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Die Zukunft, 25. September, Jahrg. XXIII, Bd. 92, Nr 52.

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XXllL Jahrg. Berlin,den25.gieptcmbek1915. gle.52.

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Maximilian Kardew

Inhalt:

Seite Christentlxumund Menschheit VonKarl Ientlch ... .....369 Bitte anden Heiligen stunk Vonwerner von derSchulenburg ..381 Wahrheit-m VonFrank Blei . ...................383 Untwort gutKulturfragem VonErnst kothac ............388 selbstsnkeigem vonJerusalem undElifabeth Förstersllleqsche ..390 Umerllmnisclxe Baumwolle. vontat-on ........ .......391

Rachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

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Bei-lieuden 25.September «1915.

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Christenthum und Menschheit.

. choninderhomerischen Zeit fühlteder heitereGrieche sich«

vom Pessimismus angewandelt;solche Anwandlungen mehr- tenund«verstärktenfich, alsdieKrieg-ederkleinen Griechenstaaten unter einander sichzur SelbstzerfleischungderRation fteigerten.

die innern Zustände jedesvon ihn-enimmer trostloser wurden,die Sitten verfielenundSophistendieBerechtigungderLibertinage und jederUngerechtigkeit bewiesen, Daersetzte Plato, demseh- nenden Gesmütheinbleibendes Gut zusichern,denvom Denken -aufgelösten Götterhimmel durchseinReich ewiger Ideen; unddas durch diePerderbniß geängstigteGewissen derfeinenGriechen nahmzuorientalischenSühnemysterien seine Zuflucht.Den beiden sosich äußernden Bedürfnissen,dem rationellsgemüthlichenund dem ethischen, brachtedievonJesusvollendete Religion derjudi- schen Propheten volles Genügen. Das PaulinischeDogma von Jesu Opfertodverhieß voll-e Sühnung; und statteines Reiches schattenhafter Jdeenöffnete sichdementzücktenBlickein Himmel -.seligerMenschen,der verwirklichtenGedanken Gott-es. Derge- meine Grieche,dersich taufenließ tauschte für fein kindisch-aber- -gläubiges Mythengewirr ein Weltbild ein, soklar,einfachund ..-fest,wiees das Genie seinesPlatonichtzuschaffen vermocht hatte:

sein allmåchtiger, allweiser, allgütigerSchöpfer, Ordner, Lenker des Universums, ein beseligendesZieldesMenschenlebens ein deutlich vorgezeichneter Wegan diesesZiel. JnderObhut seines sGottes fühlt sichderGläubige geborgenwiedasKindlein ander Mutterbrust.Und das Jenseits desZielesmachtdenMenschen michtetwa fürs Diesseits untauglich,sondern derGlaub-e sichert ErdiePflichterfüllung durch feste sittliche Normen, verhütet Kraft-

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370 DieZukunft,

verschwendungan Lasterund ermuthigt, auch ohne Aussicht aus«- Erfolgund-irdischen Lohninpflichttreuer Arbeit auszuharren.—

Die natürliche Sittlichkeit, die Wernunstmoralbestätigt-:- Christusund setzt ihr einStockwerk auf.Zwardas Mitleid mit- leidenden Geschöpf-enkannten und übtenauchdie edler-enunter denHeidenvölkernDieFseindesliebe ist noch nichts Uebermenschss liches;Liebeund Haß wohnen nahbei einander und leicht schlägt eins dieser Gefühleins andere um;dasgroßeNeue ist, daßdie von Sokrates entdeckte Seelenliebe aqullses ausgedehnt wird,was Menschenantlitzträgt, auch aufdieMenschenderniederen Kasten und ausdieverelendeten, verkommenen Individuen deseigenen Stammes. Aber diesereine, helle, sonnenhast Liebenund Liebe spendende Flamme,dieinPaulus lod-ert, stehtimmer inGefahr, insdiedüsterezGluthdesFanatismussumzuschlagem weildieGlau- benssätze,diesieentzünden, zugleichden niederen Trieben Haß!

und Grausamkeit Vorwände darbieten. Den hassenswerthenl Bösen,denEkelhaftenansichzulieben,wärenichtnur übernatür- lich, sondernunnatürlich;wasderChristinihm liebt, istdasver-- unstaltete,aberwiederherstellbare Ebenbild Gottes, und weiles- sichdabei um einunendlichWerthvolles, weilessich zugleich für diezurettende Seele um ewigeSeligkeitoderewigeVerdamm--- nißs handelt, so,-überredet sichder Fanatiker, mußman dass-—

Aeußerste aufbieten, mußdieLeiber verbrennen, um dieSeelen- zuretten. Und imGrunde istesGott selbst,diepersönlicheVoll-- kommenheit,denman inseinemEbenbilde liebt. Wie wäre diese nochniedagewesene Liebe,diedem Wildsremden,demabstoßensv HåßlichendaseigeneLebenopfert,denkbar ohne Haßgegen Gottes- Feind, der die göttlichenEbenbilder verdirbt? Denn einper-—

sönlicher Feind mußder Verderber gewesen sein. Wir von—

heute versteh-endas Unvollkommene, das Häßliche,das Böse- im Menschenleben als natürliche Wirkung-unserer Planetari-- schenLebensbedingungen; der Phantasie des unwissenschaft- lichDenkenden aber stell-en sichals Urheber aller wohlthätis gen wie aller verderblichen Erscheinungen persönliche sWesen dar. So übernahm denn die Urkirchevon den Juden den—

zum Teufel degradierten Ahriman als den FeindGottes, als—

dengroßen Verderber,alsGegenstanddesPslichtgemäßsenHasses-.

Dieser Haßerstrecktsich auch ausdesTeufels menschlicheAnhängser, Diener und Werkzeuge;demTheologenaber(unddieTheologen;

wurden sehrbaldmächtigin derKirche) scheint schon,wer anderer Meinung istals er, einKind desTeusels DieApokalypse, inder- dieserrachsüchtige Haßgegen die Mörder derHeiligen, aufdie:

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Christenthum undMenschheit. 371 ganze nichtchristlicheWelt ausgedehnt, zumserstenMal sichaustobt (eineGesinnung, dieJesus inLukas 9,55nachdrücklichverur- theilt),müßteman, wiedasBuchEsther,einabscheuliches Buch nennen, wenn ihrnichtdie herrlichen Briefe an diesiebenGe- meinden imEingang unddieBisiondeshimmlischen Jerusalems am Schlußunvergänglichen Werth verlieh-en-

AusdreiQuellen istdann späterdemFanatismus noch reich- lich Nahrung zugeströmt. ErstensausdemOrthodoxismus Ueber den jenseitigen W—eltgrund,von dem Jesus inBildern spricht, nachzudenken,Spekulationen anzustellenüberseine Daseinsform undWirkungweise, istdas RechtdesDenkgeistes;undder Auf- lösung jener praktisch brauchbarenBilder ingnostische Phantastik zuwehren,war Pflicht der Kirchenleiter. Aber die Dheologen gingenüberdiese Pflicht hinaus, indem sie,dieKraftdesMen- schengeistes überschätzendunddieKompetenz derKirchenvorsteher überschreitend,dieAhnungen und Bermuthungen vom Unwiß- baren inwissenschaftliche Begriffefassenzu könnensicheinbildeten und denGläubigenzurPflicht machten, diese BegriffealsGlau- bensartikel zubekennen. Damit war dieNothwendigkeit eines Glaubensgerichts gegeben,das inStreitsållendievermeintliche dogmatische Wahrheit definirte und den Jrrthum verdammte.

Man muß diesem Glaubensgericht, daszusetftvon denKonzilien, spätervom Papstundvon seinenKongregationen geübt wurde,das Zeugniszgeben,daßesimGanzen vernünftig handelte, sich«auf dem Mittelweg hieltund das offenbarUnvernünftigezur Bech- tenund zur Linken ver-warf Wie gegen dieGsnostiker,sohates auch (nichtzwar gegen dienordischen Fürstenund Völker,die wohldaran thaten,das päpstlicheJoch abzuschütteln,wohlaber) gegen dielutherischenunddiereformirten TheologenRechtge- habt,diemit ihrersola fides undihrerPrädestinationlehredie Unvernunst des Kirchendogmas ausdieSpitze trieben und im sanatischenOrthodoxismus, inStreit-—- und Perketzerungsuchtdie katholisch-en nochüberboten. Doch nothwendig war dieBerur- theilung durchdas kirchliche Lehramt nicht,denn das offenbar Unvernünftigevermag sichnichtzuhalten; wer glaubtheute noch an so absurde Lehren? Ketzerriecherei, Perdammungs und Ber- solgungsucht sinddie vom Orthodoxismus erzeugten Spielarten des kirchlichen Fanatismus

Jesushat zweien Kategorien von MenschendiePerdammusng angedroht: denUnbarmherzigen unddenUngläubigen. DenUn- barmherzigen feierlichimfünfundzwanzigsten KapiteldesMat- thåus, welchesdasWeltgerichtbeschreibt:DieEntscheidungüber

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372 DieZukunft.

das SchicksaldesMenschenim Jenseits hängtdavon ab,ober den Brüdern Barmherzigkeit erwiesenhatodernicht. DieUn- gläubigen dagegenwerden nur gelegentlichinpolemischesnReden bedroht. (DasWort: »Wer glaubet und sich taufenläßt,wird selig werden,wer nicht glaubt,wird verdammetwerden·«,amiSchluß desM-arkusevangeliums, istaus demschon dogmatisirten Glau- ben der Gemeinde zuerklären, daß,wer denEintritt ins dies- seitige ReichGottes weigere, auchvomjenseitigen ausgeschlossen bleibe·)Aus diesen polemischsenReden aber gehtdieMeinung Jesudeutlich hervor:ungläubig ist ihm,wer mitdenPharisäern meint,derMenschwerde durch KultbräucheGott wohlgefällig,und ihmnicht glaubt,der gesandt ist,zulehren, daßGott keinena- deren KultfordertalsreineGesinnung, unsträflichenWandel und werkthåtige NächstenliebeDieSeligkeitvon derAnnahme meta- phhsischer Lehrsätzeabhängigmachen, isteine Thorheit, die den Gedankenkreis Jesu nich-iteinmal äußerlich berührt.Das unfehl- bare kirchliche Lehramthat fürdas Seelenheil der Gläubigenso wenigzubedeuten wiedasTheologengezänk, fdas ihm Stoff lief-ert.

JnmancherZeit konnte ein (nicht unfehlbar-er Desinitor, aber) weiserRathgeber und Mahnier aufdem Päpstlichen Stuhl der ChristenheitguteDienste leisten;dochinallen solchen Fälle-n hat dieser Stuhl bis jetztimmer versagt; er hatden Werdeprozsesz deseuropäischen Staatensystems durch selbstsüchtigesSchürender Zwietracht und des Kriegsfeuers erschwert,hat die Gräuel der Hexenprozesse hieraufbeschworen, statt siezubannen, mußte von Karl dem Fünften gezwungen werden, den Weg zur nothwendig gewordenen Reform zu beschreiten. Dadurch, daß erdie Erlaubnißzur Bildung von Kultusgemeinschaften ver- weigerte, haterdiefranzösischeKirche zerstört;und erwar untetr demeben verstorbenen Papstdaran, denGewerkschaftstreitzur ZerstörungderKatholischen Kirche Deutschlands zubenutzen.

Eine zweite Quelle,aus der dem Fanatismus Nahrung zuströmt, ist Pauli Spekubation ÜberErbsündeund Erlösung.

Wohlthätig beruhigend fürdenGemüthszustandsder Menschheit von damals und,alsSymbol genommen, pädagogisch werthvoll füralle Zeiten, ist diese Lehre, wörtlich-verstsainden,dsieentsetzlich-sie aller Gotteslästerungen, wenigstens inder Formulirung, die sie später gefunden hat·Weil einMenschGott ungehorsam gewesen ist,soll trotzvsollbrachter Erlösungdas Ende des Weltprozesses sein:neben einem Häuflein Hallelujiah singend-erGeretteter eine Folterkammer, in der die ungeheure Mehrheit der Menschen, unzählige Milliarden, insnieendenden Qualen heultund wim-

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Ehristenthum undMenschheit 373 viert;einGraus, vor demsichRero und Tiberius entsetzenwür- den.Diese Erlösungtheorienun schieneinen Vermittelungapparat zuerfordern, durchden dieFrüchtederErlösungden Einzelnen zugewendet würden,und zurBedienung desApparates war eine Priesterschaft nöthig.Derethischen Religion Jesusubstituirte sich eine jüdis-ch-"shei"dsnischeKultreligion;nachzweiGesetzen,die in der geschichtlichen Entwickelung walten. Das einesagt, daßeineneue Ideevon sich abfallenmuß,um wirksamzuwerden,wseilsie nicht anders wirksamwerd-enkann alsdurchAnbequemungandasherr- schende Alte;lderFortschritt bestandindiesem Fall darin, daß.das kirchlicheEhrstentihum nichtnur Kultreligion, sondern auch ethische Religion warund daßdasKultischedemEthischendiente. Nach einem zweiten Gesetz nütztdieVorsehung Jrrthum und Leiden- schaftderMenschenzuwohlthåtigen Wirkungen. Aus demKult, derdieVölker ästhetischerzog, wurden dieBildendsen Künsteund dieMusik geboren;diePriesteraberwurden sammtdenihnen hel- fenden Mönchen Kulturbringer undihre Hierarchie hateineWeile denStaat ersetzt,dann beiseinemAusbau geholfen. Dem,derdas dreiundzwanzigfte KapiteldesMatthäus mitdenAugendes Ra- tionalisten liest,scheintdieKatholsischeKirche völlig gerichtet;der mithistorischemSinn Vegsabte liestaus dieser Strafpiredsigtgegen die Pharisäer,Hohepriester und Schriftgelehrten nur dieMah- nung an dieHienarchie heraus,«nichstzuüberseh·en,daß ihr eigener Bestand und der katholische Kultus, vomStandpunkt desEvan- geliumsaus gesehen,Anomalien sind, daß dieseAnomalien zwar indenDiensten,idsiesiederMenschsheit geleistet habenund noch leisten, ihre Entschuldigung und Rechtfertigung finden,daß sie aber ein gefährliches Spiel treibt,wenn siedie Anomalie als dasWesen behandelt unddieSeligkeit, außerandieZustimmung zuPhilosophemen, auch nochan Bräuche bindet, währendder Glaube an dieAothwendigkeitvon Kultübungen geradederUn- glaube ist,den Jesus (wie nach ihm Paulus) am Judsenthum verdammt. Bigotterie istsdsieFor-m,die derFanatismus unter dem EinflußdesKult- und Priesterwesens annimmt.

War dieerstederbeiden Unheilsquellen anfangs einunab- weisbares Bedürfniß und hatdie zweite als Segsensspenderin dasUnheil,»dassieanrichtet, reichlichaufgewogen, so istdieDritte, so langesie floß,nur eine Verderberin gewiesen.Jchmeine den Glauben an denTeufel.AufderHöhedesMittelaltiers, wodie Menschen lebenskräftigund lebenslustig waren, machteman sich über den (in Legendsenund Schwänken gewöhnlich geprellten) dummen Teufel lustig.Aber vom fünfzehnten Jahrhundert an

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374 DieZukunft-

griffeine Berdüsterung der Gemütherum sich,deren Höllen- phantsasiendieteufelgläubigen Mensch-eninTeufelverwandelten- Teufel sindzwar nichtdieTeufelsbiindler unddieWeiblein ge- wesen,diesich einbildete·n, siekönntenshexen (ssiehaben nichtden zehnten,vielleicht nichtden hundertstenTheil der Unglücklichen ausgemacht, die alslHexenverbrannt wurden), wohlaber die Hexenrichter,dieKriminalrichter inso manchem politischen Prozeß und ihreGehilfen,dieFoltermeister,Folterknechte und Henker, die Soldaten des sechzehntenund siebenzehnten Jahrhunderts, diealle inderFolterksammer und aufdem Nichtplsatzerlernten satanischen Künstean derwehrlosen Bevölkerung der von ihnen heimgesuchten Ortschaften ausprobten, entweder aus sadistischem Gelüst oder,um Geldzuerpressen.

Die ersteund dieletztedieserdreiQuellen habendieRefor- matoren nicht verstopft, sondern erst völliginFluß gebracht; nur diezweite ließen sie versiechen, sammtdem Guten, dasaus ihr strömt. Luthersgesunder Sinn hatzwar indiesem Punkt das Bichtige erkannt,drang aber nicht durch. Nichtnur pflegteer Gesangund Musik, nichtnur wünschteerdiemelodiöse lateinische SprachedemGottesdiienst zuerhalten: er hatte auchgegen Gere- monien und Prachtgewsänder nichts einzuwenden und war kein Bilderstürmen Nirgends haterseine richtigeAnsicht deutlicher und kräftiger ausgesprochenalsin demköstlichenBriefan den ProbstBuchholzer, dessen Gewissen sich durchdieProzessionenbe- schwert fühlte,diesein Gebieter,derKurfürst Joachim von Bran- denburg,inseiner Kirch-enordnungbeibehiielt »Wenn EuchEuer Herr,der Kurfiirst, will lassendas Evangelium Christilauter, klarund reinpredigen, so lgehetinGottes Namen mitherumund- traget einsilbernodergoldenKreuzund EhorkappeoderEhorrock von Sammet, Seiden oder Leinwand. Und hatEuer Herr,der Kurfürst,an einer Ehorkapspenoder einem Ehorrock nichtgenug, dieJhr anzieht, so ziehtderen dreian,wieAaron,derHoheprsies ster,der drei Röckeübereinander anzog, die herrlichund schön waren, daherman dieKirchenkleiderimPapstthsumOrnate ge- nannt hat.Haben auch JhreKurfürstlichenGnaden nichtgenug an einem circuitu oderProzession,daß Jhr umhsergeht, klingtund singt, so gehet siebenmal herum,wieJosua mitdenKind-ernIsra- elsum Jericho. Und hatEuer Herr,derMarkgraf,jaLust dazu, dann mögen Jhre KurfürstlicheGnaden vorher springenundtan- zen,mitHarer, Pauken, Eymbeln undSchellen,wieDsavidvor derBundeslade that,dasienachJerusalem gebracht ward;bin damit sehr zufrieden, denn solcheStückenehmen und gebendem Evangelio garnichts; doch daßnur nichteine NothzurSeligkeit

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Christenthum undMenschheit "375 kunddas Gewissendamit zuverbinden daraus gemachtwerde ;

«undkönnteichsmitdsemPapstund- denPapisten soweitbringen, --wiewollte ichGottdanken undlfröhlich sein-!«

Aus diesem Wustvon Fanatismus, Verfolgungsucht, Vigot- .terie,Justiz-sund Kriegsgräuelnnun hatderAeuhumanismus in

·Wechselwirkungmitderrationalistischen PhilosophieundderAus- klårungdieDeutschen erlöst. Parulsen behandelt ihninseinerGe- schichtedesgelehrtenUnterrichtes einWenig spöttisch.Uebertries

bene Schwärme-rei fürs Griechenthum nöthigtuns jawirklich manchmal ein Lächelnab;so,wenn Wilhelmvon Humboldtin einem Briefan Welcker schreibt: »Wasman auchvonderSchön- '-heitundErhabenheit desNamayana, desMahabarat, derAibes lungen sagenmag, so fehltimmer geradedas Eine,indemder .ganze ZauberdesGriechischen liegt;wasman mitkeinem Wort ganz aussprechenkann,»aber was man tiefund unendlich fühlt; ävas machen würde,jdkaßsinjeder ernsthaftesten und heitersten, glücklich-istenundwehmüthisgstenKatastrosphedsesLebens, ja,im Mo- ment desTod-es, einige VersedesHomer,undwenn sieaus dem -—Schiffskatalogwären,mirmehrdasGefühldsesUeberschwankens derMenschheitinsdsieGottheit(was dochidie Summe alles mensch- lichen Fühlensund alles irdischen Trostes isti) gebenwürden als irgendetwas voneinemanderen Volk.«(Nur denSchiffskatalog inderSterbestunde, stattdeschristlicheninmanus tuas, Domine,

--commendo spiritum meum, nichtdasVorhergehendse belåchleiche)

Paulsenhat nichtandenZustandgedacht,»aus dem derAeuhumas snismus erlöst hat.Etwas vondiesem Zustand schimmertineinem Ausspruch FriedrichAugust Wolfs, sdesBegründers des neu- shumanistischsen Unterrich-tes:»Glückselig sindwirPh-ilologen, daß

«-unsweder Götter noch Menschen hindern,indenTagzuleben, Ifreiund ungebunden mach sallseitiger Erwägung soodseranders zuentscheiden.Wenn einTheologeeinmal vondiergebotenenAn- ssicht abweicht, gleich entsteht Geschreiund Aufregung desPöbels;

»wenn wireinreißen,swaswirgesternbauten, somerkt es kaum

"derNachbar.«Soauch,wenn einige Jahrzehntespater Märklin, ein Freund vonDavid Friedrich Strauß,bekennt: »Was istalle Theologie alspure Verschsrobenheit, Unwahrheit, Unnatur? Ich sehne mich-nachtdergesund-enNahrungderaltenKlassiker. Jichiwill saus vollerSeele einHeide sein,denn hier«cistdsochWahrheit, Natur, -·TGröße.«UndderfolgendeAusspruch JeanPauls giltwohl auch auch nochimzwanzigsten Jahrhundert: »Die jetzige Menschheit .sä.nkeunergründlich tief,wenn nichtdieJugend durchdenstillen Tempelder großenalten Zeiten und«MenschendenDurchgang Zum Jahrmarkt desLebens nähme.«

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376 DieZukunft-

JndemMaßnun, wiedie gebildeteWelt der Orthodoxiex den Rücken kehrte,dieHierarchie an weltlicher Macht einbüßte undsichdasLeben vermenschlichte, tauchteausdemjüdisch-heid- nischstheologischen Mummenschanz immer deutlicherdie Gestalt- Jesuhervor.« Zunächstin der Person von menschlichen Engeln derBarmherzigkeit, deren Bedeutung durchdieAbstempelungzu ofsiziellen Kirchenheiligen verdunkelt worden ist;denn nicht durch- Kirchlichkeit, Orthodoxieoder Askese, sondern durch Menschlich- keitsind siegroß gewesen«Die beidengrößten, Franz vonSales-

"und Pincenz dePaula, habenalseinsameLichtgestirne schonin derRachtderUnmenschlichkeit geleuchtetund gew.ärmt.(Den Zwei-s tenmögeeine Anekdote charakterisiren.Alseineseiner Helfer-innen ihm meldete, »daßlsie dreiunddreißig Andachten zusEhrender drei- unddreißig Lebensjahre desHeilands zuverrichten gedenke,er-.

widerte er: »SparenSie sicheinpaar Andachten und vertheilen Sie mehr Fleischbrühe!«)Aber erstnachdergroßen Wendung, vom TheologischsKirchlichenins Menschliche hat ihrGeistins Weite und Groß-ezuwirken begonnen. Jn Deutschlandwaren Kolping und Ketteler seine wichtigsten Organe,die, zugleichmit denenglischenChristlichsSozialen, auchderPolitikdieRichtung- aufsSoziale gegebenhaben. s"

Das Endergebniß dieser geistigen Umwälzung istein Zu- stand,dersichdemReich Gottes,dasJesuszugründen gekommen war, mehr nähertalsirgendein Gesellschaftzustandderfrüheren, christlichen Zeit.DieStrafrechtspflege ist so humanisirt, daßBetts ler und Pagabunden nicht seltendas GefängnißalsPersorgung oderwenigstensalsWinterquartier erstreben. Allem,wasMen- schenantlitz trägt, istderSchutzdesLeibesundLebens,derEhre (namentlich dergeschlechtlichen)und des-Eigenthums gesetzlich und im Allgemeinen auch wirklich verbürgt. Die Sozialgesetzy gebungsichert Jedemin denRothlagen des Lebens eine Hilfe.

Richtnur demkranken Lohnarbeiter, sondernauchdem genesen- denundunter Umständen schondemvonKrankheit bedrohten wird sorgliche Pflege gewährt.Die Ruhedessiebenten Tages, diese hochwichtigeundunendlich wohlthätige Einrichtung,wirdinihrem ursprünglichen sozialen Sinn, wieihn5.«M,«-ose5zumd Markus 2, 27andeuten, beobachtet.Das Familienleben iwar niemals reiner, lasterhafte Ausschreitung niemals in engere Schranken einge- schlossen.Man erinnere sichnur,daßnochimsiebenzehnten Jahr- hundert dieSoldaten ineiner eroberten Stadt alle Frauen und Jungfrauen schändeten,derensie habhaftwerden konnten,unddaß, wie YJenzelburgererzählt,Alba auf seinemZugindieNieder- lande sagte,erwolle lieber seinbestes Regiment missen,alsden;

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