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Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 22. Jahrgang, 1912, Heft 2.

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Academic year: 2022

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(1)

ZEITSCHRIFT

des

Vereins für Volkskunde.

Begründet von Karl Weinhold.

Unter Mitwirkung von J o h a n n e s B o l t e herausgegeben

von

Fritz Boehm.

Heft 2. 1912.

B E R L IN . B E H R E N D & C °.

1912.

D ie Z e its c h r ift e rs c h e in t 4 m a l jä h r lic h.

(2)

S e ite

A bergläubische M einungen und G ebräuche des M ittelalters in den P red ig ten B ernardinos von Siena, I. Yon T heodor

Z a c h a r i a e ... 113— 134 Zur Methode der T rachtenforschung. Yon K arl S p ie s s . . 134— 156 G laube und B rauch bei Tod und B egräbnis d er R om änen im

H arbachtale, I. Yon P au lin e S c h u l l e r u s ...156— 164 K leine M itteilungen:

Die Taufe totgeborener Kinder. Von R. A n d r e e f. S. 1(54. — Das Märchen vom tapfern Schneiderlein in Ostholstein. Von W. W is s e r . S. 166. — Frau Holden am Nieder­

rhein. Yon G. B a e s e c k e . S. 179. — Ein Bilwisrezept. Von G. B a e s e c k e . S. 180. — Die Eberesche im Glauben und Brauch des Volkes. Von 0 . S c h e l l . S. 181. — Die Nonnenbeichte. Von 0 . S c h ü t t e und J. B o lt e . S. 186. — Historische Lieder und Zeit­

satiren des 16. bis 18. Jahrhunderts. Von P. B e c k . S. 194.

B erichte und B ücheranzeigen:

Neuere Arbeiten zur slawischen Volkskunde, 1. Böhmisch und Polnisch. Von A. B r ü c k n e r . S. 202. — S. H e r r lic h , Antike Wunderkuren (H. Lucas) S. 210. — J. H u n z ik e r , Das Schweizerhaus (R. Mielke) S. 212. — W.1 v o n U n w e r th , Unter­

suchungen über Totenkult und OdinnverehruDg bei Nordgermanen und Lappen (A. Heusler) S. 213. — J. E. R a b e , Kasper Putschenelle (J. Bolte) S. 214.

N otizen:

Consentius, Deitz, van Gennep, Hilka, Leskien, Payer v. Thurn, Pommer, Prignitzer Volksbücher, Sartori, Tobler, Zschalig S. 215—217.

R ich ard A ndree f . (Mit einem B ildnis aus dem Ja h re 1895.)

Yon E. H a h n ... ...217—218 R ochus von L iliencron f . Yon J. B o l t e ...219—220 Aus den S itzu n g s-P ro to k o llen des Y ereins für Y olkskunde

(K. B r u n n e r ) ... 221—224

B e i t r ä g e f ü r d ie Z e i t s c h r i f t , b ei denen um deutliche Schrift auf Q uartblättern m it R and gebeten w ird, M i t t e i l u n g e n im I n t e r e s s e d e s Y e r e i n s , K r e u z b a n d s e n d u n g e n beliebe m an an den H erausgeber O berlehrer D r. F ritz B o e h m , B erlin -P an k o w , P a rk str. 12d, zu richten.

B ücher zur B esprechung in der Zeitschrift wolle man an die V erlags­

buchhandlung B e h r e n d & Co., B e rlin W . 9, L in k str. 23/4, senden.

B eitrittserklärungen zum Verein nehm en der 1. und 2. V orsitzende Geh. R egierungsrat Prof. D r. Max R o e d i g e r , B erlin W . 62, B ayreutherstr. 43, und P rof. Dr. Johannes B o l te , SO. 26, E lisabethufer 37, sowie der S chatz­

m eister D r. Max F i e b e l k o r n , NW . 21, D reysestr. 4, entgegen.

D e r Jahresbeitrag, wofür die Z eitschrift an die M itglieder post­

frei geliefert wird, b eträ g t 12 Mk. und ist bis zum 15. Januar an den Schatzm eister zu zahlen, am besten auf das Konto „Dr. Max F i e b e l ­ k o r n und G eheim rat D r. R o e d i g e r “ bei der D epositenkasse K der D eutschen B ank in Berlin, NW . 52, Alt-M oabit 129. Nach diesem Zeit­

pu n k te w ird er von den B erliner M itgliedern durch die P a k e tfa h rt­

gesellschaft eingezogen werden.

(Fortsetzung auf S. 3 des Umschlags.)

(3)

alters in den Predigten Bernardinos von Siena.

V on Theodor Zachariae.

D er B ussprediger S a n B e r n a r d i n o d a S i e n a (1380— 1444) h at sich an den verschiedensten Stellen seiner P red ig ten gegen den A berglauben

«einer Z eit ausgesprochen. D abei bew egt er sich nich t n u r in allgem einen A usdrücken: oft führt er ganz bestim m te abergläubische M einungen und

■Gebräuche an, um sie zu verdam m en, um seine Z uhörer oder L ese r davor zu w arnen. B em erkensw ert ist nam entlich eine Stelle vorzugsweise volks- niedizinischen Inhalts in dem Q uadragesim ale D e C hristiana religione,

■das B ernardino in d er Z eit zwischen 1433 und 1436 in Siena n ied er­

geschrieben hat. D ie S telle findet sich in der 10. P re d ig t (D e i d o l a t r i a e c u l t u ) , A rtik el 3, Kap. 2. B ereits M uratori h at in seinen A ntiquitates Italicae m edii aevi 5, 78 auf diese S telle h ing ew iesen 1). N euerdings hat z. B. G üdem ann in seiner Geschichte des Erziehungsw esens und der K ultur d er abendländischen Ju d en 2, 222 auf B ernardinos ‘abergläubische H aus­

ap otheke’ aufm erksam gem acht. Auch h at Je a n -B a p tiste T hiers die m eisten d er von B ernardino aufgezählten Superstitionen schon vor Jah ren in französischer Ü bersetzung m itg eteilt in seinem T ra ite des Superstitions (4. Ausgabe [Avignon 1777] 1, 340f. 378 und sonst; vgl. auch die V or­

rede zum 1. Bande S. X III). D ie von T h iers übersetzten Stücke h at F elix L ieb rech t w iedergegeben in seinem B uche: Des Gervasius von T ilbury O tia im perialia (H annovor 1856) S. 245 f. und 254 f. u n ter der R u b rik

‘F ranzösischer A* e r l a u b e ’. o D ennoch sind die S tücke nicht so b ek a n n t gew orden, wie sie es wohl verdienten. A usserdem h at T hiers, wie schon angedeutet, B ernardinos Superstitionen nicht vollständig m itgeteilt; auch ist die Ü bersetzung der ausgehobenen Stücke nich t im m er genau, bisw eilen sogar fehlerhaft. U nter diesen U m ständen halte ichs für nützlich, die

1) Sanctus Bernardinus enumerat, ac damnat Tomo primo, Sermone primo in Quadrages. Articulo tertio, complures ex iis superstitiosis actibus, qui aetate sua, eodem nempe Saeculo XV. vigebant.

Z eitschr. d. V erein s f. V olk sk u n d e. 1912. H e ft 2. 8

(4)

Stücke neu herauszugeben und zu kom m entieren, etwa in der W eise, w ie Lew y oben 3, 24ff. die ‘em oritischen’ B räuche oder Schönbach oben 12, öff.

die Auszüge aus Thom as von H aselbach k o m m entiert hat.

Um einen m öglichst zuverlässigen T ex t herzustellen, habe ich säm t­

liche m ir erreichb aren Ausgaben des Q uadragesim ale De C hristiana religione zu R ate gezogen. Es sind die folgenden:

D er W i e g e n d r u c k vom Ja h re 1490 (?), b eschrieben von H ain im R epertorium bibliographicum u n te r Nr. *2834. D e r D ru c k er ist Joh.

v. Am orbach in Basel, nach P roctor, Index to the early p rinted books in the B ritish Museum Nr. 7632. Im V orbeigehen w ill ich bem erken, dass dieser vortreffliche W iegendruck 6 P red ig ten m ehr en th ält als die n ach h er zu nennenden A usgaben von D e la Haye. D ie P red ig ten des W iegen­

drucks: Nr. 49, 52—54, 56 und 61 f e h l e n bei D e la Haye.

N icht gesehren habe ich einen zw eiten W ieg en d ru ck (L ugduni 1498?), den P ellechet, Catalogue general des incunables des bibliotheques publique»

de F ran ce u n ter Nr. 2084 beschreibt. D e r D ru c k ist auf m ehreren französischen B ibliotheken, z. B. zweimal auf der P a rise r N ationalbibliothek, vorhanden; er fehlt in B erlin und L ondon1).

Das Q uadragesim ale D e C hristiana religione ist w eiter in den G e ­ s a m t a u s g a b e n der W e rk e B ernardinos en thalten , und zwar nim m t es in diesen im m er die e r s t e Stelle ein. D ie älteste A usgabe ist: ‘Sancti B ern ard in i Senensis, O rdinis M inorum O pera quae extant, omnia, tam hucusque im pressa, quam recens in u en ta, in quatuor tomos distincta, a F . P etro R o d u l p h i o Episcopo Senogalliae restituta, et apostillis illu strata.

Y enetiis apud J u n t a s . M .D .X C I.’ B eurteilt m an die Ausgaben der W e rk e B ern a rd in o s2) vom philologischen S tandpunkte aus, so muss m an die alte Ju n tin a als die beste ansehen. Nach m einen B eobachtungen g ib t sie allein das, was in den H andschriften steht, einigerm assen genau w ieder.

Ich w ürde sie auch ausschliesslich angeführt haben, wenn sie m ir w ährend der ganzen D auer m einer A rbeit zur V erfügung gestanden hätte.

D ie bekanntesten, und gewöhnlich, z. B. von T h u re a u -D a n g in und F . Alessio in ihren M onographien ü b er B ernardino angeführten A usgaben sind die, die d er P a te r Jea n de la H aye beso rgt hat. D ie erste erschien in P a ris 1635 (so auf dem ersten T ite lb la tt; auf dem zw eiten steht: 1636),

1) Herr Dr. Karl Wendel hat die Güte gehabt, eines der Pariser Exemplare für mich einzusehen und mir einige Lesarten daraus mitzuteilen, wofür ich ihm zu grossem Dank verpflichtet bin. — Wenn im folgenden ‘der Wiegendruck’ schlechthin von mir zitiert wird, so ist immer der alte Baseler Wiegendruck darunter zu verstehen.

2) Nach Jeiler in Wetzer und W eltes Kirchenk*xikon2 2, 443 (vgl. H. Hurter, Nomen- clator literarius 4, 722) wurden Bernardinos Werke zuerst gesammelt und gedruckt zu Lyon 1501. Von dieser Ausgabe ist mir sonst nichts bekannt geworden. Ferner behauptet A. Baumgartner (Geschichte der Weltliteratur 6, 184), Bernardinos Werke seien von G io v a n n i da C a p is t r a n o Venedig 1591 herausgegeben worden. Das ist mir un­

verständlich. Capistrano starb 1456.

(5)

die zw eite, ‘editio nouissim a ab innum eris m endis expurgatus’ (!), in Lyon 1650. W enig davon verschieden ist die neueste, von m ir öfters angeführte Ausgabe der Opera, V enedig 1745. Zu beachten ist die V or­

rede zum 3. B ande dieser Ausgabe.

E in H auptunterschied zw ischen den älteren und neueren Ausgaben der W e rk e b esteht d arin, dass die italienischen oder halbitalienischen W örter, die B ernardino gebraucht hat, in den neueren, von De la H aye besorgten A usgaben, durch lateinische ersetzt sind. Die 47. P red ig t des Q uadragesim ale ist g erich tet ‘contra se f a r d a n t e s et capillos adulterinos portantes atque contra fem inas caudatas’, wie es im W iegendruck heisst.

B ei D e la H aye dagegen liest m an: ‘C ontra f u c a t a s ’ usw. D ie Ü b er­

schrift der 66. P red ig t lau tet im W iegendruck : ‘D e pugna et s a c c o - m a n n o paradysi siue celestis hierusalem ’; D e la H aye h at p r a e d a für saccomanno eingesetzt. W eitere B eispiele siehe im V erlau f1).

Dass die A usgaben der W e rk e B ernardinos sehr m angelhaft sind, w ird allgem ein zugestanden. So schreibt Alessio, S toria di San B ernardino da Siena e del suo tem po (Mondovi 1899) p. 309: ‘L e edizioni poi sinora fatte lasciano assai a desiderare in fatto di correzione, tanti sono gli errori che quasi a ogni pagina s’incontrano, e i quali sono causa di due m ali a un tem po: che le opere di S. B ernardino sono poco lette, e che p er la scorrezione s’im putano al Santo errori che non com m ise’2). F ü r die H er­

stellung eines lesbaren T extes sind daher unbed in gt H andschriften er­

forderlich. L eid er habe ich, bei einem kurzen A ufenthalt in Florenz, n u r eine daselbst in der N ationalbibliothek aufbew ahrte Hs. des Q uadra­

gesim ale flüchtig kollationieren können. V ergebens habe ich m ich bem üht, eine K ollation der alten Hs. zu erhalten, die sich nach Alessio in P iacenza b efin d e t3).

K urz habe ich noch ü ber die H ilfsm ittel zu berichten, deren ich mich b ei der E rk läru n g der S uperstitionen in d er P re d ig t D e idolatriae cultu hauptsächlich b edient habe. In B etracht kom m en nam entlich alle sonstigen P red ig ten B ernardinos; und zwar w eniger die, die er, wie die Q uadra- gesim alpredigten D e religione C hristiana, n u r lateinisch niedergeschrieben und niem als gehalten hat, als vielm ehr die, die er in italienischer Sprache vor dem V olke w irklich gehalten hat, und die von Zuhörern teils italienisch,

1) Ich glaube, dass De la Haye nicht immer glücklich in der Wahl reinlateinischer Wörter gewesen ist, ich behaupte sogar, dass er öfters falsche Substitute in den Text gesetzt hat. Eine Untersuchung über den Wortschatz Bernardinos dürfte viel Interessantes zutage fördern. In der vorliegenden Abhandlung habe ich Erörterungen sprachlicher Dinge auf ein geringes Mass beschränken müssen.

2) Vgl. S. 317 und P. Thureau-Dangin, S. Bernardin de Sienne 1896 S. 159.

3) In Italien ist ohne Zweifel genügendes Material zur Herstellung einer kritischen Ausgabe der Werke Bernardinos vorhanden. Eine Hs., die 42 v o n d er H an d d e s H e i l i g e n s e l b s t geschriebene Predigten enthält, hat L. Pastor in Rom gesehen (Geschichte der Päpste 1, 181). Vgl. auch Alessio S. 317 Anm.

8*

(6)

teils lateinisch aufgezeichnet worden sind. Z uerst sind die sachlich und sprachlich gleich interessanten ‘P red ich e volgari’ zu nennen, die B ernardino i. J . 1427 auf d er P iazza del Campo in S iena gehalten, und die ein Zu­

hörer, ein T u chscherer nam ens B enedetto, nachgeschrieben h at (s. R . K öhler, KL S chriften 2, 569 f.). H erausgegeben w urden diese P red ig ten in einer Auswahl von M ilanesi (Siena 1853), vollständig von L. B anchi in 3 B änden (Siena 1880— 1888). L eid e r habe ich die P red ich e volgari n u r kurze Zeit benu tzen können. Ich muss m ich daher hier d arau f beschränken, auf die S telle hinzuw eisen, die Alessio in dem K apitel ‘Usanze superstiziose nel secolo X V ’ p. 222 aus d er 35. P re d ig t m itg eteilt hat. N icht m inder w ichtig fü r unsere Zwecke und bisher, wie m ir scheint, zu w enig beachtet sind die P re d ig te n 1), die B ernardino i. J. 1443, ein J a h r vor seinem Tode, in P ad u a geh alten hat. E s sind dies die F asten p red ig ten ü b er die göttliche L iebe (das Q uadragesim ale S eraphin) und einige ‘serm ones ex trao rd in arii’.

Aufgezeichnet w urden sie in lateinischer Sprache ‘non ad plenum ’, von einem Causidicus nam ens D aniel de P u rziliis (da P orciglia). E in e vortreffliche, leid er ab er nicht vollständige H and schrift dieser P re d ig te n befindet sich auf d er L au ren tian a in Florenz. D ie H andsch rift, die ich selbst ein ­ gesehen habe, ist beschrieben in den Indici e C ataloghi Nr. 8, I codici A sh b u rn h a m ia n i, vol. 1, fase. 2 (R om a 1888), p. 133— 137. Aus den lateinischen P red ig ten B ernardinos, zum al aus den zuletzt genannten, teile ich unten m ehrere k ü rzere und längere S tellen im W o rtlau t mit. Ich w ar von dem B estreben geleitet, das W ichtigste von dem, was B ernardino ü b er den A berglauben sagt, dem L eser vorzuführen. Doch sind m eine M itteilungen keinesw egs erschöpfend2).

1) Man vergleiche die Monographie von Thureau-Dangin über Bernardino S. 298 bis 302, die von Alessio S. 378.

2) Es ist bekannt, dass Bernardino öfters Fabeln und Erzählungen in seine Predigten eingestreut hat. Soweit sie in den Prediche volgari Vorkommen, sind sie besonders ver­

öffentlicht worden (s. R. Köhler, Kl. Schriften 2, 49G£f. 569ff.). Weniger bekannt ist die Tatsache, dass auch in seinen italienisch gehaltenen, aber lateinisch niedergeschriebenen Predigten solche ‘Exempla1 enthalten sind. In einer Zeitschrift für Volkskunde wird es gestattet sein, hierauf hinzuweisen. Auch Crane in seiner Abhandlung Mediaeval Sermon- books and Stories 1883 p. 76 und in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Jacques de Vitry 1890 p. LXV erwähnt nur die italienischen, nicht die lateinischen Exempla Bernar­

dinos. Folgendes Exemplum mag hier einen Platz finden: Similiter in villa rusticus unus la b iu m faciebat, et puerulus suus ait: pater quid vis facere? et rusticus ait: volo in labio isto dare comedere avo tuo; et puer a Deo inspiratus dixit: Pater mi fac ipsum bene magnum, quia quum eris senex sicut est avus meus, ego similiter dabo tibi comedere intus: tune rusticus ille considerans quod dixerat infantulus, abjecit labium, et se correxit (Bernardini opera [1745] 3, 187. Vgl. Grimm KHM. nr. 78: ‘Der alte Grossvater und der Enkel’; P. Rajna, Romania 10, lff.; Crane zu Jacques de Vitry Nr. 288 usf.). Über Bernardinos Fassung der Geschichte vom muntern Seifensieder, die Casalicchio in seinem Unterhaltungsbuch L’utile col dolce wiedergegeben hat, vgl. Marchesi, Per la storia della Dovella italiana nel secolo XVII. (Roma 1897) p. 167. 183; Tobler im Archiv für das Studium der neueren Sprachen 117, 333. 342; Bolte in dieser Zeitschrift 13, 421, Anm. 2.

(7)

A usserdem ist nam entlich eine S onntagspredigt (1, 47) des A ugustiners G o t t s c h a l k H o l l e n zur V ergleichung herangezogen worden. A uf die Ü bereinstim m ungen, die zwischen B ernardino und H ollen bestehen, habe ich bereits oben 18, 443ff. hingew iesen. Ich muss auch am Schluss dieses Aufsatzes noch einm al d arauf zurückkom m en. H ier w ill ich n ur w ieder­

holen, dass R . C ruel in seiner G eschichte der deutschen P re d ig t im M ittel­

alter 1879 S. 618f. die m eisten der Superstitionen, die sich bei H ollen und zugleich auch bei B ernardino finden, in deutscher Ü bersetzung m it­

geteilt hat. A usführlicher sind die M itteilungen von F r. Jostes in seinem A ufsatze: Y olksaberglaube im 15* Jah rh u n d e rt (Zs. für vaterländische Geschichte und A ltertum skunde 47 [M ünster 1889] 1, 8 5—97). Jostes hat hier Auszüge aus der 33., 35. und 47. P re d ig t des W in terteils der H ollenschen P red ig ten gegeben. Ich selbst zitiere diese P red ig ten nach der H agenauer A usgabe v. J . 1517. V erglichen habe ich die einzige H andschrift, die vom W in terteil zu existieren scheint, die B erlin er H and­

schrift Ms. theol. lat. fol. 201.

Die S uperstitionen, die ich im folgenden behandle, entnehm e ich dem 2. K apitel des 3. A rtikels von B ernardinos P red ig t De idolatriae cultu.

Das K apitel trä g t die Ü bersch rift: D e triplici ficta daem onum potestate p er quam hom ines in idolatriam prolabuntur. In w elcher W eise sich die M acht d er D äm onen offenbart, zeigt B ernardino m it den W orten: ‘T riplicem potentiam ostendebant daemones deceptis hom inibus, p ro pter quam inducti sunt in idolatriae labem , et adhuc plurim i in ducu ntu r: P r i m am placandi contrarietates et turbationes, s e c u n d a m sedandi tem pestates et fluctuationes, t e r t i a m sanandi infirm itates et laesiones’. Bei der E rö rteru n g des zw eiten P u n k te s gibt B ernardino die folgenden Superstitionen, die zum T eil auch von T hiers ausgehoben worden sind (Liebrecht, G ervasius S. 245 nr. 321 f.;

S. 254 nr. 432):

Ille incantat turbidum tem pus quibusdam conjurationibus, et evaginato e n s e 1).

A lius extra ostium dorr.us suae proiicit catenam quae appenditur super ignem . A lius frustum com busti ligni de die N atalis relicti contra tem pestatem extra dom um em ittit; et con sim ilia m ulta, om ni quidem stultitia plena. Quid dicam de navi- gantibus mare, qui certis servatis d iebus e x vana superstitione, non naturali quidem cognitione, non inciperent iter, nec de proprio loco abirent, d ies observantes et horas? Contra quos habetur. 26. qu. 1. cap. id quod. 1. q. 1. cap. non o b serv etis2).

Quidam quoque, quum oriri viderint tem pestatem , gladium in navis arborem figunt.

A lii, quum descendere viderint quamdam nubem , quam quidam m a g o n e m vocant, quae solet de mari haurire cum navium periculo, aquam illam evaginato ac vibrato en se quibusdam conjurationibus praecidere quodam m odo sim ulant, et sic de con- sim ilib u s m ultis.

1) Sollte hier vielleicht ein a lt e r Fehler vorliegen? Vgl. Plinius n. h. 28, 77 iam primum abigi grandines turbinesque contra fulguraipsa m e n se (v. 1. ense) n u d a to . [Pd.Hsg.]

2) Gemeint sind die Canones ‘Illu d ^ q u o d est secundum institutiones hominum’

und ‘Non obseruetis dies, qui dicuntur Egyptiaci’ (Corpus iuris canonici 1, 1021. 1045 ed.

Friedberg).

(8)

D ie abergläubischen H andlungen, die nach B ernardino zur A bw endung von Sturm und G ew itter ausgeführt w erden, sind zum grössten T eil bekannt. Man sehe n u r W u ttk e, D e r deutsche V olksaberglaube* § 443 bis 449. W ie man nach B ernardino den K e s s e l h a k e n zur H au stür hinausw irft, so w irft m an in F ra n k e n die O f e n g a b e l zum F e n ste r hinaus;

W u ttk e § 444. Zu dem frustum com busti ligni de die N atalis relicti, dem sogenannten ‘C h r i s t b r a n d ’, vergleiche m an nam entlich A. K uhns Sagen, G ebräuche und M ärchen aus W estfalen 2, 103ff. und W . M annhardts W ald- und F eld k u lte 1, 224ff. W as ab er B ernardinos M itteilung besonders in teressant m acht, ist die E rw ähnung einer W olke nam ens M ago. E s k ann kaum zw eifelhaft sein, dass das W ort m it dem Nam en des m ythischen L andes M a g o n ia zusam m enhängt, w oher nach dem B ericht des Agobard von L yon die Luftschiffe kom m en, in denen Z au berer sitzen, um die durch H agel v ernichteten F rü ch te darin fortzuführen (G rim m DM. 2 S. 604).

D e r B ericht des A gobard ist oft besprochen w orden; ü b er die Etym ologie von Magonia haben M annhardt und W hitley Stokes besondere Aufsätze veröffentlicht (Zs. für deutsche Mythologie und S ittenk un de 4, 228ff. R evue C eltique 6, 267 f.). A ber niem and hat bisher, soweit ich sehe, das bei B ernardino vorliegende Mago b erü ck sich tig t: selbst L ieb re ch t nicht, der zu Gervasius S. 62 eine Etym ologie von M agonia g ibt und auf S. 254 die Stelle aus B ernardino nach T h iers abdruckt. Doch e rk lä rt sich L iebrechts N ichtberücksichtigung des Namens Mago einfach daraus, dass ihn T hiers in seiner Ü bersetzung ausgelassen hat. T hiers sagt nu r: ‘II y en a qui etant sur mer, et voyant u n e c e r t a i n e n u e e s’elever’ . . . .

D e r A nfang des A bschnitts, den ich aus B ernardino ausgehoben habe, findet sich w ieder bei G ottschalk H ollen, freilich nicht in den von Jostes exzerpierten P red ig ten des W in terteils, sondern im S o m m e r t e i l , Nr. 69.

H ie r heisst es: (Q uidam C hristiani) tem pus turbidum incantant quibusdam divinationibus(I): aliqui enigm ata(!) ense. Alius extra ostium domus sue pro ijicit catenam que pendet super ignem . Alius frustum com busti ligni in die natalis relicti.

In den ziem lich langen E rörteru n g en ü b er den d r i t t e n P u n k t , üb er die Macht der D äm onen, K ran k h eiten und V erletzungen zu heilen, teilt B ernardino u n ter anderem mit, was in der P a s s i o A p o s t o l i B a r t h o - l o m a e i 1) von dem D äm on A s t a r o t h erzählt wird (qui in tem plo suo idolo consecrato aegros quos infirm itatibus variis cruciabat ad se pro auxilio recurrentes. non sanitatem dando, sed infirm itates quas irro gav erat amovendo, videbatur curare). D ann fährt er fort:

D e hujusm odi forte sunt m ulti erronei, et ab isto eodem vel ab alio daem one excoecati, qui, patientes c a d u c u m , vel r e g i u m m o r b u m , in die A ssum ptionis

1) Acta apostolorum apocrypha edd. Lipsius et Bonnet 2, 1, 129. Vgl. A. Franz, Der Magister Nikolaus Magni de Jawor 1898 S. ITGf.; Usener, Religionsgeschichtliche Untersuchungen 2, 73, 26.

(9)

in opprobrium V irgin is, vel in die A postoli Bartholom aei in d ed ecu s A postoli D ei, in eorum tem p lis d ie noctuque saltantes, diversasque insanias, m axirae n e casu in terram ruant, observantes, credunt se per annum ab illa aegritudine illa e so s sta r e 1).

D azu halte man, was B ernardino in einer ändern P re d ig t äussert;

O pera (1745) 3, 177:

Sicut vid es in habentibus m o r b u m c a d u c u m , qui faciunt se agitari a v esp ere v ig ilia e sancti B artholom aei usque ad vesperam diei festi ejusdem saltando cum tym panis, tibiis, tubis, et c y m b a lis2), et om nibus strepitibus, et non habent per totum annum am plius illu d m alum usque ad festum sancti Bartholom aei alterius a n n i3).

E in M ittel gegen die Fallsucht, den m o r b u s c a d u c u s . F ü r morbus caducus gebraucht B ernardino hier und an einer w eiter unten anzuführenden Stelle auch den A usdruck m o r b u s r e g i u s . D ieser A usdruck b edeu tet für gew öhnlich allerdings ‘G elbsucht’; dass er aber auch ‘F allsu ch t’ b e­

d euten k a n n , zeigt M. H öfler in seinem D eutschen K rankheitsnam enbuch 1899 S. 704a u. d. W . F allsucht und S. 761 u. d. W . K ö nig süb el4). "Was den G lauben an die H e ilk ra ft des T a n z e n s betrifft, so w ird es genügen, w enn ich auf H öflers K rankheitsnam enbuch u. d. W . T anz S. 727ff. verweise.

Ich kom m e je tz t zu dem w ichtigsten A bschnitt in B ernardinos P re d ig t De idolatriae cultu, einem A bschnitt, worin uns eine ganze L iste von S uperstitionen dargeboten wird. L eid er ist es m ir nicht gelungen, einen in je d e r H insicht k o rrek ten T ex t herzustellen. D ie Zählung der einzelnen S up erstitionen rü h rt von m ir her.

D er A bschnitt w ird von B ernardino m it den W orten ein geleitet: Sed de variis infirm itatibus pro quibus liberandis stultorum tu rb a daem onibus varia sacrificia lib at aliquid modo practico disseram us; discretis legentibus, atque praedicantibus reliqua consim ilia detestan da, secundum diversas patrias, p erq u irere relinquentes: a planta enim pedis usque ad verticem non est in hom ine m em brum , neque locus pro quo sanando non fiant diabolo ab im piis idolatris sacrificia m ulta. — B ernardino fährt dann fort:

1) Französisch bei Thiers (Liebrecht, Gervasius S. 245 nr. 323).

2) Wie ich nachträglich sehe, hat die alte Juntina statt cymbalis die Lesart s o n a l e i s (vgl. ital. sonaglio, und sonalium bei Ducange).

3) Eine k u r z e Anspielung auf das Tanzen ‘pro morbo caduco’ findet sich in den Sermones de evangelio aeterno Nr. 61; Opera (1591) 2, 682, F.

4) Höfler bemerkt hier, dass die E p i l e p t i s c h e n mit Präservativringen ans der Hand der englischen Könige beschenkt wurden. Ich w ill dazu eine Stelle aus Hollen 1, 47 anführen, die von Jostes in seiner Analyse der Hollenschen Predigten ausgelassen worden ist: A n g l ic i confidentissime credunt et asserunt: quod si de auro vel argento quod rex Anglie offert super crucem in die Parasceues/ fiat a n u lu s : quamcito e p i l e n t i c o ponitur ad digitum in passione existens: tamcito surgit et non plus patitur quamdiu tenet anulum in digito. Siquis etiam anulum talem haberet et non daret patienti si videret iacentem:

anulus perderet illam virtutem. Joh. Herolt sagt in seiner Erklärung des 1. Gebotes:

Aliqui recipiunt denarios qui sunt oblati super crucifixo eadem (i. e. magna) sexta feria:

et inde faciunt sibi a n n u lu m qui debet valere contra c a d u c u m m orb u m . Siehe auch A. Franz, Die kirchlichen Benediktionen 2, 503.

(10)

1. P r i m o n a m q u e c o n t r a d o l o r e m c a p i t i s q u i d a m n o n c o m e - d u n t d e c a p i t e , e t a l i a s s t u l t i t i a s o p e r a n t u r .

Französisch bei T h iers (L ieb rech t, G ervasius S. 245 nr. 324). H ollen etwas ausführlicher als B ernardino: ‘non com edunt aut tang un t caput anim alis aut piscis’. C ruel hat in seiner Ü bersetzung von H ollens W orten (So b erü h ren einige gegen Kopfweh den K opf eines T ieres oder F isch es) das W o rt ‘nicht’ aus V ersehen ganz ausgelassen; G eschichte der deutschen P re d ig t S. 618. Ü ber den m ittelalterlich en V olksglauben, wonach d er Genuss von T ierköpfen K o p f l e i d e n im Gefolge haben soll, vgl. m eine B em erkung oben 21, 154, Anm. 6.

2. C o n t r a d o l o r e m f r o n t i s s u o s h a b e n t i n c a n t a n d i m o d o s e t r i t u s .

W as u n te r dolor frontis zu verstehen ist, ist nicht ganz k la r; etw a M igräne? Vgl. H öflers K rankheitsnam enbuch u. d. W . Stirnw eh S. 793.

L eid e r h at uns B ernardino gar nich t m itgeteilt, was fü r B eschw örungen gegen den dolor frontis angew andt w erden. Ebenso nichtssagend ist d ie folgende Num m er.

3. C o n t r a d o l o r e m a u r i u m o p e r a n t u r q u a e d a m 1) , q u a e t u r p e e s t d i c e r e , v e l c o g i t a r e , m u l to a m p l i u s o p e r a r i .

T hiers scheint zu glauben, dass B ernardino m it diesen W orten ein b e s t i m m t e s M ittel gegen den O h r e n s c h m e r z angibt; denn er ü b er­

setzt: F a ire ce qu’on ne peut dire, ni m eine penser honnetem ent, pour g u erir le mal d ’oreilles (L ieb rech t, G ervasius S. 245 nr. 325). B ernardino bew egt sich vielm ehr in allgem einen A usdrücken, wie er das auch sonst tut, z. B. u n ter Nr. 10: quis exprim ere sufficit quot dem entias operantur.

W as für unsagbare, unerh ö rte M ittel er eigentlich m eint, ist nicht leich t zu sagen. V ielleicht spielt er auf M ittel an, wie Frauenm ilch, ‘m ännliche’

Milch, M enschenschm alz, K naben harn u. dgl. (H ovorka und K ronfeld, V er­

gleichende V olksm edizin 2, 810 ff.).

4. C o n t r a f lu x u m s a n g u i n i s p e r n a r e s , v e l a l i u n d e , h a b e n t q u a s d a m i n c a n t a t i o n e s q u i b u s u t u n t u r c u m l a p i d i b u s v i v i s 2) p o s i t i s c i r c a n a r e s .

T h iers h at diese Stelle, wie es scheint, n ich t übersetzt; w enigstens fehlt sie in L iebrechts Auszügen aus dem T ra ite des superstitions. Auch H ollen h at nichts genau E ntsprechendes. E r b em erk t n u r ganz allgem ein, als wollte er das, was B ernardino u n ter Nr. 2 —4 sagt, kurz zusam m en­

fassen: Quis enum erare poterit stulticias quas hab en t contra dolorem o c u lo r u m a u r iu m et n a r i u m : que om nia sunt antique idolatrie ritu s:

a spiritibus m alignis instigati et inventi. Und zw ar steht diese Be­

1) Der Wiegendruck hat quidam statt quaedam.

2) So, oder uiuis, viuis, im Lyoner Wiegendruck und in den Ausgaben v. J. 1591, 1635, 1650, 1745. Der Basler Wiegendruck hat n iu i s . So auch die Florentiner Hand­

schrift (wenn ich recht gelesen habe).

(11)

m erkung am S c h l u s s seiner L iste von abergläubischen H eilm itteln gegen K ra n k h eiten , wie m an aus der Ü bersetzung von Jostes S. 97 sehen kann.

W as ist u n ter den l a p i d e s v iv i zu verstehen, die nach B ernardino zur S tillung des N asenblutens um die Nase gelegt w erden? Yivus könnte

‘frisch, n atü rlich ’ bedeuten. So sagt m an: flumen vivum , ‘frisches, fliessendes W asser’, saxum vivum ‘natürlich er F elsen ’. D anach w ären die lapides vivi vielleicht als ‘natürliche, unb earb eitete, ungeschliffene Steine (E delsteine)’ aufzufassen. Indessen dieser E rk läru n g m öchte ich nicht das W o rt reden. W enn B ernardino, was doch w ahrscheinlich ist, eine b e s t i m m t e G a t t u n g von Steinen m eint, so w erden w ir lapides vivi m it

‘F eu erste in e’ übersetzen m üssen. Sagt doch P lin iu s, dass eine besondere A rt des F euersteins (pyrites) den N am en lapis vivus führe; so auch Isidorus Origg. 16, 4, 5 est alius P y rites vulgaris, quem vivum lapidem a p p e ll a n t ...hunc vulgus focarem petram vocat. N un hat der F e u e r­

stein allerdings seine B edeutung in der V olksm edizin (P linius 36, 137);

davon aber, dass er bei der B lutstillung verw endet w urde, v erlau tet sonst nichts. A ndere Steine sind es, die als blutstillende M ittel galten. H ierh er gehört nam entlich der J a s p i s . A llein diese ‘B lu tstein e’ w erden nicht

‘circa nares’ gelegt; sie w erden in der R egel entw eder in gepulvertem Zustand innerlich angew andt oder sie w erden bei der B lutbesprechung in der H a n d gehalten (H ovorka und K ronfeld 2, 46 8 f.). P lin iu s n. h. 36, 139 ostracitae poti sanguinem sistunt; 145 haem atites sistit profluvia m ulierum potus. Vom Jaspis heisst es in Volm ars S teinbuch V. 271 ff.:

des ist ouch der stein guot daz er verstendet daz bluot an der nasen oder an wunden:

dar nach in kurzer stunde so er in n im e t in d ie h a n t, so verstät daz bluot zehant.

In einer A diuratio ad profluvium sanguinis narium bei Nie. My- repsus, De antidotis 405 lesen w ir: D ebet qui dicturus est adiurationem hanc, in m a n u s u a r e t i n e r e lapidem iaspida aut haem atiten. S päter freilich w ird gesagt: D ein pone iaspidem in nares sanguinem effundentes.

D ie F rag e nach der B edeutung von lapides vivi muss vorläufig offen bleiben. Ü berdies ist die L esa rt nicht einm al sicher. D e r B asler W iegen­

druck hat lapidibus n i u i s . D er A usdruck lapis nivis ist nun allerdings seltsam und sonst vielleicht nicht nachw eisbar. D ennoch spricht für die R ich tig k eit der L esart nivis der U m stand, dass M ittel, die durch K ü h l u n g w irken oder w irk en sollen, zur S tillung des N asenblutens verw endet w erden: m an m acht eiskalte Um schläge auf N acken und S tirn, m an legt k alte Schlüssel, Löffel, M ünzen au f den N acken, zwischen die Augen, ‘auf den oberen T eil der N ase’ (W u ttk e § 518. H ovorka und K ronfeld 2, 7. 468 f.

(12)

G. L am m ert, V olksm edizin S. 197). G en an n t w erden auch E is (Schw eden) und S c h n e e (S izilien); siehe G urlt, G eschichte der C hirurgie 3, 671.

5. C o n t r a d o l o r e m d e n t i u m t a n g u n t d e n t e m c u m d e n t e h o ­ m i n i s s u s p e n s i , v e l o s s e a l t e r i u s d e f u n c t i , v e l q u i b u s d a m v e r b i s g l a d i u m in t e r r a m f i g u n t , v e l , c u m p u l s a n t u r c a m p a n a e in d ie s a b b a t i s a n c t i , p o n u n t f e r r u m i n t e r d e n t e s , e t c o n s i m i l i a m u l t a .

E in e nicht ganz vollständige Ü bersetzung dieser Stelle bei T hiers (L ieb rech t, G ervasius S. 245 nr. 326).

D ie von B ernardino überlieferten B räuche lassen sich alle auch anderw ärts nachw eisen. Vgl. nam entlich H ovorka und K rohfeld 2, 835—852:

‘Zahnschm erz und seine B ekäm pfung’; W u ttk e § 526f.; L am m ert, V olks­

m edizin S. 233—238. P lin iu s n. h. 28, 7 v i i n t e r e m p t i d e n t e gingivas in dolore scariphari Apollonius efficacissimum scripsit. L iebrech t, G ervasius S. 236 nr. 205 Se fro tter les dents quand eiles font mal, d ’une dent de m ort, et croire qu’on en guerira; S. 244 nr. 310 Se scarifier les gencives avec une des dents d’une personne m orte d’une m ort violente, pour g u erir le m al de dents (wohl nach P linius). A lles, was von einem G ehenkten herrü h rt, galt und g ilt noch heute als ü beraus za u b erk räftig ; W u ttk e § 189 vgl. § 185. Schönbach, Studien zur G eschichte der altdeutschen P red ig t 2, 50f. 148f. W . Crooke, P o p u lär religion ], 226.

‘Q u ib u s d a m v e r b i s g l a d i u m in t e r r a m f i g u n t ’. Vgl. B ernardino, O pera (1745) 3, 178 b: A liqui dolorem dentium incantant cum cultello in terram fixo. Ä hnlich Dionysius C arthusianus bei L ieb recht, Gervasius S. 238 nr. 223 C redulitas quod contra dolorem dentium valeat clavus infixus p arie ti; vgl. A. F ranz, D er M agister N ikolaus Magni de Jaw or S. 184f.

‘C u m p u l s a n t u r 1) c a m p a n a e in d ie s a b b a t i s a n c t i , p o n u n t f e r r u m i n t e r d e n t e s ’. D asselbe tu t m an in Böhm en, um sich vor Z ahnleiden zu schützen, b e im e r s t e n D o n n e r ; W u ttk e § 526. F ast w örtlich genau aber entspricht dem, was B ernardino sagt, eine F ra g e in einem italienischen B eichtbuche (Interrogatorio p e’ confessori) bei F r. P alerm o, I m anoscritti P alatin i di F iren ze 1, 184: Se si e messo ferro in bocca, quando suona la p r i m a cam pana il sabato sancto, dicendo que giova a’ denti. Vgl. Alessio, Storia di San B ernardino p. 228.

Ich lasse noch die S telle aus H ollen 1, 47 folgen, die der Nr. 5 bei B ernardino entspricht. Man beachte, dass H ollen etwas auslässt, dass er ab e r andererseits, an S telle der W orte ‘et consim ilia m u lta’ bei B ernardino, einen Z u s a t z hat. H ollen schreibt: C ontra dolorem dentium : tangunt dentes cum dente hom inis suspensi / vel alterius defuncti cum pu lsantur cam pane in die sabbati / ponunt ferrum in te r dentes. v e l a u f e r u n t l a -

1) Glockengeläute vertreibt bösen Zauber. Grimm, DM. * S. 428. 1039; oben 7, 3G0f.

8, 35 f.

(13)

p id e m d e a q u a f l u e n t e 1): e t cu m o r e l e u a n t : t a c e n d o p o r t a n t d o in u m : si q u i s e o s s a l u t a t n o n r e s p o n d e n t 2). c r e d u n t s i tu n e l o q u e r e n t u r v e r b u m n i h i l p r o d e s s e t e is. E t p o n u n t is tu m l a p i d e m in lo c u m s ic c u m : e t c r e d u n t i n t e r i m q u o d i s tu m l a p i d e m n o n t a n g i t a q u a v e l p l u u i a / n o n d o l e n t d e n t e s .

6. C o n t r a d o lo r e m , s iv e t u m e f a c t i o n e m g u t t u r i s , s e u c o n t r a c a n t a r e l l a s i n c a n t a n t cu m c u l t e l l o q u i h a b e a t m a n u b r i u m n ig r u m .

Französisch bei T hiers (L iebrecht, Gerv. S. 254 nr. 433). H ollen schreibt:

C ontra c a t a r r u m in cantant cum cultello qui hab et m anubrium nigrum . B ei B ernardino ist zw eierlei von Interesse: das W o rt cantarella und das M esser m it einem schw arzen Griff. D as (italien isch e) W o rt canta­

rella, sonst ca n te re lla 3) geschrieben, bedeu tet für gew öhnlich ‘spanische F lie g e ’. D iese B edeutung scheint m ir jedoch gar nicht zu passen. Ich verm ute, dass B ernardino hier ein D ialektw o rt g ebraucht, das ‘H als- geschw ulst’ bedeutet. Ygl. Antonio Tiraboschi, Yocabolario dei dialetti B ergam aschi antichi e m oderni (2. ed. Bergamo 1873) p. 279: C a n t a r e i Senici. T um ore nelle p arti glandolose della gola ed ai polsi delle m ani.

L a voce vernacola venne dal loro scricchiolare quando sono schiacciati.

F a c a n t a i c a n ta r e i- S c h ia c c ia r e i senici.

Das M e s s e r m i t e in e m s c h w a r z e n G r i f f ist als zauberkräftig in dieser Z eitschrift bereits erw ähnt worden. In gew issen Gegenden G riechen­

lands legt man, um die W öchnerin vor dem Einfluss böser G eister zu schützen, ein M esser m it schwarzem Griff u n ter das K opfkissen (oben 2, 129). W eiteres ü b er das ^ayaTgiv [xavQOfxävixov bei F r. P rad el, G riechische und süditalienische G ebete 1907 S. 131 ( = R eligionsgeschichtliche V er­

suche und V orarbeiten 3, 383). W enn P rad el h ier sagt, dass in einem von A bbott, M acedonian F olklore p. 363 erw ähnten M ittel, H a g e l a u f ­ z u h a l t e n , ein M esser m it schwarzem Griff vorkom m e, so will ich dazu auf T hiers bei L iebrecht, Gerv. S. 254 nr. 429 verw eisen: A p p a i s e r la t e m p e t e en ecrivant, Consummatum est, d’une certaine m aniere, et en le m ettan t ensuite sur la pointe d ’u n c o u t e a u a m a n c h e n o ir .

7. C o n t r a m a lu m g r a m p h i i 4) p o r t a n t a n n u l o s f u s o s d u m l e g i t u r P a s s i o C h r i s t i , d ie s e t h o r a s c o n t r a A p o s t o l u m o b - s e r v a n t e s .

1) F l i e s s e n d e s Wasser ist zauberkräftig. Oben 12, 13, Zeile 1. Wuttke, Register u. d. W. Wasser, fliessendes. Hovorka und Kronfeld 2, 692. 851.

2) Ygl. dazu z. B. Lammert, Volksmedizin S. 32, der auf 2. Regg. 4, 29 verweist (si occurrerit tibi homo, non salutes eum, et si salutaverit te quispiam, non respondeas illi). Grimm, D M .a S. 1117. Hovorka und Kronfeld 2, 844.

3) Wie mich Herr Prof. Berthold Wiese belehrt, ist cantarella für canterella s e n e s i s c h lautgerecht. Vgl. L. Hirsch, Laut* und Formenlehre des Dialekts von Siena.

Zs. für romanische Philologie 9, 529.

4) Die Handschrift: Contra malum gramphii s iu e [dahinter eine kleine Lücke] portant.

(14)

T h iers bei L iebrecht, Gerv. S. 245 n r. 327. H ollen schreibt: C ontra s p a s m u m ( ‘G icht’, Jostes S. 95) p o rtan t annulos fusos dum leg itur passio christi.

D ie K r a m p f r i n g e (G ichtringe) w erden sehr oft erw ähnt. Grimm, D M .8 S. 1121. A. F ran z, die kirchlichen B enediktionen 2, 507. H ovorka und K ronfeld 2, 274. Nach G rim m elshausen w erden die K ram pfringe am h. K a r f r e i t a g von nack ten Schm ieden aus einer G algenkette ge­

schm iedet; vgl. das D eutsche W örterbuch u n te r K ram pfring und dazu W u ttk e § 186. D e r bei B ernardino vorliegenden Ü berlieferung steht am nächsten eine F ra g e in dem oben zitierten italienischen B eichtspiegel (P alerm o 1, 183f.): Se a li anegli di piombo, che si fanno q u a n d o si d i c e il p a s s i o . — D ie K ram pfringe erw ähnt B ernardino auch im Q uadragesim ale S eraphin, Sermo 9, in einer Stelle, die ich, ihres all­

gem einen Interesses wegen, vollständig m itteilen will. D er A bdruck erfolgt nach der ed. Ju n tin a (1591) 4, 1, 43f., und zwar w örtlich, u n ter V ergleichung der neu eren V enediger A usgabe (1745) 3, 179f. D ie grössere H älfte des A bschnitts habe ich ausserdein m it der A shburnham schen Hs.

in F lorenz verglichen.

Nam diabolus qui vocatur B eelzebut, habet m ultos equos et equas, et est princeps herbariarum et incantationum , et tot equitat, quot faciunt et credunt in ip sis. vnde quaecunque m ulier, quae quaerit herbarias propter l'acere se iraprae- gnare, im praegnabitur a D iabolo, et illi qui dant denarios filijs tem pore N atiuitatis ut ludant, sunt equi diaboli: et stipendiarij, qui faciunt incantare equos, et qui ponunt denarios in focatia (v. 1. focaria) in sancto Martino. Et qui in anno nouo dant bonam m anum seu s t r e n a m 1) , quia vnus diabolus sic nom inatus illud inuenit. Et qui illo die nolunt com edere ruspantia retro sed proicientia antea, sicut porci. et qui ex voto nolunt com edere de capite, vel de pede. et p o r t a n t e s a n u l o s a p p r o p r i a t o s g r a n f o . et qui portant denarium crucis, et qui lauant sib i m anus in Sabbato sancto cum pulsantur cam pane propter sc a b ie m 2). Et qui in m ane S. Joannis Baptistae vadunt per r o s a t a m 3) , et qui cum vident lum ina et nouum ignem in Sabbato sancto ostendunt sibi bursam 4) ne deficiant sibi

1) Beichtlrage bei Palermo 1 ,184: Se a dato mancia in kalen (sic) di Gennaio. Vgl.

sonst etwa Schönbach, Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt 2, 31.

2) Glockenläuten am Karsamstag: siehe oben Nr. 5. Ygl. sonst Wuttke § 87 und § 613.

3) Vgl. bergamaskisch r o s a d a = Tau. Zum T a u b a d e n vgl. z. PS. Wuttke § 113.

Simrock, Mythologie 2 S. 586. Liebrecht zu Gervasius S. 5 6 f.; S. 230 nr. 139 (aus Thiers);

oben S. 92.

4) Die Stelle ist nicht in Ordnung. Die Hs. hat: qui cum vident lu n a m ostendunt bursam. Es wird n o v a m lu n a m zu lesen sein. Bernardino, Opera (1591), 2, 168: quidam stulti nouam lunam incantant. Beichtfrage bei Alessio, Storia di S. Bernardino da Siena 228: Se ha salutato la luna nuova. Vgl. sonst oben 11, 279. Vintler V. 7827ff.; dazu Zingerle. Wuttke § 632. Hollen bei Cruel, Geschichte der deutschen Predigt S. 620;

bei Jostes S. 89. A. Franz, Der Magister Nikolaus Magni S. 170 Anm. 2. Schönbach, Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt 2, 51 (in n o v il u n io d e n a r io s n u m e - rare). Drechsler, Sitte, Brauch und Volksglaube in Schlesien 2, 131; Festschrift des germanistischen Vereins in Breslau 1902 S. 60.

(15)

denarij1). Et qui habent in deuotionem primam diem Martij propter tempestatem.

Et qui faciunt signare equos et non ascendunt eos in die sancti Joannis. E t qui credunt dies o z ia g o s 3). Om nes isti peccant mortaliter. Et qui incantant tempus propter periculum ternpestatis, quia talibus euenit illa gratia, quae venit vni mulieri Januae, quae signando ad8) tempus ostendit annum tempori et sagitta celestis percussit eam in b e r s a l io 4), et sic mortua est cum suo incantamento.

Sed quot ribaldariae6) fiunt in matrimonijs in dando ribaldarias6) comedere maritis in ponendo spurcitia9 sub caput lecti, et faciunt maritos portare supra se nescio quid. Vnde dum semel vna iuuenis vellet diligi a marito, iuit ad re n c a g n a ta m 7), quae in nocte expoliauit se nudam, et illa iuuenis remanserat ibi cum vna socia, et voluerunt videre quid faceret ista anus et illa incantatrix fecit venire vnum daemonem, qui m in x it in vno v rc eo , et dixit, da b ib e re de hoc illi iuueni, et maritus diliget eam, et illa iuuenis videns hoc, horrore percussa noluit bibere8).

Et sunt qui incantant sanguinem, et qui vadunt iuxta persicum, et cum incan- tauerint dicunt, D ia b o le asporta istam infirmitatem, et persicus siccatur9). Et quae expellunt gattas10) extra domum, vt pariant masculum; et sic isto modo D iabolus eum istis superstitionibus omnia vitiat.

S. C o n t r a o s s a , s iv e m e m b r a d i s t o r t a u t u n t u r a r u n d i n i b u s , v e l n o v e l l i s a v e l l a n a r u m , d u o q u e t e n e n t ex u t r o q u e c a p i t e i l l a s , d i a b o l u s q u e j u n g i t e a s ; c u m q u e p u t e n t m i r a c u l u m e s s e , d i a b o l o s a c r i f i c i u m p r a e s t a n t : d e m u n iq u e o p u s d i a b o l i q u a s i s a n c t a s r e l i q u i a s a d c o llu m s u s p e n d u n t .

E in M ittel gegen V e r r e n k u n g e n . T hiers üb ersetzt: P ren d re deux roseaux, ou deux n o y a u x (ü ) d’aveline, les faire jo in d re l’un ä l’autre, et les p orter pendus ä son cou, contre les dislocations de m em bres

1) Dahinter in der Handschrift ein Z u s a t z , worin es unter anderem heisst: Item sunt qui non comedunt carnes in die epiphanie (vgl. Liebrecht, Gervasius S. 235 nr. 195).

2) Gemeint sind die ‘aegyptischen’ Tage, die Unglückstage (ital. oziaco).

3) ad] fehlt in der neueren Venediger Ausgabe v. J. 1745.

4) Zu bersalio gibt die neuere Ausgabe die Glosse: ano.

5) Statt dieses (italienischen) Wortes hat die neuere Ausgabe: s c e le r a .

6) ribaldarias] fehlt in der neueren Ausgabe; am Rande des Blattes steht: v e n e f i c i a . 7) rencagnatam] Statt dieses Wortes hat die neuere Ausgabe: v e tu la m . Von dem Worte rencagnata (ital. rincagnata ‘plattnasig’) wird weiter unten bei Nr. 17 die Rede sein. Hier verweise ich nur, wegen des e in der ersten Silbe, auf L. Hirsch, Zs. für romanische Philologie 9, 531 f.

8) Zu diesem Exemplum vgl. Etienne de Bourbon, Anecdotes histoiiques Nr. 361:

Cum due mulieres venissent ad quamdam divinam, una pro habendo puero, a l t e r a pro a m o r e c u ju s d a m a c q u ir e n d o , ait eis ut in domo sua dormirent usque mane; quod cum facerent, illa surrexit media nocte, adjurans demonem ad lunam. Alie autem, de lecto aspicientes quid fieret, viderunt demonem quasi umbram teterrimam ad eam venire et quid vellet ab ea querere; que cum ei dixisset negocia dictarum mulierum, dixit quod afferret ei vas, in quo quod poneret libere (!) eis daret. I l l e a u te m in d ic t o v a s e m i x it , et recessit. Mulieres autem dicte, hec audientes et videntes, perterrite in mane fugerunt, responsum non exspectantes.

9) Man vergleiche etwa, was Grimm D M .2 S. 1121 f. über eine Heilung der Epilepsie durch cingegrabene P f ir s ic h b l ü t e n aus Ratherius mitteilt.

10) Die neuere Ausgabe hat feles statt gattas. Über den hier vorliegenden Aber­

glauben vgl. unten Nr. 25.

(16)

(L iebrecht, Gerv. S. 245 nr. 328). Bei G ottschalk H ollen findet sich etwas E ntsp rechendes nicht. Irre ich nicht, so geht die von B ernardino b e­

schriebene P ro zed u r letzten E ndes auf Cato, de ag ricu ltu ra 160 zurück, wo es heisst: L u x u m si quod est, hac cantione sanum fiet. H a r u n d i n e m p ren d e tib i viridem p. II II aut Y longam . M ediam diffinde, et duo hom ines ten ean t ad coxendices etc. Ygl. G rim m , D M .2 S. 1183.

W as die V erw endung von H a s e l g e r t e n neben dem Schilfrohr angeht, so w ird es genügen, wenn ich auf W einholds Aufsatz ü b er die B edeutung des H aselstrauchs oben 11, 1 — 16 verweise.

Ich führe noch eine Stelle aus B ernardino an, die vielleicht h ierh er g ehört; O pera (1591) 4, 1, 42 A: Item diuidunt virgam nucelarij contra t o r e t a s et signant, et quando serpens m orderet aliquem . D ie neuere V enediger A u sg ab e1) lässt die W orte contra toretas ganz aus und schreibt:

Item dividunt virgam nucelarii et signant ea quando serpens m ordet aliquem .

9. C o n t r a m a lu m l u m b o r u m 2) s t a t i n f i r m u s p r o n u s in t e r r a m q u a s i d i a b o l u m a d o r a n d o ; e t m u l i e r , q u a e d u o s f i l i o s ex u n o p a r t u p r o d u x e r i t , d u a s in m a n i b u s t e n e n s c o lo s , c a lc a n d o p e d i b u s l u m b o s e j u s , t r i b u s v i c i b u s p e r t r a n s i t e u m , q u a e d a m i n t e r i m i n s a n a d i c e n d o , e t r i s u d ig n a .

F ranzösisch bei T h iers (L iebrech t, Gerv. S. 254 nr. 434). D ie bei H ollen entsprechende S telle habe ich oben 18, 443 m itgeteilt. H ollen lässt die W orte ‘duas in m anibus tenens colos’ sowie das D arüberhinw egschreiten (p e rtran sire ) ganz aus und schreibt l i m e n eius statt l u m b o s eius. D ah er ü b ersetzt Jostes: ‘E in e F rau , die zwei Söhne auf einm al geboren hat, stam pft dreim al m it den F üssen ihre Schwelle (!) und sagt dazwischen gewissen U nsinn’. Man muss H ollens W o rte nach B ernardino korrigieren . Ü brigens liest die B erlin er Hs. von H ollens P re d ig t l u m e n statt limen.

U nter den zaubernden P erson en haben s c h w a n g e r e F ra u e n und F ra u e n , die Z w i l l in g e geboren, besondere K raft; W u ttk e § 204 vgl. § 331.

So sagt, m it B ernardino ziem lich genau übereinstim m end, M arcellus E m pi- ricus 26, 47 ed. H elm reich: M ulier, quae gem inos peperit, r e n e s d o l e n t e s supercalcet, continuo san ab it3). Vgl. fern er den A berglauben bei Grim m D M .1 S. X L V III Nr. 28: So ainem die chnie gesw ellent, so get es zu ainer fraw n die zw endling getragn hat, vnd heist sey im a in f a d e n s p i n n e n , den pintz vb er die chnie, so w irt im pas. Oben 11, 274.

1) 3, 178; wo ausserdem n u c e la r i i mit nucis avellanae erklärt wird.

2) In Bernardinos Version der Seifensiedergeschichte (s. oben S. 116) gibt der Arme vor, ‘infirmus in lumbis’ zu sein. Opera (1745) 3, 24.

3) [Der gleiche Aberglaube ist für Siena aus dem 15. Jahrhundert belegt durch Mariano Sozzini in seiner Schrift ‘de sortilegiis’, s. Archivio per lo studio delle trad.

pop. 15, 135: ut supra unum, dolorem renum patientem, in terra prostratum, mulier, quae uno parta gemellos peperit, c o l l o in manibus retento ter hinc inde prosiliat].

(17)

W u ttk e § 522. K uhn und Schw artz, N orddeutsche Sagen S. 463. Sartori, Sitte und B rauch 1, 21.

Zum D arau ftreten vgl. nam entlich 0 . W einreich, A ntike H eilungs­

w under 1909 S. 69; zum D arüberhinw egschreiten z. B. m eine B em erkungen in der W ien er Z eitschrift für die K unde des M orgenlandes 20, 296.

10. C o n t r a d e f e c t u m l a c t i s , v e l m a lu m u b e r u m m u l i e r u m q u is e x p r i m e r e s u f f i c i t quot. d e m e n t i a s o p e r a n t u r ?

W as für unsinnige M ittel gegen den M ilchm angel und gegen B rust­

übel angew endet w erden, sagt B ernardino nicht. Doch erfahren wir genug darü b er aus anderen Quellen. Zu den M itteln ‘ad m am illis lac provocan- dum ’ vgl. F r. P radel, G riechische und süditalienische G ebete 1907 S. 115 und das K apitel ‘M ilchmangeF bei Ploss-B artels, Das W e ib 8 2, 488. In des F ra te r R udolfus Buch D e officio cherubyn lesen w ir: P o n u n t cum ulos farine et salis, de quibus lam biint, u t l a c t e a b u n d e n t (Theologische Q uaftalschrift 88, 420). Zu den M itteln gegen die K ran k h eiten der B rüste vgl. etwa H ovorka und K ronfeld 2, 606ff. E ins von diesen M itteln ü b er­

liefert G ottschalk H ollen. D ieser schreibt näm lich , ausführlicher als B ernardino: C ontra defectum lactis quis exprim ere sufficit quot dem entias operantur. E t contra m alum vberum a l i q u e e q u i t a n t v a c c a s : a l i q u e a s i n a s in n o c t e l u c e n t e lu n a . E in anderes M ittel bei U sener, R eligionsgeschichtliche U ntersuchungen 2, 85, 39: Quando m ulieres dolent mamm as, quod u tu n tu r pro rem edio u irili mem bro, uel credunt quod m anus uiri extranei m itiget dolorem.

11. C o n t r a p a s s i o n e s v e r m i u m , m a x im e p u e r o r u m , s c r i b u n t s u p e r f r o n t e m , v e l s u p e r v e n t r e m i n f i r m i : q u id a m p r o i i e i u n t in a q u a m l i q u e f a c t u m p lu m b u m ; v e l a l l a c u m 1) c u m f i l o p u e l l a e v i r g i n i s p o n u n t s u p e r p u e r u m .

T hiers übersetzt: M ettre sur un enfant qui est tourm ente des vers, du plom b fondu dans l’eau, ou du fil file par une Y ierge (L iebrecht, Gerv. S. 246 nr. 329). W o b leib t in dieser Ü bersetzung, um von anderem zu schweigen, das W ort a lla c u m ? Bei H o l l e n entspricht der folgende, von B ernardinos F assung ziem lich stark abw eichende S atz: C ontra passiones verm ium m axim e puerorum scribunt super ventrem infirm i in plum bo vel pergam eno et ligant illam scripturam cum filo v irg in is8) et proijeiunt in aquam.

D r e i abergläubische M ittel sind es, die nach B ernardino gegen d ie W ürm er angew endet w erden. E r s t e n s : m an schreibt (etw as) au f die S tirn oder den L eib des K ranken. E s sind verm utlich B eschw örungen,

1) So die Ausgaben v. J. 1591, 1635, 1650, 1745. B e id e Wiegendrucke haben o le u m . Die Handschrift: alcum (oder aleum?).

2) Jostes übersetzt: ‘Haar von einer Jungfrau’.

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