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Die Zukunft, 20. April, Bd. 35.

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Academic year: 2022

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Berlin, den 20.April 1901.

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Dialog.

MckleineHerrwarfurchtbar aufgeregt.SeinröthlicherSchnurrbart, dersichvorher aufderMittellinie zwischendemFranzenheinrichund

Habyhielt, schieninWuth jetztgesträubtunddieHandklappertenervösmit demKasseelöffeLEin kleinesTöpfchen,dasleicht überkocht.Ich hattees schonbemerkt,als dieersteBlase ausstieg.Ganz begeistertvondenwiener Nachrichtenüber denEmpfang unseresKronprinzen.Dasehemans doch!

DieseEhrungen:sogardieGarnisonwachemüsseimbesserenRockausziehen.

Toulon seifürdieFranzoseneineEnttäuschunggewesenundnächstenskomme derJtalienerkönigselbstnachBerlin. AlleJntriguenhabenihr Ziel verfehlt; niewarderDreibund fester. RußlandP Pleite; nichtvierWochenkönne es seineArmeeernähren.Auchstehtesjaunmittelbar vorderRevolution und HerrDelcassåwird Augen machen,wenn erinPetersburg angelangt ist., So gingseinehalbeStunde.Mein SchweigenärgertedenKleinen sichtlich.Und alsich,um nicht unhöflichzusein,einpaar Worte fallen ließunddiemodische Reisepolitik werthlos nannte, geriether aus demHäuschen.Was? DieseEreignisse,von denenalleZeitungen vollsind, hättennichtszu bedeuten? ErkennedochauchdieWelt, reiseseit vierundzwanzigJahren(füreinWäsche-undKrabattengeschäst)undmüsse Ofer gestehen,ähnlicheAnsichtenseien ihm nochnievorgekommen.Man konnte sichin Berlinglauben,im KundenkreisdervonLessingsErbenge-

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pflegtenTaute.Nett, daßesimReichder BräusundGeneralanzeigernoch politischeFanatiker giebt. In lustloser Einsamkeit mußman solcheZusalls- begegnungenausnützen.Ich sahmir den Kleinengenauan. Freisinnige Volkspartei?Nein;dannwürden dieSchnurrbartspitzen nicht so nachoben stehen,würde die,,schlankeJünglingsgestalt«einesPrinzenimWortge- sprudelnichtsolchenRaum einnehmen. Also Freisinnige Vereinigung. Jch warfEtwas über dieHandelsverträgehin;nun mußtedasWetter los-«

brechen.Esbrachlos. Ja,dieinnerePolitikBülows! DieselbeSache wie beiBismarck: draußengroßartig,drinnenskandalbs.Ganzundgar vondenAgrariern umgarnt. Erhabe gewißnichtsgegen dieLandwirth- schaft derKleine nämlich, nichtetwa dergroßeBülow —, kenne ihreLage sehr gut,denn seinBruder geheseitvierzigJahren ausdieGetreide- börse.DerLandwirthschastaber werdemitZöllen nicht geholfen.Undnun die ganzeLeier,bis zumletztenTon. DerGetreidezukausendeBauer,dem derZolldasLebenerschwert.DieLatifundien,die Romruinirt habenund derenostelbischeBesitzerbekanntlichschlemmenund die Steuer defraudiren.

Feindschaftmit allenStaaten,ausdie wirangewiesensind.Diebedrohte Kultur. DasgewaltsamrückwärtsgedrebteRadderZeit. Brotwucherdie einzigeKraftquellederSozialdemokratie,diesonstlängstverschwundenwäre.

Sind wiraufderWelt,um,ein paarDutzendJunkern,die zutheuergekauft habenundnichtrationellwirthschastenkönnen,dieTaschenzufüllen?Wo- hin dieseLeutewollen, zeigedochderKanalkamps deutlich.Abersie sindund bleiben dieHerren,bekommenallewichtigenundeinträglichenStellenund diktiren unsdieGesetze.Natürlich.DerFuchsimKastanienwaldzund die Kamarilla! SoseidiebeispielloseVerwirrungin der. inneren Politikzuer- klären.Offenbar müsseeserst nochschlimmerwerden.Wenndie verrückten Agrarier,derenBegehrlichkeitkeineGrenzemehr kennt,unsinunabsehbare Zollkriegegestürzthaben,dann werdendem Volk dieAugenausgehenund eswirdmerken,daßdie ganze Kultur aufdemSpiel steht.Leider wird ge- rade derschaffendeMittelstanddieKostenderLehrzeitzutragenhaben.

Kurze Athempause: »UnddasCentrum opfert seinedemokratischen UeberlieferungenundunterstütztdenVerrathamVolk.DashätteWind- horsterlebensollen

DieSachewurde bunt. Wennmanso langekein WortüberPolitik geredethat,wirdman leichtunvorsichtig.

GlaubenSiewirklich,Windhorsthätteesandersgemacht? Anders, nichtnurgeschickter?-

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Dialog· 9 1

»Ob ichglaube? GewißwollteerauchdieJesuiten zurückhaben.

AberaufeinenBrotwucher dieserArthätteersichnicht eingelassen.«

»Ach,dieJesuiten!An Denenliegt jakeinem was. Diesindin ge- nügenderAnzahl vorhanden.DerenPeinwirdnurnochzu dekorativen Zweckenvorgeführt.Das Centrum willherrschen,wiejede vernünftige Partei, wird,wiejedePartei,inseinemWollenvonwirthschaftlichenErwä- gungenbestimmt.DasdemokratischeIdeal isteineschöneSache, so lange man selbstzumDemosgehört;nachhergiebtmansbilliger.WerWindhorst füreinenDemokraten kaufte, hateinschlechtesGeschäftgemacht.Undseit- demistvielWasfer durchdasRheinlandundWestfalengelaufen; auch durch BayernundSchlesien. Je näherdas Centrum demHerrschaftzielkommt, destonäherrücktauchdieGefahrderZersplitterung.WartenSiesab.Sie redenvon,BrotwucherdieserArt«.Was denken Siesicheigentlichdarunter?«

»Was ichmir denke?Siehaben dochgelesen,welcheZollsätzegefor- dert werden. Und das Centrum machtmit. EinTheilhilft jaimLandtag sogardenKanalfeinden.«

»Lassenwir mal den Kaval. DasistimWesentlicheneinetechnische Sorge,überdie eigentlichnichts mehrzusagenist.Sollman lieberneue Schienenwegeschaffen,dasEisenbahnnetzerweitern,dasWagenmaterial endlich so vervollständigen,daßesdemBedürfnißgenügt,odersollman Kanalbetten graben?KeinMensch hättevorfünf JahrendieFrageauch nurgestellt.Da kam dieErinnerungandenGroßenKurfürsten,kamKrüpp, kam derWunschdesKaisers, undnun istdieGeschichtezu einerHaupt- undStaatsaktion geworden,vonderplötzlichunser WohloderWehab- hängensoll.JmGrundeungefährebenso wichtigwiedieFrage,obIhr Chef fürRumänienvon den.alten,bei unsaus derModegekommenen PlastronseinengroßenPosten behalten soll.DerFabrikant;demdieBe- stellungzufällt,wirddafür sein.Soist auchdergrößteTheil unserer Jn- dustriefürdenKanal,weildaraninschlechterZeitzu verdienenist.Kommt ernicht,dannkriegenwirnochniedrigereEisenpreise.DashatmitPolitik UndParteistellungnichtszuthun.WürdenOstagrarierundHansestädter sollst gemeinsammarschiren, hätteStumm sichsonstvonKrupp getrennt?

DieAnsichtenüberNutzenundNachtheildesKanals sindebenverschieden.

Wunderlichistnur,daßeseinVerbrechenseinsoll,wennein Volkselbstbe- stimmen will,wieesseinGeldauszugebengedenkt.Aberichwollteja nicht vomKanal sprechen. Noch einer, meinetwegen,wenn diezwischenNord- undOstseegemachtenErfahrungen nicht reichen.Wirdwiederviel Lärm

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um nichts...Doch auchbei denZöllen echausfirenSiesichohne Noth.

KommtauchnurzumKompromiß.DieLageistfreilichschwierig;weichende Konjunktur, Arbeitlosigkeit,dieGewerkschafteninSorge: schlechteZeit für jede Brotzollerhöhung,derdieDemagogie natürlichdie ganzeSchuldan demElend"aufpackt.Damit rechnetauchdasCentrum,das imIrrgarten sitztundnicht weiß,welchenAuswegeswählen soll.EshatvieleBauern undmuß sichnamentlichim SüdenvordenAgrarierbündenhüten,dieihm höllischaufdenLeib rücken. Aber eshat auchvieleIndustriekreise;und—- umnureinBeispiel anzuführen OberschlesienmitseinemRiesenexport nachRußland gehtvordieHunde,wennWittedieGrenzesperrt.Denken Sienun nochandiekatholischenGewerkschaften,die amRhein hat sichs schongezeigt—«von höherenKornzöllennichts wissenwollen. Eswird nicht leichtsein, dieseeinanderentgegengesetztenInteressenunter-einen Hut zubringen,und«wir werdennocheinsehrlustigesLavirenderschwarzen Marine erleben.«

»

»Interessen!Dasistesjaeben.Jedervertritt heuteseineInteressen undKeiner denktandieGesammtheit. Früherwarsanders. Dastand auch dasParlamentin anderem Ansehen.Werspricht heute nochvomKonsu- mentenP DerhatdenMundzuhaltenundzubezahlen. Agrarierund Antisemiten führendasWort. Undwerhatuns diesenganzenHexensab- bathderInteressenpolitik gebracht? DochnurBismarck. Ichwarübri- gensniesans phrase für ihn.EinGewaltmensch..

,,Sehrschön;abereristjatotundhataufDas,was heuteinDeutsch- landgeschieht,wirklichnichtmehrdengeringstenEinfluß.DieErscheinungen, überdieSieklagen,sind sehrvielälter,alsIhrGrollträumt. LesenSie Mommsen.LassenSiesichvonDarwin belehren.Blättern Sie in den Büchern,in denenEnglands GeschichteimneunzehntenJahrhundert auf- gezeichnetist.ImmerdasSelbe;uur dieFassadewirdvonZeitzuZeit frischangestrichenundmitneuem Stuckgeschmückt.-DieErnsthaftesten haben sichnie darübergetäuschtund das,allgemeineInteresse«immerden PhraseurenzubequememGebrauch überlassen.Konsumenten sind wirAlle, derArtikelschreiberso gutwie der Bauer.Daneben aberhat Ieder nochan- dereInteressen.SiewollenmöglichstvieleHemden,Kragen, Shlipsever- kaufen.Das können Sienur, wenn vieleLeute dasind,dieGeld genug für solcheKäufe haben. Sonst nützt IhnendasberühmtebilligeBrot wenig.IhrInteresse istalso:«möglichstausgedehnte Absatzgelegenheit.

DeshalbmachtderGedankeanGrenzsperrenSienervös;die darbende

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Dialog. 93

Arbeiterfamilie von süanöpfenwürde SienichtinAufregung bringen.

Weshalb sollenAndere andersdenken? Handelsverträgeschließtman doch nichtintrunkenerFeststimmung.EsgiebtkeinenüchternereSacheundich wüßtenicht,wie mans machensollte, ohne vorheralleInteressentenreden oder,wenns ihnenlieberist,schreienzulassen.sUebrigensbrauchenSiesich nichtzuängstigen.Vielwirdsnicht.DieStimmung istobennichtagrarisch.«

»Nochnicht? Ichdanke.HaltenSieMiquelundPosadowsky für Freihändler?Sechs MarkRoggenzollbedeuteteinfachdenKrieg.Siehaben dochauchgelesen,wasdieRussen schonsagen.Dielassenkein Stückmehr hinein,keinekleinsteMaschine.Undsiekönnenunsauch sonst nochärgern, einenhohenHolzzolleinführenund..

»Daskönnensie; sicher.Nur wirds nicht fo heißgegessen.Herr Timirjasewlebtlangegenug in Berlin undweiß,wasdieGlockegeschlagen hat. Für allzu standhaft hältman unsereRegirung draußennicht;wird

vonallen Seitengeschrien,danngiebt sie gewöhnlichnach.Dasist,wieSie einräumenwerden,wenigstenskeinVermächtnißBismarcks. DieRassen haben scharfeWaffen.Dieschärfstehat unsere überhasteteWeltpolitikihnen geliefert. WirthschaftlicheDifferenzen sind schwerauszutragen, wenndas politischeVethältnißunfreundlich gewordenist. Jn Petersburgwirdman natürlichHimmelundHölleinBewegung setzen,um sichdendeutschen Roggenmarktzuerhalten.Wir würdensauchso machen.Aber wirbrauchen unsnichteinfchüchternzulassen,denn ganzwehrlos sindwirnochnicht.Den wichtigstenBundesgenossenhatRußlandanunserenExporteuren.Wirsind zu weit gegangen, alsdaßwirplötzlichin denAgrarstaatdenWeg zurück- findenkönnten.«

»Das sageichdochjeden TaglAber reden Sie mal mit einemJun- kerVernunft! DieLeute kennendie Weltnicht, habennichtsgelerntund sindwüthend,weil modernere Elemente auch mitsprechenwollen.Nursie!

Dabeihaben sieschonAlles.«

»Na...Alles?«

»Gewiß!Kämmerer,Generäle,Oberpräsidentenzundfertig. Unser- eins wirdnichteinmalReserveosfizier.«

»Wirwollen unsnicht weichmachen..WennSie wiedernachBerlin kommen,sehenSiesich,bitte, rechtgenauum. WerhatdieschönstenHäu- fek,diebesten Bilder,diemodernstenMöbel? Wer kauftdietheuersten Theatexmädchenund denfeinstenRauenthaler?Wersitztin denOrchester- logenundißtimMärzbei AdlonKiebitzeierPJunker sinds selten.Was

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94 DieZukunft.

Dieheutehaben, ist meistnurnochderEhreKleid undZier.EinBischen Geduld:dannists auchdamitaus. Jn PreußendauertAlleslange, Alles, wennesauch plötzlichhereinzubrechenscheint.Immerhin sind schonVer- änderungensichtbar.DerhoheAdelspähtnach Aufsichtrathspfründenund dienächsteGeneration liefert vielleichtschondenMittelbankendie Direktoren.

Podbielskis Abendgesellschaften,woderalteSchwertadeldie bautetinance beriecht,sindeineEtappe.Uebergangsstimmung.Wer das Geldhat,istoben- aufundkann AermerenfüreinWeilchenruhig nochdenScheinderMachtgön- nen. DasWesentlichewirdlängstin denBankhäuserngemachtundderRiesen- Aufschwung,vordemEngland jetztsteht,wirdunendlichbedeutsamereFol- genhabenals alleMonarchenküfseundMinisterreisen.Und da wirgerade beiEngland sind:erinnern Siesichderlangwierigen Kornzollkämpfebis zuPeels Tag vonDamaskus? AuchdamalswurdeandemStrickgezerrt, hinüberundherüber,biserendlich riß;dannkam der,reine«Freihandel.

Heuteerleben wirs. Wirdeinagrarischer TarifwiderErwarten durchge- halten—ansechsMarkglaube ichnicht-, dannistsderletzte.Daswissen dieAuguren ganz gut.DerBlindefühltesjamit der Krücke.Ein Land mit dem Klima undderBodenbefchaffenheitdesDeutschenReiches,das seineSache soganz,sobedenkenlos auf Industrie,zumgroßenTheilan Exportindustrie,gestellthat,kannnicht mehr zurück.Dassagtman nicht offen,sondern wispertnurleise:WirmüssenUebergängefinden,müssenden großenGrundbesitzerndenAbstieg erleichtern. Alsoetwas höherenZoll;

siehtnachwas aus,beruhigtdieLeute undistanodin. WergroßePolitik odergar,wieman jetztschoninBezirksvereinensagt,Weltanschauungdahin- tersucht,isteinKindergemüth«.

»MeinetwegenUebergängelMagman denHerrendiedrei-,vier- hundertMillionenjährlichin denRachenwerfen!Aber baar. Wirkönnen dochnichtzu Grunde gehen,umihneneinenGefallenzuthun

»Wartenwirsdoch erstab. DerBundesrathkann denTarif nicht HalsüberKopfberathenzermußjedePosition genauprüfenunddieBayern werden ihrenHopfensicherebenso eifrig vertheidigenwie dieOftpreußen ihren Roggen.Dann kommt dieSacheandenReichstag,womanchePar- teienwahrscheinlichimeigenenLager Ueberraschungenerlebenwerden,und danachkannman erstvoneinemObjekt reden,über das mit dem Ausland verhandeltwerdensoll.DerWeg ist also noch weit;wozusichjetztschoner- hitzen?Dilettanten denkensichsolcheDingeimmersehrleicht:DieAgrarier sind verstimmt, also mußman ihnenKonzessionenmachen.Doch hart

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Dialog. 95

imRaumestoßensichdieSachen.Derauf großenFlächenbetriebene Kör- nerbau wirdniemehrso einträglichwerden,wieerunter anderenVer- hältnissenwar,und diehellstenKöpfewerdensichbaldlohnenderenBerufen zuwenden.Bauern wirds immer geben;dieLatifundienabergehenin denBesitzvonMillionären über,die danachenglischemMustermitth- schaftenundmitgeringerRentezufrieden sein.DasistderLaufder in- dustrialisirtenWelt. Undistseinmalsoweit,dann bröckelnauchdie Standes- privilegien,diestetseinengewissenAufwand erfordern.DemaltenPreußen können Sieheute getrost schondieTotenglockeläuten,undwenn Siealt- werden,können SieKämmerer sehen,deren VäterBonapaktesderArbitrage waren. Diese Entwickelungist unvermeidlichunddeshalb sollteman sich überkurzeOszillationen nichtgarso sehr aufregen.Die ganzeVerworren- heitderLage·,diejetzt durchdieZeitungen spukt, stammtnur daher, daß man keinDing vorherbeimNamen nennt. Alleswirdin denPhrasen- schleiergewickelt.Was istdennso fürchterlich,verworren«?Zwei Klassen streitenumdenbestenPlatzim Staat unddie zuBesitz,alsozurMachtge- langte Bourgeoisie heischtendlichauchdieäußerenAttribute derHerrschaft·

DieGefühleDerer,diediesemKampf zusehen,sind verschieden;über den Ausgangaberkannesunter Verständigennur eineMeinung geben«

»Sie hassenalsodieJunker auch?Jchwar schonganz irrgeworden- Jch sageJhnent ehewirdieMacht dieserLeute ichkennesie; nicht für immergebrochenhaben,wirdesnicht besser,wirdDeutschlandkeinwahrer Rechtsstaat,kommtnichtderTag,wo..

Wieder einehalbeStunde. DasandereRegister: Zukunftmusik.Alles warvergebensgewesen.DasAugedesKleinenleuchtete;ersahin mir einen Gesinnungsgenossensi tacuisseml Sogehts Einem,der an einemNach- mittag ausjötenzu könnenwähnt,wasJahrzehnte lang frühundspätin dieHirnegepflanztwordenist.

W

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96 Die Zukunft

Wilhelmvon Humboldt.

BinVorwort zumTagebuchWilhelmsvon Humboldtvonseiner Reise nach NorddeutschlandimJahre1796 stelltAlbertLeitzmann eine Art sozialpädagogischenProgramms auf,wenn ersagt: »Die PersönlichkeitWil- helmsvonHumboldtmitihrer gleichwarmen Begeisterungfür Deutschthum undGriechenthum,ihrer kräftigundselbständigausgestalteten, dochimmer innigindenTiefenderGefühlewurzelndenGedankenfüllewird,wenn mich nichtAllestäuscht,füruns Deutschenochzu einergroßenidealen Führer- rollebei einerWiedergeburt unseres Geistes berufen sein,die wirsehnlichst erhoffenunderstreben.«Obwohl ichdaszuerstrebendedeutscheBildung- idealnicht,wieLeitzmannesthut,indemWeltanschauung-undGedanken- kreisedervor hundertJahren führendenGeister,einesGoethe, F. H. Jacobi, Georg Forster, suche,sonderndie»BegeisterungfürGriechenthum«aufdas Mindestmaßbeschränktwissen möchte,unterschreibeich jenen Satzinseinem zweiten TheilmitvollerUeberzeugung.Undichglaube, michnichtzu irren, wenn ich behaupte, daß geradedie»Zukunft«derrechteOrtist,wo nach- drücklichdaran erinnert undimmer wiederdarauf hingewiesenwerden darf, daßderDeutschevon heutenichtdarinalleinseinenBeruf sehen soll,in demStudium materiellerDaseinsbedingungen,inderwirthschaftlichenInter- essensphäreförmlichunterzugehen,sondern daßesauchfürihninderThat noch Idealegiebt, ohnederenBerücksichtigungdasgeistigeLebendesEin- zelnenwie dasseinesVolksbaldaufeinsehr niedrigesNiveauhinabsinken müßte.DerMenschlebtnichtvom Brotallein: dieskeineswegsbanale Wortbewährtsichauchheute,woFührerundMasse,wieesmanchmalscheinen will,für nichtsAnderesSinn habenals für Handelsverträge,Kanalvor- lagen, Flottenvergrößerung,Kabellegung,Kornhäuser,Differentialzölle·Jn- sofern darfeineErinnerungandie ideellen, kulturellenLeistungenvonDen- kern, wieWilhelmvonHumboldteinerwar, vonvorn hereineingewisses Verdienst für sichbeanspruchen.

Nochin einerzweitenHinsichtwird dasHeraufbeschwörenseinesGeistes von Nutzenseinkönnen:wenn wiruns diePersönlichkeitWilhelmsvon HumboldtinihremKernvergegenwärtigen,sowird uns alsHaupteigen- schaft absichtlichsage ich noch nicht: Hauptvorzug diesesMannes seineStaunen undBewunderungerweckendeVielseitigkeit,seine Universalität erscheinen. Namentlichwenn man ihn seinemBruder Alexander nichtgegen- überstellt,sonderneinenderedelstenBruderbünde, den die Weltje gesehen hat,alseinegeistigeEinheit würdigt,dann verstehtman dieMahnung,die dieHerausgeberderBriefeAlexandersan seinenBruder Wilhelminden durchaus nichtzu schroffen,sondern vielmehrzurEin-undUmkehraufsor-

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WilhelmvonHumboldt. 97 derndenWorten niedergelegthaben: »MitdenHumboldt istdieUniversalität desWissenszu Grabegegangen· Heute(geschrieben1880;stehtsetwa1901 besser damit?) hatdie«nothwendigeArbeitstheilungdenStempeldesSpezial-, faches fest aufdieStirn undauch aufden StildesGelehrtengedrückt;und mithochmüthigerEinseitigkeit verachteter meistdashumaneTalent, das über dasFachhinausstrebt.«Dieser Vorwurf ist,wie ebenangedeutet,nur zusehrberechtigt.Wirsind schon soweitgekommen,daßeinerderWenigen, dieheutzutage aufGrundeinerseltenenBelesenheiteswagen,dieohneWahl undZielüberallhin zerstreutenSplitterundSplissengeschichtlichenFor- schenszu einemharmonischenBildezusammenzufassen,daßHoustonS.Cham- berlaindasbloße Dasein seiner (in dieser Zeitschriftbereitsmehrfachge- würdigten),,Grundlagendesneunzehnten Jahrhunderts«mitdemcharak- teristischenSatzesozusagenentschuldigt,erzählesichnichtzurWissenschaft,

erwollevielmehrnur alsLaiegelten.Demgegenübermuß mitallemNach- drucke betontwerden:esgehörtwahrhaftigweit, weitmehr dazu,einbeinahe auf jederSeiteoriginalesWerkzuschaffen,dasnebenmanchem lapsuseine Füllevon Anregungbietet,alsetwadazu:einefehlerlose, schwergelehrte undungeheuer fleißigeUrkundensammlungzuveröffentlichen;denndie Vor- bedingungzujener Leistung isteinegehörige,nichtganzgewöhnlicheDosis Geist, währendman Urkunden herausgebenkann,wenn man nur über den nöthigenAuftraggeberimHintergrundeundaußerdemüber dasnöthigeQuan- tumSitzfleisch,überGeduld, KonzentrationgabeundengenHorizont verfügt.

Allerdings habe ichbeidieserGegenüberstellung,die ingewissenKreisen AlsschwereKetzerei empfundenwerdenwird, Eins zuerwähnenunterlassen:

zumoriginalenSchaffen gehörtauchdie inunseren Zeitennicht allzu häufig anzutreffende Bewegungfreiheit. Geradevor Chamberlains Buch istinmir oftdasbedrückendeGefühl aufgestiegen:daarbeitetmannunundringtund—

müht sichJahre langab,um sicheineselbständigeWeltanschauungzuer-

obern; schon glaubtman, demheiß ersehntenZiele nahezufein, daer-

scheinturplötzlicheinsogrundstürzendes,alleErrungenschaftenüber den Hausen werfendes,mitdenschwierigstenProblemenförmlichspielendesWerk, daßman sichrecht, rechtkleinvorkommt. Aberdann tröstetEinen doch auchwiederderGedanke:esgiebtebennichtalleAugenblickeeinenLeibniz, einenBayle,einenWinckelmann,einHumboldt-Brüderpaar,einenEhamber:

lain. Undstattsichdarüber zugrämen,daß Einemnur vergönnt ist,die Höhen,diesolche außerordentlichenGeister müheloserklimmen, in däm- mernderFerne zuahnen,istman vielmehrdankbardafür,einZeitgenosse zUfein,demjene HöhenmenschenzuFührerndienen. Undfragtman weiter- hin nachdenVorbedingungen solcher befreiendenWerke,so stößtman in vielenFällenaufdienichtzuunterschätzendeGunst äußerer Verhältnisse

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98 DieZukunft.

WieMancher plagt sichinVerborgenheitseinLebenlangab,ohneesjemals zueinerführendenStellungzubringen;»man« kenntihnnicht,wirdauf ihn nicht aufmerksamgemacht,vertraut ihm deshalb auchkeinenPostenan, woererst zeigenkönnte,welcheKräfteinihm eigentlichwohnen.

JndiesemZusammenhangwirdman mirsnichtalsWiederheraufholen einervonunserem demokratischenZeitalterja längstüberwundenenAnschauung auslegen,wennichangesichtseinesnochnäherzubeleuchtendenAbfchnittsimLeben WilhelmsvonHumboldtdieBehauptungwage:Hochgeborenewerdenleichter bedeutende Menschen,gelangen müheloserinStellungen,wosieimhöchsten Sinne segensreichwirkenkönnen, alsgewöhnlicheSterbliche. Männerwie dieHumboldts brauchensichgarnichtumuntergeordneteFragenzu kümmern:

derRuf,deramfünfzehntenDezember1808 vomKönigFriedrichWilhelm anden älteren Bruder ergeht:dasAmteinesköniglichpreußischenKultus- undUnterrichts-Direktorszuübernehmen,triffteinenWiderstrebenden;und schondiebloßeNachrichtdavon,daß,,man im Mai1829 ihnzum Direktor desneuen Museums haben wolle,machtdenjüngerenBruder schlaflos«:

»Daswäreeine zustarkeErniedrigung«!Wilhelm hatallerdingsnach kurzem Sträuben dochangenommen; dannaberwar erauchder Mann dazu,die Aufgaben,vordieersichnicht selbstgestellthatte, glänzendzulösen:Wil- helmvon Humboldt ist,umnur Einshervorzuheben,einerderBegründer derUniversitätBerlin undgewißkeinerder einflußlofestengewesen.Und alserindenAnfangsjahrenderReaktion,imJahre1819,merkte, daß man seiner überdrüssigward, dabesannersichnicht langeundging.Bei seinerVielfeitigkeit,seiner Fähigkeit,WissensgebietederverschiedenstenArt in sichzuvereinigen,war erjazujederZeitin derLage,auch aufeinem anderen Feldezuernten: baldnach seiner Entlassung iftdieAbhandlung »Ueberdie AufgabedesGeschichtschreibers«entstanden,eineArbeit,derenWerthman immerhin auchan dersonstgleichgiltigenThatsacheermessenkann,daß sie neuerdingsvonKarlLamprechtindenUebungen seines historischenSeminars ausführlichdurchgenommenwordenist. Kurz darauf erschienendiebaskischen UntersuchungenundschließlichdasWerküberdieKann-Sprache Durch seineUnterscheidungvon Stoff-undFormelementenderSprache hat Hum- boldtdenerstenAnstoßzurEntwickelungdesGedankens gegeben,man müsse diebegrifflichenEigenschaftenalsder inneren,dieformalenalsderäußeren Sprachform zugehörigbetrachten:dieäußereund innereSprachforment- sprächeneinander etwawie Leib nnd Seele. Obgleichnundiesespäternament- lichvonSteinthalausgebaute Lehre seitdeneindringendenForschungender PsychologieWundts nicht mehrzuhalten ist,hat siedoch für ihre Zeiteinen großenFortschrittbedeutet. Sind solcheallumfassendenGeister nichtzu be- neiden?Der niederdrückendenSorgeums täglicheBrotüberhoben,schaffen

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