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Volk und Rasse, 16. Jg. März 1941, Heft 3.

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Volksmslstasse

16,.I. F.JahrgangLehmanns 1941Verlag,.München-BerlinHeft3März Karl Zimmert:

Das Werden des deutschen Volkes Und leiner Stämme, von der sprachforsehung her gesehen

Es bestehtkein Zweifel mehr darüber, daßdie deutschenStämme —- nichtzuverwechselnmit den zahlreichen politischenTerritorien vom 13.bis ins l9. Jahrhundert ——— durchaus nichtdiedeutsche Einheit gefährden;imGegenteil, daß siebeirichtiger politischer Haltung undFührung sichwundervoll er- gänzen: Jeder einzelnevollbringt, seiner besonderen Fähigkeit entsprechend, eigenartige Leistungen, die derGesamtnation zugute kommen. DieWissenschaft hatsich daherinsteigendem Maße bemüht,dieFrage nachderEntstehung dieserStämme und damit auch des deutschen Volkes zubeantworten; soweit ich sehe,imwesentlichenmit Hilfeder Geschichteund Rassenkunde. AberauchdieSprach- bzw.dieMund- artenforschungkanndenWegin dieTiefendesvolk- lichenWerdens weisen. Auchvon dieser Grundlage aus läßt sichderAufbau derdeutschenStämme und desGesamtvolkes darstellen.

DieMundartenforschung verfolgt auf Grund eines reichen statistischenMaterials denVerlauf jener Grenzen, bis zudenen innerhalb eines bestimmten Gebietes bestimmte Wortformen imGebrauch sind, undlegtsieals,,Linien« aufderSprachenkarte fest, soetwa die Linie von »ich«statt »ik«.Sokonnte sie feststellen, daß jeweils zahlreicheLinien in,,Linien- bündeln« nahezu zusammentreffen, undkonnte auf diese WeiseeinenRaum gegen einenbenachbarten abgrenzen, in dem andere Wortformen im Ge- brauch sind. Solche mundartlich abgeschlosseneGe- bietesind zugleichRulturräume: ,,Kernlandschaften«, innerhalb deren sich infolgederVerkehrsgemeinschaft einsprachlicher Ausgleich vollzieht, ausgehend von einem politischenoder kulturellen Mittelpunkt wie Köln,Trier oder Berlin (mitteldeutsche Sprachinsel inmitten des,,Niederdeutschen«).Sie verhalten sich gegeneinander meist passiv; einigeaber sind sehr aktiv,wiez.B. Bayern gegenüber Schwaben und demNorden, oderMainzundTrier,gleichfalls nach Norden hin.Von ihnengehensprachliche ,,Strah- lungen« (von Wortformen) aus, weniger aufdem Wegeder ,,persönlichen«,als der ,,mündlichen«

Wanderung,bzw.Fortpflanzungzjedenfallsaberent- langdenVerkehrswegen. MancheSprachlandschaften werden durchdiebenachbarten ganzumgebildet.Von Regensburg aus stößtdas ,,Mittelbayrische«ins ,,Nordbayrische«vor, währenddas ebenfalls nord- bayrischeEgerland in seiner landschaftlichen und eben darum mundartlichen Absonderung beharrlich bleibt. Solche Umbildungen gehen sehr langsamvor sich.DerVormarschder mitteldeutschenMundarten

insNiederdeutsche hinein begannim 14.Jahrhundert staffelweisez zunächstinder Linie »ich« für ,,ik«;

am weitestenkamen ,,besser«für ,,beter«und,,woche«

für,,weke«,diese Form biszur Ostsee.DieSchrift- sprache trägtzudiesem Vorgang bei. DieUmbildung des Niederdeutschen istaber noch lange nichtbe- endet. Schneller als totale Ausgleicheund Umbil- dungen verlaufen Einzelvorgänge,eben die,,Strah- lungen«.DiezweiteLautverschiebung, die dasHoch- deutschevom Niederdeutschenabhob,. durcheilteden deutschen Sprachraum vom Südrand biszurnieder- deutschenSprachscheidevom 6. bis8.Jahrhundert, diehochdeutsche Diphthongierung von Kärntenaus denselbenRaum vom 12. bis15.Jahrhundert. Uber dieUrsachen dieser Lautverschiebungen istman sich nochnichtimKlarenz obrassische Einwirkungen im Spielesind,obKulturströme vom Süden (Lango- bardei). Tatsache ist, daßdieallermeisten Kultur- ströme,dieaufdieSprachentwicklung Einfluß übten, vom Süden und Westenkamen; im Zeitalter der Staufer war der deutsche Südwesten kulturell führend. Später zogen Kultur- und Sprachformen mit derOstkolonisation von Westen nach Osten, noch spätergewannen dieostmitteldeutschen Mundarten großenEinfluß auf diefürstlichen Kanzleien von Thüringen bis Schlesien und Mähren,damit auch aufdieneuhochdeutscheSchriftspracheLuthers.

Eine klare, umfassendeUbersichtüber dieErgeb- nissederMundartenforschungen bietet inden letzten Jahren Ad.Bach. Alswichtigstes stellterin Uber- einstimmung mitWrede fest, daßdieheutigenMund- artgrenzen nichtmitden alten Stammesgrenzen zu- sammenfallen, daß jene vielmehr durchdie kulturellen Räume, politischen Territorien (15.bis 18.Jahr- hundert) bedingtsind.Was läßt sichnun aus den bisherigen Ergebnissen der Mundartforschung fol- gern? Erstens: WiesichinspätererZeitinnerhalb neuentstandener Territorien durchAusgleiche neue Mundarten bildeten, so mußten auchdiegermanischen Stämme der sogenannten Völkerwanderungszeit, d.h.diejetzigen Altstämme, sich nach ihrer Seßhaft- werdung erstgegenseitigpolitisch abgesondert haben, bevor ihre Mundarten sichentwickeln konnten;esgilt fürdasVerhältnis von Mundart zu Stamm, was Kjellön über das Verhältnis von Sprachezur Nation sagte:dieSprache seieinwich- tiges Zeugnis durchgeführter und abgeschlossener Nationsbildung, nichtderen Ursache, sonderneine ihrer Wirkungen. Zweitens: DiedurchdieMund- artenforschung ausgegliederten Sprach-(Kern)land- DerVerlagbehältsichdasausfrhlielzliche RechtderVervieliältigungundVerbreitung derindieserZeitschrift zumAbdruck gelangenden Originalbeiträge vor.

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sie Volks-We

schaften haben sichzum Teile erstvom späteren Mittelalter an ausgebildet. Iosef Nadler weistim Abschnitt ,,Neustämmeund Siedelgemeinden«dar- aufhin, daßdiegrößeren Koloniallandschaften be- reits stammhaft geworden seien, so Mecklenburg, Pommern, preußen, Schlesien, Meißen,Branden- burg, Siebenbürgen.Unddoch setztsichdie Bevölke- rung dieser Neustämme aus oft mehr alsdrei ver- schiedenen Siedlerströmender Altstämme zusammen;

Siebenbürgen aus vier,das GottscheerLand sogar aus sechs.Alle abersindimZustande mundartlichen Ausgleichs. Drittens: Diedeutschen Stämme, die uns jetztalsvon jehergegebenerscheinen,diesoge-

nannten Altstämme, müssen also sogut wiedie

neuen Stämme,diesich aufdem Rolonisationsgebiet

des Ostens entwickelten, ebenfalls einmal Neu- stämme gewesen sein,d.h.sichaus verschiedenen kleineren Stämmen undVolkssplittern zusammenge- setzt haben, um sodannlandschaftlich und politisch zum Großstammzuverschmelzen. Undinder Tat:

EszogennachBritannien neben AngelnundSachsen auch Iüten,Warnen, Sweven, FriesenundChauken;

mit den Langobarden nachItalien auch Sachsen, Gepiden, Schwaben, ja auch Bulgaren, Sarmaten, Pannonier, Noriker. Auch Franken, Alemannen, Sachsen und Bayern schlossen sichaus verschiedenen Kleinstämmen zusammen. Bevor ichaberweiterhin mit diesengermanischenGroßstämmen mich befasse,

.möchte ichder Fragenachder Beschaffenheit ihrer Bestandteile, der germanischen Stämme der Vor- völkerwanderungszeit, michzuwenden.

Auchüber die germanischen Stämme der Völkerwanderungszeit erteilt die Sprachfor- schungdie beste Auskunft. Wohl unterscheidet sie West-, Ost-und Nordgermanen. Ihre Sprachen hatten sich durchdieerste,diegermanische Lautver- schiebungaus der indogermanischen Sprachgemein- schaftausgegliedert. Aber all die zahlreichen ger- manischenStämme besaßendamals nocheineweit- gehendeinheitliche,einegemeingermanische Sprache.

Das gilt nochbiszurzweiten,althochdeutschenLaut- verschiebung, wiedieMundartenforschung feststellte.

Nur aufdem Boden weitgehender Sprachgleichheit war auch, wie Wagner meint, dieangelsächsische Mission aufdem Festlande möglichund wirksam.

Hören wir dieantiken Schriftsteller, besonders Tacitus! Dieserwar überdieVerhältnisseder Ger- manen ziemlichgutunterrichtet; selbstüber denOsten, wieseine Bemerkungen überdiePeucini, Marsigni undBuri einer-,überdieCotini und Osi anderseits bekunden. Tacitus kennt keine sprachlichen Unter- schiede zwischenden Germanenstämmen, nur einen solchen zwischen ihnen, Galliern und Pannoniernz auchkeinen rassischenoder wesentlich kulturellen.

Die altgermanischen Stämme liebten es durch breite Markzonen getrennt zusiedeln.Der Stamm kämpfte nach Sippen getrennt und in größerer Rampfgemeinschaft als Stamm neben Stamm.

Solche Berichte genügen nicht,um rassischeVer- schiedenheitderStämme annehmen zudürfen.Zwar sprichtTacitus von derrassischen Unversehrtheit der Germanenz dasbedeutet aber nur, daß sie sich nicht mitFremdrassigenmischten, läßtaber dieMöglichkeit

III-I

der Einheirat in diegermanischenNachbarstämme zu. Abgesehen von einer Bemerkung über die Chauken sindnur noch zweiüber Rassenmischung anzuführen.Er sagt, daßdiePeuciniimmerhin durch Einheirat gemischt seien. Muchführt nichtmitUn- rechtihrenBeinamen Bastarnä auf denselbenWort- stammwiedas Wort Bastard zurück; ebenso dürfte seine Annahme richtig sein, daßdieHalbgermanen des Livius mit den germanischen Hilfsvölkern der in- subrischenGallier in derSchlacht beiClastidiumund mit den GäsatendesPolybios inder Schlacht bei Telamon identischseien.In ihrer Vereinzelung be- kräftigen dieseEinschränkungen die Regel: die Rassenein-und-reinheitderGermanen derVorvölker- wanderungszeit. Sie waren weder sprachlich noch rassisch geschieden,bildeten alsonur landschaftlichund politischgetrennte Einheiten der nordischenGrund- rasse. Feinere, sprachliche Unterschiedeund Sonder- formen entwickelten sich erst allmählich.DieRassen- ein- und-reinheitwar aberselbst noch nachderVölker- wanderungszeit so groß, daß I.Ran kemeint, daßdie frühmittelalterlichen süddeutschenReihengräber durch die Verteilung von Längen-Breiten-Indizes der Schädel erweisen, daßdiedamalige germanischeBe- völkerung Süddeutschlandsmit der heutigen Land- bevölkerungvon Dänemark übereinstimmt.

Es giltnun, die Wandlung der germani- schen Großstämme der Völkerwanderungs- zeit zudeutschen Stämmen zuverfolgen. Nicht in derForm der»Gefolgschaften«, sondernetwa nach Art derBurentrecks wanderten ganze Volksstämme, veranlaßt durchden ZwangderLandnot. Oftwar es aucheine junge Auslese nach Art des italischen

ver sacrum; mitunter vereinigten sich Gruppen aus

verschiedenenStämmen, wieder nur zwangsweise, um dasgemeinsame Ziel,dasNeuland, um so sicherer zuerlangen. Ein lehrreichesBild zeigtuns derVer- band dersiebenStämme unter FührungdesSweven- königs Ariovist.Damals übernahmderVerband nach demführendenStamm denGesamtnamen »Sweven«

WäredieLandnahme geglückt, sowäreauf gallischem Boden einGroßstamm entstanden und heutewürde ohneCäsars Bericht niemand wissen, daßursprüng- lichnur einerdersiebenStämme denNamen Sweven geführt hatte (B.G.I. S. 1). Nachdem dasZieler-

reichtwar, trennten sichdie Stämme von neuem und wurden dann erstvielspäter politisch geeint,wie z. B.

dieAngeln, Sachsen u.a. inBritannien. Nur in einem günstigenRaume konnte einfrühzeitiger poli- tischer Zusammenschlußder Volkssplitter erreicht werden, wie inBayern. Im nördlichenGallien er- reichtendieMerowinger den Zusammenschlußdes Frankenstammes nur durchVerbindung von Rück- sichtslosigkeitundwelscher Listmiterlernter römischer Kriegskunst Diesogenannten Stammesherzog- tümer waren also nicht naturgegebene Gliede-

rungen des Germanentums, sondern durch den

Zwang der UmständezusammengeführteStammes- verbände,waren durchdieKunst ihrer Führerge- bildete politische Einheitenz demnachwar auch dieHerzogs-oderRönigswürde sehrbaldmehroder wenigererblicher Besitz geworden. Das zeigt auchder weitere Verlauf der Geschichte. Hatten schondie

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liestS

AgilolfingerinBayernundLiudolfinger inSachsen sichbei derGründung ihrerStaaten keineswegs um Stammesgrenzen gekümmert, so hatten auchbei der Gründungdesdeutschen Reiches919nichtetwa alle deutschenStämme mitzutun, sondernnur dieFran- ken, Bayern, Schwaben und Sachsen.Andie Stelle dieserTerritorien des frühen Mittelalters traten späterwieder andere Territorien; was aber sehr bezeichnend ist, auchandere Stämme. Denn dann gab eskeinalemannisches odergroßfränkischesStammes- bewußtsein mehr, sonderneinschweizerisches, elsässi- sches, schwäbisches, pfälzisches, lothringisches, rhein- ländisches, hessisches, mainfränkisches.

Nach erfolgter GründungdesGroßstammesund der Grenzziehung (Rennsteig!) begann Absonde-

rung gegen die anderen Stämme und der

Ausgleich im Innern, nachRechtund Sitte, Mundart, ja auch in rassischerBeziehung; die Wandlung der germanischen zu deutschen Stämmen. Kann man nämlich glauben, daßdie Verschiedenheitderneuen Lebensräume anderNord- see,im Mittel- und Hochgebirge,in densüdlichenTal- ebenen mitihren großenTemperaturgegensätzenund ihrer Trockenheit ohneEinfluß aufLeib undLeben der Bewohner, vor allem aufihre Sprache bleiben

konnte? Kann jemand bezweifeln, daß die be-

ginnende Mischungmit Fremdrassigen inWest,Süd und OstdieBildung von Schädelformund Sprach- organen beeinflussenmußte? Fastalle sprachlichen Änderungenvom 6.Jahrhundert an gingen gerade von den südlichsten Gegenden aus und fanden dort ein Ende-·wo das Germanentum inder Tiefebene keinerlei ÄnderungderUmwelt erfahren hatte (siehe auchBach, Deutsche Volkskunde, überdie,,natür- lichen Bedingungen desLebensraumes l§ 3501und denEinflußderUmgebungund Tradition« l§ 344]).

Schon Günther glaubte darauf hinweisen zu müssen, daßdasBajuwarische und Alemannischein Mundart, Charakter undgeistiger Veranlagung durch dieMischung mit fremden Rassen beeinflußt sein könnte. Eine neue Rassenmischung erfolgte vom 8.Jahrhundert an, seitEinführung des Christen-

tums. Damals beganndieAufhebungderSchranken

zwischen Freien und Unfreien, das gleichzeitige Schwinden derMassederGemeinfreien unddasAuf- steigender Ministerialen aus dem Stande der Un- freien. Diefremdrassische Mischung vollzog sich durch dieMischungmitSlawen undromanisierten Kelten, davorzüglichaus diesen sichdieunfreien Stände zu- sammensetzten,oder durch ihre Eindeutschung. Jene brachten Ostbaltische,imSüdosten auch Dinarische Rassenbestandteile, diese Ostische,ingeringem Maße auchWestische hinzu.

Die deutschenStämme, die im 9.Jahrhundert ihren endgültigen politischen Zusammenschlußvoll- zogen,waren also wesentlichanders beschaffenalsdie, welchezurVölkerwanderungszeit halb freiwillig- halb gezwungen sichzuden germanischen Großstämmen zusammengeschlossenhatten. Läßt sichderZeitpunkt bestimmen,wann dieseStämme aus germanischen deutfcheStämme wurden? Eine Frage, dieiden- kifchMitderjenigennachdem Beginn desdeutschen Volkes ist.

VolkundRasse.März194I.

liqu Stumm-t- das werden do-deutlckien voll-ei und seiner Stämme usw. U

Die Anfänge des deutschen Volkes dürften jetzt, ebenfalls unter Mitwirkung derSprachwissen- schaft, einigermaßen aufgehellt sein. Vertreter der christlichen Weltanschauung stelltendieTheseauf, . dasdeutscheVolk sei erst durchdasChristentum ent- standen. Das ist wohl nur ein Schluß »posthoc, ergapropter hoc«.Bach (a.a.O.§ 347) schreibtdie

»Zusammenschweißung«der Stammesvolkstümer denkulturüberbauenden Umwelteinflüssen, besonders der,,Verkehrsgemeinschaft«zu,sie seialsein»sozial- psychologischesFaktum« zu werten. Auchandere Staaten sind nochvor Annahme des Christentum-s entstanden, z. B.das RußlandderRuriks oderdas Ungarn derArpaden. Richtig ist, daß sichdie Mero- winger undKarolinger desChristentums zum Auf- undAusbau desfränkischen Reiches bedienten,aber ebenso wahr, daßdieKirche zwecks Erhaltung dieses ReichesdieAbspaltung desostfränkischen mehr zu verhindern alszufördern bestrebtwar. Wir hören aber von keinerlei Anteilnahme deutscher Kirchen- fürstenan dem Wahlakt, durch welchendieFranken, Schwaben, Bayern, Thüringerund Sachsen887an Stelle des abgesetzten Kaisers Karl des Dicken Arnulf von Kärnten zum König desostfränkischen Reiches erhoben.DiemönchischenAnnalisten hätten sonst gewißeiner solchen Anteilnahme rühmendge- dacht.Das Frankenreich hörtegegen denWillen der Kirche aufzubestehen, unddasostfränkische Reich wurde, mindestensohneMitwirkung derKirche,zum Deutschen Reiche(Mühlbacher).

Bisher war man der Ansicht,esgäbevor dem lo. Jahrhundert keinedeutsche Geschichte;daskann jedochnur mit der Einschränkung gelten, daßman nichteinbestimmtes Jahr für ihren Beginn angeben kann, sonderneinen längeren Zeitabschnitt ansetzen muß,indem sie sichaus der Geschichtedesgesamt- fränkischen Reiches herausschälte.Das geschah seit demTode KaiserKarls (8l4) währendderRegierung Kaiser Ludwigs desFrommen und König Ludwigs desDeutschenund vollzogsich parallelmitfolgenden imZusammenhang stehendenVorgängen: mitdem Verfall desGesamtreiches, mitderfast ausschließlich durchdiedeutschen Stämme gemeinsam geführten VerteidigungderGrenzendeswehrlosenReiches,mit dem dadurch wachsenden Zusammengehörigkeitsge- fühl dieserStämme und mitdersprachlichen Lösung desDeutschtums vom Romanentum und Festlegung der Sprachgrenze. Meilensteine dieser Entwicklung sinddieStraßburger Eide 842,derTeilungsvertrag zuMeersen870, dermehr freiwilligealserzwungene politische ZusammenschlußderdeutschenStämme 887.

Esbliebenur dieFrage übrig,obes887nur deutsche Stämme oder nicht aucheindeutschesVolk gab?

Ein BeschlußderSynodevon Tours unterscheidet 813 zwischender Iinguarustica romana und der lingua theodisca. Die Iingua theodisca erscheint übrigenszuallererstimJahre 788 (Meynen). Die Straßburger Eide werden 842in derlinguaromana und linguateudisca gesprochen. Esistganz unzu- lässig, gegenüber dieserklaren Unterscheidung der altfranzösischenund althochdeutschen Sprache von einem Unterschied zwischender SprechweisedesVol- kes und der gelehrten Kirchensprachezureden; deut- 6

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licher nochwird 860Otfried,wenn ersagt,erhabe dasEvangelienbuch ,,theodisce«oderin,,Frenkiska zunga« geschrieben.Diedeutsche Sprache als solche war also spätestens seitEnde des8.Jahrhunderts innerhalb undaußerhalb Deutschlands begrifflicher- kannt, wieja auchKaiserKarl sich eifrig fürdie Pflegederdeutschen Sprache einsetzte. Also gabes auch schondas deutsche Volk,und seineStämme mußten wissen, daß siezu einander gehörten.Mit Unrecht hatman »diutisk« (diot-isk)nur auf Sprache, Spieleu.a.undausgerechnet nur nicht aufdie »zum Volke gehörigen« Menschen, aufdieVolksgenossen, ,,Diutiski«, beziehen wollen. Als Volksnamen lernten dieDeutschen selbst erst diese Bezeichnung durch dieNachbarn kennen,wiejameistenteilsdie Völker

ihre Namen durch die Nachbarn bekommen; in

diesem Falle istes eine Art Rückentlehnung. Be- zeichnenderweise tauchtTeutisci alsVolksname zuerst aufitalienischem Grenzboden, 845 inTrient, auf (Meynen); imAltnordischen werden dieDeutschen Thydiskr,imAngelsächsischen Thiudisk genannt.

Es kann kaum mehr bezweifelt werden: die deutschen Stämme galten spätestens schonzu KaiserKarls Zeitennicht als ebensoviele ver- schiedene Völker, sondernals ein zusammen- gehöriges Volk mit gemeinsamer Sprache, und sieselbstwaren sich dessen auch bewußt. Daheraber mußdasWerden desdeutschenVolkes schonvor Kaiser Karl begonnen haben. Wenn Günther meint,der Zerfallder breiten SchichtderGemein- freienhabeaus dem Germanentum dasmittelalter- liche Deutschtumentstehen lassen,das schondie Mit- wirkungdesseelischen Wesens nichtnordischer Rassen erkennen lasse,sokönnteman an das7. bis8.Jahr- hundert denken,an dieZeitdesVerfalls desMero- wingerreiches und der Ubergriffe der fränkischen Großen. Dazukämefolgende Erwägung: wenn vom 6.bis 8.Jahrhundert diezweiteLautverschiebung (z.B. »ik«zu,,ich«, ,,dat«zu,,das«)wieeineWelle so leichtvon Gau zuGau, von Stamm zuStamm eilenkann, so müssen dieseeben schoninengen Be- ziehungengestandensein; sie haben sichsodannim gemeinsamenpolitischen Rahmen desFrankenreichs, durchgemeinsame Kampfhandlungen derdeutschen Stämme und durch gemeinsame»kulturelle Aus- einandersetzungmitderrömischen Uberlieferung und demChristentum verstärkt.Eben jene Lautverschie- bungwurde ihrerseitswieder dasersteElement einer sichbildenden althochdeutschen Sprache,dieesaller- dings über Anfänge hinaus nicht weiterbringen konnte. So also,könnte man sich denken,gingdas Werden desdeutschenVolkes in dreiJahrhunderten vor sich,insprachlicher,sozialpolitischer, rassischerund religiöser Beziehung, wobei gleichzeitigdiedeutschen

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Stämme politisch, mundartlich und rassisch eigene Zügeausbildeten. DieSachsen,bis inKaiserKarls Zeiten einaltgermanischer Stamm, beschließen erst vom 9. Jahrhundert an die Zahl der deutschen Stämme; mit ihm erhält auchder deutscheVolks- körper seinen Abschluß.

Wiediewechselvollen Schicksale innerhalb eines Jahrtausends dasweitere Werden desdeutschenVol- kesbestimmt haben,bzw.wiedieverschiedenenKul- turströme innerhalb des Volkes und besonders solchevon außen her zusammengewirkt haben, um das ,,Antlitz«desdeutschen Menschenzu prägen, kann hier nichtweiter untersucht werden1).

Nach Fertigstellung meiner Arbeit wurde mir Leo Weisgerbers »Theudisk«,derdeutscheVolks- name und diewestlicheSprachgrenze (Marburger Universitätsrede,Nr. 5, l940), bekannt. Mit meiner Deutung desNamens stimmtdieseinigedarin über- ein, daßdasWort sichnicht bloß aufdieSprachebe- zieht,sondernvor allem »Volksgenossen«bedeutet.

Diese Bezeichnungwäreanderfränkisch-romanischen Sprachgrenze entstanden und von den austrischen Großen für sichund ihrVolk beiihrenKämpfen mit Neustrien zurUnterscheidung von denromani- siertenWestfranken gewählt worden; man sindet sie ineiner Reihevon alten Ortsbezeichnungen an der Sprachgrenze. Das würde bedeuten,daßdiedeutsche Volkswerdung zuerst im 7.Jahrhundert —- beiden Franken begonnen hat.Auch nachmeinen Ausfüh- rungen beginnt diese, allerdings bei allen Stämmen, um dieselbe Zeit. Hingegen möchte ich bezweifeln,ob bereits damals »Thiudiski«alsVolksname bei den Deutschen,auchden Franken, inGebrauch kam,da ihnsonst gewißdieWestfranken (Franzosen) über-

nommen hätten, stattdieDeutschen seitdenKämpfen

mitden Alemannen »Allemands«zunennen. Ubri- gens galt bisheralsfeststehend, daßderjetzigeVolks- name inDeutschland selbst erstvom 10.Jahrhundert abüblichwurde. Endlich istessehr wahrscheinlich, daß auchan den anderen GrenzenDeutschlands die Bezeichnung ,,Thiudiski«zur Unterscheidung der ,,Volksgenossen«von den nicht deutschen Nachbarn diente. So habenalso auchdie Italiener siean Ort und Stelle kennengelernt und als Volksnamen inAnwendung gebracht, statt diesen erstden Fran- zosenzu entlehnen, dieihn nochdazu gar nicht kannten.

Anschr.des Verfassers: Wien IX,Roßauer Lände 37.

1) SehrvielEinschlägiges bietendieArbeiten Adolf Bachs (1934 bisl938).

Sonstwurden eingesehenfür Sprachwissenschaft: Grimm, Kluge, J.Nadler(19z4), E.Steinbach, K.Wagner; fürRassenkunde:

H.Günther; fürGeschichte: R.Mach, Haller, Dümmler, Mühlbacher, E.Meynen (1935).

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