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Die Idee der souveränen Bürgergesellschaft in Polen 1970-1990

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Die Idee der

souveränen

Bürgergesellschaft

in Polen 1970-1990

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Steffen Huber

Die Idee der souveränen Bürgergesellschaft in Polen 1970-1990

Kraków 2003

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Copyright by Steffen Huber Redaktion: Rita Ćuda Umschlagprojekt: Igor Stanislawski

Korrektur: Agnieszka Michalik Seitenumbruch: Barbara Lejczak

Die Publikation wurde freundlicherweise gefördert aus Mitteln des Marschallsamtes der Wojewodschaft Małopolska.

Der Autor dankt der Robert Bosch Stiftung für die Unterstützung Seiner Arbeit in Polen.

ISBN 83-7188-373-0

KSIĘGARNIA AKADEMICKA ul. św. Anny 6, 31-008 Kraków

tel. /faks: (012) 431-27-43, tel. 422-10-33 w. 1167 e-mail: akademicka@akademicka. pl

www. akademicka. pl

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INHALTSVERZEICHNIS

I Zur Methode... 7

1 Die induktive Methode... 10

2 GeschichtederIdeen ... 15

Erkenntnistheorie ... 16

Werte... 17

II Die polnische Intelligenz und ihrepatriotischen Traditionen 21 3 Die adelsdemokratische Tradition... 24

Außere Souveränitätals Wert... 34

Innere Souveränität... 38

4 Die romantische Tradition... 44

5 Die Nationaldemokratie unddie Schwäche des politischen Realismus... 58

III „Totalitarismus!”... Totalitarismus? ... 73

6 Einige Argumentedagegen, die PRL totalitaristisch zu nennen... 77

7 Dilemma der Sinnlosigkeit —Sinnstiftung durch Widerstand... 91

Czesław Milosz ‘ Analyse des Intellektuellen... 97

Aufbruch in den offenen Protest... 105

8 Das Problem des Kollektivismus... 108

9 Antitotalitärer Kollektivismus... 119

Der Weg aus der posttotalitären Situation... 124

Zum Machtbegriff Hannah Arendts - Ausblick.... 127

Literatur... 133

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I. KAPITEL

ZUR METHODE

Wie sich

der Realität

des realen

Sozialismus zu

nähern

sei?

Das Bild des Menschen vor dem Hintergrund geschichtlicher Umbrüche istvoller Widersprüche, was im Jahrhundert der Ideologien um so mehr schmerzt, als auch viele und durchaus führende Intellek­ tuelle den Verheißungen kohärenterWeltbilder nicht widerstanden ha­

ben. Eine Besonderheit Polens liegt darin, daß hier der gesellschaftli­ che Dialog und auch die wissenschaftlichen Diskurse nur zu geringen Teilen von der offiziellen Ideologie beherrscht waren. Die Widersprüche des Menschen in der Diktatur haben sich hier früher bemerkbar gemacht und sind leidenschaftlicherdiskutiert worden. Die Grenzen zwischen dem Akademischen und dem Künstlerischen, zwi­ schen den Intellektuellen und den physisch Arbeitenden wurden zwar wahrgenommen, mit viel größerem Genuß jedoch unaufhörlich überschritten.DasBewußtsein der einfachen Menschen war eine wich­ tige Quelle intellektuellen Ärgernisses und intellektueller Inspira­ tion. Es bestand für kaum jemanden in Polen ein Zweifel, daß die Erkenntnis des eigenen geschichtlichen Weges nicht mehr länger in

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einer wissenschaftlichen Weltanschauung zu suchen ist, nicht einmal mehr nur intellektuell gefaßt werden darf. Die Ratio wurde jedoch nicht verworfen, sie hatte sich nur neue, von deroffiziellen Ideologie negierte bzw. entstellte Gegenstände zu erschließen. Das Geschichts­ bild, das wir inden Texten der Zeit finden, ist von rationaler Reflexion in ebensolchem Maß geprägt, wie sich auch Leidenschaften, Mythen, ethische, religiöse und nationale Werte, kritische Polemiken und vor allem immer wieder das Staunen über die Geschichtebemerkbar ma­ chen. Die Art historischer Erkenntnis und Selbstreflexion jener Jahre hat sich bewährt - nicht in dem Sinne, daß sie in ihrer viel zu widersprüchlichen Gesamtheit zur Nachahmung zu empfehlen wäre, sondern als spezifische Reaktion auf eine bestimmte veränderungs­

würdige historische Situation. In einem solchen Sinne halte ich den Versuch für lohnenswert,dieses historische Bewußtsein philosophisch zu beschreiben.

Es geht in dieser Arbeit um Werte- und Wissensstrukturen, die den Umbrüchen in Polen auf den Weg geholfen haben, sie begleiteten oder als ihre Folgen entstanden sind. Die Methoden hierzu müssen einerseits dem akademischen Diskurs und seinem Bedürfnis nach klar definierten Begriffen entsprechen, andererseits aber für die verschie­

densten Formen des Wissens offen sein. Ich möchte hier wenigerver­

suchen, philosophische Texte vor ihrem historischen Hintergrund zu interpretieren, als einige wesentliche geistige Faktoren dieses konkre­

ten geschichtlichen Prozesses zu erfassen, mit anderen Worten, die vorliegende Arbeit ist nicht so sehr ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie als zur Geschichte der Ideen. Eine solche Untersuchung darf sich möglichst wenige Vorurteilehinsichtlich der historischen Fak­ toren erlauben, und doch scheint es fast hoffnungslos, kritischen Ab­ stand wahren zu wollen gegenüber einer Massenbewegung wie der So­ lidarność, die sichsowesentliche Werte der Philosophie wie Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit auf ihre Fahnen schrieb, und einer Staats­ macht, die, auf physische Gewalt gestützt, den gesellschaftlichen und intellektuellen Dialog erschwerte. Die Philosophie ist in dieser Si­

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tuation - zu ihrem Glück -auf historischeFakten angewiesen, denen ihre Widersprüchlichkeit nicht genommen werden darf. Die Konse­

quenz daraus ist, erstens, daß sich der philosophischen Untersuchung ein deduktives Verfahren nicht anbietet, obgleich es angesichts der Überwindung einer unfreien Ordnung und des Aufbaus einerliberalen Gesellschaft nicht wenig verlockend erscheinen könnte. Zweitens er­

weist sich im Kontakt mit dem historischen Material und mit den zeitgenössischen Reflexionen, daß es keineswegs ausreicht,dieaus der akademischen Philosophie bekannten Begriffe wie gehabt wörtlich zu nehmen. Aus verschiedenen Gründen haben die polnischen Texte der Zeit komplizierte Substrukturen, derenVerständnis ein tiefes Eindrin­

gen in die Sphären der Werte und Mythen erfordert. Es gibt kaum einen Text jener Zeit, der die historische Situation wertneutral hätte analysieren können. Schon die nichtmarxistische Analyse stellteja - nach der offiziellen Doktrin von der parteilichen Wahrheit - den Zu­ sammenhang mit oppositionellen Werten her. Daher gilt es in dieser Betrachtung, ein existentielles Wertproblem der Philosophie im Auge zu behalten: die Geschichtsphilosophie befindet sich selbstverständlich in Oppositionzur Rhetorik und zum Mythos, kommt abernicht umhin, sie als Faktoren des historischen Prozesses und als Formen seiner Er­

kenntnis in gewissen Grenzen anzuerkennen.

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1 Die induktive

Methode

Ein deduktives Herangehen würde eine schlüssige geschichtsphi­ losophische Vision voraussetzen, in deren Rahmen die beobachteten Phänomene interpretiert werden könnten. Geht es um historische Umbrüche und ihre Bedeutung, um nicht zu sagen ihren Sinn, so könnte sich die Methode Hegels anbieten, zumal er das Erkenntnisziel auf geradezu verlockende Weise bestimmt:

Unsere Erkenntnis gellt darauf, die Einsicht zu gewinnen, daß das von der ewigen Weisheit Bezweckte, wie auf dem Boden der Natur, so auf dem Boden des in der Welt wirklichen und tätigen Geistes, herausgekommen ist. Unsere Betrachtung ist insofern eine Theodizee (... ), so daß das Übel in der Welt begriffen, der denkende Geist mit dem Bösen versöhnt werden sollte1 2.

1 G. W. F. Hegel. Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Stuttgart: Reclam 1989 ('1961). S. 56

2 Hegels Geschichtsphilosophie dient mir hier als wichtigstes Beispiel eines streng deduktiven und spekulativen Vorgehens. Die für unsere Zeit wichtigen Systeme, die das Gerüst für eine deduktive Interpretation der Geschichte abgeben könnten, gehen mehr oder weniger auf Hegel zurück, so die von Marx und Lenin, aber auch Fuku­

yamas Theorie vom Ende der Geschichte, s. Fußnote 5.

Ein solchesZiel erschiene mir jedoch im gegebenen Kontext aus mehreren Gründen vollkommen entfremdet".

Die Hegelsche Geschichtsphilosophie - wie auch die Marxsche, die marxistische und die marxistisch-leninistische - legt großes Ge­

wicht auf den Zusammenhang des historischen Wertes der Ideen mit

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der realen - politischen, militärischen etc. - Macht, die hinter ihrer Umsetzung steht. Ihre Sensibilität für den subjektiven Faktorim histo­

rischen Prozeß ist auch für die vorliegende Arbeit von größter Bedeu­ tung. Große Schwierigkeiten mit Hegel und Marx ergeben sich aber aus den beiden Funktionen, in die der subjektive Faktor bei ihnen eingebunden ist: er hat einerallumfassendenErklärung der Geschichte zu dienen und - was die Osteuropäer indiesemJahrhundert in beson­

derem Maße zu spüren bekamen - ihrer bewußten, ingenieurhaften Gestaltung. Letzteres erwächst bei Hegel nur aus bestimmten Les­ weisen.

Hegel wurde immer besonders aufmerksamvon denjenigen gele­ sen, die an einer Apologie der bestehenden Macht oder aber an einer Theorie ihrer (gewaltsamen) Überwindung interessiert waren. In der institutionalisierten Revolution des realen Sozialismus trafen sich diese konservativen und revolutionären Interessen. In den Ideen der polni­ schen Oppositionellen finden sich nur wenige gezielte Anleihen bei Hegel. Wesentliche Begriffe wie Geist (duch), Fortschritt (postęp), Schicksal (los), Versöhnung (pojednanie), Gott (Bóg) usw. liegen im Sprachgebrauch der polnischen Geschichtsdiskussion so weitvon ihrer Bedeutung bei Hegelentfernt, daßdie Gefahrgroßer Mißverständnisse bestünde,wollte man sie in seinen Kategorien verwenden. Die funktio­ nale Unterscheidung zwischen Gott und Geist bei Hegelbeispielsweise erfordertein eingehendes Studium seinerDialektikund bleibtdochoft genug unklar. Im katholischen Polen hingegen sind solche Begriffe stark theologisch und von der literarischen Tradition geprägt, sie sind greifbarer, eindeutiger und entbehren eines begrifflich - spekulativen Charakters. Ihre kritische, aber zuvorkommende Behandlung in den philosophischen Texten der Zeit ist ihrer tiefen semantischen Ver­

wurzelung in der volkstümlichen Mythologie und Religion und dem Re­ spekt der Intellektuellen vor dieser Tradition geschuldet. Soweit ich sehe, wurde in den 1980er Jahren, von einigen verspäteten marxisti­

schen Apologeten abgesehen, kaum ein ernsthafter Versuch unternom­

men, diese Begriffe ihrer natürlichen Grundlage zu entfremden und

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spekulativ zu gebrauchen. Dieses Problem berührt in gewisser Weise schon das Wesen der damaligen (und auch der gegenwärtigen)Diskus­

sionen über die polnische Geschichte und spricht entschieden gegen eine deduktive Methode ihrer Beschreibung.

Des weiteren müßte sich eine deduktive Methode aufgesicherte historische Erkenntnisse und Wertungen stützen können. Dem zeitli­ chen Abstand zum Trotz sind solche aber noch nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil ist das Verhältnis zur jüngsten Vergangenheit zu einem Ob­

jekt politischen und wissenschaftlichen Streits geworden, der die Elite Polens in einander erbittert gegenüberstehende Lager teilt und gleich­

zeitig - angesichts der alltäglichen ökonomischen Probleme des Übergangs- viele Menschen tödlich langweilt und resignativ stimmt.

Diese schwerfällige, aber notwendigeAuseinandersetzung weist Merk­ male eines (post-) ideologischen Konflikts um historische und morali­ sche Kategorien auf. Sie ist voll von verwirrenden Bezügen auf alle möglichen Lebensbereiche, die derMobilisierung von Anhängern die­ nen sollen. Beide Seiten, die Postkommunisten und die Erbender So­ lidarność, vorallem diejeweils mit ihnen verbündetenIntellektuellen, versuchen kohärente Welt- und Geschichtsbilder zu begründen, die sich für die praktische Politik eignen3. In einer solchen Situation be­

steht aufphilosophischer Seite ein Bedarf an Analyse, nicht an Synthe­

se. Eine historizistische Synthese nach Hegel, Marx oder etwa Fuku­ yamamüßte ja die historischen Ereignisseaufden heutigenodereinen zu erwartenden Stand hin interpretieren und ihnen aufdiese Art einen Sinn zuschreiben4.

' Vgl. z. B. Bronisław Łagowskis Stellungnahme zum gegenwärtigen Streit um die Volksrepublik Polen, in der er zwar seinerseits auch zur politisch nützlichen Synthese übergeht, aber die Argumentationsstrukturen beider Seiten erkennen läßt: Adresowane do prawicy. In: Tygodnik Powszechny Nr. 12 (24. März 1996), S. 5. Vgl. auch Fußnote 5, zweiter Teil.

J Ich beziehe mich auf den Historizismus, wie ihn Karl Popper auffaßt und kritisiert:

Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Tübingen: Mohr 1992 (=UTB 1724), Bd. 1, S. 12-15, 29-32, sowie Das Elend des Historizismus, Tübingen: Mohr 1987 ('1965).

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VonSeiten der marxistischen und liberalen Historizismen können also weder die Rolle noch die verschiedenen Formen des Selbstverständnisses der damaligen demokratischen Opposition erfaßt werden. Heute, sechs Jahre nach dem Ende des realen Sozialismus, sind die historizistischen Ansätze in Osteuropa mehrdenn je heftiger Kritik ausgesetzt5. Den größten Wert solcher kritischen (und selbstkri­ tischen) Positionen für die vorliegende Arbeit sehe ich darin, daß sie die ideologiekritischen Ansätze der oppositionellen Philosophen weiter­ entwickeln und damiteine Vorstellung von deren Ausrichtung geben.

5 Z. B. Francis Fukuyamas Thesen vom Ende der Geschichte und dem liberalen Gesell­

schaftsmodell des Westens, das sich als das effizienteste erwiesen habe und somit das Ziel jeder historischen Entwicklung abgeben müsse. Vgl. ders.: Reflections <>n the End of History, Five Years Later. In: History and Theory. Studies in the Philo- sophy of History. 34(1995), S. 27-43. Vgl. die Kritik an Fukuyamas Buch The End of History?, The National Interest, 1989, von Miłowit Kuniński in: Historiozofia ży­

wiołowa a upadek komunizmu. In: Bronisław Łagowski (Hrg. ), Czy historia może się cofitąc?, Kraków: Secesja 1993, S. 9-25. - Vgl. weiters Adam Chmielewski, Life after Liberalism, Res Publica. University of Brighton, England, Januar 1996.

6 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft, München-Zürich:

Piper 1995 ('1986 ); Ernst Cassirer, Der Mythos des Staates. Philosophische Grund­

lagen politischen Verhaltens, Frankfurt: Fischer 1994 ('1985): Karl R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Tübingen: Mohr 1992.

Wichtig ist auch der Umstand, daß die wichtigsten Werke zur Ideologiekritik ein distanziertes bis völlig ablehnendes Verhältnis zu Hegel einnehmen. Hannah Arendt nimmt ihn vor vulgären Interpreta­ tionen seiner Schüler in Schutz, neigt aber seiner Methode nicht zu.

Ernst Cassirer betontdie wichtige Rolle, die Hegel in der Entwicklung totalitärer Mythen spielte, und weist auf konkrete gemeinsame Inhalte hin (vor allem aufdie Bewunderung der Macht), ohne ihn allerdings für die Folgendirekt verantwortlich zu machen.Sir Karl Popperargu­ mentiert, ich möchte fast sagen: polemisiert am radikalsten. Er führt den Totalitarismus direkt auf die historizistische Methodezurück, diese wiederum auf Hegel,Platon und Heraklit. Diese Werke6, vor allem das Hannah Arendts, mit ihrer eingehenden Analyseder Begriffeund Er­

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scheinungen des Totalitarismus stützen die vorliegende Beschreibung der polnischen Geschichte von 1970 bis 1990. Der recht polemische Totalitarismusbegriff, der in den Auseinandersetzungen der Solidar­ ność mit der Staatsmacht eine zentrale Stellung einnahm, geht im Großen und Ganzen aufdie hier genanntenWerke, vorallem auf Pop­

per, zurück7. Auf den ersten Blick ist jedoch zu erkennen, daß der kommunistische Staat zu jener Zeit kaum noch totalitär im Sinne die­ ser Autoren war.Diese Spannung kannwichtige Erkenntnisse über die geistigen Faktoren der Volksbewegung geben, die sich antitotalitär nannte undfühlte. Eine Analyse derUnterschiede ist dabei unerläßlich.

In keinem anderen Land des sozialistischen Lagers war das Volk so sehr Subjekt der historischen Veränderungen. Der Verlauf und das Re­ sultat dieser Bewegung, aberauch die Stellungnahmen polnischer und ausländischer Intellektueller zeugen davon, daß das nationale Selbstbewußtsein in hohem Maße authentisch war, insbesondere, was die historische und moralische Verantwortung betrifft. In vielen Gesprächen konnte ich mich überzeugen, daß seine einigermaßen spe­ zifischen Ausdrucksweisen kategoriale Strukturen enthalten, die der Wirklichkeit jenerJahre näherkommen als die historizistischen Begrif­

fe, wie sie in der offiziellen marxistisch-leninistischen Doktrin, aber auch in gegenwärtigen liberalen Theorien Anwendung finden.

7 Poppers Offene Gesellschaft, vor allem der zweite Band mit seiner vernichtenden Kritik Hegels, und Das Elend des Historizismus wurden in Oppositionskreisen sehr stark rezipiert. Dazu Adam Chmielewski, The Polish Popper Project, unver­

öffentlichte Skizze.

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2

Geschichte

der Ideen

Wer Ideengeschichte betreibt, stellt Jerzy Szacki fest, „betreibt ebenso Geschichtswissenschaft wie Mythologie: er stellt Fakten fest, die einmal Bestand hatten, und bewirkt zugleich, daß Werte überdauern, deren Präsenz im Bewußtsein dernachfolgenden Genera­

tionen über das Sein und die Identität der Kultur bestimmt”8. Hier tritt ein allgemeines Charakteristikum derhistorischen Wissenschaften zu­

tage, das in der polnischen Geschichtswissenschaft besonders ein­ gehend thematisiert wird. Das Studium der Geschichte der Ideen hat sich natürlich auf dieRekonstruktion des Gewesenen zukonzentrieren;

wer sich abermit Geschichte beschäftigt, muß auchzur Kenntnis neh­ men, daß er für die existentiellen Fragen der Gegenwartund Zukunft Mitverantwortung trägt. Der Standpunkt des Geschichtsphilosophen angesichts der Vielfalt derIdeen in der Geschichte muß alsosowohl in erkenntnistheoretischer als auch in ethischer Hinsicht begründet wer­

den. Der hier gewählte Standpunkt wird sich deutlich von dem der deutschen Idealisten unterscheiden, den man mit Schlegel rückwärtsgewandte Prophetie nennen könnte. Er ist auch weit entfernt vom Anspruch der Marxisten, dieGesetze der Geschichte erkennen zu wollen, um anschließend die Welt zu verändern. Es kommt mir darauf an, zu interpretieren, was sich verändert hat, um das Nachdenken über ethische Probleme anzuregen.

* Jerzy Szacki, Dylematy historiografii idei. In: Dylematy historiografii idei oraz imię szkice i studia. Warszawa: PWN 1991, S. 11-19. Die Zitate aus S. 12f.

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Erkenntnistheorie

Das schwierige Verhältnis von Mythos und Philosophie muß hier nicht in aller Schärfe aufbrechen. Daß die Philosophie die Natur und die Funktionen des Mythos beschreibt, heißt nicht, daßsie ihn wörtlich zu nehmen hat. Die Philosophie bleibt vom Mythos getrennt, sie in­

teressiert sich weiterhin mit ihren eigenen Methoden für die Probleme des Seins. In der Geschichtsphilosophie und in der Geschichte der Ideen kommt eine konkretereFragestellung hinzu: woher stammen die Probleme, von denen sich der Mensch im Lauf und angesichts seiner Geschichte beunruhigen ließ, und welche Lösungen sind zustandege- kommen?9 Szacki beschreibt den Vorgang mithilfe einer eigenen Ter­

minologie. Die Geschichte derIdeen faßt die historischkonkreten Er­

scheinungen dergeistigen Entwicklung - u.a. den Mythos- als intel­

lektuelle Ereignisse (wydarzenia intelektualne). Sie hat, über die zeit­ liche Entfernung hinweg, den Mythos sowohl in seiner historischen Umgebung zu rekonstruieren (Kontextualismus) als auch den Heutigen die Teilnahme an ihm zu ermöglichen (Präsentismus)- das also heißt es, gleichzeitig Geschichtswissenschaft zu betreiben und an der öffentlichen Debatte teilzunehmen.

“ Ebd. 15.

10 Ebd. - Leszek Kołakowski, Kultura i fetysze. Warszawa 1967, 241.

11 Cassirer, op. cit. 63f.

Der Punkt ist, daß eine „so verstandene Mythologie keineswegs die kritische Reflexion ausschließen muß und daß die Wissenschaft nichtwenigerihreMythen hat.” Szacki zitiert Leszek Kołakowski, der erklärt, daß der Mythos nicht ein Ereignis berichtet, sondern sozusagen die Teilnahme an ihm ermöglicht, indem er die Sphäre der Werte zugänglich macht10. Cassirer meint dasselbe mit der Aussage, daß sprachliche Symbole zu einer Objektivation der Sinneseindrücke führen, mythische Symbole hingegen zu einer Objektivation von Gefühlen und sozialen Erfahrungen11. Beides, Sinneseindrücke und

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Gefühle bzw. soziale Erfahrungen, sind intellektuelle Ereignisse oder mit ihnen verbunden. Der Mythos hält dem Historiker Zugänge zu wichtigen Erkenntnisquellen offen, vorausgesetzt, daß er zur Berücksichtigung der Wertesphäre bereit ist. Diese Eigenschaft des Mythos sollte meiner Meinung nach auch für die Philosophie der Geschichteakzeptabel sein. Zu meinen, auf sie nichtmehrangewiesen zu sein, hieße, auf deranderen Seite einem Mythos der Wissenschaft zum Opfer zu fallen. Die Möglichkeit der Verständigung zwischen beiden Bereichen menschlichen Wissens liegt nicht so sehr im Er­ kenntnistheoretischen, wo Abgrenzung und Kritik vorherrschen muß.

Sie eröffnet sich- nach der kritischen Abgrenzung -eher im Bereich der Werte, des Ethischen.

Werte

Die Objektivation der Gefühle und sozialen Erfahrungen führt mitunter zu fantastischen Formen, die mitder äußeren Realität wenig gemein haben. Nichtsdestoweniger hat aber auch diese Objektivation Anteil an der Wahrheit über den Menschen. Sie ist nach Cassirer der Bereich, in dem der Mensch seineGefühlsausdrücke, vor allem seine rituellen (d.h. zumeist kollektiven) Verhaltensweisen, interpretiert.

Durch sie werden Wesenszüge menschlichen Verhaltens aufgedeckt.

Hier ist es auch, daß der Mensch zu fragen beginnt, warum und zu welchem Zweck er sich so und so verhält:

„Die Antwort, die er auf alle diese Fragen gibt, mag unangemessen und absurd er­

scheinen; aber hier handelt es sieh weniger um die Antwort als um die Frage selbst.

Sobald der Mensch beginnt, sich Uber seine Handlungen Fragen zu stellen, hat er einen neuen und entscheidenden Schritt getan; er hat einen neuen Weg betreten, der ihn am Ende weit weg von seinem unbewußten und instinktiven Leben führen wird.”12

Ebd. 64, 66.

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Was ist dies anderes als der Beginn der Ethik? Hat nicht auch die Philosophie, wie wir sie heute vornehmlich verstehen, nämlich im so- kratischen Sinne, ihr Prinzip, ihr Ethos und ihreIdentität in der Verant­ wortung, diese Fragen immerwieder zu stellen? Dieser Ansatz Cassi- rers scheint mir auchdeswegen besonders geeignet, weil in der polni­

schen Philosophie die Auseinandersetzung um Werte und ihre Natur (filozofia wartości, aksjologia) eine besonders wichtige Stellung ein­ nimmt und es durchausmöglich ist, dafür historische Gründe aufzuzei­ gen.

Cassirer ist überzeugt, daß der Philosophie nurdann eine Chance gegen den Mythos gegeben ist, wenn sie ihninseiner Machtfülleernst nimmt. Sie muß seine Fähigkeiten anerkennen undihnohne Vorurteile erforschen,das heißt, ohne ihrerseits Mythenaufzubauen. Die ethische bzw. sokratische Frage nach dem eigenen Verhalten und dem der an­

deren hat in dieser Auseinandersetzung große Vorteile gegenüber der erkenntnistheoretischen: sie kennt keine Vorurteile hinsichtlich des Ranges von Mythos und Philosophie, dennsieist beidenBereichen der kulturellen Entwicklung gleichermaßen zu eigen. Die getrennten Identitäten bleiben, wie oben ausgeführt, freilich vorausgesetzt13.

" Dieser Umstand ist für diese Arbeit deshalb so wichtig, weil er als zentrales Charak­

teristikum des Verhältnisses der Philosophie zu Mythologie, Religion und Kunst im Polen der 1980er Jahre sehr konkreten historischen Ausdruck findet. Die Beunruhi­

gung durch moralische Probleme wurde in all diesen Bereichen außerordentlich klar benannt; so ist beispielsweise die wichtigste, auch in Westeuropa anerkannte Strömung im polnischen Film als das sogenannte Kino der moralischen Beunruhigung (kino moralnego niepokoju), seine bekanntesten Vertreter sind Krzysztof Kieślowski und Andrzej Wajda) in die Geschichte eingegangen. Diese Kunst hat ihre Spuren in der philosophischen Diskussion hinterlassen, dergestalt, daß sie als Quelle der Erken­

ntnis menschlichen Verhaltens und Modus der Diskussion darüber schon als Bestand­

teil dieser Diskussion angesehen werden muß.

Der Anlaß, das Verhältnis zum Mythos schon in diesem Kapitel zu reflektieren, ist nicht nur der Umstand, daß Mythen eine gewaltige Rolle im gesellschaftlichen Bewußtsein Polens gespielt haben. Das Besondere jener historischen Situation aus der Sicht der Philosophie

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läßt sich nicht völlig in der Terminologie Arendts, Cassirers oder Pop­ pers fassen. Es ist der Fakt, daß die gesellschaftlichen Mythen eine gute Wirkung hervorzubringen geholfen haben, nämlich den friedli­

chen Wandel einer Diktatur.Diese jüngste Geschichte unter ethischem Aspekt zu befragen, alsoden WertenundMotiven ihrer Akteure nach­ zugehen, ist der Geschichtsphilosophie wie dem Mythos prinzipiell, wie wir gesehen haben,angemessen.Dem schließt sichdie Frage nach der Herkunft und derGeschichte der Ideen, nach ihren Traditionen an.

Die Fragen sind zwar durchaus im Anschluß an Arendt, Cassirer und Popper zu stellen, doch darf nicht vergessen werden, daß wir es mit einem historischen Phänomen gänzlich anderer als totalitärer Natur zu tun haben. Insbesondere derfriedliche Wandel und die Rolle, die das vielleicht wenig rational geprägte, wohl aber geschärfte gesellschaftli­

che Bewußtsein dabei spielte, sind wesentliche Merkmale der antitotalitären Entwicklung Polens.

Konkret geht es um die besondere Verantwortlichkeit des Intellek­ tuellen unter den Bedingungen einer Diktatur. Die Anwesenheit des Unrechts, aber auch die offizielle Aufforderung, das System zu unterstützen, zwingenjeden, persönlich und in seiner Arbeit Stellung zu beziehen. Die Mittel der Verständigungverändern sich: die in einer Demokratie selbstverständlichen verschwinden oder werden außerordentlich gefährlich; andere, oftmals exotisch anmutende, ent­ stehen nahezu unbemerkt. Das Bedürfnis nach Kommunikation wird drängend. In Polen mit seinen reichen mythologischen und religiösen Traditionen mußte der intellektuell Arbeitende sich oft fragen, ob er seine Kritik der Zustände nicht besserund wirksamer formuliert, wenn ersie auf mythologische Elementestützt. Diese Frage ist eine ethische in sehr umfassendem Sinne, denn sie schließt das Ethos des Staatsbürgers ebenso wie das Ethos des Philosophen ein. (Unter den Bedingungen eines freien Landes gehen die Philosophen viel selbst­

verständlicher ihre eigenen Wege und überlassen staatsbürgerliche Erörterungen anderen.)

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Ein Text, derunter den damaligen Umständen, mit Anleihen aus Mythologie, Religion und Literatur einen kritischen und verantwor­

tungsvollen Beitrag zum gesellschaftlichen Dialog lieferte, ist aus der Sicht der Geschichtsphilosophie wertvoller als eine formal korrekte, dafür aber konformistische Arbeit.

Einen Nachteil dieses Weges könnte man darin sehen, daß die Philosophie jener Jahre nicht mehr von denen zu trennen ist, die sie betrieben haben, von ihren Werten, Haltungen und Verhaltensweisen.

Ich erkenne darin allerdings nur insofern einen Nachteil, alses schwie­ rig und oft unsicher sein wird, solche subjektiven Umstände zu erfas­ sen. DieserWeg ist aber insofern kein trügerischer, als er uns offen zu solchen Mängeln und Schwierigkeiten unserer Wahrnehmung führt.

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II. KAPITEL

DIE POLNISCHE INTELLIGENZ UND IHRE PATRIOTISCHEN TRADITIONEN

In diesem Kapitel wird der Versuch unternommen, das Wesen der polnischen Intelligenz und ihr Verhältniszur politischen Macht anhand ihrerGeschichte und patriotischen Traditionen darzustellen. Gerüstder Darstellung ist die Monographie Drei Patriotismen von Andrzej Wali- cki1. Er stellt darin im Kontext konkreter Schlüsselereignisse der pol­ nischen Geschichte und der aktuellen Geschehnisse bis zum Ende des Kriegsrechts (1983) dreiTypenpatriotischer Traditionen vor. SeineArt der Geschichtsbetrachtung ist einerseits konsequent nüchtern-distan­

ziert, wovon auch das Ausbleiben polemischer Reaktionen zeugt, ent­ spricht aber andererseits dem für das polnische Geistesleben so typi­ schen leidenschaftlichen Verhältnis zur Geschichte als Ratgeber in schwierigen Situationen. Er betont ausdrücklich:

1 Andrzej Walicki, Trzy Patriotyzmy, in: Aneks Nr. 40, London 1985. Eine überarbeitete Version, auf die ich mich stütze, erschien 1993 bei Res Publica, War­

schau.

Ich schaue auf eine bewußt präsentistische Weise in die Vergangenheit, konzentriere mich nur auf das. was - scheinbar zumindest - einen deutlichen Bezug zu den Ange­

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legenheiten hat, die heute von Bedeutung sind, die wesentlich für das nationale Selbstbewußtsein der gegenwärtigen Generationen sind2.

2 Ebd., S. 10. - Vgl. den methodologischen Abschnitt, S. 8.

Gestützt aufhistorische Analysen, aberausgehend von kategoria­ len Beobachtungen der polnischen Gegenwart gelangt Walicki zu fol­ genderTypologie patriotischer Traditionen in Polen:

1. Die Treuegegenüber dem Willender Nation - die demokratische Tradition der Szlachta, des kleinenAdels der Ersten Rzeczpospo­ lita.

2. DieTreue gegenüberder Idee der Nation und ihren ewigen Wer­ ten -der romantische Patriotismus der Aufständischen im 19.Jh.

3. Die Treuegegenüber dem realen Interesse der Nation - die prag­

matisch-nationalistische Tradition des politischen Positivismus.

Bevor die Thesen Walickis im Kontext eigener Beobachtungen vorgestellt und, wo nötig, historisch kommentiert werden sollen, ist eine kurze Klärung der Begriffe Intelligenz (inteligencja) und Intellek­ tueller (intelektualista) vonnöten. Der erste Begriff bezeichnet jene Menschen, die vorwiegend mit geistigen Arbeiten beschäftigt sind und sichaufGrund dessen inder Gesellschaft als eigeneGruppeetablieren.

Er soll als empirisch-soziologischer Begriff verstanden werden. Der marxistisch-leninistische Intelligenzbegriff hingegen ist bei der Be­ schreibung der polnischen Geistesgeschichte wenig hilfreich; er hatte und hat in Polen selbst bei marxistisch beeinflußten Gelehrten nur geringe Bedeutung. Wie wir sehen werden, fühlt sich die polnische Intelligenz kaum mit dem Projekt des Kommunismus, sondern vor allem mit nationalen Traditionen verbunden.

In den Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Staat kommt es ab den 1970er Jahren zu einer gewissen begrifflichen Am­ bivalenz: einerseits ist Intelligenz ein zwar immer weniger ernsthaft gebrauchtes, doch eindeutig als solches assoziiertes Wort der offiziel-

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len Ideologie, andererseits kennzeichnetes eine soziale Gruppe, deren Traditionen gegen dieseIdeologie ins Feld geführt werden. Verbindend wirkt dabei der Aspekt des Engagements - für oder gegen ist immer die entscheidende Frage; derVersuch Neutralität zu bewahrengilt als moralisch fragwürdig bzw. provokant. Inder öffentlichen Debatte - die nach Einführung des Kriegsrechts vor allem in den Untergrundpubli­ kationen stattfand - findet sich vor allem der Begriff des Intellek­ tuellen. Im soziologischen Sinne könnten wir hierunter einfach einen einzelnen geistig Arbeitenden verstehen, wenn dies nicht zu kurz gefaßt wäre: praktisch drückt diese Bezeichnung auch Anerkennung füreine Autorität aus, die aus intellektueller und persönlicher Redlich­ keit erwächst. (Freilich geht es auch dabei in den Jahren derSolidar­

ność auch um den Abstand zum Regime)3.

’ Vgl. den kritischen Kommentar zu einer Veranstaltung der Partei zum Thema „In­

telligenz” im Jahr 1985: Michal Głowiński, Mowa w stanie oblężenia 1982-1985, Warszawa: OPEN 1996, S. 3101’f. Hier werden die beiden erwähnten Notionen von Intelligenz in begrifflicher Gegenüberstellung gebraucht. Der Typ des Pseudo-lntel- lektuellen wird hier von dem Sprachwissenschaftler und Oppositionellen Głowiński als (poln.) inteligent bezeichnet. Dies bedeutet in diesem Zusammenhang etwa soviel wie ein moralisch und fachlich fragwürdiger Mensch, der unter dem Schutz des Re­

gimes einer Arbeit nachgeht, für die er kaum qualifiziert ist, und im Gegenzug die leninistische Notion der Intelligenz anerkennt.

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3 Die adelsdemokratische

Tradition

Walicki weist auf eine starke Tendenz der oppositionellen Publi­ zistik hin, das Erbe der Adelsdemokratie des 18. Jahrhunderts zu idealisieren und auf unmittelbare - nach Szacki und Walicki könnte man sagen präsentistische - Weisefür sich in Anspruch zu nehmen. Er kritisiert die gelegentliche übertriebene Euphorie bei solchen Äußerungen, stellt aber fest, daß eine Ähnlichkeit tatsächlich nicht zu verleugnen ist und daß im übrigen gerade westliche Beobachter zu solchen Schlüssen gelangen, so etwa Norman Davies in seiner Beur­ teilungderhistorischen FigurLech Wałęsas:

Die Organisationsstruktur der Solidarność ähnelt auf erstaunliche Weise der des Sejm und der Sejmiki [d.i. der regionalen Parlamente der Ersten Republik bis zum Ende des 18. Jahrhunderts - S. H.J der alten Rzeczpospolita. Wałęsa, genau wie ein altpolnischer Adliger, an den er so eindringlich erinnert, scheint instinktiv zu begreifen, daß die größte Gefahr in den absolutistischen Ansprüchen der [kommunistischen] Staatsmacht liegt4.

4 In den Aktualisierungen seiner Geschichte Polens: op. cit., Bd. 2, S. 723f.

Walicki führt aus, daß im Polen des 18. Jahrhunderts mit der Szlachta ein für die damalige Zeit außergewöhnlich großer Teil der Bevölkerung, nämlich um die 10%, direkt am politischen Geschäft beteiligt war. DieserFakt ist wichtig für die Herausbildung der polni­ schen Nation, die am Ende des 18. Jahrhunderts politisch-territorial zwischen Preußen, Rußland und Österreich aufgeteilt wurde. Die republikanischen Werte stellenfür die polnische Gesellschaft bis heute

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einen wichtigen Teil ihrer Identität dar. Ihr aussagekräftigstes Symbol ist die Verfassung vom 3. Mai 17925, ein weiterer Ausdruck der Um­ stand, daß die polnische Sprache sich den lateinischen Ausdruck res publicain der Lehnübersetzung Rzeczpospolita ganzzu eigen gemacht

hat und damit in Europa eine Ausnahme darstellt6.

5 Der Jahrestag dieser republikanischen Verfassung war bis zum Ende der kommu­

nistischen Herrschaft regelmäßig Anlaß zu öffentlichen Protesten. Heute ist der 3.

Mai Staatsfeiertag der Republik Polen.

6 Rzecz entspricht weitgehend dem lateinischen res, mit dem geringfügigen Unter­

schied, daß es in dieser Bedeutung über keinen sinnvollen Plural verfügt. Der zweite Teil des Ausdrucks jedoch, pospolita, verweist auf das Gesellschaftliche, Gemein­

schaftliche, Kollektive, aber auch das Alltägliche und Gemeine bishin zum Banalen.

Sein Kern ist das allgemeinhin Bekannte - während das auf (lat.) populus beruhende publica das Allgemeine als den Bereich des Staates und der Verwaltung betont. Rze­

czpospolita wird nur für den polnischen Staat verwandt, alle anderen Republiken werden im Polnischen als republika bezeichnet: Rzeczpospolita Polska (die heutige Staatsbezeichnung Republik Polen), Polska Rzeczpospolita Ludowa (PRL, Volksre­

publik Polen, 1944-1989), aber: Republika Czeska (Tschechische Republik), Repub­

lika Federalna Niemiec (BRD). - Slownik Poprawnej Polszczyzny. Warszawa: PWN 1995; Lateinisch-Deutsches Wörterbuch nach Heinichen, Leipzig: Teubner 1962; La­

tein und Griechisch im deutschen Wortschatz, Berlin: Volk und Wissen 1982.

7 Hans Fenske u.a.: Geschichte der politischen Ideen. Frankfurt: Fischer 1987.

S. 396: „Liberaler Autor, Engländer, dessen System ... großen Einfluß ... auf die Auffassung der liberalen Staatslehre ... in der liberalen Diskussion der ersten beiden Drittel des 19. Jahrhunderts hatte." Walicki, op. eit. S. 15, stützt sich auf Constants Werk Über die moderne Freiheit im Vergleich mit der antiken Freiheit, 1819. (Der Titel ist hier aus dem Polnischen übertragen. Eine Auswahl der Werke Constants wurde deutsch von A. Blaschke und L. Gall herausgegeben, 4 Bde, Berlin 1970/72.)

Walicki unterscheidet diesbezüglich mit Constant7 eine antike, positive, demokratische von einer neuzeitlichen, negativen, liberalen Definition der Freiheit. Erstere postuliertdas Recht zur Teilnahme an der Politik als ein Recht des Subjekts im Bereich des öffentlichen und Rechtslebens und markiertso positiv eine kollektive Souveränität, die sich eng mit dem politischen Begriff dersouveränen Nation verbindet.

Die liberale Definition bemüht sich vor allem um den Schutz der Privatsphäre (vor allem der Sphäre der - selbstverständlich privaten -

(28)

Wirtschaft) vor dem Zugriff des Souveräns und verteidigt die unveräußerlichenRechte desIndividuums. DieRechte, die sichaus der ersten Konzeption ergeben, sind Bürgerrechte, die aus der zweiten folgenden Menschenrechte. Beiderlei Arten Rechte sind in der Dekla­ rationder Menschen- und Bürgerrechteder Französischen Revolution enthalten. Marx unterschied sie, je nachdem sie sich auf den citoyen, den Staatsbürger, das einzelne Mitgliedeiner selbstbestimmten Nation, bezogen oder auf den bourgeois, den Privatmann, das einzelne Mit­ glied der zivilen Gesellschaft. Walicki, der sich aufdie Terminologie BenjaminConstants stützt, mißt der Verwandtschaft der demokratisch­ kollektivenAuffassungen von Freiheit, wie sie in der Verfassung vom 1795 als positives Recht gestaltet sind und sich später in der Solidar­ ność als Werthaltungen bemerkbar machten, großes Gewicht zu. Hier treten die Unterschiedezur liberalen Doktrin (aber auch zum ideologi­

schen Freiheitsbegriff des Marxismus-Leninismus8) recht deutlichher­

vor. DerKonflikt zwischen demokratischen und liberalen Werten, der sich im übrigen vor dem Hintergrund der europäischen Integration gegenwärtigauch in Westeuropa verschärft, machte sich in der polni­

schen Untergrundliteratur der 1980er Jahre stark bemerkbar.

8 Die millenaristische Formel der offiziellen Ideologie lautet: Die Freiheit besteht in der Einsicht in die objektive Notwendigkeit, d.li. vor allem in die objektiven histo­

rischen Gesetze, und in der bewußten Anwendung dieser Einsicht im historischen Prozeß. Eingeschlossen in diesen Begriff sind auch die hierzu erforderlichen ökonomischen, politischen, rechtlichen und ideologischen Bedingungen - also nichts anderes als der real existierende Sozialismus - den [wir] gegenüber der bisherigen Geschichte der Menschheit als das Reich der Freiheit kennzeichnen [können/. - So, stellvertretend für die Ideologen aller sozialistischen Länder, das Autorenkollektiv des Philosophischen Wörterbuchs der DDR, Leipzig: VEB Bibliographisches Institut

1965, S. 196-199.

Aufschlußreich vor diesem Hintergrund erscheint nun der Fakt, daß seit der Dissidentenbewegung der 1960er Jahre der Begriff des Bürgerrechtlers kursiert, der spätervor allem von westlicher Seite ge­

nerell auf oppositionelle Intellektuelle, die Führung der Solidarność oder der tschechoslowakischen Charta 77, die oppositionellen Kreise

(29)

in und um die evangelische Kirche in derDDR usw. bezogen wurde.

Wie auch immer diese Bezeichnung historisch zustandekam, halte ich es für wenig wahrscheinlich, daß sie direkt auf die von Walicki hier vorgeschlagene Terminologie Constants zurückginge und sich damit vom Begriff der Menschenrechte unabhängig machen wollte. Vielmehr ist es angebracht, hier mit Walicki die zentrale Gemeinsamkeit der liberalen und der demokratischen Tradition zu betonen, die sie von demmillenaristischen Konzept der Marxisten unterscheidet:

Beide Konzeptionen der Freiheit legten Bewußtsein und Autonomie des Willens zu­

grunde. (S. 19)

Esmuß kaum darauf hingewiesen werden, daß es sich primär um Bewußtsein und Willen des Individuums handelt, die in der Gesell­ schaft Veränderungen bewirken können. Diese Überzeugung finden wir in Vaclav Havels programmatischem Aufsatz Die Macht der Ohnmächtigen direkt mit dem Prinzip der Legalität verbunden9. Frei­

heit bedeutet hierdie Überwindung der Trennung des politischen vom großen apolitischen Bereich, den Havel existentiell bzw. vorpolitisch nennt: der Bereich des täglichen Lebens,dervon der Diktatur durchaus politisch manipuliert wird, in welchem jedochpolitisches Handeln hin­

ter demprivaten Leben zurücksteht.Hiermuß das Rechtsprinzip gegen die latenteoder akute Gewalt des Regimesdurchgesetzt werden. Diese Konzeption - oder Vision - von Freiheit besitzt prinzipiell Geltung für die demokratische Opposition in allen sozialistischen Länder(abgese­

hen von der extrem nationalistischen Opposition in Jugoslawien und einigen Sowjetrepubliken), hat sich aber in Polen am deutlichsten in die Wirklichkeit umgesetzt - bzw. hat seinen Ursprung in der Beo­

bachtung dessen, was sich in Polen als möglich erwies. Vaclav Havel bestätigt dies:

’ Vaclav Havel, Moc bezmocnych (Die Macht der Ohnmächtigen), zitiert nach der deutschen Übersetzung von Gabriel Laub: Versuch, in der Wahrheit zu leben, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 1990 ('1989).

(30)

Die Verteidigung des Menschen nimmt in den „Dissidentenbewegungen” des Sowjetblocks vor allem die Gestalt einer Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte an, wie sie in verschiedenen offiziellen Dokumenten verankert sind.

Diese Bewegungen verteidigen Menschen, die für die Verwirklichung dieser Rechte verfolgt werden; durch ihre Arbeit verwirklichen sie diese Rechte selbst: Sie verlangen immer wieder, daß die Staatsmacht diese Rechte respektiert und weisen auf alle Be­

reiche des Lebens hin, in denen sie verletzt werden.

Die Arbeit dieser Bewegungen gründet sich also auf das Legalitätsprinzip: Sie treten öffentlich und offen auf; sie beharren nicht nur darauf, daß ihr Wirken im Einklang mit dem Gesetz ist - das Einhalten der Gesetze ist sogar eines der Hauptziele ihrer Bestrebungen. (Hervorhebungen im Original)

Dies ist nicht nur einfach eine Konsequenz aus der praktischen Unmöglichkeit eines revolutionären Kampfes, sondern ein Grundele­

ment antitotalitären Denkens:

Das Prinzip der Veränderung des Systems durch Gewalt ... ist und muß ihr [der ureigensten inneren Wesensart der „dissidentischen Einstellung” - S.H.J zutiefst fremd sein, einfach deshalb, weil es auf Gewalt setzt. ... Die Umkehr von einer abstrakten politischen Vision der Zukunft zu dem konkreten Menschen „hier und jetzt" ist also auf ganz natürliche Weise mit der verstärkten Ablehnung jeder Gewalt im Namen der besseren Zukunft verbunden, mit tiefem Mißtrauen dagegen, daß eine mit Gewalt errungene Zukunft wirklich besser sein könnte, und nicht durch die Mittel, mit denen sie erobert wurde, schicksalhaft geprägt wäre10.

10 Ebd., S. 61f.

Deutlich macht sich aber in Polen ein Ungleichgewicht innerhalb der Einheit von Bürger- und Menschenrechten bemerkbar, besonders im Vergleich mit der Tschechoslowakeiundder DDR: schlechter wird der bourgeois bewertet als der citoyen, und zwar sowohl, was das individuelle Selbstbewußtsein der beteiligten Intellektuellen betrifft, als auch in Hinsicht auf die Gesellschaftskonzepte, diesie der offiziel­ len Ideologie entgegenzustellen versuchten. Bürgerrechte lassen sich ohne garantierte Menschenrechte nicht denken. Im Gegensatz zu den Menschenrechten, die dem Menschen von Geburt an zustehen und die es überall zu schützen gilt, stellen die Bürgerrechte jedoch eine Würde

(31)

dar, die sichder Mensch im gesellschaftlichen Leben erst aktiv erwer­ ben muß. Auch bei Walicki finden wir diese Teilung in begrifflichen Strukturen, die unsspäter noch beschäftigen werden. Hier trittnämlich bereits der Konflikt zwischen individualistisch und kollektivistisch geprägten Ethiken in Erscheinung:

Der Liberalismus bildet ein Gespann: mit dem Individualismus Subjekt der Freiheit ist für ihn das Individuum, welches unveräußerliche, vorpolitische Menschenrechte be­

sitzt. Die Demokratie hingegen ist mit dem Ethos des Kollektivismus verbunden, ihr zentraler Begriff ist nicht die Freiheit des Individuums, sondern der „Wille des Vol­

kes". Letzteres gilt sowohl für die populistische als auch die Adelsdemokratie, nicht jedoch für die liberale Demokratie [des Westens - S.H.J, d.h. die Verbindung von Demokratie und Liberalismus, die fälschlicherweise häufig für die Demokratie als solche gehalten wird. [Hervorhebung im Original]11

" Andrzej Walicki, op. cit., S. 19. - Dem hier anklingenden Konflikt zwischen Indi­

vidualismus und Kollektivismus ist ein längerer Abschnitt in den anthropologischen Reflexionen gewidmet.

12 Für dieses Urteil sind wichtige persönliche Erfahrungen ausschlaggebend.

Bestätigung fand ich in Gesprächen mit oppositionellen Intellektuellen: u.a. mit Fran­

ciszek Chmielowski (Philosoph, Kraków), Maria Niemierowska (Schriftstellerin, Wroclaw), Jarosław Broda (Herausgeber, Wroclaw), Maria Zmarz-Koczanowicz (Re- giseurin, Wrocław), Józef Szańca (Priester, Wroclaw/Szklarska Poręba). Als Refe­

renzquelle zu dieser Aussage verweise ich insbesondere auf die in dieser Arbeit mehr­

fach zitierte vergleichende Studie des polnischen und ostdeutschen Dissidentenmilieus von Helena Flam, Die poröse und die wasserdichte Sinnwelt der Opposition: der ostdeutsche und der polnische Fall, in: Detlef Pollak und Dieter Ring (Hrg), Zwischen Verweigerung und Opposition: Politischer Protest in der DDR vom Anfang der sieb­

ziger Jahre bis zur friedlichen Revolution 1989, Campus 1997. Diese mit einer ausführlichen Bibliographie und Zitatensammlung versehene soziologische Studie wurde leider erst kurz vor Abschluß der vorliegenden Arbeit publiziert, sodaß sie

Die demokratischen und kollektivistischen Werte des Engage­ ments für Menschen- und Bürgerrechte - mit besonderer Betonung letzterer - schufen die geistige Kohärenz der polnischen Gesellschaft im friedlichen Protest gegen das kommunistische Regime. Von dieser Kohärenz, die über die Grenzen von Konfessionen und Ideologien reichte, sprechen fastalle Zeitzeugen12. Das hier zu besprechende, von

(32)

der Demokratie der Adelsrepublik und ihrer gesellschaftlichen und po­

litischen Elite, dem kleinen Adel, genannt Szlachta, herstammende Ethos der politischtätigen Nation ist, ganz unseren Vorstellungen von einer vorkapitalistischen, feudalen Gesellschaft entsprechend, auf Be­ griffe der Ehre undWürdegebaut. Demokratie bedeutet in dieser Auf­

fassung nicht so sehr das offene, aber geregelte Austragen aller möglichen Konflikte, sondern das tätige Engagement für das, was recht einmütig als Wille der Nation verstandenwird: die Schwächung des kommunistischen Regimes. Unterden Oppositionellen der 1970er und 80er Jahre dominierten stark die Konzepte Adam Michniks und Jacek Kurońs, die sich für die Freiheit der ganzen Gesellschaft zur Teilnahme an den notwendigen Reformprozessen aussprachen. Sie wurden deshalb von der Staatsmacht verfolgt, aber auch von den we­

nigen, dafür allerdings mit gewichtigen Fakten argumentierenden libe­

ralen Oppositionellen und Reformern kritisiert. Auf ihrer Popularität lastet beispielsweise bei Walicki der Vorwurf des Populismus, den er im obigen Zitat mit dem Begriff populistische Demokratie anklingen läßt. Andere, wie Bronisław Łagowski, formulieren noch härter13.

nicht mehr gebührlich berücksichtigt werden konnte. Sie bestätigt von empirischer Seite die wesentlichsten Thesen über den Charakter der demokratischen Opposition in Polen, die ich in geistesgeschichtlicher Analyse erarbeitet habe. Besonders gilt dies für die Begriffe der Würde und Ehre, um welche sich nach Meinung der Soziologin das Ethos der Opposition kristallisierte. Meiner Ansicht und sprachlichen Beobach­

tung nach läßt sich wiederum der Begriff der Würde vor allem der Sphäre der unveräußerlichen Menschenrechte, der Begriff der Ehre hingegen der Sphäre zu er­

werbender Bürgerrechte und kollektiv anerkannter Autorität zuordnen. Psychologisch gesehen geht es aber in beiden Fällen um menschliche Anerkennung, weniger oder kaum um politische Kompetenz im engeren Sinne.

” Bronisław Łagowski, Co jest lepsze od prawdy? (Was· ist besser als die Wahrheit?), Kraków: Wydawnictwo Literackie 1986.

Was hatdiese Diskussion über diePrinzipien der Demokratie mit dem Begriff der Intelligenz als besonderer gesellschaftlicher Gruppe zu tun? Walicki stellt die Verbindung über den Begriff der die Nation hervorbringenden Elite (elita narodotwórcza) her, die seiner Meinung

(33)

nach in Polen kaum im frühkapitalistischen Bürgertumund schongar nicht in einer monarchistischen Schicht zu suchen ist, sondern in der Szlachta und später - in der Intelligenz (S. 32). Der Intelligenz des frühen 19. Jahrhundert ist es zu danken, daß die republikanischen Ideale derSzlachtaeben nicht mit dieser untergegangen sind, sondern sich in verschiedenen Sublimationen erhielten und mit modernen republikanischen Ansichten originelleVerbindungen eingegangen sind.

Die Voraussetzung dafür, daß die romantisch gebildete und geprägte Intelligenz des 19. sowie in beträchtlichem Maß auch des 20.

Jahrhunderts diedemokratischen Werte des Adelsder Ersten Republik nahezu der gesamten polnischen Nation einzupflanzen vermochte, ist in einem soziologischen Prozeß von ungeheuren Ausmaßen zu sehen.

DerAnteildes Adels und Kleinadels (szlachta sowie drobna szlachta) an der Gesamtbevölkerung betrug vor der ersten Teilung des Landes ungefähr 10 Prozent - was vor dem Hintergrund der damaligen europäischen Verhältnisse (England 3%, Frankreich 5%, Deutschland 7%) die zahlenmäßig größte Beteiligung einer Bevölkerung an der Machtausübung darstellte. Die Politik der Besatzungsmächte, vor al­

lem die Repressionen nach den Aufständen der Jahre 1830/31, 1846, 1848 und 1863/64, führten zur Verarmung des Adels und zum Ver­

schwinden dieser ehemalsstaatstragenden Schicht. Ein besondersdeut­ licher Ausdruck dieses Prozesses ist die sogenannteGroße Emigra­ tion nach dem Novemberaufstand von 1830/31. Zum einen war das rein quantitative Ausmaßder Wanderbewegung beträchtlich. (Norman Davies schätzt die Gesamtzahl der heute im Ausland lebenden Polen auf ein Drittel, woran die Große Emigration großen Anteil habe. Ge­

naue Statistiken sind jedoch aus vielerlei Gründen nicht verfügbar14).

Zum anderen finden sich in den Biographien vieler politischer Flüchtlinge deutliche Belege für die republikanischen und westeuropäischen Identifikationsmuster, die in der polnischen Litera­

tursprache die lateinische Identität Polens genannt werden. Die Ver­

14 Norman Davies, op. cit., S. 351-373.

(34)

bindungen Polens mit Westeuropa wurden und werden noch immer in beträchtlichem Ausmaßvon der Emigrationgetragen. Während die aus ökonomischen Beweggründen Auswandernden (heute würde man sie Wirtschafts- oder Arbeitsmigranten nennen) sich direkt im Ruhrgebiet oder in Nordamerika wiederfanden, haben die politischen Emigranten das kulturelle Leben dreier Städte besonders schätzen gelernt und be­

reichertenes ihrerseits: Paris, Dresden und Berlin. Eine diesbezügliche Erklärung gibt überein Jahrhundert später, während des zweiten Welt­

krieges, der Emigrant Witold Gombrowicz gleich zu Anfang seines - in spanischer Sprache verfaßten - Artikels Polen und die lateinische Welt ab:

Wir Polen sind latinisierte Slawen; gerade aus diesem Grund haßte uns Dostojewski.

Das russische Genie erachtete uns für Verräter am slawischen Geist, und der Weg unserer Entwicklung erweckte in ihm beträchtliches Mißtrauen. Doch gilt, daß jeder nur sein kann, wer er ist; wir können nichts anderes mehr sein als latinisierte Slawen, denn das Lateinische ist uns schon vor Jahrhunderten ins Blut übergegangen, und, was noch viel wichtiger ist, wir lieben unsere Latinizität von ganzem Herzen15.

15 Dieser in Polen bis vor kurzem unbekannte Text wurde in polnischer Sprache im Tygodnik Powszechny. Nr. 8 (25. Februar) 1996, S. 8, veröffentlicht.

Dieser Stellungnahme folgt eine für den brasilianischen und westeuropäischen Leser gedachte, recht differenzierte Geschichts­ analyse und -deutung, die uns vor das Bild einer schöpferischen An­ tinomie zwischen den slawischen und lateinischenAnteilen der polni­

schen Identität, genauer: des polnischen Selbstverständnisses stellt. - Die in Leipzig tätige polnische Soziologin Helena Flam beschreibt die spezifische politische Geografie der oppositionellen Welt in Polen wie folgt:

Obwohl Polen einen festen Platz im Sowjetblock hatte, definierten die Oppositionellen das Land als einen Teil Westeuropas, von dem Polen durch das ihm aufgezwungene Regime getrennt war. Auch seelisch-intellektuell bauten sie eine Brücke zum Westen.

Die imaginäre, aber auch reelle seelische Gemeinschaft und die Austauschbeziehungen mit dem Westen, die teilweise durch die Emigranten vermittelt wurden, wirkten gegen

(35)

die oppositionellen Selbstzweifel und Ängste. Die polnischen Don Quixotes platzier­

ten sich selbst unter den prominentesten europäischen Intellektuellen, die die sozialen und moralischen Probleme der Welt reflektieren. Die finanzielle und moralische Unterstützung des Westens für die polnische Opposition war sehr groß - viel größer als für die ostdeutschen Dissidenten. Daß „der Westen” die Sinnwelt der polnischen Opposition teilte, half diese Sinnwelt aufrechtzuerhalten inmitten der vielen, die sie infragestellten und verfolgten16.

16 Helena Flam, Die poröse und die wasserdichte Sinnwelt der Opposition: der ost­

deutsche und der polnische Fall, in: Detlef Pollack und Dieter Rink (Hrg), Zwischen Verweigerung und Opposition: Politischer Protest in der DDR vom Anfang der sieb­

ziger Jahre bis zur friedlichen Revolution 1989. Campus-Verlag 1997 (o.O.), S. 15.

- Zum Unterschied zwischen Dissenz und Opposition vgl. Kapitel 111.3. dieser Arbeit.

Der KerndieserTradition ist, wiezuvor schonsichtbar wurde, im politischen Bereich die Idee der Nation als Souverän. Ich möchte mich im folgenden auf zwei Aspekte dieserin Polen überaus mächtigen Idee beschränken, die mir im Hinblick auf die Zeitder Solidarność beson­ ders wichtig erscheinen. Es ist dies zum einen der Aspekt der Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit, der hier äußere Souveränität genannt sei, und zum anderenderAspekt gesellschaftlichen und staat­ lichen Selbstverständnisses,also derFormder Machtausübung undder Definition ihrer Legitimität, der hier innere Souveränität heißen soll.

Beide Begriffewerden im Diskurs in und über Polen nicht verwendet.

Ich möchte sie an dieserStelleeinführen, da sie mir geeignetscheinen, die Kontinuität prägender historischer Probleme zu kennzeichnen so­

wie gleichzeitig die Werte zu benennen, die in Reaktion auf diese Probleme gewachsen sind. Als Beleg und Ergänzung zu den histori­ schen Phänomenen der Szlachta als derdie Nation hervorbringenden Elite (Walicki) und der Latinizität Polens (Gombrowicz) sei ein Bei­

spiel oppositionellen Sprachgebrauchs der 1980er Jahre angeführt. In einer (Selbst-) Darstellung der wichtigsten polnischen Dissidenten­

gruppe der siebziger Jahre, des Komitees zur VerteidigungderArbeiter (KOR), des Kerns des späteren Bündnisses mit den Arbeitern, schreibt RobertZuzowski:

(36)

...die letztendlichen Ziele des KOR gingen weit über das hinaus, was sein Name nahelegte: es ging um eine parlamentarische Demokratie und die Souveränität Po­

lens17.

17 Roben Zuzowski, Komitet Samoobrony Społecznej KOR. Studium dysydentyzmu i opozycji politycznej w Polsce (Das Komitee zur gesellschaftlichen Selbstverteidi- gung/Koinitee zur Verteidigung der Arbeiter KOR. Eine Studie desDissens und der politischen Opposition in Polen), Wroclaw - Warszawa - Krakow: Ossolineum 1996, S. 26. Der Sprachgebrauch wiederholt sich in diesem Text mehrfach, wobei beide Aspekte immer nebeneinander und ohne andere Aspekte auftreten. - Dieses Buch erschien im australischen Exil des Autors Mitte der achtziger Jahre als englischer Originaltext: The Worker's Defence Committee „KOR". A Study in Political Dissent and Opposition in Poland, ohne Jahr und Ort.

Souveränität heißt hierUnabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit, al­

so äußere Souveränität; parlamentarische Demokratieisteine Form der Machtausübung und zugleich eine Definition ihrerLegitimität, also die Form innerer Souveränität, die die im KOR versammelten Intellek­

tuellen anstrebten.

Äußere

Souveränität

als Wert

Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit sind die Hauptprobleme der polnischen Nation in den letzten Jahrhunderten. Es wurzelt in der geopolitischen Lage und in der kulturellen Verschiedenheit von den beiden benachbarten Großmächte. Alle großen geistigen Strömungen in der polnischen Geschichte haben hierzu ihre Ansichten ausgeprägt - die Einzigartigkeit der adelsdemokratischen Tradition besteht aber darin, daß sie sich unter den Bedingungen realer Souveränität ent­

wickeln und für diese Souveränität über längere Zeit Verantwortung tragen konnte. Die patriotische Tradition derRomantik entstand hinge­

gen als Reaktion aufdie langandauernde Teilung des Landes und den kulturellen Druck der Großmächte. Die adelsdemokratischen Vorstel­

lungen von äußererSouveränität konnten den Untergang ihres Staates

(37)

letztlich auch nicht verhindern. Sie haben aber, und darauf weist Wa­ licki eindringlich hin, die äußere Souveränität als Naturrecht, als unveräußerliches Rechteinerjeden und so auch der polnischen Nation, dauerhaft im Gedächtnis der Polen festgeschrieben18 *.

ls Vgl. hierzu die Erörterung der Verfassung der Adelsrepublik vom 3. Mai 1795 und ihrer Verwandtschaft mit der amerikanischen Verfassung am Ende dieser Arbeit.

1,1 Andrzej Walicki, op. cit., S. 31. Zu Lelewel vgl. auch A. Walicki, Philosophy and Romantic Nationalism: The Case of Poland, Oxford 1982, Bd, 1, Kap. 2.

Interessant in diesem Zusammenhang ist ebenfalls das Gewicht, das Walicki mit Lelewel dem Fehlen einer absoluten Monarchie in der polnischen Geschichte zuschreibt - die adelsdemokratische Tradition gelangt so ungebrochen in die bürgerlichenSchichten, die sich im 19.

Jahrhundert unter fremder Herrschaft herausbilden, vor allem aber in die gesellschaftliche GruppederIntelligenz:

Die Idee des Adels von der Nation als Souverän ließ sich leicht modernisieren: es reichte, die Identifikation der Nation mit dem Adel abzuwerfen, und alle übrigen Bestandteile der republikanischen Ideologie des Adels gerieten nach und nach in Übereinstimmung mit dem Geist des modernen Republikanismus1 \

DieAkzentuierungen in dieser Frage weisen sogleich auf wesent­

liche Meinungsverschiedenheiten in derpolnischenGeschichtswissen­

schaft und Geschichtsphilosophie hin, die in engem Zusammenhang mit den politischen Positionen der jeweiligen Autoren stehen. Walicki betont das positive Erbe dieses Republikanismus und zitiert ausführlich dessen beinahe euphorische Bewertung durch Maurycy Mochnacki, einen republikanisch gesinnten Autors des 19. Jahrhun­ derts:

Mochnacki ... vertrat nicht ohne Grund die Meinung, daß die Tradition des adligen Republikanismus ... nach dem Untergang des polnischen Staates in entscheidendem Maße dazu beigetragen habe, daß die Nation lebendig blieb und der Geist des Wider­

stands gegen die Fremdherrschaft sich in ihr stärkte. Wäre Polen eine absolute Mo­

narchie gewesen, so führt Mochnacki den Beweis, so verhielte sich die polnische Gesellschaft passiv, wäre ihrer bürgerlichen Gesinnung (ducha obywatelskiego) be­

(38)

raubt und zur Selbstverteidigung unfähig. Mit anderen Worten, der Untergang des Staates wäre so gleichbedeutend mit dem Untergang der Nation gewesen20 21.

20 Ebd. S. 30. Vgl. Maurycy Mochnacki, Pisma wybrane. Warszawa 1957, S. 358f.

21 Robert Zuzowski, op. cit., S. 56.

22 Bronislaw Łagowski. Adresowane do prawicy. Tygodnik Powszechny, Nr. 12 (24. Marz) 1996, S. 5

Als zeitgenössischen Verbündeten dieser Auffassung führt Wali­

cki auch noch Janusz Tazbir an. Einen praktischen Reflex dieser geschichtswissenschaftlich argumentierten Überzeugung finden wir in dem Buch Zuzowskis, welches bereits als typisch für das Selbstverständnis der demokratischen Opposition vorgestellt wurde.

Zuzowski faßt die Strategie der KOR-Mitglieder anhand der Aussage Adam Michniks in dessen Schlüsseltext Die Kirche, die Linken und der Dialog wie folgt zusammen:

Kurz gesagt, statt eitle Appelle an die angeblich aufgeklärten absolutistischen Macht­

haber zu richten, ist es nötig, organisierten, kräftigen und massenhaften Druck auszuüben, um Einfluß auf die Entscheidungsträger zu gewinnen-1.

Typisch für diese Denkungsartist dieNeigung, Entschuldigungen der Machthaber, man müsse die Realien einer stark beschränkten äußeren Souveränität beachten, nichtzu akzeptieren undals Ausdrücke kranker oder fehlender Moral zu verurteilen. Gänzlich anderer Mei­ nung befindet sich Bronisław Łagowski. Er bedauerte 1996 in einem kontrovers diskutierten Artikel zu Fragen der Bewertung der kommu­ nistischen Vergangenheit, daß in der Geschichte Polens eine absoluten Monarchie fehlt. Er beruft sich auf Jerzy Giedroyc, der die unmittel­ baren Folgen dieses Mangels in verschiedenen Schwächen der gegenwärtigen staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung (słabości ustrojowe) sieht22. Im übrigen zeichnet Łagowski ein Bild der PRL als eines nationalkommunistischen Leviathans,welcher von sich aus nach Unabhängigkeitgegenüber Moskau strebteunddazu von keinerOppo­ sition überredet werden mußte. Die demokratische Opposition habe

(39)

mit ihrer moralistischen Mentalität, die reale Zwänge nichtanzuerken­ nen bereit ist, und mit ihrem apolitischen Herangehen an die Politik vielmehr eher ein Risiko für die auf natürliche Weise von Warschau auf Moskau wirkenden Partikularkräfte dargestellt. Daß es sich hier nicht nur um die Beurteilung entlegenerhistorischer Prozesse handelt, erweist sich anhand aktuellerer Bruchlinien in diesem Dialog, auch und geradeim Zusammenhang des geplanten Nato-Beitritts. Eindeutig bevorzugt Łagowski den bourgeois, den homo oeconomicus. Die feh­

lende Erfahrung der absoluten Monarchie empfindet er als schmerz­

lich, weil dies Polen von Westeuropa entfernt, d.h. zivilisatorisch verspätethat23. Als entscheidendes Momentmuß aber Łagowskis Auf­ fassung von Freiheit angesehen werden. Sie fügt sich genau in jenes oben skizzierte Schema, das Walicki in der Terminologie Constants gefunden und formuliert hat, undmarkiert dabei die Positionder libe­

ralen, grundsätzlich negativ - nämlich als Beschränkung des staat­

lichen Zugriffs auf das Individuum - definierten Freiheit. In dieser grundsätzlichen Frage verbinden sich Aspekte der äußeren wie der inneren Souveränität. Sowohl Walicki als auch Łagowski bewerten die Beiträge beider Modelle durchaus differenziert. Ersterer vermeidet es, sich eindeutig auf eine Seite zu stellen. Die konservativ-realistische Position Łagowskis ist wiederum nur für einen kleinen Teil derIntel­

ligenz der 1980er Jahre typisch, ja auch nur nachvollziehbar. Er ist sich dessen wohl bewußt und bewegt sich gekonnt zwischen Provokation und wohlmeinender Kritik. Seine Position setzteinen Individualismus des Denkens und Handelns voraus, derder Ethik der gewaltfreiende­

mokratischen Veränderung suspekt ist. Sosehr das antitotalitäre Mo­

ment und das Ideal derUnabhängigkeitverbinden und verbünden, so­ sehr wirkt das unterschiedliche Interesse an der inneren Souveränität trennend. Seit der Erlangung der vollen äußeren Souveränität nach

1989 liegt dieser Konflikt wiederoffen.

Bronisław Łagowski, Co jest lepsze od prawdy? (" Wro ist besser als die Wahrheit?), Kraków: Wydawnictwo Literackie 1986. Ders., Kontrrewolucja liberalna (Liberale Konterrevolution), Warszawa: Centrum Adam Smith 1994.

(40)

Innere

Souveränität:

„Die

Republik

Polen war

ein Königreich, in dem

der

ganze

Adel

etwas zu sagen hatte.

Möglichst

jeder

dasselbe” ...

Das

liberum

veto,

der

„Augapfel

der polnischen Freiheit”

Die Gleichsetzung derDemokratie mit dem liberalen Ideal einer Gesellschaft, die von den egoistischen Interessen ihrer Individuen zusammengehalten wird, ist falsch und beruht auf einer naiven Inter­ pretation der westeuropäischen Wirklichkeit. Nicht alles, was gemein­ sam auftritt, wird von einer Notwendigkeitdazu gezwungen. Die Be­ tonung des einen oder des anderen ist abhängig von den Werten, die man mit der inneren Souveränität verbindet.

Die Werte der Adelsdemokratie, wie sie in den Jahren der Soli­ darność wahrgenommen wurden, sind unter anderem im Symbol des sogenannten liberum veto verkörpert. Die lateinische Formel bezeich­

net das Prinzip der Einstimmigkeit im Landes- und in den Regional­

parlamenten: jeder, der frei (adlig) ist und somit im Parlament vertre­ ten, hat das Vetorecht. Die Freiheit scheint hier in ein destruktives Prinzip gefaßt zu sein, nicht mehr als gewöhnliche Anarchie zu bedeu­ ten: jeder Freie kann den Konsens aller anderen Freien wertlos ma­ chen. In der geschichtswissenschaftlichen Literatur fehlt es nicht an Bemerkungen über die Nachteile dieser Institution und an Überlegungen, inwieweit sie zum Untergang derErsten Rzeczpospoli­

ta beigetragen hat. Daß wir es hier mit einer kompliziert zu bewerten­

den historischen Erscheinung zu tun haben,die zugleich vieledeutsch­ polnische Mißverständnisse evoziert, fand ich am besten formuliert in einem Text des deutschen Dichters und Polenkenners Johannes Bobrowski. Er schildert nicht nur das Problem des liberum veto in historischer Sicht, sondern gibt auch eine literarische Einführung in jene mystische Geschichtsvision, die das volkstümlich-künstlerische

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