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Die Zukunft, 15. Februar, Jahrg. XXI, Bd. 82, Nr 20.

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Jahrg. .Zwiinden«15.Februar1913. It. 20.

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Heraus-geben Maximilian Harden

Inhalt:

Sitte Isakug...·.sz- .......... ........ 205 stellt-beiHohenfriedberg ............«...........232

Nachdruck verliothh f

ErscheintjedenSonn abend.

Preisvierthciiiyctikq5" Mark,dieeinzelneNummer 50Pf.

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Berlin.

Verlag det Zukunft.«

WilhelmstraßeZa.

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Berlin, den 15.Februar 1913.

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Hiatus.

Alarm.

schermittwoch,der ersteTagderGroßenFasten, hatden Lachlustigen besserenStoff gebrachtalsderkurzeundtrübe KarnevaL EineverdächtigfrüheLenzsonne blinzelt schelmischauf diewunderschöneStadtStraßburgherab.Deren Leben erwacht etwas späteralssonst.DieFastnachtbälle haben lange gedauert und mancherZecherentschloßsichschwer,vonden vierinnigge- selltenElementen zuscheiden.Mählichermuntert sichs; undnach denSchulkindern,derenNase noch Palmenasche undWeihrauch -schnupperte,bequemen sichauchdieErwachsenen aufdieStraße.

Alltagstreibenz einBischen trägeralsgesternund morgen.Plötz- lichwirds laut.HornsignaleundTrommelklang.Hastigklirrende Bewegung-Nadfahrer,Ordonanzen,Patrouille.UeberallMann- schafthäufleininungewohnter Eile. Und jetzt:Generalmarsch DasistAlarm. Mobilinachung2 Sicher. Jeder hats längst ja indenKnochengehabt,daßKriegwird.Vielleicht istsdem wiener HohenloheinPetersburg schlechtgegangen undOesterreichmuß nun doch losschlagen; oderinLondonist irgendwo-sWüstesge- brautworden. Obmannichtsein Erspartesvon derVank,ausder Kasseholt?Anden Eckenheulen schon Weiber: derMann, der JungemußinsFeld! Fensterwerden ausgerissen.»Was ist?«

Allesfragt,staunt, horcht,rennt durcheinander.»Was?« »Der Kaiser kommt. Eben Depesche. Befehl,die ganze Garnisonzu

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206 DieZukunft2

alarmiren. MittagsBesichtigungaufdemPolygon.«Extrablätter sagen:Er ist schon hier; aufdemParadeplatz hat ihnder Statt- halterbegrüßt.Darfmans friedlichdeuten? Kaum. Er wollte heute jainKönigsbergsein.Jahrhundertfeierz Prodinziallands tag;Reliquienausstellungz Festessen.Ohne ernsten Grund hater

diesenPlan gewißnichtinderletztenMinute umgestoßen.Einer- lei.Fahnenheraus. Läßt sichbis zum Abend nocheineJllumi- nation machen? WerderPflichtentschlüperkann,sputetsich,aufs Polygonzugelangen.DasolleinLuftschiffgelandetsein;amEnde warWilhelmdrin.Unsinn:eristim Autogekommen. Statthalter, Kommandirender General,Polizeipräsident,Stadtkommandant, Stäbe undAdjutantur: Alles wartetseitStunden. Von den AußenfortskeuchendieTruppen heran.AchtzehntausendMann inFelduniform.Prinz Joachim vonPreußen istaus demKolleg geholtworden.Eins. Nichts.Undin derDepesche,diegegenZehn insGeneralkommando zugestelltwurde, standdoch: »Binmittags imAutomobil aufdemPolygonzurVesichtigungderGarnison, diesofortzu alarmiren ist-«S.M. kommtsonstlieberzufrühals zuspät.Unfall? Endlich,nacheinerVerathungderGenerale,wird durchs Telephonimberliner Hofmarschallamtangefragt.»Was denn? Majestät ist jainKönigsbergzvonStraßburgwarniedie Rede. Kannnur grobe Fälschungsein.«Mancher Graukopfer-

blaßt.NetteAschermittwochsbescherung.DieTruppenmarschiren indieKaserne zurück.»DasgiebteinemächtigeAbsägerei.«Noch

am selbenAbend erfährtdieStadt unddasReichsland, daßein entlassener Zahlmeisteraspirant, derschoneines ähnlichenStrei- ches überführtworden ist,dieDepeschegeschriebenund,imRock einesTelegraphenbeamten, ausgetragen hat. »EinHöllenulk!«

DerAlarm ist gelungen.Alles hatbisins Kleinste geklath undder Monturs undProviantdienst war jedesLobes würdig.

Derganze Vorgang aberistarg ; unddieThatsache,daßermög- lichwar,hatdie Armee nicht heitergestimmt.AusWestundOst hageltesbitterböseGlossen. »Habenwirs nichtimmer gesagt?

Das deutscheHeer istdiebesteMaschine,dieirgendwo bisher gebautward;dochderEinzelne,FühreründMann,im modernen Kriegsbetriebnichtsehrgefährlich,weilihmJntelligenz,Entschluß- fähigkeit,JnstinktfehlenunddieFuchtelihm,mitzäherMühe, diePersönlichkeitausgedrillt hat.DemHauptmannvon Köpenick

Orssxbsxs

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Hiaiuz 207 haben,trotzseiner vorschriftwidrigenKleidung,dieKlötzenicht angemerkt, angerochen,daszernichtvon derpotsdamerGarde kommenkönne;sindihmstumpfsinniggefolgtundhabenUntersei- nem WinksichzumGebrauchderWaffebereitet. Jetztistgar die Generalität aufgesessen. EinWisch: undachtzehntausendMann sind,mitProviant, Feldmarschgepäck,Lagerzelten,aufdenBei- nen. AuchdrübenwächstkeinVaum indenHimmel.«Dashaben wirhundertmalnun wiedergelesen.UmsolcheUrtheile stehts frei- lichschiefunddiedraufgebaute Hoffnungwärenicht festzu ver- mörteln.Dennoch: something is rotten in the state.DieserGlaube wuchertwieMauerschwamm weiter. »Wer solltedenSchwindel wittern? S.M.ist dochimmersoplötzlichl«Dasentschuldigtnicht«

Des Kaisers AnkunftinKönigsbergwar amtlichgemeldetwor- den;undvon Jmmanuelsnach GottfriedsStadt istkeinKatzen-s

«

sprung;JnhaltundFormderDepeschemußteVerdacht wecken.

Fürchtetedas Generalkommando dieFolgeneiner Rückfrage, dannkonnte dieStatthalterei ihrdieLastabnehmen.Derwichtigste Grenzposten mußvorso schlimmer Jrrung geschütztsein.Wenn einCorpsseinenFührer,dasReichslanddenBertretesrderNeichs- gewalt auslacht, ist nicht Alles,wieessein sollte.Einefeindliche GroßmachtverfügtüberfeinereTäuscherkünstealseindarbender Quengler:undeingefälschterVefehl,schon einetrügende Vorhuts kundekönnteinKriegszeit,imKommandobezirkblinderGehorcher, demHeer,der ganzen Nation zumBerhängniszwerden.

Welfenfriedex

»Ich habeeinvollesBerständnisz fürdieAnhänglichkeitder heutigen welfischen Partei andiealteDynastieundich weißnicht, obichihr,wenn ichalsAlt-Hannoveraner geborenwäre,nichtans gehörte-AberichwürdeauchindemFallimmerderWirkungdes nationalen deutschenGefühlsmich nicht entziehenkönnen undmich nichtwundern,wenndie vismajorderGesammtnationalitätmeine dynastischeMannestreue undpersönlicheVorliebe schonunglos vernichtete.DieAufgabe,mitAnstandzu Grunde zugehen, fällt inderPolitik,undnichtblosinderdeutschen, auchanderen und stärkerberechtigten Gemüthsregungenzu;und dieUnfähigkeit, siezuerfüllen, vermindert einigermaßendieSympathie,welche diekurbraunschweigischeVasallentreuemireinflößt. Jch sehein

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JOI DieZukunft-

deindeutschenNationalgefühlimmer diestärkereKraft überall, wosie mitdemPartikularismus inKampfgeräth,weitderletztere, auchderpreußische-,selbst dochnur entstanden istinAuflehnung gegendasgesammtdeutscheGemeinwesen,gegenKaiserundReich, imAbfall vonBeiden,gestützt aufpäpstlichen,späterfranzösischen, inderGesammtheit welschenVeistand,die alledemdeutschenGe- meinwesen gleich schädlichundgefährlichwaren. Fürdiewelfi- schenBestrebungenist füralleZeit ihrersterMerksteinin der Ge- schixchte,derAbfallHeinrichs desLöwenvorderSchlachtbeiLeg- nano,entscheidend,dieDesertionvonKaiserundReich imAugen- blickdesschwerstenundgefährlichstenKamPfes,auspersönlichem unddynastischemInteresse-«(Bismarck:»GedankenundErin- nerungen«; dreizehntes Kapitel:»DynastienundStämme«.)

(UeberdenAbfallHeinrichs des LöwensagtKaemmel: »Als FriedrichderErste lim Kampfgegen dieLombarden] seinedeut- schen Vasallenherbeirief,kamihmdieNachricht, daßdermäch- tigste,HeinrichderLöwe, aufdessenUnterstützungdie ganzestau- fischePolitikseitFriedrichs Negirungantritt wesentlich beruhte, dieHeeresfolgeweigere.DieSachewar sowichtig,daßderKaiser sichzu einer persönlichenZusammenkunftmitdemHerzogent- schloß.JndemrichtigenGefühl,daßandiesem verhängnißvollen Tagüber die Lombardei wie überdas ganze Schicksaldeswelfi- schenHauses dieWürfel gefallen sind,hatdieVolkssage jeneBe- gegnung sobuntausgeschmückt,daßdieeigentlichenVorgängeim Einzelnensichnicht mehrerkennenlassen.Jedensalls weigertesich derHerzog entschieden,seineHeerespflichtversönlichzuleisten,da erausfrüherenitalienischenundanderen Feldzügen,zumGreis herabgekommen«sei,setzähltedamals siebenundvierzigJahre undistsechsundsechzigJahre altgeworden];nur mitGeldund anderen Mitteln wollte erdenKaiser unterstützen.DerFußfall desKaisersvordemHerzogist nach mittelalterlichen Vorgängen nichtunmöglich,doch auch nichtsicher bezeugt. Genug: Friedrich kehrte ohne weifischeUnterstützungnachder Lombardei zurück.«

Jnder,,Deutschen GeschichteimZeitalterderHohenstaufen«von JastrowundWinter stehts,,Die Kreise,vondenen derKaiserum-

gebenwar,lebteninderAnschauung, daßanderschlimmenWend- ung, dieeinstdas KriegsglückdesKaisersgenommen habe,eben diePolitik schuldwar,diedemmächtigstendeutschenFürstener-

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Hiatus. 209 möglichte,seine StreitkräftedemkaiserlichenHeerzuenziehen.

SpätereErzählungenhaben ausführlich berichtet,wiederKaiser vor derSchlacht beiLegnanodenHerzogin einerpersönlichensus sammenkunftinChiavennaflehentlich umHilfe gebeten habeund

von ihm schnödeabgewiesenworden sei.«UndLamprecht sagt:

»Friedrich sah fürdasJahr1176denentscheidendenFeldzugvor sich;mitallerKraftzogerdeutscheKontingenteheran.MitEifer folgtendieKirchenfürstenseinem Ruf;aberihreMacht genügte nicht.VorAllem galt es, auchdielaienfürstlichenStreitkräftezu nützen. Hieraber erlebte Friedrichgegenüberdem erstenaller Laienfürsten,gegenüberHeinrichdemLöwen,einefurchtbareEnt- täuschung. Vergebens forderteer, erbaterin einerpersönlichen ZusammenkunftvondemstolzenWelfenkriegerische Hilfezsieward ihm versagt.DieVeweggründeHeinrichsfür diesen Schrittzder dieVernichtung Friedrichs bedeuten konnte,sinddunkel.«- Als Heinrich,imNovember 1161, sich aufeinem erfurterFürstentag unterworfenhatteundvondeutscherErdeverbannt wordenwar, bliebseinGeschlechtimBesitzderbraunschweigischenundlünes burgischenLande. AnEhiavennahatteBismarck erinnert.)

EinSprungüberJahrhrrndertezmitten hineininden Streit der beidenWelfenlinien. »AnTalentundHeldensinnwar die-äl- tereLinie denenglischen Weler weitüberlegen.Sie·verschwä- gertesichmitdenHohenzollernundschloßsicheng anPreußen;

mehrere ihrerPrinzen starbendenHeldentodunter Preußens Fahnen. Das Berhältnißbegannsichzuändern, nach-dem auch HerzogKarlWilhelm Ferdinand seine preußischeTreuemitdem Lebenbezahlt hatte.SeinNachfolgerFriedrich Wilhelm,derHeld derSchwarzen Schaar,konnte alsFürstohneLandundTotfeinsd Napoleons zunächstnurbeiEngland Hilfe suchen. Durch Eng- lands FürspracheerhielterdannimVefreiungskriegseineErb- landezurück.Als erdeiQuatrebras fiel,hinterließereinTesta- ment,dasdieRegentschaftund dieVormundschaftüberseinebeis denminderjährigenSöhnedemPrinzregenten von Großbritas nienübertrug...SogewissenhaftderbraunschweigischeGeheime RathdiepolitischenGeschäftederRegentschaft besorgte,ebenso gleichgiltigvernachlässigteKönig GeorgdiepersönlichenPflich- tenseinerVormundschaft. Derfrühe TodderMutter und das abenteuerliche SchicksaldesVaters hattendenbeiden Prinzen

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210 DieZukunft-;

fängstallen-Frieden derKindheitverkümmert;an unstetenWans derfahrten inDeutschland, Schweden,Englandwaren sienir- gendsrechtheimischaeworden.Herzanriedrich Wilhelm mochte Dies fühlen;inseinemTestamentbestimmteer,daß seine Söhne inZukunftunter derAufsichtihrer Großmutter,derehrwürdigen MarkgräfinAmalie vonBaden,erzogen werdensollten.Der Vor- mund aber mißachtetediese Vorschrift; vermuthlich,sweilerdie jungen Weler ganzinwelfischenHändenbehaltenwollte. Nicht eigentlich durchböseAbsicht,wohlaberdurchdiefrivoleTrägheit deslieblosenBormundes wurde dieErziehungdesjungen-Her- zogsargvernachlässigt, wenn anders dieser unglücklicheCha- rakterzuerziehenwar ...JmOktober 1823hieltderNeunzehn- jährigeseinen EinzugalsregirenderFürst,jauchzendbegrüßtvon seinem BölkchemdasdietapferenWelfen abgöttischverehrte.Er vermied,die neue Landschaftordnungzubeschwören,ließzunächst dieDingegehen,verbrachtedienächstendreiJahre meist aufReis sen,um nachdemlangenZwangdieFreudendesLebens von Grund auszugenießen.Späterbehaupteteerfreilich,wenigglaub- haft,erhabedemFürstenMetternichversprechenmüssen,wäh- renddieser erstenZeitnichtsinderRegirungzu ändern. Als er endlichheimkehrte,hatteernichts gelernt,aberimStrudel wüster Ausschweifungendieletzte Schamverloren undzudem durchdie Lehren Metternichs,derdiesenWeler zärtlichliebteund mit Schmeicheleien überhäufte,eine überspannte, fastwahnwitzige Vorstellungvon derSchrankenlosigkeitseinersouverainenFür- stengewaltgewonnen. Sofort begannnun einSystemgehässiger Verfolgung,das selbstder Geduld derergebenenBraunschweis gerzu argward;aus jedemWort und jederThatdesHerzogs sprachdieFrechheiteineszuchtlosenKnaben... Erließ eineReihe unsaubererLibelleanfertigen,diedenKönigGeorgvonEngland undalleRäthederRegentschaft mitSchmähungenüberschütteten unddem Vormund namentlichvorwarfen,ersei darauf ausge- gangen, durchseineErziehungdieWillenskraftdesjungenHer- zogszu ertöten. DerhochmüthigeenglischeHofwurde durchdie AngriffedesBraunschweigersaufsAeußerstegereizt.Diepoli- tischenBeschwerdendesHerzogsließensichleichtwiderlegen,aber derVorwurfderverfehltenErziehungwar nicht grundlos,wie seltsamersich auchimMunde desErzogenenselber ausnahm.

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Hiatus 211

WeilKönigGeorgDies empfand,verloreralleHaltung-Insei- nem Auftrag schriebMünstereine,Widerlegun,a,derehrenriihris genVeschuldigungendesHerzogs v«ov.Braunschweig«,ei-nLibell, dessen maßloseSprachedenbraunschweigischen Brandschriften nichtsnachgab.DerGraf scheute sich nicht,demjungenWelfen mitderNevolution zudrohen. Auchmitder Kriegsmachtdesgroß- britanischen Königs drohteerhochfahrend,wenn derDeutsche Bund nichtimStandesei,Genugthuung zuschaffen,undwieder- holtversicherteerseinen,EkelüberdieschwärzesteUndankbarkeit«

desVraunschweigers WelcheinSchauspielIWas mußtediera- dikaleJugend,die schon längstandermonarchischenOrdnungzu zweifelnbegann, jetzt empfinden,wenn diesebeidenFürsten,ne-- bendemKurfürstenvonHessenzurZeitdieverächtlichstenMit- gliederdesdeutschenHohenAdels,also vorallerWeltihre schwarze Wäschewuschenundderhochkonservative welfischeStaatsmann voneinem Welfenfürstenöffentlichin einemTon sprach,densich dieRedner desVurschenhauseskaum erlaubten?

DerentschiedensteGegnerdesHerzogswardie KronePreu- szen,dieneuerdings mitEngland-Hannoversehrfreundlichstand.

DerjungeFürsthatteamberlinerHofallgemeinmißfallen.Stein fand ihn unsittlich,dünkelvoll,frechundleer;die Generale ver- ziehen ihm nicht, daßersich,gegen die alten Ueberlieferungen seines Hauses,ganzan Oesterreichanschloßund, unzweifelhaft auf Metternichs Nath, nichtum eineStelle impreußischenHeer nachsuchte.König Friedrich WilhelmempfanddenAbscheudes ernstenMannes gegen einkindisches Treiben,daszugleichden FriedenimDeutschenBund unddasVerfassungrechtinBrauns schweig gefährdete.Jneinem väterlichen Brief ermahnteerden Herzog (Dezcmber 1827), seine ,unv-evdientenVorwürfe«zurück- zunehmen. Ums onst.AuchandereVermittelungversuche,dieVern- storffim Verein mitMetternichunternahm,scheitertenandem Starrsinn desHerzogsundderUnzuverlässigkeitOesterreichs.«

FastdreiJahrelang hatderHerzogdannnoch regirt. »Jeder Monat brachteneue Willkürhandlungen.DemgesammtenVe- amtenthum wurde durch förmlicheVerordnungderUmgangmit demabgesetztenKammerherrnvonCramm untersagt.Als ober seinen nahenSturzahnte, befahlderHerzogeigenmächtigVer- käufeaus demKammergut,dieselbstdergefügigeKammerdirektor

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212 DieZukunft-·

vonBülow widerrechtlich fand,undsammeltedenbaren Erlös an.EinefieberischeUnruhe verzehrte ihn; einsseinerSiegelaus spätererZeitzeigteinvondenWellen umtostes Schiffohne Segel undSteuer, dazudieJnschrift:Vojlåmon sort!JneinemSchwar- zenBuch hatteersicheinige,Strafvorschriften«aufgezeichnet:wie man gefährlicheMenschendurchVerbot des Theaterbesuches, Wartenlassen,Volizeiliche Aufficht,Wechselarrest, Prozessequä- lenoderdurcheinenDritten aufPistolen fordernlassenkönne.

Aucheine dreifache Form für seine Unterschrift hatteersicher- sonnen;die eine: ,giltig«,diezweite: ,gilt nichtsdie dritte: ,gilt gc ad: dasGegentheil«.(Dies SchwarzeBuch, dessenEchtheit nichtoestrittenwerden kann,wurdebeimBrande desbraunschweis gerSchlosses1880 aufgefundenundvon demBevollmächtigten derStände, Freiherrn vonVeltheim, nachBerlin gebracht).Aach der altenGewohnheitderDespoten kühlteerseinenMuthzunächst

an dem Adel unddenhöheren Ständen; dieMassedesVolkes wurde nichtgedrückt,dieSteuerlast nicht verstärkt.Jedochdieab- stoßendePersönlichkeitdesHerzogs,der niemals durcheinenZug derGroßmuthfür seine Narrheit entschädigte,und dasfrecheGe- sindelim Schloßerbitterten auchdengeringenMann. «(Treits chke:

Deutsche GeschichteimneunzehntenJahrhundertz dritterBand.) Jm Jahr 1830 war derHerzoginParis, verhandeltemit RothschildüberBörsengeschäfteundfloh,als die Revolution aus- brach. »UnterwegssaherinBrüsselnochdieVorstellungder ,Stummen von Vortici«,diedenbelgischenAufruhreinleitete.

Zweimalwarnte ihndasSchicksal;dochindiese glatteStirn grub dieernsteZeitkeineFurchen.Mit seinemVölkchendaheim dachte derWelfe schon fertigzu werden« AmsechstenSeptemberabend kamsin BraunschweigzumerstenKrawall. Amachten September- morgen war dasSchloßeinTrümmerhaufe,5erzogKarlaufdem WegnachEngland.Amneunten September fordertederGroße AusschußderLandständein einer vonvielenBürgernmitunters zeichnetenAdressedenBruder Karls,alsdenletztenSprossendes Fürstenhauses,auf,dieNegirungzuübernehmen.»HerzogWil- helmvon Braunschweig-Oels standinBerlin bei denGardes Ulanen undgaltbei denKameraden füreinenLebemann, der-sein großesVermögen gründlichzugenießen verstehe;Talent hatte man andemvierundzwanzigjährigenPrinzen bisher noch nicht

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Hiatus. 213 bemerkt. Nichtslag ihm ferneralsehrgeizige Anschlägeaufdie Krone seinesBruders. Hartgenug kamesihm an,daßerdiefröhs lichen Gelagederberliner Garde mitdenSorgenderNegirung und derLangeweilederkleinen Hauptstadtvertauschen mußte; auchblieberseinLeben langdenstrengenlegitimistischenGrund- sätzenseines Hauses ergebenundkonnte denstillen Aergerüber die Meuterei seiner Vraunschweigernie ganz verwinden.« König Friedrich Wilhelmvon Preußen hatte ihm dringend gerathen, sofort nachBraunschweigzugehenundOrdnungzuschaffen.Doch nur alsStatthalter feinesBruderswollteWilhelmregiren.Erst dieWarnungen derMinister, Landstände,Stadträtheunddie Kundgebungen des Polkes zeigten ihm, daßKarls Sacheun-

wiederbringlichverloren sei. DerVruder hatte ihm (aus London, aufdenRath derenglischenMinister)einePollmacht geschickt, dieihnals Generalgouverneur einsetzte,aberverpflichtete,nur provisorische Ernennungen vorzunehmenundandenorganischen Gesetzendes Landes nichtszu ändern.Wilhelm verschwiegdiese Pollmachtz erwähnte sie nichtindemPatent,dasanzeigte,erhabe

»die Regirung bisauf Weiteres übernommen«;und sagteden Landständen,erwerdeversuchen,seinenBruder zurAbdankung zubewegen.Das versuchten auchdieKönigevonEnglandund vonPreußenunderreichten schließlich,daßKarlseineBedingun- gen nannte. »Erwar bereit,den Bruder zumGeneralgouverneur aufLebenszeitzuernennen, verlangteaber für sich,außerdem HofstaatunddenEhrenrechteneines Souverains, einejährliche Rente vondreihunderttausendThalern, ohne Abzug, lediglich für seine persönlichenAusgaben;von einem Ländchen, dessen ge- sammteStaatseinnahmen wenig mehralseineMillion betrugen.« Tief empört schriebVernstorffausBerlin nachWien: »DaßHer- zog Karl sich fträubt, ist nichtzuverwundern; daßerabereinen so hohen Preis inGelddafür fordert,einenPreis,welchendas Land kaumerschwingenkann,giebteinen abermaligenBeweis

von derHärteunddemgrenzenlosen EgoismusseinesCharak- ters.«NachLondonschriebBernstorff(gemeintistimmerChristian Günther,damals noch PreußensMinisterfürAuswärtigeAn- gelegenheiten):»ScheiterndieVerhandlungenmitHerzogKarl, dann dürfen sie nichtvonNeuem aufgenommen werden, sondern dieAgnaten müssendenPertriebenen für regirungunfähigerklären

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214 DieZukunft

unddiesenBeschlußdurchdenBundestag gutheiszenlassen.«Am sechzehntenNovember 1830nahm Karl,dermitgefüllterTasche denenglischenMinisternentlaufenund in diefrankfurterGegend gekommenwar, dieVollmachtförmlichzurückund forderteden Bruder auf,sichzu einer UnterredunginFuldazustellen.Wil- helmschwankteund erbatvonBerlin cRath. Auch nachdemEr- löschenderVollmacht,lautete dieAntwort,müsseeraus seinem Postenausharren. Jn Braunschweig beschlossendie Männer der Bürgerwehr, beschlossensogardieOffiziere,nur demHerzogWil- helmzugehorchen.VomSüdharzausversuchteKarleinenHand- streich,derkläglichendete,undflohdann nachFrankreich.Jetzt hatteerdenganzen Bundestag gegen sich.DerDeutscheBund ersuchtedenHerzogWilhelm, »die csRegirungbisauf Weiteres zuführen.« SelbstdenstarrstenLegitimisten,denKaisernFranz undNikolai, schiendieendgiltigeBeseitigungKarls nun nöthig;

selbst sie fanden diesenHerzogamhellenTag unmöglich.

WieabersolltediebraunschweigischeErbfolgegeregeltwer- den? PreußenundHannovereinigten sichaufdenAntrag,die Begirung seidemHerzogWilhelm, alsdemnächstenAgnaten, endgiltigzuübertragen.Metternichwidersprach;gabzwar zu,daß KarldasRegentenrechtverwirkt habe,wollteaberWilhelmnur alsStatthalter des legitimenFürstengelten lassen (desHerzogs also,derdieseStatthalterschaft offiziellaufgehobenhatte).Und hinterdemStaatskanzler standderKaiser.DagriffPreußenein- Von Berlin aus wurde Wilhelmermuntert, denThronzu be- steigenunddenunthätigen, uneinigen Deutschen Bund einfach vordie vollendete Thatsachezustellen.Wilhelm sagtein einem Dankbrief: »OhnedenkräftigenBeistand,den derköniglicheHof dieserfür michunddasLand sohochwichtigenAngelegenheithat angedeihen lassen,wäresie wohlnie zu demerwünschtenZielge- langt.«AmzwanzigstenAPril veröffentlichteerdas(vompreußi- schenMinisterialdirektor Eichhorn verfaßte)Patent, das seinen Regirungantritt verkündete,und fünfTage danachleistetendie braunschweiger BürgerihmdenHuldigungeid.Erstam zwölften Juli1832aber,da dieösterreichischenZettelungen sichalsun- wirksam erwiesen hatten,wurdederHerzog vonBraunschweigals Stimmführendes Bundesgliedfeierlichanerkannt.Karl,der»Dia- mantenherzog«,hat nochvierJahrzehntelangdemdeutschenAa-

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Hiatns. 215 men im Ausland Schande gemacht.»JnLondonlernte ereinen anderen Prätendenten kennen,vonreicherem Konundärmerem Beutel :denPrinzen Ludwig Aapoleom DieBeiden fanden sich zusammenundverpflichtetensichdurcheinenförmlichenPertrag, einander durch GeldundWaffenzuihren Rechtenzuverhelfen; Karlversprach außerdem,,womöglichausdem ganzen Deutsch- land eineeinigeNation zumachenundihmeinedemFortschritt desZeitalters angemessene VerfassungzugebencAlsabersein BundesgenossedenStaatsstreichdeszweitenDezembers wagte, flohderWelfewieder vor demDonnerder Kanonen ;zurückge- kehrt, fanderbei demneuen Kaisernur laueUnterstützung,weil erihmselbervon seinemReichthumwenigabgegebenhatte.Und als nachherdieHeeredes geeinten Deutschlandsgegen Paris zogen, daflüchteteersichnochmalsvorseinen Landsleuten und eiltenachGenf.DieserStadt vermachteerseinganzes Permögenz denn seinemVaterland gönnteernichts.« (Citateaus der Deut- schenGeschichteTreitschkes.) Preußenhattegesiegt,sich dadurch

aber neuen Haßvom Hause Oesterreichzugezogen ; undaufdem

braunschweigischenThronsaßeinFürst,derseineKrone nichter- erbtemRecht, sondernrevolutionärer Nothwehrverdankte.

Wilhelmvon Braunschweighatbis 1884 regirt. Dadie Thronfolge nichtgesichertwarund einegroßmächtigregirendeFas miliedieNachkommenschaftihrer Tochter nichteiner ungewissen Zukunftaussetzen wollte, fandderWelfekeineseinemstolzenAns spruchgenügendeGattin. NachdemFamilienvertrag vom Jahr 1832sollteBraunschweig,fallsderHerzogkinderlos stürbe,an diejüngere (hannoversche)Welfenliniefallen. DieseBestimmung fand Preußen nachdenEreignissenvon1866unerträglich.Braun- schweig hatte sichimJuli1866denPreußenverbündet;seitdek Entthronung derjüngerenLinie war derHerzogaberdem ber- linerHof grollendferngeblieben.TrotzderDankbarkeit,dieer

diesemHosschuldete,war erauch nichtzu einerMilitärkonvention mitPreußenzubewegen.Als eram achtzehntenOktober1884 gestorbenwar (er hatte seinPrivatvermögendemHerzogErnst AugustvonCumberland,seineschlesischenAllodialgüterdemKönig Albert vonSachsenvermacht), ergriff,in einemvom selbenTag datirten Patent, derHerzogvonCumberland, alsHaupt derhans noverschenLinie,von demLandBesitz; in derAnzeige,dieerden

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