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Die Zukunft, 1. April, Bd. 27.

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(1)

Die

Zukunft-Ess-

Herausgehen

Maximilian Larven

Ep-

HiebenundzwanzigllerBand.

Berlin.

Verlag der Zukunft

1899.

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(3)

Inhalt

Abenteurer, der,unddieSängerin s.Theater 46.

Aleppo-Beulen......·....117

Arbeiterpolitik, die,desdeutschen Absolutismus·.........191

Austria s.F elix. Behandlung, diegesetzlicheder Konfekrionindustrce........150

BankenUndKundschast.··...157

Bärenhäuter,ders.Wagner. Bismarcks letzte Tage....... 9

Börse, die,imLenz........227

Brieskasten.............406

BülowvonUpolu.........145

Carducci, Giosue.........342

Cement, unser....·......534

CharfreitaginGriechenland.... 37

Chromatrop·........... 97

Comte, Auguste,und dieJesuiten206 Dänenthum,das,inSüdjütland. 58 DichtendeMütter .........272

Dichtungs. Weibliche. Dresdner Kunst..........214

Dreyfus s. Juden. s.a.Notiz- buch492. « EinheitderVolksbildung.... 14

Engel,dergepanzerte.......523

Entstehung, die,desChristenthumes546 Familienväter s. Schutz. s.a. Schlechte. Felix Austria ..........302

Ferienkolonien,gegendie.....583

Frankreich,dasneue J......233

FrauenimAlterthums.Heil- kundige. Friedens-Konserenz,die......332

Gardecorps,das..........168

Gerechtigkeit............509

Graphologen s.Gutl)maun-Gra- phologen. Gioths, Klaus, Geburtstag....171

Gründung,einefranko-russische..357

Guthmann.............185

Guthmaanraphologen ......277

Harrende,eine...........299

Heilkundige FrauenimAlterthuin261 HeylsArmee............361

Hochzeit,die,derSobeide, s. Theater43. Hohenlohe,Prinz s.Notizbuch495. lHolzhandehunser....·....274

HumanisirungdesKrieges....528

HüttenundZechen........179

Jesu s.Persönlichkeit Jesuiten, die, s.Comte. Jllusionen.............440

Inmemdriam ..........135

Jndianer,die,indenVereinigten Staaten .............129

Industries.Russische. Jndustriepolitik s. Oester- reichische. Juden s. Wesen. Juden,die,undDreyfus..... 72

Karolinen, die, s.Notizbuch495. Kellnerlehrlinge..........409

Klavier, das,undseine Meister..428

Kommunismus imaltenIsrael .508 Kompromittirt! ..........201

Konsektionindustrie s. Behand- lung. Königssohn,der..........487

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Kunst s. Ziele.

Kunstassekt,vom ..........366

LandwirthschaftundVolksernährung434 Leute, unehrliche,imaltenIndien563 Lorgnon,das ·..........384

Maifrost..............817

Medizinstudium, das,der Frauen422 Militarismus s.Volksthum MohnmmedanismusinIndien.. 83

Morgenlicht,im..·.H.....553

Mütters.Dichtende. Nationalsoziale s.Trennung. Nietzsches,aus-, Leben undSchaffen246 Notizbuch............492

OesterreichischeJndustriepolitik..465

Ohrenbei«chte,die ......... 22

Orden,der.·...........574

Pantomimus ........... 49

Persönlichkeit,die,Jesu......296

Pfingstmärchen,eins. Reh. Portesooton ........·...230

Provinz,diekluge.........489

Realismus, kämpfenderund passiver.·...........309

Reh,das..............338

Rhodes,Cecils. Chromatrop. Rosengart, Frau ......·.. 1

s.a.Pantolnimus.. RussischeIndustrie ........ 89

Samoa. -.·............ 95

Savinas Gastspiels. Theater 141. Schlechte Familienväter......479

Schutzgegen schlechte Familien- väter ..............372

Selbstanzeigen 86, 223, 269, 315, 401, 438, 483, 530,577 Skandinaven, die, inderdeutschen Literatur ..·..........554

Skizzen,drei.·..........174

Soda-Jndustrie,diedeutsche....520

Sohn,der,desTrostes......321

Sommersrischen..........475

Soziologieundsoziale Frage...449

Sprachenstreit, der,inOesterreich.103 s.a.Felix Austria- Tausendstelsekunde,eine......524

Theater ........... 43,141 Theaternotizbuch..........182

Theatre Antoine .........443

Trennung, meine,vondenNational- sozialen..........281,432 Tuberkulose............537

Tuberkuloselleilstätten·......355

Ver saerum ...........123

Vitalismus undNeovitalismus. . 29

Volksbildung s. Einheit. Volksernährung s. Landwirth- schaft. VolksthuntundMilitarismus ..353

Waffen, die,nieder!........326

Wagner, Siegfried,undder Bären- häuter..............158

Warnungsignale.......·..580

Weg, dcr,zumFrieden......347

WeiblicheDichtung........ 92

Wesen,vom,derJuden .....398

Wielange noch?.......... 40

Wiener Kunst...........216

Yankees, des-, Erwachen......404

Zielemoderner Kunst.......378

Zuchthausvorlage,die.......497 s.a.Notizbuch494.

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Berlin, den 1.April 1899.

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IV-

Frau Rosengart.

DeutschlandsstärksterundtollkühndasAllerstärkstewagenderDrama- tiker,FriedrichHebbel,hatteeinmal dieAbsicht,eineChristustragoedie zuschaffen.DerArme, rastlosumBrot undRuhm Ringende,kamnicht mehrzurAusführungdiesesPlanes;leider: sonst hättenwireinen nord- germanischenJesus,einen;der unseinenWiderhallaus derZeit brächte, da die alten Germanen zwischenderheimischenGötterlehreunddem wil- friedischenTäufergedankendieRegenbogenbrückezuschlagenversuchten,da siezu demWeißenChrist schonehrfürchtigaufzustaunen begannenunddoch in den alten Götternnoch nicht Unholde sehenmochten. InHebbelsunge- klärtemPlanwar viel wirreMystik:dieMenschheitsollte»aus Ekelvor sichselbst«denneuen Glaubengebären,MariasolltedievondenAlchemisten gesuchtejungfräulicheErde bedeutenundJesusimBesitzmagnetisch-elektri- scherKräftesein,diesichihmselbsterstinderSchicksalsstundeentschleiern.Da- neben aberregtesicheinfeiner, fastallzu feinerGedanke:derDichterwollte den verrufenenJudas,wieman jetztgernsagt-»retteU«-DieGeschichkedesVer- kqthes erschienihmzuplump,zumelodramatisch,zutiefunterderHöhedes mildenGottes. Dieknappe Andeutung des MUUHUEUHEVUUAEUUMZ

»Wahklich,ichsageEuch:EinerunterEuchwirdmich verrathen!« mag ihmzumAusgangspunktgewordensein.Von daschrittergrübelndweiter.

DerAllwissendekanntedentückischenVorsatzUndwehrte ihm dennoch nicht.WennJudasnur einWerkzeugwar,ein zuschmutzigerHenkerarbeit

1

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2 DieZukunft.

erwähltes,wenn erdemMeisternur helfen wollte,bis ansqualvolleEnde dieLehrezu leben?Dann wardiesermillionenmal Verfluchtederschlaueste undzugleichzumschwerstenOpfer,zumOpferdesguten Namens,be- reiteEntbinder desneuen Glaubens. Dann wußteer,daßdemHeilanderst dasMartyriumdieAndachtderWeltgewinnt,undschnürte,ohnezu blin- zeln, aufdesHerrneigenes GeheißdieSchlinge,in der danndergelehrte PöbeldengaliläischenUmstürzer fing.SowollteihnHebbel.Unddie Blinden,dieseit zwei JahrtausendendenVerrätherschmähen,schienenihm so vorwitzigwie diethörichtenWeiber,dieanChristileererGruft heulten:

MitSpezereien Hattenwirihn gepflegt, Wir, seine Treuen, Hatten ihn hingelegt;

TücherundBinden Reinlichumwanden wir Ach! undwirfinden Christ nicht mehr hier-

InderOsterweihnacht dringt ihr Klagcchor inFaustens Zelle. Irrt nichteinrasches Lächelnüber dieZügedesMagistersund Doktors? Diesen Wahnkennterja,denWahn angeblichLiebender-,die niebegreifenkönnen, daßderGeniusdenvonihrerTreue reinlich ausgespreitetenWindeln ent- flieht,nieahnen, daßderBeseufzteschonwiedererstanden ist.Erkennt die MassenpsychederVielzuvielen.Underhätte,wenn ihmdesfriesischenDich- tersAbsichtbekanntgeworden wäre,nur nochbitterergelächelt.Wie? Der MengedengeliebtenVerräthernehmen, aufdensieallihren schönenZorn, allihre sittlicheEmpörung so bequemabladen kann? DieMenge empfin- detstets melodramatisch;siewirdsichdieGeschichtevondendreißigSilber- lingenundvonJudas,derdasBlutgeldindenTempelwarf,hingingund sicherhängte,nichtraubenlassen.DenndieseGeschichteistihrOsterfesttrost.

Zwarwardgeboten,amOstersonntagausPauliBriefandieKorintherdie Sätzezulesen: »FegetdenaltenSauerteigaus,aufdaßJhreinneuerTeig seiet...Lassetuns Ostern halten, nichtim altenSauerteig, auch nichtim SauerteigderBosheitundSchalkheit, sondernin demSüßteigderLauter- keit undderWahrheit-«Weraberdenkt, selbstunter Frommen, daran?

DenaltenSauerteig ausfegen?Es lebtesichjaganzbehaglichmitihmund dasGeschäftblühte;obsmit demneuen Süßteig sogutwerdenwird,bleibt dochrecht ungewiß.Und derHeilandistgarzuhoch,demWunschgarzu unerreichbar.Jhmlallt dieLippedasgewohnte-Kindergebet,währendHirn

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FrauRosengart. 3 undEllbogenganzdarwinischumsDaseinkämpfen...DerChristenzornflucht aufdasSünderhauptdesVerräthers herab,neben demderKirchenfromme

sovremlundtugendsam steht. DaßesohnedenVerrathkeinenOpfertodund keineAuferstehunggab, daßder Galiläer nur vomKreuzaus die wider- strebendeWelt erobernkonnte,wirdvergessen.Nichtdie argenFranzennur brauchen,inKriegundFrieden,im Leben undaufdenSchauspielbrettern, dentraitre, den elendenBösewicht,der denFrommeneinAbscheuist.Die grollendeRückerinnerunganJudastchariot, denErzschelmAbrahamsa Santa Clara, würzt auchGermanen erstdieOsterstimmung.Und immer

bleibtdieSchaarDererklein,die derMahnungdesgoethischenEngelchores Ihr Ohr öffnen,wenn in derSonntagsmorgenfrühederRuf erschallt:

Christ ist erstanden Aus derVerwesung Schoß.

ReißetvonBanden Freudig Euchlos!

Thätig ihn Preisenden, LiebeBeweisenden, BrüderlichSpendenden, Predigend Reisenden, Wonne Verheißenden:

Euch istderMeisternah, Euch isterda!

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Il-

Diesmal giebtsimdeutschenNorden gute Ostern.Erst sahesnicht danachaus. Freija-Ostarawar unterwegseingeschneit derWinter,der rauheGeselle,hattedieallzu hastigEinherstürmendenocheinmalausihrem Frühlenzreichverdrängt,nocheinmalherrischsüdwärtsgewiesen undsie mußsichnunsputen,wennsiezumFestderBefruchtungimThal noch jun- gesHoffnungsglückerblühen lassenwill. AuchfehltenimGemeinleben derDeutschendie«Sensationen,vonderenschrillemLärm danndie Stille Wochesichwirksamabhebenkönnte. Die Märvondergeplanten Reichstags- auflösungklang dochzuoperettenhaft;undwasdaran sehrernsthaftwar, derleise,abernicht sanfte Konflikt zwischenden pares undihrem primus imReich,war füröffentlicheErörterung nicht geeignet. DaßderBesuchdes HerrnCecilRhodesinBerlindemgenialenKulturspekulanteneinen Tri- umph,derdeutschenRegirungeineböseBlamage brachte, mochteman sich nicht gestehen. Wozu ausdrücklichbekennen, daßman sich knechtischjeder Stimmung,jederLauneMächtigerbeugt, gesterngegen Undheutefürden

läs-

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4 DieZukunft.

CapbonapartesichbegeistertunddaßnationalesHochgefühl,sittlicheWallun- genund ähnlicheLuxuswaaren schnellschwinden,sobaldeinProfitausder Fremde winkt?DasGeständniß,daßnachderEroberungdesneueandiensim Sudan undnachdemBau dertransafrikanifchenBahnderSchwarzeErdtheil nur noch englischseinkann unddasMühen unserer Konquistadorenund Kolonisatoren durchdieUnfähigkeitderentscheidendenBureaukratie für immerverlorenist,wärerechtuneifreulich gewesenundhättegarnichtzur Festlust gestimmt·Sosprachman liebervom Geschäft,vom Hoffenund FürchtenderJndustrie,vonBankbilanzen,vonSiemens undHansemann... Da,plötzlich,wurdendieNervenaufgepeitscht.EinMordprozeß.JmMittel-- punkteinereiche,mitihren achtunddreißigJahren nochstattlicheFrau. Lange BerichteinallenBlättern,ganzeSpalten, trotzdemdieSachesichinKönigs- bergabspielt,am Pregel, nichtanderSpree.Das währtebis in dieStilleWoche.

WarvordemerstenOsterfest nichtaucheinberühmterKriminalprozeß,der mit einemTodesurtheil schloßundandessenAusgangein inJsraelGewaltiger sprach:»IchbinunschuldigandemBlute-diesesGerechten;sehetJhr zu«?Ob auchdiesmalBlutfließenwird?Möglich;eshandelt sichumAnstiftungzum Gattenmord. Jedenfallswar dielange schmerzlichersehnteSensation da, dasThema gegeben,undwoEinergingundstand,wardihmAntwort auf diehochnothpeinlicheFrage abverlangt: »WasmeinenSie: wirdFrau Rosengart verurtheiltoderfreigesprochenwerden?«

FrauHanna Rosengart,dieBesitzerinderostpreußischenRittergüterErnst- hofundZögershof,solldenJnspektor Rieß,mit demsie, nachderBehaup- tungderAnklage,inehebrecherischemVerkehr stand,zurErmordung ihres brutalenMannes angestiftethaben.Dasklingt zunächstnicht unglaublich:

derMannstandzwischenihrundihrem Glück,erbotihren gesundbegehren- den Sinnen nichts,war ihrnur einroherBüttel. Wennerverschwände, wäresie frei, könnte,alsreicheFrau,denbesseren,mindersäumigenBuhlen wählen,endlichleben, sorgenlos athmen, ohneFurchtvor Flegellaunenund Zornszenen.HebbelschriebeinmalinseinTagebuch,erhätteanNeros Stelle, stattRomanzuzünden,lieberfüreinenTagdieGesetzeaufgehoben:

»das Schauspielwärenoch merkwürdigergewesenunddiebrennendeStadt unstreitigalsEpisodemitvorgekommen.«WievieleFrauen hättenaneinem solchenTage wohldemungeliebten, lästigenGatten aus derZeitlichkeitgehol- erPJhre Zahlwäresichernichtgeringer gewesenalsdiederMänner,die,von. derFurchtvorgesetzlicherAhndung befreit, schlimmenFrauen flinkdasselbe Schicksalbereitethätten.DieGattunghomosapienswürde vielwohligerim

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FrauRosengart. 5

Sündenschlammeinherwaten,wenn sienichtdieAngstvordemRacherecht derGesetzesvollstreckerschreckte;und der altehamburgischeRichterwarsehr klug,der denvonihmzuvereidigendenZeugenzusagenpflegte, daßdie VerletzungderEidespflichtmithimmlischenundirdischenStrafen bedroht sei,daßeraberbesonders aufdieirdischenhinweisenwolle,weilsiezuerstan dieReihekommen...Bei uns hatkeineneronischeWillkür dasGesetzauf- gehoben;undesstraftdieAnstistungzum Mordmit dem Tod. Doch auch dieAbschreckungtheoriefindet nichtmehrblindenGlauben. Vordenpariser Geschworenenstand neulichMadame Bianchiniunter derAnklage,ihrem Manne mitGift nachdemLebengetrachtetzuhaben,nichtmitdemDamen- gift,dasman täglich,mitliebevollsorgsamer Miene,injedesWort, jede Willensregungträufeltunddem-auchderfestesteOrganismus ausdie Dauer nicht widerstehenkann Daswäreja nichtstrafbar, bewahre!—,nein:

mitAtropinausderApotheke.DiesemGifthälteinStarkermanchmalStand.

HerrBianchiniwaramLebengeblieben,diefünfärztlichenSachverständigen, lauterAutoritäten,konntensichinihren Gutachten nichteinigen,derbündige Beweis einesMordversucheswarnichtzuführen, undMadamewurde dennochverurtheilt. SiehattederJury,die inFrankreichgerngalantist, nicht gefallen;ihreRedewarkühlund trocken undsiehattesichgerühmt,nie eine Thränen vergossenzuhaben,la malheureuse! WarsolcherHerzlosigkeit nichtAlleszuzu-trauen?UndistesnichtdasRechtderGeschworenen,den WahrspruchausderTiefedesGemütheszuholen? FMU BiaUchinifand denMuthzu einerHeroinengeberdezuspät: nachderUrtheilsverkündung wolltesiesicheineHutnadelinsHerz bohren.DieheldischeGrimasse hätte ihr vorher vielleichtdieSympathiederJurhgewonnen,die le beau geste liebt;eineDame,diesichdasHerzzerstechenwill, Mußschließlichdochein-Herz haben,kannalsokeine Mörderinsein«»Zu spät!Jn Zeitungenquetenwar festgestelltworden, daßanden entdeckten undabgeurtheilten Gift- mordendieFrauenmit70Prozent betheiligtsind. Weshalbsolltediefrostige, thränenloseMadame besserseinalsihreGeschlechtsschwesternPMankonnte sie, trotzdersachverständigenWirrniß, ohne Gewissensbißschuldigsprechen.

Dasgeschahdennauch. JmNamen derchublik.

ImNamen desKönigs wird,wodieUrningederVolksjustizmit- wirken,nicht anders»,,RechtgesprocheU«-UndspkannaUchFWUNOergakt

dieBeweisaufnahmeist, währendich schreibe-Uochnicht geschloser

verurtheiltwerden.Warum schienAlbertZiethendenGeschworenenschuldig? Weilerals einroherKerlgalt,derseineFrau oft mißhandelthatte.Wenn das

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6 DieZukunft.

SexuallebenderRittergutsbesitzerindemSchwurgerichtalssleckigerwiesen scheint,ist siewahrscheinlichverloren, obwohlsieeinDutzendLiebhabergehabt haben könnte,ohnederAnstiftungzumGattenmord fähigzusein.So gehts,wo Sentiments undRessentiments ohneGründeentscheiden;und danicht jeder Verurtheilte Dreyfus heißt,reicheVerwandte undzumTrustverbündete Freunde hatundfürdieSachedergesammtenJudenheitdasMarthrthum trägt,kümmertsichkeinMenschumdenAusgang folcherProzesse.Ein Kinder- glaubeaneine»Wahrheit«,eineabsolute, unantastbare, diegefundenwerden mußundstets gefundenwird, umstricktnochdieSinne.DieunschuldigBerat- theilten,derenZahlLegionist,sind ja stumm;nur umdieTeufelsinseltobt inEuropaderStreit, alshätteThemis nicht tausendmalin jedemJahrschon geirrt. SelbstinseinerHeimathist dieWeisheitdesfranzösischenKrimi- nalisten vergessen,dersagte, nach seinen forensischenErfahrungenwürde er,wennerbeschuldigtwäre,dieGlockenvonNotre Damegestohlenzuhaben, schleunigstüber dieGrenze flüchten, trotzdemerjaleichtbeweisenkönnte, daßdieGlockennochimThurme hingen...DerkönigsbergerProzeßzeigt einentypischenDurchschnittsfall. Erst entstanddasGemunkelvon Lieb- schaftenundHeimlichkeiten,dann kamdieDenunziation,dereinskrupellos geführterKampfum dieBeutevorausgegangen war,und dannentwickelte sichdieSache nachallenRegeln gerichtlicherKunstbis zurHauptverhand- lungvordenGeschworenen.MitheiligemErnstwurdenZeugen, Erwachsene undKinder, angehört,die übervorJahren gemachteWahrnehmungenmit solcherSicherheit aussagten,alshandle sichsumgesternerlebteundsofort alshöchstwichtigerkannteDingeundalshättensie seitdemMordtage nicht unterderSuggestiondesGeraunes undderSchwarzen Küchederöffent- lichenMeinung gestanden,undgläubigwurdeSachverständigengelauscht,die in, jedemWortihr UnverständnißderSache verriethen.Alleswieimmer;

einDurchschnittsfall,deneineZufallsstimmung entscheidenwird. Unter- haltendwareigentlichnurdiebourgeoiseHeuchelei,die überallspürbarwurde.

EineLandfrau hatüberSexualbedürfnisseein derbes Wortgesagt: entsetzlich, einesittenloseMegäre!VordenKindern ist, währenddieMutter schon imGefängnißsaß,von ihrenangeblichenLiebschaftengesprochenworden- oGraus! Dasiehtman denTiefstandderostelbischenKultur;wäreAehn- lichesineinerberlinerHändlerfamiliedenkbar? Geschwistertreten gegen dieeigeneSchwester auf: welcheZerrüttungderheiligstenGefühle!Und dochistseinrichtigerKapitalistenprozeß,wieerschoninFeuerbachs »Merk- würdigenKriminalrechtsfällen«steht,unterdemumständlichenTitel: »Der

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FrauRosengart. 7 BrudermörderausEnthusiasmus füreineHandlungfpekulation.«Derer-

fchosfeneHerrRosengart hat seiner FrauvielGeldundGuthinterlassen, dasihr Bruder,Herr Adameit,nun gernansichbringen möchte, natür- lichnur alsgetreuerVerwalter für ihre Kinder;man »kämpft«insolchen Fällen jaimmernur »fürdieKinder«,niefür sichselbst,unddie Kinderstehen danngewöhnlichunsicherzaudernd zwischendenKämpfenden,weilsienicht wissen,wohin sichderSiegwendenwird,unddenPlatzanderreichbesetzten TafelderLebensgeniissenichtverlierenwollen.DerHaderumdenMammon brachaus, alsFrau Rosengart sichzumzweitenMale,einemstrammenRefe- rendar, verheirathenwollteundsodieErbschleicherwegezusperren drohte.

Da entdeckte Onkel Adameit feinHerzfürdieKinderderersten Ehe,daer- innerteersicheinerBeichte,in derihmdieSchwester gleichnachdemMordihre Schuldbekannthaben soll.»Die Rittergutsbesitzerin mußeinesehrgut- müthigeFrau fein; sonst hätte,nachdemSpektakelderletztenJahre, die vomBruder so schwerBeschuldigtekeinenihr günstigenZeugen gefunden.

JndenVerhandlungberichtenwirktsie imposant, imposant, weilsienicht Posirt. Jhr zucktnichtdieWimper, währendihre Kinder,daruntereinzwölf- jährigesMädchen,redseligvon den»Verhältnissen«derMutter erzählen.

Siehört ruhig, ohne sentimentaleoderhysierifcheAusbrüche,denBruder, deneinzigen ernsten Belastungzeugen,an. Und alssie,rectavonder An- klagebank,imeleganten Rappengefpann nach Zögershofkommt,dasein paarneugierige Geschworene,,beaugenscheinigen«wollen,damustert sie mitdemprüfendenBlick deremsigen WirthindenGutshofundbegrüßt, ohneeine Mienezuverziehen,ihreLeute instillerHerzlichkeit...Sollte auch sie,wie Madame Bianchini,imstarrenAugekeineThräne haben? Das wäreverdächtig.Das könnte keineJuryder Weltihr verzeihen.

«5«

Waserklärt uns nun dasganzungewöhnlicheInteresseUUdiesem Prozeß?LustanpsychologischenStudien?DulieberHimmel,fürdiePsy- chologieist intder Dutzendgefchichtenichtviel zuholen;unddieselbenLeute, denenDostojewskijsRaskolnikow undHebbelsGolo,derVerbrecheraus

ReflexionundderVerbrecherausLeidenschaft,nichtszusagen haben,wer- denwohlkaumgestimmt sein, mitleidigoder inErkenntnißgierin diewenig komplizirtenSeeleugchäusederFrau RosengartunddesHerrnAdameit hinabzuleuchtenNein:neben derbrutal-banalen Spannung,wie dieSache schließlichausgehen wird,wirkt ein anderer Reiz,wirkt eineHoffnung,der dieErfüllungnicht fehlenkann.DiesmalgiebtsganzsichereinenBösewicht

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