UNSER BU
ÄLTERENBLATT DESBUNDES DEUTSCHER JUGENDVERElNE
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18.JAHR MAIEN1929 NR-5·
Postvekssnd Jena
EVANGELlsCHE JUGENDFTJHRUNG
Uierteljalfrsfchriftfürdiepro-isderevangelischenIngendarbeit HERAUSGEBERS prof.D. Dr.Leopold tot-dire- OießemOr. Iteinw ts- pforrerLit. Hermonnschafft, Kassel,Münchebergstrabeco,prof.D.Dr. M- elnt stät-lin,Münsteri.M.,poulftrobe15.
scHRlFTLElTERT postor MalterUljsadehHamburgU,Grindelberg44 ERSCHElNllNGsWElsEZ viermal jährlich,jeweilsimzweitenMonateines DierteliolfreaimUmfangvonzrseitem Beginndes erstenZahrgangaxzebruartpeg BEZUGSZEMNGUNGEM DieZeitschrift,evqngesitche Augen«-Thronsist durchalleBuchhandlungenoder unmittelbar vomVerlagzubeziehen.ldezugspreis
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MlTARBElTER UND FREIJNDE DlEsER ZEITSCHRlFT slNDZ
pfarrer VenfegsGöttingempfarrer Handhaben-hob studienrot D.tloffem Hamburg, Btadtpfarrer DauvReutlingem JugendpastorDonndorfsljomburg, VberstudiendireltorEllenbeck-Däffeldorf,LehrerErb-Haolach,Prof.Dr.Mitver- siiehprof.D. Dr.sent-Sieben, pfarrerGoethe-Darinstadt,poftor Hagen-eiska- Homburg,Dr.med.Dr.phil. Hormsewserlim prof.D.Dr.ijauer-Tübingen,Pastor D.Heittnann-Homburg, Direktor der städtischen hücherlfallenW. Hofmann- Leipzig,pfarrerZarobdMagdeburmpauläanimeoljeimvoltslfochschuleHohen- solnuh Zu endpastorKollet-Hagen, Rektorkrickessonesberq Itrasfanstaltsseels sorgerin oplsieFahnen-Hamburg- pforrer Longenfaß-München,pforrer D. te Leuvtsainstein beiEisenach,pfarrer Lie. Loew-Traben-Trorbach, Oel-eintratprof.
D.Mahling-Berlin,Lie.Anna paulsewBerlin,pfarrerDr.proetoriuasbarmen, pforrer Dr.Ritter-Marburg, BezirksjugendpflegerinMathildeKohrvackptiquch VberstudlendireltorHchlemmerssranlfurto.o.,Dir.Lic. Dr.Ichretneospandotn prof. D.diegmundsischultzesiherlimpastorMieter-Hamburg,studienrot Dr.
Wällen-Berlin, Dizeprösidenta.D. Dr.Maßner-Magdeburg,Akademiedirettor prof.Dr.WeideldklbinmDr.theol. Mendland-Bpandau, prof.Dr.Menigeosdb tingen, pfarrerMibbeling-Helll’tein.
lNHALTZ Milhelnt stöltemDerBildun sbegriffinderevangelischenJugend- fiiljtung fzzsX Hans ofmanmDasDu inderZugendfälfrung(4z)-Malter Wernen DieLeibeabil ungist-Of-Hommelbericht ugendleben: Paulliannnere tvongelischeVoltolfochschularbeitlszs- Annapaulen:AusMüdchenbündenlzzf BiblwgraplfifcherBericht (58)XBuchbefprechungen(61)XMitteilungen iözf
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DE. MILHELM sTULTEJV
Der Bildungsbegrissin derevangelischen Jugendsiihrung
Wenn hier nachdemBildungsbegriffin derevangelischenJugendführung gefragtwird,so hatdas einen Sinn nur unter derVoraussetzung, daßesfür dieevangelischeJugendführungeine besondersgearteteBildungsaufgabe gibt,unddaßderdieser Aufgabezu Grunde liegende Bildungsbegriff charakteristischabhebtvon einem allgemeinen Bildungsbegriff. Zugleich zeigtsichindieserFragestellungaberauchdieWandlung,diesichinderJu- gendarbeitderletzten5Jahrevollzogenhat,unddie bereits durchden Aus- druck,,Jugendführung«charakterisiertist.DieJugendbewegungkannteeinen BildungsbegrisfimstrengenSinne desWortes nicht,dennersetztvoraus die volleKlarheitüber dieBildungsaufgabeunddenBildungsweg.Gewißgab
esinderJugendbewegungeinsehr sicheresFühlenundWissen fürneue Bildungs-undErziehungswerte,ihreFormuug geschahaberdurchdie Tat.
AllefeststehendenBildungswertewaren derJugend fraglichgeworden,weil siemitihrem feinen Empfinden fürdasEchteundWahre spürte,wie weit- hin dieseWerte zuleeren,innerlichausgehöhltenFormen erstarrtwaren. Aus eigenerVerantwortung,dereigenenKraftunddemeigenenUrteil allein fol- gend,suchtesieeinenneuen Bildungsweg Vorerstaberwar sie bemüht,eine
Welt neuer GemeinschaftssitteauszubauenundKräfteneuen Gemeinschaft-Z-
lebenslebendigwerden zulassen.Mit dieser BetonungderSelbsttätigkeit undSelbständigkeitdesjungenMenschengerade auchderBildungsaufgabe gegenüber,hat sieden einenPolaller Jugendarbeitneu gefunden,derauch derJugendführungniewiederverloren werden kann.Aberindemdieeigent- liche Bildungsaufgabeganz dem freienSuchendeseinzelnen überlassen blieb, konntesicheineigentlicherBildungsbegriff nicht formen, sofruchtbar sichdieJugendbewegungauch für einzelneBildungsaufgaben,wieetwa die MusikaljscheBildung, Volksbildung usw. erwiesenhat.
Von eitlem Bildungsgebrisfkann nur dortgeredetwerden,wo irgendein
festerBildungswerheineüberlegenegeistigeWirklichkeitals dernotwendige Gegenpolsürdas freieselbständigeSchaffenanerkannt wird. Mit der Wandlung-die dieJugendbewegungergriffundzurJugendführunggestal- keke,mllßkealsoTucheineneue EinstellungdemBildungsproblem gegenüber kommen.DieungeheureMachtderWirklichkeit,dieentscheidendeBedeutung
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objektivergeistiger BindungenunddieOhnmachtdesEinzelnen diesenüber- legenenKräftengegenüberwurde neu erkannt,undeserscheintnicht mehr möglich,denjungenMenschendenEinzelwegderSelbstverantwortunggehen zulassen.Das Objektivefordertauch ihn.DerWandlungderweltanschau- lichen Grundeinstellung gehteineWandlunginderpsychifchenHaltungder Jugend parallel.Sie bewirkt,daßdiefüralleBildungsarbeit entscheidende Bildsamkeit,d.h.BildungsfähigkeitdesjungenMenschen heuteeineandere ist,alsnochvor etwa Io Jahren.EinJugendgeschlechtistherangewachsen, dasnicht mehrdenWegdereigenenVerantwortung sucht,sonderndas bereit ist,sichwilligin das Leben zufügen,sowieesist,undesmitseiner Mechani- sierungundseinerEntgeistigungalseineSelbstverständlichkeithinzunehmen.
DieserWandel ist schonsooftbemerktunddargestelltworden, daßhierim einzelnennichtdavon geredetzu werden braucht.Sein entscheidendesMerk- mal isteineAbkehrvon großenWorten undbetonten Gefühlenzu einer kühlenNüchternheitunderdgebundenenSachlichkeit.Eristnichtnur fürdie Jugend,erist fürdie ganzeZeiteinstellungkennzeichnend.Nirgendwo spiegelt sichvielleicht dieseEinstellung so deutlichwiein dersachlichenBaukunstun- serer Tage.Und diese Sachlichkeit hat auchbei derJugend zunächstetwas Bestechendes, sieträgtaberdochdieGefahreiner geistigen Verarmungin sich,dienur noch Irdischeskenntundnichtsmehr ahntvon einemEwigen, für welchesdieseWeltnur einGleichnisbedeutet.
Ausdieser Sachlage erwächstfürdieBildungsaufgabederJugendführung undderevangelischenJugendführungimbesonderen,eineneue ganzgroße Aufgabe,dienur bewältigtwerdenkann,wenn ihreinklarerBildungsbegriff zugrundeliegt.
DerBildungsbegriffin derevangelischenJugendführungistmitNotwendig- keit ein anderer alsetwa der derhöherenGeistesbildung,wieihndiehöhere Schuleund dieUniversitätverkörpern.Diesewenden sichan einekleine Schicht geistigbesondersbegabter Menschenundlassen ihrin einerlangjäh- rigenSchulungeineeinseitig geistig-·intellektuelleAusbildungangedeihen, diesie befähigensoll,einegeistigselbständigeStellung zunehmenzu den LebensproblemenundKulturfragendes Volkes undführendum ihreGe- staltungzuringen.Aber bei demBestrebendurchgeistig-intellektuelleSchu- lungeinewirklichumfassendeBildungzuübermitteln,gerätdieseEinstellung dochbei derheutigen AtomisierungdesgeistigenLebensleichtinGefahr,nach einemscharfenWort KerschensteinersBildungals intellektuellesAusstat- tungsgeschäftzubetreibenundzu einerGeistigkeitzuführen,dievon der Wirklichkeit losgelöst,deren tiefsten Problemen nicht mehr gewachsen ist.
Der immer stärkerwerdende Zustromzu denhöherenSchulen,demunmög- licheine ingleichemMaße steigendegeistigeBefähigungSchritt haltenkann, vermehrt dieseGefahr erschreckend,da derBildungswert geistig-intellektueller
Des-Bildungsbegrijj indess-zu lugendjüitrung 35
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Schulungnur dortaußerFrage steht,wodieBildsamkeitdes zuLehrenden ausgeprägt geistig-intellektuellerArt ist. SonstentstehtdieGefahreiner Überlastungund damiteinesBrüchig-werdensdesgesamtenBildungswertes, eineGefahr,dienochlange nichtdeutlichgenug gesehenwird.Dieeinseitige Schulungdergeistig-intellektuellenKräfte bringt zudem,wo nichtein inner- lichreiches starkesMenschentumdemBildungswillen begegnet,dieGefahr einereinseitigen Verstandes-undFachbildungmitsich,dievon einerwirk- dungsaufgabegerechtwerden soll.
FürdieJugendführungmußderBildungsbegriffmitNotwendigkeitum- fassenderundallgemeinersein.DieAufgabeder Menscheubildungist für siedasEntscheidendeundnichtdieSchulungirgendwelcherwenn auchnoch so wichtiger Einzelkräfte.Esgilt,denBegriff,,Bildung«inseinertiefen ursprünglichenBedeutungzuerfassen,wenn dieJugendführungihrerBil- dungsaufgabe gerechtwerden soll.
BildungimumfassendenSinne bedeutet FormungdesMenschen.Allevoll- kommeneFormung beruht aufderEinheitvon Material undFormideeoder vonBildsamkeitundBildungswille.Esistdas bleibende VerdienstderJu- gendbewegung,fürallefreiwillige BildungsarbeitderJugendundfürdie gesamteBildungsarbeit überhauptdieungeheure BedeutungderSelbstän- digkeitunddesEigenschaffensdesJugendlichenbetontzuhaben.Jestärker diesepersönlicheBildungsfreude ist,undje lebendigeraufder anderen Seite einobjektiverBildungswille ihr gegenübertritt,um so reicherwirddas Bil- dungsergebnissein.Bildend istabernichtnur intellektuelle Arbeit,bildend wirkt jedeArbeit,geistigeundkörperliche,soweit sie Widerständesetzt,die überwunden werden müssen,bildendwirkt alles,was derMenschtut und denkt,sinnt, fühltund will.Dasallesist nichtnur AusströmungseinesWe- sens,eswirktgleichzeitigin einerlogischkaumimLetztenfeststellbarenWech- selbeziehungformend auf ihn zurück.Vorallemaber wirkt bildendundfor- mendaufdenMenschenein,was erschautundhört,was ererlebtunder- fährt.TieferalssichderMensch gemeinhin dessenbewußtwird,wirderge- radedurchdieseMächte geformt;undda dasErleben undErfahrenniemals Ubgeschlossenist,sowird auchdieBildungdesMenschennie eineabgeschlos- sene seinkönnen,sondernlebend wird sie sichimmer weiter entwickeln.
Sollaber die bildende WirkungdergezeigtenBildungskräftenichtzurZer- fpllkkelsuugundsinnloserHäufungvon an bildenden Einzelheitenführen, muszem organischerBildungsgedankedasein,von demaus alldie bunte FüllelktldVielfältigkeitdereinzelnenFormenkräfteundBildungswirkungen eineneIUhFIklichettSinn unddamit erstwirklich formende Kraft erhalten.
WieeskemenlebendigenOrganismus aufErden gebenkannohne solchorga- mscheFokmkendenz-so ist auch jedeMenschenbildung ohne siesinnlos.Fürdie Menscheubildungkanndieses Formprinzipnur aus einergeistig überlegenen
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Wirklichkeitstammen,danur sodieEinheitderBildungsidee gewährleistet wird.LägedieBildungsideeimMenschlichenbegründet,sowürdesiedieZer- splitterung, ZerspaltungundVergänglichkeitmitihmteilen. DieseErwä- gungen führenzufolgendem, allgemeinen Bildungsbegriff:Bildung istle- bendigsichentwickelnde einheitlicheWesensformung von einer in sich geschlossenenüberlegenen geistigen Wirklichkeit aus. Damit ist sogleicheinDoppeltes gegeben. GegenüberdemindividualiftischenBildungs- begriff,demesum Ausbildungaller imMenschenliegendenNköglichkeiten
um ihrerselbstwillen zutunistundder damitinGefahrgerät,dieBildung immenschlichenJchzuverankern,handeltessichhierum denMenschenin seinem Gefordertsein,inseinemBerufenseinvon einerüberlegenenWirklich- keither,undfüreineevangelischeEinstellungistdiese Wirklichkeit gegeben imEvangelium.
DaderMenschnichtinseinem Für-sich-seingesuchtwird,sonderninseiner Beziehungzu einerfürallegleichenüberlegenenWirklichkeit, soergibtsich weiter, daßfürdieseEinstellungnichtdieselbständigeStellungnahme zu den geistigenLebensfragendascharakteristischeKennzeichendesBildungsbegriffes seinkann,sonderndasBegreier derVerantwortung gegenüberder Wirk- lichkeitundgegenüberdemBruder, durchdendieseWirklichkeit lebendigzum Menschen spricht,undeineaus diesem Begreifenfolgendeklare Einstellung zurWirklichkeitinWort und Tat.DerBegriffderBildungistdaher durch denweiteren Satzzuergänzen: »Sie befähigtden Menschen, seine Verantwortung gegenüberderWirklichkeit, indieer gestelltist, selbständigzuerfassenund zubetätigen.«
EhewiraberdiebesonderenAufgaben,diedieserBildungsbegrifffüreine evangelische JugendführungzurFolge hat,klarer herausarbeiten,istes notwendig,volleKlarheit zuschaffenüberdenOrt, andendieseBildungs- aufgabegestelltist.Das EntscheidendefürdieJugendführungist, daßsieden jungen Menschen empfängtalseinen,derseinenfesten Platzin derWirklich- keit bereitserhaltenhat,d.h.,derbereitsin denBerufoderitl eitleBerufs-«
ausbildungeingetretenist.DieJugendführungtritt alsergänzendeBil- dungnebendieFach-undBerufsarbeit;damit istaberbereits Entscheidendeg bestimmt.WährenddiehöhereSchulez. B. denjungenMenschenganz-hat undihnumihrerBildungsaufgabewillen herauslöstaus allenanderen Bin- dungen, ja heute— zumTeilnotgedrungen— sogardieErziehungsaufgabe derFamilie teilweiseübernimmt, hatdieJugendführungdenjungenMen- schenimmernur inseiner MußeundFreizeitzfürdenHauptteilderZeit abermußsieihnanderenMächten,vor allemdemBerufundseinerFachau5- bildung überlassen.Damit sinddieentscheidendenGrenzen,aberauchder be- sondere Vorzug dieser Bildungsarbeitklarumrissen.Dieentscheidenden Grenzen:DieBerufsarbeit gibt, gleichgültigobessichumeinenjugendlichen
DerBichltngsbegHsifj inder eu. Jugendfülnsung 37
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Arbeiter oderum einenLehrling,um einenJungbauernoderum einenHand- lungsgehilfenhandelt,dieGrundlageeinerstarken sachlichenBildung.Sie stelltdenjungenMenschen Tag für Tagvor eineArbeit,diegeleistet,eine Aufgabe,diebewältigtwerden muß.Sie fordertseinekörperlich-enKräfte undseine geistigeAufmerksamkeitfüreineSache,diegetanwerden muß, gleichgültig,ob die innereAnteilnahmedie Arbeit befeuertodersielähmt Und sielohntdienüchterneSachhingabe durchdieFreude,teilhabenzu dürfenandemgespanntenArbeitsrhythmus,indenauchderjüngsteLehr- lingmiteingeschaltetistunddurchdasWerk,dasauchermitalsseinWerk empfindendarf, sowenig vielleichtgeradeseinHandgrifffürdasGanzebes- deutet;abererbedeutet dochetwas, weilergetansein muß,wenn dasGanze werden soll.Das schafftfürdenjungen Fabrikarbeiterz. B.eineStählung desWillens,eineStraffheitderAufmerksamkeit,eineFreudeamtechnischen Erfolgundnichtzuletzteineganzsachliche,allerpersönlichenWerkwünsche bareEinstellung,die alsGewinn gebuchtwerden darf.Vor allemerwecktsie imjungen MenschendieBereits chaft,abzusehenvom eigenenIch,sichbereit- willigzufügenin dieForderungendesWerkes undderArbeit,d.h.aber bei derheutigen Sachlage meist,in dieDrohungenderNiechanisierungdie abervon dieserEinstellungnicht mehralsDrohungenverstandenwerden.
UndderGeist,derdurchzielbewußtesDenkenmitgebändigterLeidenschaftund stahlhartemWillen die Blüte derTechnik heranfgeführthat,die im Guten undBösen unser Schicksal ist, springt leichtüberaufdenjungenMenschen nndschafftaufderanderen Seite jene Nüchternheit,jene Fremdheit für geistige FragenundProblemeundjugendlicheIdeale,dieheute so oftdie SorgedesJugendführersbilden. DiewenigenHinweisewerden genügen,
um zuzeigen,wiestarkdieBildsamkeitdesjungenMenschen,wie er der Jugendführungbegegnet,durchdieTatsachedesBerufs bestimmt ist. Diese TatsachebedeutetaberauchdasEingespanntseindesjungenMenschenin eine Welt undeineLebenatmosphåre,dieder desJugendführersoftganzfremd seinwird. Sie istvollundganz bestimmtdurchdieHerrschaftdesZweckes.
DieFrage nachdemSinn hatinihrkeineHeimstätte.DieJugendder gendbewegungkonntesichinfolge ihrer Oppositionseinstellungleichterindieser Welt behaupten,alsesderJugendvon heuteinihrer Nüchternheitmöglichist.
Sobedeutet fürdieJugendführungdieTatsachederBerufsgebundenheitzu- nächsteinewesentlicheGrenzeDeevielleichtwichtigsteFeldetziehlichetBil- dungsarbeihdieMöglichkeiteinerwahrenArbeitsgemeinschaftmitdemjun- genMenschenam gleichenWerk ist ihrverschlossen.DieVersuchewerk- gemeinschaftlichktJugendkönnenimmer nur ganzwenigeerfassen,gegen- über demGesamtkomplexunserersozialenLagekommen sienichtinFrage.
EineWkikkkeGrenzeistderBildungsarbeitderJugendführung,wenigstens soweit sie jüngereGruppengliederumfaßt, durchdieTatsachederBerufs-
38 Wilhelm-Stätten
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schule gegeben.EineFüllevon Bildungsstoffendie infrühererZeit durch dieArbeit derJugendpflegeandenjungenMenschen herangebrachtwurden, wirdjetztdurchdieBerufsschulevermittelt,undwenn diese auch ihre erste BildungsaufgabeinderStärkungderBerufstüchtigkeitderihranvertrauten
Jugend suchen muß,unddamitdurchaus zweckgebundenbleibt, sosucht sie dochvorzudringenindas Gebiet menschlichethischerBildung,wobeider Ge- dankederBerufsethikdergegebeneAnknüpfungspunktseinwird.
DieseSachlagebedeutetabernichtnur eineGrenze fürdieBildungsaufgabe derevangelischenJugendführung,siebedeutetzugleicheinenentscheidenden Gewinn. DasWichtigsteist, ihreGliederströmenihr freiwilligzu,sieschlie- ßen derJugendführunganaufGrund einervorangegangenen freiwilli- genEntscheidung,diemeistaucheinegewisseEntscheidungfürdiebesondere Artdieser Führungbedeuten unddielebendigeMitarbeit erleichternwird.
Damit sindBildungsmöglichkeitenganz besondererArt gegeben,wiesie weder dieSchule, noch auchderBerufin derRegel gewährenkönnen. Vor allemwird fürdieeigeneBildungsaufgabederJugendführungeinebeson- dereBildsamkeitbeiihrenGliedern vorausgesetztwerdendürfen.
Die Jugendführungkann indieserSituation fernermitgutemGewissen verzichten aufdenVersuch, ihre Bildungsaufgabein derÜbermittlungeiner FülleverschiedenartigerBildungsstoffezusuchen.DurchSchule, Zeitung, Radio, Kino usw. gehtheuteeinesolche StoffülleüberdenMenschen undgerade auchüber denjugendlichenMenschennieder,daßesderEntfal- tungaller formbildenden, gestaltenden Kräfte bedarf,wenn nichteingestalt- losesVielerlei und formlosesDurcheinanderbunter Einzelkenntnissedas Ergebnis seinsoll.
Vonhieraus ergibt sichaber die ganzbesondereBildungsaufgabeeinerevan- gelischenJugendführungmitvoller Deutlichkeit.ImGegensatzzurBerufs- undFachschulbildungkannunddarf sie nicht Zweckbildungsein.Der junge Mensch ist heute so tausendfachin einfastunentrinnbares Netzvon Zwecken eingespannt, daßesfür ihndasEntscheidendewird,obereinmal überdiese zersplitterteWelt derZweckehinausindieEinheitderWelt des Sinne-z vordringenkann. Jn demChaos widerstreitender Bildungseindrücke,ein- ander bekämpfenderLebenswertungen,gegensätzlicherLebens-und Weltw- schauungs-Erfahrungen,dasvon allenSeiten aufdenjungen Menschenein- dringt,unddasauch nichtgebändigtwerden kanndurchdie Arbeit Und den HinweisaufdieArbeitsethik,giltes, demjungenMenschenzuhelfen,daßer
wahrhaft wachsenkann. D.h.aber, daßerdengeistigenMittelpunktfindet, von demaus alledurcheinanderwirbelnden Bildungselementesichzusammen- schließenzu einemsinnvollen,wirklich organischenGanzen,zu einer»gepråg- tenForm,die lebendsichentwickel«, nicht anders,wieesimorganischen Leben der Natur auch ist.Eshandelt sichnicht darum,denjungenMenschen
DerBileiungsbegrijj insie-·cu. Jugendjülnsung 39
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in einegeistigeWirklichkeithineinzustellen,diefremdüber derWirklichkeit
von AlltagundBeruf steht.Eshandelt sichvielmehr darum,ihn dieseseine WirklichkeitverstehenzulehrenalseineWirklichkeit,dieauchvon Gottist.
Esgehtganzeinfach darum,in den wild gegeneinanderwogendenStrömun- genderheutigenZeitdenFelszusinden,aufdem derMensch stehenkann, AugeinAugemitderWirklichkeit, gewiß,daßdiesenFelsen nichts erschüt-
ternkann,weilergründetimMittelpunktderErde,derhierauchden Mit- telpunktderWelt bedeutet. Dieser Felsist fürdieevangelischeJugendfüh- rungdasEvangelium;derBildungsbegriffderevangelischenJugendführung istnotwendig religiösbestimmt. WilhelmStählin hat imerstenAussatz dieserZeitschriftmitRecht aufdiegroßenSchwierigkeitenhingewiesen,die indieserTatsacheinfolgedesverschiedenartigenVerständnifsesdesEvangeli-
ums gegebensind.Jchbrauchedaher hierimEinzelnennichtdavonzuspre- chen.Einsmußabervon vornhereinmitallerKlarheit festgehaltenwerden.
Vom Evangeliumaus gibteskeinbis insEinzelneausgeführtesBil- dungsideal.Bildungalsabsoluter Selbstwerthat fürdieevangelischeJu- gendführungkeineExistenzberechtigungFüreineevangelischeJugendfüh- rung, dieihre Aufgabevom Evangeliumaus sieht, istdasEntscheidende,dem jungenMenschenzu einerHaltungzuverhelfen,dieihn fürdieBegegnung mitGott aufgeschlossenseinläßtunddieihninhelfenderLiebe zum Bruder führt.
Sie kann dasPauluswortnicht vergessen, daßdieWeisheit dieserWelt Torheitbei Gott ist.Damit tritt aber dieBildungsaufgabe ebensowieMu- sikpflegeundSport,wieSpielundWanderungaus demBereicheineran sichunbedingt wesentlichenAufgabein eine dienendeStellung,dieihren letz- tenSinn empfängtvon derGrundaufgabederevangelischenJugendführung überhaupt.Wo derGnadedasentscheidendeWort bleibt,verliert einmehr oderwenigerbewußtesBildungsstreben seine zentrale Bedeutung.
Aber dieBildungsaufgabewirdnichtsinnlos,wenn vom Evangelium her ihr Wesen zunächstauchmehrformalalsinhaltlich bestimmtwird.ZweiEin- stclllmgenwird sieimmer gleichzeitigumfassen:SichinEhrfurchtundDe-
mut vor GottzustellenunddieVerpflichtungzuhilfsbereitem Dienstam Bruder. HierliegtdasZentrumevangelischerBildungsarbeit.Eshandelt sichbeiihrimmer um den Sinn desGanzen, nichtum Einzelzwecke.Nicht alsob einevon Zwecken bestimmteArbeit ihrenSinn verlöre.Sie behält IhrenSinn wiedieseunsereWelt ihrenSinn behält,abersieist nicht Ida-S UFIletztenEntscheidendeEsistauchnicht so,als ob mitderGrundlegung djklkkBlldutlgsrichtungalleBildungsarbeitimüblichenSinne ihreWich- ktskeikUndNotwendigkeitverlöre, sieverliert nur ihre zentrale Stellung, WGVFUd·ekWain dersozialistischenJugendführungdieBildungsarbeitnot- wendigeineungleichhöhereBedeutung hat,da dortWissen Machtbedeutet,