Aus diesem üppig schillerndenStraußpfiückeichnur ein paarFloskeln-.»Einneuer Glaube undeineneue Gesellschaft- ausdiesemDoppelgrundmüssenwireineneueDichtungsprießen sehen.DasChristenthumführtdiePoesie zurWahrheit; wieder neue Glaube,sowirdauchdie moderne MusealleDinge dieser Erdemit einemBlickbetrachten,der von höherer Watte kommt undintiefere Schichteindringt.Die Dichtungwirdeinen großen Schritt thun, einen,derEntscheidungerzwingt und,wieeines Erdbebens StoßdieBodensläche,dasganze AntlitzderGeistes- welt wandeln wird.Wie dieAatur, sowirddieDichtunginihrem SchaffenLichtundSchatten,Groteskes undErhabenes,Körper undGeist,Thier undSeele, ohne siezuverwechseln,einanderge- sellen. Jndemneuen GedichtwirddasErhabenediedurchdas Walten derChristensittlichkeit geiäuterteSeele,wirddasGro- teske dasMenschenthierdarstellen.Die unsererZeit gemäße Dichtungform istdas Drama unddessenWesenWirklichkeit.Das sWirkliche, Reale, aber entstehtaus der natürlichenMischung zweierTypen,desErhabenenund desGrotesken,diesichimDra- ma, ganz wieimLeben, kreuzemWas inderNaturist, muß,Alles, auchinderKunstsein. Also:Naturl Natur undWahrheit!«Ge- nug?LestdiesiebenzigSeiten. Leicht ists nicht;aberlehrreich.Die Terminologie hat sichgeändert,stattdeschristiichenDualismus stolzirtjetztein aus derZoologie stammenderMonismus durchs papierneGehäus:unddochbliebs dieselbeWeise.NeuerGlaube,

neue Gesellschaft,neue Kunst. JederVersucheinerTheaterrefor- mation singmitsolcherVerkündungan; immer solltedie ganze Wirklichkeit,die vöritävraie, zwischendreiLeinwändegezwängt werden.Goethe lächeltezverlor manchmal aber auch dieGreisen- ruhe.»Ichhatteeinmal denWahn,esseimöglich,eindeutsches Theaterzubilden.Ja,ich hattedenWahn,ich könnte selberdazu beitragenundzu einem solchenBau einige Grundsteine legen.

Jchschriebmeine,Jphigenie«und meinens,Tasso«unddachtein kindischerHoffnung,sowerde esgehen. Alleinesregtesichnicht und rührte sich nichtundbliebAlleswiezuvor. Hätteich Wir-

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DeutschkeSchaubühnex 157 sung gemachtundBeifallgefunden, sowürde ichEucheinganzes DutzendStückewiedie,Jphigenie«undden,Tasso«geschrieben haben.AnStoffwar keinMangel.Allein esfehltendieSchau- spieler,»umDergleichenmitGeistundLebendarzustellen,undes«

fehltedasPublikum,umDergleichenmitEmpfindungzuhören undaufzunehmen.« Hugos großesTalent erkannte er; die »un-

·selig-romar-tischeRichtung«abermißfiel ihm gründlich,None- Dame deParisschien ihm »dasabscheulichsteVuch,dasjegeschriess sbenworden ist«,underseufzteüber dieZeit,»dieeinsolchesBuch nichtalleinmöglichmachtundhervorruft, sondernessogarganz erträglichundergötzlichfindet-« Er sah früh auchdieLebensge- fahrderneuenBretterprätendenten.»WiesollteEinernichtschlech- terwerden unddasschönsteTalent zu Grunde richten, wenner sdieVerwegenheit hat,ineinem einzigenJahrzweiTragoedien undeinenRoman zuschreiben,und ferner,wenn ernur zuar-

beitenscheint,umungeheure Geldsummen zusammenzuschlagen?

Jch schelteBictorsugo keineswegs,weil erreichzuwerden,auch nicht, weilerdenRuhm desTageszu ernten bemühtist;allein wenn erlangeinderRachwelt zuleben gedenkt, so muszeran- fangen, wenigerzuschreibenund mehrzuarbeiten.« Mancher Moderne solltediesemWarnerwort ernstlich nachdenken; noch, wenn derRuhm desTagesihn flieht. Noch? Dann erst recht.

Alsdie beautå de nujt der Romantik (die nach Englan d,Frank- reich, Spanien,bis insMärenland Kalidasas gargewiesen,dem TheaterdieSchatzkammerder Weltliteratur weitgeöffnet,aus ihrerLendenKraftabernichtvielLebensfähigesgezeugthatte) imLichterglanzwelkgewordenwar,tratdasJunge Deutschland aufdenSchauplatz. Ein Geschlecht,dasauf Vyrons pompösen Maskenfestcngeschwelgt,mit5ugos SylphenundGnomen,Sa- iamandern undUndinen mystagogischgeschäkert,von der Sand denRechtsanspruchderLeidenschaftund aus ferner Lucindens zeitdasStichwortvon derEmanzipationdesFleischesübernom-

men hatte.Das wolltenun dieBühneerklettern. Wollte Schle- gelsundTieck, Fouquåund Arnim, Werner undMüllner,die

«

ErbenKotzebuesundRaupachs verdrängen,GoetheundSchiller selbst herunterzerrem Liberale WeltbürgerzMaterialisien und Kommunisten.So wüstwar ihrGeschreiundsofestschien ihr Wille, heute nochdieEhe,morgen dieMonarchieund übermor-

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158 DieZukunft;

gen das Vesitzrechtabzuschaffen, daßdemPhilister angstwurde undWolfgang Menzel kreischendalleStaatsgewalten zuHilfe tief.Gutzkow, Laube,Dingelstedt, Vüchner,Griepenkerl, Brutz,

.

Gottschall:eineganze Plejadewollte aufdemTheateroderwe- nigstensvondemTheater leben.Und schicktebaldsichnun in bür- gerlich wohlanständigeSitten. Denn dasBürgerthumwar in- zwischenvorgerückt(namentlichimdeutschenNorden gabauch schondiejüdischeIntelligenzdenTonan:HeineundBörne,Na- helVarnhagen,HenrtetteHerz undderenGefolge);undwerihm nicht gefiel,warbvergebensumdasBretterglück.Wird die zur Herrschaftaufsteigender KlassedemDeutschen,demsieein«-Vater- landverheißt,aucheinNationaitheater schenken? Talente fand sie.Jmmermann zeigte inDüsseldorßwas eingutesSchauspiel- haus leisten müßte; erkannte auchdieBedeutungdesBühnen- bildes,das demDrama erstdieAtmosPhäre geben sollte,undge- wann in den Malern SchirmerundHildebrandt tüchtigeHelfer.

Gutzkowwurde Dramaturgdesdresdener Hofschauspielhauses, Laube Direktor desBurgtheaters, DingelstedtinMünchen Jn- tendant. Und anbrauchbaren deutschenStücken war kein Man- gel.DennochfandderJtnporteurAbsatz. JnhellenHaufen,sagt Treitschke,»drangendieLustspieleScribes undder anderen pa- riser Boulevarddichter über denRhein. DasdeutschePublikum war nochvonderweimarischenVühne(Goethes)heraneinästhe- tischesWeltbürgerthumgewöhntundzudemjetzt fürFrankreichs Freiheit begeistert.Soließman sichdenndie stümperhaftenUeber- setzungenwohlgefallenzman lachteüberfeineAnspielungen, die nur ander Seine ganzverstandenwerden konnten; man nahm eshin,daßmancheeinem Pariser Schauspieler auf den Leibge- schriebeneRolle dem deutschen Nachahmer häßlichanstand, und dasAlles nur, weildieseleichtenStückedocheinBild des wirklichen Lebens gaben.Was inDeutschlandan neuen Lust- spielenerschien,war meist leichte Waare,ebenso flach,nur bei- Weitem nichtsozierlichwie diewelschenVorbilder zfastalleinder Wiener Bauernfeld verstand, durchdieFeinheitseinerDialoge zuersetzen,wasihman Erfindungfehlte.DieHöreraberließen sichAlles bieten,wenn man sienur inSpannung hieltund ihre Skandalsuchtetwas reizte. DasTheaterbildete nicht mehrden Sammelplatz fürdie Gute Gesellschaft;die Kenner zogen sich

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