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Die Zukunft, 24. Februar, Jahrg. XX, Bd. 78, Nr 21.

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XX.M Jahrg. Berlin,den 24.Februar19l2. Ye.21.

Herausgehen

axtmtltan Hart-en.

Inhalt:

Seite Xallenptedigk ............................Am

Jfraelg alslike-rat VonMax Eisler .......·.........211

Der demokratische Reichs-MI. VonKarl Jentsch ............253

Mike Kretnnifz. VonEduard Goldbeck ................259

Die Erfindung des Galan-. VonW.Fred .............. 260

Diewilde Helene. VonJulian Max-case ...............265

Obligationen. Voncadon ...........·..... .... 267

ZweiDriefe......·......................271

Nachdruck verboten.

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ErscheintjedenSonnabend-

creis vierteljährlich5Mark,dieeinzelneNummer 50Pt.

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Berlin.

Verlag der Zukunft

WilhelmftraßeIn.

1912.

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Berlin, den 24.Februar 1912.

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Fastenpredigt.

lle,dieimReichstag irgendeinWort mitreden wollen, müssen miteinem ernsten,treuenWillen und einem großartigen,vom Kleinlichenabgewendeten Sinn eine gründlicheKenntnißderGe- schichtedesVaterlandes verbinden. Deutschlands Verfassungdarf nicht gebildetwerden,wieman in denletztenJahrzehnten Verfas- sung-enbilden zukönnen meint-e. Man glaubtenämlich-,an allge- mein-en Begriffen, welcheman füreinSystem hielt,genug zuha- ben,und wähnte,auseinem Gedachten müsse auch nothwendigein Wirkliche-s folg-en.Und indem zudiesemDünkel gewöhnlicheine schmählicheLseichtsertigkeit,ja, Verderbtheit desGemüthes kam, so warfman freventlichdiealten Grundfestennieder, welche aufder innersten Lebensgiewsohnheiteines Volkes ruhten,und wollte nach

neuer BauweiseauchDas sichtbarund tastbsar darlegen, was im

sicher-enSchoßderErde alssichererAnker liegen muß.Diealten Gesetzgeberverstand-en besser, aufdasAltedasNeue zu bauen und nicht umzureißen,wsasstehen sollte.Das Volk,dasseine Vergan- genheitvon sich wirft, entblößt seine feinstenLebensnerven allen Stürmen derwetterwendischen Zukunft. Weh also uns,wenn un- ser-eneue Gestalt soneu würde, daß sienur aus demVedürsniß der Gegenwart ihr Dasein schöpft-e.Aber auchaus der nächsten Vergangenheit soll sieesnicht.Dieletzten Jahrhunderte, seitdem Westfälischen Frieden, sinddie schlechtesten unserer ganzen Ge- schichte.Dafängthauptsächlichdiehseillose Zeitan, wodieeinzel- nen Glied-er desDeutschenBundes ihreBlicke nachdemSchutzdies Auslandes umherwerfen,wo-siesich herausnehmen, einJederfür

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240 » DieZukunft-

sichund sein Interesse, Gesandte anfremdenHöer zuhalten. wo überhauptan dieStelle groß-artiger politischen Maximen, welche aus derGanzhseiteines Volkslebens hervorgehen, dieKiabinetspo- litikund dasGesandtenspürwesen trat. Aufdem großen Deutschen Reichstag,derunser Vaterland gründlichsordnen soll, müssen außer denehrenwerthen Männern,denen ihr Standpunkt undBeruf,der gewöhnlichenlOrdnung nachl, dort Sitzund Stimme giebt, auchdie echtenKenner alter deutscher Geschichteund Weise,Sprache und Verfassung erscheinen, welchedenübrigenStsänden denGeistun-

serer großen Vergangenheit lebendigVorAugenzustellenvermö- gen,damit uralte Formensinverjüngter Gestaltwieder aufstehen und,gleichdenehrwürdige-nlBild-ern großer Ahnen,uns-,ernsthaft anschauend,gegen jede tEntwürdigungldesdeutschenAdels bewah- ren. Jn verjüngter, zeitgemäßer Gestalt: denn auchvon »demWahn MüssenWirUns freihaltemldaß·ein V-ergangenes, Abgelaufenes sich,wie eswar, herstellen lasse.Aber wer eine lebendigeAn- schauung der Zeiten besitzt,wer Vergangenheit, Gegenwart »und ZukunftalsEins zusehenweiß,wirdsolchen Wahn nicht hegen, sondern nur einorganisches lHervorbildien der Zukunftaus Ver- gangenheit und Gegenwart meinen,welchesvom Nachahmen weit entfernt ist.Alles aufIdenMißbrauchund das Schlechteinder Verfassung Angewiesene findetnichtmehrGnade vor derMei- nung.DieThorheitdesleeren Hochmuthes aufbloskonventionelle Vorzüge, dieaufgeblsasene, h.ohle Eitelk-eit,dassganz dünkelh-afte, anmaßlichseJunkerthum istdieFabelund derSpott derZeitg:- worden ;aber einwahrer, rechter, tüchtigerund ehrenfesterAdel fehltuns überall, am-«Mei,stenin denhöchstenStellen, wo:nur all- zuoftdiekahlste, flachste, pl-attste, erbärmlichste Gemeinheit ohne Würde, Anstand und eine Spur adeliger Gesinnung durchden Trödel äußerer Auszeichnung imIKontrastnur umso scharfer sticht und dieNation beijeder Gelegenheitvor demAusland schändet.

Ein solcher Adel, nichtsimlasngweiligen Müßiggang derHöfesaus- g-eblasen, nichtim Stilleben aufseinem Besitz vierbauert, kann allein aus einem regen öffentlichenLieben inderGymnastik der Kammern und der Volksbewaffnung uns erwachsen;und diese Schule müssendie Geschlechter suchen,wenn sie sich historischbe- haupten wollen. Nurwenn man demVolksein-en billigenTheilan der eigenen Regirung gestattet, kann ihmdie lebendig-eTheil-

««nahmean dem allgemeinen Wohlzugemuthet werd-en,die zum Vestande Deutschlands erfordert wird-

Diese Sätze hatder Ksoblenzer JosephGörres geschrieben.Vor hundertJahren;alsdiedeutschenStämme denReichstag ersehntew

Es

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Jsraels als Literat. 241

Jsraels als Literat.

»""asJnteriseur desJsraels, dasdieReise seinerKunst bezeich-

Mnet,giebt stetsimLetztendielyrischeAuslösung Eininden Stubendämmer einfluthendes, in weich-en, wsehmüthigen Rhyth- men schwingendes Lichtwird ihrMittel. Dasbleibt der unwillkür- lichen Lyrik durch-aus fremd,diesichderKlarheit desgermanischen Landschsaftbildes nicht seltenwievon selberzugesellt.Dermusika- lische Ausklang beiIsraels folgteiner tiefbewußten Willensäuße- rung, ist fürihndieZusammenfassungall-erBildelemente zueiner höheren Einheit und dieSteigerung diesAusdruckes insFremde.

Hierin ist wohl auch zunächstdieUmwerthung desLichtge- dankens zusuchen,diedasErbe Biembrandts imSpätherbstdes letzten ,,Haagets« erfahren hat. Das Lieddesjungen David er- giebtsichbeim Altmeister wesentlichaus der sichtbaren Durch- schütterung Sauls, beiJsraels allein aus dem reichtönigen,un- sicherenLichtstreitimwüsten Luftrsaum.Dort istselbst innerhalb solchermusikalischen Absichtdiemalerische Umgrenzung desThe- mas sicherfestgehalten, hier sind diese äußersten Wirkungen nur an der Grenze zweierKünste erreicht. Wäre diesertönende Ge- haltvon Jsraels’Bildern nicht näher bestimmt,blos akkordal zu-

sammenströmend,man müßtevorAllem nachdemMusikerJsraels fragen-

AuchDer hat geradezuals einemitbestimmendse Energie an derFormung dieserPersönlichkeit theilgenommien. Werk undLe- bendeuten esreichlich-an. Man wirdaufein-ebelangreiche Früh- äußerung dieses Genieantheils schließendürfen,wenn man erfährt, daßder ums Brot sorgendegroninger Kleinhändleraus seiner starkzähligen Sippe gerade diesen Jungen ins Biolinspiel ein- führen ließ,bisdiezunehmende AugenschwächedieFortführung hinderte. Jndenromantischen Werdetagen sein-er Bildkunst wird der mit seinemInstrumente versehen-e Eellistzum unbeholfenen Mittler desmusikalischen Gedankens, ,,adagi0con expressione«, mit dem erWeb-ers letztemLiede huldigte. Erhatbeiden vielen orchestralen Borführungen Mengelbergs und Biottas im haager Winter bis inshöchsteAlter kaum jegefehlt;alszuletztdieFüße versagen, läßterssichinsKonzerthaus tragen. Beethoven voran.

Rächst ihmMozart. AusderDurchreise nach Spanien bietet ihm

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"242 DieZukunft.

,-

inBrüsselder Kellner Karten »fürein-e schöne Abendunterhsal- tung«,wieeresbezeichnet.Esgilt»Tristanund Jsolde«.»Ach-, ich hättelieber den Himmelvor mirausgehen sehenin ,Figaros Hoch-zeit.Denn istes(Musik) auch nichtdas Einzige, was unser eigenes Herzblutbewegt, sotrifftesuns doch,als obesaus der selben Athmasphäre käme,inderwirselbstleben und jubeln. Da saß ichnun und ließdieherrlichenStröme von Wagners Schöp- fungübermichlhingehen;ichwollte biszuEnde bleiben,biszum endliche« Ende-«-« Dann ging ichallein imMondschein, träu- mend und nachdenklich-,nachmeinem HoteL Hatte ich mich amusirt.

war ich entzücktvon dem Zauber,der mich- umgeben hatte? Jch konnte mirkeinegenaue Rechenschaft geben; ich standunter einem unbeschreiblich nervösenEindruck durchdieMusikvon Liebeund Verlangen, diemich noch umrauschte.«Erwar nahean Fünfund- siebenzig, alser diesenEindruck empfingundaufzeich—nete.

Nun istaber die rhythmische Schwingung imAlalwerk Jo- sephs Jsraels nach Ursprung und Traggehalt eingehender be- stimmt:sie istdieletzte Ausdeutung derinneren Vorgänge seiner Menschen,nimmt von Diesen ihren Ausgang und ist auf siege- stimmt, ihreins Reinere und Allgemeine gesteigerteCharakte- ristik,—- dasKlangmittel fürdenAusdruck derIdee vom Men- schen,wieJsraelsihn sieht.Damit istdsielyrischeAuance näher bezeichnetund dieFrage nachdem Lied-dichter Jsraels gegeben.

Ein aufsolch-eAuswirkung gerichteterInstinktmußte sichge- legentlich auchindem Mittel versuchen,indem sichdiekünstle- rische Absicht geradezu organisch, jedenfalls grenzgerechteraus- sprechenkonnte. Undso sind auchdieJahrzehnte, innerhalb deren erdaslyrische Thema bildnerischzufassenundauszubauen suchte, sinngemäß begleitetvom reichlichenBemühen,einGleichesinpoe- tischer Formdarzustellen Jn denZwiespaltdieses Weges führt zunächsteinsinnfälligeres Exempel.Daradirt erirgendwann ein

«

Kind im Sessel,dasman inderdumpfen Kammerecke allein ge- lassen hat. kDas Vildchen sprichsteinfältig für sich:imreichen Spiel derSchatten,diedasimwarmen Licht gebildet-e Köpfchen betasten.

Aber derBildner istdamalsseinerSprache noch nicht sicher.Er meint,denvon umgebender Daseinsschiwerebedrängten und ver- tieften LiebreizdesKindes,dentragischenAccent seiner sorglosen Anmuth nicht deutlichgenug gegebenzuhaben.Und so läßtek- demPlatte baldseine Verse folg-en:

»Imschswärzlichen,stinkendenFischerkoth einHaus,zerstörtvon denWinden, dieMauern zerrissen,dieFensterblind,

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Jsraels alsLiterat. 243 werwill danochlLiebliches finden?

Unddoch! BeidemHerd,wovon Rauch undNuß soreich-lichdieWände bespiilt

undAlles Dich- ansiehtsofaulunsdalt, sitzt ein KindimStühlschienundspielt-«

Jm poetischen Nach-trag sichertersichdieJdeedesSichtbaren, er gebrauchtdieLyrikzur ErgänzungdesVildnerischen,um imzwie- sachenMittel dieganze Absicht auszuschöpsen,dieer ineinem nur unvollkommen erreicht glaubt.

Aber wiedieselyrische Erweiterung (imSinn seinerdamali- gen Suche)geradedsasWesentliche ausspricht, so ist ihr Gehalt das Primäre und Vewegende auchim bildnerischen Schaffens- vorgange gewesen.Ein lyrisch näher desinirtes Motiv stehtbe- stimmendvoran, seinekünstlerischeDurchführungbleibt schwan- kend zwischen Klang-sund Vildungmittel

Es ist hier belanglos, daßdas lyrische Produkt, welchesdie Stilsuche desMaler-s begleitet-eund übereinigeJsahirgängedes ,,SPekt-ators« verstreut ist,sansich wenigWerth besitzt;indsem Deutsche-i entlehnten Formenkundineiner hergebr—achten,mono-

tonen inneren Folge ’hältesan dem romantischen Uebermaß fest,

in dessen DåmprUg Und Eindämmerung gerade die Meister- schast seiner Vildnerspäte gelegenwar. Es war Vlutgabe, vom versschmiedenden groninger Juden aufdenSohn vererbt. Schon dieMutter hataus solchen bedichteten SchreibsetzendesKnaben ein ansehnlichesBündel zusammengetragsen. Später wurde an dieser Reimmühe bezeichnend, daßdasGedichtam Geschauten sei- nen Ansatz nahmund aufseinebreiters Grundlage nur einen knappen Stimmungausklang setzte. Daß· seinBau alsoim Be- schreibenden ruhteunddasVildnergut steigsendiesMitrecht forderte.

Ein Wort, vom Meisterimgelegentlichen Gespräch empfan- gen,ließdieTriebkrast desLyrischenwieihr unschliissig wechseln- desVerlangen nachderKunstform gleich deutlichwerden: »Wenns micheinmal übersiel, mußte ich eins-ach,«sagte Jsraels; »wie ich mich auch zusammennahim, ichkonnte esnichtabwehren. Ich habe ostmitten imMalen einhalten müssen,um ihmzufolgen. Und all Das; obwohl ichVers und Reim nur schwerfälligzuverbin- denverstand«

DerTrieb zur Dichtungwurde mitderreisenden Bemeiste- rung desmalerischen Mittels, das sichszuletzt jedes melodischen Ausdrucks (innerhsalbder melancholischen Tonlage seinesNatu- rells) fähig erwies, milder und versiechte zuletztinder Befriedi- gung des Bildners. DiekünstlerischenWerth-e,die Dieserschuf,

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244 « Die Zukunft.

sindnur innerhalb desGebietes einzu-schätz.en,indemsiezurDar- stellunggelangten; »aberfür ihr-e letzte Erkenntnißwirdman den Beitrag nicht übergehen dürfen,den der Dichtergab.Der fort- dauernd-e Zweikampf leuchtetindietieferenGründe seiner schöpfe- rischen Doppelnatur, dersteteFlugdesGenies inderBerührung- zone zweierheterogenen Künste wirfteine Grenzfrage von allge- meinem Gewicht neuerlichund bedseutsam sanundläßtiesnament- lich zweifelhaft erscheinen,obdiesePersönlichkeitimWsegwurfdes

,Schicksalszuihrerreichstenoderauchnur zuihrer nothwendigen und gerechten Kunstäußserung gekommenist.

Auchderlängst gereifte, beschreibendeLiterat hatan derly- risch bewegtenArtdies-es Alalerschauens festgehalten. An derbe- glückten Wahrnehmung von Linien, Lichtund Farben setzt sieein, aber vernimmt zuletzt ihr Zusammenströmennur noch melodisch und erfährtdarin den äußersten Rausch,die letzte Entzückung Daß dieser gleich-artige Ausklangdort imLicht, hierimLiedge- faßt wurde, lagnur andemverschiedenen Ausdrucksvermögenbei- derKünste.Aber man mußnur demerstenAbendblick aufTan- ger,mitdemerdasKapitel ,,Af-rik-a«sseines spanischen Reisebuches beschloß,nachgehenund wird Widerstoeitund Lösungdieses zwie- spältigenGenietriebes unmittelbar erfassen:»Ich setzt-e michund starrteaufdieherrlich-enLinien und Farben, bisich bemerkte, daß derAbend hereinbrach·Die Farbe derLuftwurde grünlichsblau und hinund wieder bekam-endieviolet giefärbten, liangen,schmalen Wölkcheneinen goldenen Ton, so daß sie, während ich hinsah,wie polirteGoldbiarren glänzten;aberalsich plötzlichausdem flim- mernden Glanzder Lust aufdieweißeStadt blickt-e,war sienicht smehr weiß:ein heller, rosig-erTon schienübersiegebreitet, die scharfenLinien derMauern schwammen ineinander, dasVlaßroth wurde grau, diasGold inderLuftwiarverschwundenund alsich wieder mein-eAug-envon dem noch hellen Himmel -abwiandte,wa- ren Stadt,Hügelund Seeeins gewordenund bildeten eine dunkle Massegegen diehiellere Luft,inderMond und Sterne langsam sichtbarwurden. Alles lagimSchleierdserNacht...

JchschloßdieAugen und ich sahdann noch dasblaue Meer, aufdemdas Dunkel wohnt,

vornan dieFelsen, marmorweißundkalt,

darüber scheintmit Silberlicht derMond.

Dieathemlose Stille schweigt umher.

Nur dann undwann, wieuns dasLeiderwacht, erhebtderWind dieStimme mit Geheul.

Dann wird eswieder still, stillinderMacht«

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Jsraels als Literat. 2215

DsasStückgiebtdieBrückezumLiteraten Jsraels Esistnicht allzu viel,was er hinterlassen hat: ein Neisebuch ,,Spanien«

(1898),zweiKünstlerworte, fürMillet (1892) und Rembrandt (1906)und endlich zwei Spsazirg.ånge,inderWassenaarschenAllee im Haag (1901)und am sscheveningerStrande (1905), die ich jüngst hierMsantiqUUkischeU Jsahrheften aufgestöbert habe,be- zeichnendas Wesentliche Und esistnichtVielerlei. DieErzäh- lungvon derReise,dieimMarokkanischenendete, giebtnur den Rahmen süreine ziemlich lose angereihte Folgevon malerischen Eindrücken, jedes Kapitaletwa ein Bildstoff,dasVegleitwort zu derbeigesügten Kopfzeichnung,dasdieUmwerthungmösglichkeiten desunmittelbar Geschautenund imStift Festgehsaltenenandeutet

—-— einRepertorium von Bewegungen,Linienreizen, Lichtwundern und Raumerscheinungen, das aufgeregte Kolorit Spaniens von einem sanftmüthigen Holländer empfangen, derdieFarbenur im Fluß ihrer Lichtlösungund Lsusthüllewahrzunehmen vermag. Die Worte über Rembrandt und Millet sindHuldigungen, an die Gelegenheiteiner Jahrhundertseier und andie einer Bildschauge- knüpft; sie umschreiben keineswegsdas WserkBeidensondern be- richtennur von deninneren Erfahrungen, dieeimFernverwandter hier empfing; zweiHeroisirungen imSinne Garlyles, aber weni- geraus intellektueller EindringlichkeitalsaufdserJntuition des Pionumentalen begründet. Diebeiden Plaudereien vom Wald und TNeerimUmkreis feiner jahrzeitlich wechselnden Wohnstätten aufder haagerKöniginnengrachtund im Hotel d’Orange am Strand von Scheveningen geben Streifzüge in den heimlich-en

·Malsch·atzderHeimath,alth-olländischerstauntund entdeckerfroham GlückderNähe.

Was diesesVielerlei eins-ach macht, ist zunächstderStandort desErzählers innerhalb seines Stoffes: derLiterat geråthniemals in«dieDistanz desObjektiven, steht stetsinmitten desVorwurfs, beziehtAlles aufsichund bildet esindiesemMedium zusubjek- tiven-Werthen um;esist Vek"enntniszlitsersatir-r,dieauchimsernsten Afrika niemals aus dem Nahkreis der Persönlichkeittritt.

Aber selbstinsolcher Begrenzung istdasPersönliche nochan einealtüberlieferte Kultur desSchauens gebunden,anjeneweise, stetsivon Heimwerthen ausschrseitende Enge der Ausnahme, die dasGemeinsörmige,denGrad derIntensität und denNational- begriffalles holländischen Künstlerthums wesentlicherklärt. Es giebtnur eineKunst. sz Prado,vor Belazquez,bleibtRembrandt der Werthmesser;aus dem Jrrgang ineinem tirolischen Provin- zialmuseum bringt er ein gutherziges Wort überDesregger und eintiesbleibendes Grlebniszmiteinem fernverschlagenenTerborch

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246 - Die-Zukunft.

heim.Es giebt nur ein Land;er sagtes selber: Holländische Maler sind merkwürdige Reisende;wenn sieinsAusland fahren, beginnensiemitderFeststellung,essei nirgends so schönwiezu Haus. ErschätztimGespräch zunächst gutmüthigdieAnmuthdes Rheins, dieBuchtderAlpenein,gleitetdann mitdem lächeln- denSpott über»die Berg-e«,derhier erbgesessenund gemeingiltig ist, unversehens zuden Bäumen unter dsemhieimischen Himmel und schließt beglückt, daß GrößederLandsschaft dochnur hier,in dem ruhe-vollenZusammenwirken der breit-en, freien Flächeund der mächtigen Höhezufindensei.Und so wägt auchder Fern- reifend-emitdeman denfeingrauen Dunstüber demfeuchten Pol- d.er·,an das gardinengestäubte Stubenlicht gewohnt-en Augedas fremdeStrahl- und Farbengut immer wieder gegen dasunver- gefseneder HeimathxSeine Logik geräth nothwendig inZwangs- folgserungen: sie findetden letztenGrund fürdieBlüthe franzö- sischer Landschaftkunstinder Erkenntniszund Darstellung jener

"

beiden Komponenten desholländischenBaumes.

Ja,erführtden Nahbegriff,derdieEntstehung derneuhol- ländischenpaysage intime nicht weniger erklärt,alsderVonFon- tainebleau und der imWerke Jsraels nur auseine besonderes Stoffgebiet angewendet erscheint,bisaufs Aeußerste:erspieltgar seinenStrandbezirk gegen dieWaldstättevon Oosterbeek aus, die doch auchimheimisch-enGelderlande gelegen ist.Bom Aahengilt ihmdas Nächste zumeist.Man wird von hieraus denWegzu derIntensitäteiner Beobachtung finden,diezwischen Zandvoort, Katwijkund Scheveningen denErfahrungbezirk eines ganzen Le- bens abgesteckt hat.

Jnsolcher subjektivistischen Abgrenzung biet-etsichdaslitera- rische Werk, auch dieses,wiedaslhrische,alsKunstforman sich belanglos odergar minderwerthsig Denn oblwsohlJsraels dieEr- zählung vielfach versuchte,eristniemals auch wirklichzu» einem epifchenStil gelangt;Dieser auffällige Defekt ist schonvom Früh- werkdesKünstlers reichlich begründet worden; auf dieserPerlen- nung seiner Anlage beruhtedserJrrthum eines Schaffens,an dem erbisindieMannesreife hartnäckig festhielt: geradediefrühesten Berfeirrten auf epischer Spur, strebt-enderThatäußerungeines Thomas Morus, Albrecht Beyling und desAdmirals deRuyter- nach,geradediefrühestenBildwerke mühten sich fruchtlosum den Staatsakt desselben Kreisesund derlangjährige Historismus sei- ner.ersten Malversuche ist zuletzt dochnur an jenem epischenBer- sagendesGenies gescheit-ert. Wieder, wieimLyrischen, gabein Bildstoff, der dem Erzähilerund Maler gleich kräftigenAnreiz

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Jsra elsals Literat. 247 bot,dieEntscheidung,enthülltedenWiderstreit desepischenWil- lens mitdemromantischenInstinktund gabdemSucherdieEr- kenntniß seines Weges.

Jm gelegentlichen GesprächbotsichsalsungefähsreAnekdote.

Um 1860 rumorte wieder einmal dieerzählerische Lust.Es sollte eine Novelle werden undider Titel standauch schon fest: ,,Jda,das Fischermädchen.«DerAnstoßwar von Geschautem gekommen.Ein schönes Ding,von dessen Anmuth nocheinfeiner Glanz immilden Greisenange glimmt, war ihm begegnet. Jedes Bemühen,den Stoff dichterischzufassen,bleibt umsonst. Aber der Trieb muß seinenplastischenAusdruck haben.So entschließter sich endlich zumPinsel und maltdie,,Strickerin«,einblankes, wohlgebildetes GeschöpfimThürrahmen,dasüberseinemmagdlichenSinnen das Strickzeug sinken läßt.Von Handlung,aufdiederersteAngriff losging,·keine Spur. Alles imfrischen Liebreiz derErscheinung;

und dazuder milde Einschlagvon Stimmung, indem sichder eigenthsiimlicheStil seiner psychischen Analysebereits ankündet.

Auch hierimZweikampf zuletztder SiegdesBildners ;aberver- sagte sichimLyrischendasMittel, hierdie gestaltende Kraft.

Aus diesem Wesenszuge beruhte auchdasepischeUnvermögen desspäterenLiteraten. Selbstdieäußkere Folg-eder Handlung, imStierkiampf, immönchischenStraßenzuge,-inderVegegnung desHeimkehrendenmitMutter und Kind, löstsich hierinunver- bundene Jmpresfionen von rein malerischer Umgrenzung. Nur dasBildmögliche umfaßt sie,

Aber zuletzt liegt auch hierderHauptwerthseiner literarischen AeußerungimRelativemimMaß ihrer wesentlich-en Beziehun- genzum Malwerk desMeisters. Gerade indenUnvollkommen- heitendes Erzählers brichtderBildner recht eigentlich durch.

Handlung istihmblos jenesMaßvon Bewegung, dasbildplasti- schenAusdruck findenkann. DerLiterat übertrifftinderDarstel- lung diesesMoments beinahedenMaler. Sein Wort bemeistert selbftdenäußersten rhythmischen Exzeßder Bewegung, dem be- gleitenden Zeichenstift,an wuchtig zulangende Fischergeberdege- wohnt, fügt sich auchderTolltanz der spanischenKirmes nur zu schwerschlürfendemSchritt. Aber esbleibt höchstmerkwürdig,wie motivisch diesesMoment seine Schriften durchläuft,wieesdie Höhepunkteder Erzählungbezeichnetund im Lichtströmender Farben eben sobetont wird wieimAuslangen derGlied-er. Auf seine Bildkunst bezogen, läßtesein plastisch-b·ewegtesInteresse ungemein kräftig hervortreten, dasimunsicher-en Licht seinerStu- benwiezugedeckt,von derschweren, pfuschigen Handwiegebannt

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