UNSER BUND
ÄLTERENBLATT DES BUNDES DEUTSCHER JUGENDVEREINE
Akt
21.JAHR MAl 1932 WONNEMOND HEFT 5
UnserBund
herausgegebenvom Bund Deutscher Jugendvereinee.V.
Bundesleiter: Prof.D.Dr.Wilhelm Stählin, Münsteri.Westf., Paul- straßexö(sernrus26597).
Bundeskanzlei undBundesgeschäftsstelle:Göttingen,Weender Str. bo,I (Postfach zo4), setnrufGöttingen2853.
Bundeswart AugustdeHaas, BundesgeschäftsführerGeorg Brust,Göt- tingen, Postfachzo4. PostschecklontodesBundes: Berlin Nr.222zo.
Schristleitunar ·
»UnserBund«wirdinständigerVerbindungmitPastorKarlPeter Adams, Hamburg, und PastorKurt Vangerow, Liegnitz, herausgegebenvon Iörg Erb, Hauptlehrerz Gersbach Amt Schopfheim (Baden).
Bestellung-
BeiderPostoderbei derKanzleidesBDJ., Göttingen, Postfachzo4.
Preis-
VierteljährlichxJzo.RM.
Bezahlung:
BeiderPostoderbeimBund Deutscher Jugendvereine,Göttingen, Post- scheckkonto:Berlin Nr.222zö.
Inhalt dieses Hestesx
LobtGott getrostmitSingen. — Ichwill bauen meineGemeinde. — Was dieBibel über denHimmel sagt.— DasLagervon Bunzelwitz.— GeschichtedesdeutschenVolkes. — Das Erbe. — Stahlwerk Becken ,,LetzterAlt«.— Vom Sinn desBundes. — Zur Alloholfrage.— Vom Tage.— Buchund Bild. — DieEcke.— Anzeigen.
AnschristenderMitarbeiter-
Adolf Brandmeyer, Gelsenlirchen-Schalle. — Prof. D. Dr. Wilhelm Stäthm Münsteri.W.,PaUlstr.Zö.— WilhelmStapel. — Walther Classen, Hamburg.— Jörg Erb, Gersbach,Amt Schopsheim (Baden).
«- Wilhelm Thomas, Bremke,Göttingen-Land.
Beilagem
,,Kundundzuwissen«MmLig beigelegt).
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LobtGottgetrostmitSingen, srohlockduchristliche Schar.
Dirsollenichtmißlingen, DennGott hilst dir immerdar.
Obdugleichhiermußttragen VielWiderwärtigkeit, Nochsollstdunicht verzagen, Erhilstaus allem Leid.
Dichhatersich erkoren UnddurchseinWort auferbaut, Beiseinem Eidgeschworen, Dieweil duIhmbistvertraut:
DaßErdeinerwill pflegen Jnaller AngstundNot, Deineseinde niederlegen, DiedichschauenmitSpott. Amen.
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»Ichwill bauen meine Gemeinde,«spricht Jesus. Spurenwiresnicht,wie daein starkerheiligerWille nachuns greift,damit unser ohnmächtigerGlaube undunser sterbendesLebenWerkzeugwerde für seine Gemeinde? AllerGlaube, allesLeben,das sich dazunichtgebrauchenlassen,das sichdazu mitdemHam-
mernicht behauenlassen will,istUngehorsamundEinbildung.Wir tunimmer so,als obderBau fertig wäre,und darum reparierenundflickenwir. Wir ahnennichtmehr,daßderHerr bauen will,vorwärtsl
»UnddiePfortenderHöllesollen sienichtüberwältigen.«Diezerstörenden Mächte können stärkerwerden indiesemJahr. Oswald Spenglerschreibtam Schlußseines Buches: »Der Menschund dieTechnik«:»Aufdemverlorenen Postenausharren ohneHoffnung,ohneRettungistPflicht. Ausharren wie jener römische Soldat, dessen Gebeine man vor einemTorinPompeji gefun- denhat,der starb,weil man beim Ausbruch desVesuv vergessen hatte,ihn abzulösen.« Mag sein,daßdiesesdas EndeEuropas ist;wirwissenesnicht.
Aber: DerHerrsolltedieSeinen vergesseneNiemals — wirheißeneuch hof- fen!Er solltevergessenuns abzulösen-.zNiemals —- wirheißeneuchhoffen!
Als obderEwigewiederheidnischeKaiserwäre! Wer dieJesusfragehört unddieGlaubensantwort gibt, empfängt unzerstörbare Hoffnung. »Die Pfor- tenderHölle sollensie nichtiiberwältigen.« Adolf Brandmeyetz
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Was dieBibel über den Himmel sagt.
ZumHimmelsfahrtsfest.
DerHimmel machtuns Not. Ach,undesist zunächstnoch nicht einmal die wirklicheundernsthafte Not,dieuns Menschenimmer wieder Gott undfein Himmelundfeine Ewigkeit macht; sondernesist einfachdasWort, dasBild, das wir hiergebrauchen.Was istdas,derHimmel? Hatdas Wort nicht einfachzwei ganzverschiedeneBedeutungen?Einmal derHimmel,dersich sicht- barüberunsererErde wölbt,demKindedas liebeblaue Himmelszeltmitder Sonne unddenSternlein daran,und demWissendenein unendlicherWelten- raum, in demeskeinOben undkein Unten gibt, dessen Maßewiruns garnicht mehrvorstellenkönnen— unddanndieGotteswelt, andie wirglaubenundauf die wir hoffen,wenn wirbeten:
LieberGott, mach mich fromm, Daß ichzuDirin’nHimmelkomm.
Aberwas haben die beidenmiteinander zutun,undwas heißtesdenn, daß Christus aufgefahren istgenHimmels
Wir wollen diesragenicht kleinerund leichter machenalssieist;aberwir wollen,wiewir esneulich mitdersragenach demLeibgetanhaben, zunächst einfach hinhören,was dieBibel sagtundmeint,wenn sievom Himmelredet.
»UndGott nannte dieseste Himmel« (x. Mosex,8).Dakommtdas Wort
Himmelzum erstenmalin derBibel vor; und daist gleichdasEntscheidende gesagt. Die Schöpfunghebt damit an, daßGott scheidet,was geschieden werden muß:Gott scheidet LichtundFinsternis,undGott scheidetdas,was über der Erde ist,von dem,was aufderErdeund unter derErdeist. .(Es ist gut,daran zudenken:alleVerwandlungvon ChaosinKosmos —- undKos- mos heißt Ordnungll — fängtanmitderScheidung; anStelle desgrauen Allerweltsbreies gibtesnun HellundDunkel, gibteseinOben undeinUnten, gibtesMeer undLand!) Jch weißnicht genau, wiesichderDichter dieses SchöpfungsliedesdasmitdersesteunddenWassernüber derseste gedacht hat;
abersoviel istzuverstehen, daßnachfeinerMeinung der,,Himmel«dasist,was überdieserErdeistunddasman alsHimmelnur sehen kann,weilesvon dieser Erde geschieden ist.Darum undnur darum ist dieser HimmeleinGleichnis für die Welt Gottes.
»Die Himmel erzählendieEhreGottes« (Pfacmx9-2).EineErzäthng ist keinLehrbuch;man hört die Sache nur, wenn man sie sich erzählen läßt.
Aber wenn dieMenschenvon Gottes Größeund Majestätreden oder doch stammeln wollten,dannhaben fie—- esist wirklichimmerso gewesen— nichts bessereszusagengewußt, alsdaß seineTreueistwiedie Sterne undfeineGüte reicht,soweitderHimmel ist (PsalmZö, 6).
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»So hochderHimmelüber derErde ist...«(PsalmxoZ, xxzJes.sb,9).
Seht,auch die Alten habengewußtvon derWeite derHimmelsraume. So.
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wiederAbstand zwischen »Himmel«UndErde ganzunvorstellbar ist, soun- erreichbarhochsindGottesGedanken überunsern menschlichenGedanken und so unfaßlich groß— ist seinErbarmen.
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,,Aller Himmel HimmelkönnenDichnichtfassen« (J.Kön. s,27).Haben wirklich die Männer desAltenTestamentsgemeint, daßGott ,,irgendwo« »da droben«,im Himmel »wohnt«? Auch das erhabensteGleichnis, das der Mensch gebrauchenkann, ist sofort gesprengt,wenn esmehr alseinganz be- scheidenesund kindlichesBild seinwill. Auchwenn man überdenHimmel, denwirsehen, sicheinennoch vielhöheren Himmel denkt, sohoch underhaben darüber,wiedererste Himmelüberunserer Erde, so istauch dasnoch vielzu armselig,um Gottes Wohnung zusein. Welche Ehrfurchtvor derMajestät Gottes! UndwelchesHindurchschauendurch denräumlichenHimmel!(Man lese auch Jes.4o, se undHiobJs,x5!)
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,,Himmelund Erde werden vergehen«(Matth. 3-4,35).So wenigmeint dieBibel,derHimmel,denwirsehen, seiGottes Ort undWohnung, daß sie vielmehr verkündigt:auch dieser Himmel muß vergehen. UndmitJesus Christuskommt nichtnur eineneue Erde, sondern auchein neuer Himmel (Offb. ex,x).Was sindSonne und Mond und Milchstraßeund Sternen- nebelgegen dasLeben,dasinJesus Christus erschienen istunderscheinen soll?
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Das mußman wissenund daran mußman denken,wenn man von ferne begreifen will,was das Wort Himmel imNeuen Testamentbedeutet. Jm AltenTestament istesderHimmel,dersichüberdieserErde wölbt,abererist ein ganzdurchscheinendesBildfürdasGeheimnisdessen,derdenHimmel faßt mitseiner Spanne. JmNeuen Testament istesganz undgar dieverborgene Welt Gottes,unddas Himmelsgewölbe gibt diesemGeheimnis fastnur noch denNamen.
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»sreuet euch,daßeure Namen imHimmelgeschrieben sind« (Luk.zo,zo).
Wo sind unsereNamen geschrieben, aufbewahrt undunvergessen? DasBuch in demHimmel istnur einstammelndesGleichnisfürdasHerzGottes,in dem auch das Verlorene unverloren ist.
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Jhr werdet sehendenHimmeloffen(Joh. x,5x).Welches istderschönste Traum,von demdie Bibelerzählt?Alsich meineSchulkinder so fragte, sagten siealleohneBesinnen:JakobsTraum von derLeiter,dievon derErde zum Himmel reichtundaufderdieEngelGottes auf-undniederschweben. Dieser Traum ist erfülltinJesus Christus. Jesus Christus anschauen heißt sehen,wie dieSegenskräfteGottes hereinströmenindieseWelt und wiedasarme, ver- irrte Menschenkind heimgetragenwird an dasHerzdesVaters.
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,,Dies istdasBrot,das vom Himmelkommt« (Joh.b, 35). Deutlichwird diesBrot entgegengesetztdemManna,das auchvom ,,Himmel« herabfiel auf
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die Erde. DasBrot desneuen Bundes kommt aus demwirklichenundwahren Himmel.Darum istesdas wahreBrot,dasBrot derErfüllung.Undwenn
wir davon reden, könnenwir doch nichtanders sagen,als: es kommt vom
Himmel. .
»Ich sahdenHimmel aus-getan«(Offb.x9,xx).AlsKindhabe ichgemeint, wenn ich indenGlanzder untergehendenSonne sehe, schauteich wiedurch einkreisrundes sensterimSimmelsgewölbehinaus ineineWelt voll uner- hörtenundunvorstellbaren Glanzes. Dergeöffnete Himmel:das istnicht die Entdeckungdesbisher Unerforschten,derBlickin dieFerne,die dasbloße Auge nichterreicht; sondernesistdas Schauen desUnsichtbarenund Verborgenen.
DasGeheimnis selbst istoffenbargeworden.
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»Sie sahenihn, wie er genHimmelfuhr« (A.G. z,zo).Wenn die JüngerindieserStunde mitihrenleiblichenAugenetwas gesehen haben, so istdas nichtdas Entscheidende;aber was sie geschauthabenmitdem Auge derSeele,daswar so, daßvon Stund anihr Herz,ihreHeimat,ihrBürger- recht indiesem »s5immel«war. Oderverstunden wirdasetwa besseraus den Worten,mitdenendas älteste Christus-Liedvon derSimmelfahrt redet: Erist aufgenommen in dieHerrlichkeit?(x. Tim. Z,x6).
Wilhelm Stählin.
Das Lagervon Bunzelwitz.
Als derKönigvon PreußenimSpätsommer UöxdieVereinigungder Oesterreicherund Russen nichtmehrhatteaufhalten können, schienihmnur dieWahl zubleiben,dasseld,d.h.Schlesien,zuverlassen,odergegen eine erdrückendeUebermachtdas Glückzu»versuchen«unddieExistenzum derEhre willen zuwagen. Ertatkeinesvon beiden, sondern begannam zo.Augustein festesLager anzulegen,erzogringsum seineArmeeGräben undWälle,er- richtete Schanzenundstelltedas Geschützauf.Daswar dasLagervon Bun- zelwitz.Das Königreich PreußenmitallseinerGlorie bestandnur nochaus 50ooo Soldaten hinter Wall und Graben — einverlorener Postenoderder
Kern einesneuen Reiches? -
Mit demLagervon Bunzelwitz hatFriedrichdieGötter besiegt.Sie be- reiteten ihm noch einenschwärzestenTag: Schweidnitz fiel.Abererhat alles überdauert. Am5.Januar 3762geschaheinWunder: dierussischeZarinstarb.
Friedrichwar gerettet.
JedesVolkhat inseiner Geschichte gewissesymbolischeTaten. Einesderbe- deutendsten Symbolederdeutschen Geschichte istdasLagervon Bunzelwitz.
Wenn wir das Lagervon Bunzelwitz beziehen, sindwir uniiberwindlich.
Wenn wirdiesesLagernichtanzulegenundzubehauptenwagen, rechnen die Götteresuns alsVerrat an.
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Mehr alseinJahrzehnt brauchtees,daszdiedurch den Friedenvon Ver- saillesumgelagerten MachtverhältnissederMenschheit offenkundigwurden.
Man wußte, welcheGruppe gesiegt hatte, abernicht,wer derGewinner war.
InzwischenhatsichdasVerworrene entwirrt, dasTrübegeklärt.Wir sehen, daßdas GoldderWelt sichanZweiStellen sammelt:inParis undNeuyorh DieVerteilung desGoldes aberistderGradmesserderMacht.
FrankreichundNordamerika sinddie beidenmächtigstenStaaten imStaaten- system unseresPlaneten. Weil inihrenKellern das Gold am sichersten ist, darum strömtesihnenzu. Nichtdas Gold istdasErsteund dieMachtdas Zweite, sondernimmer undüberall istdieKriegsmachtdas Erste. Wo die stärksteArmee,diestärkste Flotte,diefestesteFestung ist,dahinzieht sichdas Gold,denndortfühltessich geborgen. VordemKriegewaren dieenglischen GoldstückediebestendjerWelt, denn Britannien ,,ruledthewaves«,die deutschenwaren diezweitbesten,denndas gewaltiggerüstete Heerdesdeutschen Kaisers schrecktedieUnruhigen. Machtund Besitz sindimLebenderNationen
nicht dauernd zutrennen. '
DieunabhängigsteundüberlegensteMacht derErdeistheutezweifellos die französische.Aber siehatnicht die breiteGrundlagederamerikanischen. Sie wurde nicht errichtet durch einenmilitärischen, sonderndurch einen diploma- matischen Sieg.Diesen Siegzusichern unterhältFrankreich (erstens)eineun-
geheure Kriegsma"cht,ziehtes(zweitens) gegenüberdemFeindeeineundurch- dringlichechainefortife (Befestigungskette)um sich,errichtetes(drittens) ein Systemvon Vasallenstaaten (Polen, —Tschechoslowakei,Jugoslavien). Siesind insLebengerufen worden,um FrankreichgegendieDeutschenzuverteidigen.
Spanienwurde ebenfalls seiner Unabhängigkeitberaubt und— das istderge- schichtlicheSinn derspanischenRevolution — alsVasallenstaatindas fran- zösischeSystem eingegliedert.Wie diespanischeRevolution von Paris aus ge- schiirt wurde,sowird auchderAntifaschismus von Paris aus gepflegt.Ein Sturz desFaschismusinItalien würde Jtalien ineinenVasallenstaat Frank- reichs umwandeln. AuchnachOesterreichgreift das französischeVertei- digungssystem
Aberindieserdunklen Zeit haben wirdieGeschichtenichtvon derMagna Germania aus zubetrachten, sondern— vom Lagervon Bunzelwitzaus.
Das deutscheReichistim Westen,Ostenund Südostenvon denFranzosen umschlossenundeingepreßt.DieFranzosen sinduns an MengederSoldaten,
anZahlundWert derWaffenunendlichüberlegen.Wir sindin deräußersten, bedrängtestenVerteidigung. Jetzt istnur einesnotwendig: alleKräfte zusam- menzufassen,um auszuharren.
Esgilt,dasLagerzuschanzen undzuhalten. Weder das ,,höhere«Inter- esseeinesPaneuropa, nochdas SonderinteressederLandschaftenundStämme hatuns zukümmern. Das Lagerbedeutet erstensAbgrenzunggegen außen undBeschränkung aufuns selbst,zweitens unbedingten trotzigen Abwehrgeist.
DieBeschränkungbringtArmut. Wir müssen diese Folgerungziehen: lieber durch Armut zur Unabhängigkeit,als Wohlstand in Unfreiheit. Vielleicht haben wir bald keinGeld mehr,etwas im Auslande zukaufen. Vielleicht können wirdenStaatshaushalt trotz allemnicht aufrechterhalten.Dann kommt
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derAugenblick,wo wirvon unseremBodenallein lebenmüssen.Dann werden wir wieder,wie imKriege,einvölliges Heerlager sein.Mit derNotverord- nung vom g.Dezember x93xhatdieFeldlagerordnung und Feldlagerwirt- schafr begonnen. Man wird nichterschrecken dürfen,wenn imVerfolg dieser KampfmaßnahmnedieBrotkarte unddieRationierung derWaren wiederkehrt.
Dann aber darfnicht mehrdavon geschwiegenwerden, wofürwir dieEnt- behrungenaufuns nehmen. Dann mußderFührerdas Wort auszusprechen wagen: JmNamen derdeutschen Nation, um derdeutschenFreiheitwillen wird dirdieseNotauferlegt.
FritzKlein«schriebvor kurzem:»Ohne HaßundohneVoreingenommenheit, abertief durchdrungenvon dergeschichtlichenErfahrungdesSchicksals dieser beidenVölker(FrankreichundDeutschland),diekeinAusweichen gestattet,weil ihrCharakter sichnichtgeändert hat,mußauf lange Sichtundimvollen Be- wußtseinderdamit verbundenen OpferdiePolitikderstolzenArmut undZu- rückhaltung durchgeführt werden, die allein Deutschlandwieder zueinem Machtfaktor machenkann.« Eine solche Politik darfnur einemVolke zuge- mutet werden,welchesweißundwillund,wo esnicht will,wollen muß,daß dieBefreiungdesVaterlandes von dermörderischenOberherrschaftderFran- zosenZiel der Politikist.Derangemaßten Herrschaftmuß ein Ende gesetzt werden. Es gehtuns nichtum Etat und Regierung,nichtum Kapitalund Wirtschaftsbliite, sondernallein darum, daßwir nichtanders alsinFreiheit lebenwollen. Wer zudieser Politiknichtentschlossen ist, sollzurrechten Zeit aus demLager gehen,damit ernichtzumVerräter werde.
Aberworaufhoffenwirdenn? Woraufhofftedergroße FriedrichimLager von Bunzelwitz? Aufnichts. Wir habenkeineHoffnung, wir habennur einePflicht. ObdiesesLagerderUntergangeineraltenoderderAnfangeiner neuen Welt ist, gehtuns nichtsan. Das istGottes Sache.
Walter Stapel imDeutschenVolkstum z«933.
Geschichtedes deutschenVolkes
inzo Sätzen.
WirkennenWalther Classen,denEhrcnvorsitzendenunseresBun- desalsVerfasserdermeisterhaftendeutschenGeschichte»DasWerden desdeutschenVolkes«. Was erdort indreigroßen Bänden voruns ausbreitet,unternimmt erhierinzokurzenSätzen zusammenzufassen, umdenWeg aufzuzeigen.denunserVolkausalterZeit hergeschritten kommt inunsereTage.DieseZusammenfassungist meisterhaft; ihr solltet sie streng durcharbeiten ineuren KreisenundArbeitsgemein- schaften.Aber lebendigwerden sie erst recht,wenn sieanSanddes großenWerkes zuminneren Eigentumerarbeitet werden. J.E.
z. VolkundRasse sindnichtdasselbe.Rasse isteinBegriffaus derNatur- wissenschaft,VolkisteinBegriffaus derGeschichte.EinVolkwächstimLauf derGeschichteaus mehrerenRassenzueiner geistigenEinheit zusammen.Auch
«Siehe»UnserBund« 4, x932.
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die Germanen sindaus derVereinigungmehrererRassen entstanden,undzwar imAusgangderjüngeren SteinzeitundimAnfangderBronzezeit.
z.Als die Germanen mitdenRömern zusammenstießen,empfingen sieviel
neues Kulturgut Undgerieteninmächtige Erregung ImZusammenhang
damit entwickelt sichdieWodansreligion. DieGermanen gewannen dasheu- tige Süddeutschlandund besetzten schließlichmit kleinen Kriegerscharenden ganzen WestendesRömerreiches.Andas erworbene Kulturguterinnern viele Lehnwörter: Fenster, Ziegel, Glas, Meister, schreibenu.a.
Z.AufdemBoden desRömerreichesnehmendieGermanen das Christen- tum an,keineswegsdurchseuerund Schwert gezwungen, sondernfreiwillig inBewunderung derhöheren Kultur. SiegebendasChristentumweiter an die altenStämme inderalten Heimat.Sieübernehmen mit demChristentum j.die Idee desVatergottesunddieGestaltdeszum Gotte emporentwiekelten Christus,z.dieIdee Augustinsvom Gottesstaat, welchemjeder irdischeStaat zu dienenhat(KarlderGroßeundOttoderGroße),Z.dieSpannung zwischen derirdischenWelt unddem geistigen Leben,denGegensatz zwischendernie ganz vollendeten irdischen Schöpfungundderhöheren Welt desGeistes. Es stammt diese Gegenüberstellungnichtvon Jesus, sondernvon dermüdenWelt derSpätantike, siehatihrenerstenAnfangbeiPlato. Daherwill das mittel- alterlicheChristentum sich verwirklichen imMönchtum,dasGewaltiges leistet, aberimmer wiederinHerrschsuchtoderinträgem Genuß sich selbstuntreu wird.
-4.Nach germanischer Auffassung hatdersürstdesVolkesfürdiePflegeder Religionzusorgen. Darnachhandelndiegroßen deutschen Kaiser.DerPapst istdererste geistlicheBeamte ihresReiches,welches die ganze Christenheitum- spannen soll.Aberesgriffdas Papsttumselbst erfolgreichnach derFührung.
Zugleichentwickelt derStaat sichzurreinpolitisch-westlichen Größe.Daraus entsteht langer,nieentschiedenerStreit.
b.IndieserZeitvollbringt dasdeutscheVolkeingewaltigesWerk: Die Be- siedlungdergroßen, dünnbevölkerten, fastunkultivierten Gebiete desOstens, indenAlpen,bisnachUngarnhinein,indemslußgebietderElbe,derOder undderunteren Weichsel,anderOstseeküsteweitausgreifendbiszum Ladoga- see.DasWerk geschiehtdurch die dreiStände derNation: Adel, Bürgerund Bauern, jedochindas letzte Gebiet,das nur zuSchiff erreicht wurde, folgte derBauer nicht mehr.
d.Das hoheMittelalter läßtdas Volküberall genossenschaftlich gebunden erscheinen: Ordensstaat,Ritterbünde,Mönchsorden, Zünfte,Städtebünde. Diese Bindung zeigt symbolischingroßartiger WeisedergotischeDom: jederTeil isteinstreng gebundenesGlied eineskunstvollenGanzen. AberimInnern diesergenossenschaftlichgebundenenWelt regtsichdas Individuum: inder MystikdrohtFrömmigkeitsich unabhängigzumachenvon derKirche. In Italien erstehtbereits derrein nachGesichtspunktendesStaatszweekes han- delnde Politiker,und indeutschenStädten erhebensich einige kapitalmächtige Sandelshäuser.InderGotikhat derWunsch,dieMachtdesfrommen Gefühls auszudrücken,eine feine Kunstdes Charakteristischenerzeugt. Schon wird
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innerhalb dergestaltenreichen Kunstwerkedas GesichtdesMenschenum seiner selbstwillen dargestellt.DereuropäischeMenschwill selbständigwerden.
7.LuthergehtdenWeg selbständigenGlaubens. Erbrauchtnicht mehr die Kirche,um zuGott zukommen. DerFrommetritt unmittelbar vor Gott.
LutherhatdieseFreiheitgewonnen, nicht indem erdieKirchekritisierteund angriff, sonderndurchdenZweifelund dieKritik ansich selbst.Vondiesem Zweifel fühltersich erlöstdurch Gott. Jnihm wird eineneue Art,das Leben zumeistern, geboren. Lutherist frommer Jndividualist, aber doch mitallen Kräften seines WesensdemLebenderGesamtheitverbunden.
s.Deutschlandwirdgewaltig bewegt,weildieMenschen schon diesem Selbst- ständigwerdenganz nahewaren. Diese geistige Bewegung wird begleitet von großen Machtkämpfen zwischen FrankreichundHabsburg-Spanien und von einer großen sozialen Erschiitterung, diedadurchgeschieht,daß Bauern undstädtischeHandwerkerdiewirtschaftliche WandlungderZeit,denBeginn derrein kapitalistischen Wirtschaft, spürenund sich dagegenwehren, inder
neuen Wirtschaftsform nur Werkzeugzusein.Die besten Nutznießeraller
dieser Bewegungensind zunächstdieKleinstaaten.
9.Jnderallgemeinen Auslösung,diezuvölligem Subjektivismus zuführen scheint, suchtdieprotestantischewie diekatholischeKircheneue Bindungen.
Die protestantische,diesichnoch immer alsFortsetzerinderalten Kirche fühlt, mitdemUnterschied,daßjederohnePriester selbstvor Gott verantwortlich ist, suchtdieneue Denkweiseineinfestes Lehrgebäudezubinden,diekatholische,
aus Trägheitund Verworfenheit aufgeriittelt, ordnet sich selbstvölligneu:
Disziplinund Mystikwerden ihreMittel,dochso, daßderneue europäische Jndividualismus inPolitikundLebensgenußnichteingeschränktwird. Barock derAusdruck derEpoche!DerKampfderreligiösen Richtungenwird infurcht- barerForm zunächst zwischen SpanienundHollandausgetragen. Dabeioffen- bart sich,welcherLeistungendasneue protestantische WeseninPolitik,Kunst, Wissenschaft undWirtschaftfähig ist.
zo.Deutschlandwird durchdiekämpfenden Richtungen zerrissen.Es hat bereits denWegin dieneuen LänderjenseitsdesOzeansnicht mehrgefunden,
esistzwar reich, ja üppig,aberineinem ZustandderBeharrung — dazer- schlägtderZojährige Kriegdenin Jahrhunderten erworbenen Wohlstand;das KapitalderStädte zerfließtineiner großenWährungsverfälschung,Hand- werkerundAckerbauern werden inmanchenLandstrichen fastvernichtet. Müh- sammuß derObrigkeitsstaat helfendundbefehlenddieRestederBevölkerung wieder emporpflegen.DerVolkscharakter erleidet arge Schäden.—— Immerhin bleibtnoch dieFormdesalten Reicheserhaltenunter derFührung Oesterreichs, dasimKampfemitFrankreichundmitdenFiirstenzurGroßmacht heranwächst.
U.DurchAnschlußan diekalvinistischen MächtedesWestens gewinntdas HausHohenzollernneue innere Energie.Es gelingt ihm, wesentlich aufdem Boden des kolonialen Deutschlands,jedochauch durcheinige Besitzungenim Westenanderwestlichen Politik interessiert,einenstarkenStaat zuzimmern.
Unter derFührungeinesdergrößtenStaatsmänner derWeltgeschichtewagt 104