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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 15, H. 3

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TECHNIK UND WIRTSCHAFT

■(■■■am* MONATSCHßiPT laaMimMi DES VEREINES DEUTSCHER INGENIEURE SCHRIFHEITER : I » IKyERuW-SPEISER.

15. Jahrg. Märe 1922 3. Hefl

Die Währungsfrage als weltwirtschaftliches Problem1).

Von Geh. Regierungsrat Prof. Dr. H e r m a n n S c h u m a c h e r , Berlin.

I.

Da das G eld als »W ertmesse r« für alle a n d eren G ü te r dient, k a n n d e r W e rt des G eld es selbst bekanntlic h nicht unm ittelb ar festg estellt w erd en.

Er k a n n vielm ehr durc h das bestim m t w erden, w as m an fü r G eld ein- tauschen kann. D as sind W a r e n und fr em des Geld.

W enn d e r W e r t eines G eld es in frem dem G eld a u s g e d r ü c k t wird, sp r e­

chen wir von dem A u ß e n w e rt des G eld es o d e r d e r Valuta. D er A u ß e n ­ w ert k ann in ebensoviel K ursnotie rungen zum A usdruck ko m m en , wie es frem de W ä h r u n g e n gibt. Es ist die A ufgabe d e r D evisenarbitrage, aus d e r ursp rü nglichen M ann ig faltig k eit d e r örtlichen B ew ertungen die Einheitlich­

keit des internatio nalen M a r k te s für jede einzelne W ä h r u n g herzustellen.

Im selben Maße, wie ihr das g e lin g t — und es ist ihr vor dem Kriege g e lu n g e n —, stellt d e r Außenvvert des Geldes, tr otz se iner vers chie denen Bezeichnungen, etw as Einheitliches dar, das auch in ein er Zahl vollstän­

dig zum A u sd ru c k g e b r a c h t w e rd e n kann. Im selben M aße, wie eine intern at io nal e Einheit des M a r k te s für eine W ä h r u n g nicht v o rh an d en ist und sich auch nicht ohne w eiteres hers tellen läßt, fehlt auch die Ein heit­

lichkeit in d e r A u ß e n b e w e r t u n g einer W ä h r u n g . Eine g a n z e Reihe von Zahlen ist d ann fü r den A u ß e n w e rt eines G eld es bezeichnend, und nur künstlich lä ß t sich eine E in heitszahl err echnen, eine Einheitszahl noch dazu von f r a g w ü r d i g e r B edeutu ng. Die heute belieb ten V ersuche, einen so g en an n ten .»Valutaindex« für die B ew ertu n g einer W ä h r u n g im Ausland aufzustellen, sind n u r ein Beweis dafür, daß d e r W e lt m a r k t einstweilen noch nicht w ie d e rh e r g e s te llt ist, und d aß die A rbitrage ihre w eltw irtsch a ft­

liche A ufgabe noch nicht w ie d e r zu erfüllen in d e r Lage ist. Stö rungen

!) V o rg e tra g e n in d e r N o rd is c h e n V e rk e h rs k o n fe re n z in L ü b e c k a m 27. S e p ­ te m b e r 1921; e r s tm a lig v e r ö ffe n tlic h t in S c h m o lle rs J a h r b u c h f ü r G esetzgebung, V e rw a ltu n g u n d V o lk s w irts c h a ft, 1921 H e ft 4 S. 937 u. f.

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m a n n ig fa c h e r Art v e rh in d ern noch ein no rm ales F u n k ti o n ie r e n , d a s vor dem Kriege als eine Selb s tv ers tän d lich k eit galt.

W e n n d e r W e r t eines G eld es in W a r e n a u s g e d r ü c k t wird, k a n n man, g e g e n ü b e r dem V alutaw ert, vom W a r e n w e r t des G e ld e s sprechen, und da es re g e lm ä ß ig inländisch e W a r e n sind, an d e n e n m an d en G e ld w e r t mißt, so pflegt m a n diesen W a r e n w e r t als B in n en w ert des G e ld e s zu bezeich­

nen. W e g e n d e r g r o ß e n M a n n ig fa ltig k e it d e r W a r e n ist hie r eine Bew er­

tu n g in einer Ziffer von N a tu r aus au sgeschlo ssen. H i e r k a n n also nur künstlich durc h E rre c h n u n g ein er In d e x z a h l eine E in heit he rg e s te llt w er­

den. Sow eit es sich um d a s In land handelt, k ö n n e n zu d ie s e r Berechnung alle W a r e n h e ra n g e z o g e n w erd en . In a u slän d isch e n W a r e n p r e is e n kann der W e r t des G eld es d a g e g e n n u r zum A u sd ru c k g e b r a c h t w e rd e n , soweit es sich um W e lt h a n d e ls a r ti k e l handelt, die nicht infolge ih r e r unzure ichen­

den T r a n s p o r tf ä h i g k e it auf te rrito rialen M ä r k te n fe s tg e h a lte n w erd en . Mit d e r Bildung eines einheitlichen W e lt m a r k tp r e i s e s sc h w in d e t schnell d e r U n te rs c h ie d in d e r B e w e r tu n g des G e ld e s nach in ländis chen u nd aus­

lä ndischen W a re n . W e n n a b e r auch hier d e r W e l t m a r k t v e r s a g t — wie das heu te noch in w e itg e h e n d e m M a ß e d e r Fall ist —, d a n n ist die Kauf­

k r a f t des G eld es in ein em Lande g r ö ß e r als im ä ndern. D an n müssen

»K aufkraftparitäten«, wie P r o f e s s o r C a s s e l in S to c k h o l m sich au sg edrückt hat, w ie d e rh e r g e s te l lt w e rd e n . D as ist a b e r nicht d u rc h W ä h r u n g s m a ß ­ n a h m e n allein möglic h. Es m üssen v ie lm e h r die u n z u re ic h e n d verknüpf­

ten nationalen M ä r k te mit se l b s tä n d i g e r P re i s b il d u n g z u r E in heit des W elt­

m a r k ts w ie d e r w irk s a m z u s a m m e n g e f a ß t w e rd e n . D an n v e rs chw inden die D ifferenzen in d e r Pre isb ild u n g , so w eit sie nicht n u r v o r ü b e r g e h e n d e Folge­

e r s c h e in u n g e n ein er f o r tsc h r e ite n d e n G e l d e n t w e r t u n g sind. W ie bei unvoll­

k o m m e n e r W e lt m a r k t b i l d u n g die B e w e r tu n g des G e ld e s in verschiedenen auslän d isch e n W ä h r u n g e n n o tw e n d ig v e rs ch ied en ist, so w eicht bei un­

v o ll k o m m e n e r W e lt m a r k t b i l d u n g also auch die B e w e r tu n g des Geldes in in ländis chen u n d ausländische n W a r e n n o tw e n d ig v o n e in a n d e r ab.

So ist es vers tä ndlich, d aß die F o r d e r u n g n ach W ie d e r h e r s t e ll u n g des W e l t m a r k t e s im m e r s t ä r k e r in den V o r d e r g r u n d g e t r e t e n ist. Sie zeigt sich, noch ziemlich unk lar, auf d e r B rüssele r F in a n z k o n f e r e n z und ist sei td em im m e r n a c h d rü c k lic h e r von f ü h r e n d e n M ä n n e r n des W ir tschafts­

lebens, in s b e so n d e re in E n g la n d u n d in d en V e rein ig ten S taaten, erhoben w o rd en . Auch hie r h a t d e r K rieg uns, w ie auf so vielen G ebie te n, auf eine ¡frühere Stu fe d e r E n tw ic k lu n g z u r ü c k g e w o r f e n . Die Napoleonisch en Kriege v o r ein em J a h r h u n d e r t k a n n te n noch nic ht so lch e w eltw irtsch a ft­

lichen F olgen, wie w ir sie je tzt durc h le b e n . D a m a ls w a r d e r W e lt m a r k t noch in d en A nfängen seiner E n tw ic k l u n g ; h e u te ist er d e r M enschheit u nentbehrlich g e w o rd e n . Ihn in d e r f r ü h e re n technischen V o llk o m m en h eit w ied erh erzu stellen , g e h ö r t zu d en e ig e n a rti g e n N a c h k r i e g s a u f g a b e n unse rer Zeit. Ih re Lösu n g k a n n im m e r n u r u n te r h eftigen P r e i s v e r ä n d e r u n g e n e r ­ folgen.

Dieses die W e l t je t z t d u r c h z i e h e n d e S tr e b e n nach W ie d e r h e r s t e ll u n g des W e lt m a r k te s liegt h e u te nic ht im Interesse s e h r w e ite r Kreise des d e u t­

sch en Volk es. A ber es g e h ö r t in den w eiten Bereich d e u t s c h e r Illusionen, zu g la u b e n , m an k ö n n e d ies er E n tw ic k l u n g auf die D a u e r w ir k s a m e n

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W id e r s ta n d leisten. H ie r sind s t ä rk e re Kräfte w irk s a m als d e r Wille sc h w a c h e r Menschen. Nicht n u r von Seiten d e r E nte nte w ird die W i e d e r ­ h erste ll ung des W e lt m a r k te s eifrig ers trebt, so n d ern auch wirtschaftliche G esetz e mit un b e z w in g lic h e r Macht, die nur U nw issende verk e n n e n k ö n ­ nen, w irk en dahin, die K aufkraft des G eld es intern atio nal auszugleichen.

Die Politik m uß mit diesem tr aurig e n, a b e r unausw eic hlic hen V o r g a n g re c h ­ nen. Sie k a n n ihn zu v e rla n g sa m e n tr ach ten o d e r w en ig sten s alles v e r ­ meiden, w as ihn beschl eunigt. A ber d a m it ist’s w ahrsch ei nlich nicht g etan . S ta tt den d a u e rn d w irk s a m e n Ausgle ichpro zeß, d e r n u r d a ru m volle E r­

folge noch nicht g ezeitigt hat, weil die G e ld e n tw e r t u n g noch schneller als sie fo rtg esch ritten ist, zu ig nor iere n, m uß sie sich positiv mit ihren M a ß ­ na h m e n auf ihn einstellen. Es ist eine eb e n s o naive wie gefährliche Ü b ersch ätzu n g d e r eigenen Kraft, w enn man d e r Ü b erm ach t d e r hier w irk en d en Kräfte den eigenen kleinen Willen e n tg e g e n s te m m e n will.

II.

Die eigena rtige un d sc hw ie rig e A ufg abe d e r W ie d e rh e rs t e ll u n g des durc h den Krieg z e rr ü tte te n W e lt m a r k te s w ird nun durc h e i n e n U m sta n d noch be so n d e r s ers chwert. D e r K rieg hat näm lich nicht e tw a n u r die nationalen M ä r k te aus ihrem Z u s a m m e n h a n g gelö st, s o n d e r n zugleich auch in die V erhältnisse von A n g e b o t und N a c h fra g e auf d e m W e lt m ä r k te tief eingegeriffen. Er h a t einerseits w ä h r e n d seines V erlaufes eine g e w a ltig e anorm ale N a c h fra g e geschaffen, die h eu te fa s t g a n z vers ieg t ist, un d er h a t zugleich u n d v o r allem die g r o ß e n o rm ale N ach frag e, w elc he von Mittel- u n d O s te u r o p a ausg ing, a nfangs d urch die B lo ckade fast g a n z ausgeschalt et un d s p ä te r mit an d e re n Mitteln noch nied erg eh alten . D abei h andelt es sich w e ita u s an ers te r Stelle um D eutschland. Die K aufk ra ft, die D eu tsch lan d in d e r le tzte n Zeit v o r dem Kriege auf dem W e l t m a r k t betätigt hat, ist n u r von E ng lan d noch etw as ü b ertro ffen w o rd e n . Sie ist zum Beispiel m e h r als vie rmal so g r o ß wie die R ußla nds, auch vie r­

mal so g r o ß wie die von g a n z Ö sterreic h-U ngarn, g r ö ß e r als die Rußlands, Österreich-Ungarn s, aller Balk anländer, Italiens, Spaniens und P o rt u g a ls z u ­ s a m m e n g e n o m m e n . Solche K au fk raft k a n n der W e lt m a r k t nicht entbehren.

W enn sie v e rk ü m m e r t, so m uß er selbst v e rk ü m m e r n . D ann m uß die auslän disch e P r o d u k t io n u n te r dem D ru ck la n g w ie r ig e r A rbeitlosigkeit, wie sie heute schon in s b eso n d ere in E n gland un d in den V ere in igte n S ta a ­ ten so b e u n r u h i g e n d sich zeigt, dem s t a rk verm in d e r te n Bed arfe a n g e ­ paß t w erd en . D as ist d e r Sinn d e r so g e n a n n te n W eltw irtschaftskrise, die in einem Lande um so s t ä r k e r sich zeigt, je tiefe r es in die W e lt w i r t­

schaft verflo ch ten ist. F ü r sie g ib t es n u r e i n H eilm itte l: m an da rf das W ie d e ra u fle b e n d e r so la nge ausgeschalt ete n, so s e h r g e sc h w ä c h te n und doch noch im m e r so le bendigen K a u fk ra ft des k ontinentalen Eu ro p as nicht lä nger h em m en.

Diese w eltw ir tscha ftlic he Erk en n tn is fä n g t la ngsam an, durc h den dic h­

ten N ebel des V orurteils u n d d e r V e rb le n d u n g hin durchzubrechen. Bei den F ü h r e r n des den E rdball u m s p a n n e n d e n englischen W ir tscha ftlebens ist sie am f r ü h e ste n un d klarsten zu m A usdruck g e k o m m e n . Sie d u r c h ­ zie ht wie ein le u c h te n d e r ro te r F a d e n die b e m e r k e n s w e rte n Reden, welche S c h u m a c h e r : Die W ä h r u n g s f r a g e als wirtschaftliches P ro b le m 131

i*

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die P rä s id e n te n d e r g r o ß e n englischen B anken auf ihren G e n e r a l v e r s a m m ­ lu n g e n g e h a lte n h aben. McKenna, d e r N a c h fo lg e r Sir E d w a r d H old ens, h a t in d e r London Joint C ity an d M idland Bank g e s a g t : »Die w irt s c h a ft­

liche W ie d e rh e rs t e ll u n g Eu ro p as sollte h eu te u nsere ers te S o rg e sein. Wenn w ir sie vernachlässigen, w ird u n s e r A u ß e n h a n d e l ein s c h ru m p f e n und v e r­

k ü m m e rn . D er H a n d e l d e r W e l t m u ß als eine E in heit a u f g e f a ß t werden, u n d w en n ein g r o ß e r Teil von ihm lo sg elö st wird, so m u ß das, w a s übrig bleibt, eine sc h w e re B eein träch tig u n g er fahren.« Ähnlich s a g t e Lord Inch­

cape von d e r N ational Pro vincial and U nio n B a n k : » W enn d e r Krieg uns ir g e n d etw as g e le h r t hat, ist es das, d a ß in d e r m o d e r n e n , wirtschaftlich so en g v erflo ch ten en W e lt kein V olk leiden k a n n , o h n e a n d e r e mit in sein U n g lü c k zu ziehen, kein V olk reich w e r d e n k a n n an d e r Armut eines a n d eren , kein V olk ka u fe n k a nn, o h n e v e r k a u f e n zu k ö n n e n ; und d aß ein k r a n k e r P u n k t, wie R u ß la n d u nd die M i tte lm ä c h te u n d die k ü rz­

lich g esch affen en S ta a te n um sie h eru m , alle F u n k ti o n e n des europäischen K örpers vergiftet.« Ähnlich s a g te Mr. G o o d e n o u g h von Barclays Bank:

»Diese A n s a m m lu n g von V o rrä t e n ist zum g r o ß e n Teil eine F o lg e des M angels an K a u fk ra ft im A usla nd«; und d e r V iz e p rä s id e n t Sir H erbert H a m b l i n g h a t mit b e s o n d e r e m N a c h d r u c k h in z u g e f ü g t: »Ich bin tief davon üb e rz e u g t, d aß ein friedliches u nd glückliches D e u ts c h l a n d un d Österreich eb e n so w ese ntlic h fü r das W o h l e r g e h e n d e r W e lt sind wie v o r z ehn Jahren.

W ir dürfen nicht vergessen, d a ß vor d e m K rieg u n s e r z w e itb e s te r Kunde D e u tsc h la n d war.«

Auch in d en volks w irts chaftlich g e b il d e te n K reisen d e r Vereinigten Sta a te n v e rb r e it e t sich — m a n c h e Beweise k ö n n te n d a f ü r b e ig e b r a c h t w er­

den — diese Einsich t von d e r w eltw irtsch a ftlich en S o lid a ritä t d e r Kultur­

völk er. W ie w e i t sie a b e r auch in die m a ß g e b e n d e n politischen Kreise b e id e r L ä n d e r E in g a n g findet, ist zw eifelh aft; un d in F r a n k r e ic h sind kaum b esch eid en e A nsätz e solcher E rk e n n tn is v o rh a n d e n . Es sieht heute noch n ic ht so aus, als ob sie schnell g e n u g sich verb r e ite te , u m den W eg v om W o r t e z u r T a t zu finden, ehe es zu s p ä t ist.

D as ist die erste g r o ß e A ufgabe, eine A ufgabe, die nicht, wie man fälschlich oft a n g e n o m m e n hat, dem W ä h r u n g s w e s e n a n g e h ö r t , sondern auf dem G eb iete d e r M a r k tb il d u n g g e le g e n ist.

III.

Sehen w ir je tzt von den S t ö r u n g e n des W e l t m a r k t e s ab, so k a n n man s a g e n : Die H a u p t a u f g a b e ein er je d en O r g a n is a tio n des G e ld w e s e n s ist es, die S c h w a n k u n g e n d e s A u ß e n w e rt e s u nd des B in n e n w e rte s des Geldes m ög lich s t zu mild ern. Diese A u fg a b e w a r v o r dem K riege g e lö s t w orden, u n d z w a r mit Hilfe d e r G o ld w ä h r u n g . D abei b e s t a n d d a s K ennzeichnende die ser Lösu n g nicht darin, d a ß G o ld g e ld für je d e s ein heim ische Z a h l u n g s ­ mittel leicht zu erla n g e n w ar. Das, w as die G e g e n w a r t von d e r Zeit v o r dem Krieg u n te rscheidet, ist v ie lm e h r v o r allem, d a ß v o r d e m Krieg auf d e r G r u n d la g e d e r G o l d w ä h r u n g eine mit b e w u n d e r n s w e r t e r V oll­

k o m m e n h e it a rb e i te n d e O rg a n is a tio n des in tern atio n alen Z a h l u n g s w e s e n s v o r h a n d e n war, un d d aß sie h e u te z u s a m m e n g e b r o c h e n ist.

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Diese intern atio nale O rg an is atio n b e ru h t e bekanntl ic h nicht auf einer in ternatio nalen Ein heit des Geld es, nicht auf einem W elt geld , g e g e n das g leichm äßig alle theoretische E rk en n tn is und p rak tisch e E r fa h r u n g sprechen.

Sie b e ru h te vielm ehr auf ein er intern atio nalen Ein heit des Geldstoffes, die sich ohne in ternatio nale V e re in b a r u n g — darin la g ihre S tä r k e — herau s g eb ild et hatte. Jed e W ä h r u n g h atte ihre volle S elb stä ndigkeit. Alles G eld g a lt d a h e r reg elm äß ig auch n u r in n erh alb d e r G re n z e n des a u s ­ g e h e n d e n Staates. N u r mit eig enem G elde k o n n te in d e r Regel re c h ts ­ gültig ge z a h lt w erden. A ber durc h die G e m e in s a m k e i t des G eld stoffes

— eine Art S tan d ard isieru n g o d e r T y p isie ru n g d e r verschie denen W ä h r u n g s ­ syste m e — w a r die Beschaffung des fr e m d e n G eld es ä u ß e rs t erleic htert.

T r o tz der nationalen G eld verschie denheite n w a r das, w as auch bei in te r­

n ationale r G eld ein heit das W ic htig ste sein w ürde, erreic ht: eine g r o ß e W ertb estän d ig k eit.

Mit Hilfe d e r G o ld w ä h r u n g w a re n erste ns den S c h w a n k u n g e n des A ußenw ertes und denen des Bin nenw ertes des G eld es u nd zw eitens auch ihren A bw eichungen vo n ein an d e r enge G re n z e n gezo g en . D as w a r b e ­ kanntlich auch d ad u rch geschehen, d aß d e r G eld w ert, d e r sich an sich u n a b h ä n g ig vom G eld stoff bilden kan n, d a n n ab er, wie w ir es heu te erleben, u n b e g re n z te n S c h w a n k u n g e n ausgesetzt ist, mit dem W e r t e des G old es aufs engste v e rb u n d e n w ar. Z u einem ein fü r allem al fe s tg e ­ setzten Pre ise — dem einzigen festen Pre ise d e r g a n z e n W e ltw irtsc h a ft — k o n n te jed erzeit mit Hilfe des freien P r ä g e r e c h te s einer seits u n d d a n k d e r E inschm elz barkeit d e r G o ld m ü n zen an ders eits G old in G eld und Geld in G old u m g e w a n d e l t w erd en . Aus dieser engen V e r k n ü p f u n g des G e ld ­ w erte s und des G o ld w ertes e r g a b sich die b e k a n n te T atsac h e, d aß d e r A u ß e n ­ w ert des G eld es nach un ten un d nach o ben nicht m e h r s ch w an k te, als die V ersen d u n g s- und B ezugkoste n des G oldes a usm achten. Mit a u to ­ m atischer Sicherheit setzte, so bald d e r G e ld k u rs einen d e r beid en s o g e ­ nannte n G o ld p u n k te üb ers chritt, die K u rs k o r r e k tu r in d e r F o rm d e r G o l d ­ v ers en d u n g in d e r einen o d e r a n d eren R ic htung ein. In die ser a u ß e r ­ ord entlichen Sicherheit, die g e w is s e rm a ß e n die U nzu län g lich k eiten d e r Menschen ü b e r w u n d e n zu haben schien, liegt d e r g ro ß e H a u p tv o r z u g dieses W ä h ru n g s sy ste m s.

D ieser V o rz u g ist durc h den Krieg ab g e s c h w ä c h t w orden. Die K urs­

regelung erfolg t nicht m e h r mit d e r alten au to m atischen S elb s tv er­

ständlichkeit. D en n es g ib t heu te noch nicht w ie d e r einen freien G o l d ­ handel. A b g eseh en von den V ere in igte n Staaten, bestehen h eu te noch in allen L än d ern A u s fu h rb e s c h rä n k u n g e n für Gold, u nd dam it ist dem Willen des M enschen noch ein weites F eld f ü r Ir rtü m e r überlassen. E rst wenn die alte F reih eit des G o ld h a n d e ls u nd dam it die frühere S elb st­

tä tig keit d e r R eg elu n g w ie d e rh e r g e ste llt ist, k a n n die G o ld w ä h r u n g ih r e unersetzl ichen V o rz ü g e in be z u g auf den A u ß e n w e rt des G eld es w ieder voll entfalten.

Ähnlich v e rh ä lt es sich auch mit dem Binnenw ert. Die F ix ierung des W e rtv e rh ä ltn is se s zwischen G old und Geld b ed eu te t natürlich k einesw egs zugleich eine F ix i e ru n g des W ertv erh ältn is ses zw ischen Geld und G old auf d e r einen, den übrigen W a r e n auf der anderen Seite. Den übrigen

S c h u m a c h e r : Die W ä h r u n g s f r a g e als w irtschaftliches Pro b lem 133

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W a r e n g e g e n ü b e r k a n n sich d e r W e r t des G o ld g e ld e s natü rlich v e r­

än dern. J e d e W e r t m i n d e r u n g m u ß d a n n in steig en d en , je d e W e r t s t e i g e ­ ru n g in sink en d en W a re n p r e is e n zum A u sd ru ck g e la n g e n .

A ber auch diesen S c h w a n k u n g e n w a re n im R a h m e n d e r G o ld w ä h r u n g v o r dem Kriege w ir k s a m e S c h r a n k e n g e z o g e n . D en n e rs te n s zeichnet sich das G o ld d a r u m b ek an n tlich d u rc h eine b e s o n d e r e W e rt b e s t ä n d ig k e it aus, daß es nicht, wie zu m Beispiel W e iz e n o d e r Kohle, d u rc h den G e­

bra u c h v e rz e h r t wird, u n d d aß es w e g e n sein er K o s tb a r k e it stets sorg­

sam e A u fb e w a h r u n g findet, so d aß die S c h w a n k u n g e n in d e r G old p ro d u k tio n n u r w en ig g e g e n ü b e r dem a n g e s a m m e l te n G o l d v o r r a t d e r J a h r h u n d e r t e aus­

machen. A u ß e rd e m k a m d a s auf dem W e l t m a r k t v e rk äu flich e G old für alle G o l d w ä h r u n g s l ä n d e r mit freie r P r ä g u n g w e g e n seiner h o h e n T ra n s p o r t­

fä h i g k e it als einheitliche G o ld re s e rv e in Betrac ht. S ow eit die volle Gold­

w ä h r u n g reichte, w a r ein einheitliches A n g e b o t v o rh a n d e n . D a ru m war je d e Ä nderung im W e r t e des G o ld g e ld e s nicht auf ein Land beschränkt, s o n d e r n eine in tern atio n ale E rscheinung. Auch d a d u r c h e r f ä h r t sie eine w ir k s a m e A b s c h w ä c h u n g u n d a u ß e r d e m in sofe rn eine b e d e u ts a m e Milde­

rung, als sie in tern atio n ale V e rs c h i e b u n g e n nic ht m e h r h e rv o r ru fe n kann.

Auch diese V o rz ü g e d e r G o l d w ä h r u n g sind d u rc h d en Krieg stark b e e in t rä c h t ig t w o rd d e n . Mit d e m fr eie n G o l d m a r k t ist die d a rg e l e g te Ein­

h eitlichkeit des G o ld a n g e b o te s in d e r g a n z e n W e lt g e s c h w u n d e n . Vor allem a b e r ist die S te tig k e it d e r N a c h fra g e , w elc he b is h e r d e m stetigen A n g e b o t g e g e n ü b e r s ta n d , d u rc h die A u fh e b u n g d e r fr eie n G o ld p rä g u n g in fast allen L ä n d e rn g e m i n d e r t w o rd e n . Es ist nic ht unwahrscheinlich, d a ß d a d u rc h das G old eine zeitweilige W e r t v e r r i n g e r u n g e rf a h re n hat, ob­

w ohl die V erh ältn iss e des G o l d m a r k t e s im g a n z e n m e h r auf eine zu­

kü n ftig e V e r te u e r u n g h in deuten. Auch diese B e e in t rä c h ti g u n g e n können n u r d urch volle W ie d e r h e r s t e ll u n g d e r G o l d w ä h r u n g u n d d e s freien Gold­

ha n d e ls w ie d e r b eseitigt w erd en .

Endlich w a re n auch d en A b w e ic h u n g e n des A u ß e n w e r t e s u n d des Binnen­

w e rte s v o n e in a n d e r e nge G r e n z e n d u rc h die G o l d w ä h r u n g g e z o g e n . Denn m it Hilfe des freie n P r ä g e r e c h ts k a n n G o ld je d e r z e it leicht in Geld jed es Lan des, d a s eine v o ll k o m m e n e G o l d w ä h r u n g besitzt, u m gew andelt w erd en . M an k a n n mit G old e b e n s o au slän d isch e s wie in ländis ches Geld sich besch af fen, un d eb e n s o k a n n m an jeglic hes G o l d g e ld le icht auf dem M e t a ll m a r k t v erw erten . Diese M öglic hkeit, je d e r z e it die M e n g e d e r ein­

heim is chen wie d e r a usländische n Z a h lu n g s m it te l z u v e r g r ö ß e r n o d e r zu verklein ern, s c h r ä n k t die A b w e ic h u n g e n d e s Binnen- u n d des A ußenw ertes vo n e in a n d e r auf die g e ri n g e n Kosten d e r U m w a n d l u n g aus W a r e in Geld un d u m g e k e h r t ein.

So w a r nach allen Seiten eine w e itg e h e n d e W e r t b e s t ä n d i g k e i t erreicht, w elc he fü r die V o lk sw irtsch aft wie für die V o lk s m o ra l gleich w o h l t ä t i g war.

IV.

Alle diese S c h ra n k e n sind bei uns in D e u tsc h la n d mit dem Ü b e rg a n g von d e r G old- z u r P a p i e r w ä h r u n g gefalle n. H e u t e g i b t es kein e M etall­

p u n k t e m ehr, die selb sttätig die K u r s s c h w a n k u n g e n d e r V a lu ta ein­

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engen . H e u te ist die un b e g re n z te E n tw ick lu n g sfäh ig k eit des B in nenw ertes durch nichts m e h r g e h e m m t, und keine U m w a n d lu n g sm ö g lic h k e ite n setzen d en A bw eichungen des A ußen- und des Bin nenw ertes vo n ein an d e r noch ein Ziel. Es fe hlt d a ru m heute an allen natü rlichen G re n z e n für die W e r t ­ ä n d e ru n g e n , un d selbständig können zunächst die vers chie denen tr eibenden

Kräfte bei A ußen- und Binnenw ert des G eld es sich ausw irken. Es kön n en d a h e r bei d e r P a p ie r w ä h r u n g U nterschiede in d e r intern atio nalen B e w e r­

tu n g d e r V alu ta und d e r in ländischen G e ld e n tw e r t u n g ents te hen. Ja, es müssen so g a r w echseln de Differenzen zw ischen dem A ußen- und dem B in nen­

w e rt des G eld es eintreten. Da von ihnen d e r A bsta nd zw ischen den A us­

landpreisen und den P r o d u k t io n s k o s te n zum g r o ß e n Teil ab h ä n g t, so e r ­ w achsen aus diesen w echseln den Differenzen schnell w echseln de K o n ju n k ­ turen. W ä c h s t die Differenz, so wird die A usfu hr g e fö r d e rt und die E infuhr ers chwert, d a die in ausländischer W ä h r u n g bem essenen Preise d ann g r ö ß e r e Beträge in inländischer W ä h r u n g ausm achen. M indert sich die Differenz, so findet die u m g e k e h r te W i r k u n g statt. W ir k t sinken de V alu ta bekan n tlich wie A usfuhrpräm ie u nd Einfuhrzoll, so steig ende und regelm äßig schon stillsteh en de wie Ausfuhrzoll und E in fuhrförderung. Im Wechselspiel dieser D ifferen zen vollzieht sich heute d e r tr a u rig e V o rg a n g der V e ra rm u n g unseres Volkes, d e r nicht mit einem Schla ge vor sich geht, nicht in w enig en W o c h e n un d Monat en , so ndern J a h r e erford ert.

Die R ü ck w irk u n g , w elche die beid en Teil erscheinungen des gesa m te n G e ld e n tw e rt u n g s v o rg a n g e s auf den H a n d e l ausü ben, zeigt, daß es auch hier an W e c h s e l w i rk u n g e n nicht fehlt. Ih r T r ä g e r ist in sbesondere d e r Ausfuhr- und Ein fuhrhandel. Er führt z w a r nicht un m itte lb a r und von vornherein, wie die G o ld w ä h ru n g , ab e r nachtr äglich und auf U m w e g e n einen Ausgleich zw ischen dem A u ß e n w e rt und dem B in nenw ert des G eld es herbei.

Denn die G rö ß e d e r Ein fu hr und d e r A u sfu h r ist erstens von d e r Differenz zw ischen B in nenw ert u nd A u ß e n w e rt und dam it vom B in nenw ert selbst mit abhängig . U n d sie be stim m t zw eitens A ngebot und N a ch frag e in ein­

heimischen Z a h lu n g sm itte ln auf dem intern atio nalen G eld m ark t. D er A u ß e n ­ handel steht also zugleich mit den Inlandpre isen und den A u slandkursen in V e rb in d u n g un d v erm itte lt d a h e r zw isch en beiden ein neu es G leich­

gew ic hts verhältn is .

A b e r d ie ser nachtr ägliche A usgleichvorgang erfo rd ert Zeit. Wieviel, ist zw ar nicht a n zugeben, doch lä ßt sich zw eierlei mit Bestim m th eit sagen:

d e r Ausgleich vollzieht sich umso schneller, erstens, je freie r sich der A u ßenhandel entw ic keln kann, und zweitens, je g r ö ß e r und vielseitiger er ist. Die V e r lä n g e r u n g d e r Blo ck ad e ü b er den W aff enstillsta nd hinaus und die m a nnigfachen so nstigen E in sch r än k u n g en des A ußenhandels haben den Ausgleich eb e n so v e rl a n g s a m t und ers chwert, wie die künstlichen Ein ­ griffe in die P re i s g e s t a lt u n g im Ernährungs-, W o h n u n g s - und T r a n s p o r t ­ wesen. Jed e V e rri n g e ru n g d ie ser H em m nisse beschleunig t den A us­

gleich, d e r niemals, wie w ir schon wissen, g anz ausb leiben kann. Freilich ist er v oll ständig u nd d a u e r n d nur möglich, wenn die Quellen im m er n e u e r S tö r u n g e n beim A u ß e n w e rt wie beim B in nenw ert versto pft w erd en.

Ein allseitiges G leic hgew icht im G e ld w e rt hat andere G le ic hge w ichtsver­

hältnisse z u r V oraussetzung.

S c h u m a c h e r : Die W ä h ru n g s f r a g e als wirtschaftliches P roblem 135

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Es m uß einm al ein G leich g e w ich t im inneren Z a h lu n g s w e s e n , in den M engenverhältniss en des Geldes, un d a n d ers eits ein in tern atio n ales G le ic h­

g e w ic h t im W ir ts c h a f ts v e r k e h r d e r V ö lk e r v o r h a n d e n sein. S o la n g e im m er wie der, um einen F e h l b e t r a g im R e ic h sh a u s h a lt zu d ecken, auf ,der G ru n d la g e von S c h a tz a n w e isu n g e n neue B a n k n o te n ü b e r d en B edarf des W ir ts c h a fts ­ lebens h inaus a u s g e g e b e n w e r d e n m üssen, so la n g e f e r n e r die ausländi­

schen V e rpflichtungen unsere F o r d e r u n g e n ans A usla nd im bis h erig en Maß ü berste ig en, solange ist eine S ta bilisierung u n s e r e r W ä h r u n g ausges chlossen.

W a s in s b eso n d ere das G leich g e w ich tsv erh ältn is im W ir ts c h a f ts v e r k e h r der V ö lk e r anla ngt, so w a r es v o r dem K rieg e in solchem M a ß e vo rh anden, d a ß alle A b w eich u n g en je d e r z e it mit den einfachen Mitteln d e r G o ld v e rs e n ­ d u n g e n und kurzfris tigen K re d itieru n g en au sg eg lich en w e r d e n ko n n ten , die ihrerseits w ie d e r d urch die D iskontpolitik g e r e g e l t w u r d e n , w elc he den A bschlu ß des g a n z e n auf d e r G o l d w ä h r u n g sich a u f b a u e n d e n sinnvollen S ystem s da rs te llt, dessen h ohe V o llk o m m e n h e i t d a r a u s spricht, d aß mit D isk o n t v e r ä n d e r u n g e n von selten m e h r als 1 vH die O r d n u n g im sorgsam a u sb a la n z ie r te n W ir ts c h a f ts v e r k e h r d e r V ö lk e r r e g e l m ä ß i g au frechte rhalte n w e rd e n k onnte.

Dieses G leich g e w ich t w a r von zw eierlei A rt: ein G leich g e w ich t in der V e rte ilu n g d e r G o ld b e s t ä n d e un d v o r allem ein G le ic h g e w ic h t in den w irtschaftlichen B e ziehungen d e r V ölker. D as G le ic h g e w ic h t in den G old­

b e stä n d e n ist d a d u r c h g e s t ö r t w o rd e n , d a ß d e r K rieg in ternatio nale G o ld ­ b e w e g u n g e n h e rv o r g e ru fe n hat, wie die W e lt sie noch n ie m als g e s e h e n hat.

Im allgem einen schlugen diese G o l d b e w e g u n g e n die R ich tu n g von den krieg- f ü h r e n d e n L ä ndern nach den n e u tr a le n ein, u n te r d e n e n in d e r erste n Kriegs­

zeit die V erein ig ten S taaten w eit v o ra n s ta n d e n . A u ß e r d en Vereinigten S taaten , die fast 5 Milliard en M an G o ld in ih r e r N e u tra litä ts z e it erhalten h aben, sind von den am Krieg u n m i tt e lb a r bete iligte n L än d ern Japan u n d seit dem W a ff e n stillsta n d v o r allem E n g la n d das Ziel d e r G o ld b e w e ­ g u n g e n g e w e s e n . D er G o ld v o r r a t ist d urch sie bis zum Beginn dieses J a h r e s in J a p a n auf das öfa c h e , in Spanie n auf das 4 ' / 2fache, in England auf das 3>/2 fache, in d en sk a n d in a v isc h e n L ä n d e rn u n d d e r Sch w eiz auf das 3 fache, in A rgentinie n auf d a s 2 fach e a n g e w a c h s e n . Z u m Teil ist d e r G o ld z u s t ro m s o g a r ü b e r den B edarf h in a u s g e g a n g e n , so d a ß m an sich g e g e n ihn z u r W e h r setzte, um s t a tt G o ld V e r b r a u c h s g ü t e r , an denen M angel v o r h a n d e n w ar, zu erlangen. A b e r w e n n es som it auch in den Z u flu ß l ä n d e rn des G o ld es an S c h w ie rig k e ite n nic ht g e f e h l t h a t u nd auch h eu te zu m Teil nicht fehlt, im g a n z e n h a t die G o l d w ä h r u n g in diesen L ä ndern eine a u ß ero r d en tlich e, zum Teil b is h e r nic ht z u e r w a r t e n d e S tä r ­ k u n g e rfahren. D as ist d e r Fall, o b w o h l h e u te volle G o l d w ä h r u n g allein in den V erein igte n S ta a te n v o r h a n d e n ist. A ber in allen e h e m a ls n eutr ale n L ä n d e rn k a n n sie, so bald die w eltw ir tscha ftlic he Lage es w i e d e r g estattet, w ied er h e rg es tellt w erd en , un d auch in E n g la n d ist sie g esich ert, wen n auch noch nicht alle Sch w ierig k eiten und I r ru n g e n ü b e r w u n d e n sind. Selbs t von F ra n k r e ic h , d essen G o ld fo n d s einschließlich A u s la n d g o l d h e u te nur u m e tw a 10 vH h in ter d e r a u ß e ro r d e n tlic h e n H ö h e seines G e s a m t g o l d ­ v o rr a ts v o r dem Kriege zurückbleibt, un d von Italien, d ess en G o ld b e s t ä n d e denen v o r dem Krieg e heu te gleich sind, k a n n m an sagen, d a ß n ic ht beim G old e die Schw ie rigkeit en liegen.

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A nders natürlich in den eigentlichen A bflu ßgebiete n des Goldes, die v o r allem d urch R u ß la n d und die m ittele uropäischen Länder geb ild et w erd en.

W a s in s b eso n d d ere D eu tsch lan d anla ngt, so hat die R eic hsbank z w a r heu te noch einen G old fonds, d e r nicht viel g e r i n g e r ist als vor dem Kriege, ab e r er ist heu te sein ein ziger G old besitz , w ä h re n d er fr ü h e r n u r ein Drittel des G e s a m t v o r r a t s dars tellte, d e r sich aus G o ld u m lau f un d G o ld fo n d s zusam m ense tzte. So stehen den L ändern mit im allgem einen g e s t ä r k t e r G o ld w ä h ru n g solche g e g e n ü b e r, w elc he eine schw ere , zum Teil v e rh ä n g n i s ­ volle E r sc h ü tte r u n g d e r G o l d w ä h r u n g erf a h re n hab en . D as alte in te r­

nationale Gleichgewicht, das in Ja h r z e h n te n m ühsam a u fg e b a u t w o rd e n war, ist d a h in ; ein neues muß, dem v e rä n d e r te n w irtsc haftlichen K räftem aß e n ts prechend, geschaffen w erd en .

Diese st a r k e U nein heitlichkeit in d e r K riegs entw icklung spieg elt sich auch in d en A nschauungen. D e r Z w iesp ältig k eit in den tatsächlic hen V e r­

hältnis sen ents pric ht eine gew isse Zw iespältigkeit d e r Sti m m u n g und des Urteils. Im g a n z e n ist allerdings k ennzeichnend, d a ß die Brüss eler F in a n z ­ konferenz, auf d e r 39 Staaten mit 75 vH d e r g a n z e n E in w o h n ersch aft d e r Erde vertreten w aren, sich einstim m ig fü r die allgem ei ne W ie d e rh e rste llu n g d er G o l d w ä h r u n g a u sg es p ro ch en hat, wie es auch die englische W ä h r u n g s ­ kommission für E n g la n d in ihren beid en Berichten mit b eso n d er em N a c h ­ dru ck getan hat. Auch in den V ere in igte n S ta aten ha b e n w ohl B estr ebungen zweifelhafter Art, den G o ld d o llar zu »stabilisieren«, V e rb re itu n g gefu n d en , a b er an den nicht zu e rs etzenden V o rz ü g e n d e r G o ld w ä h r u n g ist man nicht irre g e w o rd e n . D e m g e g e n ü b e r b e d e u te t es im R ahm en d e r W e l t ­ w irtschaft g a r wenig, d aß in den L ändern des Z u s a m m e n b r u c h s auch andere Stimm en laut, re cht laut g e w o r d e n sind. N iemal s ist ja d e r W unsch in solchem U m fa n g e V a te r des G e d a n k e n s wie in Zeiten h a r t e r Not.

Wie je d e r la nge un d sc hw ere Krieg die H o ffn u n g auf den ew ig en Frieden belebt, wie jedes g r o ß e U n glück eine Fülle unreifer R e fo rm p ro je k te zeitigt, so zeigt sich, w en n ein Land d e r P a p ie r w ä h r u n g verfallen ist, b e g re if­

licherweise ein Streben, das P a p ie r g e ld als solches zu rechtfe rtig en, zu

»retten«. Das w a r nach den N apole onis chen Kriegen d e r p o p u läre H a u p t ­ inhalt d e r v erb reiteten so g e n a n n te n rom antischen G eld le hre, die in der schillernden Jo u r n a lis te n n a tu r eines A dam Müller, d e r mit je d e r S tr ö m u n g seiner k r a n k h a f t b e w e g te n Zeit m its chw am m , ih ren H a u p t v e r t r e t e r g e ­ funden hat. D as w ie d e rh o lt sich in g e steig ertem M aß e in d e r G e g e n w a rt, nur d aß m an sich heute m e h r ein w issenschaftliches M äntelc hen u m z u ­ h ängen trachte t, in dem man, u n te r vielerlei M ißverständnissen und Ü ber­

treibungen, eine G lanzle istung deu ts ch en G e le h rte n tu m s sich n u tz b a r zu machen sucht. W ä h r e n d a b e r P ro f e sso r K n a p p sich in seinem b erühm ten, viel zitierten u n d w e n ig v e rs ta n d e n e n Buch k einesw egs g e g e n die G o l d ­ w äh ru n g au sg es p ro ch en hat, k a n n m an sagen, d aß heute in wetten Kreisen D eutschlands die Ansicht p o p u lä r ist, das G old h abe seine Rolle in der W elt ausgespielt. Es d ü rfte d e r W a h r h e i t n ä h e r kom m en, w enn man sagt, d aß in d e r W e lt die G o ld w ä h r u n g noch nie so hoch im Ansehen ge sta n d e n h a t wie heute.

Freilich g e h t es mit d e r G o ld w ä h r u n g wie mit dem F reih an d el: nur bei in te rn a tio n a le r A n w e n d u n g entw ic kelt sie ihre un e rs e tz b a re n V orzüge

T. u. W. Heft 3. 2

S c h u m a c h e r : Die W ä h ru n g s f r a g e als w irtschaftliches Problem 137

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in vollem Maße. F e h le n wichtige Glieder, so leidet das G anze. V o r dem Kriege w u rd e eine fü h lb are Lücke eigentlich nur d u rc h C h in a gebildet.

Die S ta n d a r d isie ru n g d e r W ä h r u n g , die auch auf J a p a n u n d die Kolo nia l­

gebiete ü b erg eg riffen hatte, h atte hier g e g e n ü b e r d e r a ltü b e r k o m m e n e n E ig en art haltgem acht. D as w u r d e im m e r m e h r als s t ö r e n d em pfunden.

U nd es ist kennzeichnend, d aß k e in e s w e g s C h in a in e r s te r Linie eine Reform ers trebte. Es w a re n v ielm eh r die f ü h r e n d e n V ö lk e r d e r alten und neuen Welt, die in eifrige m W e tt e if e r sich a b m ü h t e n , die ses fehlende Glied d e r in ternatio nalen O r g a n is a tio n einzufügen .

Ähnliches w ie d e rh o l t sich heute in s t a rk v e r g r ö ß e r t e m M a ß s ta b . Die s ch w ere Lücke, die d e r Krieg in M itteleu ro p a in die in te rn a tio n a le O r g a n i­

sation des Z a h lu n g s w e s e n s gerissen hat, w ird von M o n a t zu M o n a t in allen Län dern, die mit M itte le u ro p a in w irtschaftlichen B ezieh u n g en g e ­ s tan d en haben, s t ä r k e r e m pfunden. Diese E m p fi n d u n g k o m m t z w a r noch k e in e s w e g s allgemein so k la r zu m B ew ußtsein , wie es vor dem K rieg e bei C hina d e r Fall war. A ber es zeig t sich deutlich, d a ß die L ogik d e r Dinge sich g e lt e n d zu m achen weiß.

Auch in die ser O rg a n is a tio n leben Kräfte des Selb s tsch u tzes und der Selbsthilfe. W ir d nicht im b e tr e ffe n d e n Lande dem in tern atio n al e m p f u n ­ d enen Bedürfnis en ts prochen, so hilft sich die W e lt w i r t s c h a f t selbst, indem sie fü r ihre Z w e c k e im m er m e h r ausländische Z a h lu n g s m it te l in das k r a n k e P a p ie r w ä h r u n g s la n d einführt. D am it stehen w ir v o r ein er schlimmen Alternative. Sie ist sicherlich unerw ü n sch t, ja tief bedauerlich. A b e r darum darf sie nic ht in ihrem sch w e re n Ernst ü b e rs e h e n u n d einfach g e le u g n e t w erd en. Im Geg en teil, man m uß ihr ru h ig u nd k l a r entgege nblicken.

Diese Alter native ist also die : e n t w e d e r sc haffen w ir selb st w ie d e r in ir g e n d e in e r F o rm eine in ländische G o ld re c h n u n g , die eine sichere K alk u­

lation g estattet, o d e r d e r W e lt v e r k e h r w ird a u slä n d isc h e s G old, und zw ar, da die n eu tralen L ä n d e r E u ro p as für D e u ts c h l a n d s g r o ß e n Bedarf zu klein sind, in e rs te r Linie D o llarn o ten in im m e r g r ö ß e r e Teile des deuts chen W ir tsc h a fts le b e n s mit autom atisch w i r k e n d e r Z w a n g s g e w a l t " ein­

führen, wie es schon einst in D eutschland mit d e m L o u isd o r und N a p o le o n ­ d o r und s p ä te r in w ä h r u n g s k r a n k e n sü d a m e rik a n is c h e n S ta a t e n mit dem englischen P fund g e s c h e h e n ist. D abei m uß m an sich k la r sein: W a s in d e r Zeit b e g in n e n d e r W e lt w i rt s c h a ft n u r eine vereinzelte E rs c h e i n u n g war, das g e w in n t heute eine g a n z and e re T r a g w e it e . Es g i b t a b e r n u r zwei M ö glic hkeite n: e n tw e d e r verlieren w ir auch im G e ld w e s e n einen wichtigen Teil u n ser er S e lb s tä n d ig k e it u nd sinken auch in d ies er H insicht auf die Stufe eines a u s g e b e u t e te n Kolonia lla ndes h erab , o d e r w ir m üs sen auf ir g e n d ­ eine W eis e — vielleicht in d e r F o rm einer einheim ischen P a r a l le l w ä h r u n g

— uns selbst w ie d e r einen b ra u c h b a r e n W e l t m a ß s t a b n eu sch af fen. N ur durc h vo rs ichtige W ie d e r e in f ü h r u n g eines neuen b r a u c h b a r e n W e r t m a ß ­ stabes und das muß- im m er in ir g e n d e in e r F o r m eine G o l d r e c h n u n g sein — kön n en w ir uns d e r h eu te schon schnell fo r ts c h r e it e n d e n »Ü ber­

f rem dung« u nseres G e ld w e se n s entzieh en . N u r d urch sie k ö n n e n w ir auch d e r heillosen V e r w i r r u n g H e r r w erd en , die heu te d a r a u s e n ts te h t, d a ß das R echt keinen U n te rs c h ie d zw ischen vo llw ertig em u n d e n t w e r t e t e m G eld macht. D as Recht k e n n t n u r M ark, se tzt in v o lk s w irts c h a ftlic h e r Bli ndheit

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G old - und P a p ie r m a r k e in an d e r gleich. Die V erkehrss itte m uß d a fü r sorgen, d aß die tiefgreifenden Unters chie de, die das Recht nicht zu erfassen im ­ s tande ist, zum g e b ü h r e n d e n A u sdruck und z u r g e b ü h r e n d e n G e ltu n g g e b ra c h t w e rd e n können . Sie muß das Rechnen nach dem bloßen N e n n w e rt des G eld es korrig ie ren, indem sie U m re c h n u n g e n zum G o ld m a r k k u r s e , wie ihn die R eich sb an k h eu te schon in g r o b e r F o rm festz use tzen b e gonnen hat, bei langfristigen V erpflic htungen zur Regel macht. Auf die D a u e r g e h t es nicht, d aß V erm ögensverluste, die der G e ld e n tw e rt u n g nicht voll ents pre chen, k u r z e r H a n d als G ew inne b e tr a c h te t und b e h a n d e lt w erd en.

W enn zif fernm äßig noch so hohe G ew inne nicht m e h r ausreichen, W a re n un d A rb eitsk räfte im gleichen U m fa n g wie bis h er zu beschaffen, dann stellen sie in W ir k lich k eit nicht Gewinne, sondern Kap ital verluste dar.

Ü b e rtr ä g t man einfach den rechtlichen S ta n d p u n k t auf das W ir ts c h a fts ­ leben, auch wo die V o r a u sse tz u n g einer w e rtb e s tä n d i g e n W ä h r u n g nicht g e g e b e n ist, dann müssen w irtschaftliche U nm öglichkeiten und U n g e r e c h ti g ­ keiten bis zum U n erträg lich en sich häufen. Das geschieht a b e r heute.

Es ist g e r a d e z u zu einer L ie blin gsbeschäftigung im deuts chen V olk e g e ­ w orden, sich selbst und andere »reich zu rechnen«. Im m e r w ie d e r w erd en von den Beteiligten, vom P ublikum , von d e r S te u e r b e h ö rd e , G ew inne a n ­ genomm en, w o in W a h r h e i t V erluste vorliegen.

Am deutlichs ten ze ig t sich diese g r o ß e T ä u sc h u n g , die durc h unser Volk zieht, im Aktien w esen . D as in Boden und Bauten, Mas chinen und Vorräten b e ste h e n d e E rw e rb s v e rm ö g e n selbst n im m t an d e r Inflation teil;

es wächst bei z u n e h m e n d e r G e ld e n tw e rt u n g in seinen zifferm äßig en Be­

trägen. Das juristisch fe stgele gte A ktien k ap ital w ird d a g e g e n auf seinem N e n n b e tra g festg ehalte n. D arau s erg ib t sich, d aß die E r k r a n k u n g unse res G eld w esens n o tw e n d ig eine k r a n k h a f te E ntk ap italisieru n g unse res W i r t ­ schaftslebens mit sich bringt. Sie spiegelt sich im K urs stand u n ser er Aktien, der — vom M a r k t d e r nicht notierten W e rtp a p ie r e a b g eseh en — viel m e h r Ursache als F olge d e r viel berufenen und viel ü b ers ch ätzten Spekula tio n darstellt. Sie ist eine d e r g e fäh r lich sten S chw ächen unseres W ir ts c h a f ts ­ lebens. Denn sie e rs ch w ert es in g r o ß e m und w a c h se n d e m Maße, die notw endig en B eträge für au sreic hende E rn e u e ru n g e n auszuw erfen. Mit A b ­ schreib ungen k a n n dabei z w a r w e n ig geholfen w e rd e n ; denn sie bezie hen sich auf die V e rg a n g e n h e it, auf V erm ö g en s w erte, die bereits v o rh a n d e n sind. Die R ücklagen sind es, w elche die Z u k u n fts a u fg a b e haben, N e u ­ an sc haffu ngen ohne finanzielle B eein trächtigung des U nte rn e h m e n s und ohne ruckw eise S teig eru n g d e r S e lb stk osten zu erm öglich en . Dazu sind a b er heute so h ohe B eträge nötig, daß es im m er schw ie rig er wird, sie h e r a u s ­ zuw irtschaften un d g e g e n ü b e r den A ktionären sowie den A rbeitern und Angestellten d urchzusetzen. Im selben M aße aber, wie die E r n e u e r u n g s ­ fonds zu vollem sachlichem Ersat z nicht ausreichen, zehre n wir an d e r Substanz, treib en w ir R a u b b a u mit unserem P r o d u k tio n sv e r m ö g e n . N u r durch die W ie d e re in f ü h ru n g eines w ie d e r zuverlässigen W e rtm a ß s ta b e s, einer sicheren G o ld re c h n u n g , w elc he in allen W irtsch a fts frag en den w irtsch aft­

lichen G e s ic h t s p u n k t g e g e n ü b e r dem einseitigen R e chtsgesic htspunkt zur A n w e n d u n g bringt, kann w ie d e r Klarheit und W a h r h e i t in unser w i r t ­ sc haftliches R ech n u n g sw esen h in ein g eb rach t w erd en.

S c h u m a c h e r : Die W ä h r u n g s f r a g e als wirtschaftliches Pro b lem 139

2'

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V.

Noch w ichtiger als das G leichge w icht in d en G o ld b e s t ä n d e n ist das in den W ir ts c h a fts b e z ie h u n g e n d e r Völk er, ü b e r a l l h a t d e r K rieg st ö re n d in sie eingegriffe n. D a durch, d aß er für seine Z e rs t ö r u n g s z w e c k e g e w a l ­ tige G ü te r m e n g e n nö tig hatte, hat e r in E u r o p a die an sich schon v o r h a n d e n e T e n d e n z z u r P assiv ität in d e r H an d e lsb ila n z , u n d gleichzeitig dadurch, d a ß e r dem g r ö ß t e n R ohstoffland einen nie z u v o r e rl e b te n A n sp o rn zur P r o d u k t io n s s te i g e r u n g g e g e b e n hat, in d en V e rein ig ten S ta a te n die an sich schon v o rh a n d e n e T e n d e n z z u r A ktivitä t in d e r H a n d e ls b i la n z a u ß e r ­ ordentlich geste ig e r t. U n d d ie ser M a n g e l an G leichge w icht, d e r h e u te aus en tg e g e n g e s e tz t e n G r ü n d e n dies seits u n d je nseits d e s A tlantis chen O zeans im W a r e n v e r k e h r v o r h a n d e n ist, w ird heu te nic ht e tw a w ie f r ü h e r durch die a n d e re n Teile d e r Z a h lu n g sb ila n z ausgeglic hen. Im G e g e n te il erfährt e r d urch sie noch eine Ste ig eru n g . D enn d e r K rieg h a t die V ere in igte n S ta a t e n aus ein em S c h u ld n e r s ta a t in einen G lä u b i g e r s t a a t v e rw a n d e lt, so d a ß E u r o p a im K a p ita l v e rk e h r wie im W a r e n v e r k e h r Z a h l u n g e n an die V ereinigten S ta a t e n zu leisten hat. So k o m m t es, d a ß die Zahlu n g sb ilan z h e u te in den m eisten L ä n d e rn ih ren N a m e n mit U n r e c h t tr ä g t. Die »Balance«

ist v e rlo ren g e g a n g e n u n d d a r u m k a n n sie auch d u rc h ein W ä h r u n g s s y s t e m h e u te nicht a u fr e c h te rh a l te n w e rd e n . D as G o ld k a n n d a h e r h eu te als au to m a ti s c h e r E rh a lt e r des G le ich g e w ich ts sich nic ht b e tä tig e n , d a ein G leich g e w ich t nicht m e h r v o r h a n d e n ist. So s e h r sich d a s G o ld bei der A u fre c h t e rh a lt u n g eines v o r h a n d e n e n G le ic hge w ichts, selbst u n te r tiefg re i­

fe n d e n V ersch ieb u n g en , b e w ä h r t hat, so w e n ig h a t es die Kraft, aus sich h e r a u s d a s feh len d e G leich g e w ich t g a n z neu w ie d e r herzuste lle n. Die W ie d e r ­ h e rs te llu n g eines G le ich g e w ich ts ist v ielm eh r die V o r a u s s e t z u n g dafür, daß auch das b este aller e rp r o b te n W ä h r u n g s s y s t e m e seine g r o ß e n V orzüge entfalten kann. H e u t e e rw a c h se n aus d e r a u ß e ro r d e n tl ic h e n P a ss iv itä t auf der ein en u nd aus d e r a u ß e ro r d e n tlic h e n A ktivitä t auf d e r a n d e r e n Seite G o ld ­ v e r s e n d u n g e n in einem U m fa n g , wie sie f r ü h e r in d en sch lim m sten Krisen ­ zeiten nicht v o r g e k o m m e n sind. D iese sc h w e re G le ic h g e w i c h ts s tö ru n g hat nach dem Krieg eine so st a r k e G o ld n a c h f r a g e z u r F o lg e g e h a b t, daß sie die A b n a h m e d e r N a c h fra g e , die im Krieg e mit d e r E in stellu n g der freien G o l d p r ä g u n g ein g e tre te n w ar, nicht n u r a u fg e w o g e n , s o n d e r n aller W a h rs c h e in lic h k e it nach noch ü b e rtro ff e n hat. M it diesen K rieg s tö ru n g en des in tern atio n alen W ir ts c h a f ts v e r k e h r s fertig zu w e rd e n , ist die sc hw ie rig ste A ufg abe, die d e r K rieg auf dem G eb iete d e r W e lt w i r t s c h a f t hin terlassen hat. Ih re L ö su n g e rf ä h r t d a d u r c h eine v erh än g n isv o lle E r s c h w e ru n g , daß d e r Mensch den natü rli chen G e s u n d u n g s p r o z e ß sich nicht vollzie hen läßt.

An sich ist d e r K rieg e tw a s V o r ü b e r g e h e n d e s , u n d an sich w ü r d e der O r g a n is m u s d e r W e lt w i rt s c h a ft mit seinen einm aligen S tö r u n g e n fertig w e r d e n wie ein le b e n d e r K ö rp er m it e in er v o r ü b e r g e h e n d e n K rankheit.

A ber d e r M ensch su ch t diese K ra n k h e it im m e r von n e u e m zu ve rlä n g e rn . D e r Krieg w ird — wie C le m e n c e a u g e s a g t h a t — fo r tg e f ü h r t, n u r ° mit a n d e re n Mitteln. S ta t t du rch Z u s a m m e n w i r k e n aller sich d e r g r o ß e n g e m e i n s a m e n H e ilu n g s a u f g a b e w irk s a m zu w id m e n , sinnt man u n a b lä s s ig d a r ü b e r , wie sie einem allein a u f g e b ü r d e t w e r d e n k önne. Es lasse n sich a b e r nicht alle Lasten auf einen ab w älzen , o hne die L ö su n g im g a n z e n

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nicht nur zu verlangsam en, so ndern zum g r o ß e n Teil zu verh indern . Aus fal scher D iagnose k a n n nie w irkl iche H e ilu n g erw achsen. Man lä h m t nur die sta rk e n natü rlichen H eilkräfte, die in d e r W e ltw irtsc h a ft lebendig sind, und vervielfacht u nd v e rlä n g e rt die Stö rungen.

Das m uß im einze lnen noch etw as g e n a u e r d a r g e l e g t w erd en.

Noch s t ä r k e r als im übrigen E u ro p a ist in D eu tsch lan d die Pa ss iv ität d er H a n d elsb ilan z durc h den lan g jäh rig en R au b b au an allen seinen Kräften, d urc h den V erlu st se iner zw eitw ic htigste n Rohstoffquelle, d e r lothringi­

schen E rzla ger, die K ohle nliefe rungen un d vieles a n d e re v e r g r ö ß e r t w o rd en . Ich will nicht sagen, d aß diese Passivität, die im le tzten J a h r auf 30 bis 40 vH d e r Ein fu hr beziffert w e rd e n kann, sich nicht d urch H e r a b ­ d r ü c k u n g d e r Ein fuhr und S te igerung d e r A usfu hr üb erw in d en ließe. Aber schon das ist m it g ro ß e n S ch w ie rigkeiten v e rbunden, d enn eine strenge Beseitig ung j e d e r Luxusein fuhr w iderspricht einem sta rk e n Interesse F r a n k ­ reichs, das sein W ir tscha fts le ben m e h r als ein and e re s Land auf L uxus­

p r o d u k tio n zugeschnitten h a t; und eine g r o ß e Ste ig eru n g d e r F a b r i k a t ­ ausfuhr steht mit Lebensin tere ssen E ngla nds im W id ersp ru ch , d a es, wie K e y n e s jü n g s t noch au s g e f ü h rt hat, nicht zwei L än d er gibt, d eren I n ­ dustrien ein ander im g a n z e n so ähnlich sind. A ber g e lä n g e es D eutschland, die Pass ivität in se iner H a n d elsb ilan z zu überw in den, so w ä re dam it heu te wenig gew o n n en . Denn w eit schlim m er ist die Passiv ität in d e r deuts chen Zahlu ngsbila nz. Infolg e des D iktats von Versailles sind uns nämlich du rch die F o r t n a h m e d e r H a n d e lsf lo tte un d die Liq uidie ru ng d e r A u s la n d u n t e r­

nehm u n g en fast alle a n d e re n A ktivposte n z e rs tö rt w o rd en , u nd doch ist uns zugleich eine K rieg s en tsch äd ig u n g auferle gt w orden, neben d e r alle bisherigen K rieg s en tsch äd ig u n g en d e r W eltgeschichte als kleine Bag atellen erscheinen. W i r kön n en diese Rie se nverpflic htu ngen n u r zum g erin g en Teil mit u nserer A usfuhr erfüllen; solche Erfüllu ng w ünschen auch unser e F ein de g a r nicht. W ir k ö n n e n auch mit Arb eit nur v erh ältn ism äß ig w enig zahle n;

auch d a sind die S chw ie rigkeiten gew altig. Beides k a m bei d e r B ezahlu ng unserer erste n G old m illia rde k a u m in F rag e, und das w ird auch in Z u k u n ft nicht von G r u n d aus a n d e rs w e rd e n können. W ir kö n n en d a h e r in d e r H a u p ts a c h e n u r m it M a r k n o te n zahle n und m üsse n das Kunststü ck fertig bringen, aus diesen p a pierenen Z ahlungsm itteln G old zu machen. Dieses Kunststü ck h a b e n w ir wirklich vollbracht. U n te r dem Ein druck unserer frühere n Leistungen ist das V ertr a u e n in unsere Kra ft z u r W ie d e r e r h e b u n g in d e r W e lt ringsum so g ro ß , d a ß man unsere M a r k in einem alle E r ­ w a rtu n g e n ü b ers teig e n d en M aß e im Ausland g e k a u f t hat. Die v e rk a u f te n M a r k b e trä g e sind zu m g r o ß e n Teil unseren Banken a n v e rtra u t w orden, die g e g e n Z a h lu n g des D epositenzin ses d a s V erfü g u n g sr e c h t über sie g e ­ w innen u nd sie zu m A n k a u f von Devisen benutze n. S ola nge die ser m e r k ­ w ü rd ig e Kreislauf, d e r sich u n te r dem Z w a n g d e r V erhältnisse h e r a u s ­ g ebildet hat, a n d au ert, solange sich noch Käu fer fü r unsere M ark im Auslan d finden, solange, a b e r auch n u r so lan ge kö n n en w ir die uns au fg e ­ z w u n g e n e n so g e n a n n te n » W iede rgutm achungen« leisten. U nsere Z ah lu n g en h ä n g e n also vom Auslan d ab. Sein V ertr a u e n zu u nserer Kraft ist von e n ts c h e id e n d e r B edeutu ng. Auch so lange dieses V ertrau en bestehen bleibt, m üssen w ir durc h V erb illigung des Auslandpreises unse res Geldes im m e r

S c h u m a c h e r : Die W ä h r u n g s f r a g e als w irtschaftliches P roblem 141

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w eitere K äuferkreise in aller W e lt h e ranziehen. E r f ä h r t a b e r d a s bisher fast rü h r e n d e V ertr a u e n , das uns e n t g e g e n g e b r a c h t wird, eine E r s c h ü t te ­ ru ng, so w ird d e r Kreislauf, d e r sich h e r a u s g e b il d e t ha t, d u r c h b r o c h e n ; die M a r k k ä u f e r im A usla nd w e r d e n irre, u nd n u r du rch a u ß e ro r d e n tl ic h e w eitere V erbilligungen kön n en sie von M a r k v e r k ä u f e n a b g e h a l te n und zu M a r k k ä u fe n w eiter v e ra n l a ß t w erd en . U n sere s o g e n a n n t e n W i e d e r g u t m a ­ c h u n g sz a h lu n g e n ba u e n sich also auf s c h n e llw a c h se n d e r Inflation auf. Solange die ser V o rg a n g , d essen t r a u rig e B e d e u tu n g dem oberflä chlic hen Blick ver­

sch leier t bleibt, an d a u e rt, ist es für uns unm öglic h, un se r e Reichsfinanzen in O r d n u n g zu bringen, da ihr g r ö ß t e r u n d w ic h tig s te r P o s t e n einen s c h w a n ­ k e n d e n un d z w a r schnell w a c h s e n d e n B etrag dars tellt. S o la n g e können w ir ein G le ic hge w icht in un serem R e ic h sh a u s h a lt nic ht herstellen.

T r o tz die ser H o ffn u n g s l o s i g k e it u n s e r e r finanziellen L a g e s tim m e ich d enen zu, die d a meinen, d aß die S t e u e r s c h ra u b e bis zum Ä ußers ten a n g e ­ z ogen w e rd e n muß, um u n seren V erpflichtungen, w en n sie uns auch auf­

g e z w u n g e n sind, m it allen K rä ften zu e n ts prechen. A b e r d a es sich nic ht um einm alige Z a h lu n g e n h andelt, s o n d e r n um Z a h lu n g e n , die sich eine la nge Zeit im m er w ied erh o len , so m üssen w ir un se r e Leistungs­

fä h ig k eit zu erh alten trachte n. Sie m in d ern wir, w e n n w ir u n s e r P r o ­ d u k ti o n s k a p i ta l se lbst angre ife n. D as m üssen w ir mit allen Mitteln zu v e rh in d ern suchen. Doch das ist heu te unendlich schw ie rig . D en n je mehr d e r S ta a t in G e f a h r g erät, d e r ihm a u f g e b ü r d e te n Ü berla st zu erliegen, u m s o m e h r w ird sein Blick für die nun ein m al v o r h a n d e n e n G re n z e n d e r L eistu n g sfäh ig k eit g e tr ü b t. D ann e n ts te h t die G efa h r, d a ß e r die private W ir tschaft, die allein noch die Kra ft hat, uns la n g s a m w ie d e r e m p o r z u ­ h eben, u n n ö tig e rw e ise un d k e in e s w e g s im E in k l a n g mit d e m g ra u s a m e n F r i e d e n s d ik t a t mit in den A b g ru n d reißt.

Die G e f a h r ist so b e so n d e r s schw er, weil für die ü b e r g r o ß e M e h r ­ zahl u nseres Volkes, u n te r d eren Einfluß die R e g ie ru n g steht, d e r fu rcht­

b a re Ernst d e r Lage verschle iert bleibt. Die Infla tion ist eine schlimme G au k lerin . Ste uern und Anleihen, fü r w elc he die Inflation einen N o ters atz bildet, w ü r d e n den V e rb ra u c h ein s c h rä n k e n und d a m i t einen D ru ck auf die Preise ausüben. Die In flation w i r k t be k a n n tlic h u m g e k e h r t . Durch die im m er ne u e n Z ahlungsm ittel, die sie ü b e r den B edarf des W ir ts c h a fts ­ lebens hin aus z u r D e c k u n g des Reichsdefizits in den V e r k e h r b ringt, wird die N a c h fra g e g e s t e ig e r t un d d a m it eine E r h ö h u n g d e r P reise erzielt.

So e n ts te h t jene Sc hein hausse, die im m e r w i e d e r nicht n u r die A usländer , so n d e r n auch einen g r o ß e n Teil d e r In län d er tä uscht. U n t e r ihrem ir re ­ f ü h r e n d e n Einfluß v e ra r m t das V olk im m e r m ehr, zum g r o ß e n Teil, ohne

es zu m erken. Es b ra u c h t seine a n g e s a m m e l te n E rsparniss e im m e r vo ll­

st ä n d ig e r auf un d tr eib t auch sonst vielfältigen R au b b au . Es m u ß ins­

b e so n d e r e im G ro ß e n un d im Kleinen im m er m e h r V e r m ö g e n s w e r t e in die H ä n d e d e r ausländische n G lä u b ig e r ü b e r g e h e n lassen. D en n die g e w a l ­ tigen s c h w e b e n d e n A usla ndschuld en v e rla n g e n im m er d r i n g e n d e r nach lan g f ris tig er Anlage. N u r u n te r sch w e re n K äm pfe n vollzieh t sich ein solcher V e r a r m u n g s p r o z e ß mit allen seinen H ä rte n . Er w ird die G e g e n s ä t z e in u nserem V olk noch w e ite r verschärfen und d a m it sc h w e re politische G e ­ fa h r e n für D eu tsch lan d und seine N a c h b a r n h e ra u f b e s c h w ö r e n .

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B o r n : Die E isenbahngütertarife 143 Aber die g a n z e Entw icklung hat auch ein Gute s. W ir behalten G e ­ legenhe it zum Arbeiten. U nsere F a b rik e n bleiben im G ange. U nsere Leistungsfähigkeit k a n n nicht v erk ü m m ern , so n d ern w eiter entw ic kelt w erd en . Arbeitlo sigkeit w ird uns nicht so drücken wie das Ausland. Das Ausland w ird V erm ögenste ile von uns erw erben, a b er A rbeitsgele genheiten, die w ir ihm einst im reichen M aße bote n und auch heute w ie d e r bieten könnte n, verlieren. W ä h r e n d w ir arb eite n müssen, um leben zu können , w ird man im w o h lh a b e n d e n Ausland sich vielfach nach Arbeit sehnen und infolge der A rbeitlosigkeit ähnliche politische S chw ie rigkeiten g ew in nen, wie w ir aus u nserer V e rarm u n g . D abei w ird es noch fraglich sein, ob Arm ut und Arbeit o d er ob W o h ls ta n d und A rb eitlo sigkeit das bess ere Teil darstellen. G lü ck und Zufriedenheit kön n en nur gedeih e n, wo stetige Arbeit ihren vollen Lohn findet. Aber in allen L ändern ist heute die Einsicht sc hw er un d die V erb len d u n g gro ß . Es sieht heute noch nicht so aus, als ob G rü n d e im vora us einen Sieg zu er rin gen ve rm öchte n.

D ann w ird die laten te Logik d e r D in ge in einer Entw icklung ad ab su rd u m ihnen nachträg lich A n erk e n n u n g erzwingen, auf Kosten nicht n u r e i n e s Volkes, so n d ern aller Völker, die an der W eltw irtsch aft s tark beteiligt sind. Denn mit Recht h a t Lord I n c h c a p e g e s a g t — ich w iederhole es noch einm al: »In d e r m odernen, w irtschaftlich so e ng verf lo chtenen W elt k ann kein Volk leiden, o hne a ndere mit ins U nglück zu ziehen, kein Volk reich w erd en an der A rm ut eines anderen«.

Die Eisenbahngütertarife *).

Von Ministerialrat Dr. B o r n , Berlin.

Mit dem 1. F e b r u a r 1922 ist von neuem neben einer S te ig e ru n g der Eisenbahnfahrp re ise eine E rh ö h u n g d e r Eisenbahn-G üter- und Tie rtarife in W ir k s a m k e it getreten . Die um ihr G u ta c h te n b e fr a g te n Landes- und B ezirks­

e is enbahnräte u nd d e r als V orlä ufig er R eichseisenbahnrat im Sinne des Arti­

kels 93 d e r V erfass u n g g e lte n d e Ausschuß von M itgliedern d e r E r z e u g e r ­ und V erb rau ch erk reise haben z w a r säm tlich erk lärt, daß sie g e g e n diese w eite re Bela stung des deuts chen W ir tscha fts le bens durc h erh ö h t e G ü t e r ­ tarife schw ere B edenken haben, sie haben sich a b e r d e r zw in g en d en N o t ­ w e n d ig k e it nicht vers chließen können, und haben der neuen R egelung z u g e ­ stimmt. Angesichts d e r von diesen K örpers chafte n und einer U nzahl V e r­

tretu n g en einze ln er W irtscha ftskreise v o rg e b r a c h te n Ein zelwünsche u nd der Schilderu ng des bedenklichen Einflusses d e r M a ß n a h m e auf einzelne G ü t e r ­ arten wird ab e r n u n m e h r wohl die g r ö ß t e V orsicht bei weiteren G ü te rt a ri f­

erh ö h u n g e n g e ü b t w erd en müssen. Es ist nicht zu leugnen, d aß die Be­

la stu ng d e r G ü te r durc h die F ra c h t in einzelnen Fällen einen G ra d erreicht hat, d e r die G re n z e des M öglichen fast ü b erschreitet und bis v o r kurzem u n d e n k b a r erschien. In d e r fo lgenden D arstellu n g d e r Entw ic klung der G ü tertarife soll n u r von dem G ü te r v e r k e h r im eigentlichen Sinne, also ins­

b eso n d er e nicht von dem T ie rv e rk e h r, die Rede sein.

i ) N a c h d e m S ta u d e vom 1. F e b r u a r 1922.

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B o r n : Die E is e n b a h n g ü te rta rif e

Die g r o ß e Z ah l d e r von d e r E isenbahn tä glic h zu b e f ö r d e r n d e n G ü t e r un d die re g e lm ä ß ig e W i e d e r k e h r g le ic h a rtig e r S e n d u n g e n schlie ßen eine E in zel-V e rtr a g sa b re d e f ü r je d en Fall d e r B e fö rd e r u n g aus. A n d erseits ist es bei d e r M a s s e n h a ft ig k e i t des V e r k e h r s nicht möglich, die B e fö rd e r u n g s ­ preise, die F rach ten , g e n a u nach L eistung und G e g e n le i s tu n g zu bem es sen.

Von den erste n A nfängen des E i s e n b a h n w e s e n s an ist es d a h e r üblich g e ­ wesen, die G ü t e r in Klassen mit gle ichen F r a c h t e n zu s a m m e n z u f a s s e n . Die F r a c h t selbst se tzt sich aus d e r E n ts c h ä d i g u n g f ü r die eig entliche Beför­

d e r u n g auf d e r E is e n b a h n s tre c k e von O r t zu O r t u nd aus dem Entgelt für die die B e fö rd e r u n g v o rb e r e ite n d e n un d ab sc h lie ß e n d e n M a ß n a h m e n , d. h. die A b fe rtig u n g bei d e r A n n a h m e u nd A u s g a b e in w e ite s te m Sinne, z u s a m m e n ; beides, die s o g e n a n n t e S tr e c k e n fra c h t u n d die A b fe rtig u n g s­

g e b ü h r , e rg ib t den F ra c h tsa tz . W e n n also z. B. eine 15 t- W a g e n la d u n g Ste inkohle n zu rz eit auf 300 km E n tfe r n u n g 2565 M F r a c h t kostet, so setzt sich d ie ser B etrag aus d e r A b f e r t ig u n g s g e b ü h r von 270 M und einer Str e c k e n fra c h t von 2295 M z u sam m en . D e r F r a c h t s a tz fü r 10 t b e t r ä g t 1710 M.

Die G ru n d s ä t z e , nach d e n e n die B efö rd e r u n g sp re ise von d e r Eisenbahn err echnet, im k a u fm ä n n isc h e n Sinne k a lk u l ie r t w e rd e n , h a b e n im Laufe d e r E is e n b a h n e n tw ic k lu n g s e h r g e s c h w a n k t u n d sind e rs t seit den sieb ziger J a h r e n einheitlich g e w o rd e n . W ä h r e n d m an v o r h e r zum Teil d a s s o g e ­ nannte W a g e n r a u m - u n d G e w i c h t s y s t e m , das den F ra c h t p re i s ledig­

lich nach dem G e w i c h t u nd d e r M e n g e d e r b e f ö r d e r te n G ü t e r o hne R ück­

si chtnahm e auf ihre Art b em aß , zum Teil d a s s o g e n a n n t e W e r t s y s t e m a n w a n d te , das n u r den W e r t d e r G ü t e r b e rü c k s ic h tig e n w ollte, o h n e die M en g e u nd die vers chiedene I n a n s p ru c h n a h m e d e r W a g e n in B etrac ht zu ziehen, k a m im J a h r e 1877 d e r von säm tlic hen d e u ts c h e n B ahnen a n g e ­

no m m e n e R e f o r m t a r i f zustande, d e r das noch h e u te g e lt e n d e s o g e n a n n te g e m i s c h t e S y s t e m z u g r u n d e legte. D e r d urch die a llg em ein e A nnahm e des R efo rm tarifs erzielte Erfol g w a r z u n ä c h s t n u r for mell, indem n u r das Tarifschem a, d. h. die gleichen G ru n d s ä t z e fü r die E in re i h u n g d e r G ü te r in die normalen- T arifk las sen , auf allen d e u ts c h e n E is e n b a h n e n e in g e f ü h rt w u rd e. Die materielle Tarif ein heit, d. h. die B e re c h n u n g gle ic h e r A bferti­

g u n g s g e b ü h r e n un d S treckensätze, k a m für E n tfe r n u n g e n ü b e r 100 k m erst 1890 u n d v oll ständig fü r alle E n tfe r n u n g e n erst am 1. D e z e m b e r 1920 z u ­ stande, n ach d em die S ta a t s b a h n e n in D e u tsc h la n d in d a s E ig e n t u m des Reiches ü b e r g e g a n g e n w aren. D as N o rm a lta r ifs c h e m a von 1877 enthielt z u n ä c h s t fo lg en d e K lass en:

1. die E il gutk lasse für E il stü ck g u t un d W a g e n l a d u n g e n , 2. die S tü c k g u t k la s s e f ü r F ra c h t s tü c k g u t ,

3. die allgem eine W a g e n l a d u n g s k la s s e B mit d e r N e b e n k la s s e A 1 (f ür g e r i n g e r e M en g en als 10 t, m in d esten s 5 t),

4. die Spezia lta rife I, II und III mit d e r N e b e n k la s s e A 2.

Die K la ssenein te ilung w u rd e 1886 e rw e it e rt d urch E r s e t z u n g d e r Klasse A 2 d urch den Spezia lta rif II als N e b e n k la s s e fü r d en Spezia lta rif III fe r n e r d urch E in fü h r u n g des Spezialtarifs f ü r b e stim m te S t ü c k g ü t e r im J a h r e 1892 un d für b estim m te Eilg ü ter im J a h r e 1899, a b g e s e h e n von d e r S c h a ff u n g von E x p r e ß g u t und beschleunig tem Eilgut im J a h r e 1903.

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