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Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 17. Jahrgang, 1907, Heft 3.

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Academic year: 2022

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(1)

ZEITSCHRIFT

des

Vereins für Volkskunde.

Begründet von Karl Weinhold.

Im Aufträge des Vereins

herausgegeben von

Johannes Bolte.

BERLIN.

B E H R E N D 8c C °.

(vorm als A. A sher & Co. V erlag) 1907.

Die Zeitschrift erscheint 4 m al jährlich.

(2)

I n h a l t .

S eite

Drei spätmittelalterliche Legenden in ihrer Wanderung- aus Italien durch die Schweiz nach Deutschland. Von Heinrich D ü b i (3. Frau Vrene und der T a n n h ä u s e r ) ...249 — 264 Nachlese zu den Sammlungen deutscher Kinderlieder. Von

Georg S c h lä g e r (Nr. 1— 1 0 0 ) ... 264—298 Volksrätsel aus Osnabrück und Umgegend. Gesammelt von

August Br unk . . . . . . 298—307

Kleine Mitteilungen:

Volkslieder aus Vorarlberg, gesammelt von A. D ö rle r (Nr. 1—10) S. 307. — Tier­

stimmen im Braunschweigischen. Von 0. S c h ü tte . S. 311. — Ein Wettersegen aus dem 1(5. Jahrhundert. Von P. B eck. S. 313. — Alte Türriegel. Von W. v. S c h u le n b u rg . S. 314. — Ein Aberglaube der portugiesischen Seeleute. Von Marie A b ek in g . S. 314. — Ein merkwürdiger Fall von Durchziehen. Von Th. Z a c h a r ia e . S. 315. — Beiträge zur Volkskunde des Ostkarpathengebietes. Von R. F. K a in d l (1. Drei historische Volkslieder der Bukowiner Ruthenen. 2. Das Ortschaftslied. 3. Sagen vom Herrn Kaniowski. 4. Toten- hochzcit). S. 315. - Volksbräuche aus dem Chiemgau. Von K. A d ria n (‘2. Die Rocken­

fahrt. 3. Der Hoarer. 4. Flodererfuhren und Kreisfangen). S. 321. — ‘Einem die Hölle heiss machen’. Von R. N e u b a u e r. S. 325.

Berichte und Bücheranzeigen:

Neuere Märchenliteratur. Von J. B o lte. S. 329. — Neuere Arbeiten zur slawischen Volkskunde, 2. Südslawisch und Russisch. Von G. P o liv k a (Schluss). S. 343. — G. J a c o b , Geschichte des Schattenthcaters (J. Bolte) S. 354. — L. M a e te r lin c k , Le genre satirique dans la peinture flamande (J. Bolte) S. 355.

Notizen:

R. Andrce. R. Basset, E. G. Bourne, V. Dingelstedt, A. Forke, H. Gaidoz, C. C. van de Graft, P. R. T. Gurdon, F. Heinemann, A. Hellwig, Ahmed Iiikmet, M. Höfler.

A. W. Howitt, M. Löhr, G. Paris, K. Reuschel S. 35G.

Aus den Sitzungs - Protokollen des Vereins für Volkskunde

(K. B r u n n e r ) . . . . . 358—360

B e itr ä g e für d ie Z e it s c h r ift , bei denen um deutliche Schrift auf Quartblättern mit Rand gebeten wird, M itt e ilu n g e n im I n t e r e s s e d es V e r e in s , K r e u z b a n d s e n d u n g e n beliebe man an die Adresse des Herausgebers, Prof. Dr. Johannes B o lt e , Berlin SO. 26, Blisabethufer 37, zu richten.

Bücher zur Besprechung in der Zeitschrift wolle man an die Verlags- Buchhandlung B e h r e n d & Co. (vormals A. Asher & Co.), Berlin W. 64, Unter den Linden 16, senden.

Beitrittserklärungen zum Verein nehmen der 1. und 2. Vorsitzende Prof. Dr. Max R o e d ig e r , Berlin SW. 47, Grossbeerenstr. 70, und Prof.

Dr. Johannes B o lte , sowie der Schatzmeister Bankier Hugo A sc h e r , Berlin N. 24, Monbijouplatz 1, entgegen.

Der Jahresbeitrag, wofür die Zeitschrift an die Mitglieder gratis und franko geliefert wird, beträgt 12 Mk. und ist bis zum 15. Jan uar an den Schatzmeister zu zahlen. Nach diesem Termine wird er von den Berliner Mitgliedern durch die Paketfahrtgesellschaft eingezogen werden.

(Fortsetzung auf S. 3 des Umschlags.)

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Drei spätmittelalterliche Legenden in ihrer Wanderung aus Italien durch die Schweiz nach Deutschland.

Von Heinrich Diibi.

(Ygl. S. 42—65. 143—160.)

3. Frau Vrene und der Tannliäuser.*)

Mao nimmt gewöhnlich an, dass die durch Wagners Oper so bekannt gewordene Legende von dem Ritter, der im Yenusberge gewesen war und dafür vom Papste verflucht wurde, wie sie an einen deutschen Namen anknüpft, so auch deutschen Ursprunges und an irgend einem Berg in deutschen Landen einheimisch sei. Der Hörselberg in Thüringen freilich ist er9t im 19. Jahrhundert der Ehre gewürdigt worden, der Schauplatz auch dieses legendären Ereignisses zu sein, wie er schon vorher andere Helden der Volkssage beherbergt hatte. Aber weder der Stoff noch das Lokal der Tannhäusersage sind, wie Gaston Paris in seinen ‘Legendes du moyen äge’ (2e edition, Paris 1904) S. 116 f. nachgewiesen hat, ur­

sprünglich germanisch; deutliche Spuren weisen darauf hin, dass der erstere ursprünglich keltisch ist. In der tform aber, wie und nach dem Orte, wo sie zuerst literarisch verarbeitet erscheint, gehört die Tann- liäusersage in den Kreis der Legenden, welche sich in Italien an den Namen der Sibylle anknüpfen. Aus Italien ist die Legende durch Ver­

mittlung der Schweiz nach Deutschland gelangt. D iesen schon von Gaston Paris S. 135 vermuteten W eg der Sage zu beweisen, ist der Zweck der nachfolgenden Erörterungen.

Der Minnesinger ‘H e r r T a n n h ä u s e r ’ oder ‘d er T a n h ü sa ere’, über dessen Lebensschicksale (1205—1270) wir nur sehr ungenügend unter­

richtet sind (dass er aus einem salzburgischen Adelsgeschlecht stamme,

1) Vgl. Erich S c h m id t, Tannhäuser in Sage und Dichtung (Nord und Süd 1892,

-j jov: _ C h a ra k t e ris t ik e n , 2. Reihe 1901 S. 24—50). A. S o e d e r h je lm , Antoine de la Sale et la lebende da Tannhäuser, in Memoires de la societe neo-philologique ä Helsing- fors 2 107 ff (1897); Gaston P a r i s , Legendes du moyen äge 1900 p. 17—109: ‘Le paradis de la reine Sibylle’ (1897) und p. 113—145: ‘La legende du Tannhäuser’ (1898).

Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1907. 17

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ist unsicher; spätere Tradition machte ihn zu einem fränkischen oder schwäbischen Ritter), nennt in seinen sinnenfrohen, in der Art Neidharts von Reuenthal gedichteten Liedern weder Frau Yenus noch den Minneberg.

In dem gegen Ende des 13. Jahrhunderts entstandenen ‘W a r tb u r g ­ k r i e g ’1), einem poetisch fast wertlosen Produkt des ausgehenden Minne- singertums, ist die Rede von Felicia, der Tochter der Sibylle, die mit Juno und Artus in einem hohlen Berge lebt. Woher der Verfasser, wahrscheinlich ein Mainzer Meister, die seltsame Notiz hat, ist nicht be­

kannt. Sie mag aus der Yolkssage stammen, ist aber in diese importiert, wie auch der bretonische König Artus. Ich darf wohl schon hier darauf aufmerksam machen, dass, nachdem 1838 der aus dem ‘Wartburgkrieg’

stammende, aber durch die Novelle von E. T. A. Hoifmann umgemodelte Heinrich von Ofterdingen für identisch mit dem Tannhäuser des Yolksliedes erklärt war, R. Wagner es war, der diese neue Figur mit dem Kreise der Wartbürg einerseits, des Hörselbergs anderseits in Verbindung setzte.

Der im Wartburgkrieg noch unbekannte Berg und die Grotte der Sibylle-Yenus wird 1391 in Italien benannt, lokalisiert und geüau be­

schrieben. Es geschieht dies in dem 5. Buch des Prosaromans ‘Guerino il Meschino’ von A n d r e a d e i M a g n a b o tti.2) Der Verfasser mag die in altfranzösischen Fableaux vorkommenden Schilderungen des L iebes- gartens gekannt haben, ist aber doch im wesentlichen von der an Ort und Stelle vorhandenen Tradition abhängig, die er offenbar selbst er­

kundet hat. Sein Held ist, wie Telemach, auf der Suche nach seinem Yater und begehrt Auskunft über ihn von der Sibylle, die, wie man ihm sagt, nicht mehr bei Cumä, sondern im Apennin bei Norcia haust. D ie Bewohner von Norcia wollen ihn von seinem Vorhaben abwendig machen, indem sie ihm erzählen, dass nach einer Schrift Messire Lionel de France vergeblich versucht habe in die Grotte einzudringen, indem er durch einen schreck­

lichen Wind zurückgetrieben worden sei. Auch ein anderer Mann habe es versucht, sei aber nie wiedergekommen. Guerino bleibt bei seinem Vorhaben, gelangt über Schloss Castelluccio zu frommen Eremiten, die ihn mit ihrem Rate stärken, ersteigt schreckliche Felsen über gähnenden Ab- gründen und kommt schliesslich zu einer Höhle mit vier Eingängen. Er verfolgt, eine Kerze in der Hand, einen unterirdischen Gang bis zu einer metallenen Türe, auf deren Flügeln lebenswahr gemalte Dämonen die Inschrift tragen: ‘W er zu dieser Pforte eingeht und innerhalb eines Jahres nicht wieder herauskommt, muss darinnen bleiben bis zum jüngsten Tage und ist dann verdammt’. Guerino klopft an und findet Einlass. Der Aufenthalt bei der Sibylle und ihren Frauen wird als ein paradiesischer geschildert. Aber Palast, Reichtümer und Garten beruhen auf Zauberei.

1) Der Wartburgkrieg, herausgegeben von K. Simrock (Stuttgart und Augsburg 1858) S. 111. Über Felicia und den Freudenberg s. unten S. 263 *.

2) Ygl. Gaston Paris p. 88—Dl.

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25 1 Jeden Samstag verwandeln sich die Bewohner in Schlangen und Skorpionen und bleiben in dieser Verwandlung bis Montag zu der Stunde, wo der Papst seine Messe beendigt hat. D ie Sibylle sucht Guerino zur L iebe zu verführen, er widersteht ihr, aber es gelingt ihm auch nicht, ihr ihre Geheimnisse zu entlocken. Am letzten Tage des Jahres verlässt er sie und kehrt an die Oberwelt zurück. Über die Eremitenklause und Norcia begibt er sich nach Rom, wo ihm der Papst in Ansehung seiner löblichen Absicht und seines tugendhaften Benehmens die Absolution erteilt.

Guerino ist eine Romanfigur; Andrea dei Magnabotti ist vielleicht nie auf dem Monte della Sibilla, wie der Bergzug, man weiss nicht seit welcher Zeit, heute noch heisst, gewesen, und die ‘Schrift’, welche von Messire Lionels Besuch in der Grotte handelte, hat nie jemand gesehen.

Aber aus dem 15. Jahrhundert sind eine Reihe von Besuchern mit und ohne Namen bekannt. Man wird sich erinnern, dass wir dies auch (oben S. 57 f.) für den dem Sibyllenberg benachbarten Pilatussee nach­

gewiesen haben, und es sind grösstenteils die nämlichen Autoritäten, die wir für beide profane W allfahrtsziele zu zitieren haben.

Ich beginne mit dem Züricher Chorherrn F elix H em m e r lin oder M alleolus1), weil sein Zeugnis das älteste ist und er am deutlichsten den Zusammenhang beider Sagen zu ahnen scheint. In der Tat verweist er am Ende von cap.23,in welchem er denPilatussee und seine dämonischen Erscheinungen schildert, auf das, was er in cap.26 seines Dialogs zwischen dem Edelmann und dem Bauern über die ähnlichen Erscheinungen am Venusberg berichtet habe.

Dieser in ziemlich barbarischem Latein abgefasste Bericht lautet in Kürze folgendermassen: Nahe bei der Stadt Norcia und dem Kastell ‘Montifortino’

liegt der Sibyllenberg, wo durch das Hinschweifen der Menschen über diese Berge, ähnlich wie dies bei Luzern geschieht, Stürme und H agel­

wetter entstehen, die für die umliegenden Orte sehr lästig sind. W ie Hemmerlin deutlich gesehen und von Ortskundigen erfahren hat, sind diese Berge voll von Höhlen und Grotten, die bis ins Innere des Berges reichen, und unpassierbaren Gängen. Der Berg heisst gemeiniglich Yenusberg, w eil Venus, die Gattin des Vulcan, hier ihr vom Feuer unzertrennliches Wesen treibt. In diesen Grotten sind dämonische W esen, Incubi und Succubi, in der Gestalt schöner W eiber, die von irgendwoher gekommene Männer betören. Zur Zeit, wo der Papst Johann XX III.

mit der Kurie in Bologna verweilte, hat Hemmerlin einen ‘einfalten’

(simplicianus) Mann aus Schwyz gesehen, der bekannte, dass er in diesen Bergen bei den unsauberen Geistern ein Jahr in W ollust zugebracht habe.

W egen seiner aufrichtigen Reue und mit Worten und Geberden bezeugten Zerknirschung über die m it Verläugnung der gebenedeiten Jungfrau und

1) Vgl. oben S. 552 und Felix H e m m e rlin , De nobilitate et rusticitate dialogus (Basel 1497) cap. 26, S. X C IIII.

17*

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25*2

aller H eiligen und Verzicht auf die Gnade Gottes verknüpften Sünde wurde ihm auf Veranlassung Hemmerlins durch einen päpstlichen Beichtiger in der Kirche des h. Petronius zu Bologna die Absolution zuteil. Auf Befragen berichtete er ausführlich, wie er mit zwei Gefährten aus Deutschland (Alemania) in die Grotten eingedrungen sei. Sie fanden darin einen reizenden, ebenen Platz. Er glich einem von dem Kreuzgang umschlossenen grossen Klostergarten, mit zwölf Türen im Hintergründe, durch welche man nach freier W ahl zu zwölf nach den Monaten klimatisch wechselnden Gärten gelangte. Und obwohl der ‘Simplicianus’ im März in den Berg gedrungen war, fand er beim öffnen der Türe einen mit allen Früchten des Septembers gezierten Obstgarten. Ebenso frei und wechselnd ist der ‘tröstliche’ Verkehr mit den schönen Frauen und der Genuss eines mit allen Reizen jugendlicher und weltlicher Lustbarkeit geschmückten Lebens. Aber ein wohlmeinender Greis warnt beim Eintritt den Schwyzer und seine Gefährten, nicht über ein Jahr zu verweilen, sonst müssten sie immer in dem Berge bleiben. Er wiederholt die Warnung nach einem Jahre, das den Erschrockenen wie ein Monat ver­

flossen ist. Während seine Gefährten, durch die wunderbaren Erzählungen der Frauen verführt, bleiben, entrinnt der Schwyzer einzig. Er hat auch drinnen verschiedene zu ewigem Bleiben verdammte Personen aus ver­

schiedenen Ländern, namentlich aus England, gesehen, Unter anderen einen alten (antiquum) Mann und seinen Sohn, die an der allgemeinen Freude keinen Anteil nahmen.

D iese bisher fast unbeachtete Erzählung, welche auf die Jahre 1410— 13 zurückgeht, scheint mir auf das allerdeutlichste zu beweisen, dass die Sage von Tannhäuser im Venusberg mit vielen später bekannten Einzelheiten, den getreuen Eckart eingeschlossen, um die W ende des 14. Jahrhunderts in Italien ausgebildet war und von dort durch Vermittlung der Schweiz nach Deutschland gelangte. Hemmerlins Pamphlet war handschriftlich schon 1456, vielleicht früher, verbreitet (begonnen ist es 1440), ist aber erst durch einen Basler W iegendruck von 1497 allgemein bekannt geworden.

Der prophetische Charakter der Sibylle, der noch im Guerino hervor­

tritt, ist in dieser Erzählung fast ganz verwischt. D ie Schilderung des üppigen Lebens in der Venusgrotte ist in für einen Geistlichen recht leb­

haften Farben gehalten; die Vergebung erfolgt wie im Guerino, nur dass der Papst durch einen Stellvertreter ersetzt wird. V iel deutlicher und dem Tannhäuserlied sich nähernd ist die R olle des Papstes in der Er­

zählung des Antoine de la S a l e . 1) Wie wir oben S. 58 berichtet haben, wurde die ‘Salade’, in welcher auch der Abschnitt über das Paradies der Königin Sibylle zu den ‘guten und schmackhaften Kräutern’ gehört,

1) Vgl. oben S. 581 und Soederhjelm S. 111 ff.

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2 5 3 zwischen 1438 und 1442 niedergeschrieben. Gedruckt ist die ‘Salade‘ aber erst im 16. Jahrhundert, zuerst ohne Datum, dann 1527 zu Paris. Beide Ausgaben sind sehr selten; allgemein zugänglich sind aber nun die Auszüge, welche Professor Soederjhelm seinem vorzüglichen Artikel:

‘Antoine de la Sale et la legende de Tannhäuser’ in den Memoires de la societe neo-philologique äH elsingfors,tom e2 p. 107 ff., nach einem Manuskript der Bibliotheque royale in Brüssel aus dem 15. Jahrhundert beigegeben hat. Antoine de la Sale hat seinem Reisebericht, der vom Mai 1420 datiert ist, eine Karte beigefügt, die für jene Zeit recht gut ist und beweist, dass ihr Verfasser die Gegend des Pilatussees wie der Sibyllen- o-rotte aus Autopsie kennt. Wir müssen es uns hier versagen, die topographischen Einzelheiten der Reise, die für die Geschichte des Berg­

steigens und des ‘landschaftlichen Auges’ Bedeutung haben, zu wieder­

holen, und beschränken uns auf das, was de la Sale von der Grotte selbst und der Sage zu erzählen weiss.

In Begleitung eines Doktors aus der Gegend, Messire Jehan de Sore, und einiger Leute aus dem Städtchen Monte Monaco, die als Führer dienen, gelangt er von der Felsterrasse des Gipfels, in welchem die Grotte liegt, durch einen trichterförmigen, schmalen und niedrigen Einschlupf in eine 10 bis 12 Fuss im Geviert messende und ebenso hohe Höhle, die durch ein Loch in der D ecke ein spärliches Licht empfängt und mit in den Seitenwänden eingehauenen Sitzen versehen ist. Yon hier aus gehört, klang das W iehern der am Fuss der Felskuppe auf einer schönen W iese zurückgelassenen Pferde wie das Geschrei eines weit entfernten Pfaus. Dass es Stimmen aus dem „Paradies der Sibylle“ (wörtlich so) seien, wie seine Begleiter meinten, w ill der skeptische Franzose nicht glauben. Auch weist er es ausdrücklich von sich, dass er in die Geheimnisse der Grotte weiter als bis zu der ersten Kammer eingedrungen sei oder habe eindringen wollen.

Eine Möglichkeit, durch einen Ausgang der Ecke der Kammer weiter vor­

zudringen, kennt er, hat sie aber für seine Person nicht benutzt, weil er da nichts zu suchen hatte und die Sache ihm gefährlich schien. Dagegen hat er gehört, dass fünf junge W agehälse aus Monte Monaco, versehen mit Lebensmitteln, Laternen und Stricken dies versucht hätten; zwei von ihnen hat Antoine selbst gesprochen. Nach ihren Berichten erweiterte sich das Loch nach Armbrustschussweite so, dass man darin aufrecht stehen und 2— 3 Mann nebeneinander gehen konnten. Nachdem sie so etwa 3000 (Fuss oder Schritte?) hinabgestiegen waren, stiessen sie auf eine Erdspalte, der ein so starker Wind entströmte, dass sie ihr Vorhaben auf­

geben mussten. An diesen kärglichen, aber nüchternen Bericht schliesst de la Sale nun die Erzählungen an, welche die Leute von Monte Monaco ihm überlieferten. Ein Priester des Ortes, Messire Antoine Fume, wollte weiter gegangen sein. D ie Windspalte erwies sich als kurz und ungefähr­

lich, desgleichen eine lange, anscheinend nur fussbreite Brücke, unter der

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ein Giessbach brauste. Auf breitem W ege, an zwei künstlichen feuer­

speienden Drachen vorbei kommt man auf ein viereckiges Plätzchen vor eine metallene Tür, deren Flügel unaufhörlich zusammenschlagen. Don Antonio Fumato ging nicht weiter. Zwei Deutsche, die er bis vor die eherne Türe geführt hatte, wagten es, kehrten aber nicht wieder zu dem ihrer harrenden Priester zurück. Wenn schon der Umstand, dass Don Antonio Fumato als nicht ganz gesund im Kopfe galt, Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit erregte, so findet de la Sale die Geschichten von anderen, die durch die metallene Pforte eingedrungen sein sollten, schwer zu glauben, obschon er sie mit wenigen Einzelheiten auch in anderen Ländern gehört hat. Folgendes haben ihm die Leute in der Gegend erzählt: Ein deutscher Ritter (die Deutschen sind auf solche Abenteuer besonders er­

picht) drang einst mit seinem Knappen ein und gelangte durch das metallene Tor vor ein kristallenes. Auf ihre Anmeldung werden sie ein­

gelassen, reich bekleidet und unter dem Klang von Instrumenten und Gesängen durch prächtige Hallen und Gärten voll von Rittern und Damen vor die Königin geführt, welche sie in ihrer Muttersprache anredet. Denn alle Bewohner des Berges sprechen nach 330 Tagen Aufenthalt jede Sprache der W elt; nach 9 Tagen verstehen sie wenigstens jede. Die Königin erklärt ihnen nun die Geheimnisse des Lebens im Berge. Man darf 9 oder 30 oder 330 Tage lans: bleiben. O © W er den letzten Termin verstreichen lässt, muss ewig im Berge bleiben. Ritter und Knappe müssen jeder eine Gefährtin wählen, was namentlich dem Knappen sehr behagt. Aber auch dem Ritter gefällt das paradiesische Leben, bei dem ein Tag nur eine Stunde scheint, zunächst ganz gut. Zwei Dinge nur beunruhigen ihn. D ie Königin will nicht mit der Sprache heräusrücken, was aus ihr und ihrem Hofstaat am Ende aller D inge werden wird, und jeden Freitag um Mitternacht werden sie und ihre Frauen zu Ottern und Schlangen und bleiben so 24 Stunden lang. Nachher kehren sie freilich um so schöner zu ihren Kavalieren zurück. An diesem Zeichen und einem W inke Gottes (durch Traum?) erkennt der deutsche Herr die Ge­

fahr und entzieht sich ihr am letzten erlaubten Tage. Sie nehmen Ab­

schied von der Königin und ihren Gefährtinnen, die darüber sehr betrübt sind. D ie des Ritters übergibt ihm einen Talisman in Form eines goldenen Ringes. Sie erhalten ihre früheren Kleider wieder und finden mit H ilfe von zwei Kerzen, die nachher von selbst auf immer erlöschen, den W eg zur Oberwelt zurück. Der Ritter eilt nach Rom, um seine Sünde ab- zubüssen, aber kein Beichtiger will ihn absolvieren, er wird an den Papst gewiesen. „Nach den einen wäre dies Innocenz YI. vom Jahre 1352, nach den ändern Urban Y. vom Jahre 1362 oder VII. vom Jahre 1377 ge­

wesen.“ Der Papst ist erfreut über die Reue des Sünders, verweigert aber, um ihn noch mürber zu machen, die Absolution und jagt ihn fort.

Ein Kardinal legt sich ins Mittel, aber unterdessen weiss der Knappe, der

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2 5 5 sich nach den Freuden des Yenusberges zurücksehnt, seinen Herrn durch das Yorgeben, sie seien mit einem Ketzerprozess bedroht, zur Rückkehr in den Berg zu überreden. Als der Papst die Flucht aus Rom vernimmt, bereut er seine Härte und schickt Boten mit der Absolution aus. Aber diese finden nur die Hirten, welchen der Ritter weinend seinen Entschluss, in den Berg zurückzukehren, und den Grund dafür mitgeteilt hat, und bringen dem Papst den für den Stadthauptmann von Monte Monaco zu­

rückgelassenen Brief, der in Kürze lautet: „Allen denjenigen, welche Nachricht wissen wollen von dem Ritter, dem der Pabst nicht hat ver­

zeihen wollen, kund und zu wissen, dass man mich im Paradies der Königin Sibylle finden wird.“ Hierauf nennt de la Sale ausdrücklich Innocenz VI. als denjenigen, welcher die Absolution verweigerte, den Brief des Ritters verbrennen liess und den Zugang zur Grotte ungangbar machte. „Aber“, fügt er hinzu, „dennoch steigt man immer noch hinauf,

wenn auch mit grossen Beschwerden“.

In der Tat fand Antoine de la Sale selber an den Wänden des von ihm besuchten Teils der Grotte Inschriften, von denen er zwei notierte:

„Herr Hans Wanbanbourg (so das Mscr.; im Druck steht Wanbranbourg) Borg intravit“ und „Thomin de Pons“ oder „de P ous“ (de la Sale konnte wegen der Verwitterung die Buchstabenform nicht entscheiden). Von dem ersteren meint de la Sale wegen des ‘Intravit’, dem kein exiit b ei­

gefügt -sei, das sei vielleicht der deutsche Ritter und Thomin de Pons, der gar nichts beifügte, sein Schildknappe. Anderseits aber kommt ihm dieser Name französisch oder englisch, d. h. normannisch vor. D e la Sale hat dann seine eigenen Namen und seine D evise ‘II convient’ ein­

gekratzt; jetzt sind alle drei Namen längst verschwunden. Für die Sage von Bedeutung sind noch zwei Erzählungen Antoines.

Ein sehr alter Mann, Colle de la Mandelee, hat vor etwa 40 Jahren einen Grandseigneur aus Languedoc Namens de Pacs oder de Pacques in die Grotte geführt, wo derselbe nach einem verschwundenen Bruder forschte, der von einer R eise, die ihn mit anderen Edelleuten nach Ancona gebracht hatte, aus unbezwingbarer Neugierde zum Sibyllenberg gegangen und von dort nicht heimgekehrt war. Der Name stand auch richtig an der Wand, der betrübte Bruder liess ihn auskratzen, wurde dann aber durch einen Traum in der Grotte, wo er in Ohnmacht gefallen war, ge­

tröstet und belehrt, dass der verloren Geglaubte gerettet sei.

Ferner: Als de la Sale 1422 in Rom war, schwur ihm ein gewisser Gaucher de Ruppes, dass ein Onkel seines Vaters behauptet habe, im Venusberg gewesen zu sein. In der Familie sei man überzeugt, dass er dahin zurückgekehrt sei. D e la Sale konnte mit gutem Gewissen er­

klären, dass er davon nichts wisse. D ie Leute von Monte Monaco hatten ihm versichert, dass seit dem obrigkeitlich erlaubten Besuch des Seigneur de Pacques niemand mehr in der Grotte gewesen sei bis auf ihn, Antoine

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de la Sale, der für seinen Besuch, „le X V IIIrae jour de may l’an rpil IIIIC X X “ ebenfalls den G eleitsbrief des Podestä von Monte Monaco mit­

gebracht hatte. D iese Erlaubnis war offenbar notwendig, weil Innocenz VI.

(1352— 136*2) alle diejenigen exkommuniziert hatte, „welche hierund beim See der Sibylle gewesen waren, wenn sie nicht zu wahrer Reue und apostolischer Absolution zurückkehrten“. D e la Sale schliesst seinen Be­

richt, den er nur zum Spass und Zeitvertreib geschrieben haben will, in­

dem er seinen Zögling und dessen junge Gattin, die Dame de Calabre, zu einem Besuch der Grotte auffordert.

Solche Besuche haben in der Tat das ganze 15. Jahrhundert hindurch stattgefunden, namentlich von Deutschland aus. Der schon früher als Zeuge für den Besuch des Pilatussees bei Norcia zitierte Pietro R a z z a n o ( t 1 4 - 9 2 ) berichtete in seinen unediert gebliebenen Schriften, dass sich mehrere Betrüger gerühmt hätten, in der Sibyllengrotte gewesen zu sein und deren Wunder geschaut zu haben.

In einem B rief an seinen Bruder, den Juristen Georg Piccolomini schreibt Aeneas S y l v i u s 3), der spätere Papst Pius II: „Überbringer dieses ist eben zu mir gekommen, um mich zu fragen, ob ich nicht einen Venusberg in Italien wüsste, in welchem magische Künste gelehrt würden, nach denen sein Herr, ein Sachse und grösser Astronom, grosses Verlangen trage. Ich sagte, ich kenne einen Porto Venere bei Luna an der Ligurischen Küste, an welchem Ort ich auf der Reise nach Basel drei Nächte zu­

gebracht habe. Auch fand ich, dass in Sizilien ein der Venus geweihter Berg Eryx sei, aber ich wüsste nicht, dass dort Magie gelehrt werde.

Während des Gespräches aber kam mir in den Sinn, es gebe zu Umbrien, im alten Herzogtum Spoleto, nahe bei Norcia einen Ort, wo unter einem steilen Berg eine grosse Grotte liege, in welcher Wasser fliesse. Hier, erinnere ich mich gehört zu haben, seien Hexen und Dämonen und nächt­

liche Schatten, wo kühne Leute Geister sehen und besprechen und magische Künste lernen können. Das habe ich selbst weder gesehen, noch sehen wollen; denn was man nur mit Sünde lernt, lässt man besser ungekannt.

Aber der des Zivilrechts kundige Savinus, der im Wirtshaus bei der Camilla wohnte, hat mich versichert, dass dies wahr sei, hat mir den Ort genannt und beschrieben; aber mein Gedächtnis ist schlüpfrig wie ein Aal; deshalb bitte ich Dich, dass Du, wenn Sabinus noch lebt, diesen Mann zu ihm führest und ihm empfehlest. D ies wird mir ein grösser Dienst sein; denn sein Herr ist der Leibarzt des Herzogs von Sachsen,

1) Die Notiz des P. R a z z a n o ist wiedergegeben von F ra Leandro Alberti (siehe oben S. 6 0 x) in dessen 1550 heransgekommener Descrittione di tutta l’Italia, terzadecima regione, Marca Anconitana, fol. 273 der Ausgabe Venedig 1596.

2) Aeneas S y lv iu s , Epistolae 1, 4 6 = Opera (Basel 1551) p. 531. Auf diesen Brief hat aufmerksam gemacht Alfred Reumont in seinem mir leider unzugänglich gebliebenen

Artikel ‘II monte di Venere in Italia’ in ‘Saggi di storia e letteratura’ (1880) p. 389.

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2 5 7 ein reicher und mächtiger Mann.“ D ieser auch wegen einer darin stehen­

den Nachricht über ein uneheliches Söhnlein des Enea Silvio pikante Brief, der kurz nach 1431 geschrieben sein muss, beweist uns, dass da­

mals die Deutschen den Yenusberg in Italien suchten, die Sage also in Deutschland noch nicht lokalisiert war. Sie ist es auch noch nicht 1453, wo Hermann von S a c h s e n h e im 1) in der ‘Möhrin’ den verzauberten Berg beschreibt, wo paradiesische Freuden in einem ewigen Frühling herrschen und wo ‘der Tanhuser uß Franckenlant’ der Gemahl der Königin Yenus ist. Ebensowenig in dem um die gleiche Zeit entstandenen Meisterlied vom T a n n h ä u s e r 2), wo dieser seine Reue darüber ausdrückt, dass er in den Yenusberg gegangen sei, und erzählt, der Papst Urban IV. habe ihm die Absolution verweigert, er hoffe aber auf die Gnade Gottes. Ich trete nicht in die Frage ein, wie und warum Urban IY. in die Sage vom Tann­

häuser hineingekommen ist; jedenfalls ist diese Angabe spät und vereinzelt, beweist also nichts für deutschen Ursprung der Sage. Dagegen tritt die Härte und Ungerechtigkeit des Papstes hier stärker hervor, als in der offenbar absichtlich abgeschwächten Erzählung des Antoine de la Sale.

Dass der Papst damit sich selber verdammt, ist ein Zug, der erst in der Reformationszeit und nördlich der Alpen scharf zum Ausdruck kommt;

aber in der Reue, die der Papst empfindet, ist er doch schon im 15. Jahr­

hundert vorgebildet.

In diesem fahren, wie gesagt, die Besuche im Sibyllenberge fort.

Luigi P u l c i 3) rühmt sich im zweiten Gesänge des ‘Morgante maggiore’

seines Besuches bei der Sibylle als eines guten W itzes (bei gioco), während er in einem seiner Briefe ihr Andenken herzlich schlecht macht.

Bernardino B o n a v o g lia 4) scheint in seinen Predigten zu Foligno auch von fremden Besuchern der Sibyllengrotte gesprochen zu haben (siehe oben S. 57). Ein solcher war der Ritter Arnold v o n H a r f f 5) aus Köln, der 1497 mit Freunden die Grotte besuchte. Er erzählt davon in einem handschriftlichen, erst 1860 gedruckten Reisebericht. Der Kastellan von Castellucio führte sie dahin; aber sie fanden nichts Merkwürdiges oder Wunderbares. W ichtig für uns ist, dass Harff hergekommen war, weil er so viele seltsame Geschichten über diesen Yenusberg in Deutschland ver­

nommen hatte.

Um die Geschichte der Sibyllengrotte in Italien zu beendigen, er­

wähnen wir aus dem 16. Jahrhundert, dass A r io s t o 6) der ‘von Dämonen

1) Hermann von S a c h s e n h e im , Die Mörin v. 3900—3911 (herausgegeben von Ernst Martin 1878 S. 165).

2) Abgedruckt von K. Goedeke 1883 in der Germania 28, 44f. nach der Weimarer Folio-Hs. 418, Bl. 670 (von Wolf Bauttner geschrieben).

3) Ygl. oben S. 578 und II Morgante maggiore Canto 24, v. 112 f.

4) Vgl. oben S. 57 *.

5) Vgl. oben S. 60® und Reumont, Saggi p. 390f.

6) A r io s to , Orlando furioso Canto 33, St. 4.

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bewohnten Nursinischen Grotten’ gedenkt; dass der arge Spötter Pietro A r e t i n o 1) irgendwo von einem verhexten Brunnen sagt, es wohnen dort die Schwestern der Sibylle von Norcia und die Tanten der Fata Mor- gana; dass dem trefflichen Benvenuto C e l l i n i 2) ein Nekromant die Berge von Norcia und deren Bewohner als besonders zauberkundig zum Besuche empfahl; dass T r i s s i n o 3) im vierundzwanzigsten Gesang seines grossen Epos ‘L ’Italia liberata da’Goti’ den Besuch des h. Benedikt von Norcia in der Grotte, den Berg Yittore, „der an Höhe jeden anderen Berg übertrifft“ (heute noch heisst die höchste Erhebung der Monti Sibillini Monte Yettore), den Ort Gallo (gemeint ist Santa Maria in Gallo) erwähnt und „die hohe und tiefe Grotte“ als den Sitz der ältesten Sibylle und der wahren Weissagung preist. Etwas länger müssen wir uns bei der Schil­

derung aufhalten, welche Fra Leandro A l b e r t i 4) 1550 in seiner ‘D es- crittione di tutta l’Italia’ im Abschnitt über die Mark Ancona von der gleichen Gegend gibt, w eil die Schilderung Sagenzüge enthält, die uns bisher noch nicht begegnet sind. „Nicht weit von Santa Maria in Gallo befindet sich die grosse und schreckliche Grotte der Sibylle, von der die Tradition oder vielmehr eine unsinnige Fabel behauptet, dass hier der Eingang zur Sibylle sei, welche in einem schönen Königreich wohnt, geziert mit Palästen, in denen Männer und schöne Frauen sich den Freuden der Liebe ergeben. So ist es am Tage, des Nachts aber verwandeln sich alle in schreckliche Schlangen, auch die Sibylle, und diejenigen, welche das Königreich betreten, müssen sich zuerst die Liebkosungen dieser scheusslichen Reptile gefallen lassen. Keiner ist gezwungen, über ein Jahr zu bleiben, nur dass jedes Jahr einer von den Eingetretenen bleiben muss. D ie Austretenden aber werden von der Sibylle für den R est ihres Lebens reich beschenkt.“ Alberti will diese Ammenmärchen in seiner Jugend gehört haben. Direkt von Alberti abhängig, also für uns als Quelle wertlos, ist die Notiz in der Cosmographia generalis5) des Holländers P. v a n M e r le 1602; dagegen bietet der Umstand für uns Interesse, dass der holländische Geograph A. O r t e i6) 1570 in die Sibyllengrotte den

„Danielken“, d. h. den niederländischen Tannhäuser, hineinbringt.

Das darf uns aber nicht wundernehmen; denn bereits seit 1515 ist die Yulgata7) des Tannhäuserliedes ausgebildet. Ich darf ihren Inhalt

1) Weder J. Burckhardt, Kultur der Renaissance3 2, 297 noch Reumont, Saggi p. 385 geben ein genaueres Zitat aus Aretins Werken.

2) Ygl. oben S. GO2 und Cellini, Vita 1. 1, c. 61.

3) Ygl. oben S. 604.

4) Ygl. oben S. 60*.

5) Vgl. oben S. 605.

6) Zitiert nach Gaston Paris, Legendes p. 96 Anm. 2.

7) Eine gute Vorstellung von der Vulgata des Tannhäuserliedes in der Schweiz gibt das Stück Nr. 57 im Sammclband Wiediner der Stadtbibliothek in Bern (Sign.

Rar. 63. Alte Lieder). Die Überschrift lautet: Der Dannhauser/ wie er in Frauw

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2 5 9 als bekannt voraussetzen; für unsren Zweck ist nur zu betonen, dass die Geschichte von dem dürren und wieder grünenden Stab in keiner ita­

lienischen oder französischen Erzählung angetroffen wird. Es finden sich in diesen auch keine Ansätze zu dieser Auszweigung der Legende; denn die ‘verjette d’or’, welche die ‘compagne’ dem deutschen Ritter zum Ab­

schied gibt, ist nach dem Sprachgebrauch Antoine de la Sales ein Ring, nicht eine Zauberrute. Wann dieser den Charakter des ganzen um­

gestaltende Zug in die Tannhäusersage kam, ist schwer zu sagen, aber vermutlich ist dies in der Schweiz oder in Süddeutschland geschehen, wohin die ältesten Formen des Tannhäuserliedes und andere Spuren weisen.

Der Züricher Dominikaner F elix F a b e r 1), der 1480 und 1483 von Ulm aus Pilgerfahrten ins H eilige Land unternahm und darüber in seinem

‘Evagatorium’ berichtet, erzählt bei Anlass seines zweiten Besuches von Cypern, dass er einmal daselbst Paphus, die Stadt der Venus und ihren Garten (viridarium), in welchem jetzt die Kirche des heiligen Paulus steht, und den Berg, in welchen sie, wie die Ungebildeten glauben, nach ihrem Tode versetzt worden ist“, besucht habe. Er zeigt sich auch wohl vertraut mit den lokalen Überlieferungen und macht Andeutungen über das, was wir heute den Zusammenhang der Yenus- mit der Sibyllensage nennen würden. Nach dem Beispiel dieses ersten Venusberges und seiner Grotten seien dann in heidnischer Zeit überall Venusberge gesehen und in ,Historien’ genannt worden. Auch in ‘moderner’ Zeit fable das un­

gebildete Volk von einem Berg in der Toskana, unweit von Rom, in welchem die Frau Venus mit gewissen Männern und Frauen den Lüsten fröhne. Auf diesen beziehe sich ein Volkslied, das allgemein in Deutsch­

land gesungen werde, wonach ein schwäbischer Ritter, Danhuser von Danhusen bei Dunkelspüchel, eine Zeitlang in dem Berge bei Venus ge­

wesen sei, hernach, weil ihm der Papst die Absolution verweigerte, dahin zurückgekehrt sei und in Freuden darin lebe bis zum Tage des Gerichtes.

Und so verbreitet sei diese Sage, dass viele Toren dorthin pilgern. Wenn Yenus Berg gezogen/ und wie es jm alda ergangen ist/ usw. Im Thon wie das Frewlin mit dem Krug. Dann folgen 26 vierzeilige Strophen und die Unterschrift: Getruckt zu Basel bey Samuel Apiario 1584. Sprachlich stimmt dieser Druck m it den drei unten zu erwähnenden Volksliedern überein, ist aber für keines derselben direkte Quelle. Übrigens ist dieser Druck weder der älteste noch der einzige schweizerische aus dem 16. Jah r­

hundert; aber ich habe die (mindestens) zwei anderen nicht gesehen. [Bibliographie bei E. Grisebach, Der neue Tannhäuser, Editio ne varietur 1885. Vgl. auch Erk-Böhme, Deutscher Liederhort 1, 39. Zs. f. dtsch. Altert. 35, 439.J

1) Fr. Fel. F a b r i , Evagatorium in Terrae sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem.

hsg. von C. D. Hassler 1843 — 49. Eine gekürzte deutsche ‘Eigentliche Beschreibung der Hin- und Wider F ahrt zu dem Heiligen Landt gen Jerusalem1 usw. erschien in Ulm 1556. Die den Venusberg bei Paphos betreffenden Notizen stehen im Evagatorium 1,171 und 3, 221—222. Die Szene wird von Gaston Paris, Legendes p. 131 Anm. 1, der sich auf E. M. de Vogüe, Syrie, Palestine, Mont Athos p. 25 beruft, fälschlich auf den Mons S. Crucis bezogen, der von Fabri (siehe 1, 175) zwar besucht wurde, dessen Legenden aber den Tannhäuser nicht angehen.

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dann einer stirbt, fabeln seine Freunde, er sei von Yenus in den Berg entrückt worden usw. Daher habe der Papst Nikolaus Y. Yerbote gegen den Besuch erlassen, und reissende Hunde bewachen den Zugang zu dem verdächtigen Orte.“

Ähnliches berichtet der Junker Melchior Z u r g ilg e n aus Luzern, der 1519 mit Werner Steinerund anderen eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternahm und auf der Rückreise starb, in seinen Reiseaufzeichnungen.1) Nachdem er von ‘Yeneris gart’ gesprochen, bei welchem ‘Palas, Juno und Yenus ein gezenk haten der schenheit halb’, sagt er: „By derselben stat (Paphos) lit ein hocher Berg, wurd genant frow Yenusberg, wan da hat sy gewonet und das land Tustraam (?) also genant nie gesechen. Da ettlich lüt sie vermeinend im berg verschlosen sin und gros lust und freud darin haben, daran doch nichts ist“. Tannhäuser ist hier als Gast der Frau Yenus nicht genannt, aber wir werden ihn in Verbindung mit dem Tiergarten und Berg der Yenus in der Schweiz wiederfiuden.

Nach Eintragungen im Luzerner Turmbuch2) lag H a n s W o h l ­ g e s t a n d e n aus dem Etschland 1599 da im Gefängnis, w eil er sich für einen fahrenden Schüler, der im Yenusberg gewesen, ausgegeben haben soll, und um 1600 erklärte Hans M e y er von Hailau bei Schaff hausen zu Protokoll: „Das er angegeben in Yenusberg gsin sye und in Rootenmeer gebadet, seye nit, denn er darvon nütt wüsse, vil weniger an denen Ortten gsin. Nit weniger denn das Er mit J. Niclaus von Mülinen im Jordan gsin, gan Hierusalem auch wollen, aber nit dahin kommen mögen.“

Beide Nachrichten weisen auf Überlieferungen im Orient, zeigen aber auch, dass die Tannhäusersage in der Schweiz ungemein lebendig war.

Wir haben nun noch zu beweisen, dass sie in der Schweiz auch lokalisiert war, lange bevor das in Deutschland geschah und dass sie hier individuelle Züge zeigt, die dort nicht Vorkommen.

Das T a n n h ä u s e r lie d ist in der Schweiz in drei alten Varianten bekannt aus dem St. Galler Oberland, dem Entlebuch und dem Aargau.

Sie sind abgedruckt bei Lütolf (Sagen aus den fünf Orten, S. 87), Rochholz (Drei Gaugöttinnen 1870, S. 147— 149) und L. Tobler (Schwei­

zerische Volkslieder 1, 102 und 2, 161). Wir wollen sie im folgenden unter den Bezeichnungen G (St. Gallen), E (Entlebuch) und A (Aargau) besprechen und unsre Nachweise daran anknüpfen. Aufgeschrieben sind sie alle erst im 19. Jahrhundert, aber direkt aus dem Volksmund und für G und E lässt sich die Tradition bis ins 16. Jahrhundert hinauf verfolgen, während A sonst sehr alte Formen zeigt. In einer bald wieder ein­

gegangenen Lokalzeitschrift ‘D ie Ostereier’ (Luzern 1862) wird sogar die Vermutung aufgestellt, das Entlebucherlied möchte von dem Freiherrn Johann von Ringgenberg (1283— 1335) gedichtet worden sein. Das ist

1) Die Notiz ist abgedruckt bei A. Lütolf, Sagen aus den fünf Orten, 1862, S. 87.

2) Beide Notizen sind abgedruckt bei A. Lütolf, Sagen S. 88.

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26 1 natürlich, ganz abgesehen von der Sprache, unmöglich; die erhaltenen Sprüche des Ringgenbergers atmen einen ganz anderen Geist. Das Tannhäuserlied muss aber im Entlebuch schon im 16. Jahrhundert ge­

sungen worden sein. Nach Lütolf (S. 86) kam 1576, den 19. Juni, „Hans Säger von Kilchdorff im Bernpiet, sonst in der Kilchhöri W illisau gsessen“, wegen Hexerei zu Luzern in den Turm. Das oben angeführte Turmbuch notiert: „Deß Rütters halb uß frow Yenusberg ist er gichtig (i. e. ge­

ständig), wie der Brieff zugibt.“ Der Name lautet in E Danhuser und in Strophe 1 wird er als „ein ritter guet“ bezeichnet. In Strophe 14 ist er in „Frau Vrenen Berg, wolt Gottes gnad erwarten“. Dass „Verena oder Yreneli mythologisch mit der römischen Yenus identisch“ sei, ist im Schweizerischen Idiotikon 1, Sp. 917 nachgewiesen. Tannhuser ist ein noch vorkommender Geschlechtsname in Malters, Kanton Luzern. Ein Gabriel Tannhuser war 1640 Pfarrer in Marbach, ein ,Tannehus’ gab es in Escholzmatt, wo der Chorherr Stalder 1830 das Tannhäuserlied aufzeichnete und dem Freiherrn von Lassberg mitteilte. (Danach ist es in Mones Anzeiger 1, 240 abgedruckt.) Nach einer Anmerkung von A. Lütolf, deren Quelle ich nicht kenne, ist ein Christen Tannhuser urkundlich in Grau­

bünden 1515 nachzuweisen. Der nämliche Sagenforscher weist S. 87 darauf hin, dass „zu Uffhausen bei Freiburg i. B. am Fuss des Schinberges ein Yenusberg sich befindet, wo auch die Tannhäusergeschichte lokalisiert ist“, und verweist auf H. Schreibers Taschenbuch für Geschichte und Altertum in Süddeutschland (1839) S. 348. In der Tat ist hier folgendes zu lesen:

„Der Yenusberg bei Uffhausen, am Fuss des Schinbergs, eine Stunde von Freiburg, jetzt ein Rebhügel. D ie Sage erzählt: Oben auf der Schnew- burg lebte ein Ritter, der jahrelang grosse Verbrechen beging. Da ihn kein einheimischer Priester freisprechen wollte, pilgerte er nach Rom zum Papst. Dieser versagte die Absolution: eher werde des Papstes Stab Rosen tragen, als dass der Ritter Verzeihung für seine Sünden finde.

Als der Ritter bei seiner Rückkehr zur Schnewburg den Eingang zum Venusberg offen fand, stürzte er sich mit seinem Pferde hinein und ward nicht mehr gesehen. Nach zwei Jahren trug der Stab des Papstes Rosen.

Der W itwe des Ritters auf Schnewburg wurde Bericht gegeben. Sie liess im Venusberg nachgraben. Man fand den Ritter tot auf seinem Pferde sitzend. In neuerer Zeit gelange man bei Grabungen nie mehr bis zum Saale der Frau Venus, die Arbeiter werden immer durch irgend etwas abgeschreckt.“ D ie Sage, die ähnlich auch im Badischen Sagenbuch1)

1) (F. Pfaff), Badisches Sagenbuch, Freiburg i. B. 1898, S. 77. Ebenda S. 275 Anm. die Notiz, dass der getreue Eckart vor den Venusberg bei Uffhausen verbannt sei, weil er aus Rache den falschen Ermenrich, den Mörder der Harlungen, erschlagen habe. Nach Erkundigungen, die ich durch meine Frau an Ort und Stelle habe einziehen lassen, lebt zu Uffhausen die Sage von Tannhäuser und der Frau Venus noch im Volks­

munde. [F. Panzer, Deutsche Heldensage im Breisgau. Heidelberg 1903. Vgl. auch Wickram, Werke 5, XLVIII. 8, 351.]

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erzählt wird, muss schon früh in dieser Gegend lokalisiert worden sein;

denn die Schnewburg wurde 1315 von den Freiburgern zerstört und das Schloss auf dem Schinberge wurde 1349 von W erner von H omberg dem Stift von St. Gallen vergabt, welches das Lehen an verschiedene Edelleute der Gegend verlieh bis 1621, wo das Stift das Lehen zurückkaufte. W egen dieser Verhältnisse und der Ähnlichkeit der Namen mehr als der Sagen­

züge, gestatte ich mir die Vermutung, dass auch hier eine Einwanderung aus Italien durch die Schweiz vorliegt; denn ein Uffhusen liegt bei W illisau (Kt. Luzern), und im Entlebuch gibt es einen Schvmberg. Er steht mitten inne zwischen der Schrattenfluh, die wir aus der Ahasversage kennen und dem Pilatus. Es stossen also hier auf einem verhältnismässig engen Raum unsre drei Legenden zusammen, wie sie von einem solchen in Italien ausgegangen sind.

In der Wendung; welche die Tannhäusersage im Entlebuclierlied ge­

nommen hat, treten neben den schweizerischen die aus Italien stammenden Elem ente stark hervor. Danhuser w ill grosse Wunder schauen und geht in den grünen W ald hinaus zu ‘den schönen Jungfrauen.’ D ie heben einen Tanz an, bei dem ein Jahr ist wie eine Stunde. Damit er bei ihnen bleibe, w ill Frau Vrene dem Danhuser ihre jüngste Tochter zu einem ehelichen W eibe geben. Danhuser verschmäht sie, w eil in ihren Augen das Höllenfeuer brennt. Ein Traum unter einem Feigenbaum mahnt ihn, von Sünden zu lassen. D ie Wallfahrt nach Rom geschieht mit ‘blutten Füßen’. Der Papst versagt die Absolution mit dem be­

kannten Symbol des dürren Stabes. Im Schluss der Erzählung ist die Frömmigkeit des Danhuser und seine Zerknirschung stark ausgemalt, und die letzte Strophe spricht den eigentlich ketzerischen Gedanken aus:

„Der Sünder mag sein, so gross er will, kann Gottes Gnade erlangen.“

D iese Moral ist, wie die Erzählung vom wieder grünenden Stab, im Norden der Alpen dazu gekommen, aber der Zug, dass der Papst, wenn es zu spät ist, verzeihen will, ist alt und italienisch.

D ie dem Entlebucherlied nahe stehende Aufzeichnung aus Baden im Kanton Aargau (A ) hat doch wieder ihre Besonderheiten. Tannhäuser ist hier ‘ein junges Blut.’ Er klopft an die Pforte von Frau Vrenelisberg und begehrt Einlass in deren Orden. Aber vor der angebotenen ‘Gespilinn’

graut ihm: „Sie ist obem Gürtel wie Milch und Bluet und drunter wie Schlangen und Chrote.“ Da der Papst ihm den Ablass weigert mit dem Hinweis auf den dürren Stab, so kehrt er alsbald zu Frau Vrene in den Wald und auf den Berg zurück. Nach dritthalb Tagen grünt der Stab nicht nur, sondern er trägt drei schöne Blumen. D ie Strophen 11— 13 sind dialogisch gehalten. D ie Boten des Papstes, die den Ablass bringen, klopfen an die verschlossene Pforte und erhalten aus dem Innern des Berges verneinende Antwort. In den Strophen 14— 15 ist Tannhäuser zu dem Kaiser geworden, dessen Bart dreimal um den steineren Tisch wächst.

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2 6 3 Da dieser auch in Luzernersagen vorkommt, so brauchen wir nicht anzu­

nehmen, dass die Tannhäusersage urgermanisch und der Tannhäuser ein verzauberter Gott, etwa Wuotan sei. Eher ist darauf zu schliessen, dass eine ursprünglich fremde Sage hier angeklittert worden sei.

Sehr altertümliche Formen zeigt das Lied G. Im St. Galler Ober­

land, zwischen Sargans und Ragaz, an der alten Römerstrasse, wo einst heidnische Opferstätten und im Mittelalter eine Gerichtsstätte war, lag einst ein Hügel Thierget oder Thiergarten, von alten Leuten Frau Yrenes oder Yenesberg genannt. Ein 80 jähriges Mütterchen aus der Gegend er­

innerte sich um das Jahr 1864, dass das Danuserlied in ihrer Jugend als

‘Tiergetlied’ allgemein bekannt gewesen sei. Heute gibt es an dieser Strasse oberhalb Meis noch einen Tierget und etwas abwärts von der Ruine Freudenberg1) einen ‘Bühl’ und nach einer mir von Stadtarchivar F. Jecklin in Chur freundlichst nachgewiesenen Urkunde verkaufte 1519, am 25. Januar, ‘Anthoni T ig’ Landammann in Sarganserland, an das Gotteshaus Pfäfers zwei Gulden Churer Münze jährlicher ewiger Gült von und ab seiner eigenen unter dem Tiergart gelegenen W iese genannt Buchserau usw. Im ‘Tiergetlied’ schaut Danuser, der ‘wundrige Knab’

erst zu einem Fensterlein hinein und geht dann in den Berg zu Frau Yrene und den drei schönen Jungfrauen: „Die sind die ganze Wuche gar schö, mit Gold und mit Side behänge, händ Halsschmeid a und Maiekrö (Blumenkronen), am Suntig sinds Otre und Schlange.“ Nach fast 7jährigem Aufenthalt schlägt ihn da9 Gewissen. Der Traum unter den Feigenbaum, der auch in A vorkommt, ist in G nur durch den Yers angedeutet:

„Und wie des Morgens Tag es war.“ Danhuser will zunächst einem Pfarrer beichten; dieser weist ihn an den Papst. Durch Kürze undeutlich ist die Darstellung der Szene vor dem Papst; man wird fast zu der Meinung g e­

drängt, der dürre Stab sei nicht das Zepter des Papstes, sondern der Pilgerstab des Tannhäuser selbst. Kecker noch als in A ist die Haltung des Danuser nach seiner Verdammung; er scheint sich auch vor dem jüngsten Tag nicht zu fürchten. Nach dritthalb Tagen grünt das ‘Stäbli*

nicht nur, sondern es trägt drei rote Rosen. D ie Boten des Papstes können den Danuser nicht finden; ‘Er lit wol uf der Frau Yrenes Berg bi dene dri schöne Kinde.’ Aber nach kaum einem halben Jahre ist der Papst tot und in Ewigkeit verdammt. Und das Lied schliesst mit der Mahnung: „Drum soll kei Bischof (kein Kardinal A), kei Papst nid mehr kei arme Sünder verdamme; gross Gwalt git nu Straf (ostschweizerisch für Leid, Unehre), nit Ehr. In nomen Domini. Ame.“

Dass in dem St. Galler Yolksliede die Spuren der italienischen Legende ganz besonders deutlich sind, wird dem aufmerksamen Leser nicht entgangen sein. Ich will kein besonderes Gewicht auf das ‘Fensterli’

1) In Italien findet sich in der Nähe des Venusberges ein Castellum Felicitatis, das wie der Freudenberg ein Benediktinerlehen gewesen zu sein scheint.

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