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Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 19. Jahrgang, 1909, Heft 4.

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Academic year: 2022

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(1)

ZEITSCHRIFT

des

Vereins für Volkskunde

19. Jahrgang.

Begründet von Karl Weinhold.

Im A ufträge des Vereins

h e ra u sg eg eb en von

Johannes Bolte.

Mit sechs Abbildungen im Text.

BERLIN.

B E H R E N D & C°.

1909.

1909 .

Die Zeitschrift erscheint 4 mal jährlich .

(2)

I n h a l t .

Seite

A rm enische H eiligenlegenden. Von B agrat C h a l a t i a n z (1. E le-

xanos. 2. Alexan. 3. K aguan A s la n ). . . ... 361 — 369 M exikanische Küche. Von Cäcilie S e i e r (m it drei A bbildungen) 360—381 Zeugnisse zur G eschichte un serer K inderspiele. Von Johannes

B o l t e (m it einer A bbildung) ...381—414 K leine M itteilungen:

Zum Spiel von der goldenen Brücke. Von 0 . H e i l i g . S. 414. — K inderspiele aus der Eifel (1. Das Bocksjiiel. 2. Das N utzspiel). Von J . M a y e r . S. 416. — Eine voll­

ständige Fassung des K inderliedes von den N om en. Von F. S c h ö n . S. 417. — Die H erkunft einer deutschen Volksweise. Von G. B r a n d s c h und J. B o lt e . S. 418. — N och­

mals das polnische O riginal des Volksliedes ‘An der W eichsel gegen Osten’. Von A. S im o n . S. 421. — Vier Liebesbriefe einer Braunschw eigerin v. J . 1G42 und 1643.

Von 0 . S c h ü t t e . S. 423. — Zur Fabel von den Hasen und den Fröschen. Von J. H e r t e l . S. 426. — D er D onnerbesen in N atur, K unst und V olksglauben. Von 0 . S c h e ll . S. 429. — W eiteres über ‘Den Tod betrügen’. Von A. H a r t m a n n . S. 432. — V ielseitige V er­

wendung der Schafknochen in Island. Von M. L e h m a n n - F i l h e s . (Mit zwei Abbildungen).

S. 433. — Eine V olkskunstausstellung in Derm bach (Feldabahn). Von L. G e r b in g . S. 436. — Eine untergegangene F rau en trach t des Erm landes. Von H. M a n k o w s k i. S. 438. — Allerlei aus Rollsdorf bei H öhnstedt, M ansfelder Seekreis. Von E. R o e d ig e r . S. 439.

B erichte und B ücheranzeigen:

N euere Arbeiten zur slawischen Volkskunde 3: Russisch. Von G. P o l i v k a . S. 441. — N euere M ärchenliteratur. Von J. B o l t e . S. 458. — E. F r i e d e i und R M i e lk e . Landes­

kunde der Provinz B randenburg Bd. 1 (K. Bcucke) S. 462. — A. van G e n n e p , Les rites de passage (R. M. Meyer) S. 463.

N otizen:

Brechenm acher, E ndt, H ahn, Hewelcke, H offm ann-K rayer, Höflcr, v. H örm ann, K ünstle, Laographia 1, Maal og minne 1, M ansikka, Mogk, Nyrop, Ohnesorge, P ortius, Ploss u. Bartels, Societc Ramond, Sohnrey, S trackerjan, Stuhl, Toldo, W einstein, de Wolf, Wossidlo S. 465—471.

Die dritte Tagung des V erbandes deutscher Vereine für Volkskunde S. 472.

Über die Freim aurerei im Volksglauben S. 472.

R egister S. 473—480.

B e i t r ä g e f ü r d ie Z e i t s c h r i f t , bei denen um deutliche Schrift auf Q uartblättern m it R and gebeten w ird, M i t t e i l u n g e n im I n t e r e s s e d e s V e r e i n s , K r e u z b a n d s e n d u n g e n beliebe man an die A dresse des H erausgebers, P rof. D r. Johannes B o l te , B erlin SO. 26, E lisab eth ufer 37, zu richten.

B ücher zur B esprechung in der Zeitschrift wolle m an an die Verlags- B uchhandlung B e h r e n d & Co., B erlin W . 64, U nter den L inden 16, senden.

B eitrittserklärungen zum Verein nehm en der 1. und 2. V orsitzende Prof. D r. Max R o e d i g e r , B erlin W . 62, B ayreutherstr. 43, und Prof.

D r. Johannes B o lte , sowie der Schatzm eister D r. Max F i e b e l k o r n , B erlin NW . 21, D reysestr. 4, entgegen.

D er Jahresbeitrag, wofür die Zeitschrift an die M itglieder gratis und franko geliefert wird, b e trä g t 12 Mk. und ist bis zum 15. J a n u a r an den Schatzm eister zu zahlen. Nach diesem T erm ine wir«} er von den B erlin er M itgliedern durch die P aketfahrtgesellschaft eingezogen werden.

(Fortsetzung auf S. 3 des Umschlags.)

(3)

Armenische Heiligenlegenden.

V on Bagrat Chalatianz.

Einen besonderen A bschnitt der arm enischen Y olksliteratur bilden die L ieder, in welchen die T aten der einzelnen H eiligen gepriesen werden.

D er bei den A rm eniern noch ziemlich festgew urzelte H eiligenkultus äussert sich in alljährlichen Pilgerfahrten, welche m it Opfern, religiösen Zerem onien und verschiedenen Spielen begleitet werden. So ström t im Sommer eine grosse Volksm enge zum Grabe des S u r b K a r a p e t in Musch (T ürkisch- A rm enien), um diesem ‘Sultan von Musch’ ihre W ünsche vorzutragen; die Knaben lassen ihr H aar nicht scheren, sondern tragen bis zum 14. oder 15. Jah re lange Locken, wo sie das Grab des H eiligen besuchen und diesen um V erleihung irgend eines T alents anflehen. D enn Surb K arapet g ilt als P a t r o n a l l e r K ü n s t l e r , der Seiltänzer, Volkssänger, Musiker, R ingkäm pfer usw .; und diese, besonders die Musiker, beginnen hier einen W ettkam pf, nach welchem der B esiegte sein Instrum ent an den Sieger abtreten muss. Als E rfüller der W ünsche wird auch S u r b G e v o rq (Georgius) vom Volke verehrt; er hilft den K ranken, besonders den kinder­

losen jungen F rauen, welche sich zur H erbstzeit in B egleitung ihrer An­

gehörigen auf zw eirädrigen K arren zu dem H eiligtum auf dem Berge Aragatz (G ouvernem ent E rivan) begeben. E ine besondere P o pu larität geniesst S u r b S a r g is (Sergius), der stets auf einem windschnellen weissen Rosse sitzend, eine Lanze in der R echten haltend, dargestellt wird. Man ruft ihn w ährend eines beschw erlichen W eges, eines Schnee­

oder W indsturm es, einer Irrfah rt um seinen Beistand an. W ahrscheinlich ersetzte er in der Volksvorstellung den Sturm - und W indgott T h e i s b a der V orarm enier (U rartäer), der als einer der drei H auptgötter des Landes neben X aldi und A rdini (Sonne) galt. Ihm zu E hren feiert das Volk fünftägige F asten, welche gewöhnlich in den F eb ru ar fallen. Nach den B erichten der arm enischen H isto rik er flüchtete S e r g i u s vor der V er­

folgung des K aisers Julian nach Arm enien zuerst zu dem armenischen K önige T iran II. und dann zu dem persischen Könige Sapor; bei diesem

Z eitschr. d. V ereins f. V olkskunde. 1909. 2 4

(4)

302 Chalatianz:

fand er jedoch m it seinem Sohne M artiros am 30. Ja n u a r den M ärtyrertod.

Das folgende Gebet, welches gesungen wird, ch arak terisiert die ü ber­

irdische Macht des H e ilig e n : N achts ging ich aus;

Ich sah einen m ächtigen H eiligen;

Ich sprach zu ihm, weinte und w arf mich zu seinen Füssen.

Ich fragte ihn: H eiliger Y ater, wie ist dein N am e?

„Mein Name ist heiliger Sargis, Mein Sohn heisst Martiros, Mein Ross läuft über die Wolken, Standhaft über das M eer!“ 1).

E ine von m ir in E tschm iatsin 1899 niedergeschriebene Sage erzählt, dass ein griechischer (urum ) K önig einst den arm enischen König auf­

forderte, ihm 40 000 K rieg er zu H ilfe zu schicken. D ieser sandte aber ihm nur vierzig R ecken m it dem tapferen Sargis an der Spitze. Als der griechische König die klein e Schar vor sich sah und seiner U nzufrieden­

heit A usdruck gab, schlug der tapfere Sargis ihm vor, um die K raft seiner L eute zu erweisen, einen K am pf zwischen ihnen und dem königlichen H eer zu veranstalten. In diesem Kampfe erschlugen die arm enischen R ecken alle ihre zahlreichen Gegner. D a hielt der König m it seinem Volke R at, und sie beschlossen, jedem arm enischen R ecken für die Nacht ein Mädchen beizugesellen; nachdem die Mädchen einen H eldensprossen em pfangen, sollten sie ihre Genossen im Schlafe töten. D em tapferen Sargis ward die K önigstochter beigelegt; als sie aber den schlafenden H elden töten sollte, bejam m erte sie ihn, und ihre T ränen fielen auf das Gesicht des H elden. D ieser erwachte, und als er die U rsache ihres K um m ers hörte, schlug er ihr vor, m it ihm nach A rm enien zu entfliehen. E r bestieg sein Ross, setzte das Mädchen h in ter sich auf den Sattel und wollte davon­

re iten ; da sah er, dass der P alast rings m it einer hohen M auer um geben war. E r sprach: „Sei T ü r ! “ Und die Mauer spaltete sich, der H eld entkam , nahm seinen W eg übers Meer und gelangte nach S kutari. Das feindliche H eer verfolgte ihn h art; aber der tapfere Sargis blies H afer­

grütze, die er in der Tasche hatte, auf den F ein d ; und es entstand ein furchtbarer Sturm , der das ganze H eer um brachte. Sargis gelangte m it seiner B raut glücklich zu seinem Könige nach Arm enien.

Surb Sargis tritt auch in vielen M ärchen als M urad-G eber, d. i. E r- fiiller der H eiratsw ünsche, auf. E ine bei den T ürken, wie auch bei den A rm eniern verbreitete Sage erzählt: ASeg (V olksm usiker) Garib zog in die F rem d e; nach m ehrjähriger W anderung erfuhr er, dass seine B rau t

1) Die Bitte erkennt man aus den Schlussworten des Sergius:

„Geh, sage: Die Gefangenen

Soll er um seiner Sonne [seines Lebens] willen freilassen!“

(Ethnographische Zeitschrift 9, 16—17. Tiflis 1902.)

(5)

Armenische H eiligenlegenden. 363 einen anderen zu heiraten gezwungen worden sei. E r eilte nach Tiflis zurück, um die H ochzeit zu verhindern; allein es blieb nur noch ein Tas:

7 ' O

bis dahin, und er war noch in Erzerum . E r brach in b itte re T ränen aus;

in diesem Augenblicke erschien ihm auf dem W ege ein R eiter auf einem weissen Rosse, der ihn m itleidig hinter sich aufsitzen und die Augen zumachen hiess. Als er sie gleich darauf w ieder öffnete, fand er sich in Tiflis. D er R eiter Surb Sargis verschwand sofort m it seinem w underbaren Ross. Aseg Garib aber tra t m it seinem Congur (siebensaitiges g itarre n ­ artiges Instrum ent) u n ter die H ochzeitsgäste, gab sich durch sein schönes Spiel und seinen Gesang zu erken nen und erhielt die H and seiner B ra u t1).

Als N ationalheiliger der A rm enier gilt jedoch G r e g o r i u s , der ‘E r- leuchter des L andes’. Nach der Ü berlieferung brachte er zu E nde des 3. Jah rh underts die christliche L eh re nach A rm enien, h atte jedoch u n te r dem arm enischen Könige T iridates ausserordentliche M artern zu bestehen.

E r gründete daun m it dessen H ilfe im Jah re 301 das K loster E tschm iatsin (jetzt der W ohnsitz des K atholikos aller A rm enier), welches seitdem ein W allfahrtsort gew orden ist.

In zahllosen G ebeten und L iedern feiert das Yolk die W und ertaten und den M ärtyrertod dieser H eiligen. Es ist begreiflich, dass die E r­

zählung von dem w underbaren Tod des Königsohnes A l e x a n o s (Elexanos, Lexanos), der auf K rone und w eltliche F reu d en verzichtet, auf die P hantasie des dem C hristentum e m it E ifer zugew andten Volkes stark ein­

w irken m usste. Obgleich dem arm enischen Boden frem d, fand Alexanos dank den rührenden E inzelheiten seines L ebens h ier begeisterte V er­

ehrer und wurde m it Hym nen auf seine heldenm ütige Ausdauer im L eiden begrüsst. D ie beiden hier vollständig übersetzten L ied er können als Muster der H eiligenlieder überhaupt angesehen werden, in denen sich die eigentüm liche D enkw eise des arm enischen Volkes kundgibt. D ie Alexios- leg en d e2) ist zweifellos auf schriftlichem W ege aus der griechischen L itera tu r zu den A rm eniern gedrungen, wenn auch die M öglichkeit einer m ündlichen Ü berlieferung sich m it R ücksicht auf die geographische Lage Arm eniens nicht ableugnen lässt.

1) Aus m einer noch nicht veröffentlichten Samm lung arm enischer Märchen. Die Erzählung ist auch zu den Russen iibergegangen und findet sich ähnlich in der Bylina

‘Die A usfahrt des Dobrynia N ikitiö’ wieder, obgleich hier der hilfreiche H eilige durch das eigene Ross des Helden ersetzt wird.

2) [Acta Sanctorum Ju lii 4, 238. Blau, Zur Alexiuslegende: Germania 33, 181.

Konrad von W ürzburg, Alexius hsg. von Henczynski 1898. Amiaud, La legende syriaque de Saint Alexis 1889.]

24*

(6)

364 C halatianz:

1. E lexanos1).

Ich habe eine B urg voll Gold, eine andere voll Silber. Heil dem Schöpfer!

D e r E n g el G a b rie l stie g h e ra b u n d sp ra c h : „ K ö n ig E p h re m , K ön ig in A nania, öffnet e u re B u rg en u n d te ilt (G eld ) d en A rm en au s! D an n w ird G o tt euch einen S o h n sch e n k e n , d en ih r E le x a n n en n en s o llt.“ D e r K ö n ig E p h re m ta t n ic h t d e m g em äss, d ie K önigin A n an ia a b e r ta t es g e tr e u ; sie lie ss d ie B u rg e n öffnen, d ie g an ze S ta d t v e rsa m m e ln u n d (G eld ) d en A rm en a u ste ile n . N eun M onate u n d n e u n T a g e tru g sie (d as K in d ) im L e ib e , d a n a c h k n ie te sie a u f d en B oden n ie d e r u n d g e b a r d en Sohn E l e x a n . D e r E n g e l G a b rie l sp ra c h : „ 0 K önigin A nania, d u so llst d en h e ilig e n Jo h a n n e s d en G o ld m u n d (C h ry so sto m o s) zum T ä u fe r n eh m e n . Ic h b in d es S ch ö p fers K n e c h t“ 2). E s v erg in g en sie b e n T ag e, u n d sie n a h m den h e ilig e n J o h a n n e s d en G o ld m u n d zum T ä u fe r u n d n a n n te d en Sohn E le x a n . A ls d ie s e r sie b e n J a h r a lt w u rd e , b ra c h te m an ih n z u r S ch u le zum h e ilig e n J o h a n n e s dem G o ld m u n d , d e r w u rd e (se in ) L e h re r. M an v e rk ü n d e te d em K önig E p h re m : „ Je n e n , d en G o tt d ir g e sc h e n k t (ich b in d es S ch ö p fers K n ech t!), le h re n w ir d a s W e ltlic h e , e r n im m t a b e r P s a lm e n ; w ir zeigen ihm P sa lm e n , e r n im m t a b e r d as T e s ta m e n t; w ir zeig en ih m d a s T e sta m e n t, e r h a t a b e r sch o n v ie r K a p ite l davon d u rc h g e n o m m e n .“

M an v e rk ü n d e te d e r K önigin A n a n ia : „ D e in E le x a n is t re if g e w o rd e n .“ D ie K önigin A n an ia v e rs a m m e lte d ie g an z e S ta d t un d v e rlo b te (d e n Sohn) m it d e r J u n g f ra u M a r g r i t . E in b ö se r F e in d se tz te sich d a w id e r u n d sp ra c h : „E lex an , d u e in z ig e r Sohn, d u h a s t m it d e r bösen S ach e n ic h ts zu tu n ; g e h o rc h e d e in e r M u tte r n ic h t! “ M an v e rk ü n d e te d em h e ilig en J o h a n n e s d em G o ld m u n d : „D u h e ilig e r J o h a n n e s G o ld m u n d , e r g e h o rc h t se in e r M u tte r n ich t, so n d e rn g e h o rc h t d e m (v o r H ass) b lin d e n F e in d e , in d e sse n H an d d e r H a u s h e r d 3) fa lle n w ird .“

J e n e r s p ra c h : „ 0 E le x a n , d u e in zig er Sohn, g e h o rc h e n ic h t d em b lin d e n F e in d e ! “ D ie se r s p ra c h : „ Ic h h a b e m it d e r b ö sen S ach e n ic h ts zu tu n , ich b le ib e n ic h t bei m ein en E lte r n .“ D ie K önigin A n an ia k n ie te n ie d e r u n d sp ra c h zum h eiligen J o h a n n e s d em G o ld m u n d : „ B in K n e c h t d e in e s S ch ö p fers. D u b ist j a d e r g rü n e C h risa m u n d a u c h v o r G o tt g e p rie se n . M ögest d u dem E lex an einen R a t g eb en , d a m it d e r H a u sh e rd n ic h t in frem d e H ä n d e f a l le ! “ J e n e r sp ra c h : „E le x a n , du e in z ig e r Sohn, g e h o rc h e d e in e r M u tte r!“ — M an feierte d ie H ochzeit sieb en T ag e, sie b e n N äch te la n g ; d a n n sc h lo ss m an die sie b e n T o re zu u n d fü h rte die J u n g ­ fra u M a rg rit in ein Z im m er. A ls M itte rn a c h t h era n k a m , sp rach E le x a n : „ J u n g ­ fra u M arg rit, ste c k e m ein en R in g an d ein en k le in e n F in g e r! Ich w ill ein G eb et v e rric h te n ; w ir w e rd e n j a b a ld d ie b öse S ach e v e rric h te n .“ D e r H a h n k rä h te , u n d d ie Ju n g fra u M arg rit w a r e in g e s c h la fe n ; sie ta t d ie A ugen auf, d e r einzige Sohn w a r v e rsch w u n d en . E s e rtö n ten d ie F rü h g lo c k e n ; d ie K ö n ig in A n an ia stan d auf, füllte eine S ch ü ssel m it N asch w erk u n d sp ra c h b e i sic h : „ Ic h w ill h in g eh en u n d d as ju n g e P a a r s e h e n .“ S ie k am zu d e r S ch w elle u n d sah d o rt n ic h ts; sie g in g in d as T o r h in e in u n d sa h a u c h d o rt n ic h ts ; sie tr a t in d as Z im m er h inein, d ie J u n g fra u M a rg rit la g im Ja m m e r. Sie sp ra c h : „M öge d ein H au s zu g ru n d e

1) Alle drei L ieder sind von S. H a i k u n i in Türkisch-A rm enien aufgezeichnet und in der Eminschen Ethnographischen Sammlung 6, 3 — 17 (Moskau 1906) veröffentlicht.

2) Üblicher A ndachtsausdruck.

3) D er Hausherd, den das Volk als H eiligtum verehrt, bedeutet des Hauses Dauer

und Glück. Bei der Hochzeit kniet das junge P a a r vor dem H erde nieder und betet in

Anwesenheit des Priesters und der Gäste. *

(7)

Armenische H eiligenlegenden. 365 g e h e n 1)! G efällt d ir m ein e u m m a u e rte B u rg n ic h t? O d er m ein P a la s t n ich t, o d e r m ein e in z ig e r Sohn n ich t, d a ss d u w e h k la g st im Z im m e r? “ J e n e sp ra c h : „O K önigin S c h w ie g e rm u tte r, kom m h e ru n te r! E r sp ra c h : J u n g fra u M argrit, steck e m ein en R in g an d ein en k lein en F in g er, bis ich m ein G eb et v e rric h te ; w ir w erd en j a b ald je n e b ö se S ach e v e rric h te n . Ich sc h lie f a u f dem w eich en K issen e in ; (d a sa h ich), d ein ein z ig e r Sohn w a r v e rs c h w u n d e n .“ D e r M u tter B rü ste w ein ten a u f ih re m B u se n , sie k n ie te a u f d em B o d en n ie d e r und s p ra c h : „ W a s soll ich tu n ! M ein e in z ig e r Sohn is t v e rs c h w u n d e n .“ Z w e iu n d d re issig J a h r e blieb die J u n g fra u M arg rit im Z im m er e in g e s c h lo ss e n ; d ie K önigin A n an ia a b e r öffnete d ie u m m a u e rte B u rg un d Hess den A rm en (G eld ) a u ste ile n , d a m it sie ih re n ein zig en Sohn finde.

E le x a n m a c h te sich a u f den W eg u n d ^begegnete ein em S ch iffb au er. E r sp ra c h :

„ 0 Schiffbauer, n ach sie b e n T a g e n b rin g e m ir ein en ro te n K ru g W a s s e r u n d ein G ersten b ro t, ein e H älfte dir, die a n d e re a b e r m ein em M e is te r!“ (e r sag te n ic h t: fü r m ich). A us den sie b e n T a g e n w u rd e n z w e iu n d d re issig J a h re . F rü h m o rg e n s k n ie te d e r S ch iffb au er n ie d e r u n d sp ra c h : „ W a s soll ich dem S ch ö p fer a n tw o rte n ? Ich vergass den A rm en in m itten d es M e e re s.“ E r n a h m ein en K ru g m it k altem W a ss e r u n d ein G e rste n b ro t, g in g z u r M eeresin sel u n d tr a f d o rt den E le x a n ; e r sp ra c h : „A rm er, ic h v e rg a ss d e in e r in m itten d es M e e re s; w as soll ich dem S ch ö p fer a n tw o r te n ? “ J e n e r sp ra c h : „S c h a d e t n ich ts. Ic h w ar h u n g rig , d a a ss ich E r d e ; ich w a r d u rstig , d a leck te ich T a u u n d b e te te teils fü r dich, te ils fü r m ein en M eister. O S ch iffb au er (d ie s e r w ar sein M eister), g ib m ir sie b e n T a g e F ris t! Ic h w ill h in g e h e n u n d die u m m a u e rte B u rg un d den P a la s t m ein es V a te rs s e h e n ; d an n s tre c k e ich b e ru h ig t m ein en K ö rp e r au s u n d g e b e m ein e S eele a u f.“ E r

« ä n d e r te sie b e n T a g e la n g ; z w e iu n d d re issig J a h r e h a tte e r sich n ic h t g ew asch en , d as H a a r w a r ihm v o rn bis a u f d ie F iisse h e ra b g ew ach sen , h in ten re ic h te es b is an d ie F e rs e n . E r k a m u n d sah d ie K önigin A n an ia w e in e n d sitzen u n d die A rm en u m sie h e ru m b eten . E r s p ra c h : „K önigin A nania, ich w ill m it deinen D ie n e rn b eten , v ie lle ic h t findest d u d ein en ein zig en S o h n .“ Sie e rw id e rte : „S eit z w e iu n d d re issig J a h r e n b ete ic h ; g e b t ih m ein en P latz, la s s t ih n a u c h b e te n ! “

E r g in g h in. So oft e r n ie d e rk n ie te u n d sich b e k re u z te , floss ein L ic h tstro m au s se in e m M u n d e. D ie D ie n e r k a m e n u n d b esc h w e rte n sich b e i d e r K önigin A nania, in d e m sie sp ra c h e n : „K önigin A n an ia! W a s fü r ein en F e u e rm u n d h a st du u n te r u n s g e s e tz t? So oft e r den M und a u f u n d zu tu t, v erflu ch t e r d ein en ein zig en S o h n .“ N ach d e r M a h lz e it w u sch en d ie D ie n e r die sch m u tzig e S ch ü ssel, fü llten sie m it A b fällen , b ra c h te n sie ih m u n d sp ra c h e n : „ D ie K ön ig in A n an ia h a t es d ir g e s c h ic k t.“ A ls e r den K opf e rh o b , sc h ü tte te n sie d ie A bfälle d arau f, die flössen in sein sch ö n es H aar. E r g in g u n d b e k la g te sich bei d e r K önigin A n an ia: „K önigin A nania, w eise d e in e D ie n e r z u rech t ! Sie w asch en d ie sch ö n e S c h ü ss e l u n d sch ü tten (d ie A bfälle) a u f m ein sch ö n es H a a r.“ D ie K önigin A n an ia erh o b ih r H au p t, sc h ü tte lte es u n d sp ra c h : „ 0 ih r B ösen, w aru m w a sc h t ih r die sch ö n e S ch ü ssel u n d sc h ü tte t (d ie A bfälle) a u f sein H a a r ? “ E r g in g w ie d e r a u f d ie S tra sse u n d b e te te dort, m an b ra c h te w ie d e r A bfälle u n d sc h ü tte te sie a u f se in e n K opf. E r g in g n ic h t m ehr, sich zu besch w eren . N ach sie b e n T ag en , als m an w ie d e r A b fälle a u f seinen K o p f sch ü ttete, sah m an, d a ss d e r A rm e m itte n a u f d e r S tra sse g e sto rb e n w ar.

M an v e rk ü n d e te d e r K ön ig in A n an ia: „ D e r A rm e is t a u f d e r S tra sse g e ­ s to rb e n ; ein lic h te r S chein s te h t ü b e r ih m .“ D e r K önig E p h rem , d ie K önigin A n an ia u n d d ie g an ze S ta d t v ersam m e lte sich u m ih n ; m an sah , d a ss sein e re c h te H and

1) Ein sehr verbreitetes Fluchwort.

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366 Chalatianz:

g e sc h lo sse n w ar, a b e r a lle M ü h e w a r v erg e b e n s, sie zu öffnen. D e r K ö n ig E p h rem sp ra c h : „ B rin g t ein e Z an g e u n d öffnet d a m it d ie H a n d ! “ D ie K ö n ig in A nania a b e r sp ra c h : „ 0 w eh , b e rü h rt sein e H a n d n ic h t m it d e r Z an g e! E r g le ic h t m einem E le x a n .“ M an h o lte d en h e ilig e n Jo h a n n e s d e n G o ld m u n d h e rb e i, e r sp ra c h :

„K ö n ig in A nania, ich v e rs te h e d ie S ach e n ic h t; la s s es S alom o d em W e is e n an - s a g e n ! “ M an h o lte S alom o d en W e is e n , d e r s p r a c h : „S o ll je m a n d se in e H an d öfTnen, so k a n n d as n u r ein e J u n g f ra u tu n .“ M an su c h te h in u n d h e r und b ra c h te d ie J u n g fra u M argrit, die z w e iu n d d re issig J a h r e im Z im m er g e se s se n h a tte , h erzu . M an b elu d ein S a u m tie r m it G old, ein a n d e re s m it W e ih ra u c h , g a b ih r ein e b re n n e n d e K erze in d ie H a n d u n d fü h rte sie d u rc h d ie R e ih e n d e r D ien er, d a m it m a n den ein zig en Sohn finde. D ie J u n g f ra u M a rg rit te ilte d as G old au s, g in g zu ih m (E le x a n ) h in u n d k n ie te n ie d e r ; d a öffnete sich die H and, u n d ein P a p ie r fiel d a ra u s a u f ih re n B usen. S alom o d e r W e is e n a h m es u n d la s : „M eine M utter, die S elige, h e is st A nania. M ein V a te r, d e r U n selig e, h e is st E p h re m , m ein S c h w ie g e rv a te r S a c h a ria s, m e in e S c h w ie g e rm u tte r X o ro m sim a, m ein T ä u fe r d e r h e ilig e J o h a n n e s G o ld m u n d , m ein e B ra u t a b e r J u n g fra u M arg rit. I h r g la u b t n ich t, d ass ich e u er e in z ig e r S ohn E le x a n b in .“ D ie Ju n g fra u M a rg rit sp ra c h : „M öge ic h K n ech t an d ein em G ra b e sein ! W e n n sieb en T a g e v e rg a n g e n sind, w ird m an m ich an d ein e S e ite le g e n .“ D ie K ö n ig in A n a n ia s p ra c h : „ B e re ite t se id e n e K le id e r fü r m ein en E le x a n ! “ S alom o d e r W e is e a b e r e rw id e r te : „ W ir w o llen ih n in sein en H a a re n (e in g e w ic k e lt) b e g ra b e n ; n u r d ie s ist G ott w o h lg e fä llig .“ D ie K ön ig in A nania g e h o rc h te n ich t, so n d e rn g eb o t, se id e n e G e w ä n d e r a n z u fe rtig e n ; a lle in es v er­

d o rrte n d ie H än d e d es S c h n e id e rs, b lin d w u rd e n sein e A ugen. D a w ic k e lte m an E le x a n in (se in ) H a a r u n d m a c h te d a ra u s sein L e ic h e n tu c h . E s k am ein E n g e l G o ttes und sp ra c h : „ Ic h w ill d ich m it d e in e n F ü s s e n u n d d ein em H a u p t ( d .h . g an z) in s P a ra d ie s b rin g e n .“ — S ieb en T a g e b e te te d ie J u n g fra u M arg rit am G ra b e E le x a n s, d es ein zig en S o h n e s; n a c h sie b e n T a g e n s ta rb sie, u n d m an b e g ru b sie n eb e n ih m .

2. Alexan.

D e r K önig E p h r e m b e sa s s v ie l R e ic h tu m , a lle in e r h a tte k e in e N achkom m en.

E in s t sp ra c h e r : „ K ö n ig in A n n a , la s s u n s T a g u n d N ach t b eten , d a m it G ott u n s ein e n N ach k o m m e n s c h e n k t! “ S ieb en T a g e und sie b e n N äch te b e te te n sie, und G o tt g ab ih n en ein e n Sohn. E r w u rd e zum H o fle h re r in d ie S c h u le g e g e b e n ; er floh a b e r a u s d e r S ch u le fo rt zu ö den S tätten u n d b a u te sic h d o rt K irch en von L e h m u n d Schiffe von H olz. D e r H o fle h re r k am zu dem K önig u n d sp ra c h :

„D ein A lex an is t s e h r to ll u n d u n v e rn ü n ftig ; e r flieht au s m e in e r S ch u le fort n ach ö d en S tätten u n d b a u t sich d o rt K irch en von L e h m u n d SchifTe v o n H o lz .“

D e r K önig s p ra c h : „ L e h re r, w e r h a t ein H eilm ittel fü r m ein en A le x a n ? “ J e n e r sp ra c h : „E in W e b e r h a t ein H e ilm itte l fü r d ein en A le x a n .“ D e r K önig E p h re m sp ra c h : „Ö ffnet d ie T ü r d e r S c h a tz k a m m e r!“ E r fü llte ein en S ack m it G old un d g in g v o r d ie T ü r d es W e b e rs . D ie s e r sp ra c h : „ 0 K önig E p h re m , w as is t m ein e Sch u ld , d a ss du v o r m ein e T ü r g ek o m m en b i s t ? “ K önig E p h re m s p ra c h : „ H a st d u ein H eilm ittel fü r m ein en A le x a n ? “ D e r W e b e r s p ra c h : „ W e n n ich es a u c h n ic h t h ätte, so w ü rd e ich a n d e rsw o d as H e ilm itte l fü r d e in e n A lex an sch affen .“

M an b ra c h te ein e B ra u t fü r A lex an und fe ie rte d ie H o ch zeit sie b e n T a g e u n d sieb en N äch te la n g ; d an n w u rd e n sie b e id e in sieb en Z im m e r h in e in g e fü h rt.

A lexan g in g e in m a l h e ru m u n d s p ra c h : „ H e rr, b e fre ie m ich von d ie s e r S ü n d e ! “

N e s M a r g r i t ris s d en S c h le ie r vom G e sic h t u n d s p ra c h : „A lex an , d ein V a te r

b ra c h te m ich fü r dich, u n d d ic h b ra c h te e r fü r m ich. L a ss u n s essen , trin k e n u n d

u n s an dem M ahle e r f r e u e n ! “ A lex an n a h m den R in g von sein em F in g e r, re ic h te

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Armenische Heiligenlegenden. 367 ih n d e r N es M a rg rit u n d s p ra c h : „N ach sieb en J a h r e n bin ich dein, u n d du b ist m e in .“ E r fa sste d ie g e sc h lo sse n e T ü r, öffnete sie u n d g in g w eg. A u f dem W e g e sa h e r ein L ic h t sc h im m e rn ; e r g in g d e m L ic h tsc h im m e r n a c h u n d tr a f d a ein e n B e ttle r sitzen d . E r s p ra c h : „ 0 d u A rm er, g ib m ir d ein e K le id e r u n d n im m d ir die m e in e n ! “ J e n e r e rw id e rte : „ 0 A lex an , w enn d ein V a te r d ies e rfä h rt, so m a c h t e r m ir d en G a ra u s .“ A lex an sp ra c h : „ D u T o r, b rin g die K le id e r in ein a n d e re s L a n d u n d v e rk a u fe sie d o rt zu m ein em W o h l ! “

F rü h m o rg e n s sta n d d ie K önigin A n n a a u f u n d v e rn a h m ein AVeinen. D ie S tim m e k am von den sie b e n Z im m e rn h e r. S ie g in g h in u n d fa n d N es M arg rit w ein en d , so d ass ih r S c h le ie r w ie im W a s s e r sch w am m . S ie s p ra c h : „ W a ru m w e in st du, du W a h n sin n ig e u n d D u m m e ? F e h lt es m ir e tw a an H ab e o d e r R e ic h t u m ? “ J e n e s p ra c h : „ Ic h b ra u c h e w e d e r d e in e H ab e n o ch d ein en R e ic h tu m . W o is t seit M itte rn a c h t d e in Sohn A le x a n ? “ D ie K önigin A nna e rh o b d ie H an d u n d lö s te ih r g ra u e s H a a r 1); sie g in g h in (zu m G atten ) u n d sp ra c h : „O K önig E p h re m , w ie k a n n s t d u sc h la fe n ? Steh auf! W o is t seit M itte rn a c h t d ein Sohn A le x a n ? “ D e r K önig E p h re m sta n d a u f u n d riss sich d en w eissen B a rt aus.

D an n lie ss e r d ie P a la s ttü r z u sch liessen . D as V o lk v e rsa m m e lte sich d a v o r un d s p ra c h : „ 0 K önig E p h re m , w er w ü rd e es w agen au s F u rc h t v o r dir, d ein en Sohn zu v e rs te c k e n ? K o m m h e ra u s! D ein Sohn w ird g e fu n d e n w e rd e n .“ M an öffnete die T ü r d e r S c h a tz k a m m e r u n d fü llte ein en Sack m it G old. D e r K önig g in g w eg u n d sah a u f dem W e g e ein e n A rm en sitzen ; e r sp ra c h : „ 0 A rm er, von h ie r k o m m t d e r G eru ch m ein es S o h n es A lex an . H a st du m ein en A lexan g e s e h e n ? “ J e n e r A rm e w a r a b e r A lexan s e lb s t; e r sp ra c h : „A lex an g in g h ie r v o rb e i u n d s p ra c h : M ein V a te r soll sie b e n A rm e n h ä u s e r b a u e n ; n ach sieb en J a h r e n is t A lexan d ein, u n d d u b is t s e in .“ D e r K ö n ig E p h re m lie ss d as G o ld bei d em A rm en, b au te A rm e n h ä u s e r u n d te ilte den A rm en B ro t u n d K le id e r aus.

In d e r A b e n d d ä m m e ru n g k am A lexan zu ein em T is c h le r und sp ra c h : „B aue m ir ein S c h iff!“ J e n e r sp ra c h : „E s is t d u n k e l.“ D a h ä u fte e r d as G old vor ihm a u f u n d sp ra c h : „B au e bei d em L ic h t d ie s e s S c h a tz e s !“ A lexan tr a t d an n in d a s Schiff und seg elte fo rt ü b e rs M eer. D a k am ein S atan zu ih m u n d sprach lü g n e ris c h : „ 0 A lex an , wo b le ib st d u ? D as sch w arze W a s s e r fegte d as H au s d e in e s V a te rs h in w e g .“ A lex an k e h rte u m u n d sc h ritt an d e r T ü r d es V a te r­

h a u s e s v o rb e i; d a sa h e r d ie g ro sse K önigin A nna m it dem K o p f au f den K nien d e r N es M arg rit ru h e n d . N es M arg rit sp ra c h : „ 0 d u g ro s se K önigin A nna, von d o rt k o m m t d e r G e ru c h m e in e s A le x a n s.“ J e n e a b e r sp ra c h : „M öge deine M u tte r s te r b e n 2)! W o is t A lex an ? E rs t n ach sieb en J a h re n g e h ö rs t d u dem A le x a n .“ (S ie w u sste es a b e r n ich t, d a ss d ie sieb en J a h r e sch o n v o llen d et w aren .)

A lex an sc h ritt w e ite r u n d setzte sic h in d as A rm en h au s. M an b ra c h te B rot, a b e r e r a ss es n ic h t; m an b ra c h te K leid er, a b e r e r zog sie n ic h t an, so n d ern sp ra c h : „ 0 H e rr, m ö g e st d u m ich von d ie s e r S ü n d e b e f r e ie n ! “ D ie A rm en k am en zu dem K önig u n d s p ra c h e n : „ 0 K önig E p h re m , es k am ein A rm er, er w ill a b e r w e d e r essen , n och trin k e n , so n d ern lä s te rt G o tt.“ J e n e r sp ra c h : „ G eh t, re is s t d ie T ü r au s u n d ste c k t sie in sein O h r h in e in ! “ M an steck te die T ü r in sein O h r h in e in . A llein A lex an sp ra c h w ie d e r: „ 0 H e rr, m ögest du m ich von d ie s e r S ü n d e b e fr e ie n !“ M an m eld ete dem K önig, e r lä s te re no ch ärg er. D e r

1) Das Auflösen und Raufen der H aare g ilt bei den Frauen als Zeichen tiefen Schmerzes.

2) Ein Vorwurf ohne boshaften C harakter, ähnlich wie: ‘Möge dein Haus zerstört

w erden!’

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368 Chalatianz: Armenische Heiligenlegenden.

K ö n ig sp ra c h : „ S te c k t d ie T ü r in sein A u g e !“ J e n e r sp ra c h a b e r w ie d e r: „O H e rr, m ö g est du m ich von d ie s e r S ü n d e b e f r e ie n ! “ M an m e ld e te d em K önig:

‘0 K önig E p h re m , e r lä s te rt noch viel ä r g e r ! ’ J e n e r s p r a c h : „ G e h t, öffnet den B lock, legt ih n in d en B lo c k ! “ B is M itte rn a c h t w a r e r am L e b e n , n a c h M itte r­

n a c h t s ta rb er. D ie re c h te H an d ra g te em p o r, u n d d a rin ste c k te ein B rief. M an m eld ete d em K ö n ig : „ 0 K önig E p h re m , d e r A rm e is t g e sto rb e n , in se in e r H an d is t ein B rie f; d och tro tz a lle r M ü h e v erm a g sie n ie m a n d zu öffnen.“ D e r K önig E p h rem m a c h te sich auf, u n d a u c h d a s g an z e V olk strö m te d ah in , a b e r n ie m a n d ve rm o c h te d ie H an d zu öffnen. D e r K ö n ig E p h re m s p ra c h : „ I c h h a b e N es M a rg rit; sie is t v ie lle ic h t g e re c h t.“ M an lie ss N es M a rg rit k o m m e n ; d a öffnete sich d ie H and, u n d d e r B rie f fiel h e ra u s . M an la s d a s S ch reib en , u n d d e r K önig e rfu h r je tz t, d ass d ie s sein A lexan sei. A ls m an d as S c h re ib e n g e le s e n h a tte , s ta rb N es M arg rit. M an b eg ru b b e id e im A rm e n h a u se , u n d ein lic h te r S ch ein stand ü b e r ih n en .

3. Kaguan A slan1).

K ag u an A slan w a r e in u n d z w a n z ig J a h r e a lt; e r h a tte e in h u n d e rtse c h su n d se c h z ig A rm e. E r tra n k G ran atw ein , s c h m a u ste u n d w u sste n ic h t, d a ss es e in e n T o d a u f d e r AVelt g ib t. E in e s T a g e s k a m ein A rm e r zu ih m u n d s p ra c h : „ K ag u an A slan , e in e r d e in e r A rm en sta rb m itte n a u f d e r S tra s s e .“ K ag u an A slan lie ss d as E sse n un d den G ra n a tw e in ste h e n u n d s p r a c h : „ W e r h a t d ie e le n d e S eele m e in e s A rm en g e n o m m e n ? “ E r b e stie g sein R o ss B o zb ek u n d r itt in s F eld . E r s p ra c h :

„ W e r h a t die e le n d e S eele m ein es A rm en g e n o m m e n ? “

G ott w ard zornig u n d sa n d te d en E n g e l G a b r i e l . D ie s e r s p ra c h : „K a g u a n A slan, w o h in w illst d u g e h e n ? “ E r e rw id e r te : „ Ic h beg eb e m ich irg e n d w o h in . Ich w eiss n ich t, w e r die elen d e S eele m e in e s A rm e n g en o m m en h a t.“ D e r E n g el s p ra c h : „ Ic h h a b e d ie ele n d e S eele d e in e s A rm en g e n o m m e n .“ K aguan A slan fra g te : „ W a ru m h a s t d u die e le n d e S eele m e in e s A rm en g e n o m m e n ? T r itt h e rz u ! Ic h u n d d u w o llen d a ru m k ä m p fe n .“ S ie w u rd e n h a n d g e m e in u n d k äm p ften b is zum A bend. D en E n g el G a b rie l d a u e rte es, ih n to tz u sc h la g e n , K aguan A slan a b e r sc h lu g von H erzen a u f ih n los. A m A b en d w u rd e d e r E n g e l G ab riel s e h r z o rn ig ; e r ro llte d ie A ugen u n d p a c k te ih n b ei d en F ü ss e n , d ass es ih n b is zum S c h eitel s c h m e rz te ; es sc h m e rz te sein K opf, sein H erz u n d sein e K nie w u rd en schw ach. S ein e L e u te fa sste n ih n u n te r d en A rm en u n d legten ihn a u f sein L a g e r.

D e r E n g el G a b rie l b e stie g sein R o ss, zog d ie K le id e r an, n a h m se in e W affe u n d tra t zu H äu p ten K aguan A slans, in d em e r sp ra c h : „ ic h w ill d ir d e in e sü sse S eele n e h m e n .“ D ie S eele d rä n g te sich b is zu d en K nien. K ag u a n A slan a b e r w u sste n ich t, d a ss es einen T o d a u f d e r W e lt g eb e, u n d sp ra c h : „ L a s s t m ein e M u tter k o m m en ! V ie lle ic h t w ird sie ih re S eele s ta tt m e in e r sü sse n h in g e b e n .“

A ls d ie M u tter h in k a m , sp ra c h e r: „M u tter, d e r E n g e l G a b rie l v e rla n g t m ein e sü sse S eele. G ib, bitte, d ie d e in e s ta tt m e in e r sü sse n S eele h i n ! “ S ie s p ra c h :

„ W ie soll ich helfen, S ohn! D re ih u n d e rtse c h s u n d se c h z ig J a h r e bin ic h alt, w ie e in e ju n g e B ra u t b in ich u n te r d e n M enschen, d e r S c h le ie r b e d e c k t n o c h m ein

1) Der Erzähler ist ein Armenier gewordener Kurde namens Mkrtiö Kulan. [Das Entsetzen des Königs, der zum ersten Male die W irksam keit des Todes erkennt, erinnert an die B u d d h a le g e n d e , die dem Abendlande durch die Geschichte des hl. Jo sap h at ver­

m ittelt w ard; in der G estalt der treuen B raut M argrit aber, die für den V erlobten ihr

Leben freudig hingibt, w ährend sein V ater und seine M utter vor einem solchen Opfer

zuriiekbeben, erkennen wir eine Nachkommin der griechischen A lk e s tis .]

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Seler: Mexikanische Küche. 369 G esich t. Ic h w ill m e in e sü s se S eele n ic h t s ta tt d e in e r h in g e b e n .“ D ie M u tter g in g w eg, u n d d ie S e e le K ag u an A slan s d rä n g te sich bis zum U n te rle ib e ; d a sp rach e r: „ L a s s t m ein en V a te r h e rk o m m e n ! V ie lle ic h t w ird e r seine S eele s ta tt m e in e r sü s se n h in g e b e n .“ D e r V a te r kam u n d sp ra c h : „S o h n , w as w illst d u ? “ E r s p ra c h : „ D e r E n g el G a b rie l v e rla n g t m e in e sü s se S eele. B itte, g ib s ta tt m e in e r s ü s se n S eele d ie d e in e ! “ E r sp ra c h : „S o h n , d re ih u n d e rtse c h su n d se c h z ig J a h r e bin ic h a lt u n d tra g e n o ch d ie K ro n e a u f m e in e m H au p t. Ic h w ill m ein e sü sse S eele n ic h t s ta tt d e in e r h in g eb en . L ä n g e r w ill ich a u f d e r W e lt le b e n .“ D e r V a te r g in g w eg, u n d d ie S eele K aguan A slan s d rä n g te sich b is zu sein em B usen.

S chon h a tte e r d ie H offnung v e rlo re n , d a e r k e in e n F re u n d a u f d e r W e lt b e sa s s;

a b e r e r h a tte eine B ra u t n a m e n s M a r g r i t . E r s p ra c h : „ L a s s t M arg rit h e r ­ ko m m en I V ie lle ic h t w ird sie ih re S eele s ta tt m e in e r sü sse n h in g e b e n , u n d ich b le ib e leben a u f d e r W e lt.“ M an lie ss sein e B ra u t M arg rit k o m m e n ; sie sah den K ag u an A slan in b itterm H arm , u n d es ja m m e r te sie s e in e r; sie rie f G ott an u n d s p ra c h : „K a g u a n A slan, b eim H im m el, E rd e u n d G ott, ich w ill m ein e S eele s ta tt d e in e r sü sse n h in g e b e n .“ M arg rits S eele d rä n g te sich h in au s, u n d K ag u an A slan w u rd e w ie d e r leb e n d ig . D e r E n g e l G ab riel sp ra c h : „M arg rit, g ib t es etw a k e in e ä n d e rn sch ö n en ju n g e n M än n er a u f d e r W e lt? N im m (h e ira te ) d ir einen u n d gib d ein e S eele n ic h t h in fü r die K ag u an A s la n s ! “ Sie sp ra c h : „N ein, K ag u an A slans S ch m erz is t d e r m ein e. B ei M ond, S onne u n d G ott, ich w ill m ein e S eele fü r K aguan A slan s S eele h in g eb en , d a m it m an m ich n ic h t m orgen a n re d e : J a m m e r­

volle W itw e M a rg rit.“

D a w ard es G ott leid , u n d e r g ab den b e id e n V erlo b ten M arg rit u n d K aguan A slan ein L e b e n von d re ih u n d e rts e c h s u n d s e c h z ig J a h re n . S ta tt ih r e r n a h m e r die S e e le n se in e s V a te rs u n d s e in e r M utter, u n d K ag u an A slan u n d M arg rit leb ten w ie d e r u n te r d en M en sch en . G o tt m ö g e ih n e n g n ä d ig s e in 1)!

M ü n c h e n .

Mexikanische Küche.

V o n Caecilie Seler.

Mir will scheinen, als ob das Studium der Küche bisher von den E thnographen im m er noch etwas vernachlässigt und verachtet würde. A ber warum sollte es w eniger w ertvoll sein zu wissen, was der Mensch isst, als womit er sich bekleidet? W enn wir bedenken, wie stark das B eharrungs­

vermögen der breiten Massen in allen D ingen des täglichen Lebens ist, so wird uns deutlich, dass N ahrung und K üchengeräte m anch w ertvollen F ingerzeig geben können für die E ntw icklung vieler D inge im L eben der Völker. Und nun gar in L ändern m it gering entw ickeltem V erkehr und unter klim atischen V erhältnissen, die dazu b eitra g en , ein Volk noch

1) Üblicher Ausruf bei der Erw ähnung der Toten.

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370 Seler:

w eniger bew eglich, frem den Einflüssen noch abholder zu m achen. Solche V erhältnisse aber liegen zum T eil heut noch in Mexiko vor. D ie ganze Lebensw eise in den Indianerdörfern, die nicht allzunahe der E isenbahn gelegen sind, versetzt uns um Jah rh u n d erte zurück, und E thnographie und Archäologie können hier gem einsam e W ege gehen. D ie kurze D arstellung, die ich in den folgenden Seiten zu geben versuche ü b er das, was mau in Mexiko isst und trin k t, m acht natürlich keinen Anspruch auf Voll­

ständigkeit. Es ist nur ein Versuch, das B esondere und C harakteristische der landesüblichen Küche zusamm enzufassen.

Beim E uropäer in der F rem d e m acht sich oft eine durchaus ungerecht­

fertigte A bneigung gegen die landesübliche Küche geltend, die doch auf die D auer besser vertragen w ird, als die von der H eim at h er gew ohnte;

einm al, weil sie dem K lim a besser angepasst ist, dann aber auch, weil die zu ih rer B ereitung nötigen Rohstoffe die im Lande erzeugten und daher stets in w eit vorzüglicherer Beschaffenheit vorhanden sind, als die ein­

geführten. F reilich w erden V eränderungen notw endig sein, um die ein­

heim ische K ost dem m itgebrachten Geschm ack näher zu bringen. Ich denke an die scharf gew ürzten G erichte und Saucen, an die sich Zunge und Magen des N ordeuropäers schwer gewöhnen. D ie Küche des m exi­

kanischen und m ittelam erikanischen Indianers ist im w esentlichen heute dieselbe wie zur Z eit der E ntdeckung und E roberung je n e r L änd er durch die Spanier, und ein T eil der damals landesüblichen G erichte hat sich auch bei den S paniern eingebürgert. V iele der dort heim ischen N ahrungs­

m ittel und Gewürze haben seit langem in E uropa H eim atrecht erlangt.

U m gekehrt gedeihen viele, erst von den E uropäern eingeführte L and es­

produkte drüben in F ü lle und V orzüglichkeit, so dass der Tisch heutzutage hüben und drüben ein viel reicher besetzter sein kann, als vor 400 Jahren.

D ie N ahrung der indianischen B evölkerung ist vorwiegend v e g e t a b i l i s c h . D ie alten Zeiten kannten kein Schlachtvieh, und auch heute ist frisches F leisch auf dem L ande m eist nicht zu beschaffen, und altgeschlachtetes kann bei den klim atischen V erhältnissen gar nicht in B etracht kommen.

D ie Küche der M ischbevölkerung und der heim isch gew ordenen Spanier ist auf s p a n i s c h e r G rundlage aufgebaut, indem sie reichlich den veränderten V erhältnissen Rechnung- trägt. D ie europäischen und besonders die deutschen K aufleute in den grossen Städten pflegen einen europäischen Tisch zu führen, und es erscheint höchstens gelegentlich als B esonderheit ein einheim isches G ericht als w illkom m ene Abwechslung auf der wrohl- besetzten Tafel. Doch ist solch europäische W irtschaft ein rech t k o st­

spieliges Vergnügen. W er sich aber auf abseits gelegenen Pflanzungen oder in kleinen O rten m it indianischer D ienerschaft oder solcher von Criollos, Ladinos und M ischlingen einrichten m uss, tu t unbedingt gut daran, seinen Magen und seine Zunge an L andeskost zu gewöhnen.

D a sich über spanische Küche je d e r m itL eichtigk eit aus einem spanischen

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Mexikanische Küche. 371 K ochbuche u nterrichten kann, so will ich hauptsächlich die einheim ischen N ahrungsm ittel und G erichte beschreiben. Zw ar gibt es ein recht dick­

leibiges m exikanisches Kochbuch ‘Nuevo Cocinero Mexicano en F o rm a de D iccionario’; doch geht darin natürlich altheim isches und neu eingebürgertes durcheinander.

Einheim ische N ahrungsm ittel sind:

D er M ais. Das W ort Mais ist ein A ntillen-W ort. A uf m exikanisch heisst die Maisstaude toctli, der junge K olben xilotl, der schon etwas reife elotl, der reife Kolben cintli, der entkörnte Mais tlaolli. E r ist das H auptnahrungsm ittel für Mensch und T ier. E r war und ist d i e N ahrung xaxi^oyjjv, den alten M exikanern gleichbedeutend m it F ülle, R eichtum . So nehm en denn auch die M aisgottheiten in ihrem wim m elnden Olymp eine hervorragende Stelle ein und sind zugleich G ötter der F reude, der F ülle, der Blumen, der Spiele. Auch heute noch w ird in m anchen G egenden Aussaat und E rnte von religiösen Zerem onien b e g le ite t1). — D ie B o h n e n , m exik. etl, spanisch frijol, von den M exikanern ih rer grossen B eliebtheit wegen m eist zärtlich im D im inutiv „frijolito“ genannt. — Als Gemüse w erden ver­

w endet verschiedene K ürbisarten, die fleischige F ru ch t einer Schlingpflanze, chayote; die süsse Kartoffel, camote; die T o m a t e , xitom ate; das H erz einer P alm en art; die jungen, zarten T rieb e des F eigen kak tus. Doch kann diese Aufzählung keinesw egs Anspruch auf V ollständigkeit m achen. — D er T r u t h a h n , Guajolote, verw elscht aus dem m exikanischen W orte H uexolotl, etwa zu übersetzen ‘der grosse D äm on’. Von alters her der F estbraten, fast die einzige nennensw erte einheim ische Fleischnahrung.

W ild gibt es nicht allzuviel, aber das zwischen unserm H irsch und R eh stehende V e n a d o , m exik. m azatl, hat ausserordentlich wohlschm eckendes Fleisch. In D ünen lebt ein grosses K aninchen, das unserm H asen an G eschm ack wenig nachsteht. W ilde E nten sind zahlreich auf den grossen Seen. Meer und F lüsse sind reich an Fischen, doch nicht überall wird regelrechter F an g getrieben, und in dem w arm en K lim a kann dieses empfindliche N ahrungsm ittel nicht allzu w eit verschickt werden. In der H auptstadt freilich langen jed en Morgen in Eis verpackte Sendungen der schm ackhaften Golffische aus Veracruz an, darunter besonders d er sehr geschätzte H u a u c h i n a n g o . Doch ist dies erst eine E rrungenschaft der letzten Jahre. D ie E ingeborenen essen auch grosse Eidechsen, G ürtel­

tiere, grosse Schnecken, M aguey-W ürm er (W ürm er, die im Stamme der Agave m exicana leben) und m ancherlei anderes Getier. In vorspanischer Zeit wurden H unde gem ästet und gegessen. — E ine nicht geringe Zahl wohlschm eckender und nahrhafter F rü ch te bring t das Land hervor. Ich will nur einige der b ekannteren anführen: die verschiedenen Z a p o t e - Arten, A g u a c a tl , P a p a y a , A n o n a , G u a y a v e , G r a n a d i t a , T u n a

1) Sapper, Speise und Trank der K ekcln-Indianer (Globus 80, Nr. 16).

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372 Seler:

und viele andere. F e rn e r sind die V a n il le und der K a k a o dort heim isch und der rote Pfeffer, C h i le (Capsicum annuum ), altm . chilli.

Eingeführt, aber heim isch gew orden sind: R eis, Z uckerrohr (die alten M exikaner süssten m it H onig), Kaffee, europäische Gemüse, die ab er nur in hohen L agen gedeihen; m ancherlei tropische F rü c h te , wie Mango, Banane, K okospalm e1) u. a. E uropäische F rü ch te liefern n u r selten er­

freuliche E rgebnisse. A ber ein w ahrhaft kongeniales K lim a h at die O range m it all ihren S pielarten gefunden, die wild und k u ltiv iert üb erall in vor­

züglichster Beschaffenheit zu finden ist.

Z u b e r e i t u n g s a r t e n . D ie M a is m a s s e (nixtam al) und ihre Ver­

wendung. D er Mais wird nicht gem ahlen, sondern zerquetscht und auf folgende W eise zubereitet: D ie abgestreiften K örner w erden m it kaltem W asser und gebranntem K alk in einen T opf getan und zum F e u e r gesetzt.

Man lässt ihn kochen, bis die H ülsen erw eicht sind. D ann lässt m an ihn vollständig auskühlen und w äscht ihn nachher sehr sorgfältig in kaltem W asser, womöglich in fliessendem, aus. Ist er gewaschen, so beg in nt die zeitraubende A rbeit des Mahlens oder vielm ehr Quetschens. E r wird zu diesem Zweck auf den M ahlstein, den m e t a t e , altm exik. m etlatl, gelegt und von der davor kauernden F ra u m it einem länglichen Stein, m etlapil, zerquetscht. Ist eine hom ogene Masse entstanden, in der sich kein einzelnes K orn m ehr bem erken lässt, so ist der Mais für die v er­

schiedensten V erw endungsarten vorbereitet, u nter denen die allererste Stelle einnim m t:

D ie T o r t i l l a 2), m exik. tlaxcalli. D ie B ereitung dieses Brotes der m exikanischen B evölkerung erfordert in grösseren F am ilien 'd ie volle Ar­

b eitsk raft einer F rau , und die E rlern u n g dieser K unst gehört m it zu den ersten häuslichen A rbeiten, die das Mädchen üben muss. Von der fertig gem ahlenen Masse nim m t die F ra u einen T eil fort, form t m it ihren H änden einen flachen, runden Kuchen daraus, der dann auf dem flachen Tontiegel, dem c o m a l, geröstet wird, erst auf der einen, nach einigen M inuten auf der ändern Seite. D ann ist die T ortilla, das tägliche B rot des M exikaners, fertig. A uf dem L ande gibt es kein andres Brot, nur in den S tädten findet man eiu süsses, kuchenähnliches Brot, das als ‘pan dulce’ oder ‘pan de huevos’ verkauft wird, und das m eist locker und wohlschm eckend, aber im V erhältnis zu den T ortillas natürlich teuer ist. D a seit einigen Jah ren W eizenm ehl aus den V ereinigten Staaten im p ortiert wird, gibt es in den grossen Städten auch Brot, sog. ‘pan frances’. D ie T ortilla kann, wenn sie von feiner, gut durchgequetschter Masse, gut gebacken ist und ganz

1) Doch ist es nicht ganz sicher, ob diese nicht auch hier schon seit alten Zeiten hcimisch ist.

2) T ortilla ist eigentlich Eierkuchen, doch versteht man im spanischen Amerika aus­

schliesslich die Maisfladen darunter. Eierkuchen muss ausdrücklich als ‘tortilla de huevos’

bezeichnet werden.

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Mexikanische Küche. 373 frisch in einer sauberen Serviette geboten wird, vollkom m en befriedigen, ist aber fast ungeniessbar, sobald sie k a lt geworden ist, weil sie dann zäh w ird wie Schuhleder. . D a m an aber leider nicht im m er frische T ortillas bekom m t, wenn man keine eigene T o rtillera zur Verfügung hat, so hilft m an sich, indem man die k a lt gew ordenen am offenen F eu er röstet; dann sind es T o s t a d o s , die auch noch ganz schm ackhaft und sogar leichter verdaulich sind, als frische, oder gar kalte T ortillas. J e m oderner die V erhältnisse sich gestalten, um so kostspieliger wird es, sich eine T o rtillera zu halten. W ar es bisher schon im m er Sitte gewesen, T ortillas auf den M arkt zu bringen, die dann im H ause gew ärm t wurden, so haben sich leider neuerdings in grossen und kleinen Orten, sogar auf grossen

Fig. 1. Tortillera, den Mais auf dem Mahlstein quetschend.

H acienden, Maschinen eingenistet, die die A rbeit der fleissigen Mais­

quetscherin übernehm en und den abgelieferten Mais nach k u rz er Zeit als n i x t a m a l w ieder herausgeben. Die A rbeitsersparnis ist eine ungem ein grosse. A ber der W ohlgeschm ack der T ortilla ist unw iederbringlich da­

hin. — A b a r t e n d e r T o r t i l l a . Man füllt auf die frische T ortilla ein wenig Chilesauce oder R este von schwarzen Bohnen oder Käse, rollt die T o rtilla zusammen und bäckt die Rolle. So entstehen die sehr schm ack­

haften E n c h i l a d a s , E n v u e l t o s , Q u e s a d ill a s . U nter T o t o p o z t l e ver­

steh t man in verschiedenen Gegenden verschiedene Dinge, im m er aber ist es H artgebackenes. E rstens auf dem Hochland: man teilt die sehr fein gem ahlene Masse m it dem m etlapil auf einem sauberen m etate in L ängs­

streifen, lässt sie auskühlen und bäckt sie. Zweitens in der Gegend von

T ehuantepec: ein riesiger, neben dem Hause in die E rde eingegrabener

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374 Seler:

T ontopf w ird wie ein rich tig er Backofen geheizt, indem m an ein F e u e r darin anm acht; dann w erden die K ohlen herausgenom m en, die flachen Maisfladen um die Innenw and des Topfes gelegt, dieser m it einer Schüssel zugedeckt und E rd e darüber geschüttet. Nach etlichen Stunden ist das knusprige, wohlschm eckende G ebäck fertig, das den Vorzug hat, längere Zeit haltb ar zu sein und daher gern auf die R eise m itgenom m en wird.

D ie so bereiteten Totopoztles heissen auch: T o r t i l l a J u c h i t e c a , nach der nahe bei T ehuantepec gelegenen S tadt Juchitan.

A t o l e , eine A rt dicker M ehlsuppe, das gew öhnliche F rü h stü ck in den Indianerdörfern. Atole spielt ungefähr die R olle wie bei uns H afergrütz- suppe, als w ohlfeiles und nahrhaftes G ericht der Arm en, wie auch als leicht verdauliche K rankenkost. D ie Maismasse w ird durch ein feines Sieb gedrückt, in einem T o p f zum F e u e r gesetzt, wo m an sie u n te r fleissigem U m rühren kochen lässt, bis sie die gew ünschte D icke erhalten hat. Dem zum U m rühren benu tzten Holzlöffel oder Q uirl d arf k ein F e tt anhaften, auch darf er nicht n eu sein. Im ersteren F alle g erinn t die Atole, im zw eiten bekom m t sie einen unangenehm en Geschm ack. (D ie durchgeseihte Masse w ird auch von den zahm en Vögeln sehr gern gefressen und dient als V ogelfutter.) Um die Atole schm ackhafter zu m achen, setzt m an verschiedene W ürzen zu, als da sind: Milch, E id o tte r m it Zucker, Mandeln, Anis, Schokolade (atole cham purrado).

T a m a le s (tam alli), gefüllte Klösse, eine F estspeise. D ie Masse

wird m it wenig lauw arm em W asser angefeuchtet, dann etwas Z ucker oder

Salz (je nachdem die F ü llu n g süss oder salzig ist), F e tt und Gewürz h in ­

zugefügt und gut verrührt. D ann nim m t man gut gewaschene, getrocknete,

dünne Mais- oder B auanenblätter, füllt Maismasse hinein und faltet oder

w ickelt das B latt zusammen. D ann nim m t m an einen grossen Topf, füllt

wenig W asser hinein, in das noch etwas Gras geworfen wird, dam it es

nicht zum Ü berkochen komm t, m acht darin einen Aufbau ( t l a p e c h t l i , t a -

p e z t l e , d. i. B ank) von Ziegelsteinen, legt die Tam ales darauf, deckt gut

zu, bindet noch ein Tuch darüber und lässt sie im D am pf kochen. W enn

die Masse aus den B lättern herauszuquillen beginnt, sind die Klösse gar. D ies

sind gew öhnliche Klösse, die aber selten gegessen werden, m eist sind sie

gefüllt. D ie einfachsten F üllungen bestehen aus schwarzen Bohnen und

C a p u l i n e s (einer einheim ischen kleinen, schwarzen K irsche). F ein ere

F üllungen bestehen aus Fleisch, Schweinsknöcheln, T ruthahn, R eis m it

Rosinen. In derK üstenoe^end wird auch F isch dazu verw endet. Tam ales sind O O

ein m ühsam zu bereitendes G ericht und kom m en daher n u r bei besonderen

Gelegenheiten auf den Tisch, an Feiertagen, F am ilienfesten, oder um einen

Gast zu ehren. Schon die V orbereitungen w erden zum F este, wobei sich der

ganze H aushalt beteiligt, Mann, K inder, G evattern, V erw andte und D iener,

alles, was H ände hat, muss helfen. E ine besondere A bart bilden die R iesen-

tam ales, die auf Jah rm ä rk ten feilgeboten und stückweis verkau ft w erden.

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Mexikanische Küche. 375 P o z o l ist ein bei den Indianern beliebtes, erfrischendes, aus der übrig

g e b l i e b e n e n

Maismasse bereitetes G etränk. D er n i x t a m a l säuert natürlich sehr bald, er wird dann m it warm em W asser angerührt. Die In dianer führen solche Maismasse gern auf R eisen m it sich und können dann jederzeit, sobald sie F e u e r und W asser zur H and haben, diesen T ran k bereiten. E r schm eckt nicht besonders gut, löscht aber den D urst sehr gründlich. H ier möchte ich noch erwähnen, dass d er In dianer unterw egs fast niem als k altes W asser trin k t.

D ies dürften die hauptsächlichsten Y erw endungsarten des Maises sein.

N atürlich gibt es von all diesen G erichten m annigfache V ariationen, in den G rundzügen gleichen sie sich überall, soweit ich das L and kennen gelernt habe, von Nordm exiko bis nach H onduras. Auch habe ich m ir sagen lassen, dass sie bis nach Südam erika hinein, zum T eil sogar u nter den m exikanischen N am en b ek a n n t sind.

F r i j o l (Bohnen). Es gibt verschiedene A rten und sehr verschiedene Z ubereitungsarten, aber wie bei den M aisgerichten im m er die gequetschte Masse die G rundlage bildet, so bei den Bohnen die gut w^eich gekochte F rucht. D ie schm ackhaftesten sind die kleinen, schwarzen Bohnen. Man kann wohl sagen, dass Bohnen bei k ein er einheim ischen M ahlzeit fehlen.

In m einem m exikanischen Kochbuch finde ich 16 R ezepte für Bohnen.

A ber sie lassen sich alle auf die G rundform en gekochte und gebackene zurückführen. N ur der Zusatz verschiedener W ürzen m acht den U n ter­

schied. D ie K rone sind nach m einem Geschm ack die gebackenen Bohnen mit M o le , d. i. Chilesauce. D ie weich gekochten Bohnen w erden zer­

quetscht, m ehrere Male aufgekocht und in einer flachen Schüssel m ehrere Stunden auf gelindes F eu er gestellt. D ie dazu gehörige Sauce füh rt uns sofort zum

C h ile . E r bedeutet die Vollendung, die W eihe. In dem leuchtenden D reig estirn : Mais, F rijol, Chile ist er der hellste Stern. In seiner V er­

wendung liegt die ästhetische, die ideale Seite der K ochkunst. D ie Ideale der V ölker sind freilich verschieden. D ie langen, zw anzigtägigen F asten der alten M exikaner verlangten völlige E nthaltun g vom Chilegenuss und von der Minne. D iese G leichstellung ist gewiss ein Beweis für die hohe W ertschätzung, die ihm zuteil wurde. E r ist eine kräftige A nregung für die V erdauung, die ja in heissen L ändern langsam er und träger verläuft.

D er Gaumen der M exikaner hat sich so sehr an seine scharfe Beize ge­

wöhnt, dass die nach einheim ischer A rt zubereiteten G erichte den E uropäer wie höllisches F e u e r brennen. — D e r Chile, der in den allerverschiedensten A rten vorkom m t — gross und klein, ro t und grün, c h i l i l l o , c h i l t i p i n ( c h ilte c p in - F lo h c h ile ) , c h il e v e r d e — dient aber nicht nur als Gewürz, sondern wird auch in verschiedenen Zubereitungen als Gemüse gegessen.

C h i le R e l l e n o (gefüllte Pfefferschoten), ein ähnliches G ericht wie

unser gefüllter Kohl, gefüllte Zwiebeln oder G urken. D ie Pfefferschoten

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376 Seler:

werden entkörnt und von den R ippen befreit, m it den verschieden­

artigsten F üllungen versehen (ähnlich wie die Tam ales), in Mehl und Ei gew älzt und gebacken. — Man isst die Schoten auch ungefüllt, n u r ge­

kocht oder m it Käse zubereitet. H ier ist der P han tasie freiester Spielraum gelassen.

M o le (chilm ole, chimole, clemole). E ine Sauce, die eine grosse R olle im m exikanischen K üchenzettel spielt. Man isst sie zu Bohnen, T ortillas, F leischgerichten, vorzüglich aber zum T ruthahn, den der M exikaner in keiner ändern Z ubereitung kennt. M o le d e G u a jo l o t e d arf auf kein er F esttafel fehlen und gehört zu den grössten kulinarischen Genüssen. Es g ibt eine unendliche Anzahl von M olerezepten. Jede L and ­ schaft, je d e Stadt, j a m an kann fast sagen jed e F am ilie hat ihre besondere Art, Mole zu machen, und jed e A rt fü h rt ihren besonderen Namen, je nach der F arb e , nach dem Ort, nach einem zugefügten Gewürz. So gibt es z. B. grüne und schwarze Mole; Mole von Oaxaca und von P u eb la usw.

H ier folge n u r das R ezept für die landläufigste A rt d er Zubereitung, ge- wisserm assen die G rundform : Man röstet grosse Chileschoten, die man ausgekörnt und von den R ippen b efreit h a t ,' in F e tt, kocht Tom aten und m ahlt beides zusammen im dazu bestim m ten Gefäss sehr fein, besonders darf der Chile nicht stückig bleiben. Nachdem man etwas F ett, fein- gestossenes Gewürz, Salz und T ruthahnbrühe (w enn m an die Mole näm ­ lich zum Guajolote gibt) hinzugefügt hat, lässt m an es kochen, bis es ganz dick ist. — N atürlich spielen heutzutage auch allerlei nicht einheim ische Gewürze eine grosse R olle bei den M olerezepten; man fügt Zimmet, R osinen, Mandeln, N elken, Pfeffer, Lauch u. dgl. m. hinzu. A ber man w ürzt auch m it Kakao, Baum wollsam en, C alabassekernen und verschiedenen ölhaltigen Samen.

E ine A bart der Mole ist der P i p i a n , von dem es wiederum unzählige A rten gibt.

C h i le co n c a r n e ist eigentlich nichts weiter, als Fleisch m it C hile­

sauce. E s zeigt, wie hoch der Chile geschätzt wird, und wie ausgiebig seine V erw endung ist, dass man nicht sagt: F leisch m it C hilebrühe, sondern:

Chile m it Fleisch.

O l la oder P u c h e r o oder C o c id o ist ein spanisches G ericht und hat sich überall m it der spanischen K ultur und der E inführung des R indes eingebürgert. Seine H auptbestandteile sind gekochtes Rindfleisch m it K ichererbsen (garbanzos) und Reis. Dazu kom m en die m annigfachsten G em üsearten, und sie bedingen die B esonderheiten dieser Schüssel in den verschiedenen L ändern. Man kann sich über die Zubereitung aus jedem spanischen Kochbuch m it L eichtigkeit unterrichten. Olla ist das spanische W ort für einen bauchigen K ochtopf m it w eiter Öffnung, in dem das Ge­

rich t gekocht wird.

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Mexikanische Küche. 377 T a s a jo verdankt natürlich auch den Spaniern seine Einführung, wie schon aus dem Namen ersichtlich: in Stücke geschnittenes Fleisch. Es spielt aber je tz t auf dem Lande und in den D örfern des viehreichen Landes keine kleine Rolle. Ist näm lich ein R ind geschlachtet, so muss man daran denken, das nicht sofort verbrauchte F leisch auf m öglichst einfache A rt wenigstens für kurze Zeit h altbar zu machen. Da w ird denn das F leisch in schmale Streifen geschnitten, gesalzen und an der L u ft ge­

trocknet, indem m an es auf L einen aufhängt. Gut zubereitet ist es ganz schm ackhaft, doch kann man sich des Genusses selten freuen, da nur wenige europäische Zähne im stande sind, dies zähe G ericht zu bew ältigen.

F r ü c h t e und süsse Speisen. Das L and ist sehr reich an essbaren Fürchten, soviel m ir bekannt, zählt man an achtzig. D ies sind natürlich nicht alles einheim ische, aber doch vollkom m en akklim atisierte, so dass man deren viele verw ildert antrifft. E in grösser T eil davon wird nicht nur als Obst gegessen, sondern dient zu verschiedenen G erichten. So z. B.

die A g u a c a te (B utterfrucht), die m an füllt wie den Chile oder m it Vor­

liebe zur Suppe isst. Ih r F ettg eh alt ist sehr gross, so dass sie, zu T or­

tillas genossen, ein B utterbrot ersetzen kann. Es gibt verschiedene Arten.

Sehr vielseitig ist der Gebrauch der B a n a n e (dort P l a t a n o genannt).

Man kocht sie m it Rindfleisch zusammen, oder schneidet sie in Scheiben und b äck t sie in F ett, oder kocht sie und isst sie m it Milch, oder kocht m it P an ela — dem ungereinigten braunen Z ucker — eine ausgezeichnete, süsse Speise davon usw. Überhaupt spielen die D u l c e s (süsse G erichte) eine grosse R olle. Von dem Z a p o t e p r i e t o stellt m an durch V errühren der breiigen, dunklen Masse m it X erez und Z ucker eine sehr gute süsse Speise her. G u a y a v e , Pfirsiche und andre F rü ch te liefern das M aterial zu F ruchtpasten, in deren H erstellung die F rau en einiger O rte es zu grösser V ollkom m enheit gebracht haben. D ie C h i r i m o y a oder A n o n a ist eine F ru ch t, deren zartes, weisses, parfüm iertes Fleisch auch ohne je d e Zubereitung wie eine feine Crem e schm eckt. Auch K ürbisse spielen eine grosse R olle bei der H erstellung süsser Speisen. Man benutzt dazu fast nur den braunen, ungereinigten Zucker, sogenannte P a n e l a , der noch all die arom atischen B estandteile enthält, die ihm durch die R affinerie ent­

zogen werden, und der daher viel wohlschm eckender ist, aber auch leich ter verdirbt. D ie Kunst, süsses B rot zu backen, F rüchte einzukochen und Konserven zu bereiten, haben die m exikanischen F rau en von den spanischen Nonnen gelernt. Ebenso vielleicht die Gepflogenheit, Bananen im Rauch aufzuhängen und dadurch h altbarer zu machen. Ich habe dieses V erfahren auch bei Orangen anwenden sehen.

D er K a k a o ( c a c a h u a t l heisst auf m exik. die Kakaobohne, woraus sowohl das W o rt K a k a o , als auch durch V erw elschung C h o c o l a t e ent­

standen ist) dient vielfach als Gewürz, z. B. für Atole, Mole prieto, ver­

schiedene G etränke, aber seine vorzüglichste V erw endung findet er heute

Zeitsclir d. Vereins f. Volkskunde. 1909.

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