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Entwicklung der städtischen Bauweise

5. Baurecht, Bauverwaltung

§ 12. W ü stu n g en in n erh alb d e r S täd te w erden nach gem einem R echt im M ittelalter nicht g e d u ld e t; die S ta d tb e h ö rd e h a tte ein w eit­

gehendes R echt an freien B austellen. H insichtlich des obrigkeitlichen E in sch reiten s m acht es keinen U n tersch ied , ob die B au stelle infolge m an g eln d er K u ltu r oder ob sie infolge von B ra n d od er Z e rstö ru n g w üste liegt. W eig e rt sich d er B esitzer se lb e r zu bauen od er is t er au s M angel an M itteln dazu n ic h t im stande, so w ird die B au stelle durch obrigkeitliche V erfügung w eiterv erk au ft. E s is t dies eine d er ä ltesten und ste ts festg eh alten en B estim m ungen u n se re s S tad trech ts. W ir hab en schon frü h e r bei d e r S ch ild eru n g d e r A n tik e g ese h en , daß sich einige A nsätze zu ähnlichen V orschriften im A ltertu m fin d en ; doch sind sie von keinem g rö ß e ren prak tisch en W ert. D ie m itte lalterlich en R ech ts­

sätze ü b e r die B austellen sind dagegen von g ro ß e r p ra k tisc h e r B e ­ d eu tu n g und bedürfen der b eso n d eren H e rv o rh e b u n g ; denn die B a u ­ tä tig k eit des A bsolutism us, von d e r sp ä te r die R ed e sein wird, b e ru h t zu einem großen Teil auf dem R echt an w üsten P lätzen .

D ie B od en b esitzer selb er d rän g ten u n te r n o rm ale n V erhältnissen z u r B eb au u n g , wie dies den n atu rg em äß en B ed in g u n g en e n tsp ric h t;

denn die V erzin su n g eines als B austelle b ew erteten u n d v erw en d b aren G ru n d stü ck s h ä n g t norm alerw eise davon a b , daß es b e b a u t wird.

D em gem äß w urde von dem B oden b esitzer h äu fig die B e b au u n g z u r V orschrift g em ach t, u n d d er G rundsatz des V erkaufs m i t B a u V e r ­ p f l i c h t u n g w urde dam als b ereits ausgebildet. Schon frü h z e itig w ird in den U rk u n d en g e g e n ü b er dem E rw e rb e r festg e se tz t, die Ü b erg ab e sei erfolgt m it d er B ed in g u n g „ut edificet“, auf daß er das G ru n d stü ck m it einem G ebäude besetze. M itu n ter w ird noch g e n au e r vorgeschrieben, daß d e r E rw e rb e r das G ebäude im Stande zu erh alten hab e od er daß e r einen gew issen M in d estb etrag auf die B austelle verb au en m üsse.

Bezüglich der Verpflichtung zum W iederaufbau eines H auses im B randfall h a tte sich im 12. und 13. J a h r h u n d e r t noch kein gemeines

R e c h t ausgebildet. Willi. Arnold nimmt zutreffender Weise an, daß bei der Boden- und Hausleihe (anders bei der befristeten Miete) ursprünglich d er Beliehene, nicht aber der L eiheherr den Schaden zu tragen h atte (Geschichte des Eigentums, S. 186 f.). Im einzelnen zeigen uns indes die U rkunden, daß in der älteren Z e it auch der L eiheherr m itunter den Schaden übernahm. Im 13. J a h r h u n d e r t findet sich dagegen in ver­

schiedenen S täd ten die Regelung, daß der Beliehene sich zum W ieder­

aufbau des abgebrannten Hauses verpflichtete, wogegen ihm ein Nachlaß des Bodenzinses zugestanden wurde.

D e r H ä u se rb a u in den S täd ten wird im übrigen vielfach g efö rd ert un d u n te rs tü tz t d u rch G ew ährung von freiem B aum aterial, insb eso n d ere von B auholz, so daß auch dieser von dem A bsolutism us aufgenom m ene G ru n d satz m ittelalterlich en U rsp ru n g s ist.

F ü r die Zw ecke des S täd teb au es w urde das E n t e i g n u n g s r e c h t frü h z e itig im M ittelalter an g ew an d t und in einzelnen L ändern zu hoher B e d e u tu n g entw ickelt. D ie e rste m ir auffindbare Stelle ü b er die E r ­ w ähnung und D u rch fü h ru n g d e r m ittelalterlich en E n te ig n u n g e n tstam m t dem J a h re 1239, g e h t also w eit h öher h in au f als se ith er in d e r L ite ra tu r angenom m en w urde. In dem g en an n ten J a h r en tzieh t d er R at d er S ta d t S tra ß b u rg einem B ü rg e r R u d g eru s ein G ru n d stü ck „aus zw ingender N o tw en d ig k eit“, weil es u n v erm eid b ar war, W all u n d G raben d er S tad t bei ein er E rw e ite ru n g d urch das G ru n d stü ck zu legen. Als E n tsch äd ig u n g wird den E rb e n des R u d g e ru s ein b enachbartes, stad tein w ärts gelegenes G ru n d stü ck gew ährt. A us d er gleichen Z eit wird au s Cöln die E n te ig ­ n u n g eines G ru n d stü c k s wegen E rb a u u n g d er S ta d tm a u e r berichtet.

Als ältestes Zeugnis d e r mittelalterlichen Zwangsenteignung wurde s e ith e r eine Aufzeichnung des J a h r e s 1380 angesehen, in der für Schaff­

hausen festgesetzt wird, daß die S t a d t G rundstücke für den Zweck der B efestigung und des Straßenbaues gegen E n tschädigung enteignen darf.

D ie E n te ig n u n g g elangte in d er F o lg ezeit m ehrfach z u r A nw endung fü r den Zweck d e r A n legung von F estu n g sw erk en bei S tad terw eiteru n g en . A uch b in n en stä d tisch e G run d stü ck e w urden seiten s d e r S ta d tb eh ö rd e m itu n te r au f G rund von B edingungen erw orben, die sich als E n te ig ­ n u n g kennzeichnen. E in e E n tsch äd ig u n g fü r das entzogene G ru n d ­ stück w urde allgem ein gew ährt. Zu ein er E in ric h tu n g von w eitreichender B e d eu tu n g w urde das E n te ig n u n g sre c h t in den N iederlanden entw ickelt;

die g ro ß en S tad terw eiteru n g en w urden h ier häufig im W ege d e r E n t­

eig n u n g des g esam ten A u sb reitu n g sg elä n d es und als städ tisch e U n te r­

n eh m u n g d u rch g efü h rt.

E ine Reihe von ergänzenden Einrichtungen, namentlich die B e s s e ­ r u n g s a b g a b e , für altstädtische wie für neustädtische Grundstücke, w urde späterhin im Anschluß an E nteignung und S tad terw eiteru n g ge­

schaffen.

D ie B aupolizei is t im M itte lalter im einzelnen s ta rk ausgebildet, w enn auch in den R echtsquellen die u n m itte lb a re n baupolizeilichen V orschriften nicht in dem U m fang h e rv o rtre te n , wie dies in den B au ­ o rd n u n g en d e r sp ä te re n Z eitabschnitte d e r F all ist. D e r g erin g e U m ­ fang obrigkeitlicher R egelungen im m itte lalterlich en B auw esen e rk lä rt sich zum Teil d a ra u s, daß die B a u a u sfü h ru n g in d e r H an d zü n ftig er M eister la g , d eren G ew erbebetrieb an sich b e re its durch S ta tu te n g e­

re g e lt war. D as g ele rn te zünftige H an d w erk w ar T rä g e r d e r Ü b e r­

lieferung und verm ied es bis ins 15. Ja h rh u n d e rt, den H a n d w erk sb rau ch z u r schriftlichen A ufzeichnung zu b rin g e n , die allgem ein ein er F e s t­

leg u n g und B esch rän k u n g d e r gew erblichen S elb stv erw altu n g gleichkam . Am häufigsten finden sich w ährend des M ittelalters o b rigkeitliche B e­

stim m ungen hinsichtlich d er E in b a u te n , V o rbauten u n d sogen an n ten Ü b erb au ten . M ehrfach w erden V orschriften ü b e r die B au h ö h e gegeben.

So w ird durch eine U rk u n d e von 1237 in Cöln in d e r S tra ß e U n te r G addem en die H öhe d er H ä u se r auf 15 u n d 16 E lle n b esch rän k t.

A ls allgem ein zulässige B auhöhe fü r das 13. J a h rh u n d e rt sind d rei G e­

schosse anzusehen. D er S achsenspiegel (um 1230) b estim m t näm lich, daß m an ohne obrigkeitliche E rla u b n is drei G eschosse bauen d a rf, ein G eschoß binnen d er E rd e , wobei die T ü r bis zu ein er K n iehöhe (etw a 55 cm) ü b e r d e r E rd e liegen d a rf, uncl d a rü b e r noch zwei G eschosse.

W egen der Abneigung des m ittelalterlichen H an d w e rk s gegen die Aufzeichnung des zünftigen R echts und der Zunahm e der Schriftlichkeit seit dem 16. J a h r h u n d e r t vgl. E b e r s t a d t , Französisches Gewerberecht, S. 90 und 239.

W asserleitungen waren in einzelnen S tä d te n seit dem 13. J a h r ­ h u n d e rt vorhanden. Häufig w urde ein Bach durch die S ta d t geleitet, der die Abwässer aufnahm und auch der W a sseren tn ah m e für g e w e rb ­ liche Zwecke diente. Eine „ W a sse rk u n st“ zur Versorgung der L a u f­

brunnen war in verschiedenen S täd ten angelegt. — Ü b er die Anlage und Reinigung der Aborte wurden häufig Vorschriften gegeben. Im J a h r e 1375 wurde für Hildesheim verfügt, daß die „überhängenden A b o rte“ zu beseitigen seien. Daß solche A nlagen indes nich t dem M ittel­

alter eigentümlich sind, ergibt sich aus dem jüngsten B e rich t des Kgl.

württembergischen Landeswohnungsinspektors, der die aus d er vor­

erw ähnten Ein richtung sich ergebenden Mißstände für das J a h r 1912 schildert. — Allgemeine Verordnungen über die P fla ste ru n g der Straßen sind in P a ris bereits im J a h r e 1184 nachw eisbar; in U tre c h t wird die P flasterung im J a h r e 1196 erwähnt. Vgl. über die Straßenpflasterung und Reinigung G e n g i e r , Stadtrechtsaltertüm er, S. 8 5 ; über die bau­

polizeilichen Bestimmungen bezüglich Geschoßhöhe, B aum aterial (Holzbau, Steinbau), Bedachung u. a. m. s. meinen Städtebau in Holland, S. 27, 28 u. 32.

Vielfach fin d et sich in d e r m ittelalterlichen S ta d t die L o k a l i ­ s a t i o n d e r G ew erbetreibenden, d. h. die A n sied elu n g d e r H a n d w e rk s­

b etrieb e gleichen B erufs in bestim m ten S traß en . D e r U rs p ru n g d er

E in ric h tu n g liegt zum Teil auf polizeilichem , zum Teil auf g ew erbe­

technischem und p riv atrech tlich em Gebiet.

F ü r eine Reihe w ichtiger Gewerbe b esteh t im Mittelalter die Not­

w endigkeit der Niederlassung an einer bestimmten Stelle. Die F ärber, Gerber, Wollwäscher, W a lk e r siedeln sich gern unm ittelbar an einem W asserlauf oder S ta d tb a c h an; die Fischer bei einem Flußlauf oder einem Teich. Die Fleischer wählen, mindestens für ihre Schlacht- und A rb e itsstä tte , das an einen Fluß anstoßende Gelände. Die Sorge für die R ein h a ltu n g der W asserläufe gebot hier bereits, den H andw erkern bestimmte Gassen anzuweisen, in denen sie ihr Gewerbe am W asser ausüben durften und die Ansiedlung an anderen Stellen zu verbieten.

F ü r die W eb er, Tuchmacher und eine Reihe anderer Gewerbe mag die B eziehung zu gemeinsamen A nstalten (Spannanstalten, Glättereien) A n­

laß zur N iederlassung in bestimmten Gassen geboten haben.

F ü r die V erkäufer von fertigen W a re n und Gebrauchsgütern aber w ar, ganz wie heute, die R ücksicht auf den V erkehr maßgebend; sie beförderte die Ansiedlung in bestimmten Gassen, in denen die betreffenden G egenstände gesucht und die deshalb von dem Zug der K äufer be­

r ü h r t wurden. Mit diesen Voraussetzungen trafen nun das Interesse und die M acht des G rundherrn zusammen, um die gassenmäßige Siedelung des H an d w e rk s zu bestimmen. Die Lokalisation des H an d w erk s und des gewerblichen Verkehrs wird bereits im 10. J a h r h u n d e r t erwähnt. Im 12. J a h r h u n d e r t ist die Ansiedlung der H an d w erk er nach Gassen mehr­

fach nachweisbar. Im einzelnen Fall erscheint das R e c h t der H andw erker an die N iederlassung in bestimmten Gassen geknüpft. E b e r s t a d t , U r s p r u n g des Zunftwesens, II. Aufl. S. 282 f.

In den m eisten g rö ß e re n Städten u n te rste llt im M ittelalter das p ro fan e öffentliche B auw esen — an d e rs d e r K irchenbau — ein er b e ­ sonderen, vom städtischen R ate w ahrgenom m enen B auleitung, w ährend seit dem 14. J a h r h u n d e rt die selb stän d ig e A m tsfü h ru n g durch einen b erufenen „B au m e ister“ h e rv o rtritt. D e r frü h este m ir auffindbare B e rich t ü b e r die städ tisch e B auaufsicht en tsta m m t e in er S atzung au s dem A nfang des 13. J a h rh u n d e rts , in d er fü r die S tad t M ontpellier die E in se tz u n g von zwei R atsgeschw orenen v erfügt w ird; diesen wird nam entlich die A ufsicht ü b e r die städtischen S traß en und den S tad tg rab en u n d die A n o rd n u n g d e r V ornahm e von baulichen A u sb esseru n g en aufge­

trag en . B eso n d e rs geschulte B au m eister f ü r die S tad tb efestig u n g und den M auerbau w aren b ereits im 13. J a h rh u n d e rt tätig.

Vgl. K. S t e h l i n , B aseler B aum eister des 15. J a h rh u n d e rts.

Baseler Zeitsehr. f. Gesch. und Altertumskunde 1 9 0 6 ; C. L. S a c h s , D as N ürnbergische B auam t am Ausgang des M ittelalters. München 1915.

D ie im M ittela lte r ausgebildeten E in ric h tu n g en um fassen je d e s G eb iet des S täd te b au es und d er B odenerschließung. Die E rg e b n isse des Z eitab sc h n itts, d er sich von dem E n d e des 12. J a h rh u n d e rts bis zum A u sg a n g des 15. J a h rh u n d e rts erstreck t, erscheinen um so größer,

als fü r das R echt, die V erw altu n g u n d die T echnik fast alles n eu zu schaffen war. D ie bodenpolitischen Schöpfungen d ieser e rste n P e rio d e u n sere s S täd teb au es sind indes nicht n u r fü r die eigene Z e it, sondern ebenso fü r die sp ä tere E ntw ick lu n g bedeutsam gew orden. D ie L eistungen, die einen d au ern d en W e rt fü r die städtische B odenentw icklung besitzen, lassen sich in vier P u n k te z u sa n u n e n fa sse n : A u fstellu n g von R ech ts­

sätzen fü r die B o denaufteilung, Schaffung d e r E in ric h tu n g e n fü r den Im m obiliar v erk e h r und die K a p ita lisie ru n g des B o d en s, A u sg e sta ltu n g des städtischen K lein h au ses, D ifferenzierung d er S traß e n nach Zweck und B edürfnis.

D ie w esentliche B ed e u tu n g dieses Z eitab sch n itts ab e r können wir dahin kennzeichnen: das M ittelalter h a t den g esam ten S tä d te b a u in erste r R eihe als eine A ufgabe der B esied elu n g e rk an n t. D iesem größten Ziel war alles an d ere u n te rg e o rd n e t; ihm m u ß ten sich alle E in ric h ­ tungen vom G ru n d stü ck sv erk eh r bis z u r S ta d te rw e ite ru n g anpassen.

N u r verm öge dieser A uffassung k o n n te das M ittelalter die ste ts von neuem bew underten W erk e d er S tä d te b a u k u n st schaffen- u n d die u n v e r­

gänglichen G rundlagen städ tisc h er E n tw ick lu n g h ersteilen .

Literatur.

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S c h rifte n d e r A r c h i t e k t e n - u n d I n g e n i e u r v e r e i n e f ü r die e in z e ln e n S täd te.

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B e rlin 1912.

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D r i t t e r A b s c h n i t t .

Die Periode d er landesfürstlichen B autätigkeit.

1. Übergangszeit.

§ 13. M it dem A blauf des M ittelalters tr itt zu n äch st eine Ü b e r­

g an g sz e it ein, w ährend deren sich neu e A nschauungen im B ereich des S täd teb au e s ausbilden. E in e Ä n d e ru n g vollzieht sich n u n m e h r sowohl hinsichtlich d er T räg er, wie auch in dem System des S täd teb au s. D ie U rsach e is t eine doppelte; sie lie g t einm al in d e r neuen G estaltu n g d e r B efestigungs- u n d F eu ergeschütztechnik, die das System d e r S ta d t­

anlage und S ta d te rw e ite ru n g gänzlich v e rä n d e rte, fe rn e r in d e r A us­

b ild u n g d er neuzeitlichen S taats- und V erfassungsform en, die eine völlige V erschiebung d er R echtsgrundlagen im S täd teb au brach ten . In den v ersch ied en en R ichtungen tr itt d er E influß Ita lie n s herv o r.

A uf dem G ebiet des S tä d teb a u es gew in n t d e r F estu n g sb a u m e iste r die F ü h ru n g , d e r seine K u n st als A r c h i t e t t u r a m ilita r e v erselb stän d ig t u n d sie als b eso n d eren Zweig von d e r A r c h i t e t t u r a c ivile ab sp altet.

D ie b ü rg erlich e B au k u n st stan d im 16. J a h rh u n d e rt vollständig u n te r d e r H e rrsc h a ft d er R enaissance, die sich als eine h isto risch -n atio n ale B ew egung — R ückgriff d er Ita lie n e r auf die W erke d e r „großen V or­

fa h re n “, d. h. d er R öm er — darstellt. A n d ers d e r F e stu n g sb a u m e iste r;

e r d e n k t ganz u n h isto risch ’ u n d tritt m it neuen, se lb stän d ig en A n­

sch au u n g en herv o r. B ei d e r großen A nzahl d er G esichtspunkte, die in d e r neuen S täd teb au tech n ik zu b erücksichtigen w aren, m u ß te d er F e stu u g sb a u m e iste r d a ra u f ausgehen, die S tad t völlig au s dem N euen au fzubauen. A ls A nfang und G ru n d lag e d e r P la n u n g d ie n t je tz t die b efestig te U m fassung, deren äu ß ere F orm durch eine geom etrische F ig u r — je nach d e r G röße d e r S ta d t F ünfeck, A chteck usf. — h e r­

g e ste llt w ird. In diesen R ahm en wird die S tad tan lag e eingegliedert, indem die säm tlichen B estandteile des S tadtorganism us, die öffentlichen G ebäude, die P lätz e und M ärkte, die B ürgerw ohnviertel, die m ilitärischen A n stalten ih re planm äßig zugew iesene Stelle erhalten. D e r G egensatz zu dem M ittela lte r lä ß t sich knapp dahin au sd riiek en : das M ittelalter b a u te eine S ta d t und legte einen M au errin g h e r u m ; d e r neuzeitliche F e stu n g sb a u m e iste r entw irft eine F estu n g san lag e und zeichnet die S ta d t hinein.

D ie n eu en B au m eister, zu nächst Ita lie n e r o d er in Italien geschult, b rin g e n vollständige P lan u n g en d er system atisch b earb eiteten S tad t­

anlage, die wir geradezu als N orm alpläne bezeichnen dürfen. D as System d ie se r S tad tp län e lä ß t sich allgem ein auf zwei G rundform en zu rü ck ­ fü h re n : das S trah len sy stem , bei dem die S trah len von den F e s tu n g s ­

to re n u n d d e r U m fassung nach dein S tad tm itte lp u n k t zu sam m enlaufen;

und das S chachbrettsystem , das die Stadtfläche in v iereckige B aublöcke aufteilt. D ie A n sch au u n g en , wie sie in diesen S tad tp lan u n g en v e r­

tre te n w aren , gew annen im einzelnen einen b ed e u te n d e n E in flu ß auf den b ü rg erlich en S tädtebau. E r s t nach d e r M itte des 16. J a h rh u n d e rts g elan g ten indes die N o rm alpläne d e r F e stu n g sb a u m e iste r z u r voll­

ständigen V erw irklichung d urch N eu g rü n d u n g ein er S ta d t; es geschah dies bei dem B au d e r S tad t N eu-M alta, zu E h re n ih res B e g rü n d ers L av alletta g e n a n n t, die im J a h re 1566 gänzlich au s dem neu en nach dein N orm alsystem an g eleg t w urde. E in e w eitere F o rtb ild u n g d er städtebaulichen System atik zeigt sich in d er P la n u n g d e r S ta d t P a lm a

Abb. 13. N o rm alp lan e in e r S ta d t (n ach C a ta n e o ); a u s E b e r s t a d t , Z u r G eschichte des S tä d te b a u s; vgl. a. a. 0 . d ie N o rm a lfig u r e in e r F e s tu n g s s ta d t im S tra h le n sy s te m .

N ova, 1593 a n g eleg t, die in d e r S tra ß e n fü h ru n g , P la tz g e sta ltu n g und G eb äu d estellu n g b e reits die m eisten d er neu en städ teb au lich en W ir­

kungen z eig t, die m an allgem ein ein er sp ä te re n Z eit, nam entlich der des B arock, zuschreibt.

W ä h re n d d e r S tädtebau eine n e u e T echnik und S ystem atik au s­

b ild ete, hatte sich zugleich auf dem G ebiete des R ech ts und d e r V er­

w altung ein U m schw ung vollzogen, d e r fü r die p rak tisch e D u rch fü h ru n g d e r neuen städtebaulichen B estreb u n g en e r s t die M öglichkeit schuf.

D as Z eitalter des A bso lu tism u s h a tte begonnen. E in e neue w issen­

schaftliche B eh an d lu n g des S ta a tsrech ts entw ickelte sich w ährend des 16. Ja h rh u n d e rts. Die R echtsphilosophie, zu n äch st vor allem durch rom anische A utoren g ep fleg t, u n te rsu c h t den „n atü rlich en “ B egriff des

S ta ates und seines R echts. D as Ziel w ar nicht m e h r, wie im M ittel­

alter, die vorsichtig tasten d e F o rtb ild u n g ü b e rliefe rter E in zelrech te und B efugnisse, sondern die K o nstruktion des R echts aus d e r N a tu r d er Dinge. D ie S taatsg ew alt w urde e rk a n n t als ein begrifflich vollkom m enes W esen, das sein R echt auf allen G ebieten absolut gebrauchen dürfe.

F ü r die B e tätig u n g d e r R egierungsgew alt ab e r bot vor allem der S täd teb a u eine V ereinigung g ü n stig er B edingungen. D ie L ehren der neu en S täd tep lan u n g schienen den obrigkeitlichen E in g riff geradezu herau szu fo rd ern und waren dem u n u m sch rän k t handelnden W illen a n ­

g epaßt. A n d e re rse its waren die M achthaber des 16. J a h rh u n d e rts d er D u rch fü h ru n g von P län en geneigt, die von ein e r fo rtschreitenden E n t­

w icklung des G em einw esens zeu g ten , zu r V erschönerung d e r S täd te b eitru g en u n d dem U rh eb er ein bleibendes G edächtnis d er B au tätig ­ k eit — den B auruhm — sicherten.

§ 14. U n te r solchen V oraussetzungen entw ickelte sich w ährend des 16. J a h rh u n d e rts die landesfürstliche B a u tä tig k e it im S tädtebau, v erb u n d e n m it ein er system atischen Baupolitik. U n te r B aupolitik v er­

steh en wir die E in se tz u n g staatlich er M achtm ittel zu r E rre ic h u n g bestim m ter Ziele im Bauwesen. D er abso lu te S taat h at, wie auf allen an d eren G ebieten, so auch auf dem des W ohnungsw esens und S tä d te ­ baues seine M achtm ittel k rä ftig zu r A nw endung gebracht. Die landes­

fürstliche B aupolitik w urde z u e rst in F ran k reich au sg eb ild et und sp äterh in wie a n d ere französische E in rich tu n g en von den deutschen L an d esfü rsten übernom m en, jedoch u n te r w esentlicher U m g estaltu n g der

fürstliche B aupolitik w urde z u e rst in F ran k reich au sg eb ild et und sp äterh in wie a n d ere französische E in rich tu n g en von den deutschen L an d esfü rsten übernom m en, jedoch u n te r w esentlicher U m g estaltu n g der