Hamburgiiche
, .«
«Dra1naturgie.-
Aehtzigstes Stück.
«
Den sten Februar, 1i7682
.l
mFozu
diesamt-e Arbeirx der- dramatischen-
-
Form-?
-«wozu Theater »,-erbau·e,t,"
Männer
undWeisberxiaerkleweez Ge--
,dächtnissegemartert, die-ganze Stadt auf einen- Pkatz geladeij
wennichmic meinem Werke,
und
mit der Ausführung desselben, weiter»
nichts-s hervorbringen will-
aiseinige von den Regungen,
die einegute Erzehnmg
-VOUJEDQM zu Hause
infeinem Winkel gelesen- Mille-schi- auch hervorbringen würde.
» ( »-
.
Die dramatische,Form ist«-Bis OiUzigO
MWei-
»
chek sich Max-zip
undFurcht-
erregenläßt;
we- »nigstens können
in keiner- andernForm diese Leis- dmschaften auf
einensohohen Grad erreget
wer-.- den:und gleichwohl
willmanlieber alle andere darinn
erregen, alsdiese; gleichwohl will
mansie tieber zu
allemandern brauchen, als zu dem, wozu sie so Mriüslich geschick«t ists
.,;E
e —Das
218
·Das«Publikum nimt uorlieb.
—-Das ist gut- und auch nicht gut., Den-n
mansehnt sichnicht
-
sehr nach
derTafel,
ander
manimmer vorlieb
nehmen muß.
- -v»Es ist bekannt, wie erpicht das griechisch
·und
römische Volk aus
dieSchauspiele waren;
besonders jene-s;auf
dastragische. Wie gleich- gktltigz
wiekaltist« dagegen unser Volk für
dasTheater! —Woh·er«diese Verschiedenheit,
wennsie nicht daher kömmt, daß
dieGriechen
Vorih-
rer
Bühne sich
mitsostarken, so außerordentli- chen Empfindungenbegeistertfühlten, daß sie den Augenblicknicht erwarten konnten, sie aber-
mals undabermals zu haben: dahingegen
wiruns
Vor unserer Bühne so schwacher Eindrücke
,
bewußt sind, daß
wiresselten
derZeit
unddesGeldes rverth halten, sie
unszu Verschaffen?
gehen, fast alle, fast immer,
ausNeugier- de,
ausMode,
ausLangerweile,
ausGesell-- schaft, aus Begierde zu begassen,
undbegaft zu werden,
insTheater:
und nurwenige, und diese wenige
nursparsam,
ausanderer Absicht.
Ich sage, wir, unser Volk, unsere Bühne:
ich
meineaber nicht blos,
unsDeutsche.« Wir Deutsche-bekennen
estreuherzig genug
,daß
wirnoch
keinTheater haben. Was
vielevonun-«
scrnKunstrichterm
dieindieses Bekenntniß
mitein-stimmen,
undgroßeVerehrer des fran-«
zdsischen Theaters sind, dabey denken: das
lang
« ,
«
»
ich so eigentlich nicht
«
wissen? Aber ich weiß wohl
,wasich dabey denke. Ich
denkenehm- lich. dabey: daß nicht allein
wirDeutsche; sou- dern, daß auch die, welche sich seit hundert Jahren
einTheater zu- haben rühmen, ja das besteTheater von ganz Europa zu haben prah- len,
—-daßauch dieFranzosen noch
keinTheater haben.
s. . "I
KeinTragischesgewißnicht! Denn auch die Eindrücke, welche
diefranzösische« Tragödie macht, sind so stach, so kalt!»-·-—-Mat«i höre
ei--nen«Franzosenselbst,
davon-spr·"echen.—"
« ,— »»Bei)
denheruorstechendenSchönheiten un-
-»sers Theaters, sagt
derHerr -vo"nzBoltaire,- ,,fand sich-einVerborgne-r Fehler,
denman-nicht
«bemerkthatte, weil
dasPublikum non selbst
»Heute höhere Ideen haben konnte, als ihm
die,,gwßenMeister durch ihre MUster bepbkachtem
»Der einzige Saint-Evremont ·l)at diesenFeh- ,,ler.ausgeinutzt;
ersagt nehmltch- daß Unsere
«Stücke nicht Eindruck genug -«ntachten,e daß
»das,
was»Müleid«erweckenszsolle,» aufs hochste
»Zärmchke.ü errege, daß Rührung die Stelle
»der Erschütterung,
undErstaunen die Stelle ,,des Schreckens,Vertrete; kurz
,-·daß unsere
»Empsindungennicht tief genug gingen. Es ,,-«ist nicht zu leugnen: SaintzEvremont hat
mit»dem Finger gerade auf die heimliche Wunde ,-,des französischen Theaters getroffen. Man
«
E
c2»sage
,,sage immerhin- daß Sai-nt"-Evremont deer ,,«fasser
derelenden Komödie Sir Politik Would-
«»be, nnd noch«
einerandern eben so elenden,
die«-,,Oper.,n« genannt, ist; daß seine kleinen gesell-
-
»schaftlichen Gedichte
daskahlste
nndgemeinste -«sind,
waswir in dieser Gattung haben; daß
,,,ernichts
alsein Phrasesdrechsler
war:man ,,,kann
keinenFunken Genie haben,
undgleich-
«-»——wsh-l vielWitzsund Geschmackbesitzen. Sein
«,,;Geschmack aber
warUnstreitigx sehr fein
,daer-»di»eUrsache,
warumdie meisten
Vonunsern
»Stücken so
mattund kalt sind
,«so genau traf.
»Es hat
uns immer an einemGrade
vonWar-
»,,me
gefehlt
:«-dasanderehatten
wiralles.«
Das ist:
wirhatten alles,
nurnicht das, was wir haben sollten
;unsere Tragödien
warenHortrefflich
,«nurdaß
eskeineTragödien
waren.»Undwoher
kam es,daßsie
dasnicht
waren?
—-«Diese Kälte aber, fährt
erfort, diese
ein-,,förmigeMattigkeit, entsprang
zumTheil
von»dem
kleinenGeiste
derGalanterie, ·der»damals
«.,;unter·unsern Hofleuten und Damen so herrschte,
»und
dieTragödie
in eineFolge
VonVerliebten ,,;Gespråchen verwandelte, nach
demGeschinacke
»
,,des Cyrus nnd
derClelie. sWas für Stücke
»sichhiervon noch
etwaausnal)men,
diebestan-«
»den
auslangen-politischen Raisonnements,
der-ztzgleichen
denSertorius soVerdorben,
denOchv
«
»so kalt,» und den Surena nnd Attila so elend
«»ge-
M 221
»gemacht haben. Noch fand sich aber auch
eine«,,andere Ursache,
die dashohePathetlsche
von«nnserer Seene zurückhielt,
unddie Handlung
«wirklichtragisch zu machen Verhindertex
und»diese
war,dasenge schlechteTheater
mitsei-
»nen
armseligen Verzierungen.
—-Was ließ
»sichans
einemPaar Dutzend Brettern,
die,,noch dazu
mitZuschauern angefüllt
waren,«
»«-machen? Mit welchem Pomp,
mitwelchen
;,Zutüstungen konnte
man da dieAugen der Zu-
-
,,sch«auer bestechen, fesseln, täuschen? Welche
«gwßeEssagkf
esAktion ließ sich da aufführen?
»WelcheFreyyeit konnte die Einbildungskraft
",,desDichters
dahaben
?-Die Stücke mußten
»aus langen Erzehlungenbestehen,
undso
wur-»den sie mehr Gespråche
alsSpiele. Jedex
«Akteur wollte
inseine-r langen Mondloge glan-
»zgn, und
einStück,
dasdergleichen nicht ,,hatte, ward Verworer.
—-Bey dteser Fykm
»sie! alle theatralische Handlung tvegz sielen ,,alle zdie großenAusdrückeder Leidenschaft-en, ,,alle die kräftigenGeMckthe Der Menschlichen
«Unglüeks,feille.,’
alledieschrecklichen bis
indas
«’Jnjnerst,e-d"er Seele dringende Zuge weg;
man«rühr-te
dasHerz
nurkaum, anstatt es zu zer-
«reissen.«
,«
Mit
dererstenUrsachehat
esseine gute Rich- tigkeit. Galanterie und Politik laßt iinmer kalt; und nochistes keiMMDichter in der Welt
E
e--3 ge-
222»
s-—gelungen, die Erregung des Mitleids nnd der Furcht damit zu Verbinden. Jene lassen
unsnichts
als denFar,
oder denSchulmeister hören:
und diese fodern, daß wir Uschtsals den Men- schen hörensollen.
, , .Aber
diezweyte Ursache?
—-Sollte
esmög- lich seyn, daß- derMangöl
einesgeräumlichen Theaters
nndguter Verzierungenj
einensolchen Einfluß auf
dasGenie der ,Dichter gehabt hätte? Jst es wahr, das jede tragischeHand- lung Pomp nnd Zurüstungen erfodert? Oder sollte der Dichter nicht Vielmehrsein Stück so einrichten, daß
es.auch ohne diese Dinge seine VölligeWirkung hervorbrachte?
»Nach
demAristoteles, sollte
eresallerdings.
,,Fnrcht
undMitleid, sagt«
derPhilosoph- läßt
»sich zwar durchs Gesicht
erregen;es«kann aber
»auch
aus derVerknüpfung
derBegebenheiten
»selbstentspringen, welches letztere Vorzüglicher, ,«,und
dieWeise
desbessernDichterssist. Denn
»die Fabel muß so eingerichtet seyn, daß sie,
»auch ungesehen, den, der
denVerlauf ihre-r ,,Begebenheiten blos anhört, .zu Mitleid und ,-,Fnrcht«über» dieseBegebenheiten bringet; so
«,,wie.
dieFabel
desOedips,
dieman
nuranhö-
,,rendarf,
umdazu gebracht zu
werden.Diese ,,Absicht aber durch
dasGesichte-weichen
wol--,,len, erfodert weniger Kunst, und ist-deren
»Sache, welche die Vorstellung
desStücke
-,übernommen.«
«Wie
223
.Wie entbehrlich überhauptdietheatralischen Verzierungen sind,
davonwill
man mitden -Stücken
desShakespears
einesonderbare Er-
»
fahrung gehabt haben. Welche Stücke brauch-
ten,wegen ihrer beständigen Unterbrechung
Und
Veränderung
desOrts,
desBeystandes der Stenen
und derganzen Kunst
desDekora-
teurswohl mehr,
alseben diese? Gleichwohl
war eine
Zeit, wo
dieBühnen, auf welchensie gespielt wurden«
ansnichts·bestanden,
alsans einemBorhange
Vonschlechtemgroben Zeuge, der, wenn
er«aufgezogen-war,
diebloßen blan- ken, höchstens
mitMatten oderTapeten behan- genen, Wände zeigte;
dawar nichtsals
dieEin-.
bildung,
wasdemVerständnisse-
desZuschauers nnd der, Ausführung des Spiele-W zu Hülfe kommen«
konnte:und
demohngeachtet, sagt
man, waren
damals die Stücke des Shake-
spears ohne alle Scenen verständlicher,
alssie
« - eshernach
mitdenselben gewesen sind. (««)
. -
Wenn P) (cjbber’s
Lives ofthePoers ofG:
B.and,
»
1r.VOLIL
·.78.79,)i-.·—-Some havemicsnuex
red,that»
gnefcenesiproved
the rum ofaåing.
-—··Inthereign
of Chakles I.there Was nothin more than acurtain of Ver-y- coarfestu
,upon thedrawjng
upOf
Which,
the ita eapeared
either with bar-eWalls on Ue1des, coarfly martech
orcovered
Withtapeliryz
fothat fortheklace originally representech and allrthe
uc—224 ist-III-
»
Wenn sichalso der Dichtex
umdie Verzierung gar nicht zu bekümmern hat;
wenn dieVerzie- rung, auch
wosie nöthig scheinet, ohne beson- dern Nachtheil-feines Stücke wegbleiben
kann:·
warum
sollte
es an demengen, schlechtenThea-
tergelegen haben, daß
uns diefranzösischen
,-
Dichter
keinerührendexseStücke geliefert ? Nicht doch:
eslag
anihnen selbst.
.,I »Und das
beweisen
dieEvfahxung. Denn
mm -haben ja die-Franzosen
eineschönere,geräumMv
,chereBühnez
keineZuschauer werden mehr dar- auf geduldetz die Coulissensind leer; der Dece- tkateur hat freyes Feld;
ermahlt
undbauet
demPoeten alles,
wasdieser
Vonihm verlangt: gber
wo
sind sie
denndie märmernStücke,
diesie seit-
demerhalten -haben? Schmeichelt sich
derHerk- Von Boltaire, daß«seineSemiramis
einsolches Stück ist?- Da ist Pomp
undVerzierung
ge-.;
·
nugz
einGespenst oben darein;
unddoch kenne-·
ich nichts.kälteres, als»seineSemiramis-.
.»Ham-
-fuccefäve changes,
inwhich
theppetsof
those tin-lesfreely indulged themfelves,
therewas,s«nothjng
tqhelp
thefpeåator’s
-
understanding,
or toaflslk the aåor’s per-formance,
but bare jmajnation
—- Thefpjrjt
andjudgemenc
oft waåorsfuppliåd
alldeåciencies ,and made asfomewould inlinuate, plays
more intelli jbleWisbquc
Fiktion-,
thanthey abseer vere-W1th
tem.
· .