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Die Zukunft, 1. März, Jahrg. XXI, Bd. 82, Nr 22.

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XXL Jahrg. Berlin,denI.März1913. Ye.22.

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Herausgehen

Maximilian Kardm

Inhaltd

Seite

Platz daiouk ......«............ .......273

Heim-ih. von Alfred Walther Hex-met ..............287

saij derZischen VonJ.c.perek ..................291

Konjunktur. Voncadou .....................296

Juristen als-Dürgermeillen VonRädel, see-, kanger ........800

nachdruck verboten.

f ErscheintjedenSonnabend.

Preisvierteljährlkch5 Mark, die einzeer Nummer 50Pf-

Berlin.

Verlag der Zukunft.

Wilhelmstraßes-.

1913i

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safeklässitste vertrat-liebe Statius-langen uatl sechzehn-Ic- jeclckAkt- Tel..-AmtLütz()w,No.6051.

set-lit- W.9. Pontia-verstr- 134 a.

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Berlin, den 1.März 1913.

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plats du jour.

Nossija.

MußlandhahUmdasGefühldernationalliöe et amienichthnd

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zuscheuern,aufdieJahrhundertseierdesFranzosenkrieges derzichtetDanebenan aberlaut,inwunderlichgemischterEr- innerungan 1813und1888,jubilirtwird,willaufderschwarzen Erde derMushik,aufsderWolgaderFlöszer,willzwischenNo- wajaSemljaund derWüsteGobi das Gewimmel russischer Menschheitauch sein VolkssesthabewDrum besathikolaiAlexs androwitsch,diedreihundertjährigeRegirung desHausesRo- manow zufeiern.Regirtesdenn noch?Nein. AberdieFirma istimGrundbuchrussischerGeschichteniemals vonAmtes wegen gelöschtworden; unddaihreEintragungeinstdassichtbarsteZei- chen nationalenWiderstandes gegendieFremdherrschastgewor- den war, murrt keinSlavenherzüber denBefehlzurFeier-.»Sei unsFürst«,.hattenzu Rurikdie Leutegesprochen,dieihn mitseinen zweenBrüdern insLandtiefen;»unsereErdeistgroßundreich, dochuns fehltdergebietendeHerr«.DienormannischenWar- aeger ausRuriks Stammmachten ihreSachenicht schlecht;konn- tenaberdenSiegunddieTyrannis derGoldenen Horde lange nichthindernundsind,bis auszweiJwans (denDritten, derdas Tatarenjochbrach,unddenVierten,dervom Weißenbisans KaspischeMeerdasReich einte,dieBojarenentmachteteund die Selbstherrschaftsicherte),vomrückschauendenBlickkaumzu unter-

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scheiden. Alle,sagtSolowjew, »bewegen sichindemselbenGe- dankenkreis und schreiten, ohne Leidenschaft, ohneindividuelle Wesenszüge,langsamundvorsichtig,dochmitunbeugsamerEnts schlossenheitvorwärts«. Dieser Schlag erhielt sichvonJwanKa- lita,derum das Jahr 1330 denNamen desGroßfürstenvon Moskau annahmunddenVau desKreml(tatarischesWort, das BurgoderFestungbedeutet) begann, währendderRegirungWas- silijsJwanowilschund Jwans desDritten, dersich Gossudar nannte unddemNeichdasAdlerwappen derGriechenkaisergab, bis in dieTage FeodorsJwanowitsch,des letzten Sprossenaus Nuriks Mannesstamm. (Wie dieser weicheSohn desSchreck- lichen aussah und,daderTatarenkhanmitseiner Hordegegen Moskau vorrückte,weinend dieFragehimmelan sandte,warum geradeerinso harterZeitzumZarenerkürtsei, hatunsdas Drama desGrasen Alexej Tolstoi gezeigt,das Stanislawskijs Künstle- rischesTheaterdenBerlinern 1906vorspielte.)Voris Godunow, dernichtnur inPuschkinsGedichtdenschwerenDruck der Mo- nomachenkronebeseuszt,folgtdemliebenswürdigenSchwächling; diefalschen Dmitrijstauchen auf;WassilijSchuiskijhält sichdrei Jahrelang ausdemThron; das Volk fühlt sich herrnlos, den Polen,dieschonimKreml sitzen, ausgeliefert.Moskau lodert in Flammenaus.Soll wieder derFremdling herrschen? NachTa- taren und Normannen derPole uns,derErbseind,knebeln? Zum erstenMal verbündet das Nordslavenbewusztseinsichdergrie- chischenOrthodoxie-Dernational-religiöseAusstand erstrebt nicht politische Freiheitund sein Vorkämpfer,derSchlächterMinin aus Nishnij,istkein wilder Demokrat. MichaelRomanow (der jungeSohndesrostowerMetropolitenFeodorPhilaret), deram einundzwanzigsten Februar (nachdemGriechenkalender) 1613 zumZaren gewählt wird,erbt dieungeschmälerteMachtderersten Moskowiterfürsten,HordenkhaneundoströmischenPalaeologen.

Das alte,demHausNurik verschwägerteVojarengeschlecht Romanow,das seinen frühstenGlanzdemFremdenhasz dankte, wolltesichalsHüterdes nationalen Wesens ins Vertrauen der Massebetten. ,,NachdenEingewanderten,denUsurpatoren und gekröntenFeinden russischer Macht habtJhrnun HerrenEures Blutes, die Eurer SonderartWahrer seinwollenundwerden«

Das klingt;verklingtaberrasch.Noch ist NußlandeinAsiaten-

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Platzdujour. 275

gebild. Jwander Vierte hat ihmeinGesetzbuchundeineLand- ordnunggegeben,hat endlich sogar, hundertJahrenachGuten- bergsTod,dieEinführungderDruckerkunsterlaubt. Dochdem kaltenOrient tagt erstdasMittelalterz unddieHoffnung,ohne Europäerhilfefertigzuwerden,bleibtein frommerWahn.Michael Feodorowitschmusandustrielle, Kaufleute,Drillmeisteraus der Ferne rufenundmitWesteuropa Handelsverträge abschließen.

Sein SohnAlexej muß Morosows Bande durch tüchtigeWerk- leuteaus Frankreich,Deutschland,derSchweizergänzen.Sophia kämpftmit denPolengegenOsmans SchaarundzwingtdieAlt- russenpartei aufdieKnie. Und welche Helfer kiestPeterAlexeje- witsch?DenSchottenGordon, denSchweizerLesort, denHolläns derTimmermann, denFranzosenBillebois Diesind sauberer geputztundmanierlicheralsdieNussemalso mußauchderMoss kowiterden Bart scheeren,denKaftan abthunundsichandenTa- bakgewöhnen.AlsPeterausZaandam,aus britischen Fabriken unddeutschenWerkstätten heimkehrt, bringtereinen Schwarm europäischerTechniker, Geschäftsmänner,Handwerker mit,der ihmbeimGroßreinmachen,beim Debatbarisiren (nachLeibnizens Wort)helfensoll.WasausderTatarennoth, ausderErbschaftvon Byzanz noch fortwährt, soll hurtig verschwinden. DerVauer, der Bürgerwird inneue Kittelgesteckt,dieFrau entschleiert,ausSüm- pfen dem-Reicheineneue Hauptstadthervorgezaubertund derEos- sudar ziehtdasPriesterkleid derAhnenaus unddenWaffenrock westlicherKönigean.PeterderGroße2DaßerRußlandmitAsias tenmitteln europäisirthabe, hat schonKostamarowzugegeben.Daß dieecht russischeFamilieRomanow ihrebeste Leistungfremden Helfern verdankt, istunbestreitbar.Obendrein warPeters Katha- rina,vonderallesheute nochunterdemNamenRomanow Para- dirende abstammt,eineNordgermanin(die weder alsFraueines Schwedendragoners nochalsLiebchendesemporgekommenen BäckergesellenMenschikowlesenundschreiben gelernt hat);regir- tenimAamen derAnnaJwanowna und Anna Leopoldownadie DeutschenBiron(Vühren),Münnich,Ostermann;standElisabeth Petrownaim Sinnenbann galanterFranzosen.Diezweite Katha- rina erst gab RußlanddenRassen wieder;war aberinStettin geborenundaus Anhalt-ZerbstinsBettPeters des Dritten ge- kommen. UndihrPeter Feodorowitschwar kein Nomanow mehr.

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276 DieZukunft.

Der letzteMann desVojarengeschlechtes war derzweite Peter Alexejew"itsch,der1730,am vorletztenJanuartag, imVlatterns- fieber starb-;dieletzteFrauwarElisabeth,deramfünftenJanuar 1762dasAuge brach.Seitdem throntHolsteinsGottorp.

Wie lange noch? MancherErnsthaftemeint,einSunsYats SenwürdeinRußlandkeinschwereres Spiel habenals inChina (undin Witte morgen nochdenYuansShithai finden,den die Kindheit einerso ungeheuer großenRepublikbraucht).BonWeis temsiehts nicht bedrohlichaus. DerWirthschaft istsniesogutge- gangen ;dieJndustriekonnteselbstinderOrientkriegszeitdie Fülle derAufträge nicht bewältigenundwirdmitdemfürdenMarines baubestimmtenGold bisandietiefsteWurzel gedüngt.Anpo- litischer Schwierigkeitfehlts freilich nicht.Dernach westlicherMode lackirtePetersburger belächeltdiePopenmehrheitder Gossudarst- wennajaDuma ; dermoskowitif chEmpfindende spricht,in anderen Worten, nocheinmal denSinn dergoethischenWarnung aus;

,,FüreineNation istnur Das gut,was ausihrem eigenenKern undihremallgemeinenBedürfniszhervorgegangenist, ohne Nach- äffungeiner anderen; denn was demeinenVolkaufeiner ge- wissen Altersstufe einewohlthätige Nahrung sein kann,Das er- weist sichfüreinanderes vielleichtals einGift.«Wenn die liebe

»Gesellschaftaabergute Einkunft hatunddieJntellektuellen fette Weide finden, isteinUmsturzinFriedenszeit unwahrscheinlich.

DennochwirdAikolaiAlexandrowitsch nichtmit entwölkterStirn indieKathedralederHeiligenMutter vonKasanschreiten.Sein einziger Sohnistkrank,einBluter,undwird,selbstwennerheran- wächst,kaumjeregirungfähig werden. DernächsteAgnat,des Kai- sersBruder Michael, ist,weilereinenicht ebenbürtigeFrauge- heirathetunddenGossudarlautgehöhnt hat, ausdemHeerund demReichverbannt worden. SeinNecht aufdenThronwird da- durch nichtgemindert; denndasrussischeVolksempsindenschließt denwider dieStandessitte Bermählten nichtvon derErbfolge aus«Nach MichaelkämeGroßfürstKyrillWladimirowitschDer hat nichtszuhoffen. Erstens wehtvom WipfeldesStammes längsteinkühlerWind aufdenZweingadimir herab;zweitens wardieMecklenburgerinMarianoch nichtzumorthodoxenGrie- chenglaubenübergetreten,alssieKyrill gebar:undderZarewitsch mußdas KindrechtgläubigerEltern sein; drittens hatdieserSohn

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Plats dujour. 277

WladimirsAlexandrowitsch seine VasegeheirathetundseineSöh- newären,weilsieauseinerEhevonGeschwisterkindernstammen, nachfrommemRussenbrauchnichterbberechtigt.DenTöchterndes ZarenistderWegaufdenThron gesperrt. PaulPetrowitfch, der feine auchin derErzieherftrenge ausschweifendeMutter Katha- rina mitderganzen Inbrunstseineskranken Hirnes haßte, hat am Ende desachtzehntenJahrhunderts denFrauendieThrons folgefähigkeitabgesprochen.DarfNikolaiAlexandrowitsch dieses Hausgesetz aufheben? DerJustizministerhat aufdieFragedes bekümmertenZarengeantwortet:JazDeineSelbstherrschergewalt ist,Bäterchen, durchOktoberdekret undVerfassung nicht geschmä- lert worden und DukannstjedenVeschlußumstoßen,denvorDir einAutokrat gefaßthat. Damals entstandderPlan, Nikolais ältesterTochterdieMöglichkeitderThronfolge schnellzusichern unddiesesiebenzehnjährigeOlgademGroßfürsteanitrijPawlo-- witfchzuvermählen,demSohnderGriechenprinzefsinAlexandra,.

den, nachdem(freiwilligen)Tod seinerMutter, diehessischeFrau desGroßfürstenSergiuserzogen hat. Dmitrijs Erkrankung durch-- kreuzte denPlan. Und derUkas,durch denKaiserPaul denWei-.

berndasThronrechtnahm,istdurcheinensichtbarenAktdesSelbst-- herrschers noch nicht entkrästet.EinStreit zwischenAlexejNiko- lajewitsch(oder seiner SchwesterOlga)undMichael Alexandro- witfchkönnte derDynastieauf morschem, schwachgestütztemSitz.

fast sogefährlichwerden wie einungünstig ausgehenderKrieg.

Denwird Nikolais sanfterSinn meiden,so langeersirgend- vermag; undso langeeraufKokowzew hört.Kannholstein-Got- torpdemReussenreichdieHerrschaftüber dieMongolenbescheren, aus derenJocheinRomanow esbefreithat,dannpreßtder-Mo- nomachenreifdengesalbteuScheitelfürsErstenichtmehrinsoharte Klammer. Dann rafftder vonstämmigerenVettern so oft bespöt- telteNikasich vielleichtzu demEntschlußauf,alleKraftbleibsel an das(für Rußlands europäischePolitikwichtigste)Werk der- Polenversöhnungzusetzen.Immerhin istzubedenken, daßder Panslavismus nie insolcheVersuchung geführt ward,nieso dicht vor demTriumphseinesWollens standwieseitdemSüdslaven- sieg. DaßderVolksrausch,diewogendeHoffnung,dievomHer- zen insHirn Rußlands steigt,denKaiser zwingt,vordemOhrder rechtgläubigenGemeinde sichzu dem Gedanken derallslavischen

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278 DieZukunft-,

Vruderschaftzu bekennen. Daßer,trotz Potsdam undValtiskij- Port,mit nieerschautem EiferdasHauptdesLothringers Pin- carökränztzihn seines»freundschaftlichenGefühles«, seinerAns hänglichkeitversichertunddasfrankosrussischeVündnißimBild völliger Einheit (»union etroite«)sieht. DummköpfeundKriecher mögen auch nach solchemVorgangnochvondeutsch-russischerJnti- mitätschwatzenunddas alberne Modewort,,Entspannung«früh undspäteinspeicheln.Wacheverführt ihr kindischesoderinfames Geplärr, auchwenns aus betitelten Schädeln sickert, heute nicht mehr.Diewissen, daßwiraufdenHöhenundin denTiefender Russenwelt vergebensum Liebe würben. Nichtnur dieGrenz- truppem auchdieKaufmannskammern desZarenreichessindin diesemWinter des-MißvergnügensgegenDeutschlandmobilge- machtworden.Der,,WestnikFinanssow«,dasOrgandesrussischen Handelsministers,hatandie Kammern undanPrivatfirmen ein Nundschreiben geschickt,dasmitdenSätzenbeginnt: »ImHin- blickaufdiebevorstehende-RevisionunseresHandelsvertragesmit Deutschlandscheintesnothwendig,denEinflußzuzeigen,den die Organisationdesdeutschenhandels innerhalbderGrenzenRuß- lands aufdenrussischsdeutschen Waarenaustausch gehabt hat;

alsozuzeigen, welcheMitteldiedeutschen Exporteure angewandt haben,um ihrenFabrikateninNußlandeine weitere Verbreitung zu schaffen.ZudiesemZweck gestattenwiruns, Jhneneinen Fragebogenbeizulegenundvon Jhrer Liebenswürdigkeitzuer- bitten, daßSie überjeden Punktbis zumersten FebruarAus- kunftgeben«Verschwiegenheitwirdzugesichert;die Antworten sindnur fürdieGeheimakten derUnterhändler bestimmt.Aller- liebstaber dieFragen. »Hat sichindenletzten zehn Jahren die ZahlderdeutschenHandelsreisenden erhöht? Welche Wesens- züge unterscheiden sie, ihreFachbildung,MethodeundHandels- technik,vondemrussischenReisenden2WächstdieZifferder deut- schenJmporthäuser?Verdrängensie auch soliderussischeFirmen?

Senden sieMusterund KatalogenachRußlandund suchenin direktenVerkehrmitdemKonsumentenzu kommen? Auf welchen Gebieten war derVersuch deutscherFirmenzuverzeichnen,in NußlandBoden zuerwerben,FabrikenundAktiengesellschaften zugründenunddieNaturalisation ihrerUnternehmungen zuer- reichen?Wannund wodurchistdas EinfuhrsundAusfuhrgeschäft deutscher Firmenvondendeutschen Konsuln begünstigtworden?

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Plats dujour. 279 Giebt esaußerdemZolltarifnochMittel zurHemmungder deut- schen Einfuhr? WelcheKonkurrenzkniffewenden diedeutschen Firmenan,umihrerWaare inRußlandAbsatzzuschaffen?«Aus Inhalt undForm desRundschreibens ist derWunsch erkennbar, demdeutschenIndustriellenundHändlerdasLebeninRußland zu verleiden. Dieser Wunsch langtüber dasTrachtenderFran- zosen hinaus, deutscheWaare als madeinGermany,nichtalsHei- matherzeugniß,angebotenzusehen. NachAlledem scheintmireine etwas steifereHaltung rathsam.DieGratulantenhast derNord- deutschen AllgemeinenZeitungwäre, auchwenn sie sich nichtum zwölf Tage verfrüht hätte, unzeitgemäßgewesen. Nußlandmag jubiliren.Wir wollennichtvergessen, daßamsechstenFebruarein Vierteljahrhundertverstrichen war,seitDeutschlandsKanzler über dieOstgrenze rief: »UmLiebewerbenwirnichtmehr. Wirdrängen unsnicht auf.WirhabendieWiederherstellungdesalten Ber- trauensverhältnisses versucht.AberwirlaufenNiemand nach.«

Militaria.

Bismarcks Februarrede schloßderbescheidenstolze Satz:

»WerdenFriedenbricht,wirdsichüberzeugen, daßdiekampfes- freudige Baterlandliebe, welche1813diegesammte Bevölkerung des damals schwachen,kleinen undausgesogenenPreußenunter dieFahnenrief,heutzutageeinGemeingutder ganzen deutschen Nation istunddaßDerjenige, welcherdiedeutsche Nationirgend- wieangreist, sieeinheitlich bewaffnetfindenwirdundjedenWehr- mann mit demfestenGlaubenim Herzen: Gottwirdmitunssein!«

Und dieBegründungdesGesetzentwurfes,dendieseRedeemp- fahl, enthieltdieSätze:-»ImHinblickaufdieaußerhalbDeutsch- lands geschaffenenVerhältnissewird sichdas deutscheVolkder Ueberzeugungnicht verschließenkönnen, daß seineKriegsmacht derGrößedesReichesundderZahlseiner Bevölkerung nicht mehr entspricht. Hinzu kommt, daßdasReich nach seinergeogra- phischen Lagedemgleichzeitigen AngrifsstarkerHeere auf zwei Frontenausgesetzt ist. DieserBedrohunggegenüber fehltdas festeFundamentfürdieExistenzunddieFortentwickelungDeutsch- lands; seineSicherheithängtvon seinerStärkeab: unddiese mußgrößer sein,alssiezurZeitist. Solchem unhaltbaren Zustand einEnde zumachen, istderZweckdes vorliegenden Gesetzent- wurfeszesbedarfzuseinerBetwirklichungwohlnurdesApvells

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280 DieZukunftz

an denPatriotismus desdeutschenVolkes,welchesdas Vater-s land, nachdemesgeeint,auch ungeschmälerterhaltenwissenwill«

Das wirdjetzt,vorundnach Ostern,wieder passen.Wenn nicht etwa abermals Flickwerkbereitet wird. Das mußmitjedemer-

langbarenMittel verhütetwerden. KeinSachkundiger darfzag- haftschweigen. Horchet,zunächst,demWeckrufeines Artilleristen.

»Waswirbegehren? Eineneue, denmodernstentechnischen Errungenschaften entsprechendeFeldkanone? GebogeneSchutz-—- schilde,wiedieFranzosensie habenundwiesieseitJahresfristbei unsererHaubitzeeingeführtsind?Einenpraktischen Beobachtung- wagenstattdes unsvordreiJahrenbescherten wackeligenKletter- gerüstes? AusreichendeBespannung fürVatterie,Staffelund- Munitionkolonne ?Ja; auchdas Allesfordern wir, fordern Hun- dertevon deutschenArtillerieoffizieren.Aberdavon sollhier nicht dieRede sein.EineandereWunde sei hier aufgedeckt (dennein- mal,früheroderspäter,mußesjadoch geschehen),eineWunde,

andiederHerausgeber dieserZeitschriftvorwenigenWochenmit leiser, vorsichtigerHandgerührt hat.,DieArtillerie,derenWerth- fürdenKriegsfallheute dochkaumüberschätztwerdenkann, glaubt sicheinVischen zurückgesetzt;nichtnur,weilkeiner dersechs Kaiser- söhneihrenRockträgt.«Das war am erstenFebruar1913hierzu lesen. DenFinger draufundeinmal allefalscheScham beiSeitel HierhabtJhr,was wirfordern: mehrAnsehenfürunsereWaffel MöchtederRuf nicht ungehört verhallen!

Eswürde zu weitführen,wollteman hieruntersuchen,wes- halbdieArtillerie,indenmeistenanderen Länder-ndiebevorzugte- weitaus angesehenste Truppe,dasStiefkindderpreußischenArs mee ist.Nur derThatsachenstandvonheute seiandieserStelle in.

allerKürze fkizzirt.KeinPrinzdesKöniglichenHauses istAr- tillerist.(Manvergleichedamit denZustandinBayern !)Kein SproßdesHohenAdelstrittinunsere Reihen ein, wennihnnicht ganzbesondere farniliäreoderpekuniäreVerhältnissedazuzwin- gen.(,BlosArtLIerie...Nuja«,sagt, die-Sachlage trefflichcharak- terisirend, eineHalbweltdame beiFontane.).Sehr seltennur

bringtseinArtilleristzumCorpsgeneral.Dabeihaben-wirdietüch- tigsten, intelligentesten OffizierederArmee,. sindwirdieTruppe,, die,derNothgehorchend, wenigereinseitigundvielintensiverar-- beitet alsjedeandere. Weshalb dies Mißverhältnißzwischen:

Leistungund äußerem Ansehen? Wollt Ihr, daßimKrngdie-

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Plais dujour. 281

,ultim"aratioregis«sichbewähre,so«sorgt, daßauch schonimFrieden ihrem Mühendieverdiente Anerkennungwerdet DerheutigeZu- stand ist unhaltbarund kann,wenn dieAbhilfe ausbleibt, ein dåbäclezurFolgehabenz dennunverdienteZurücksetzungmußauf- die Dauer diesoldatischeDienstfreudigkeitlähmenunddieTüchtig-s keit derTruppemindern. GiebunsererWaffe, KaiserundKönig,.

dasAnsehen,dasihr gebührt!MehrAchtung: wirfordernsieim InteressedesVaterlandes

Wir begehreneinen Platzan derSonne kriegsherrlichers Gunst. Zu lange schon frorenwirimSchatten. Habenwirsolche Behandlung verdient? Der kommende Kriegwirddie Antwort daraufgeben.Wirsind überzeugt:nochwirddieWaffe sichbe- währen. Noch hatdieNation durchdieZurücksetzungderArtillerie keinen Schaden genommen. AbereineUmkehrderMeinungen und eineNachholung desBersäumten ist dringendnöthig;und«

jederAufschubbedeutet Gefahr.JndiesemJubiläumsjahrsollte- eingründlicher Wandel in derhier angedeuteten Richtungein- setzen.EinenHohenzollernprinzenmöchtenwirunterm Kugelhelm sehen, möchtenunseren fähigstenKöpfendenWegbis in diehöch- stenEhrenstellender Armee offen wissen.Das ganze Ansehens-:

niveau derWaffewollen wirgehoben sehen-

Undwarum sindwirnochimmer in reinäußerlicherHinsicht

zurückgesetzt?Warum fehltdenLinienregimentern derfahrenden Feldartilleriezur,grandetenue« derHelmbusch? Jn militärischen Fachblätternwurde dieVerleihung dieseruns grundlos vorent- haltenenParadezlerschon gefordert.Wirbegehren siealsäußeres Zeichen kriegsherrlicherHuld,dieuns zulangeschonversagtblieb.

Der große Nationalgedenktag imMärzoderderTagdesNe- girungjubiläumswärenpassendeZeitpunkte.EinelächerlicheVa-- gatelle,einäußerlicherTand? Meinetwegen. Ein Tand aber,.

dessen Fehlen von manchem gutenpreußischenArtilleristen,der- mitStolz sein Kriegerkleid trägt, unangenehmvermerktwird ;eine Bagatelle,derenMangeluns annationalen Festtagenzu einer Truppezweiten Nangeserniedert. NichtdieSchlechtestenunter- unssindes,diediesenTand,dieseBagatellevermissen.Dieäußere Gleichstellungmit denanderenberittenen Truppendarfuns nichts längervorenthaltenwerden. Wirhaben mehrIntelligenzinun- seren ReihenalsdieAnderen,können und wollen deshalbaber- doch nicht aufdenkriegerischen Prunkverzichten,derso tiefim

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"282 DieZukunft.

Wesendes Militarismus begründet ist.GebtunsererTruppeein -Ehrenkleid,damit wiruns künftigmitnochgrößeremStolzals bisherArtilleristennennen können!«

DaßimKrieg fortandieEntscheidungvonder Artillerie kom- men wird, hatindiesenTagenauch FeldmarschallColmar von derGoltzalsseineUeberzeugungausgesprochen.GebtderHaupt- wasfe,wasihrgebührt.DieHerrenvon Heeringen,vonLyncker,

vonMoltke sind verpflichtet, gerechte Wünsche ihrerKameraden demKriegsherrn vorzutragen. Suumcuiquel JstdieAdlerlosung

nur nocheinleeres Wappenwort? AuchimUebrigen:knickert nichtwieder.Schonwirderzählt,derGroße Generalstab habe nicht alleForderungen, dieerfür unausschiebbar hält,durchzusetzen vermocht.Gegen solchesGeraun helfenDementis nichtzdaß ,,alle maßgebendenStellen inschönsterHarmonie sind«,istuns allzu ostvorgeslötetworden.Wenn dieTeller abgetragenwaren,hörte man andere Töne.Kann oderwill General vonMoltke nicht,als KommissarderVerbündeten Regirungem imReichstag,öffent- lich,reden,dann muß Herrvon Heydebrand oder einanderer AngstloservomKanzler unzweideutigeAntwort aufdieFrageer- bitten,ob demGeneralstab irgendwie Beträchtliches,ausKnau- sereioderaus blöderFurchtvor dem Unwillen derGegner,ab- gefeilschtwordenist.DieNation, dieihreWehrmiteinem Jahres- aufwand vonfastzweitausendMillionenMark bezahlenwill, darf dieGewißheit fordern, daßnun nichts mehrvertrödelt oderver- knickert werde. GeschützundGeschoßgeltenalsgut. Fürdieneue

Jnsanterieschußwasseist vorgesorgt.Wiestehtsum dasSanität- wesen?Wirds auch nach ungeheuren SchlachtverlustenanBa- racken,chirurgisch geschultenAerztenundtüchtigemPslegerpers sonalnichtfehlen? AufdenWalstätten derBulgarenundMontes negrinersollesgrausig aussehen.9esterreichischeAerzteberichten, mitdenmeistenPflegerinnenseinichtsanzufangengewesenzkleids sameSchwesterntracht,koketteHäubchen,aberkeineUebungim schwierigenKrankendienst.WieVerwundete anzusassen,zubetten, zuverbinden,zunähren sind:Das lerntsich nicht zwischen Thee undAbendbrot. Jederrüstigen Frau- mußdieMöglichkeitder Ausbildung und(nicht wahr, Psychologen?) Auszeichnungge- boten, muß,TagvorTag, eingehämmert werden, daß ihr Mann, Vruder,Bräutigam,SohnvielleichtunterplumpenHändenächzen wird,wenn nichtAlldeutschlandsWeibheit dieSamariterpslicht

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Plats dujour.· 283

sanftundflinküben lernt ;daß solcheFrauenbewegungwichtiger istals einenach WahlrechtundTitelputz haschendeundwürdiger als dasKränzchengeflennfürdenlieblichen Frieden.

Zum erstenMal hatinPreußensund desjungen Reiches GeschichtederVolkswille denRegirendendenEntschlußzur Land- heeresstärkungabgerungen.Sie hätteimHerbst1911miteinem Schlaguns aus unbequemer Lage geholfenundnochimHerbst 1912uns dieRückwirkungneuer Unruhe erspart.Vorbei. Jetzt darfwedergestümpertnochauf JrrgängenmitderSteuerwünschel- rutheZeit versäumtwerden. ,,Keine Ausgabe ohneDeckung«:

einhübschesRessortsprüchleinfürdenAlltag.Derselbe Herr Wermuth, ders inUmlauf setzte (um seinemvon Stengel und SydowhinabgedrücktenAmtinneuen Schreckensnimbuszuhel- fen),würdesichalsKanzlerdieBerufungdaraufebenso heftig verbitten, wieerals SchatzsektetärdenHinweisaufdieGeld- forderungen verbat,dieeraus demReichsamtdesJnnern auf denWilhelmsplatz geschickthatte.Der Konkursverwalter mußso denken; derGeschäftsführer einesstarkenundinseiner Schöpfer- stärkegefährdetenStaates darfs nicht«Ob dasDeutsche Reich, weil esneue Parteienwirrniß scheut, fürs Erstehundertfünfzig

«Millionen durch Anleiheherbeischafft, ist,wosichsumRothwehr handelt, schließlicheinerlei. ceterum censeo, wieindenWehender unzulänglichen Finanzreform: Vesteuertjede Rechnung jedes Schusters,Schänken,Schneiders, Gastwirthes, Waarenhauses, Doktors, Handwerkersetc.pp. EinHundertstel von der Mark brächteschonRiesensummenzdieseSteuerwäredemAermstenkaum fühlbar und,da derBesitzende amMeistenausgiebt,alsBesitzsteuer zuPlakatiren.Ungemein wichtigwirdderTonderDebatte.KeinGe- fuchtelundkeinGeschrei.DaßHerrPoincaråinseiner Präsidiabs botschaftdieWörter »dåfj«und»humiliation «angewandt hat, darf Unsnicht bekümmern;Frankreich hatdas RechtunddiePflicht, sichvor Herausforderung undDemüthigungzuschützen.Sagt nicht,wieZeitungrüpel,daß dieRepublik inAngst schlotterezder Versuch, durch längereDienstzeitdieKleinheit derKopfzahlaus- zugleichen,wardnichtvonMemmensorgeempfohlen. Zetert auch nicht,weil HerrDelcassåalsBotschafternachPetersburg geht.

ErhaßtdieDeutschenundmöchtesieimMörser seinesZornes zuAschezerstampfen?Dummer Klatschzeinnichtnur vom amt- lichenZeugnißdesFürstenRadolin widerlegtesMärchen.Als

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