Hamvurgisches«
Dramatu«r-gie.«
Zwer)nndsnennzigstesStück.
Den Isten Merz, 17683
A
Finde ich doch nocheinen andern, nicht— minder-trefflichen Kunstriichrerzder sich fastebensoausdrücktals Diderot,«fasteben sofgeradezu demAristoteleszu.widersprechen scheint,nndgleichwohlim Grunde so wenig widersp"richt,daß ich ihn vielmehrunter allen Kunstrichternfür denjenigen erkennenmuß,der nochdas meiste LichtüberdieseMaterie ver-
breitethat. ,
·
undwarum kduueedasLetzterenichtisan-
FYEHistdiesestersenglischeCdmmentator des HorazifchenDichtkunst, Hurd: einSchrift- stelleraus derjenigen Klasse,diedurchUeber- setzungenbeynnsimmer amspätestenbekannt .s"verden. Sich-möchteiynaberhier nichtgern anpreisen,um diese seineBekanntmachungzu beschleunigen.Wenn- der Deutsche,derihr
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Nr ge-
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gewachsenware,lsichnoch nicht gefunden hat:
sodürftenvielleichtauchgderLeserunter uns noch nichtvieleseyn,denendarangelegen·tväre.Der fleißigeMann,voll gutenWillens-
«
übereilesich alsolieberdamit nicht,und sehe-was ichvon einemnoch unübersetztengutemBuchehiersage- jafürkeinenWink an,deu,ich seiner allezeit ,fert-igen Feder gebenwollen.
Hurd hat seinemCommentar eineAbhand- lung, über die Verschiednen Gebiete des Drama, beygefügt.-Denn erglaubte bemerkt zuhaben, daß bishernur dieallgemei- nenGesegedieser DichtungsartinErwägung gezogenworden, ohnedieGrenzenderverschied-
nen Gattungen derselben festzusetzen. Gleich-«
wohl müsseauch dieses geschehen,umvon dem eigenen VerdiensteeinerjedenGattunginsbe-
» sondereeinbilligesUrtheilzustillen. Rach- detneralsodie-·Absicht desDrama überhaupt, nndder·d··re·y·"Gattungendesselben,«dieerror sichfindet,derTragödie,derKomödieunddes -Possenspiel.s,insbesonderefestgesetzt:so folgert er,ausjener allgemeinenundausdiesenbeson- dernAbsichten, sowohldiejenigenEigenschaften- welche sieunter sichgemein haben,alsdiejeni- gen, inwelchen sievon einander-unterschieden seyn müssen.
Unter
M Its »
Unterdieletztern rechneter, inAnsehungder Komödie und Tragödie,auch diese, daßder Tragödieeine wahre,derKomödie hingegen eine erdichtete Begebenheit zuträglicherseh.f Hieran fährterfort:The fame geniusin, the two dramas is obfervable, inrheir
draughtofchar acters. Comedymakes all its charaökers gener-at ,-Tragedy, particular. The Avare ofMoliere
is nor foproperly the piökureofaco-
verous man, assof covetousnefs its
feltI Racine’s—Nero on« theother haud,"
is not apiåureof cruelty,X but of a
cruel man. D. i. --«Jndem nehmlichen«-
x,,Gciste schilderndie ziveyGattungendes ,,Drama auchihre Charaktere. Die Ko- ,,mödiemachtalleihreCharakteregenerat;
»dieTragödiepartikular. DerGeitzigedes ,,Moliereist nichtfoeigentlichdasGemahide
»eines geitzigenMannes, alsdesGen-ges- ,,selbst.Nacinens Rero hingegenistnichtdas ,,GemcihldederGraus alt-kein sondernnur
»eines grausamen Mannes-» -
Hurd scheinetsozuschließen:wenndieTra-«
ddieeinewahreBegebenheiterfodert, so müst sen auch ihreCharakterewahr,dasist, sohe- schassenseyn,wiesie wirklichsin denJudivkduis exists-resi;wenn hingegendieKomödiesichmit
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Rk2 er-
erdichtetenBegebenheitenbegnügenkann,wenn ihrwahrscheinlicheBegebenheiten,inwelchen sichdieEharaktere nachallenihremUmsangezei- gen können,lieber sind,alswahre,dieihnen einen soweiten Spielraum nicht erlauben, so dürfenund müssenauch ihre Charaktere·selbst allgemeiner seyn,als siein derNatur existirenz angesehendemAllgemeinenselbst,inunsererEin- bildungskrasteine Art von Existenz zukbmmt, diesichgegendiewirkliche ExistenzdesEinzeln ebenwie»dasWahrscheinlichezu demWahren verhäln «
Jchwillitztnicht untersuchen,obdieseArt zuschließennichteinbloßerZirkel ist: ichwill dieSchlußfolgeblosannehmen-sowiesieda liegt,und wiesiederLehredes Aristoteles schnurstracks zu widersprechen scheint. Doch, wiegesagt,siescheintesblos, welchesaus der
weiternErklarungdesHurd erhellet.
»Eswirdaber, fahrterfort, hierdienlich ,,’seyn,einer doppelten VerstoßungVorzu-
«bauen, welchederebenangeführteGrundsah
«zu.-"besgünstigenscheinenkönnte. .
»Die erste betristdieTragödie,sonder ichs
»gesi.rgt’habe,fdaß sie partikulare Charaktere-
- «-zeige,Ichmeine,ihreCharakteresinds-när-L. T . »tc u-
M
».tikulärer, als dieCharakterederKomödie.
«
»Das ist:dieAbsichtderTragödieVerlangt
»esnichtund erlaubt esnicht, daßderDichter
»von den charakteristischenUmständen,durch
»welchesichdieSitten schildern,so.vielezusam- ,,men zieht,alsdieKomödie. Dennin jener ·
«wirdvon demCharakter nicht mehr gezeigt,
»alssovielderVerlaufderHandlungunum- z«,gänglicherfodert.. In dieserhingegenwerden ,,alleZüge, durchdieervsichzuunterscheiden
»pflegt,mitFleiß ausgesucht und-angebracht.
s. »Es ist fast,wiemitdemPortraitmahlen.
»WenneingroßerMeist-ereineinzelnes Ge- ,,sichtabmahlensoll,sogiebterihmallediess- ,",neamente,dieerinihm sindetxundmachtes
»GesichternVondernehmlichenArt nur soweit ,-·,ähn-lich,alsesohneVerletzungdesallerge- zzringsteneigenthümlichenZugesgeschehenkann.
,,Soll eben derselbe Künstler hingegeneinen
»Kon überhaupt mahlen, sowird eralledie ,,gewdhnlichenMienen undZügezusammenw-
«zubringensuchen,Vondenen-erindesrgesamm-
;,ten«Gattungbemerkt hat«-Idaß siedieIdeeam
,,kräistigsten«ansdrücken,dieersich itztinGe- h«dankengemachthat,undinseinemGemckhkde ,,darstellenwill. s
« -
F
«
»Ebensandte-scheidensichjdieSchicdekeym
»derbeidenGattungendesDiama: woraus
vNr 3 . »denn
-
c
318 W-
«dennerheilet, daß,wenn ichden tragische-
«Ch«arakterpartikular nenne, ichblos sa- x,«,genwill,«daßerdieArt, zuwelcherergeho- ,s,ret, weniger norsiellig macht,alsderkomi- ,,sche;nicht-aber, daßdas, was manvondem ,,Charakterzuzeigen fürgutbefindet,esmag
«nun sowenig seyn,als es will, nicht nach
»demAllgemeinen entworfen seyn sollte-
»alswovon ichdasGegentheilanderwärts be-
»hanpte-tnndumständlicherläuterthabe. («)»
»Was zweytens die Komödieanbelangt--
»so habe ichsgesagtz daß sie generale Cha-
»rakteregeben müsse,undhabezumBeyspiele
»denGeitzigen desMoliere angeführt-«der
"
»mehrderJdeedes Geitzes, alseines wirk-
«lichengeitzigen Mannes entspricht. Doch
»auchhier mußman meineWorte nichtinaller
«ihrerStrengenehmen. Moliere dünktmich
« .
»in cis)BeydenVersenderHorazischenDichtksunw
Refpirere exemplar vitizemorumque iu- bebo Doåum imiratorem, öcver-as him- ducere voces, woHurd zeiget, daßdie Wahrheit, welche Horaz hier verlangt, einensolchenAnsdrnck bedeute,alsderall-
«
gemeinen Ratnr -.der Dingegemäß ist;
Falschheit hingegendasheisse,wasthat dem vorhabenden besondern Falle angemes- sen,abernichtmitjener allgemeinen Natur übereinstimmendsey-
M· « 319
»in diesemBehspiele selbst fehl-erhanobes
«fchvnsonst,mitdererforderlichenErklärung,
«nichtganzunschicklichseynwird, meineMei-
«
»nungbegreiflichzumachen.
»Da diekomischeBühnedieAbsichthat-
»C·harakterezuschildern, someineichkanndiese ,,Absichtam vollkommenstenerreichrwerdem
»wenn siediese Charaktere so allgemein macht- ,,alsmöglich.Dennindemauf diese Weisedie
»indemStricke ausgeführre".Persongleichsam
»der Mpkesentant aller CharakteredieserArt ,,w»ird,sokann unsereLustan der Wahrheit
»der Verstellung soVielNahrungdarinn sin- ,,den,alsnurmöglich.«Esmußabersodann
»dieseAllgemeinheitsich nichtbisauf unsern.
»Begriffvon denmöglichenWirkungendes
«Charakters,imAbstraetobetrachtenerstrecken- ,,sondern·nurbisaufdiewierlicheAeußerung
»seiner Kräfte, sowiesieVon der
Erfalärung
,,gerechtfertigetwerden,undimgemeineneben
»Statt sindenkönnen..Hierinn haben Moliere,
»undvor ihmPlautus-,gefehlt;stattder Ab- ,,bildungeines ge«"ilzigenMannes , haben
»sieuns einegrillenhaftewidrigeSchilderung
»derLeidenschaft des Geitzes gegeben.
»Ichnenne eseinegrillenhafte Schilde-»
,,rung, weilsiekeinUrbildinder Natur hat. «
»Ichnenne es einewidrige. Schilderung;
«de
320 ,
»denn daesdieSchilderungeinereinfachen
»unVermi.schtenLeidenschaft ist, so feh-
«le-n«ihralledieLichterUndSchatten, deren ,
,»richtigeVerbindungallein ihr KraftundLe--
»benertheilenkönnte.DieseLichterundSchar-«
,.-,tensinddieVermischung verschiedenerLeiden-
·,-,fchaft«en,welchemit-der vornehmsten«oder
.-,-,herrfcbenden Leidenschaft-«zusammenden -,,menfchlichenCharakter ausmachen;und diese ,,Vermisc»ljungmuß-sichinjedem dramatischen
;,Geniäl)ldevon Sitten sinden, weileszuge- ,,standen ist,daßdasDrama vornehmlichdas -,-,wirklicheLeben abbildensoll.»Dochabermuß
»dieZeichnungder herrschenden Leidenschaft
»soallgemein entworfen seyn,alsesihrStreit
;,mitdenandern in«derNatur nurimmer zulast essen-will, damitder·vorzustellendeCharakter .-3ftchdestokräftiger-ausdrücke; -- -
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