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Die Zukunft, 4. März, Jahrg. XXIV, Bd. 94, Nr 22.

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XXlV. Jahrg. Bedin,den 4.März1916. It. 22.

,;-"ie Zukunftsi-

vHerausgehen

Maximilian Beiwerk

Inhalt-

Seite sdeukschimGgmnaümw VonKarl Jeutfch .............155 ThüranThür. VonRose Rauaau ..-..,...,.........168 Dachskriedettølrlxlu1j. VonUdochamaschkc ...........171 splbllankeigem VonJohannez Schlafund Eugen Diederlchz ....179 Handel-wünsche. vonLaden ...... .. ...I.......182

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Nachdruck verboten.

f Erscheint jedenSonnabend-.

Preisvjertexjährlich5 Mark, die einzelne Nummer 50Pf.

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Berlin;

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa.

1916.

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Berlin, den 4.März 1916.

7 JW A

Deutschim Gymnasium

DeutschsolldasbeherrschendeCentrum desGymnasialunter- richts sein:Dsas wirdjetzt noch stürmischergefordertalsschon langevordemKrieg.Meint man damit, nachdendeutschen Auf- sätzendesPrimansers (nach allen, nicht nacheiner Prüfungarbeit) sollderGrad derBildung abgeschiätztwerden, denererlangt hat, so haben verständige Schulmännerwohlimmer diese Forderung erfüllt.Meint man dagegen, derdeutsche Unterricht solleinder Stundenzahl mitdenalt-enSprachenkonkurriren odersiegarüber- biet-en, so frag-e ich-nur: Womit willman denn dievielen deutschen Stunden totschlagen? Mit Grammatik? Ich schätze Wustmann sehr»hoch,»aber dieSprachdummheiten, dieer bekämpft, haben andere UrsachenalsUnkenntnißderdeutschenGrammatik. (Eine davon denunzire ich ausSeite 67 derVrochure»Neue Ziele,neue Wege«).Grammatik istAnatomise derSprache;sezirenabersoll man nur Leichnam-e, alsotot-eSprachen. Als Alexandriner die griechischeGrammatik begründeten, hattedasGriechsenvolkkeinen großen Dichter mehr. Jch habeweder inderVolksschule noch auf dem Gymnasium Etwas von deutscherGrammatik vernommen;

unddochwurde mein Stilimmer gelobt.Als ichdann imMan- nesalter durchmeinAmtgenöthigt wurde, michdamit zubefassen, war dieWirkung davon länger-e Zeit hindurch: Unsicherheitim Ausdruck. Diebeste UebungimStil istdasUebersetzenaus frem- denSprachen. Die logische Schulungdurch dieseArbeit wurde beiuns vervollständigt durchdiephilosophische Propädeutik,die inder Formvon Disputationen mit unseremLehrer,demvor-

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trefflich-enDirektor Schober, v-erliefen,demichs wohlzu verdanken habe,daß ichein kritischerRacker geworden bin. DieserTage lasich, Logikund Psychologie sei-envom Stundenplan gestrichen worden; ichdenke mir,dieHerren imKultusministerium mögen sichmitder heutigen PsychologieohnePsyche keinenRath wissen.

Uebrigens ist ja jede Unterrichtsstunde ein-edeutsche Stunde, und wird darin von Lehrernund Schülern gutes Deutsch gesprochen, soerscheintneben dieser täglichenvier- bissechsstündigenUebung ein besondererdeutscher Unterricht zur Vervollkommnung inder FMuttersprache überflüssig.

Dieserkann alsonur-den Zweck haben,indiedeutscheLitera- tur einzuführen;und damüßt-enwir nun weiter fragen: Will man vieroder sechs deutscheStunden mitLiteraturgeschichteaus- füllen?Als Einführung genügtein kurzerAbrißmit etlichen Proben: eine ausführlich-e Literaturgeschichtewürd-eohneeinedas mögliche Maßweit überschreitendeLecture nur eineAnhäufung toter Namen und trockener biographischerund literarischer No- tizensein.Oder will man Gedichiteund Dramen zerfasern und dadurchdenSchülerndiiedeutsch-eLiteratur verekeln IX)Ein Sech- zehnjähriger,dserzur»Glocke«undzum»Tell«eines Kommentars bedarf,istein Eselund für Esel habenunsere großen Dichter nicht geschrieben.(Dser besteKommentar zur Glockeist Rombergs herrlich-eMusik.) Nur drei von Schillers Lehrgedichten: »Die Künstler«, »Der Sp»azirgang«und »Das Jdeal und das Leben«

dk)Dabei fällt mir eineAnekdote ein, die sich.zwarnicht auf Lite- raturbezieht, aberdas PerhiältnißderfreienzurSchiulthåtigkeit grell beleuchtet. Karl Vogt,derAffenvogt, also eine ganz unverdächtige Autorität, klagtealsProfessor inGenfeinmal: Wir habenaufdem lEihmnasiumeinenganz erbärmlichen Unterricht indenNatur-wissen- schastengehabt;aber wir haben uns aus freien Stücken fleißig mit Aaturalien beschäftigtundwaren dannals Studenten allen Anforde-

rungen gewachsen.Heutebringen dieStudenten vom Gsymnafisumi

einen HaufenKenntnissemit,können abernichtdenken undselbst-än- dig arbeiten. BeiderheutigenAusrüstungderGymnasien mitLehr- mitteln undwegenderengen Verbindung derPhysikmitderDNathe-.

matik kann freilich-von Ersatz desSchulunterrichites durchfreiwilligen Dilettantismus keineRede mehrsein;Physikgehörtheutzutagezu denGegenständen, diegelehrt,wserdenmüssen. Herbart meinte noch- eigentlichseiennur Mathematik und Alte Sprachen solche Gegen- stände, alle übrigenKenntnissekönneeinfähiger Menschsich ohne die Hilfe eines Lehrerserwerben. Jetzt ersetzenauch- in denneueren Spra- chenLangenscheidts LehrbriefedenLehrer.

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Habeneine Erklärungnöthig. DaßdieLesestückeum einigefür TdiePflege der Vaterlandliebe wichtige, namentlich aus Ernst

·MoritzArndt undJosef Görres, vermehrtwürden,wärezuwün-

·—sch-en;Das erfordert aber keineVermehrung der Stundenzahl.

«Oder willman wirklichdieganze reicheLiteratur unseres Volkes inderSchule lesen lassen?Was bleibt dann fürdiefreie Lecture, cwas bleibt fürsNiannesalter übrig?VorAllem aber: was der Schüler für sichallein besorgenkann, solldieSchule nicht thun.

Anleitung zur Vrivatlecture, Wegweisung, istdas Einzige,was skdieSchulezuleisten hat.NichtdiedeutscheStunde istderk"asta- -lisch-eQuell,aus dembisherdiezukünftigen Dichter,Redner und Philosophen Vegseisterunggetrunken haben, sonderneine liberal sverwaltete Schülerbibliothekund dieLeihbibliothek;und sowird sesinalleZukunftbleiben. Einvortrefflich-es Mittel, uns inden sGeistderbesten Dichterwerkeeinzuweihen,wandte derLehreran, der inQuarta und Tertia unserOrdinarius war. Erunterrichtete in Lateinisch Deutschund Naturgeschichteund hattedarum an manchem Vormittag-e drei Stunden hinter einander zugeben.

Solche Tagenun benutzteermanchmaldazu,uns größere Dich- tungen ineinem Zugvorzulessen.Sohateruns Lessings Nathan, Goethes Jphigenie und Herders Eid vsorgelesen;und wievorge-

"lesen!Andere längere Stücke,wieRückerts Aiakamen, ließer seinen befähigten Schüler vorlesen. Ein ganz-esDrama sovor- lesen, daß dadurchdenSchülernderKern derDichtung erschlossen wird, hat Sinn; dagegen wäreesUnfug,mitden Schülernzu- sammen ganze deutsch-eDramen zulesen, denn,wie gesagt,was JderSchüler für sichallein besorgen kann,dazusollernichtvom Lehrer gegängeltwerden. Ueber ein zuHaus gelesenes Drama soder über ein in der Klassegelesenes Gedichtoder Vrosastück seine Unterhaltung anspinnen, etwa alsVorbereitung aufeinen Aufsatz,ist zulässig; nur darfesnichtzuoft geschehenund den Schülernmuß ausdrücklich gesagt werden, daßeseine Erholung sei,damit sie sich nichtdaran gewöhnen,Literaturgeschwätzfür Arbeit zuhalten: in der Schule soll gearbeitet werden« Eine

»derSchulewürdige Arbeit istdasLesen mittelhochdseutscherDich- -tungen, weildabei unbekannte Worte und Flexionformenzuler- nen sind. Herrn Walther muß natürlich jeder deutsche Junge kennen und dasNibelungenlied mußer lesenlernen. Parcival :istzuumfangreichund nicht durchweg gsenießbar, auch mehr fran-

«·zösischals deutsch;sind doch fast sämmtliche Eigennamen fran-

·;zösisch. Tristans und Jsoldens Lieb-eaber ist nichtsfür Schul- rjungsemichhabedasGedicht freilich (in den Volksbüchern)schon

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als Zwölfjähriger genossen, doch richtetesindiesemAlter noch- keinen Schaden an (was später immerhin möglich wäre).

Nun wird aberheute nichtnur um Einzelheiten derUnter- richtsmethode gsestritten, sondern dieJdee desGymnasiums ver-—

irr-theilt.Ein Vertreter derNurdeutschheit (nominasunr odiosax sagt: Der Hauptgewinn der Romantik seidie Erkenntniß ge.

wesen,-daß sichdie Menschheit in Völkern und Stämmen bis:

zum Einzelnen hin individualisire, daßderMenschheitbegriff also nichtsals ein-e Abstraktion seiund daß.man Vollmensch nur- werde als Glied eines lebendig-en Volkes; erstvon dieserindi- viduellen Wirklichkeit aus gelangeman zum Verständnißdes- Universellen, desAllg-emeinmenschlichen.Diese Einsicht habeden- Unterricht zubeherrschen;dieJugendmüssezubewußter deutscher- Gesinnung erzog-en werden,ehe sie sichmitfremdenKulturen bes- schäftige.Das Humanistische Gymnasium schlagedenverkehrten-«

Wegein.Das isteine ganzschiefe Darstellung desThatbestandes Das VerdienstderNomantiker hat,wieich jüngstandieserStelle:

in Erinnerung zubringen Gelegenheit hatte,darin bestanden, daß siedasMittelalter verstehen lehrten,dasderVationalismuss alsVarbarei verschsrien hatte.WilhelmvonHumboldt undseines Freunde aberverstanden unter Humanität nichtdieZw-eihåndig-·—

keitSecundum Linneum Unddachten sichalsderen Vertreter nicht einAbstraktum: etwa dise mittler-e Proportionale zwischen Goethes und einemAustralnseger, sondern siemeinten diehöchsteundedelste- Menschlichkeit,dasVollmenschenthum,dasnur Menschenderweis-- ßen Rasse erreichen können,das imAlterthum dieGriecheners-—

reicht hattenund daszuerreichenunter allen lebenden Völkern- wirDeutschenam Meisten befähigtund nachdemRückfallindie-.- Varbarei dessiebenzehnten Jahrhunderts vom achtzehnten Jahr-- hundert san aufsNeue berufen seien. JndieserBedeutung ge- braucht Eicero das Wort humanitas; besonders klar wird die- Bedeutung inderRede proArchia poäta.Allgemeinmenschlichesx in solchemSinn (wenn man Humanitätmit diesemnichtganz zutreffenden Wort übersetzen will)undDeutschthumschließenein-·- ander nicht aus,sondernsind identisch Und wenn dieJugend- durch Hellasins Mensch-enthum eingeführt wird, so geschiehtes- nicht,weildas Griechenthum einanderes und besseresVolks-- thumistals dasDeutschthum (inWirklichkeit istesdas Selbe,»

denn dieHellenenund die Römer war-en mitden Germanen zu--.

sammen Zweigeeines Stammes, undwie deutschdieMenschen«- Homers empfinden,daran habe ichindemHomerartikel erinnert),, sondern,sweildieLebensverhältnissederAlteneinfacherunddurch-s

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DeutschimGymnasium. 159

isichtigerwaren alsunsereheute.FüreineWeile hat ja jetztder Krieg das Leben vereinfacht. AlleEuropäer sag-en täglichdas Selbe (nurfügtman, jenachlder Nationalität, dem Prädikat Schurkeoder HeldalsSubjekt oder Objektein-enanderen Volks-

mamen bei), scheinen also auchdas Selbe zudenken und zufüh-

sslen.Aber siewerd-enaufderStufe technischvervollkommneter Skalpjägerei, aufdiesie sichhoffentlichzumletztenMal wunder- Ibaranspruchslos herabgelassen haben, nicht stehenbleib-en. Sie werden sichinKulturmenschen zurückverwandelmund dann wird uns wieder dasbekannte Wirrsalunendlich zahlreicherundman-

«nichfacherLebensverhältnifse,verwickelterBeziehungen, widerspre- chenderMeinungen, sich kreuzenderInteressen umfangen. Ehe vvderjunge Menschin dieses Chaoshineingestoßienwird, soller ssdiesozialen Urelemente,dasVerhältniss zwischenGatte undGat- -«tin,zwischenEltern und Kind, zwischenHerr undDiener,zwischen Freunden »undKameraden,inBildern kennen undschätzenlernen, diesie inungetrübter Reinheit und«kräftiger Gesundheit darstel- len. Jnsolch-er Form,diegeeignet ist, tiefeLiebe zum Gesunden und ethischRichtigen-einzup-flan3en, stelltdieOdyssee dieseVer- chältnissedar. Kerndeutschsindnamentlich dieWürdigung des Familienglücks,diesehelichseTreue,diebeijederGelegenheit sich lebhaft kundgebende Sehnsucht des Odysseus nachdserHeimath und einem geordneten Hauswesen,dietiefeEmpfindung fiirdas Elend desHekumikkensinderFremde. Undwenn derSauhirt erschricktbeidem Gedanken, seineHundekönnten den fremden Bettler verletzt haben,wenn erdenDank tröstlichier,aber trüge- risch-erReiseberichte ablehnt,daerGastfreundschast gewähre nicht um Wiedervergeltung- sondern,weilihnderElende erbarme und weil derFremdling demZeus gehöre, so istdamit die Vervoll- ständigungdes deutschen Charakters durch christliche Gesinnung zuwahrer Humanität vollzogen und der Beweis erbrach-t, daß dieanima hellenica natura christiana war (nicht,Wie einKirchen-

-vater schreibt,die anima humana,wenn auchalle grausamen

und stumpfsinnigen Wilden inden BegriffderMenschheitein- bezogenwerden ;Lukas nennt dieGastfreundschaft,dieaufMalta dem schiffbrüchigen Paulus und seinen Reisegefährten erwiesen

«Wdec,obTisv Tuxoöjav epi)«av9melav,WasdieVulgcltclnon modicam humanitatem übersetzt). Auchdiesonstigegriechischeund diela- teinische Lecture zeigt-einfache VerhältnisseundZustände,nament- lich XenophonsMemorabilien undseine übrigenkleinerenSchrif- ten. Die Gseschichtederalten Stadtstaaten, ihrerParteien und Umwälzungen, enthältdas einfacheParadigma, nach welchem

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sich auchdie Vorgänge in komplizirten Großstaaten abspielen-.

An Ciceros Briefenund Horazens Epistelnund Satiren endliche kannder Primaner indieSozial-und Staatswissenschaften ein-—- geführtwerden. DieseSchriften enthüllendieUngesundheit und·s Unhaltbarkeit der römischen Sozial- und Wirthschaftverfassung:

Sklaven aks Unt-erbau, indserOberschicht Schmarotzerthum als-- Lebensberuf, stattJndustriekapsitals nur WucherkapitaL Woraus folgt, daßdie alte Welt untergehen und füreine dauerhafter-e- europäischeKultur ein neuer Grund gelegtwerden mußte. Daß diejungenLeute beiintensiver-er Beschäftigungmitdemklassischen Alterthum inUnwissenheitbleiben werden überunsereheutigen Zustände, ist nichtzubefürchten; wachsen sie ja doch nichtin.

Klösternund Jnternaten auf(undsogar dieKlösterbetreiben- Elektrotechnik). Jeder Schuljunge weiß heute, daßmit Gas ge-»

kochtund mit Elektrizitätbeleuchtet wird,und istüberdieneuste:

Flugzeugkonstruktion unterrichtet. Aber um dasheutige politische:

Getriebe zuversteh-en, mußman die Politik zuvor an einfach-en Modellen studirthaben. Und was dieVaterlandliebe betrifft:

hat siedenn nichtbeiallen Gymnasiasten und aufdem Gym-- nasium Erzogenen soebendieglänzendste Probe bestanden?

tllEBJarumHomernicht durchdasAibelungenlied ersetzt werden kann, habe ich schonerklärt.-Siegfried isteine edlere Gestaltals Achilleus und jeder deutsch-e Jünglingsoll ihnliebhaben. Aber indieJntimitäten desbürgerlichen, bäuerlichen, häuslichen,per- sönlichenLebens weihtuns dasdeutsche Heldengedicht nichtein;..

kaum bekommen wir vom Alleräußerlichstendesritterlichenund- höfischen Lebensljener Zeit(ja, welch-er eigentlich?)eine Vor- stellung;am HofderKarolinger und derOttonen hatteman Ans- deres zuthunalsGästezuempfangen und Kampfspielezuver- anstalten. Heimischkönnenwir beiden Leuten dieser Dichtung- nichtwerden. Das werden wirin der Odysfee;ganz einleben können wiruns indiebeschriebenenSituationen und ganz ver-.

traut werden wirmitdenMenschen. Wofände sichin demganzen deutsch-en Eposeiner jenerbiszur Portraitdeutlichkeit charakteri- sirenden gemüthlichenZügewiedievierstohlene Thräne,dieOdys-- seusdem HundArgos widmet? Ein Zug,der ihmdas Herz jedesDeutsch-en gewinnt. UndalsZugabebekommen wirsone-- benbei nochdreikulturgeschichtliche Aufschlüsse: daßder»Königs-.

hof«einBauernhof war, daßdieGriechen schoninder homeri-- schn ZeitihreAecker gedüngt haben,und (wasallerdings auch«

an anderen Stellen erwähnt wird) daß siemit Hunden jagten-.

Die Jlias ist,alsKriegsgesch—ichte,weniger reichan Darstellun--

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DeutschimGymniasium 161

gendesAlltagslebens; aber wiegeschicktverstehtuns derDichter sogarbeim SchmiedendesSchildes,den Hepshästosfür Achilleus anfertigt, Szenen ausdem bürgerlichenund Landleben anschau- lich vorzuzaubernt Nochweniger wäre dieEdda geeignet, den Homerzuersetzen.Der Schüler soll natürlichdiedüster ernste, von sittlichem Pathos getragene Weltanschauung kennen lernen, zu der sichder Germanengieist in der Winternacht deseisigen Island emporgerungen hat. (Obdas ethisch-e Pathos urwüchsig germanischistoder ob esdieRedaktoren derheidnischen Sagen ihrem Ehristenthumverdankt haben,wird dieForschungniemals ermitteln können, weil esSchriftdenkmälerausdsergermanischen Heidenzeitnicht giebt.) JstderWagnerrausch dereinstganz ver- flogen,dann wird man sich eingestehsen, daß- auch Musikdramen die Schattengestaltenaus Walhall unserenHerz-ennicht näher zubringenvermögen: sie sind interessante und,weilaus deutscher Vorzeit stammend,uns ehrwürdige Antiquitäten.

Vondenmodern-en Komplikationen sind zwei besonders zu erwähnen,weilsiejungen Leuten gefährlichzuwerden pflegen.

Einmal diekomplizirten Seelen oder problematischen Naturen, die inden allserneustenVomanen spuken.Obdieseverdrehten Schrauben, wieman sie wenigerhöflichnennen kann, mehrVäter oder Kinder von lebendigherumlaufenden sind,wird sich schwer ermitteln lassen.Jedenfallsschärft ihre ExistenzdemPädagogen die Pflichtein,der Jugend als Vorbilder einfacheund gesund-e Seelen vors Auge zustellen:homerische Menschen,antike Cha- raktere, Hermann und Dorothea,diePersonen imTell,inVos- sensdellen Uebrigens ist GoethemitseinemTasso vielleicht als Urvater derkomplizirten Seelen anzusehen;Jbsenund die Aussen habendann dieSchleußentraditioneller Hemmungauf- gezogen, so daß sichStröme methodischen Wahnsinns ungehindert übers Land ergießenkonnten. Die ander-e böse Komplikation ist dieallerneusteReligionphilosophie. Vedausernswerth erscheintmir der jungeMann, der inihreNebel geräth, ohneesvorherzu einer klar-enWeltanschauung und zufesten Grundsätzen gebracht zuhaben. Das Gymnasium bietet dem Schülerzur Auswahl oder zugegenseitiger Ergänzungzwei Lebensansichten,diever- ständlich,klarundeinfach sind:diedeschristlichen Theismus und dieantike,diezwar tieferer philosophischer Forschung nichtStand hält, fürdie Praxis desLebens aber genügt:dieGeschickeder Menschenwerden geleitetund gestaltetvon einer unerkennbaren Macht,inderVernunft zuwalten scheint,daman mitVernunft am Besten fährt;vernünftigaberists,mitderklugen Vesonnens

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heiteines Horaz sichsinderaurea mediocritas gegen dieUebel zuverschanzen, dringensiedennochinsHaus,ihnenmitrömischer Mannhaftigkeit zubegegnen und imschlimmsten Fallmit dem Bewußtsein erfüllter Pflicht klaglos unterzugehen, so lange aber, wiedas irdischeLebendauert,esmithellenischer AnmuthundHu- manität zuveredeln undzuverschönen.

Geradezu inden Nebel einzuladen, istdererwähnte, mehr leidenschaftlicherregtealsbesonnen-e Schulreformator kühngenug, indem erdarüber Beschwerde führt, daßdieSchülerzwar Rouss seauund Lockezulesenbekämen (imfranzösischenund im eng- lischen Unterricht), nichtaber Fichteund Kant. Abschnitteaus Rousseau würde ichins französische Lesebuch nicht aufnehmen;

aberwarum sollte LLsockseLaus demenglischen «ausgeschlossenwerden?

Er giebtnichtsGesährlichesund man versteht ihn,wie über- hauptdieenglischen!Philosophen.Weilsieflach sind,würdeMan- cher sagen. Flachoder tief:jedenfalls gehörtUnverständliches nichtindie Schule; und Fichteund Hegel verstehtman eben doch nicht. (Nämlichdie von ihrenSchriften, wegen deren sie als große Philosophen gefeiert werden; wo sieüber praktisch-e Dingereden, dasprech-en sie unser gewöhnliches Deutsch. Mit dem ethischen Jdealismus hat ihr metaphysischer an sich nichts zuschaffen,nur durchdiePersonalunion indengenannten Män- nern ist jener sogenannte demwahren Jdealismus verbunden·) OhneKant könneSchiller nicht verstanden werden,meint unser

»Reformator. Umgekehrtwird ein Schuhdraus. HatsichEiner inSchillers philosophische Schrifteneingelebt, sowird ihmDas späterdasKantstudium erleichtern,aus dem ervielleicht (zuver- sichtlich behauptenkannmans nicht)einebescheideneFrucht zieht.

Wie stehtesdenn um diebeiden großen LeistungenKants? Die eine,dieSubjektivitätderSinneswahrnehmungen, ist nicht seine, sondern LockesEntdeckung und Kant hatdurch seine scholastische Darstellung ihre Verbreitung inDeutschlandmehr gehindertals gefördert, zudem durchdie Ausdehnung ihrerGeltung von den sekundärenQualitäten auf Zeitund Raum sieVielen verdächtig und zweifelhaft gemacht. Die andere: die dem Christen selbst- verständlich-eAutonomie der Vernunft ohnedieGrundlage des christlichen Seelenglaubens festgestelltzuhaben, ist seinausschließ- liches Verdienst; aber Das giltheute nicht mehralsVerdienst.

Alle Anhänger der Entwickelunglehre (und der verbreitetsten Pressenachzuurtheilen, herrschenDieheuteunter denBiologen, Soziologen, Medizinern, Philosophen) giebtesweder eine Seele noch unveränderliche Wahrheiten undeine selbständigeVernunft,

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DeutschimGymnasium. 163 sondern nur psychische Phänomene, dieveränderlichen Produkte chemischer Prozesse. Der Glaube an eineautonome Vernunft ist beinah-e so schlimmwieder an eine unfterblicheSeele und an einen persönlichenGott (Veide sindjaFolgerung-en aus jener), und wer sichdazu bekennt, giltalsNeaktionär und Finsterling Das müßteman den Primanern sagen, wenn man mit ihnen Kantläse.GegendieAufnahme verständlich-erStellen ausseinem Hauptwerk, diedurch ihr sittlichesPathos erbauen, ins Schul- Iesebuch ist natürlich nichts einzuwenden, wie denn auchStücke

»ausFichtesReden an diedeutscheNation wohl schondrin stehen«

Aber den Kern der kantischsen Philosophie aufnehmen? Den eigentlichen Kant? Da mußman doch vorherfragen: Welchen Kant? Den von Paulsen oder den »AlsOb-Kant« von Pai- hingeroderseinenDritten? Denn es giebtihrernoch mehrere;

und der Streit darüber,wie ers eigentlich gemeint hat,wird wohl erst ruhen,wenn überhauptNiemand mehrvon ihm spricht.

«Willman«durchauseinen deutschen Philosoph-endesneunzehn- tenJahrhunderts ins Schullsesebuchaufnehmen, so giebtesnur einen, der dazutaugt: Hermann Lotzezdenn er istder einzige, der vollkommen klarund verständlichschreibt. Jn seinen Schrif- tenstehtkeineinziger Satz, dessenSinn zweifelhaft ist, so daßge- sstrittenwerden könnteodermüßte,was ermeint.

Wenn der Reformator fordert, daßdie Gymnasiasten die deutsche Vergangenheit, die Geschichteund Kultur desMittel- -alters gründlichkennen lernen sollen, so rufe ich:Bravo! Jst doch dieUnbekanntschsaftdesgebildetenPublikums mitdenverschiede- nen Stadien, welchedieEntwickelungunseresVolkes durchlaufen hat- geradezu skandalös5kaumeine Woche vergeht,wo ich nicht in einem Buch,ineiner Zeitungeine unerfreuliche Erscheinung dessiebenzehntenJahrhunderts, dieso unmittelalterlich wiemög- lich ist, mittelalterlich genannt finde. Aber dieSchülermit der mittelalterlichen Kultur bekannt zumachen, ist dochnichtdieAuf- gabedes deutschen, sonderndes Geschichtunterrichtes. Und der Wegins Mittelaltek führt,wieindem Artikel überdieAlten Sprachen hervorgehoben wurde, durchsLatein. Namentlich der Literatur der glorreichen Zeitdes alten Reiches,der Zeitder Ottonen und derHeinriche,vonderGiesebriecht sagt, daßinkeiner anderen Zeit so sehrimdeutschen Geistund sowenigindeutscher Sprache geschriebenworden sei,verdanke ichdas Perståndniß deutschen WesensunddieLiebezum deutschen Polksthum. Frei- lich istdasDeutschthum, das ich liebe, nichtganz dasselbewie das derHerren, für welche-die deutsche Geschichte erstmitLuther,

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