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Die Zukunft, 14. Februar, Jahrg. XXII, Bd. 86, Nr 20.

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XXll.Jahrg. Pettin,den147.Februqr1914. Hir.----—20.

N- - izzzrrmtggrliem Maximilian fBarthen-. Inhalt: Seite Theaker...·,.·., .....·............205

Ball-dederwitwe.»svonHugo Saluz ............. .230

Gokkkucher.tvorisertlkold Merwin ..........·.....231

Flaum-wVonLaden ... ................«.236

Uachdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend.

Preis vierteljährlich5’Mark-dieeinzelneNummer50Pf.«

Berltm Verlag der Zukunft-

Wirhernisimßesa.

19121.

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suveklässlgsto vertrauliche Ermittelangen und Beobachtungen Jedes-Akt.

Berlin W.9. Tel.: AmtLützow,No.6051. kotsdamekstf. its-Ia

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Berlin, den l4.Februar 1914.

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Theater.

Shakespeare-Cyklus.

reiJahrhunderte schlichenundtrabten,keuchtenundtosten hin, seitShakespearestarb. EinSpältchennurbleibt in dem dritten Jahrhundertring nochzufüllen:danntrieftAllgermaniens Erde gewißwieder vomNiederschlag dichtsträhnigerGedenkreden und Magister,Ministerwohlgarbetheuern, daßderSpeerschüttler ausStratfordimnie verwitternden HeiligthumdeutscherMenschs heit throne. Amen; schon jetzt.War eineZeit bewußten Empfin- dens, derDiefer nichtlebte? Kannjeeinesein,aus dererstarb?

Grimmigfast lächelt unsere Vorstellung solchenGlaubens. Jhr ist Shakespeareallgegenwärtigz nicht,wieStetbliches, zwischen AnfangundEnde gegrenztzsindHamletundFalstaff,Learund Romeo,KönigMacbethundKönigHeinz,Coriolanus undBru- tus,derMohrundderJudevonVenedig,dieDemagogenAn- tonius undCadenäheralsdieGötter,dieHelden,das auf zwei BeinenftampfendeGethierHomers,kaumferneralsdieJünger,die Feindeund dieGefolgschaftdesGaliläers. EineBibel ließaucher;

frommer Einfalt undstolzirender GelehrsamkeiteineWeide. Das AntlitzdesErdtheiles,derihn trug,hatsich gewandeltzmühsammuß derGeschichtschreiberesnachzukünstelntrachten.EinWeltteich erwächstundneuenGlaubensSaatreiftinHalmeBritischeManm heit ist nach RußlandundandieLevante,nachNordamerika und Ostindienvorgedrungen.Ausdes Kerkers Gruft stiegeineKöni- ginaufdenThron,vomThron eine,dieüber Schottland geherrscht

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206 DieZukunft-

undsichdemKönigvonJrankreichvermählthat,aufsBlutgerüst, Des Meeres Niesentrichter verschlingteineArmada undBrim- niens Klippe dröhntvomHalldesDonnerkeiles,mitdem Noms Priester dieAbtrünnigeninNordwest strafenwill. Jn diese Weltungeheuren Schicksals zeugteines Landwirthes, Gerbers, Metzgers, Fell-undWollhändlersSohneinGewimmel,das aus Gaias von Eros befruchtetem Schoßezuquillen scheint.

,-,,DesDichters Auge,inschönemWahnsinn rollend,blitztauf zumHimmel,blitzterdwärts hinab;und wie dieschwangere Phantasie Gebildevon unbekannten Dingen ausgebiert, gestal- tetsiedesDichters Kiel,benennt das lustige Nichtsundgiebt ihmfestenWohnsitz. So gaukeltdiegewaltigeEinbildung.«

Und ihrGaukelwerk überlebt alles Geschehen,das hinterden hohen Schanzeneiner»Wirklichkeit«unverwundbar schien.Das GefildvonAzincourtund dasSchafotder Stuart,derfünfte Pius undderzweite Philipp,BabingtonundNorfolk: derBlick,der solchenNamenundBuchdateneinWesenskleidwirken will, muß zuvorNebel schlitzen.Des Gauklers Brutaberlebtnoch, jung, inunverschlissenemGewand. UndaufdenBrettern,die der Bater ihnenals festenWohnsitzgab,wuchsniedocheinKörnleinz so schmaldünktensie ihn selbst, soengdieRäume,diesie demAuge vortäuschenkonnten, daßerstöhnte: »Stopftman indiesesOvon HolzdieHelmenur,wovor beiAzincourtdieLufterbebte?«Unter NostsinddieHelme erblindet; Heinzens undseinesheißspornigen Vetters Gelächter hüpft nochvonrotherLippe. ,,Shakespearege- sellt sichzumWeltgeist;erdurchdringtdie Weltwiejener;Beiden istnichts verborgen.ErgehörtnothwendigindieGeschichteder Poesie; inderGeschichtedesTheaters tritternur zufällig aus.

Shakespeares ganze Berfahrensart findetan der eigentlichen BühneetwasWiderstrebendes Wir leugnen,undzwar zuseinen Ehren, daßdieBiihneeinwürdigerNaumfürseinGeniegewesen.

Nun hatsich aberseitvielenJahren dasBorurtheilinDeutschland eingeschlichen,daßmanShakespeareaufderdeutschenBühneWort fürWortaufführen müsse,undwenn SchauspielerundZuschauer daran erwürgen sollten. BehaltendieBerfechterdieserMeinung dieOberhand, so wirdShakespeareinwenigenJahrenganzvon derdeutschenBiihne verdrängtsein,welchesdannauchkein Uns glückwäre;denn dereinsameoder gesellige Leser wirdanihm

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Theater. 207

Desto reinereFreudeempfinden-« Diese Sätzesind achtundachtzig Jahre alt;wurdenvonGoethegeschrieben.Derrühmte denhams burgischenSchauspielprinzipalSchröder,dessengrößtesVerdiensts die»Bearbeitung«shakespearischerStückesei;meinte,JuliensAm- me undRomeos FreundMercutio seien, »alspossenhafteJnter- mezzistenundZerstörerdestragischen Gehaltes, unerträglich«;

undbilligte, daßSchröderdieSzeneweggelassenhabe,inderKönig Lear(beiderReichsvertheilung) »soabsurd erscheint, daßman sei- snenTöchternin derJolge nicht gaannrecht gebenkann.«Lächelnd lesen wirs;trotzdemehrwürdigenNamen,derdiewunderlichePro- phctie beglänzt.LängstistjedeBearbeitung,die dasGebildschönen Wahnsinns inGoethes ,,folgerechte, Uebereinstimmungliebende Denkart«zuzwängenstrebt,uns unerträglich;längstauch derWahn

«verdunstet,ShakespearesWerk»lassesichbeimBorlesen amVesten überliefern«. AmVestemweil(sprichtdiealteweimarischeExcel- .lenz)derBrite »mehr Dichter überhauptalsTheaterdichter ist«

und,beider»UnvollkommenheitderenglischenBretterbühne«,eine Theaterkunst,wiesie seitdem entstand,garnichtzu erdenken ver- mochte. ,,ShakespearesStückewarenhöchstinteressanteMärchen, nur vonmehrerenPersonen erzählt,diesich,umetwasmehrEin- druck zumachen,charakteristischmaskirt hatten,sich,wie esnoth- 1hat, hinund herbewegten,kamen und gingen,demZuschauer jedoch überließen, sich aufder ödenBühne nachBelieben Para- diesundPalästezuimaginiren.a Wirabersind »nachundnach durch VerbesserungderMaschinerie, sderperspektivischenKunst und der Garderobe in eineNatürlichkeitforderung hineingewach- sen,vonwoman uns wohl schwerlichindie KindheitderAnfänge wieder zurückführendürfte-«Deshalb: RezitationoderBearbei- stung. SolcheWeisheitkam 1826vomJlm-Olympos. Sieward bald widerlegt. Charles Kean und HenryJrvinginLondon, Dingelstedt inWeimar selbst,inMünchenund Wien, Herzog Georg inMeiningen und in vielenHauptstadten Europenshabcn ."bewiesen,daßnochinschwerem,allzulangnachschleppendenPrunk- igcwandderMythos desBriten nicht erstickt.Undjetzt schaaren Berliner sichvorderPfortedesDeutschenTheaters,um fürdies AbendfestedesShakespeare-Cyklus einen Sitzzuerkämpfen.

Dieser Cyklus istinderGeschichte deutscherBühnenkunstein Ereigniß.Nichtnurals dieLeistungeinesWillens,eines aufselbst

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208- DieZukunft-

erworbenemBesitz stehenden,nichtvonfürstlicher,staatlicher,stäth- scher Gunsthilfe gefördertenKönners,der aus Vlöcken und Val- ken,EdelsteinundSchlacke, feinem,derbem undschlechtemMen- schenstofsdiebuntesteundklüftigstealler Einbildnerwelten nach- schufunddem inseinen hellstenStunden gelang,ohneBlendwerks denReizdieserWeltnochzu höhen,ihreAltersmale,ohneSchminke undFlitter,dem Blickfreundlicheinzuschlciern.Das hatein»Pris- vattheater«,einnichtvonZuschuß genährtes Unternehmen der Eigenwirthschaft,niemals vermocht;auchunter denvonFürsten undBürgerschaftbeschenktenHof-undStadttheatern sehe ich nicht eins,dassichsolcherThatrühmendurfte.DieWerkedesMannes, dergeborenwurde,alsMichelagniolostarb,unddessenletzteSonne inMadrid demsterbenden Eervantes,inLeiden demzehnjährigen Rembrandt leuchtete,dünktenjaschonden altenMeister vonWeis mar sofern, daßermeinte,nureinkluger»Bearbeiter «könneihnen,

»dieinihrerJntegritätnicht vorgeführtwerden sollten«,behut- samnochdieGnadenpfortezurBühneaufthun. »Am Momenten, ausgesätenJuwelen«,sei aufdemTheaterdieWirkungnochge- wiß;dochwerden sie»durchvielUntheatralischesauseinander ge- halten. Dietheatralischen Forderungen erscheinenihmnichtigund somachterfichsbequem.WiedasUniversum, daserdarstellt,bietet erimmerneue Seitenund bleibtam Endedochunerforschlich;denn wirsämmtlich,wie wirauchsind,könnenwederseinemVuchstaben nochseinemGeistgenügen.«Deshalb dürfennursorglich erwählte undzubereitetePröbchenaufs Schaugerüst.Solcher Glaubewarb immer neuenAnhang,weil dieWerke,damitunserAuge sichnicht müd undenttäuschtvomKleidihres Wesens,vondenBuckelnund- WarzenihresLeibeswende,einAufgebotmimischer,sprachlicher,.

szenischerKunst heischen,dasschwerzuerreichen ist.Dingelstedt,.

derdendreiHeinrich-Dramenund denzweiNichardWragoedien zwischenLeinwänden eineHeimath, nichteinGastrechtnur,gab, konnteziemlichfreischalten.ReichlicheGeldzufuhrausdemHabs- burgerhaus; eineStätte alter, frohsinnlichgebliebener Schau- künsteund ein vonSchreyvogel, Laube, Halmzärtlichgepflegter Stamm kräftiger,ineinander gewöhnter,aneinander abgestimm- terSpieltalente. Nochwardnicht fühlbar, daßbeiKöniggraetz,.

mit demPrimat inDeutschland, auchdiehöchsteGloria desHof- burgtheatersunwiederbringlichverlorenwarznochgaltdas Glück,

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Theater. 209

aufwichtigem Posten demKunsthaus desKaisersvonOesterreich verpflichtetzuwerden,alsdieKrönungeines Mimenlebenst WettlaufdurchdasganzeNeichdeutscherZungesiegte leichtimmer derWerberausWien. AuchDingelstedtaber begrenzteseinWag- nißindenKreisderHistorien (ausdemerJohannund denachten Heinrich schied), setzteund flickte, nicht täppisch,doch ohne Ehr- furcht,in denDramen herum, erkünstelteder darin wimmelnden Menschheit hübschereNasenundspritzte ihrallerlei Tonics ein«

CharlesKeanwollte GeprängundAugenweide,Jrving Glanz- rollen,Herzog GeorgdieMöglichkeit,aus geschichtlichbestimmter ZeiteinGewand nachzuwirkenundderMasse,die auf derBühne, nachdenTagendesHellenenchores,inunleidlicheAmorphiever- kümmertwar,eineGestaltzuschaffen,denGestusundTondes Jubels undJammers anzuerziehen. Wilbrandt undFörster, L’Arronge, Varnay, Possart versuchten Synthesendes in einem Halbjahrhundert ausdieBretter geheimstenGutes undmachten,

wenn siesichnichteitel demZügelmännlich ernsten Geschmackes entrafften, ihre Sache anständig.Dermeininger »Caesar«,der indenSzenendesMordes unddesAufruhrs wiedieOffen- barungneuerWunderkräfte gezündet hatte, sollteinLondon (wo Alma Tadema fürdas Bildliche sorgte)überbotenwerden;und dieses mächtigsteallerNömerdramen wurde(nach derlangwierig- stenundvielleicht theuersten Vorarbeit, diejeansolcheAufgabe gewandt ward) dasPrunkstückdesmoskauer Künstlertheaters, dessenstärkstePersönlichkeit,Stanislawskij,imSzenischenvonden Meiningern undvonAntoine,imMimischenvonRos si,derVern- hatdtundvonGuitry, schonzuvoraber vondenSpielern,Tän- zern, Sängern seiner jung blühendenHeimathvielgelernt hatte undmit dereleganteancht, derwildenZärtlichkeitseiner genia- lischenNaturThalwerke(,,Zar Fjodor«,»OnkelWanja«,»Volks- feind«,,,Nachtasyl«)aufdieHöheunverlierbaren Erlebnisseshob.

Shakespeare, denForderer desUngeheuren, nahmdervorEuro- pensRunzelstirnschüchterneMannnichtmitaufdieReise.Beer- bohm-Treethats;undzeigteuns allerGräuel gräueligsten:den

»mitallemKomfortderAeuzeit ausgestatteten«,mitAufzügen, Pferdegestampf,buntem Lichttandundwagnerischer Musik fürden Gaumen der Snobs zugerichteten Shakespeare.EinEnde. Klar, hieß es, zeigt sichnun, daßdiemeisten dieserDramen hinterder

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Rampenichtmehrmöglichsind; daßman sie,wieKerzenausUrs väterzeit, Putzen muß,damit siedenFlammenreifüberleuchtem Und diegeistreichen, kunstsremdenLeute,dielängsterzählthatten,.

der dritteRichard seigarnicht mehr,Caesar nachderMordszene kaumnochzuertragen, HamleteinLesestück,inderLustspielwelt jedes Witzbeetverblüht,röstetendiebekleidetenVäckchenamTots- seuerwohlfeilenTriumphes DasGerede vomnieverwitternden Heiligthum tröpseltenoch;aberdenErwachsenen,denPächtern vonBildungundBesitznahte seltendieSehnsucht,eins derun- begreiflich hohenWerkeinseinerLeibhaftigkeitzusehen. (Eines"»

Spielers Kunst allenfalls. Nossis Othello,Romeo, Lear,die Kleo- patra,LadyMacbeth, HermionederWolter,Vooth,Salvini,Ro-s bert, Ludwig, KainzalsHamlet, HartmannsHeinz,Matkowskys ZweiterRichardundCoriolan: solcheLockungwirktefort; gehört- aberindengoelhischen Bereichder»Momenteundausgesäten Juwelen«.)Entweder wurden atmosphärischeinander fremde SzenenmitdickenHestsädenzusammengebündeltoderderVor-- hang fiel so oft, daßdervonLeidundLust heißeSinn desZu- schauers sichindenPausen erkältenmußte.DerGebet-de oder- derZungedes Mimenhaufens fehltedierechte Beredsamkeit.

Das GehumpelderTechnikkam demschnaubendenGenius nicht nach;unddiealltäglichvor »Uebertreibung«gewarnten Spieler verkrochen sichaus derFirnweltindieOsenwärmebürgerlichen MißgeschickesundSpaßes. AusderDrehbühne ist Shakespeare

zuneuem Lebenerstanden;ausderjungem,spielsreudigemVolk

eingeräumtenKunstinseleinesProspero brüllte undsann,weinte- undscherzte-,ächzteundkreischte,rülpsteundräkeltesichfortan seine- Menschheit; enthüllte sichindieHerrlichkeitdes erstenTages., Nur gelehrte Vanausen undGecken,denen jedes irdische, jedes- himmlische DingzumSpiegel ihres WuchsesundWitzeswer-- densoll,mäkeln noch: »Dieses istmodernem Empfindenveral- tet, Jenes nichtfeingenug differenzirt.«Ebenso weise wärs,vor demausgestürmtenNordtneer,imHermelindes Hochgebirges, unter demgrünen DachdesvonSonne trächtigenLaubwaldes,.

zwischenderMöwenspurunddenKaninchenlöchernderDünen-—- haidedieMängel solcherNatur zuerörtern. Derimreinsten SinnFromme nimmt sie,wiesie ward,undstottert nichtdieFra- ge,obnicht, heutzutage,dieganze ChoseeinBischenintimer

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Theater. 211 zumachenwäre. DerSchwatz verhallt.Jubilate!Jn Berlin,in derStadtderPuppenallee unddesProtzenbaustils, derKitschs kathedralen,Amusirpaläfteundanderer widrigenBarbarei, wird imSpielhaus dieKasseumlagert, wenn Shakespeare aufdem Zettelsteht.Daist,Jhr MinisterundBürgermeister,einPoli- tikum. JstdieFruchteinerArbeit,dieJhr,weilsieniemals fet- tenZins tragen kann,mitansehnlichemZuschußfördern müß- tet,stattdas Geld des Staates, des Städteknäuels anQuark undJuchhezuverläppern.EinAnfang. Den wir-dem edlen, vonflüggerPhantasiebefchwingtenKunstwillendesHerrn Max Reinhardt verdanken. Auch sein KyklosistnureinAnfang;außen nichtnochgarinnen vollendet. Kann ersjewerden? Bier gute, fünf schwache, verzerrende, duftlos verklügelte Ausführungen ibsenifcher Dramen,inderenReihedieGedichtevonBrand und Gynt,vonJulian undHaakon fehlen,als»0bfen-Eyklus« aus- zuklügeln,riethhellhörigerGeschäftssinn.EinShakespearesEys klus,der dasUniverfumdesEinzigen umfaßt,würdedasSchau- spielhaus Jahrelangjedemanderen Versuch sperren, wichtige KräfteinBrache zwingen und,immer,Stückwerkbleiben: weilnur inUtopiadiefürdenGlobus dieserTragoedien,Komoedien aus- reichende Mannheit undWeibheit wuchs. Jmmerhin dürfenwir hoffen,dieKönige Johann, Richard denZweiten, Heinrichden Fünften,Kleopatra,Rosalinde, Jmogen,Miranda indenNeigen treten zusehen.DasletzteWort gebührtdanndemMagusProspes ro,derStürme entbinden,Naturlaunenund Seelenkraftergrün- den lernte. »Das Fest ist jetztzu Ende;unsre Spieler,wieichEuch sagte,waren GeisterundsindaufgelöstinLust,in dünneLuft..

DochschonderAnfang istEreigniß.Was KunstundTechnikder Bühne jetztvermag, wiefie, auch ohnedenZauber genialifclxcr Spielkunst,nur durchdenWillen einesmusifchenMenschen,der sie beherrscht, Atmosphäre-n schafft, ihnenBilder undTöneein- ftimmt,diefplitterndenoderstörrigenGefühleeinermüden,abge- hetzten,allerGroßheitdesWollens undHandelns entwöhnten Menge,dieftaubigundlahmvon derJagdnachdemNutzen,von derBesinnungneuerProfitgelegenheitkommt,inihrenWeihebann ringtundTausendenzurWelt wird: hieristszuerhorchen.

GrundsätzedesSpielbereiters: nurDramen, in diefeinHerz, nicht mühfälig, ausdenKrücken derErklärer, fein Verstand sich

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eingefühlt hat, fürdieDarstellungzuküren;··alseinVerliebter in Muttermal undKrähenfüßchennur besonderen Reiz, Mehrung derHoldsäligkeitzusehenund noch,wenndieerste Gluth verprasselt ist,vorderwinzigstenAmputation zuzaudern,als dräute ausauf- klaffenderGruftdes Dichters zornigerWiderspruch;alsonurweg-s

"

zuschneiden,was dieWirkunghemmtodernichtdarstellbarscheint; nieeinemWerk dasGewand,das esbraucht,knickerndzuweigern, dochniemals aucheins zuüberladen; nicht Vildchen,farbigen LehrstoffderKulturgeschichteoderGaffertrostindasGedichtein- zukleben, sondernestiefindenAbglanz seines eigenen Lichteszu tauchen;dieArchitekturdesGanzen,vom Firstbis zumKeller, jedeRaumdistanz undökonomischeRothwendigkeitzudurchdens ken, ehe fürdieFassadeder Stein gewählt,fürTonundFarbe der Helfer gedungenwird ; undnirgendseinOrnament anzubringen, dasnichteinknospender WunschdesDichters befahl.

Ein Sommernachtstraum.

JndemhellenKönigspalast,der über Attika hinragt,will TheseussichHippolytenvermählen,dieerausdemFeldzugins AmazonenreichalsschönsteVeuteheimgebrachthat,undvonLust nur und lauter Fröhlichkeit soll während dieser Maientage der Athenerhof widerhallen. Jnder Stadt tummelt sichs geschäftig;

dieHandwerker sogar, redliche Kleinbürger,denen attisches Salz nie dieSpeise würzte,dürfenmitErlaubnißSeiner Excellenzdes HerrnJntendanten Philostrat dasHochzeitfestderMajestäten miteinem Spielverschönenundprobiren nachdesTagesLast mitdemFeuer eifrigerDilettanten ihr Mimenglück.Nur inder Natur siehtesnicht nachFeiertagsfrieden aus. Längst schonmuß dadraußen irgendwoEtwas nichtinOrdnung sein. Auskeine Jahreszeit ist mehr rechter Verlaß.Sommer undWinter haben das gewohnteKleidgetauscht;aus Eiskrustengucken fröstelnde Knöspchenundpurpurn erblühteRosentötet unter grau ver- hängter Junisonne derReif. Gehts so weiter,dannerlischtHy- mens Fackelunter Hagelschauernoderverflackert nachunreinem GlänzenimSturm. Habendie Elemente dasGriechenlandhassen gelernt?Sie liebenesnoch;nur sind ihre HerrschernichtinHochs zeiterstimmung. WährendimSchloßeinEheband geknüpft wird, scheintinWald undFlur sicheinslösenzu wollen. Elfenkönig

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Theater. 213 undElfenköniginhadern rauhmiteinander. Eifersucht hatihnen bisherniedasLebenvergällt;solcheböseKurzweilin langen Ehe- rtagen ließendienichtvonderEinheitdes OrtesVelästigtenimmer densterbiichen Tölpeln.DerKönigmagderzierlichen Phyllis

·anderHirtenflöteMinne singenoderdieüppig strotzende, hoch- geschürzteAmazoneausspröderViragoscheugirren,dieKönigin zärtlich sichandenReckenleib desAthenerfürsten schmiegen:wenn derRausch gewichen ist, rügtkeinernster Vorwurfdie trunkene Freude. Jetztaberhat schwarz sichsamEhehimmel zusammen- -geballt.SolangedieKöniginmitMenschenmännern äugte, ließ derGattedierasch entstandene, rasch gestillteBrunst lächelndge- währen. Erstals demlosenSinn seinerThrongenossinsichdie Sehnsucht nach Mutterglück entbindet, erwachtindemElfender männischeNeid. EinKind,dasnicht seine Kraftinihrem Schoß gezeugt hat,ein ausMenschenlandgeraubterJnderknabesollauf seinerbraunenHaut frühundspätdie Küssefühlen,um derenHitze derLichtalbenherrschervergebens buhlt?Das darfnichtgeduldet werden. DerKönigheischt,dieKönigin weigertdenLiebling.Seit- demist derFriede gestört,halltdasEcho majestätischenGezänkes durchWieseundWald, sucht ängstlichgeducktes Elfenvolkvor denSturzbächenscheltenderRedeinEichelnäpfen Unterschlupf.

In einerschwülenNachtaber findetderauf Thronund Lager Vereinsamte endlich sein Lächelnwieder. Noch isterKönig, Herr züber alleKräftelebendigerNaturundstarkgenug,um alleWider- strebendenindasGesetz seinesWillens zuzwingen.Wiethöricht haterbisheutegehandelt!Mit Gründen wollteerderFraudie Binde vomAugeschmeicheln,miteiferndemZuspruchverwirrten Sinnen denrechtenWegweisenundwar,weil sein Trachten nicht ansZielkam,ganzunköniglichwüthend geworden.NiehatVer- nunft,nieselbstdie Dialektik desklügstenKopfesgegendie Gier derSinne,derLiebe zumalEtwas vermocht.Seit über der Erd-

«festeMonde sichrunden undwieder schrumpfen, dichtet Liebe ihr Tropenreichvor demkältendenhauchdesVerstandes, willsiein Blindheitselig sein, nicht nüchtern,wiederHändler seineWaare, ihrenBesitzstand prüfen.WerinderEinbildung lebt, läßtnur durch einbildnerische Kraftsichvom welkenden Wiesenplan auf einen neuen Tanzplatzlocken,dersüßemWahnnun nochfrischer, von holderemDufterfüllt,zu verliebtem Spiel geeigneter scheint.

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214 DieZukunft-

HermitderZauberblume,derenweißerMädchenleibvonKupi- dosPfeildie nievernarbendeWundeempfing undpurpurnseits demzwischen blasseren Schwestern leuchtet!ZweiTropfen ihres SaftesaufeinentschlummertesLid:unddasAuge vergißt,was ihm so lange Entzückunggab,undhängtnur andemGegenstand- noch,deneserwachendalsersteninseinem Gesichtsfeldesand.

AnderStolzestenbewährt sichdas Wunder. Beschämt mußdie Elfenkönigin erkennen, daß ihr streichelnder Fingerimgrünen- Brautbette dieMooskissenfüreinenEselskopf geglättet hat.Und nun beugt ihrTrotzdaskeckeHaupt.SieopfertdenschönenKna- ben,densiedemTroßdesEheherrnbisheutebestritt, Friede ist wieder amElfenhof,FriederingsinderSommerpracht langen- derNatur; undunter hellen GestirnenkannTheseus Hippolyten

umarmen. Vergessen ist Jrrung undWirkung. Dem irdischen-

Fürstenpaar weihen desFeenreiches HerrschermitSegensspruch undNeigendasHaus,indemHeldenglücknistenundsprossen soll.

»EinSommernachtstraum.« Oft haben ihnvor reichenund- armsäligenSchaugerüsten GroßeundKleine geträumt.Dafan- densie Alles,was einenTraum behaglichmöblirt: Königeund Feen, EisenundVögel,verliebtes Volk,dasJrrlichtern nach- taumelt undvom nächtig waltendenWeltgeist endlich dochindie Klarheit geführtwird. EinTraum,dernicht ängstet, sondernzu tüchtigenTagwerkenstärkt. Doch allmählich schwand seinReiz;

imgrellenRampenfeuer verblaßtederMärchenglanzunddas Jrrlichtwinkte nichtmehrmitderaltenTrugkraft.Man hatte schreck- lichvielgelesen,war sehrweise gewordenundhatte deshalbden Muth,auchanEhrwürdigemnun zu mäkeln.Das soll Athen sein, dieStadt derhelläugigen Pallas2Dieser gebildeteHerr,derdes DichtersAugeinschönemWahnsinnrollen siehtundwie ein No- mantiker ausHugos KahndenProzeßpoetischen Schaffensbe- schreibt, spreizt sichvoruns mit dem Namen desPoseidons- sprossenTheseus2Deutlichzeigt sich hier, daß nicht (wiealle Vil- dungphilisterwünschten)dergelahrteundedleLord Vacon,son-i derneinganz gemeinerKomoediant die Dramen Shakespeares geschriebenhat; einer,der zwarimPlutarch,in OvidsMetamor-- phosenundin derfranzösirtenMerowingersage zublättern,das- ZusammengeleseneabernichtzurEinheitzugestalten vermochte..

JederAbiturient weiß heute, daßman inAthenanders gelebt

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Theater-. «215"- undgeliebthat; daßman von demVischen Sinnenfreude und Sinnenfrevel garnicht etstvielsprach.Und wiekommen dieSpuk-s- geisterdeschristlichenMittelaltersinsmythischeAttika? So wilde- Sprünge sind selbstimMärchenland nichtzu dulden. Auch ließ derDichter sichsdiesmal keinen Schweiß kosten; sehtnur, wie dünndieCharakteristik,wiehastig gestücktdas KleidderHand-- lung ist. HermiaundHelena,Demetrius undLysander: Typen,.

nichtIndividuen;undAllereden,Männlein undWeiblein, die- spitze,funkelndeSprachedesin dieGemeinschaft derHöflingezu-- gelassenenDichters ZweiLebenskreise,dieeinanderkaumberüh- ren; was kümmerts den Athenerfürsten,obTitania mitihrem Oberon schmolltoderkost?EingenialerSchwank, dochebenein Schwanknur. BestellteArbeit zeinEintagsspiel,das dieHochzeit desGrafenEssex(oderdesEarl ofVedford)mitFeengepräng putzen soll-DaherdieEile,inLylysSpuren zumbestimmtenTer- minMärchenschätzezuheben,unddiefastzufühlbare Sucht,der- feinsten GesellschaftdesLandes nichtnur derben Spaß, sondern auchgeistreicheAllegoriezu bieten.Uns lebtdiesesalteEngland nicht mehr; erstdieDeuter doziren uns, daß hierderKöniginEli- sabethalseinerVestalingehuldigt,daanLeicesters kenilworther Festeerinnert unddortvorSpensers pedantischemFeengetändel eine artige Verbeugung gemachtwird. Was blieb? Elfenund Elowns Etwas fürdiereifereJugend.Dieschickteman nun ins- Schauspielhaus, wenn der »Sommernachtstraum« aufgeführt wurde,undsorgte,dafz ihrkeinsvondenerreichbareanndern des-

»Ausstattungsiückes«entging.TheseusthronteineinerPracht,als hätten Pheidias und Mnesiklesinheraklischen Tagen schondie- Stadt derPallas Athene geschmückt.Oder eineraus derGräuel- schaarderdenkendenRegisseureverbessertezeitgemäßdenungebil- detenSohndesstratforder high bailiffundzog denGriechen,damit.

siebesserinsElfenland paßten,Renaissancegewänderan.Aufjes denFall mußteesamHofdesAmazonenbezwingershochherge- hen.Oberons VölkchenparadirteneckischinAtlas undTarlatane ; zurVerstärkungwurde dashalbe Balletcorps mobilgemacht,das mitbepuderten,vomMiederpanzer gestütztenBrüstenanTita- niens Blumenlager Vrautjungferndienstthat,geschminkteArme rang, umOberonsZorn zusänstigen,undaufdergrünemWalds bodenheuchelndenFriesdeckedieSpurkreidiger Sohlen ließ.Zu

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