lHamburgifche
: .Dramaturgie.
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Sechs nnd neunzigstes Stück-Hf
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·Den tsten April, 1768.
Q. en Mem-d fnnf igstenAbend Dien
»s. den 28sten’« Jukiust wurden( des
sNomanuH Brüder wiederhphln
« «-Oder sollteich nicht vielmehr sagen: die Brü- der des Herrn Romanus2 Nach einer Anmer- kung nehmlich, welche Donatus ben Gelegen- heit der Brüder des Terenz macht; Hanc di- cunr fabulam fecundo loco aåam, Iris-imA
cum
rudi nomine
oetæzitaque ftc ko- nunciatam, Adejp oi Terenri, non ek renti Adelphoi, quod adhuc mag-is de fabulæ nomine posta, quäm de postae nos.
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mine fabu1»a· commendabatun Herr Ro- manus hat-seine Kornddien zwar ohne seinen Namenherausgegebenc aber dochistsein Nam- durch sie bekannt geworden. Noch itzt sind die- jenigen.Stücke, die sichauf unserer Bühne Von
ihm erhalten haben, eine Empfehlung sein-J-
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Namens, der in Provinzen Deutschlandes ge- nannt wied,
wo erohne sie wohl nie wäre
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gehöret worden.
.»Aber welches widrige Schick- sal hat auch diesen Mann abgehalten, mit seinen Arbeiten für das Theater so lange fortzufahren, bis die Stücke aufgehörthätten
,seinen Namen zu empfehlen, und sein Name dafür die Stücke empfohlen hätte?
«Das m«eiste-,' was wir Deutsche noch in der schönen Litteratur haben, sind Versuche junger Leute. Ja das Vorurtheil ist bey uns fast all- gemein, daß es
nurjungen-Leuten zukomme, in
-
diesemFelde zu arbeiten. «Männer-, sagt man-
haben ernsthaftere Studia, oder wichtigere Ge- schäfte, zu welchensie die Kirche oderderStaat
"auffodert.
·
Verse und Komödien heissenSpiel- lwerkej allenfalls nichtsunnützliche Vorübungem
mit welchen
mansich höchstens bis in sein fünf und zwanzigstts Jahr beschäftigen darf. So- bald wir «uus dem männlichen Alter nähern,
.
soll-en wir fein alle Unsere Kräfte reinem nützli- chenAmte widmen; und läßt uns dieses Amt
.
einige Zeit, etwas zuschreiben, so soll
manja
«
nichts anders schreiben, als was mit der"Gra- Zittitund dem bürgerlichen Range desselben be-
-,
siehenlannz f««ein"-ht«tbsth«es Compendium aus den höher-n v"ci»-tu·’ltciten, ein-e gute Chronile Von
der lieben
vaterstadt, eine erbauliche Predigt
(
lmddergleichem
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Daher
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Daher kömmt- es- denn- auch
,sdaß unsere- schöne Litteratur, ich will nicht blos sagen gegen die schöne Litteratur der Alten, sondern sogar fast gegen aller neuern polirten Völker ihre, ein sojugendliches, ja kindischesAnsehen hat, und noch lange, lange haben wird. An Blntzund Leben,
anFarbe und Feuer fehleters-ihrendlich nicht: aber Kräfte und Nerven, Mark nnd Knochen mangeln ihr noch sehr.- Sie hat noch so wenig Werke, die ein Mann, der im Denken geübt ist« gern-zur Hand nimmt,1—
wenner, zu seiner Erhohlznng nnd-Stärkung
«einmal außer dem einförmigen eckeln Zireel seinersqlleaglichen
«-Beschästignngen denken willk!-;.WelcheNah-mag
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kann so ein.Mannwobl, z. Essig-unsern höchst triviale-In Komödien sinden ? Wort-spiele,.Speich- wörters, Spaßchem wie
mansie alle Tagesan den-Gassen hört: solchesZeug-macht zwar.das Parte«rr zu lachen, das sich Vergnügtspfojgut es kann; wer aber Von ihm mehralrl denBauch erschüttern will,
werzugleich mit seinem Per- stande lachen will, der isteinmal sda gewesen und kömmt nicht-wieder.
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Wer nichts-hat, der kannnichts geben.
.Ein junger Mensch-, der erstselbst indie Welt tritt, kann unmöglich die Welt kennen und sie schil- dern. Das größte komischeGenie zeigt in seinen jugendlichen Werken hohl nnd leer; selbst von den ersten Stücken des Menanders sagt
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Plntarch, (’«)daß sie mit-seinen spätern nnd letzternStücken gar nicht zu vergleichen gewe-
-sen. Aus diesen aber, seht
erhinzu-, könne
man schliessen-, was
ernoch würde geleistetha- ben,
wenn erlanger gelebt hätte. Und wie jung meint man wohl
,daß Menander starb?
"
Wie viel Kombdien meint
manwohl, daß
ererst geschrieben hatte? Nicht weniger als hun- dert und sünfez und nicht jüngere als zwey und funfzig.
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Keiner von allen unsern verstorbenen komi- schenDichtern, von denen es sichnoch der Mühe
"
verlohnxe zu reden, ist so alt gewordenj keiner
ivon den ißtlebendenist es noch zur Zeit; keiner von beiden hat das vierte Theil so vielStücke gemacht. Und die Eritis sollte- von ihnen nicht eben das zu sagenhaben, was sie
vondem Me-
«nander zu sagen sandi-— Sie wage es aber nur,
und spreche!
, , ·Und nicht die Verfasser allein sind es, die sie mit Unwillen hören. Wir haben, dein Himmel sey Dank, itzt ein Geschlecht selbst von Critikerm deren beste Critik darinn besteht,
—-"alle Cricill verdächtig zu machen. »Geme! Genie! schreien sie. Das Genie setztsich über alle Regeln hin- wegl Was das Genie macht, ist Regel«!»
So schmeicheln sie dem Genie: ichglaube, da-
,
mit
(«) time-. Mc erwies-cease Akt-;- xq Messen
p. 1588»-Ed. Heu-r. stepbani.
init wir sie auch für Genies halten sollen. Doch sieverrathen zu sehr, daßsie nichteinen Funken davon-in:sich.spükeu, wenn sie in einem und eben- demselben Athern hinzusehen: »die Regeln-un- terdrücken das Genie!,, k- Als ob sich Genie durch etwas in der Welt unterdrücken liessel Und noch dazu durch etw"a’s;das, wie sie selbst gestehen, aus ihm hergeleitet ist. Nicht jeder Kunstrichter ist Genie: aber jedes Genie ist ein gebohrner Kunsirichter. Es hatjdie Probe aller Regeln-in sich.
.-Es begreift und behält und be- folgt-» Sinn dir ; -die. ihm Aue-Empfindung in
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Wortenauodrückem Und diese seit-ein Wint- ten ausgedrückte Empsindung sollte seine keit verringern können?«- Vernunftelt darüber mit ihm, so-, Viel ihr wollt ;." es versieht e«nch""nnr, in soserneseure allgemeinen Sätze den Augen- blick irr-einem einzelnFalle anschauenderkennetz und
nur vondiesem einzeln Falle bleibt-Erinne-:
rung in ihm· zurück, die während der Arbeitan
»seineKräfte nicht mehr und nicht weniger wir-:-
ken kann, als die Erinnerung eines glucklirhen Beyspiels, die"Erinrierung’ einer eignen glückt lichen Erfahrung auf sie zu wirken im Stande ist. -Beh.aupten also, daß Regeln und Eritis das Genie unterdrücken können: heißtmitga- dern Worten behaupten, daß Beyspiele und Uebung eben dieses Vermögen; heißt, das Genie nicht« allein aus sich selbst, heißt es sogar-, Ie-
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H Figlsich .an seinen Versuch einschrän-
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Eben so wenig wissendieseweiseHerren, was sie-wollen,
wennsie über die nachtheiligen Ein- drücke, welche die Critik auf dass-sgeniessende Publikum mache-z so lustig wimmernt .Sie möchten uns. lieberckieredem daß kein Mensch einen Schmsetterlingmchr bunt nnd schönsindet,
«seitdem das
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böseVergrößerung-Vlies are-Wen knsseiypdaß dies Farben desselben nur Staub stnd.
»Unser Theater.,» sagensie, ist noch in einem
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3,viel zu«zarten Alter, als daßes den monarchi- zzschen Scepter der Critik ertragen könne«-Es zzistfast nothiger die Mittel zu zeigen,v wie das
;,Jdeal«erreicht werden ;kann, als darzuchnn«
»wir weit wir noch Von diesem Ideale entfernt
«—sind.
—-Die Bühne muß durch Benspiele,
;,nicht durch Regeln-reforniirei werden«-—- Re- ,,sonir«enrist leichter, als selbstersinden.«
Heißt-das,»Gedanken irr-Worte kleiden: oder heißt es nicht Vielmehr-, Gedanken zur-Worten suchen, und keine erhaschen?
ke-Und wer sind sie denn, die so viel Von Beyfpielen, und
vomselbst Erfinden reden-?
.Was fitr Benspiele ha-
-
ben siedenn gegeben? Was haben sie denn selbst erfundean
—-Schlaue Köpfe! Wenn ihnen
.Bsyspiele -zu benrtheilen Vorkommen, so wün- schensie lieber Regeinz und
wennsieRegeln be- urtheilen sollen,
.so möchten sie lieber
Besspbiele
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x351 hab«en. Anstatt Vonseiner Critik zu beweisen, daß siefalschist, beweisen sie, daßsie zu strenge ist; und glauben Verthan zu haben!
«Anstatt ein aisonnement zu widerlegen
,merken sie an,
.daß Ersinden schwerer ist ," als- Raisonnirenz und glauben widerlegt zu haben!
Wer richtigraisonnirtj ersindet auch: und wer ersinden will, muß-raisonn«iren können.
’Nur die glauben, daß sich das eine
von dem«andern trennen lasse, die zu keinem Von beiden aufgelegt sind.
. ;·
Doch was halteich mich mit diesen Schwätzekiz aus? Ich wili meinen Gang gehen-. nnd mich unbekümmert lassen, was die Grillenam Wege
"
schwirren. Auch ein Schritt aus dem Wege, qmsie zu zertretem ist schon zu viel. Ihr Som- mer ist soxleichtabgewarteu
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Also, ohne weitere Einleitung, zu den An- merkungen,spdie ich bey Gelegenheit der, ersten Vorstellung der Brüder des Hm Roma-uns;(«) annoch über dieses Stück Versprach!
—«Die-- vornehmsten derselben werden die Veränderun- gen betreffen, die er. in ·der Fabel des Terenz machen zu müssen geglaubet,- Um sieunsern Sit-
ten näherszubringem
— .Was soll
manüberhaupt von der Rothweka digkeitdieserVeränderungen sagen? Wenn wir so wenig Anstoß sinden, römische oder griechisch-
. «
Sitten
(«) Drei und siebzigstes Stück, S. m.
Sitten »in der Tragödiegeschildert zu sehen:
«warum nicht auch in der Komödie? Woher die Regel-« wenn es anders eine Regel ist, die Seene der erstern in ein entsetntes Land, Unter ein fremdes Volk; die Seene der andern aber, in unsere Heimath zu legen? Woher die Verbind- lichkeit-, die wir dem Dichter aufbürden, in jener die Sitten desjenigen Volkes, unter dein
"er seineHandlung vergehen laßt, so genau als möglich zu schildern-;dza wir- in dieser nurk unsere
«eig"ene" Sitten
vonihm geschildert zu sehen
ver-langen-? »Dieses, sagt Pope an einem Orte,
«scheinetdem erstenAnsehennach bloßerEigen-
"«st«nn, bloße Grille zu seyn: es hat aber doch ,,sei,nen guten Grund in der Natur. Das Haupt-
;,sächlichste, was wir in der Komödie suchen,ist
»ein getreues Bild des gemeinenLebens, von ,,dzessen, Treue wir aber nicht so leicht Versichert ,,seyn können,
wennwir es in fremde Moden
«,und’Ge«branche Verkleidets sinden. Inder Tra- ,j-gdd«ie hing-genist es DisHandlgnæ was
.unsere ,,"A«ufmerksamkeit am meisten an sichziehet. Ei- ,,nen, einheimischenzVorfall aber süv die Bühne ,",beanem« zu machen, dazu muß
mansich mitder
,·«..Han"dlung größereFreyheiten nehmen, als eine·
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