Pastoraltheologische Begründung des Kultes und des Festes der Barmherzigkeit Gottes

Lucjan Balter

Pastoraltheologische Begründung des

Kultes und des Festes der

Barmherzigkeit Gottes

C o lle c ta n e a T h e o lo g ie s 52(1982) fa se, s p e c ia lis

L U C JA N BALTER SA C , W A R S Z A W A -O tT A R Z E W

PASTORALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG DES KULTES UND DES FESTES DER BARMHERZIGKEIT GOTTES Das P roblem des K u ltes und eines b e so n d e re n F estes d e r Barm ­ herzig k eit G o ttes w ird im m er w ie d e r zum A u sd ru c k g e b ra c h t bei Treffen d e r v e rsc h ie d e n e n relig iö sen B ew egungen, G eb etsgru pp en , auch auf d iv e rse n th eo lo g isch en Sym posien. D ie G läubigen, die ih re K om peten zen k e n n e n u n d sich in die th e o re tis c h e n P roblem e nich t ein m isch en w o llen , zeigen im m er m eh r U ngeduld. Sie v e rs te ­ h en einfach nicht, w o rü b e r die T h eo lo gen so lan g e h e ru m d isk u tie ­ ren. Die E inführung des K u ltes u n d des F e ste s d e r B arm herzigk eit G ottes ist — ih re r M einun g n ach — offensichtlich. Sie e rw a rte n n u r d e n A ug en blick , w o d as L ehram t d e r K irch e d iesen K ult b e stä ti­ gen w ird, d e r o h n eh in e rfo rd erlic h u n d b e g rü n d e t ist, m ehr noch, den die Z eichen d e r h e u tig e n Zeit ein fach fo rd ern .

Ein n e u e s Licht u n d n e u e W eg e in d e r E n tw ick lun g dieses P ro ­ blem s zeig en sich in d e r A u fheb u n g d e r V e rb o te u n d B esch rän k u n ­ gen, die im A p ril 1978 v o n d e r G la u b e n sk o n g re g a tio n v e rö ffen tlich t w u rd en . Im J a h re 1959 h a tte die K o n g reg atio n des H eiligen Offi­ zium s die N o tifik a tio n m it d e n V e rb o te n h e ra u s g e g e b e n 1. Es h a n ­ d elt sich um das Pro b lem ü b e r die Form des K ultes, die Schw. Fau- stina K ow alska au fg ru n d ih re r p riv a te n E rsch ein u n g en v o rg esc h la ­ g en h a t2.

Die A u fh eb u n g d er V e rb o te h a t v iele n G läu big en n e u e n M ut gem acht. Sie sin d je tz t vielm eh r ü b erzeu g t, d ass die B otschaft v on d er B arm herzigkeit G ottes, die G ott ü b e r das W e rk z e u g Schw. Fau- stina g eo ffen b art h at, w e ite rg eg e b e n und re a lis ie rt w e rd e n soll. Ob d iese G läu b ig en re c h t h a b e n und ob ih re H offnung auf ein e v o lle W e rw irk lic h u n g ih re r W ünsch e b eg rü n d e t ist, das sind die F ragen, die in diesem B eitrag b e h a n d elt w e rd e n sollen.

1 V g l. Su prem a S. C o n g r e g a tio S. O fficii, N o t i l i c a z i o n e , A A S 51 (1959) 271; S. C o n g reg a tio D o c trin a e F id ei, N o t i li c a z i o n e , A A S 70 (1978) 350.

* U b er d ie E in z e lh e ite n der D ok trin un d d e s K u ltes erfäh rt m an a u s fo l­ g e n d e n P u b lik a tio n en : M. W i n o w s k a , D r oit à la M i s é r i c o r d e , Paris 1958; J. S t a b i ń s k a , S io s t r a F a u s t y n a K o w a l s k a . D u c h o w o ś ć i d o k t r y n a , P ozn ań 1976.

I. Vox populi — vox Ecclesiae

Das tra d itio n e lle S p rich w o rt V o x populi — v o x Ecclesiae (Stim me des V olkes — Stim m e d e r K irche) b ek am in d e n D okum en­ te n des II. V a tik a n isc h e n K onzils ein e n e u e D im ension. D as K onzil ste llt näm lich fest: ,,Die G esam theit d e r G läubigen, die die Salbung v on dem H eilig en h ab en, k a n n im G laub en n ich t irren. U nd diese ih re b e so n d ere E igenschaft m ach t sie d u rc h d en ü b e rn a tü rlic h e n G lau b en ssin n des g an zen V olkes d a n n k u nd , w e n n sie „von den Bischöfen bis zu d en letz te n g läu b ig en Laien" ih re allgem eine Ü b er­ einstim m un g in S ach en des G laubens u n d d e r S itten ä u sse rt. D urch je n e n G lau b en ssin n näm lich, d e r vom G eist d e r W a h rh e it gew eck t und g e n ä h rt w ird, h ä lt das G o ttesv o lk u n te r d e r Leitung des h eiligen L ehram tes, in d e sse n tre u e r G efolgschaft es n ich t m eh r d as W o rt v o n M en sch en, so n d e rn w irk lic h das W o rt G ottes em pfängt, den ein m al d e n H eiligen ü b e rg e b e n e n G lau b en u n v e rlie rb a r fest. D urch ihn d rin g t es m it re c h te m U rteil im m er tie fe r in den G laub en ein und w e n d e t ihn im Leben v o lle r a n ” (LG, 12).

A n e in e r a n d e re n S telle w ird d iese r G ed anke n och d e u tlic h e r a u sg ed rü c k t: „C hristus, d e r g ro sse P ro p h e t, d e r d u rch das Z eugnis se in e s Lebens u n d in K raft sein es W o rte s die H e rrsc h a ft des V a ­ te rs a u sg eru fen h at, erfü llt bis zur v o lle n O ffen b aru n g d e r H e rrlic h ­ k e it sein p ro p h e tisc h e s A m t n ich t n u r d u rc h die H ie ra rc h ie , die in sein em N am en u n d in se in e r V o llm ach t leh rt, so n d e rn a u c h d u rch die Laien. Sie b e ste llt e r d esh alb zu Z eu g en u n d rü s te t sie m it dem G lau b en ssin n u n d d e r G nade d es W o rte s aus, d am it die K raft des E v angelium s im a lltä g lic h e n Fam ilien- u n d G esellschaftsleb en auf- leu c h te" (LG, 35).

Die o b en a n g e fü h rte n T e x te des K onzils h a b e n ih re tiefe Be­ g rü n d u n g in d e r H eilig en Schrift u n d in d e r k irc h lic h e n T rad ition , w as a u ch die F u ssn o te n d ieser T e x te au fzeig en (F ussnoten w u rd e n w eg g elassen , um die K larh eit d e r G ed an k en zu betonen). D enn nicht ein m al h a t in d er G esch ich te die G esam th eit d e r G läubigen, dem k irc h lic h e n L ehram t folgend, dazu b e ig e tra g e n , dass die geoffen- b a rte W a h rh e it im G o ttesv o lk e b e w a h rt w u rd e, u n d auch, d ass m an c h e E lem ente e in e r so lch en W a h rh e it in d e r a k tu e lle n Epoche, v o r allem im relig iö se n u n d k u ltisc h e n Leben ein en b e so n d e re n A u sd ru c k g e fu n d en h a b e n 3.

Im Z usam m enh an g dam it ste llt sich d ie F rage, w ie d as c h rist­ lich e V o lk zum K ult d e r B arm h erzig k eit G o ttes s te h t u n d zw ar, ob u n d in w iew eit d e r K ult d e r B arm h erzig k eit G ottes e in A u sd ru c k des E ngagem ents d e r „G esam theit d e r G läub igen" ist, die m it dem k irc h lic h e n L ehram t überein stim m en .

s V g l. Y. C o n g a r, J a lo n s p o u r un e t h é o l o g i e d u la ic a t, Paris* 1964, 409f ; E. W e r o n S A C , L a ik a t i a p o s t o l s t w o , P aris 1973.

PASTORALTHEOLOGISCHH BEGRÜNDUNG _{5 5}

D er K ult d ieses G eheim nisses in d er Form , die Schw. F au stin a K ow alska v o rg esc h lag e n hat, g eh t auf die letz te n J a h re d e r Zw i­ sch en k rieg szeit zurü ck . D er K ult h a t sich in d e r Zeit des zw eiten W e ltk rie g es se h r sch n ell v e rb re ite t. A u s W iln o u n d aus dem b e setz ­ ten P olen ging die K unde v o n diesem K ult ü b e r D eu tschlan d n ach F ran k reich , d an n a u ch n a c h Ja p an , P alästin a, A u stra lie n und n ach N ord- und S ü d am erik a4.

Schon in d e r K riegszeit e rsc h ien e n A u sg a b e n d e r N ov ene, d er Litanei und des R osen k ran zes d e r B arm h erzig k eit G ottes in d e r li­ tau isch en , fran zö sisch en , d eu tsch en , ita lie n isc h e n u n d en g lischen S p rach e5. „Ein c h a ra k te ristisc h e s Z eichen dieses K ultes w a r sein e S p o n tan eität, m it d e r e r sich v e rb re ite te " — sa g te d e r p ro m in en te B egründer dieses K ultes, M. Sopoćko6. D er K ult findet au ch im m er m ehr In te re sse bei d e n H irte n d er K irche urid bei d en T heologen. T atsach e ist, dass schon 1946 die p o ln isch en Bischöfe, an d e r Spitze K ard. A. H lond „ein B ittschreib en an d en H eilig en Stuhl um B estä­ tigung des F estes d e r B arm herzigkeit G ottes n ach der V o rste l­ lung der Schw. F a u stin a g e san d t h a b e n " 7. M. Sopoćko b e ric h te t, dass im J a h re 1947 „diese Sache offiziell d e r R iten k o n g re g atio n zug e­ leitet w u rd e u n d P ro fe sso re n d e r th eo lo g isc h e n F a k u ltä te n und P rie sterse m in are n , die sich am 8. 4. 1948 au f ein em th eo lo g isch en Sym posion zusam m eng efund en h a tte n , u n te rsc h rie b e n ein e R esolu­ tion an d en H eilig en Stuhl, in d e r sie b a te n , e in F est d e r B arm her­ zigkeit G ottes n a c h dem V o rsch lag des E piskopats festzu setzen "8. Es ist a u ch ein F aktum , dass R adio V atikan -am 27. 2. 1948 eine S en­ dung ü b er Schw. F a u stin a und ü b e r ih re B otschaft a u sstra h lte 9. ;

Die A u to rin d e r b e k a n n te n B iographie v o n Schw. F austina, M. W inow ska, die ih r Buch erstm alig im J a h re 1958 v erö ffen tlich te, stellte in d e r E inführung fest, dass die G estalt „der Schw. F au stin a als A po stel d er B arm herzigkeit G ottes" schon in fast allen L ändern Europas und A m erikas, a u ch in A u stra lie n , A sien u n d A frika b e­ kan n t sei und d ass das Bild m it d er A ufschrift: ,-,Je su s ich v e rtra u e auf Dich" schon in 60 S p rach en au flieg e10. In P o len allein w u rd en viele Z en tren des K ultes g eg rü n d et, die. fast das ganze Land u m fassten11.

4 V g l. M. S o p o ć k o , M i ł o s i e r d z i e B o ż e n a d z i e j ą l u d z k o ś c i , W r o cła w

1948, 40f.

5 D azu h ab en d ie frü h eren P u b lik a tio n e n vom M. S o p o ć k o b e ig etra g en :

I dea M i ł o s i e r d z i a B o ż e g o w lit u r g ii , P ozn ań 1937; D e M i s e r i c o r d i a D e i d e ą u e e iu s d e m t e s t o in s t i tu e n d o , W iln o 1940. 6 M i ł o s i e r d z i e B o ż e n a d z i e j ą lu d z k o ś c i , a.a.O., 41f. 7 F. A . C e g i e ł k a SA C , S io str a F a u s tyn a , s z a ia r k a M i ł o s i e r d z i a B ożego, N orth T o n a w a n d a 1954, 329. 8 M. S o p o ć k o , M i ł o s i e r d z i e B o że n a d z i e j ą - l u d z k o ś c i , a.a.O., 42f. » Ebd. 10 M. W i n o w s k a , a.a.O., 11. 11 V g l. E. W e r o n SA C , R o la l a ik a t u w ru ch u M i ł o s i e r d z i a B ożeg o , in: W M i ł o s i e r d z i u B o ż y m p o k ó j i z b a w i e n i e , O łta r ze w 1979, 78—98.

Es w a re n die V e re h re r d e r B arm herzig k eit G ottes d u rch die

N o tifika tio n u n a n g e n eh m ü b e rra sc h t, die v o n d e r K o n g reg atio n des

H eiligen Offizium s am 6 . 3. 1959 v e rö ffen tlich t w u rd e und in d er d e r K ult d e r B arm h erzig keit G ottes, in d e r v o n Schw. F au stin a v o rg esc h lag e n e n Form , v e rb o te n w urde. Die G esam th eit d er S eel­ so rg e r o rd n ete sich dem H eiligen S tuhl u n ter. A us d en k ath o lisc h e n K irch en w u rd e n die Bilder d es B arm herzigen C h ristu s en tfern t. A uch alle a n d e re n Z eich en d e r V e re h ru n g w u rd e n aufgegeben. Die G läu­ bigen w a re n m it d iese n M assn ahm en u n zu frieden , und so b eg an n en sie, v e rla s se n v o n ih re n G eistlichen, sp o n tan selb st n e u e Z en tren d es G ebets zu o rg a n isie re n oder se tz ten sich zu n e u e n G ruppen zusam m en.

Im Laufe d e r Z eit w u rd e e in e r k le in e n K irche, die ,,im Tal d er B arm herzigkeit G ottes" liegt, v o n d e n V e re h re rn b e so n d ere A uf­ m erk sa m k e it gesch en k t. Die K irche lieg t n ich t w eit e n tfe rn t vom K lo ster d e r M u tte r G ottes in T sch en sto ch au . H ier d u rfte m it E rlau b­ nis d e r K irche ein Bild d es B arm herzigen Je su s im H a u p ta lta r be­ ste h e n bleiben. D o rth in p ilg e rte n n u n die G läubigen. Sie b e te te n um die B arm herzig k eit G o ttes für die ganze W elt. Sie v e ra n la s s te n auch die S e e lso rg e r d iese r K irche, sich ih re r S ache anzunehm en. A uf d iese W eise e n tsta n d n e b e n dem S an k tu ariu m e in S tud ienzen trum , das lan g e J a h re h in d u rc h v o n P a te r S tan islaw W ierzb ica SAC g e­ fü h rt w u rd e u n d das s p ä te r m it dem In stitu t für A p o sto latsfo rsch u n g in O łtarz ew zu sam m en arb eitete. Seit 1966 b e g a n n dieses Z entrum T a g u n g en für die F ö rd e re r d iese s K ultes zu o rg a n is ie re n 12. Die Zahl d e r T eiln eh m er w u ch s v o n J a h r zu J a h r 13. Schon v o n Beginn an m e rk te m an, dass d iese s P roblem e in e r th eo lo g isc h e n V ertiefu ng b ed ürfte. Es zeigte sich näm lich, d ass die V e rb o te des H eiligen S tuhls n ich t den K ult se lb st b etrafen , so n d e rn se in e oberflächliche u nd v e rd re h te Form , die k e in e th eo lo g isch e T iefe b ein h altete. Das Z entrum v o n T sc h e n sto c h au b em ü h te sich nu n, Sym posien zu o rg an isie ren , die d e n v e rsc h ie d e n e n A sp e k ten d e r W a h rh e it von d e r B arm herzigk eit G o ttes g ew idm et w a re n un d die p ro m in en te T h eolog en aus Polen u n d aus a n d e re n L ändern zusam m enführten .

Das e rs te T reffen w u rd e 1966 in T sc h e n sto c h au ab g eh alten. Das T hem a lau te te : Grösse der Barm herzigkeit Gottes und unseres A n ­

ge w ie se n s e in auf sie 14. Die n ä c h ste n T ag u n g en w u rd e n im G ebäude

V g l. S. W i e r z b i c a S A C , P r o g r a m y s y m p o z j ó w i s t e n o g r a m y z d y s ­

k u s ją , C z ę s to c h o w a 1972. In d ie s e r B ea rb eitu n g b esp rich t S. W i e r z b i c a 14 T a g u n g en , d ie in d en J a h ren 1966— 1971 sta ttg e fu n d e n h a b en . V o n 1966 bis 1982 fa n d en in sg e sa m t 35 so lc h e r T a g u n g en statt.

»* M an h at d e sh a lb b e g o n n en , d ie Zahl der T e iln e h m e r e in zu sch r ä n k en . Es d u rften ab 1969 nur z w e i o d er d rei P erso n en au s je d e m Z entrum an d ie se n T a­ g u n g e n te iln e h m e n .

14 D as T reffen gab e in e G e le g e n h e it zur B ea rb eitu n g e in e s B u c h es m it dem T itel E w a n g e l ia M i ł o s i e r d z i a (D as E v a n g eliu m der B arm h erzigk eit), P ozn ań 1970.

PASTORALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG _{5 7}

des P rie sterse m in ars d e r G esellschaft des K ath o lisch en A p o sto lats in O łtarzew o rg an isie rt. Es w u rd e n folgende T h em en b eh an d elt:

Theologie des K ultes der Barm herzigkeit Gottes (N ovem ber 1968)15, A p osto lat als A n tw o r t des M en s c h e n auf den Ruf des Barmherzigen Gottes (O ktober 1972)16, Die V e r a n tw o r tu n g des M e n s c h e n für die W e it (O ktober 1975)17, Frieden und Erlösung in der Barmherzigkeit Gottes (O ktober 1978), Dem König der Barm herzigkeit zur Ehre. Das

letzte Sym posium fand in T sch en sto ch au s ta tt (A pril 1981), w o m an es m it einem litu rg isch e n K ongress zur E hre des B arm herzigen Jesu s zusam m engefügt h a tte 18.

D iese T a g u n g e n h a b e n im m er ein e k irc h lic h e E rlaub nis gehabt; m anchm al n ah m en a u ch die b eid en K ard inale: Stefan W yszy ński, Prim as v o n Polen, u n d K arol W o jty ła , V o rsitz e n d er d e r bischöfli­ ch en K om m ission für k irc h lic h e Lehre (dessen S telle w ä h re n d des letz te n Sym posium s K ard. F ran ciszek M ach arsk i übernahm ), w ie a u ch die a n d e re n p o ln isch en Bischöfe, d a ra n teil. Bei d iesen a rb e its ­ reich en , th eo lo g isc h e n B egegnungen, in d e re n V e rla u f m an fast alle A sp ek te d e r T h eo lo g ie u n d des K ultes d e r B arm herzigk eit G ottes b e sp ro c h e n h a tte , w a re n n ich t n u r fast alle D ogm atiker u nd M ario ­ lo gen P olens, s o n d e rn a u c h die B ibelw issenschaftler, M o ralth eo lo ­ gen und L itu rg iew issen sch aftler an w esen d . Es h a b e n im m er auch die Laien leb en d ig en A n te il genom m en. M an k a n n e h rlic h sagen, d ass bei d iese n T a g u n g e n u n d b eso n d ers beim F e iern d e r h eilig en E u ch aristie die ganze leb en d ig e K irche C h risti sic h tb a r zum A u s­ d ru ck kam .

W en n w ir n o ch dazu die B earb eitu n g en d e r b e rü h m ten A u to ­ ren , w ie Prof. M. S o poćko19, Dr. J. C h ró ściech o w sk i20 u n d d e r a n ­ d e re n T h eo lo g en 21 h in fü g en , so e n tste h t ein e ziem lich um fassende U n terlag e, m it d e re n H ilfe m an sich ü b e r das P rob lem des K ultes

15 V e r ö ffe n tlic h t als: b o J e g o M i ł o s i e r d z i e na w i e k i ” (Hrsg. L. B a l t e r

SA C ), P ozn ań 1972.

16 V erö ffen tl.: P o w o ł a n i e d o a p o s t o l s t w a (H rsg. L. B a l t e r SA C ) P ozn ań 1975.

17 Ist s c h o n zum D ruck v o r b e re ite t: O d p o w i e d z i a l n i za ś w i a t (H rsg. L. B a l ­ t e r SA C ), P ozn ań — P a llo ttin u m -V er la g .

18 D ie M a ter ia lien der z w e i le tz te n K o n g r esse (1978 u. 1981) w e rd en in e in em Buch h e r a u sg e g e b e n , d e s s e n R ed a k tio n P. A . B ł a w a t S A C an vertrau t w u rd e (P ozn ań — P allottin u m ).

19 Zu d en w ic h tig s te n V e r ö ffe n tlic h u n g e n v o n M. S o p o ć k o g e h ö r e n u.a.:

T h e M e r c y o i G o d in H is W o r k s , Bd. I— IV, S to ck b rid g e-H erefo rd 1962— 1972; G o d is M e r c y , S to c k b rid g e 1965.

20 G em ein sam m it M. S o p o ć k o sc h r ieb J. C h r ó ś c i e c h o w s k i : D o ­ m in e, m i s e r e r e n o b i s l D e C h r i s t o S a l v a t o r e M i s e r e n t i s s i m o a d o r a n d o e t sua Mi- s e r i c o r d i a g e n e r i h u m a n o im p lo r a n d a , L ond on 1967 (e n g lisch : Lord, h a v e M e r c y on us, H ereford 1969). C h r ó ś c i e c h o w s k i h at a u sse rd em se lb st fo lg e n d e

B ücher v erö ffe n tlic h t: G o d ' s in fin ite M e r c y , L ond on 1959, S to c k b rid g e 1960, H e ­ reford 1963; D i v i n e M e r c y in t h e d o c tr in e a n d p r a y e r s o l t h e Chu rc h, S to c k b rid g e I960; D i v in e M e r c y a n d c o n t e m p o r a r y man, H ereford 1970.

d e r B arm h erzigkeit G o ttes g ut o rie n tie re n u n d info rm ieren kann. N e b e n d ieser th eo lo g isc h e n E ntw icklung k o n n te m an noch eine a n d e re b e o b ach ten , n äm lich die F röm m igkeit, die im m er d e u tlic h e r zum V o rsch ein kam . Es e n tsta n d e n Z en tren des K ultes, nicht n u r in Polen, s o n d e rn a u ch in a n d e re n L ändern. Seit ein ig e n J a h re n b rin ­ gen die T a g e sze itu n g e n In fo rm atio n en ü b e r die A n d a c h ten zur B arm herzigkeit G ottes, die reg elm ässig in d e n K irch en W a rsc h a u s sta ttfin d e n . Ä h n lich e F orm en v o n A n d a c h te n u nd G eb eten treffen w ir in K raków , Łódź, P oznąń, G dańsk, W ro c ław u n d in v ielen k le i­ n en S täd ten P olens. Es w e rd e n a u ch oft B ittschriften u nd R esolu tio­ n en an d en H eilig en S tuhl gesch rieb en , die ein e offizielle A n e rk e n ­ nung und E infü h ru n g dieses K ultes v erla n g en .

A us d e r N o tifika tio n d e r G lau b e n sk o n g re g a tio n 1978 g eh t h e r ­ v or, d ass „v e rsc h ie d e n e Länder, b e so n d ers P o len a n fra g te n ", ob die V e rb o te au s dem J a h re 1959 w e ite rh in ak tu e ll w ären . Die G lau b en s­ k o n g re g a tio n g ab auf d iese F ra g en folgende A n tw o rt: „A ufgrund d e r völlig g e ä n d e rte n U m stände und au fg run d d e r E instellun g v iele r p o ln isc h e r Bischöfe zu diesem Problem , w ird e rk lä rt, dass die V e r­ bote, die die o b e n g e n an n te N o tifik atio n b e in h a lte t, n ich t m eh r v e r ­ pflich ten d sin d " 22.

Es sin d also zw ei F a k to re n , die dazu b e ig e tra g e n haben, die H a ltu n g des H eilig en S tuhles zu än d e rn , w ie auf G rund des z itie r­ ten D okum ents zu b e g rü n d e n ist: die In te rv e n tio n d e r p oln ischen B ischöfe und die „völlig g e ä n d e rte n U m stände". D iese beid en F a k ­ to re n h ä n g e n zw eifellos se h r en g m itein a n d e r zusam m en. Es g eht n äm lich d arum , d ass d e r K ult d e r B arm h erzig keit G ottes, tro tz der offiziellen E in sch rän k u n g , n ich t a u sg elö sch t w erd en , s o n d e rn sich im G eg en teil n och v e rtie fe n k o n n te, u n d au ch n eu e A sp e k te b ra c h ­ te. Die p o ln isch en Bischöfe h a tte n sich m it d e r E infüh run g d er V e r­ b o te n ich t beeilt, so n d e rn m it g rö sse r A u fm erk sam k eit die w e ite re E ntw icklung d er relig iö se n F orm en b e o b a ch te t u nd das, w as ih re r M einun g n ach zur e c h te n Fröm m igkeit g eh ö rte , m it a lle r K raft ihres H irte n a m te s u n te rstü tz t. Schon d a ra u s k a n n m an „diesen ü b e rn a ­ tü rlic h e n G lau b en ssin n des gan zen G o ttesv o lk es" e rk e n n e n , w o rü b er das II. V a tik a n isch e K onzil sp ric h t (LG, 12).

A n d iese r S telle m uss m an no ch h inzufügen, dass, als eine G ruppe v o n G läu b igen au s dem Z en tru m in T sch en sto ch au , u n te r d e r L eitung v o n P. E. Boniew icz SAC am 1. 3. 1979 w ä h re n d e in e r W a llfa h rt n ach Rom P ap st Jo h a n n e s P aul II. die B itte um die

Ein-21 V g l. J. W o r o n i e c k i , T a je m n i c a M i ł o s i e r d z i a B o ż e g o , P ozn ań 1945 (en g lisch : T h e M y s t e r y o f D i v i n e M e r c y . C h r istia n D o c t r i n e of D i v i n e M e r c y an d

our r e s p o n s e to it, S to c k b r id g e 1959, ita lie n isc h : U M i s t e r o d e ll a D iv in a M iseri- c o r d ia . C i ö c h e il c h r i s t i a n e s i m o i n s e g n a s u lla D iv in a M i s e r i c o r d i a e la n o s tr a r i s p o s ta a q u e s t o i n s e g n a m e n t o , Rom a 1961); G. F r a n k o w s k i , D e M i s e r i ­ c o r d i a D i v in a e i u s q u e e x c e l l e n t i a s e c u n d u m S. T h o m a m , R om ae 1962.

PASTOR ALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG _{5 9}

setzu n g des F estes d e r B arm h erzig k eit G ottes v o r leg te, vom* Papst folgende A n tw o rt bekam : „W ir w e rd e n seh en , ih r a b e r so llt euch d aru m k ü m m ern u n d d afü r b e te n ". A m 14. 3. 1979 e rh ie lt P. E. Bo- niew icz die m ü n dlich e E rlau b n is des P apstes, das F est d e r B arm ­ herzig k eit G ottes im S an k tu ariu m v o n T sch en sto ch au offiziell feiern zu dürfen, se lb stv e rstä n d lic h u n te r B eachtung a lle r offiziell b e s tä ­ tig ten T ex te. D iese E rlaubnis m it F reu d e aufgenom m en g ab d e n A n ­ lass, das Fest im J a h re 1979 am 2. S on n tag d e r O ste rz e it zu feiern. Der feierlich e G o ttesd ien st w u rd e im S an k tu ariu m d e r B arm herzig­ k eit G ottes u n te r d er F ü h ru n g des Bischofs v on T sch en sto ch au , Dr. S tefan B arela, gefeiert.

Das zw eite R u n d sch reib en des Hl. V aters D ives in misericordia b ra c h te eine n eu e G eleg en h eit m it sich, die B arm h erzig keit G ottes in e in e r feierlich en A n d a c h t w ä h re n d des schon g e n a n n te n K on­ gresses in T sc h e n sto c h au (1981) zu eh ren . D iesm al w u rd e das Fest auf dem K la re n b e rg (Jasn a Góra) gefeiert, w obei d e r Bischof S. B arela die K o n zeleb ratio n le ite te u n d die P red ig t hielt. W ä h re n d der hl. M esse w u rd e vom Bischof au ch das g ro sse Bild des B arm h er­ zigen C h ristu s g eseg n et, das n e b en dem A lta r a u sg ese tzt w o rd en war.

M an h a t also n u n die b e g rü n d e te H offnung, d ass die th e o lo ­ gisch-dog m atischen und litu rg isch e n S ch w ierig keiten , die no ch v o r­ h a n d e n sind, b ald ü b e rw u n d e n w erd en .

II. Theologisch-dogmatische Schwierigkeiten

Das H au p tpro b lem , das die T h eo lo gen in b ezug auf d e n K ult der B arm herzigkeit G o ttes aufzeigen, betrifft die b e so n d ere V e r­ e h ru n g n u r ein es A ttrib u ts G ottes. Dass d iese S ch w ierig k eit v o n v o rn h e re in e x istie rte , b e w e ise n die P u b lik a tio n e n v o n Prof. M. So­ poćko, d e r p lötzlich v o n d e r „N o tw en d ig k eit eines F estes zur V e r­ e h ru n g des b a r m h e r z i g e n E r l ö s e r s " zu sc h re ib en b e ­ g a n n 23. A u ch Prof. W . G ra n a t sp ra c h im R ahm en e in e r T a g u n g (in O łtarzew ) vom K ult des b a r m h e r z i g e n C h r i s t u s . Er ste llte fest, dass „es n ich t ra tsa m w ä re und die k a th o lisc h e K irche sich dies w ed er w ü n sch e, no ch p rak tizie re , n u r e in A ttrib u t G o ttes zu v e re h re n und dies n och d azu in Form ein es sp eziellen F estes oder e in e r bestim m ten re lig iö se n P ra x is " 24. D iese M einung v e rtr a te n aber nicht alle T heologen, die an d e n T ag u n g en teiln ahm en.

M an ch e b e to n te n h in g eg en , w ie z.B. Prof. A. Slom kow ski, das Fest d e r B arm h erzig k eit G o ttes k ö n n e „für die L eute b e sse r und a n sp re c h e n d e r sein als d e r K ult des b arm h erzig en C h ristu s. Es

M V g l. M. S o p o ć k o , O ś w i ę t o N a j m i ł o s i e r n i e j s z e g o Z b a w ic i e l a , P ozn ań 1947, 38f.

M W . G r a n a t , P o d s t a w y t e o l o g i c z n e k u ltu C h r y s tu s a M i ł o s i e r n e g o , in:

„...Bo J e g o M i ł o s i e r d z i e na w i e k i " , a.a.O ., 128; d e r s., K u lt B o g a M i ł o s i e r n e g o p r z e z C h r y s t u s a i w C h r y s tu s i e , in: E w a n g e l ia M iło s i e r d z i a , a.a.O., 386f.

b e in h a lte t au ch tie fe re th eo lo g isch e G edan k en, d en n es sp ric h t nich t n u r v on d e r B arm herzig k eit G ottes in G ott selbst, so n d e rn au ch von der m en sch lich en B arm h erzig k eit C h risti"25.

Zu e in e r e n tsc h e id e n d e n Polem ik m it Prof. W . G ran at tra t Dr. R. F o ry ck i SAC auf. Er e rk lä rte , dass „aus d e r Basis d e r Be­ vo rzu g u n g des T erm in u s K ult des b a rm h e rz ig en C h ristu s die offen­ sich tlich e oder v e rb o rg e n e A n n ah m e liegt, d ass sich u n se r K ult n ich t auf das a b s tra k tiv e A ttrib u t G ottes b e z ie h e n darf, so n d e rn dass u n se r K ult ganz k o n k re tisie rt sein m uss. Eine so lch e A n nah m e su p p o n ie rt, dass die P e rso n J e su C h risti e tw a s K o n k re te re s d a r­ s te llt als die P e rso n e n d e r H eilig sten D reifaltig keit, u n d w eiter, dass m an den b arm h erzig en C h ristu s v e re h re n k a n n , nich t ab e r die B arm herzige D reifaltigk eit. Die U n b e g rü n d e th e it e in e r solch en A n ­ nahm e ist in d e r T heolo g ie o ffen sich tlich "26. Sein e A u sfü h ru n g e n k o n k re tisie re n d fü g te R. F o ry ck i hinzu: „M ängel an d e r O ffensich t­ lichkeit d iese r S u p p o sitio n kom m en n u r vom T erm in u s B arm herzig­ k e it G ottes, d e n n e r w ird nie m it d e r b a rm h e rz ig en H eiligsten D rei­ faltig k eit identifiziert. U n te rd e sse n w issen w ir, d ass sich in G ott k eines se in e r A ttrib u te re a l v o n sein em W e se n u n tersc h eid e t. V e r­ sch ie d e n e A ttrib u te , v o n d e n e n w ir sp re c h e n , sind n u r v e rsc h ie d e ­ ne b egriffliche F a ssu n g en e in e r und d e rse lb en N a tu r G ottes. Einige d ieser Begriffe zeig en u n s die N a tu r G ottes a d ä q u a te r, a n d e re w e­ niger. D er T erm in us B arm h erzig k eit g e h ö rt zu d e n Begriffen, m it dem die H eilige Schrift am m eisten die N a tu r G ottes c h a ra k te risie rt. W ir sch liessen d a ra u s, d ass d e r Begriff B arm herzigk eit zu den ad ­ ä q u a te ste n g eh ö rt u nd am v o llstän d ig ste n die N a tu r G ottes aussagt. In d iesem Z usam m en h an g b e tra c h te n w ir die B arm herzigk eit als das g rö sste A ttrib u t G ottes, d e n n in ihm die N a tu r G ottes sich am d e u tlic h sten o ffenbart. C h ristu s h in g eg e n ist im K ult d e r B arm her­ zigkeit nich t n u r d er, d e r v e re h rt w ird, s o n d e rn v o r allem der, der sie selb st v e re h rt u n d p reist. C h ristu s ist h ier n ich t O b jek t, so n d e rn S u b jek t u n d L eh rer des K ultes G o ttes"27.

Es ist b e m e rk en sw e rt, d ass sich die B e tra c h tu n g e n v o n R. Fo­ ry ck i h a u p tsä c h lic h m it d en A u sfü h ru n g e n v o n M. Sopocko decken, d e r schon v o r J a h re n sch rieb: „N ur zur b e sse re n E rk en n tn is G ottes u n te rsc h e id e n w ir in ihm die e in zeln en V ollk om m en heiten , sie w e r­ den ab e r in G ru p p en zusam m en g esch lo ssen . Die e in e n b ezieh en sich auf die N a tu r G ottes, die a n d e re n sp re c h e n v o n seinem V e rh ä ltn is zur Schöpfung; die e rs te n n e n n e n w ir a b so lu te V ollkom m enheiten, die za h lreic h und se h r sc h w e r zu e rk e n n e n sind. Die a n d e re n h in ­

a A . S t o m k o w s k i , M i ł o s i e r d z i e B o ż e w P a s c h a l n y m M i s t e r i u m C h r y s ­ tusa, in: „...Bo J e g o M i ł o s i e r d z i e na w i e k i " , a.a.O., 177.

M R. F o r y c k i SA C , Kult C h r y s t u s a M i ł o s i e r n e g o c z y k u l t M iło s ie r d z ia

B o ż e g o , in: „...Bo J e g o M i ł o s i e r d z i e na w ie k i" , a.a.O., 136.

17 Ebd. V g l. d e r s., K u l t M i ł o s i e r d z i a B o ż e g o w ż y c i u r e l i g i j n y m K o śc io ła , in: e bd., 371.

PASTORAXTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG ₆₁

g eg e n n e n n e n w ir re la tiv e V ollkom m enheiten. Sie zeig en sich in d e n T a te n G ottes u n d sind leic h te r zu e rk e n n e n " 28.

M. Sopoćko m eint: „V on alle n sein en V o llko m m enh eiten hat G ott z u e rst se in e B arm herzigkeit, die die g rö sste V ollk o m m en heit G ottes zu sein sch ein t, d e n M en schen o ffen b art"29. M. Sopoćko sieht k e in e S ch w ierig keit, w e n n es um die b e so n d ere V e re h ru n g d er B arm herzigkeit G ottes g eh t. Sie tre ib t näm lich z u r A rb e it an sich selb st an, sie fü h rt zu G ro ssh erzig k eit im O pfer u nd gibt M ut im K am pf um das R eich G ottes; sie fü h rt die S ün der zu r U m kehr, „die U ngläubig en zur B ekehrung. Sie e rw ä rm t die k a lte n H erzen , die V erzw eifelten fü h rt sie zum V e rtra u e n " 30. T rotzdem v e rrie t M. So­ poćko sein e In k on seq u enz, als e r die F rag e stellte: „W en n w ir schon in einem b e so n d ere n K ult die V o rseh u n g und H e rrsc h a ft G ottes v e re h re n , w aru m so llen w ir dies n ich t in d e r F eier des b arm h erzig en C h ristu s tu n ? 1'31.

In d ieser th eo lo g isc h e n D isk u ssio n ist v ielle ic h t a u ch die Stim ­ m e d e r Laien nich t o h n e B edeutung. B em erk en sw ert ist die T atsache, d ass die G läu b ig en nie m it Prof. W . G ra n a t ü b e re in stim m te n (dies kam im m er w ie d e r zum A u sd ru c k bei G eb etstreffen , in D isk ussio ­ nen, in B riefen, usw.); sie w a rfe n M. Sopoćko a u ch vo r, se in e u r ­ sp rü n g lich e Idee u n d A u ffassu ng v e rra te n zu h ab en. A ls Beispiel d azu k ö n n te ein e B earb eitu n g v o n W . K w iecińska-S zkadłubow icz32 dienen, die in sg esam t e in e Polem ik m it den T h esen v o n W . G ra ­ n a t d a rste llt.

F ra u W . Szkadłubow icz g eh t v o n d e r V o ra u sse tz u n g aus, dass „die K irche zw ar p rü fe n solle, a b e r die Stim m e des c h ristlic h e n V ol­ kes m üsse d iese r P rü fu n g v o rau sg e h e n , um sie zu e rb e te n ''33. Sie a n a ly s ie rt die e in zeln en F o rm en des K ultes d e r B arm herzigk eit G ot­ tes, die Schw. F a u stin a v o rg e sc h la g e n h at (R osenkranz, L itanei, N o ­ v en e, v e rsc h ie d e n e G ebete) u n d v e rs u c h t sie alle zu b eg rü n d e n . Sie w id e rsp ric h t Prof. W . G ran at, d e r einm al a n g e b o te n h a tte , alle diese G ebete in G eb ete zum b a rm h e rz ig en C h ristu s u m zu g e stalte n 34. S chliesslich zeigt sie die p h ilo lo g isch en und th eo lo g isc h e n U n g e­ n a u ig k e ite n im D enken W . G ra n a ts auf. Zum Schluss ih re r B etrach ­ tu n g e n s te llt sie fest: „Die F o rm el B arm herzigkeit G ottes b ezeichn et zw ar ein A ttrib u t G ottes, a b e r in u n s e re n G eb eten v e re h re n w ir nu r a u g en sch ein lich dieses A ttrib u t, letz te n Endes p re ise n w ir G ott

“ M. S o p o ć k o , O ś w i ę t o N a j m i ł o s i e r n i e j s z e g o Z b a w ic i e l a , a.a.O., 6. *» Ebd., 7— 8. M Ebd., 42. S1 Ebd., 40— 41. W . K w i e c i ń s k a - S z k a d ł u b o w i c z , O M i ł o s i e r d z i u B o ż y m , N a j ­ m i ł o s i e r n i e j s z y m Z b a w i c i e l u i J e g o S e r c u N a j ś w i ę t s z y m . R o z w a ż a n i a i w n i o s k i, B u sk o 1972 (M a sch in en sch r ift). M Ebd., II. ** V a l. e bd., 11— 66.

selb st in seinem A ttrib u t, das h eisst ihn in s e in e r B arm herzigkeit denn:

1° Es gibt k e in e A ttrib u te G ottes a u sse r in G ott, u n d sie sind in ihm selbst, in se in e r v o llk o m m en en und u n b e g re iflic h e n Einheit.

2° D iese F orm el b e d e u te t n u r ein e stilistisc h e B ezeichnung, die G ott selb st m eint, d e r in se in e r B arm herzig keit g e p rie sen w ird ”33.

Im w e ite re n V erlau f ih re r B etra c h tu n g e n e rk lä rt W . Szkadlu- bow icz, dass C h ristu s selb st Schw. F au stin a „ S e k re tä rin und A p o ­ stel se in e r B arm herzigk eit" g e n a n n t h a t36. „Die A u fg abe e in e r Se­ k re tä rin ist es, n ach D iktat das zu sch reib en , w as d e r C hef dik tiert, o d er n ach d en W e isu n g e n des C hefs m it e ig e n e n W o rte n sein e Sa­ che zu refe rie re n . W en n ein e S e k re tä rin u n g e sch ic k t ist, d an n m uss sich d e r C hef so rg fältig d aru m k üm m ern, die g e sch rieb e n e n S achen zu ü b erp rü fen , g ru n d sä tz lich e F eh ler zu v e rb e sse rn , um M issv er­ stä n d n isse zu v e rm e id e n " 37. D iesen V e rg le ich auf den speziellen Fall ü b e rtrag e n d , e rk lä rt sie als lo gische K onsequenz, dass, „w enn Schw. F a u stin a g ru n d sä tz lich e th eo lo g isch e F eh ler b e g a n g en h ä tte ", sie also ein e u n g e sch ic k te S e k re tä rin un d „ihr C hef a u ch ein n a c h lä s­ sig er C hef g ew esen w ä re " 38. Ihr C hef w a r a b e r d e r C h ristu s selbst. W a r e r es o d er w a r e r es nicht? frag t sie u n d a n tw o rte t: „Eben dies e rfo rsc h e n die T h eo lo gen und sie ste lle n fest, dass Schw. F a u s­ tin a k e in e falsch e V isio n ä rin w ar, s o n d e rn ein e D ien erin G ottes, w as a u ch ih r Leben b e stä tig t. W e n n es so ist, d a n n m ü ssen w ir sie e rn st nehm en. Ih re E in gebungen sind ü b e rn a tü rlic h e r H erku n ft, d a r­ auf w eisen n ich t n u r ih re T ag eb ü ch er, die — w as d en In h alt b e­ trifft — ih re e ig e n e n M ö g lich k eiten ü b e rste ig e n , so n d e rn au ch die T atsach e, dass sie ein e stille, b e sch eid en e O rd e n sfra u w ar, das g anze Leben u n b e k a n n t, die ab e r d u rc h ih r E rbe un d d u rc h ih re P e rsö n lich k e it die g an ze k a th o lisc h e W elt in B ew egung g esetzt hat. W e n n also Je su s C h ristu s Schw. F a u stin a s C hef w ar, d a n n d ü rfte e r k e in n a c h lä ssig e r C hef g ew esen sein, d e n n e r k o n n te nicht zu­ lassen , d ass sein e B otin g ra v ie re n d e th eo lo g isc h e F eh ler v e rb re ite te , die n u r V e rw irru n g stiften u n d die G läu b ig en in die Irre fü h ren k ö n n ten . S icher h a t Schw. F a u stin a F eh ler b eg an g en , die d u rch ihre m an g eln d e A u sb ild u n g v e ru rs a c h t w u rd en , a b e r es g eh t h ier le­ diglich um o rth o g ra p h isc h e u n d stilistisc h e F eh ler. Im Ü b e rn a tü rli­ c h en d ü rfte sie k e in e F e h ler b e g a n g en haben, d e n n sie g e h ö rte ganz Jesu s. W en n es n u n k e in S treb en n ach d e r R ealisieru n g d e r A n ­ w eisu n g en J e s u C h risti, die Schw. F au stin a ü b e rm ittelt h at, zu e in e r V e rw irru n g und zum K onflikt gekom m en ist, d a n n m ü ssen die T h eo log en n och ein m al die R ich tig k eit ih re r In te rp re ta tio n ü

ber-« Ebd., 67. S6 Ebd., 73 « Ebd., 74. “ Ebd.

PASTORALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG ₆₃

denken , ih re H altu n g re v id ie re n u n d d a n a ch tra c h te n , ih re H altun g m it der e in e r Schw. F au stin a zu v e re in b a re n " 39. W e n n m an aber den ü b e rn a tü rlic h e n C h a ra k te r d e r Sendung d e r Schw. F au stin a annim m t, dan n so llen sich die „T heologen se h r an stre n g en , die Fehler in ih re r eig en en K ritik zu e n td e c k e n und ein e au sre ich e n d e B egründung zu fin den für d en allg em ein en Ruf, d e r u n te r dem Einfluss v o n Schw. F a u stin a v o n G ott und vom Hl. S tuhl die F e stsetzu n g des F e ste s d e r B arm herzigkeit G o ttes" und die B estä­ tigung des K ultes v e rla n g t40.

O b W . K w iecińska-S zkadłubow icz re c h t hat? Im G ru n d e g e ­ nom m en ja. Sie k e n n t n u r einige k lein e U m stän de n ich t, die die H altu n g ein zeln er T h eo lo g en beein flussten , und zw ar die T atsache, d ass die K irche w ohl d ie offizielle E rlaubnis zu r E rfo rsch un g dieses Problem s g eg eb en h at, h in g eg e n a b er v e rla n g t, d iese P rob lem atik m it d e n in n ere n E rleb n issen d e r Schw. F au stin a n ich t zu verb in d en . A b stra k tio n e n in d e r B etrach tu n g d ieser P ro b lem atik h a b en tro tz ­ dem zu e in e r u n v e rm e id lic h e n A b w eich u n g v o n d e r G ru n d id ee g e­ fü h rt — und h ie r h a t W . Szkadłubow icz rech t. D ie n e u e N o tifik a ­

tion d er G la u b e n sk o n g re g a tio n e rla u b t jetzt a u ch d iese Problem e

etw a s a n d e rs zu b e tra ch te n .

W en n m an d as T ag eb u ch Schw. F a u stin a s d u rc h b lä tte rt, fällt auf, dass sie n ie vom b arm h erzig en C h ristu s sp rich t, s o n d e rn w ir finden folgende A u sd rü c k e, w en n sie die R ed en J e s u C h risti a n ­ füh rt: „M eine B arm h erzig k eit", „B arm herzigkeit des H e rrn ", „Kö­ nig d er B arm herzig k eit", „B arm herzigkeit G ottes". W e n n sie sich selb st an C h ristu s od er an d ie H eiligste D reifaltig k eit w en det, d an n sa g t sie: „Deine B arm h erzig k eit". W e n n ab e r P ro blem e d u rch sie re fe rie rt w erd en, b en u tzt sie im m er den A u sd ru c k „B arm herzigkeit G ottes", o d er m anchm al in Beziehung zu C h ristu s sag t sie „Barm ­ herzig k eit des H e rrn ". A lle G ebete, die sie g e sch rieb e n hat, sind g ru n d sä tz lich an die „B arm herzigkeit G ottes" g erich tet.

B eispielsw eise die L itanei zur „B arm herzigkeit G o ttes", die als „grösstes A ttrib u t G o ttes" g e p rie sen w ird, als „U nbegreifliches G eheim nis", als „die Q u elle, die aus dem G eheim nis d e r H eiligsten D reifaltig k eit e n tsp rin g t", e n d e t m it folgendem S ch lussgeb et: „Ewi­ ger Gott, in dem die B arm herzigkeit u n e rfo rsc h lic h bleib t, und des E rbarm en s S chatz so u n ersch ö p flich ist, sieh e v o ll G nade auf uns und m eh re d ein e B arm herzig k eit in uns, d am it w ir in sch w eren A u g en b lick en des Lebens n ich t v erzw eifeln u nd d en M ut nich t v e r ­ lieren , ab e r m it g ro ssem V e rtra u e n d e in e n W ille n tu n kö n n en , der Liebe und B arm h erzigk eit ist. O u n b eg reiflich e u n d u nerfo rsch lich e B arm herzigkeit G ottes, w e r k a n n dich w ü rd ig p re ise n und loben, d u g rö sser, allm äch tig er G ott, du sü sse H offnung für je d e n Sünder!

89 Ebd., 74— 76. 10 Ebd., 76.

In einem H ym nus so llen sich Erde, S te rn e u n d M eere v e re in en , um d a n k b a r die u n e rg rü n d lic h e B arm h erzig keit G o ttes zu p re ise n " 41.

Das G ebet in Form e in e r L itanei zu r „H eiligen H ostie", „in der das T e sta m en t d e r B arm herzig k eit G ottes fü r u ns u n d b eso n d ers für die arm en S ü n d er ein g esch lo ssen is t” , „in d e r d e r Leib und das Blut J e s u C h risti, als Bew eis u n e n d lic h er B arm herzigk eit zu uns, ein g e sc h lo sse n sin d ” , „in d e r die B arm h erzigk eit des V a te rs u n d des S ohnes und des H eilig en G eistes zu uns ein g e sc h lo sse n ist", „in d e r d e r u n en d lic h e P reis d e r B arm herzigkeit ein g e sc h lo sse n ist" (usw.), e n d e t m it dem Ruf: „H eiligste D reifaltig k eit, ich v e rtr a u e auf D eine u n en d lic h e B arm h erzig k eit"42.

In ih re n p e rsö n lic h e n G eb eten w e n d e t sich Schw. F au stin a an C h ristu s m it fo lg en d en W o rte n : „Ich seh n e m ich v o n ganzem H e r­ zen, D eine u n e n d lic h e B arm h erzig k eit zu p reise n , im Leben, in d er S tu nd e des Todes, in d e r A u fe rste h u n g u n d in d e r Ew igkeit. M ein J e su s, m ein e K raft, m ein F rie d e u n d m ein e R uhe, in d en S trah len D einer B arm h erzig k eit w ird m eine Seele täg lic h ein g e tau c h t, und ich k e n n e k e in e n A u g en b lick in m einem Leben, in dem ich D eine B arm herzigk eit n ich t e rfa h re n h ä tte . A uf n ichts a n d e re s v e rtra u e ich in m einem Leben, n u r au f D eine B arm h erzig keit, sie ist d e r F a­ den, d e r sich d u rc h m ein g an zes Leben h in d u rch zieh t. M eine Seele ist voll v o n D ein er B arm h erzig k eit"43.

Z ur H eilig sten D reifaltig k eit, zu d e r sie oft b e te t, ru ft sie: „H ei­ ligste D reifaltig k eit u n b eg reiflich in d e r G rösse d e r B arm herzig­ k e it zu alle n G eschöpfen u n d b e so n d ers zu d e n a rm e n S ündern. Du zeigst im m er d e n A b g ru n d an B arm herzigkeit, d e r u n b eg reiflich ist und nie v o n d e r m en sc h lic h e n o d er v o n d e r e n g e lg leic h e n V ern u n ft e rfo rsc h t w u rd e " 44.

Die A n a ly se d e r A u ssa g e n Schw. F a u stin a s fü h rt zur F e stste l­ lung, die th eo lo g isc h b e g rü n d e t ist, d ass d as O b je k t d e r V e re h ru n g im K ult d e r B arm h erzigk eit G ottes die B arm herzigk eit selb st ist, w obei m an au ch d rei A sp e k te in d iese r E inheit aufzeigen kann. Zu­ n ä c h st u n d gleich zeitig als A u sg an g sp u n k t, g e h t es um die B arm ­ h e rz ig k eit G ottes, die als das g rö sste A ttrib u t G ottes an g e se h e n w ird. Z w eiten s g eh t es um die g leich e B arm herzigkeit, w ie sie „ v e r­ k ö rp e rt" ist im G eheim nis J e su C hristi: d ie m en sch g ew o rd en e B arm herzigkeit, u n d sch liesslich g e h t es um d ie B arm herzigkeit, die d u rc h C h ristu s „den K önig d e r B arm h erzigk eit" in sein em ird ischen Leben u n d in d e r H e rrlic h k e it v e rw irk lic h t w ird. Die F orm el „Barm ­ h erzig k eit G o ttes" ist in d e n b eid en e rs te n F ä lle n v oll b egrün det.

41 D z i e n n i c z e k S i o s t r y F a u s t y n y K o w a l s k i e j z e Z g r o m a d z e n i a S ió s tr M a t k i

B o ż e j M i ł o s i e r d z i a (b e a r b e ite t v o n d en P a llo ttin ern ), C z ę s to c h o w a 2 1976, 307— 308.

42 Ebd., 126— 128. « Ebd., 233. 44 Ebd., 129— 130.

PASTORALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG _{6 5}

D enn es g eh t im m er um d ie B arm herzig k eit G ottes selbst, die sich allm ählich d e r W e lt offen b art. A u c h w en n m an alle d rei o d e r n u r zw ei A sp e k te d iese r B arm herzigk eit v e rb in d e t, ä n d e rt sich g ru n d ­ sätzlich nichts. N u r d e r d ritte A sp e k t, w e n n m an ih n g e tre n n t b e­ tra c h te n w ill, k ö n n te in F ra g e g e ste llt w erd en . Schw. F au stin a selb st sagt, w e n n sie d ire k t zu C h ristu s b e te t, ,,D eine B arm herzig­ k e it", w en n sie ü b e r C h ristu s sp ric h t, v e rw e n d e t sie d e n A u sd ru c k

„B an n h erzig k eit des H e rrn ". W e n n ab e r in d e r K irche d ie T itel „G ott" u n d „H err" a u sw e c h se lb a r v e rw e n d e t w erd en , u nd w en n m an allgem ein — niem an d w u n d e rt sich d a rü b e r — vom „W ort G ottes", vom „Kult des H erzen s G o ttes" sp rich t, d a n n ste h t auch n ich ts im W ege, die F orm el „B arm herzigkeit G ottes" zu g e b ra u c h e n , w e n n m an d a ru n te r die B arm h erzig k eit v e rste h t, die d u rc h C h ri­ stu s a ls G ott-M ensch re a lis ie rt w ird 45. U n sere w e ite re B etrach tu n g , d ie die litu rg isch e P ro b le m a tik zum T hem a h a t, w ird dieses Problem tie fer erk lä re n .

III. P ro blem e im B ereich d e r Liturgie

Das G ru n d p ro b lem im B ereich d e r L iturgie betrifft n ich t den K ult d e r B arm herzigkeit G ottes, so n d e rn die F e stle g u n g ein es b e­ so n d e re n F estes, das am W e isse n S o n n tag g efeiert w e rd e n soll. Die M e h rh e it d er L itu rg iew issen sch aftler w a r — w ie dies die V e rö ffe n t­ lich u n g en v o n M. Sopocko zeig en 46 — u n d ist w e ite rh in g e g en d ie­ s e n V o rsch lag . D iese H a ltu n g w ird — w ie es sc h ein t — d u rc h die L ehre d e r k a th o lisc h e n K irche b eg rü n d et. Das II. V a tik a n isch e K on­ zil b e to n t au sd rü ck lich , d a ss die K irche „in je d e r W o ch e a n dem Tag, den sie H e rre n ta g n e n n t, das G ed ächtn is d e r A u fe rste h u n g des H e rrn b e g e h t" (SC, 102). „D eshalb ist d er H e rre n ta g d e r U rfeiertag, d e n m an d e r Fröm m igkeit d e r G läub ig en ein d rin g lich v o r A u g en ste lle n soll, auf d ass e r a u c h e in T ag d er F re u d e u n d d e r M üsse w erd e. A n d e re F e ie rn so llen ihm n ich t v o rg ezo g en w e rd e n , w enn sie n ich t w irk lich v o n h ö c h ste r B edeutung sind; d en n d e r H e rre n ta g ist F u n d am en t und K ern des gan zen L iturgischen J a h re s " (SC, 106). D iese W e isu n g e n des K onzils a k z ep tie rt d e r e rn e u e rte litu rg isch e K alender, in dem a u sd rü c k lic h festg estellt w ird: „W eg en d iese r b e ­ so n d e re n B edeutung k a n n n u r e in H ochfest o d er e in H e rre n fe st an die S telle d e r F eier des S on ntag s tre te n . Je d o c h h a b e n die S o nntage d es A d v en ts, d e r ö ste rlic h e n B usszeit u n d d e r O ste rz e it d e n V o r­ ra n g v o r alle n H o ch festen des H e rrn und v o r alle n a n d e re n H och ­

45 V g l. J o h a n n e s P a u l II., D i v e s in m is e r ic o r d i a , Nr. 2 ff.

46 V g l. M. S o p o ć k o , O ś w i ę t o N a j m i ł o s i e r n i e j s z e g o Z b a w ic i e l a , a.a.O., 38; d e r s., M i ł o s i e r d z i e B o g a w d z i e ł a c h J e g o , Bd. IV , P aris 1967, 77f,

festen. H ochfeste, die au f e in e n d iese r S o n n tag e fallen , w e rd e n auf d e n S am stag v o rv e rle g t" 47.

A uf zw ei A u ffassu n g en m uss h ie r au fm erk sam gem ach t w e r­ den. V o r allem in d e n D o k u m enten des II. V a tik a n isc h e n K onzils w u rd e b e to n t, dass es b e so n d e rs w ich tig e F e ie rta g e gibt, an d e n e n d e r S on n tag n ich t g e fe iert w e rd e n so llte (denen d e r S o nntag Platz m ach en soll)48. A n d e re rse its ab e r w ird im e rn e u e rte n K alen d er b e ­ to n t, d a ss d ie S o n n tag e d es A d v e n ts, d e r ö ste rlic h e n B usszeit u nd d e r O ste rz e it ein e n V o rra n g v o r alle n H o ch festen des H e rrn und a n d e re n H o ch festen h ab en . A u s dem litu rg isch e n K a le n d er g eh t k la r h e rv o r, d ass a n d en S o n n ta g en im Ja h re s k re is die H o chfeste des H e rrn g efeiert w e rd e n k ö n n en , a b er n ich t an d e n S o n n tag en h ö h e ­ ren R anges. Es ste h t a b e r n ich ts im W ege, die H o chfeste des H errn , die e in G eheim nis J e s u C h risti zum A u sd ru c k b rin g e n , an ein em S o nn tag zu b egehen. F ü r die O ffensich tlich k eit eines solch en Be­ sch lu sses sp ric h t au ch d e r litu rg isch e K alend er, w o rin festg estellt w ird, d ass dort, w o das H och fest C h risti H im m elfahrt nich t v e r ­ pflichten d ist, d e r T erm in für dieses F est auf „den sie b e n ten S onntag d er O ste rz e it" festg eleg t w e rd e n soll49.

N ach e in e r A n a ly se d e r litu rg isch e n V o rsc h rifte n k ö n n e n w ir also feststellen , d ass es m öglich w ä re , ein en d e r S o nntage d e r O ste rz e it als H ochfest d e r B arm herzig k eit des H e rrn zu feiern. N och m eh r s p ric h t d afür, dass, w en n d e r S o n ntag v o r dem H ochfest d e r A u fe rste h u n g C h risti offiziell d e r S on n tag des Leidens C hristi (Palm sonntag)50 g e n a n n t w u rd e, d a n n w ü rd e a u ch p a ra lle l dazu p a s­ sen, d e n e rs te n S o n n tag n a c h d e r A u fe rste h u n g d e n S onn tag d e r B arm h erzigk eit des H e rrn zu n en n en . Das Leiden und d e r Tod C h ri­ sti, die am d e u tlic h sten v o n d e r B arm h erzig k eit G ottes sp rech en , re c h tfe rtig e n un d e rk lä re n a u sre ic h e n d diese W ahl.

17 N o r m a e u n i v e r s a l e s d e a n n o l it u r g ic o e t d e c a le n d a r io , Nr. 5, in: C a len -

d a r i u m R o m a n u m e x d e c r e t o S a c r o s a n c ti O e c u m e n i c i C o n c i li i V a t c i a n i II in stau - ratum , a u c t o r i t a t e Pauli Pp. V I p r o m u l g a t u m , T y p . P ol. V a t. 1969, 12; V g l. auch: M e s s b u c h , T e il I, S. 74.

48 B em erk en sw ert is t h ier d ie T a tsa c h e , d a ss d rei J a h re n a ch der H era u s­ g a b e d es e r n eu er ten litu r g isc h e n K a len d ers P ap st P au l V I. a u f d ie B itte v ie le r B isc h ö fe h in g e s ta tte te , d a s s d as H o c h fe s t der U n b e fle c k te n E m pfän gn is der M u tter G o ttes im J a h re 1974 n ic h t am S a m sta g g e fe ie r t w e r d e, so n d ern am z w e ite n A d v e n tso n n ta g , w a s d en N o rm en d e s K a len d ers n ich t en tsp ra ch , aber n a ch dem G eist un d d en R ic h tlin ie n d es II. V a tik a n is c h e n K o n zils m ö g lic h war. V g l. dazu: S. C o n g r e g a tio pro C u ltu D iv in o , D e S o l l e m n i t a t e I m m a c u la t a e Co n-

c e p t i o n i s S. M a r ia e V. a n n o 1974 c e l e b r a n d a , N o titia e 9 (1973) 71. Im S in n e der

D ir e k tiv e n d es K o n zils g e h e n z w e ife llo s d ie F e ie r lic h k e ite n für d en h e ilig e n A d a lb ertu s in G n iezn o u n d für d e n h e ilig e n S ta n isla u s in K rak ów , d ie r e g e l­ m ä ss ig an e in em der S o n n ta g e in d er O ste rz e it sta ttfin d en .

49 N o r m a e u n i v e r s a l e s d e a n n o l it u r g ic o e t d e c a le n d a r io , N r. 7.

50 „D om inica in P a lm is d e P a ssio n e D om ini" (M i s s a l e R o m a n u m e x D e c r e to

S a c r o s a n c ti O e c u m e n i c i C o n c i li i V a t ic a n i II in sfau rafu m , a u c fo r ita le P auli Pp. V I p r o m u l g a t u m , T yp. P ol. V a t.2 1975, S. 224).

PASTORALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG

6 7

Es ste llt sich ab e r tro tz d em die F rage, die im e rs te n T eil b e ­ h a n d e lt w urde, w as für ein H ochfest h ie r g efeiert w e rd e n soll: H och­ fest d e r B arm h erzigk eit G ottes od er H ochfest d e r B arm h erzig keit des H errn ? Die oben a n g e fü h rte n G rü n d e sp re c h e n d ag eg en , die d ritte M öglichkeit zu w äh len, n äm lich H och fest des B arm herzigen E rlösers od er H ochfest des B arm h erzig en C hristus.

D er N am e H ochfest d e r „B arm herzigkeit G ottes" w eist auf die ew ige, dem M en sch en allm äh lich g eo ffen b arte B arm h erzig keit G ot­ te s hin. Dies kom m t au ch im g e sam ten litu rg isch e n K a le n d e r zum A u sd ru ck . D enn A u fg ab e d e r K irch e ist es, „das H e ilsw erk ihres g ö ttlic h e n B räutigam s an b estim m ten T agen des J a h re s in heiligem G e d en k en zu feiern ". „Im K reislau f des J a h re s e n tfa lte t sie d as g anze M y steriu m C h risti v o n d e r M en sch w erd u n g un d G eb u rt bis zur H im m elfahrt, zum P fin g sttag und zu r E rw a rtu n g d e r selig en H offnung u n d d e r A n k u n ft des H e rrn " (SC, 102).

W e n n m an die litu rg isch e n T e x te des K irc h e n ja h re s d u rc h ­ b lä tte rt, k a n n m an feststellen , dass sie se h r re ic h an G ed ank en üb er die B arm herzigkeit G o ttes sin d 51. Eine no ch tie fe re A n a ly se d iese r T e x te fü h rt zum Schluss, d ass es in g ew issem S inne ein e A n alo g ie zw ischen zw ei H a u p tte ile n des litu rg isc h e n J a h re s gibt, in d e n e n die zw ei G ru n d g eh eim n isse des C h riste n tu m s b e tra c h te t w e rd e n : M en sch w erd u n g u n d E rlösung. D er A d v e n t u nd die ö s te r­ lich e B usszeit w e rd e n h ie r als Z eiten d e r E rw a rtu n g u nd d e r V o r­ b e re itu n g auf die V erw irk lich u n g d e r B arm herzigkeit G ottes b e ­ tra c h te t. Die K irche b itte t in d ieser Zeit G ott, d e n M en schen sein e B arm herzigkeit zu offenbaren. Die F eiertag e, die m it dem W eih- n ach ts- u n d O ste rfe st v e rb u n d e n sind, w e rd e n in d e r L iturgie als im m erw äh ren d e D an k sag u n g für g eo ffen b arte B arm h erzig keit e r ­ lebt. Das Fest d e r H eilig sten D reifaltig k eit, d as in gew issem Sinne d iese b eid e n Z yk len des litu rg isc h e n J a h re s ab sch liesst, ist in d ie ­ sem K o n tex t die E rfüllung a lle r E rw a rtu n g e n u nd S eh nsü chte. Die K irche p reist an d iesem T ag die u n en d lich e B arm h erzig keit G ottes, indem sie ruft: „G epriesen sei d e r d reie in ig e G ott, d e r V a te r und sein e in g e b o ren e r Sohn u n d d e r H eilige G eist; d e n n e r h a t u n s sein E rbarm en g e sc h e n k t" 52.

W e n n m an a b er die litu rg isc h e n T ex te des K irc h e n ja h re s so a n a ly sie rt, stellt sich au ch se lb stv e rstä n d lic h die F rag e: W ä re es ang ezeig t und notw en d ig , ein b eso n d ere s H ochfest d e r B arm herzig­ k e it G ottes festzulegen, w en n o h n eh in d e r S onn tag d e r H eiligsten D reifaltigk eit d iese G ed an k en b ein h altet? W ä re es v ielle ic h t nicht besser, an diesem S o n n tag n u r d e n A sp ek t d e r B arm herzigk eit zu b eto n en u nd ihn in Z ukunft a u ch als H ochfest d er B arm herzigkeit

51 V g l. M. S o p o c k o , T h e M ercy o f G o d in H is W e r k s , Bd. IV , a.a.O. 62 D as H o ch fest d er H e ilig s te n D r eifa ltig k e it, E rö ffn u n g sv ers, in: D e r g r o s s e

S o n n ta g s - S c h o tt, F reiburg 1976, 339.

zu feiern? F ür ein e so lch e L ösung sp re c h e n sich n ich t n u r T h eo lo ­ g e n 53, so n d e rn a u c h die V o rsc h rifte n d e r e rn e u e rte n L iturgie aus u nd a u ch Schw. F a u stin a , die n u r die W o rte J e s u C h risti in Ü b e r­ einstim m u n g m it ih re r E poche re fe rie rt h at; sie k o n n te do ch nicht w issen, dass d e r e rs te S o n n tag n a c h d e r A u fe rste h u n g d e r S onntag d e r H eilig sten D reifaltig k eit sein w ü rd e u nd n ich t d e r W eisse S o n n­ tag. D er e rn e u e rte litu rg isch e K a le n d er ste llt n äm lich fest, d ass die Z eit „die fünfzig T ag e vom S o n ntag d e r A u fe rste h u n g bis zum P fin g stso n n tag als ein ein ziger F e stta g g efeiert w e rd e n , als der g rö sste T ag des H e rrn " 54.

Es ist ein e m erk w ü rd ig e Sache, dass die v o x populi in d iese r H insich t ein e ganz a n d e re M ein u n g v e rtritt: das Fest d e r B arm h er­ zigkeit G ottes soll am W e isse n S on n tag g efeiert w erd en . M. Sopoc- k o w u rd e a u c h einm al d iesb ezü glich b efragt. N a c h langem N a c h ­ d e n k e n e rk lä rte er, dass die V e re h re r d e r B arm herzigk eit re c h t h a ­ ben. G eht e s in diesem Fall v ie lle ic h t n ich t n u r um B arm herzigkeit als das g rö sste A ttrib u t G o ttes u n d um B arm herzigkeit, die in d e r M en sch w erd u n g J e s u C h risti g eo ffen b art w u rd e, s o n d e rn au ch um B arm herzigkeit, die d u rc h Je su s C h ristu s, dem K önig d e r B arm her­ zigkeit, v e rw irk lic h t w ird? Die W o rte Je su , die Schw. F a u stin a in ihrem T ag eb u ch g e sch rieb e n h at, sch liessen d iese M öglichkeit nich t aus, im G egenteil, sie w ird so g a r n och b estätig t.

C h ristu s v e rla n g t v o n Schw. F au stin a, ein Bild d e r B arm herzig­ k e it m alen zu lassen . D ieses Bild soll n ich t die H eilig ste D reifaltig­ k e it d a rste llen , s o n d e rn Ih n selb st, b e k le id et m it einem w eissen K leid, die re c h te H an d e rh o b e n zum Segen, die lin k e H an d soll das K leid an d e r B rust b e rü h re n , aus d e r zw ei S tra h le n kom m en, ein w e isse r u nd ein r o te r 55. U n te r dieses Bild soll g e sch rieb e n w erd en: „Jesu s, ich v e rtra u e auf Dich!" D ieses Bild soll „am e rs te n S onntag n a c h d er A u fe rste h u n g C h risti ein g ew eih t w erd en . D ieser S onntag so ll d e r S on ntag d e r B arm herzig keit G ottes h e isse n " 56.

Im Z usam m en h an g m it diesem Bild und dem F est sc h re ib t Schw. F a u stin a folg en d e W o rte C h risti in ih rem T ag eb uch : „Es b ren n e n m ich d iese S tra h le n d e r B arm herzigkeit. Ich w ill sie auf die S eelen d e r M en sch en a u sg ie sse n " 57. „Schreib dies: b e v o r ich als g e re c h te r R ichter kom m e, kom m e ich e rs t als K önig d e r B arm herzigkeit". Schw. F a u stin a fügt v o n sich aus n o ch hinzu: „O! Blut und W asser,

53 V g l. R. F o r y c k i SA C , O w ł a ś c i w e r o z u m i e n i e k u l t u M i ł o s i e r d z i a B o­

ż e g o , H om o D ei 38 (1969) 62; d e r s., K u lt M i ł o s i e r d z i a B o ż e g o w ś w i e t l e e n c y ­ k l i k i „ H a u i ie t is aąu as ", in: „...Bo J e g o M i ł o s i e r d z i e na w i e k i " , a.a.O., 99f.

54 N o r m a e u n i v e r s a l e s d e a n n o liturgic o..., a.a.O., Nr. 22; D e u t s c h e s M e s s ­

buch, T e il I, S. 76.

55 D z i e n n i c z e k S i o s t r y F a u s t y n y K o w a l s k i e j , a.a.O., 20. “ Ebd., 20—21.

PASTORALTHEOLOGISCHE BEGRÜNDUNG _{6 9}

die aus dem H erzen J e s u au sströ m en, w ie ein e Q u e lle d e r B arm her­ zigkeit für m ich, ich v e rtra u e auf D ich!"58.

Und e in a n d e re r B ericht, d e n Schw. F a u stin a in ih rem T ag ebuch n o tie rt: „E rstaunlich, es ist g esch ehen , w ie sich dies d e r H e rr g e­ w ü n sch t h at, dass die e rs te V e re h ru n g dieses Bildes d u rc h das V olk am e rs te n S onntag n ach d e r A u fe rste h u n g s ta ttfin d e n soll. Dieses Bild w u rd e d u rch d rei T ag e zu r V e re h ru n g a u sg e ste llt u n d w u rd e d rei T ag e h in d u rc h v e re h rt. Es w u rd e in O stra B ram a au sg estellt, im h ö c h ste n F e n ste r, v o n w eitem zu sehen. In O s tra Bram a w u rd e dam als feie rlic h das Ju b ilä u m 1900 J a h re E rlösun g d e r W elt b e ­ gangen. J e tz t seh e ich, w ie d as W e rk d e r E rlö su ng m it dem W e rk d e r B arm herzigkeit v e rb u n d e n ist, w ie es d e r H e rr w ü n sc h t"59.

Ein J a h r s p ä te r b e ric h te t Schw. F au stin a: „Sonntag, 28. 4. 1935, d e r W e isse S onntag, also das Fest d e r B arm herzigk eit des H errn , das Ju b ilä u m d e r E rlösung w u rd e b een d et. A ls w ir zu d iese r F eier kam en , sch lu g m ir das H erz v o r F re u d e d a rü b e r, d ass d iese F este v e rb u n d e n w o rd e n sind. Ich fleh te G ott um B arm h erzig keit für die arm en sü n d ig e n S eelen an". A m Ende d iese r F eier sa h Schw. F a u s­ tin a ein Licht u nd h ö rte folgende W o rte C hristi: „Dieses F est ist aus dem In n e re n m ein e r B arm herzig k eit gekom m en und w ird in d e r T iefe m eines E rb arm en s b estätig t. J e d e S eele, die an die B arm ­ h erzig k eit g lau b t u n d auf sie v e rtra u t, e rfä h rt d iese B arm herzig­ k e it" 60.

A uf W u n sch ih res B eich tv aters (M. Sopocko) h a t Schw. F au s­ tin a C h ristu s einm al g efrag t, w as d iese zw ei S tra h le n auf dem Bild b edeuten . Die A n tw o rt b e sag te , dass sie Blut un d W a sse r d arstellen . „Der w eisse S trah l b ezeich n et das W a sse r, das die Seele re c h tfe r­ tigt, d e r ro te S tra h l b ezeich n et das Blut, das d e r Seele Leben gibt. D iese zw ei S tra h le n kom m en aus dem In n ere n m ein e r B arm herzig­ keit, als m ein H erz am K reuz von d e r Lanze d u rc h b o h rt w u rd e. D iese S tra h le n sch ü tzen die S eelen v o r dem Z orn m eines V a te rs. G lücklich der, d e r im S c h a tte n d iese r S trah len leb en w ird, w eil ihn d an n die g e re c h te H and G o ttes n ich t b e rü h rt. Ich w ü n sc h e m ir, dass d e r e rs te S onntag n a c h d e r A u fe rste h u n g als F est d e r B arm herzig­ k e it b eg a n g en w ird. Du so llst m ein en tre u e n D iener b itten , dass e r d er ganzen W e lt v o n m ein er g ro ssen B arm h erzigk eit b eric h te t. W e r a n diesem T ag zu d e n Q u e lle n des Lebens tritt, dem w e rd e n alle Sünden u n d S trafen erla sse n . Die M en sch h eit findet k e in e Ruhe, bis sie sich im V e rtra u e n zu m ein er B arm h erzig keit h in w e n d e t"61. Der gleiche G ed an k e kom m t zw ei J a h re s p ä te r w ie d e r in ihrem T ag eb u ch zum A u sd ru ck : „M eine S chw ester, du sollst v o n m ein er

» Ebd., 34. 59 Ebd., 36. 60 Ebd., 146— 147. « Ebd., 110— 111.

u n b e g re iflic h e n B arm h erzig k eit zu r gan zen W e lt sp rech en . Ich will, d ass das F est d e r B arm herzigk eit Zuflucht u nd Schutz für alle w ird, b e so n d ers für die a rm e n Sünder. A n diesem T ag w e rd e n die Q u e l­ len m ein er B arm h erzig k eit offen sein. J e d e r, d e r zur B eichte g eht u nd die h eilig e K om m union em pfängt, bekom m t ein en vollkom m e­ n e n A blass v on Schuld und S ü n d en "62. „K eine Seele findet Erlösung, w en n sie sich n ich t m it V e rtra u e n an die B arm herzigkeit w en det, und desh alb soll d e r e rs te S onntag n ach d e r A u fe rste h u n g ein Fest d e r B arm h erzig keit sein, u n d die P rie ste r so llen allen v o n m einer g ro ssen B arm herzigk eit sp rech en . Ich m ach e d ich zur Botin m ein er B arm herzigkeit, un d du so llst deinem B eic h tv a te r sagen, d ass das Bild in d e r K irch e a u sg este llt w e rd e n soll u n d nich t in d e r K lausur. D urch dieses Bild w e rd e ich v iele G n aden au sg iessen , und d e sw e ­ g en so llen v ie le M en sch en zu d iesem Bild Z ugang h a b e n " 63.

D iese un d äh n lich e A u ssa g e n Schw. F au stin as b ezeu gen d e u t­ lich, dass das F est d e r B arm herzigkeit, m anch m al „das F est d er B arm herzig keit des H e rrn " g e n a n n t, ein en e n g en Z u sam m enhang m it dem Bild h a t, d as d e n auf e rs ta n d e n e n C h ristu s d a rste llt. Dieses Bild nim m t d ire k t Bezug auf d e n b a rm h e rz ig en C h ristu s u nd e rst in d ire k t auf die B arm h erzig k eit G ottes. W e n n h ier also ein es d er A ttrib u te G ottes gezeigt w ird , d a n n g e h t es nich t um ein a b s tra k ­ te s Bild, s o n d e rn um sein e K o n k re tisie ru n g in Je su s C hristus. „Es fre u t sich m ein H erz ü b e r d iesen A u sd ru c k B arm herzigkeit", sc h re ib t Schw. F austin a. „Sag, dass B arm h erzig k eit ein es d e r g rö sste n m ei­ n e r A ttrib u te ist. A lle W e rk e m ein er H än d e sind m it B arm herzigkeit g e k rö n t" 64.

W e n n m an die Sache im G eist d e r L iturgie g e n au b e tra c h te t, soll m an also m eh r vom H ochfest d e r B arm herzigk eit des H e rrn s p re c h e n 65. D enn n u r ein solches H ochfest k a n n in d e r O ste rz e it — am W e isse n S o n n tag — g efeiert w erden . W e n n m an noch dazu die allgem ein an g en o m m en e v o lk stü m lich e T erm ino logie in d e r K irche a n e rk e n n t, n a c h d e r das H och fest d er G eb u rt des H e rrn einfach die G eb u rt G ottes g e n a n n t w ird, u nd das H och fest des Leibes u n d Blu­ tes C hristi F ro n leich n am sfest, d a n n s te h t n ich ts im W eg, dieses H ochfest in d e r A llta g ssp ra c h e das F est „der B arm herzigkeit G ottes" zu n en n en , aber u n te r d e r V o rau ssetzu n g , dass d e r In h alt, b e w a h rt w ird, w o v o n sch on die R ede w ar.

Die F ö rd e re r des F estes d e r B arm h erzigk eit m it M. Sopoćko an d e r Spitze h a b e n in d e n letz te n J a h re n ih re F o rd e ru n g e n auf ein M inim um b e sc h rä n k t. Sie w a re n dam it zufried en, dass in d en

Tex-« Ebd., 2 3 3 —234. «» Ebd., 193. 64 Ebd., 111.

65 D er o ffiz ie lle N a m e d ie s e s H o c h fe s te s k ö n n te la u ten : D O M IN IC A II PA SC H A E SEU M ISERICORDIAE D O M IN I, oder: D O M IN IC A II PA SC H A E DE M ISERICORDIA D O M IN I.