ZEITJahrg.· Berlin,den12.Mai1906. Ut.32.
Herausgehen
Waximilian Kardm
Jnhalt:
Heite
Ptaestlgia ...............................193
Dialog vom Marsyas-. VonFranz FernaeH ..............202
Eine neue patiiturfchrifh VonBikky Taster .... ..·.....·..207
DerEhknesp Vongindocfgschmied .·................208
DieStadien der-Tiebr. VonWagnuz Hirtchfecd ............213
RufderTerrassm Von;i-Tai-Ye ...................219
« EinVor-kostetegermanischer Kultur. Vonxtarc güchle r .........220
Acht-lieh VonW.Ei. ....».....................228«
Uachdruck verboten.
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Erscheint jeden Sonnabend.
Preisv«ierteljährlich5Mark,dieeinzelne Nummer 50Pf»
Berlin.
Verlag der Zukunft.
Wilhelmftraße3a.
1906.
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Izerlim den 12.Mai 1906.
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Praestjgia.
InmeinerFreudeseheich,daßEuerDurchlauchtvölliggenefenist.DieBe-
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richteüberSpazirgängeundReiseplänehättenmich nicht überzeugt;
aber dieOffiziösensindwieder munterundschwatzenallerliebstesZequochen langwarsnichtzulesen. DaßSiesichsogarinNorderneyundBaden-Ba- den bisin dieNacht hineinpropatriaplagen,überhauptviel zufanatisch fleißigseienund dasMartyriumschonlängstnichtmehrtragenkönnten,wenn SeineMajestätJhnennicht sohuldvollbeiderErledigungderGeschäftehülfe.
Den Leutenfehlteben dasAugenmaß;siewissennicht,wasman demPubli- kumallenfalls noch zumuthen darf,undsindohneAufsichtdrumeigentlich garnichtzubrauchen.DasMartyrologiumkonntenichtwirken ; undselbstlibe- rale-Einfalt fanddenAufeistehungjammerlächerlich.Jetztgehtsjawieder.
GottseiDank!DerMann,derfürSiedieSiiddeutscheReichskorrespondenz bedient, machtseineSacheimmer amBesten. HatTakt und kannschreiben;
unconlon blcu,denSieumjeden Preis festhaltenmüssen.DasersteMai- dessinlobt aberauch denMeisterundbeweist,daßSiewiederausdenBeinen sind·FamoserEinfall,dreistundgottesfürchtigzubehaupten,»inparlamen- tarischenundsonftigenpolitischenKreisen«(derschlechteStilwarhierwohlvon dequnsch nachUnklarheitempfohlen?)iwcrdeauthrensliücktrittgehofftund erzählt,langewürdenSienachdemKollapsnichtmehrimAmtbleibenSehrnett namentlichderTonironischerUeberlegenheit,derharmloseGemütherdenver-
borgenenSinnundZweckderGlissirung nicht ahnen läßt. Natürlichhatin der
»UtngebungdesReichskanzlers«keine SeeledenUnfalljeernstgenommenxnoch
16
194 DieZukunft.
anrascherRekonvaleszenzgezweifelt;natürlich.DaßindiesemGeredekein wah- resWortist, weißEuerDurchlauchtgenaueralsich.Gerade diewerthe»Umge- bung«hatnochinderdrittenAprilwochegesagt:Derwirdnichtwieder.Sospra- chen auchdieReichsdiätarien,diedichtvorm Augegesehenhatten,wie Sie
vomStuhlsanken.sErsteDiagnose:leichterSchlaganfall.Zweite: Embolie.
Dritte: nichtsunmittelbar Bedrohliches,aberWarnunginzwölfterStunde;
wersolchenAttaquen ausgesetztist, muß sichvon derVerantwortlichkeitfür dieReichsgeschäfteentbürden.DochkeineSpurvonSehnsucht nach Jhrem Rücktritt.Denwünschtnur dasIhnen wohlbekannteFähnleinderAufrech- ten,mit derenHilfeSieeinst berganklettertenundderenEnttäuschungnun demlrjgh-reaching Buckingham Rachesinnt.Den«parlamentarischen undsonstigenpolitischenKreisen«bliebsofrevlerWunschfern.Diesindfroh,
wenn keinNeuerkommt,dervielleichtwenigerbequemwäre.Daßversucht wurde,denmöglichenNachfolgerfrühzuerspähen,kannSienichtüberra- schen;man möchtedochdansle mouvement seinundBenzin ausgießen,ehedie Wettsahrtbeginnt.DieSchreiber hattenschnellihrenMann: Radowitz.Die vomBauschütteltenungläubigdasHaupt.Der (bitte: rechtfreundlich!) »ent- schieden«LiberalegrubeineHoffnungaus:Marschall. Jstpersönlichzwarnicht allzubeliebt,hatabernochimmereinSteinchenim Brett.Daneben, versteht sich,ungefährAlles,wasnochimLichtwandelt. BronsartundBethmann,die Beidegewißnichtdrandenken,auchkeinenDiplomatenknrsusdurchschmarutzt haben;derKastanienwaldmann,dermanchmalJhreDoubletie schien;und derunvermeidlichePhili,dererstens,nach eigenemGeständniß,lieberRing- maker alsking istundzweitensmitseinenArterienkeinen Staat mehrma- chenkann. SeitinOesterreicheinHohenloheMinisterpräsidentist, scheinen dieChancendesLangenburgersgewachsen.Vettern anderSpitzederKaiser- reiche:nur einErzschelmkönnte dannnochanderJnnigkeitdesBündnisses zweifeln.AberErnstchenmuß erst aufdieHohe Schule;undhätte,mit der englischenHerzogstochteralsFrau,jetztkeinenleichtenStand. Diemeisten Stimmen hatteHermannHatzfeldt,dervonKoppsUngnadegetrosfeneTra- chenberger;vielleicht,weileralsKandidat desKaisersgalt, vielleicht,weilauch derMalteserbailli öffentlichgern als moderner Menschparadirt.FürVoll- ständigkeitderListekannichnichtbürgen.Doch versicheru,daßSieFavorit blieben undjedenTagzuhören,zulesenwar: EinenBesserenfindstDunit.
WürdigeMönnerschämtensichnicht,laut zukünden,imDeutschenReichgebe esanno 1906außerEuerDurchlauchtkeinenmöglichenKanzler.Unddiese Getreuenwerdennun alsarglistigeRänkespinnerhingestelltUnd mitkars-
P1·aestigia· 195 ruhigerIronie bewirthet.Thut nichts;derPfeil fliegtjahöherhinaufund wirdseinZiel nichtverfehlen.Hauptsache:»frischerundkräftigeralsvordem UnfallundschonmitMancherleibeschäftigt,abernichtmitRücktrittsgedam ken.« AlsSelbstanzeigenichtübel.MitMancherlei? Indenfüanochenist ja nichtweniggeschehen.SiehabenvonIhren GeheimräthensicherAllesbrüh- warm erhalten,werden,bevor Sie wiederdieMartyrqual auf sichnehmen, wohlabernicht schelten,wenn einErgebenerdasWichtigsterekapitulirt.
Witteistgegangen.ErkonntenichtsKlügeresthun,seinemHerrnnichts Besseresrathen.Dieneue FirmaGoreinykinhaftet nicht füralteSchuld, braucht sichaufErörterungenwittischenHandelnsnichteinzulassenundkann vorsichtigwarten,bisdieradikalstenKindsköpfeinderReichsdurnaabgewirth- schastethaben.SiehabenindiesemMinisterwechselgewißeinMeisterstück schlauerOrientalenpolitkbewundertund überdieTröpfegelächelt,die wieder malfür nächsteWochedenUntergangdesZarenreichesansagten.DieAnleihe wareinRiesenerfolg.Die Leiter des beilinerRussenkonsortiumswerdenJhnen erklären,daßeseinpolitischerFehlerwar, dem internationalen Concern schmollendfernzu bleiben(stattmitgelassenerMienedreihundert, fünfhun- dertMillionen gegenfestgarantirteJndustrielieserungenzuübernehmen),und einökonomischer,denFranzosengünstigereBedingungenzuverschaffenKol- legeGoluchowskihatdiewienerBankensanft genöthigt,mitzumachen;weil HabsburgdieJntimität mitHolstein-Gottorpzeigenund dendurchdie Men- surdepeschegenährtenVerdacht entkräftenwollte,diepreußischeLosungsei ihmGebot.Zum erstenMalhat auchEnglandwieder denRussenGeld ge- liehen.Diefranko-britisch-russischeentente istumeinehübscheStreckenäher gekommen.GroßbritanienbenutztdieGelegenheit,um inPersienundmehr nochinEgyptendieTiirkeizuärgern.ObdieWhigsbeweisenwollen,daßsie seitGladstones Zeit dochEtwasgelernt haben,undernstlichdrandenken, EgyptenzurenglischenProvinzzumachen?Darüber könnte LordGreymit Bourgeoisverhandelthaben. (FragenSienichtRadolinlDeninteresfirt höchstensderStammbaum deranglonormännischenFamilie.) Hauptzweck istzunächstaberwohl,dernmißtrauifchenAbd ulHamidadoculos zude- monstriren, daßerinNothlagenaufDeutschlandnichtrechnenkann.Diese Absichtwarsoforterkennbar unddeshalbmußtenwir unsruhighaltenund durften nichtloskreischemWir werdenEnglands Kreisenichtstören!Welcher KadettwardennwiederfürdiesesfalscheManöververantwortlich?Wenn SieimBettliegen,mußdochJemand dasein,der dieallerärgstenMißgriffe hindert.NachAbdulAziznunAbdulHamidUnddeszlam sollteunseregroße
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196 DieZukunft.
Hoffnungsein.SchöneWortehabendieMohammedanergehört,inKonstan- tinopelundTanger,abernachgeradeauchgemerkt,wasdraufzugeben ist.
Sobald sie einsehen,daßsie ohneEnglandnichts erreichen, hatdieFreund- schaftmitdendeutschenGiaureneinbitteres Ende;unddieGeschenke,dieunser Kaiser,insolcherFüllenur er,vom Sultan empfangen hat, sinddannein dürftigerTrost.Onkel Eduard versteht seinGeschäft.Hatunsin aller-Stille dieGefährtenweggewinkt.Einennur,Albertus von Monaco,ließeruns.
Trotzdemeraus seinerKreuzfahrt durchsMittelmeer Zeitgenughatte, auch anderAzurküstezu landen. Dochwarum aufZ6r0setzen?DerFrühlingist herrlich,auf demschonzurAusreisegerüstetenDampferderBallinieward die Kaiserstandarte nichtgehißtundderNeffe muß deutscheFürsten besuchen.
Eingroßes,kräftiges,aufallenLebensgebietenschöpferischesVolk:Und sovölligvereinsamt.,,Deutschlandin der Welt vornan«. DasglorioseWort hörenSiewohlnicht mehrgern.UndwirsindvorschlimmererUeberraschung nichtsicher.TrotzallenfriedlichenGelübdensiehtnichtnur derböseNachbarin demDeutschenReich einewachsendeGefahrSoll England warten,bis seinGe- werbevondenbestenMarktplätzenverdrängtist?GünstigerkanndieGelegen- heitkaum nochwerden.Werverbürgtuns,daßsieungenütztbleibt?Einnaher Tagkannunszur schwerstenWaffenprobezwingen.Auch öffentlichschlechteBe- handlungdarfeineGroßmachtaufdieDaüernichthinnehmen,ohneinihrem Kreditzu leiden; undunterunsmüssenwireingestehen,daßdieBehandlung schonrechtvielzuwünschenübrigläßt.Feinderingsum.So weithabenwirs ge- bracht.Verdienen dieLeute,dieSiedennochfürdenbestenallermöglichen Kanzler halten, für solchenarglosenGlauben nichtdieBürgerkrone?
.»DiegegenwärtigenMinisterEurerMajestäthabenalleErwartungen getäuscht,dasVertrauen der Völker undderRegirungenverscherzt.Preußen stehtfastallein inDeutschland,ja,inEuropa.DasHausderAbgeordneten lehnt seineMitwirkungzu dergegenwärtigenPolitikderRegirungab. Jede weitereVerhandlung besestigtunsnur in derUeberzeugung,daßzwilchenden RathgebernderKrone und dem LandeineKluft besteht,dienichtandersals durcheinenWechselderPersonenundmehrnoch durcheinenWechseldesSy- stemsausgefülltwerdenwird.« Sospracheinst,imMai1863,dieMehrheit (239gegen 61Stimmen)über eineRegirung,derensichtbatstcKöpfeBis- marck und Roonwaren-DieseZeitist fürsErstevorbei. Von demReichstag,in demnurdieSozialdemokratenJhnenopponiren,brauchenSienichtszufürch- ten.AuchvonderPressenochnichtsdemAmtslebenGefährliches.Beidehaben sogarJhreRedevom fünftenAprilgerühmt,dieSiedochsicherselbstkümmer- lich fanden. »Wirwolltenbekunden,daßsichdasDeutscheReichNichtals
Pruestigia. 197 quantittånegligeable behandeln läßt« ImmerdiealteLeier. Den damals nochhöllischängstlichenFranzosenwar nichteingefallen,denstarken Nach- baralsquantitåniågljgeablezubehandeln;auchHerrnDelcassånicht,derJhren Radolinfrühins Vertrauenzog,sichspäterzurBeseitigungjederetwanochvor- handenenKonsliktsmöglichkeitbereit erklärte undvondemohneGeräuschmehr zuhabenwar,alsSie inAlgesirasjeerlangenkonnten,mehrals dieunbefristete Handelsfreiheit,dermäßigeAntheilanderStaatsbankund diefranko-spani- scheHafenpolizeimit demKonzession-Schweizer,dernichtszusagenhat·Als guantjlrånrågligeable istdasDeutscheReichvondenJtalienern behandelt worden, fürderenTreueSiesichpersönlichverbürgthatten.Diehabenunsihr Abkommen mitFrankreichverheimlicht,dievonWilhelmgewünschte,vonLou- betsEitelkeitleichtzuerwirkendeAussprachederStaatshäuptergehindertund denBotschafterdesaufdermailänderAusstellungoffiziellvertretenenReiches jetztnichteinmalzurEröffnunggeladen. Diese lästigenDinge sindnichtmehr zu unterdrücken. Millionen sindimUrtheil einig;sprechenesnurnochnichtlaut auf derStraßeaus.NachdemTagvonKronstadt hatteCapriviimVolksver- trauen nichteinesoschmaleBasiswiedie, aufderSie heutestehenHatman IhnenalleZeitungenvorgelegt2Dannkann dieWandlungderTonartJhnen nichtentgangensein.SchonsickertdieWahrheitdurchDasTageblattbeschwört denSchattenBismarcksundflehtdieRegirungan,hinfürowenigerunstet undschwächlichzuhandeln. Jn derRheinisch-WestfälischenZeitungwird den verantwortlichenBeamtenMangelanMuthundFähigkeitvorgeworfenund gestöhnu»Wir genießendiebitterenFrüchteeinerRegirungvollgroßerPhrasen undschwächlicherThaten«. Im HannoverschenCourierheißtes: »Unsere Diplomatie,mitihraber leiderunserLand,erntet dieFolgen einerHaltung, derStetigkeitundFestigkeitdauernd abzugehenscheinenunddievergebens dieihrmangelndeWürdedurchtönendePhrasenzuersetzensucht«.Jnden HamburgerNachrichten:»Seit anderthalbJahrzehntenherrschtderKultus desäußerenScheines;wir lebennichtim ZeichendesVerkehrs,sondernin dem derschönrednerischenPhrasen«·Dassind frommenationalliberale Blätter.
UndSiewissen,wieschnellbösesBeispielguteSittenverdirbt. Ueber einKlei- neswerden SievonallennichtganzZuverläsfigendiesenTonhören.Diean-
ständigenLeuteim LandfordernihnundsperrendenJubelhymnendasOhr.
Da Sie,,frischerundkräftigeralsvordemUnfall« sind, darfman ja offenreden.DerReichstagparirt noch.NurdürfenSienichtetwaglauben, das dortsoreichlichgespendeteLobseiAusdruck einerUeberzeugung.Träge Herren wollen,solangeesirgendgeht,mitdenihnengewaltigScheinendengut stehen;kurzsichtigePatriotendasinternationale AnsehenderRegirungnicht
198 DieZukunft.
schmälern.AuchschätztderschlechtedenbesserenRhetorundbedenktnicht,daß schonMacaulaygesagthat: »DiestärksteRednergabebranchtdurchaus nicht mitKraftdesWillensundScharfsinn, sicheremBlickfürdieMenschenund dieZeichenderZeit, politischerundökonomischerBildung, diplomatischem odermilitärischemTalentverbunden zusein; geradedieAnlagen,denen die Redeneines Weltmannes denpersönlichenReizdanken, sind manchmalun- vereinbar mit denEigenschaften,die denStaatsmannbefähigen,eine drän- gendeNothmitraschemundfestem Griffabzuwehren-«Und kann ein deut- schesParlament sicheinebequemereLage wünschenals dievonIhnenberei- tete?JedergroßeEntschlußbleibtihm erspart.Diäten wolltJhr?Solltsie haben.DieKontrolvorschlägepassenEuchnicht?Werdengeändert.Ein Sekun- danerkönnteausrechnen,daßdieFlottenvermehrungnutzlosbleibenmuß,wenn dasTemponichtbeschleunigtwird.Aber derReichstagwillnichtmehrGeld be- willigen;und»nur keine innerenKonflikte!«HaltenSie denalten, braven, müdenFreiherrnvonStengel wirklichfür den«Ma·nn,derjdieReichsfinanzen saniren kann?Undenkbar. FühlenSienicht,wiediesetraurige Läppereiden KreditdesReichesschädigt?Gewiß.DieAnleihewird wiesauresBierausge- boten;miteinem Kinderspatenwirdnach Cinnahmequellengegrabenundjetzt, um würdigzuvollenden,gar, wie inBankeroteurstaaten,dieEisenbahnfahr- kartebesteuert·DasAlles flecktkaumdieBrandsohle.Wirbraucheninunserer VereinsamungvielmehrGeldWenn aberdiegroßen,alleinergiebigenOb-
ekteangebohrtwürden,käme einZetermordioausdenaufhohenStimm- zettelhausenthronenden Parteien.Alsobettelnwir uns lieberdurchundhoffen, daßes morgen Bratwürsteregnenwird.WeilderReichstag getäuschtsein wollte, mußtenwir densüdwestasrikanischenKriegerleben.WeilderReichs- tagsonstärgerlichwürde,werdendieTruppcnsachtschonwiederausSüdwest zurückgezogen,trotzdemkeinLindequistgarantirenkann, daßdemunzureichend geschiitztenLandnichteinAusstandderOwambos droht,dergefährlicherwäre als die Gnerilla derHereros undHottentotenUndderJahre langzärtlichge- hätschelteReichstagsollte solcherDurchlauchtnicht von Herzendankbarsein?
DasLandists nicht. Obwohlalle Beckengerührtwurden,war wäh- rendderKonserenzwehenvonruhigenBürgerndasschlimmeWort,,Olmütz«
zuhören.Das Landist wachund wirdnicht sobaldwiederin denSchlummer zurücksinken.Dasdürfenswirhoffen. »WirlassenunsdieLügen,osfizielle, ossiziöseundfreiwilliggeleistete,nicht längermehrgefallen.Wirwissen,daß niemals,nichtunterPhokas nochunterLouisNapoleon,sodreist,sounaufhör- AggkggpsofystegcggglzjzzzzfgxFixstern-Jaaichtligevaxgjguißentstellt
wordenistwieheutebeiunsfundhab-InssattJJåhTelciiiglließenfbirhiinsein:
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«
Praestigia. 199
lullen undwähnten,nurGrillenfängerundKlugschwätzersähendendeutschen Himmelumdüstert.AusdiesemWahnsindwirerwacht;und derLärm,deruns aufrüttelte,hatunserkennengelehrt,wievielschonverthan,unrettbarverloren ist.Niewar unsereHeimathinsogefährdeterLage;auchderkleinePreußen- staat nicht,seitergegenBonaparteinOst undWestBundesgenossenfand.Aufs Haar istAllessogekommen,wieBismarckhundertmalvorausgesagthat,den dieLügnerzunftdrumwie einenenttäuschtenStellenjägerbehaudelte.Mitun- seremWillen soll nicht nochmehrverloren werden. EuerGeschreivon der großenZeit,vondenherrlichenErrungenschaftenundPersönlichkeiten,denRe- den uudStaatsmännerthaten,denendieWeltandächtiglauscht,EureReklame- kniffeundKomoediantenmätzchensindunszum Ekelgeworden.AuchEure niederträchtigenVersuche,durchSensation,dieJhrausallerHerrenLändern zusammenschleppt,dasVolksgewissenzutäuben,die Blicke der Nationvon denDingen abzulenken,die alleinfür sie wesentlichsind. LaßtdieRussen ihrenNikolaiverdauen,dieMagyarenanihrem BorstenspeckundPußta- dreckerstickenodernoch fetterwerden.Nothzwingtunseinstweilenzusoernster, so unaufschiebbarerArbeit, daßwirnicht Zeit haben,anderen Völkernin die Töpfezugucken.PseistunsauchnichtmehrdasLiedvondemFrommen,der nicht still inFriedeulebenkann,weil es dembösenNachbarnichtgefällt.Wir werbennichtum, rechnennichtausLiebe,sind selbstbereit,dieDummheit, dasJrrlichtelirendesNachbarszuunseremVortheilzunützen,undbezahlen dieWächterschaarnicht,damitsiesichmüßigübertölpelnläßt, sondern,da- mitsieunsfrühvorFährnißwarnt.VermagsieDas nicht,dannmüssenwir dafürsorgen,daß sie,ob heute auchdieGnadensonnesienochso hellbescheint, morgenweggejagtwird.DaCzechenvom HauseHabsburgdenSturz jeder Regirungertrotzen,russischeJuden,StudentenundSektirerdenKaiser-Papst zurWahldesihmlästigstenMinisters zwingenkonnten,wird dastüchtigste VolkMitteleuropas wohlim Stande sein,sichsähigeGeschäftssührerzuver- schaffen.Leicht;undohneeine SekundenurdiewirklichenRechtedesersten deutschenFürstenanzutasten.Daßesbishernichtgelang,istEureSchuld, EurerpfiffigenSchelmenkunstoder EuresfahrlässigenLeichtsinns.Jetzt seid Jhrgewarntzund steht,wennJhrdasTrügerhandwerkweitertreibt,alsLan- desverrätheramPranger«.Soendlichzusprechen,wurdenvorsechsMo- natendieernsthaftenLeute in der»Zukunft«ermahnt. SagendieNational- liberalen,dieichvorhin citirte,nicht fastdasSelbe,mitanderenWortennur?
DiedeutscheWeltsiehtheutenichtmehrauswieimholdenMai1905.Damals hattederBürgernochJhrestolzeRedeimOhr:»Wirstehenmitzweigroßen MächtenineinemsicherenBundesverhältniß,zufünfanderenMächtenin
200 ,- DieZukunft.
freundschaftlichenBeziehungen·AuchmitFrankreichwerdenwir, soweit es von mirabhängt,nachwievordemVertrag(derentente cordiale mitEng- land)inRuheundFriedenleben. Voreineszolirung brauchenwir unsnicht zufürchten.Deutschland istzu stark,um nichtbiindnißfähigzusein. Füruns sindmancherleiKsombinationenmöglich;undwenn wirunferSchwert scharf erhalten, brauchenwir dasAlleinseinnichtzufürchten«.Brauchens nochimmer nichtund wollensnie lernen. Fragen aber,wodie beidenfest Verbündeten, diefünf FreundeunddiemancherleiKombinationen seitdemgebliebensind.
Undhaben einstweilenkeineLust, ähnlicherRede zulauschen. »Wieesum unsinderWeltsteht,habendieHerrengesehen«,sprachnachTisch derKaiser.
...AmachtenMaiabend kam ausKarlsruhedieBotschaft:DerKanzler ist frischerundkräftigeralsvordemAnsall;hatalso, durfteman ergänzen, dieGeschästewieder instarkerHand.UndamselbenAbendlasenwir: »Kaiser WilhelmbesuchtimJunidenKaiserFranz Joseph.DerChefdesGroßenGene- ralstabeswirdihnbegleiten.NachdenunruhigenTagenderMarokko-Konfe- renzsolleinneuer,weithinsichtbarerBeweisvondem unverrückbarenBestande desdeutsch-österreichischenBündnissesgegebenwerden.DerEmpfang unse- resKaiserswirdsichüberausglanzvollgestalten.ZweiPrunkmahleundeine großeTruppenrevuesindgeplant.DieAnregungzu derZusammenkunstistvom KaiserWilhelmausgegangen.«DasschienzunächstdasWichtigsteDerjiingere Herrscherhattesich(vielleichtvonDonaueschingenaus viaFärstenberg-Schön- born-Buchheim-Hohenlohe)angesagt,warnichtvon dem ältereneingeladen·
worden;und dieamwienerBallplatzRegirendenlegtenWerthandierasche FeststellungdieserThatsache.UnbehaglichNichtjederBesuch,den einartiges LächelnderWirthewillkommenheißt,wirdvonsrohenHerzenbegrüßt.Wozu dieAffichirungeinesseitJahrzehntenunterschriebenenBündnisses,andessen BestandNiemandzweifelt?DiesesBündnißistjetzt,daaneinen russischenAn- griffskriegnichtzu denkenist,denOesterreicherngarnichtunbequem:nurfür unsleiderunfruchtbar.JstEuerDurchlaucht sicher,wie derschwarzgelbeHase laufenwürde,wenn imWestenein Brandausbräche?Sehrgünstigwirktübri- gensderVersuchnicht,unsimGlanzösterreichischerFreundschaftzusonnen.»Ist mirnichts,istmir garnichtsgebliebenalsdieEhr’und diesgreisendeHaupt.«
Werweiß,ob diefreundlicheAbsichtdrübenmitWohlbehagenvermerktwird?
Generalstabschef,Galatafeln: dasindRedenzuerwarten;und dieLeutefürch- tennachgeradeüberall,vonunspolitischfestgenageltundöffentlichgenöthigt zuwerden,ol’(åp0userles hajnes d’autrui. Auchauf·den,,glanzvollenEm- pfang«hättenwir gernverzichtet.Eduard fährtalsReisenderfiirdiebritische Weltfirma durchEuropaundmacht ohneAufsehenguteGeschäfte.Glaubt
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Praestjgia. I 201
man,demDeutschenKaiserAugenweideundFestgeprängbieten zumüssen?
Am Endekommt,wieinNarwa, Windsor, Rom, Budapest,wiedernichts Nützlichesheraus.EinGlücknoch-,wennAllesohnesicbtbaresUngemachabläuft.
Sodachtenwir;undfrösteltenimheißenMai.ZwölfStunden danach hattenwirschondieersteLenzbescherung.HochofsiziösesausWien:,,Kaiser
.Wilhelm wird,wie wirvernehmen,dieHofburgnichtbetreten, sondernnurim schönbrunnerSchloß,imHauseseinesBotschaftersundimPalaisdesGrafen WilczekVerweilen.Parade,Prunkmahl,TrinksprüchesindnichtinAussichtge-
nommen. Eswäreauchverfehlt,demBesuchirgendwelchepolitischeBedeutung
beizulegen;unddieTendenz, ihmeine gegenItalienoderEnglandgerichtete Spitzezugeben,würdehier sehrtunangenehmberühren«.EinelieblicheOu- verture. KollegeGoluchowskischeutdasFeuer.EinPrivatmann würdenach solcherAufnahmederBesuchsankündungvielleichtschroffabsagen.Daskannder Vertreter einerGroßtnachtnicht.AbermußesunterdemwechselndenMond dennimmersobleiben? DieselbeGeschichtehaben wir,in Einbändenvon
verschiedenerFarbe,nun dochoftgenuggelesen.DiewienerHerren finden, sie hättenmitUngarn,Czechen,Alldeutschen,Polen,mitzweiWahlresorrnenjetzt geradegenugzuthun. KeineNeigung,nocheinmale hören,Oesterreichhabe inAlgesiras,,·brillantsekundirt«,undsichsürNothsälle(vondenenman lieber nichtoorherredet)dieGegenleistungversprechenzulassen-Deshalbwirdslinkdie Schrankegezogen.»Aufrichtigerfreut.Aber wir bleibenfamiliär,auchwenn Moltke undTschirschkymitkommean SchönbrunnblühenimJunidieschön- sten RosenundWilczekzeigtunssein restaurirtes Schloß.Nur keinpolitisch Lied!Jntimität ist auf dieserargen ErdehöchsterLebensgenuß.«Hoffentlich sinddieberlinerOffiziösensofort richtig instruirt worden.Nochein paar takt- losüberschwänglicheArtikel:undder Verbündete wirddeutlicherunderklärt,der casus foecleris(denerjetztvomnahenOsten hernichtzufürchtenbraucht)werde ihninBereitschaftfinden;ebenso wichtigwie dasBündniß seiihmaberdas ungetrübteVerhältnißzu denWestmächten.Dann hättederliebeOnkelwie- dereinenguten Tag.Und in denletztenJahren habenwirseltenzu werben aufgehört,bevor dereingehandelteRosenkorbvon Europa beschnüsfeltwar.
PlanundArrangementdesBesuches,dernachderMensurdepescheja dreimalvorbedachtseinwollte,stammt natürlichvonIhnen.EinenBesseren findstDu nit. DieKöniglichPreußischeAkademie derWissenschaftenbestätigt, schonin derTerminologiederKielerWoche,daß»HöchstsieauchbeihoherSee undwidrigemWinddasStaatsschisfin unbeirrterFahrt halten,mit derRuhe undSicherheit,der wir in derernstenZeitderletztenJahrevertrauen lernten.«
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