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Unser Bund: Älterenblatt des Bundes deutscher Jugendvereine, Jg. 18. August 1929, Nr 8.

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UNSER BU

ÄLTERENBLÄTT DES BUNDES DEUTSCHER JUGENDVERElNE

tät

M—-

18. JAHR AUGUST 1929 ERNTING NR. 8

Postveksand Jena

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EVANGEUSCHE JUGENDFTJHRUNG

Vierteljahrsschristsürdie praris derevangelischenZugendarbeit HERAUSGEBERZ pros.D. Dr.Leopold cardier,Sieben, Gr.iteintveg15, psarrerLit. HerinannIchasshRassel,Mänchebergstraszees,pros.D.Dr.Wilhelm Möhlin,Münsteri.M.,paulslrasse15.

scHRlFTLEllERZ pastorMalterUhsadeh Hamburg1z,Grindelberg« ERSCHElNllNGSWElSEJ Viertnaljährlich,jeweilsimzweiten Monateines Uierteljahresintllmsangvon Jeseiten.Beginndes erstenZahrgangs:8ebritarweg BEZUGSBEDlNGUNGEN : DieZeitschrift,IkvangeiischeJugend "hrung«ist durchalleBuchhandlungenoder unmittelbar vomVerlagzubeziehen. ezugspreis jährlichMk. z.60,ZustellgebährMk.o.4o. preis destinzelhestesMk.o.po.Zahlun-

ensur dieZeitschriftwerdenausdaspastscheckkantodesBarenreitersverlages ranlsurta.M.Ur.Fz112unter Angabe -,8är:tvangelische3ugendfuhrung'erbeten.

ANZElGENbEDlNGIJNGENZ Näheresdurch denVerlag. Itellenanzeigen ermåszigterTarisDerVerlag behältsichvar,ungeeignete Anzeigenabzulehnen.

ZUSCHRlFTENt AlledieLchristleilung betreffendenMitteilungenanpastor Malter UhsadelsljamburgIz,Grindelberg44zurichten, allegeschastltchenMit- teilungen westellungem Anzeigen, ZahlungensandenBarntreitevverlag Kassel- Milheltnshbhe,Rasenallee77-79.

MlTARBElTER UND FREUNDE DlEsER ZElTscHRlFT sINDt

psarrer henfeg-Oöttingen,psarrer BlunuHabertshoh Itudienral D.nassen- Hamburg, itadtpsarrer DauoReutlingety zugendpasiar Donndars-ljamburg, OberstudiendirektarEllenbechpässeldarhLehrertrb-Haslach,pras.Dr.Mitver- kiehpras.V. Dr.Frist-Sieben- psarrer anthodarmsladh pastorhagemeistev Hamburg,Dr.med.Dr.phil. Hartnsemberlimpras.D.dr.Hauer-Tübingen,postae D.heitmannsliamburg, Direktor derBtådtischenBücherhallenM. Hofmann- Leipzig, psarrerzarobbmagdeburwpaulRammevtjeimvoltshachschultHohen- solms, z endpaslor Falter-Hagen,Reltor Kricke-Goaesberg, stralanslaltsseels sargerin ophie kuhnerbhamburg- psarrer Langensasz-München,p"arrer D. le senktjainsleinbeitisenach,psarrer Lit. LortvsTrabemTrarbach- Geheimratpros.

D.Mahling-Berlin,Lit.Anna paulsewilberlim psareerDr.»praeiortus-darmen, psarrerDr.Ritter-Marburg, BezirksiugendpslegerinMathildeRohrbach-Kqsskt, Vbersludiendirektor Hchlemmewzranlsurta.V.,Dir. Lit. Dr.Bchreinerispandam pros.D.Hiegmund-Bchullze-Berlin,pastorManier-Hamburg,BludienkqtDr.

Matten-Berlin- Mizepräsidenta.D.dr. walznevMagdeburwAkademiedireltor pras.Dr.MeidebsElbinmDr.theol.wendlandsdpandam pros.Dr.MenigeoGäv tingen,pkarrer Wibbeling-Hell1’tein.

IN HALTI GustavRlaerxEvangelischeZugendsährungaufdem Lande(65) HerbertLempsern AusgabenundMegederGruppenarbeitaus dem Lande (7z) BammelberichtJugendlebemMilhelmstahl-mHtadtund Land (86)X Ern ljschie- ber:singarveit ausdemLande (87)XMtlhelm HiahlimMittunodernicht? (90) BrunoMeyer: Lehrgang sär evangelischeZugendsährungvomLe.bis25.Mai in Läbeck (92)XBuchbesprechungen(94)XMitteilungen(96)

tM MMNREHEIRstRILAG ZU KASSEL

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PMB-InnGUSU»Ich-»He EvangelischeJugendführuug,

aufdemLande

VoneinerevangelischenJugendfiihrungaufdemLandezu redenhatnur Sinn, wenn ländlicheJugendführungvor andereAufgabengestelltist,als etwadie-städtische,oder genauer: wenn dieBedingungenoderMethodenoder die ZielsetzungderländlichenJugendführungsich wesentlichvon denender stvädtischenunterscheidenDasWort »Land« machtdie ganze Fragestellung schonlin ihremAusgangspunkteinigermaßenproblematisch.Denn eine ein- heitliche Begriffsbestimmungfür »Land«,wenn siedieBesonderheitseiner gegenwärtigenSituation mitumfassensoll,gibtesheute nicht mehr.Landist derTeilunseresVolksraumes undVolksbestandes,derdurch Bodenbearbei- tungundBodenbesitzcharakterisiertwird,und derLandmenschistder Mensch, dessenExistenzunmittelbar durchdenBodenbedingtist,imUnterschiedvom Stadtmenschen,der imZustanderelativer Lösungvom Boden besindet.

Jnfolgedesungeheuren Anwachsensder·städtischenSchicht,diesichals Zivilisationsschichtkennzeichnet,undinfolge ihres Expansionstriebeswerden aberdieursprünglichscharfenGrenzenmehrundmehr verwischt, sodaßwir heuteeinem Zustande starkerDurchdringungund ÜberflutungderLand- schichtdurchdieZivilisationsschichtgegenüberstehen.Das Dorfalstypische Siedlungsgemeinschaftdes Landes istnichtmehrreines Bauerndorf, sondern istvielfachdurchsetztvon Handwerker- und,Fabrikbevölkerungmit andern Existenzbedingungenund infolgedessenauchanderer Blickrichtungals der bäuerlichen.Jenachdemnun dieseDurchsetzung sichinAnpassungandie Be- dingungendes Landes oder derStadt vollzieht,wirdman unterscheidenmüs- sen,obman esmitüberwiegendländlicheroderstädtischerStruktur zutun

hat. Entscheidendbleibtjedenfalls,inwieweit dasbäuerlicheElement dasaus- schlaggebende,gestaltendeist. JeneLandgemeinden,in deneninfolge starken Zuzugs städtischeroderindustrieller BevölkerungdasbäuerlicheElement nur nochlein Anhängselbildet,scheidenaus demBegriff»Land«aus. Sie sind Vorstadt geworden.

Von außerordentlicherWichtigkeitistnun, daßes.sichindendurchsetzten Landgemeinden,dienochzumLande zurechnensind, nichtum eineeinfache MischungbåuerlicherundstådtischerElemente handelt. Vielmehrändert das

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66 Gusse-»Klass-

Bauerntum unter demEinflußdereinbrechendenZivilifationsschichtzuneh- mendsein Gesicht.Esbrauchtnur andieEinfügungderMaschineinseinen Arbeitsprozeßerinnert zuwerden,die insteigendemMaße feinenArbeits- und Lebensrhythmusbeunruhigt.Die Arbeitsformenverlieren an Bild- haftigkeit(einGleichnisvom vielerlei Ackerwird imZeitalterderDrill- maschinesinnlos).DieUnmittelbarkeit imVerhältniszur Natur geht mehr und mehrverloren. Das schöpferischeElement,das inallerlei Kunst- fertigkeitzumAusdruck kam,(spinnen,weben,holzschnitzen,flechtenusw.) istimSchwinden.DieAufschließungdesDorfesdurchdenVerkehrüber- trägtauchinfeine beschaulicheRuhedensieberndenPulsschlagderStadt und lockertseinen Beharrungsinstinkt. ZwangsweiseUnterordnungunter moderne Wirtschaftsformen fordert UmstellungzukapitalistischemDenken undmaterialistischemUmwerten allerDinge.DiefortschreitendeEntseelung aberverdrängtmehrundmehrdasVerantwortungsgefühlunddieSchick- salsverbundenheitvon Menschund Tier. Mensch löst sichvon Mensch, Nachbarvon Nachbar,daspatriarchalischeFamiliengefügesinktinsichzu- sammen. ZwischenHerrundKnecht,diesonstderengeKreis desHauses umschloß,drängt sichTarifvertragundKlassenkampf.Das Landbeginntin verschiedenesozialeStände auseinanderzubrechen.Die Sitte bindet nicht mehr,und deraller inneren Bindungenberaubte Menschwird Höriger einer Welt,deren dämonischerUmklammerunger nichtzu entrinnen ver- steht.

AuchdiereligiöseWelt desLandmenschenbeginntunter demEinflußsolcher Umwandlungzustagnieren.Denn alle dieKanäle,durchdieseineSeelemit einer höherenWelt verkehrte,werden ihm verbogenundverstopft,alldie farbigenAbbilder einergöttlichenOrdnungzufahlen,blutlosenZerrbildern menschlicherGerissenheitentstellt.

UnddieJugenddes Landes? Jnsichsehrverschieden,abersoweitsieins Gleiten gekommenist,demselbenSchicksal verfallen.Auchhieralle-äune zerbrochen.DieHutdesHauses,die Autorität derFamilie,dasGebot der Sitte verblaßte Werte, diekeineBindung mehr fordern.Als obsie fühlte,daßalles diesdemverführerischenLichtaus denStädten

erliegen wird, schaut siegebannt aufdenStrom derZivilisation,derihrvondortent-

gegenbraust,undschöpftaus ihm,ihre eigneUnterlegenheitmitseinemglei- ßendenTand drapierend.DieJahreruhigengeborgenenReifens tauschtsie ein gegenFabriklärmund-lohn,undentschädigtsichdafürmitwüstenSonn- tagsfesten.Der RauschistdieletzteBrücke über dersinnlosenWirrnis ihres jugendlichenLebens.

Nichtum dieVollständigkeitdesBildes isteshierzu tun.Esgenügtzuex- kennen,inwelcher Richtungbei dergegenwärtigenAuseinanderfetzungdes Landesmit derZivilisationdieVeränderungfortschreitet.Denn gerade dieser

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Ep»n9..lugeneijc2hrung au;cdem- Laneie 67

VorgangisteinentscheidenderFaktorfürdieDeutungderWirklichkeit,vor diesichdieJugendarbeit aufdem Landegestellt sieht.

DieSituation wirdvielfach so beurteilt,alshandleessichum notwendige, schicksalsmäßigeEntwicklungen.DasLandhole endlichdenSchritt nach,den dieStadtschicht ihm langevoraus getanhabe.Esbefreie sichaus seineräuße-

ren undinnern Gebundenheitund erwacheaus seinem dumpfenTraum- zustand.DieEntwicklungsei alsoalsAufstiegundAngleichungandiegeistig gelösteBildungsschichtdes Volkes zubegrüßen.

Aber eSistdochnichtzuübersehen,daßdieangedeutetenWandlungenund Entwicklungsliniendurchausnichtzu denerfreulichenErscheinungenderZivili- sationsschichthinüberweisen,sondernlediglich Analogieenzuihren tiefsten Schattenseitendarstellen,unddaßsieimHinblick aufdieeigenartigeStruk-

turdes LandesfastausnahmslosZerstörungbedeuten. Eserscheint auchun-

möglich,gerademithilfederMächte,diesichhier auswirken,zu einemNen- aufbauderinnern,geistigenWerte des Landes zukommen,stelltdochz. B.

dieTechnisierungder ArbeitundMaterialisierungderWirtschaftsprinzipien sogardieMenschenderZivilisationsschichtvor ungelösteProbleme. Auch sollteman nicht übersehen, daßeinesolcheEntwicklungaus dereignenStruk- tur desLandesnichtabgeleitetwerden kann, daßessichalsonichtum echte Entwicklung,sondernum Entartungserscheinungen handelt,diesichaus der zwangsweisen ErschließungdesLandes durcheineihr technischüberlegene aberselbstentartete Volksschicht ergeben, alsoum Symtomeakuter Ver- giftung,um einWort L’Houetszugebrauchen.Solche Erwägungenaber schließennichtnur einepositive Einstellungzu denDingenaus,sondern for- dernvielmehrzuernster Kampfhaltung auf.Denn selbst,wenn wir’smit einemsterbendenLand, jamiteinemsterbendenVolk zu tunhätten,würde sich gerade evangelischesGewissenam allerwenigstenalsvon seinerMit- verantwortlichkeitentbunden betrachten.

DieTatsache, daßessichnicht lediglichum eineKrisisdes Landeshandelt, sondernum TeilerscheinungeneinerZivilisationskrise unseres Gesamtvolkes, zeigtaberden ganzenErnstderSituation. Denn eswirddaran deutlich, daß eseinEntrinnen desLandesvor denAuswirkungen dieserKrise nicht gibt.

Esist ihremGesamtverlaufverkettet,und wird alsGanzesden erzwungenen Wegmitgehnmüssen.Aber dasschließtnichtaus, daßman inlaufendem KampfeineAufnahmestellungzugewinnensucht,inder dasLandsichselbst wiederzubehauptenundneu aufzubauenvermag. Denn man darfnichtver- gessen,daßesinseinenBeharrungsmächtennichtleichtzuüberschätzendeund nicht leichtzuerschöpfendeReserven besitzt,daihm hierdieunerbittlicheOrd- nungder Natur selbstdenstärkstenRückhaltbietet.

Wenn wirnun, um uns über dieAufgabezuorientieren,die derJugend- führungdurchdieLandjugendindieserSituation gestelltwird,nachdem Ort

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68 Gustaolclaer

fragen,andemdieseJugendsteht,soisteine klareAntwort kaumdaraufzu geben.WilhelmStölten sagt:1 »DasEntscheidendefürdieJugendführung ist, daß siedenjungenMenschenempfängtalseinen,·derseinenfestenPlatz in derWirklichkeitbereitserhalten hat.«DastrifftfürdieLandjugendnicht, odernur sehr teilweisezu.ZumTeilist sieberufslos,zum Teilpendelt sieals GelegenheitsarbeiterzwischenStadt undLandhinundher,stehtmithinzwi- schenzwei Wirklichkeiten,zum Teilsteht sieinordentlicherBerufsausbildung ganzin derStadt. Der »festePlatz«ist alsonicht vorhanden.Hinzukommt, daßessichzumgroßenTeilum seelischgebrocheneundgeblendeteJugend handelt,diedurchdieVerhältnisseinverkehrte Front gedrängtworden ist.

Dasmachtesfastunmöglich,ihrvon ihrerLageaus zuhelfen,d.h. ihrin denGegebenheitenihres Soseinszum innern Wachstumzuverhelfen.

Man könnteauch ausgehenvon denbiologischenNotwendigkeitendes Volks- gedankens,um von hieraus einErziehungszielfürdieJugenddes Landeszu suchen,unabhängigvon denzufälligen GegebenheitenihrerLage.Aber es gibt ja überhauptkeinenallgemeinenBildungsbegriff fürdenLandmenschen, dernichtaus den altenBildungswertendes Landes gewonnenwerdenmüßte, derenÜberzeugungskraftgeradein derGegenwartversagt.Undwiewollte

man von solchem Bildungsbegriffaus eineevangelische Jugendführung begründen?Würde nichtdieJugendvorZieleundAufgaben gestelltwerden, derenVerwirklichungganzaußerdemBereichihrer Gestaltungsmöglichkeit liegt,undwürdeeinsolcherVersuch nichtformalirgendeinerjenerJugend- führungsmethodengleichzusetzensein,die dieJugendunter einenZweckgedan- kenstellt,der mitihrer eignenLebensformundLebensgestaltungnichtszutun hat,und darum Mißbrauchist?

Esbleibtnocheinedritte Möglichkeit.Man nimmt dieJugendganz ernst geradeinihrer LagealsJugend,die keinenfestenPlatzin derWirklichkeit hat, vielmehr durchdieWirklichkeitvon demihrzukommendenPlatzver- drängtist,undversucht,derJugend selbstdarüberdieAugenzuöffnen,daß siedieseihreLageerkennt,zunächsteinfachalsTatsacheohneRücksichtdarauf, wiedieUrsache dieser Lagezu beurteilen ist.Daneben wäre danndie andere Tatsachezustellen,daßGott dieJugendsaus dieser Lageherausanruftund von ihr fordert,einLebeninWahrheit undVerantwortlichkeitzuführen.

Damit istvon ihr gefordert, innerlichAbstandVoll derWirklichkeitzu ge- winnen,indiesiehineingestelltist, nichtum sichihrzuentziehen,sondernum

Handlungsfreiheit, KampffreiheitunddieMöglichkeitzugewinnen,von der PositiondesGehorsamsgegen Gott aus ihrLebenneu zugestalten.Ein-e solcheZielsetzungschütztdieJugendinihrem Anrechtaufeineigenes Leben, führt siedauerndin konkrete BeziehungzuihrerUmwelt undsichertGottes IEvangelische Jugendführung1929,Heft2,S.36

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Eue«q..lugendjiihfung au)cdem Lan-de 69

Anspruchauf Gehorsaminnerhalbdervon ihm gesetztenWirklichkeitJn- haltlichwirdeinesolcheAufgabe sehr verschiedensein,jenachderbesondern Lage,in dersichdieJugend befindetAberdasZielistja auch nicht,einenbe- stimmten Typus Landjugendheranzubilden,sondern Wegezufinden, auf denen dieJugendimGehorsamgegen Gottsichin dieWirklichkeitdesLandes einfügenkann. Wenn daserreicht wird,dann werden sichvon selbstneue, vielleichtganzandere Lebensformenherausbilden,die aber für ihre Träger wiederdurchsichtigwerdenfürGottes Walten,undalslebendigeSinnbilder zuFundamenteneinerneuen Glaubenswelt werden können.

Eswirdnichtleichtsein,dieLandjugend auchnur zurErfassung diesesZiels zubringen.HierliegtdiepraktischeAufgabederJugendführung,den gang- barstenund sicheksteuWeg zusuchen.Man hatverschiedeneWegebe- schritten,undvielleicht istesauch falsch,ganzallgemeineinenWegalsden gangbarstenbezeichnenzu wollen. DiegangbarstenWegekönnen inverschie- denerLageganzverschiedensein.

Jugendarbeitistabgesehenvon ganzpersönlicherSeelsorgemeistSammel- arbeit.DieGruppenarbeit ermöglichtes,gleichzeitigaufmehrere jungeMen- scheneinzuwirken,dasInteressean derArbeit mannigfachanzuregen, dem EinzelnendurchdenKameraden HaltundUnbefangenheitzugeben.Auchdie Aufgabe stelltsichdurchdenfesten Kreis,der um sieschließt,eindringlicher dar.Denn derKreis hat ofteinlebendigeresGefühl für seine eigenstenBe- lange,alsderEinzelne,wenigstenssofernesum mehroderwenigerideelle Dingegeht.Unddochbedeutetjede Gruppenarbeit aufdem Lande eineIsolie- rungvon dem andern Teil derJugend,deraus irgendeinemGrunde nichtzu derGruppe gehört.BeidemausgesprochenenGemeinschaftsinstinkt,dertrotz allemnochdasLandbeherrscht,ist Isolierungaber immereineKampfansagean dieübrigeGemeinschaftUndwer das Landkennt, weiß,welchepraktischge- radezuunüberwindlichenSchwierigkeitensichaus solcher Gruppenarbeiter-

gebenkönnen. Sowertvoll die Arbeit in einemisoliertenkleinenKreis sein kann, sobedenklichist dochaufder andern Seite die damitverbundene Auflö- sungeinesGemeinschaftsgefühls,dasman alseinenderstärkstenpositiven Faktorendes Landes schonensollte. Auch sollteman nichtübersehen,daßeine solcheGruppekeinenorganischen PlatzinderGemeinde hat,undsich—- wenigstensalsGruppe geradederWirklichkeitentzieht,indersichzu be- haupten sie aufgerufenist.Und dochkannunter UmständendieGruppen- arbeit dereinzigmöglicheWeg sein,z. B.inGemeinden,derenJugenddurch konkurrierendes Vereins- undParteiunwesen derartig zerklüftetist, daßsie ohnehinnichtzu einerGemeinschaftzusammengebrachtwerden könnte.

AnzustrebenistjedenfallsdieZusammenfassungder ganzenJugendzu einer Jugendschafhdiesichinsichin eineBruderschaftundSchwesternschaft glic- dernmüßte.SolcheineJugendschaftordnetsich,weilsieumfassendist, ohne

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70 Gustaulciaer

weiteres indenorganischenAufbauder Gemeinde ein, istalsoselbsteinStück ländlicherWirklichkeitNatürlich istdie Arbeit insolcheinemKreiseweit schwieriger.Denn dieWiderständesindhierungleichgrößer,als in eineriso- lierten Gruppe,in dervon vornhereineinegewisseBereitschaftzumBruch mitdemHerkömmlichenvorhanden ist. Andererseitsbietet dieJugendschaft denVorteil, daßalles,was sichinihrdurchsetzt,auchwirklichSitte wirdund allgemein verbindlichen Charakter erhält,währendetwa derneue Lebensstil einerGruppenur selten Allgemeingutzu werdenpflegt.

Wenn alsodasgeistigeNiveau derJugendschaftnaturgemäßdurchschnittlich tieferliegt,als das einerGruppe, so hat siedochdasvorihrvoraus, daßalles inihr Erreichteunmittelbar Neuaufbau ist, währendalle in derGruppeer- rungenen Fortschritte sichbestenfallsmittelbar auswirken können.Auchdas VerhältnisderbloßenMitläuferwirdvielleichtbei derJugendschaftungün- stiger sein,alsinderGruppe. Andererseitsaberwerden sichin derJugend- schaft schnelldieüberragendenElemente fühlbar machen,dievermögeihrer geistigen ÜberlegenheitzuFührern bestimmt sind,undalssolcheauch ihre Gefolgschaft sinden.UnddasistgeradefürdasLand überauswichtig.Denn

wenn dieJugendschaft lebendigesGliedderGemeindeist,somuß sieauchin derLagesein,selbständigihren Wegzugehn,mußin tragfähigsein.Dazu bedarf sieaber eineraus ihr selbstimmer nachwachsendenFührerschaft. Auch dasunterscheidet sie wesentlichvon derfreien Gruppe,dieaufdem Lande meistverloren ist,wenn ihrOrganisatoraus irgendeinemGrunde von der FührungderGruppe zurücktritt.

Damit aber tritt dieFührerfragealseinwichtigesMoment derländlichen Jugendarbeitin denVordergrund.Esließesichhiereinwenden,dieFührer- angelegenheitstehe eigentlichaußerhalbdes unmittelbaren Fragenkomplexes evangelis cher Jugendführung,daihr Interesse grundsätzlichanderLebens- gestaltungdeseinzelnenMenschen hafte.Das ist richtig.Aber geradevon hieraus gewinntdieFragederGemeinschaftganzbesondereBedeutung.

Denn Lebensgestaltungist wesentlicheineFragederGemeinschaftsgestaltung

UndGemeinschaftsgestaltungaufdemLandestelltsichimmer daralseine FragederGefolgs-undFührerschaft.Und darum istauchdieFührerfrage·

einezentrale Angelegenheit evangelischerländlicherJugendführung.

Jmallgemeinenwerden,wo dieJugendarbeitinAngriffgenommen wird, PfarrerundLehrerdiegewiesenenFührersein.AberPfarrerundLehrer bleiben aufdem Landeimmer eine Art Fremdkörper,weil siealsJntellek- tuelle einer andern Bildungsschichtangehörenals derLandmensch.Sehroft wirddieseDistanz sogar geflissentlichbetont. Nunberuht freilichalleFührer- schaft, jaalleBildung auf Distanzierung.Aber dieDistanzdesländlichen Jungführers ist docheineandere,alsdie derdörflichen,,Geistlichkeit«.Dem aus dereignenMitte hervorgegangenenJungführergegenüberhatdie Land-

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anng..lugeisidjührung anycdem Lande 71

jugendtrotzderentstandenen Distanzeinlebendigesinstinktives Gefühlder Schicht-oderArtverbundenheit,dassiedemLehreroderPfarrer gegenüber niemals aufbringt.AberdasistdieentscheidendeGrundlage ihresVertrauens undihresGefolgschaftswillens.Unddarum isteseineaußerordentlichwich- tigeAufgabederländlichenJugendführung,das neue Führertumzuent- wickeln. Die FührungdarfderJugendnichtdauernd von außengleichsam übergeworfenwerden, sondernsiesollaus ihr hervorwachsenundsichständig

aus ihrerneuern. Die,,geistliche«Führungmuß danach trachten, nachund

nachzurückzutretenundsichumzuwandelnzurseelsorgerlichundfreundschaft- lichpraktischberatenden Instanz.Das innere Leben derJugendschaft soll sichdagegen mehrundmehrimAufbauderGemeinde verankern unddarin zueinem Stück eignenLebenswerden. Aus derstarkenQuerverbindung herausmußman dietragende WirkungauchinderLängsrichtung,d.h.in einzelnenFamilienverspürenkönnen.

Aber alldasistnur denkbar unter derVoraussetzung,daßimKreiseder JugendschafteineignesFührertum entsteht.Undhier hatdieJugendfüh- rung denjungenMenschen gegenüber,in denenFührereigenschaftenerkenn- bar werden,besondere Aufgaben.DieHeranbildungdesJungführersist heute nichtmöglichohnezeitweiligesHerausnehmenaus derJugendschaft.

Der Jungführer sollbeiseinem Ausscheidenaus derJugendschaft nicht gleichsamwieder untertauchen,sondernistdazu bestimmt auch weiterhinin derFührungzubleiben,seiesinöffentlichenÄmtern oderBerufsangelegen- heiten,oderauchnur in derheimlichenFührungder Sitte. DennSitte kann man nichtirgendwie einführenoderanordnen,sondern sie mußalslebendige Übungaus derGemeinde herauswachsen.Unddasistebennur so möglich, daßsievon Einzelnen,von Führerpersönlichkeitengeübtundvorgelebtwird.

ZusolchemFührertum gehörtabernichtnur eineumfassendereBerufs-und Standesbildung,sondernaucheinegewissegeistigeAusweitungundzielsichere WillensbildungUnddazureichtdiegelegentlicheEinwirkungdesPfarrers oderLehrersnichtaus. DerJungführer bedarfneben dergründlichentheore- tischenAusbildungderFachschuleund derpraktischendurchfreiwilligeDienst- leistunginfremdenBetrieben aucheinerBelehrungüber diebiologischen, soziologischenund seelischenZusammenhängeseinerUmwelt,damit er die Wirklichkeitunddie darin gegebenenNotwendigkeiten tiefer erfassenlernt.

Die Grundlagensolcher ländlichenGeistesbildungkönnen dieFachschulen nicht geben.Hiertreten dieländlichenVolkshochschulenein,die inmehr- monatigen Kursen solchezuFührern bestimmten jungen Menschenaus den verschiedenstenGegenden zusmnmenfassen,um sieindieWirklichkeit,vor allemauchdiegeistigeWirklichkeitihrerWelt einzuführen.Noch wichtiger aber,alsdieVermittlung solcher Bildungsstoffe, dürftefürvieleJung- führerundJungsührerinnendieTatsache sein, daß sie sichhierin eineGe-

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72 HerbertLempjert

meinschaft hineingestelltsehen,die selbstaus tiefsterVerantwortung gegenüberderWirklichkeitherauszugestaltensucht,unddieihnendaher lebendigeWegweisungfürdieGestaltungihres eignen Führertumswerden kann.

Eskann von derLandjugend schlechthinnichterwartet werden, daßjedes Mädchen,jeder Bursch selbstzujenem Ziele durchkämpft,daswir als das Ziel evangelischerJugendführunggesteckthaben.Eswird immer eine SachederFührung sein,wieweit sie sich diesemZieleannähert.Denn die Handlungsfreiheihdie wirforderten,wirdsichaufdem Lande imwesentlichen innerhalbdervon derGemeinschaftgezogenen Grenzenhalten.Umsowich- tigerundentscheidenderaberistes,indemeinzelnenJungführereinstarkes Grenzbewußtseinfürdiegeforderte FreiheitundBindungzu erwecken. Denn von seinerHaltungwird esabhängen,was unter derihm folgenden Jugend Sitte wird,unddamitauch OrdnungundseelischeForm jedes Einzelnen.

Vielleichtmöchteam SchlußdieserAusführungennocheinmal gefragtwer- den,was dennandieserJugendführungdaseigentlichEvangelischesei.Denn

von evangelisch-religiöserFührungoderErziehung sei sogutwiegarnicht die Rede.Unter evangelischerFührungoderGestaltungkannnichtgemeint sein, daßman irgendwelche Lebensformenals Typen dengeschichtlichen Evangelien entlehnt,um siedergegenwärtigenWirklichkeitaufzuprägen.

JedeWirklichkeitmuß,geradewenn man siealsvon GottgesetzteWirklich- keiternst nimmt,inihrerEinmaligkeit hingenommenwerden. Aber dasist nun ebenauchgeradedasEvangelische,das,was uns besondersanderHal- tungJesuimmer wieder ergreift, daßuns jede WirklichkeitinjedemAugen- blickvor Gott stellen soll. Nichtdiegedächtnismäßigeoderbegriffsmäßige Aneignung vermeintlichreligiöserStoffe bringtuns zuGott,sonderndas immerwährendeBemühenum Neugestaltung gegenwärtigen,selbständigen Lebens aus dem Gehorsamgegen Gott. Das ist vielleicht auchderletzte Grund dafür,warum uns dieJugendnichtMittel zumZweckwerden darf, undwäre esderZweck,demkirchlichenLebendesLandes neue Kräkazu- zuführen.DieJugendmußin derevangelischenJugendführungimmerselbst dasbleiben,um dessenletztenSinn esgeht.Aber auchdasist jaim Grunde genommen keineisolierteZielsetzungDenn wenn siezudieserSinuerfüllung geradeimRingenum ihreeigne Positiongelangk,so istdieserihr eignerEr- folgebendoch aucheinwirklicherErfolgimKampfum dieGesamtposition desLandes,alsoeinwirklicher Schritt aufdemWegezurErneuerungdes Landmenschentums.Unddarin erfährtdieevangelischeJugendführungdann auchihre Rechtfertigungvor demvölkischenGedanken.

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