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Die Zukunft, 1. Juni, Jahrg. XX, Bd. 79, Nr 35.

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(1)

XX.Jahrg. Ittliiy den l.Juni1912. Ut.35.

Herausgehen

Maximilian Bari-en

Inhalt-

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Unchdruck verboten.

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ErscheintjedenSonnabend

PreisvierteljährumöMark,dieeinzeer Nummer 50Pl.

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Wilhelmstraßesa.

1912.

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Berlin, den 1.Juni 1912.

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Scherben.

Duell.

FuderwürttembergischenOberamtsstadt Mergentheim, wo

sJzeinstderDeutscheOrdenseine größteValleihatte,warderMi- litäroberarztDr.Sambethvon einemKameradenaus demCorps derSanitätoffiziere gröblichundgrundlosbeleidigtworden.Als frommer KatholikkonnteersichzurHerausforderung desBelei- digersnicht entschließenundbegnügtesichmiteinem Strafantrag, der dieEröffnungdesHauptverfahrens gegen dendesDeliktes Verdächtigen erzwang, denBeleidigten selbstabervordasEhren- gerichtseinesRegimentsverbandes rief.DasempfahldemKriegs- herrn,denOberarztmitschlichtem Abschiedzuentlassen. Nein, sprachderKaiser-:wer imDrang religiöserUeberzeugungeinem Zweikampfausweicht, gehört nichtvors Ehrengerichtzfreilich auchnichtinsHeer. AllerhöchsteGnade wolle demArzt,wenn ersofortdarum bitte,denAbschiedineiner Form gewähren, die keinen AnspruchaufeinEhrenrechtkürze.Das war ein Ber- such,alteSitte derGefühlsmodeeinermilderen Zeit anzupassen und inentstachelter Schalezubewahren;einVersuch, der,wie fast jedervon halb flüggemModernisirungwillenunternomme- ne,imtiefsten Grund keinerPartei gefiel.Frommheitsollüber diePflichtzublutigerSühnungdesSchimpfes hinwegheben?

Dann bleibt, erstens,demFeigen stets,weildieUnechtheitder 25

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274 DieZukunft

Glaubensfarbe durchkeineKochprobe,keineZuthatvon Kalk- wasseroderBrennspiritus zuerweisen ist,derAusweginden SchlupfwinkelderHeucheleioffen.Dann scheint,zweitens,der

vom Zweikampf AbgeneigtedemAuge (des Bürgers und, beson- ders,derMannschaft)frommeralsder zumWaffengangBereite.

Dann dürfte,drittens,auch nachderKriegserklärungjeder Offi- zier,dem dasFünfteGebot heilig ist (oderalsBerufungmittel geradeinden Krampaßt),einenAbschiedinEhren fordern. »Du sollst nichttöten.« DieVorschrift stehtin denKatechismenLuthers undPetersEanisius »DusollstDeickemNächstenan seinemLeib nicht Schaden nochLeidthun, sondern ihm helfen, ihn fördernin allenLeibesnöthen.«Sind dieSöhneeinesanderen Landes,aus die derOffizier einzuhauen, dieerFlinten,Maschinengewehrem Vayonnettes,Kanonen alsAngriffszielzuzeigen verpflichtet ist, imSinn derChristenlehre nicht seineNächsten? Habensie,als Einzelne,aus denen derFrommeGottes heiligenOdemwehen hört, ihm je solchesLeid angethan wie derKamerad, dessen Schimpfwort ihnvor denNechtsgenossenzuschändentrachtete?

Niemals nur daswinzigsteLeid.Dennoch sollerihrer soviele töten,wiedervon ihmgelenktenWaffeerreichbar sind.Undwenn er, wieinSchwabenderOberarzt,dievonregerGottesfurcht ge- zimmerte Schranke nichtüberklettern kann?Wird ihm barschzu- gerufen:»Im Kriegegiltanderes NechtalsinderschlaffenZeit lieblichen Friedens. DenStreit dereinem Staat Angehörigen vermagderNichter,inderNobe oderimWaffenrock,zuschlichten, zuahnden.WoaberfändeeineNation dasNecht,daseinean- dereihrbestreitet?«DieAntwort könnte lauten: ,,JmHaag.Beugt EuchunterdenSprucheines internationalen Schiedsgerichtes.

Was schiert michChristenEuer gottlosesVedenkenZDas imGe- wissenhastendeHeilandwortverbietetmir,muthwillig dasGehäus einer Menschenseelezuzerstören.«Dann wirderinGnade ent- lassen?Eingesperrt,wie MennosJünger,diedenNekruteneidund denWehrdienst geweigerthaben. »DerDeibel holeJhrewerthe Ueberzeugung1Hier hilftkeinMaulspitzemhiermuszgepfiffenwer- den.Und wernichtmitpfeifenwill,fliegtindenKasten undkannzwi- schenWasserund Brotan seinerUeberzeugungknabbern. «So weit

decnthderliberal Geaichtenicht.Ob EinerEhristenthum hat,mag Gretchen,dasliebeKind,seinetwegenauch Bärbelchen prüfen.

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Scherben 275 Erist Staatsbürger, seinReichistvondieserWeltunderhatPas ragraphoswohleinstudirt.UmNummer201handeltsichs;undum dieneun Geschwister,dieihmimzehnten AbschnittdesStras- gesetzbuchesfürs Deutsche Reich nachtrippeln. JstderZweikampf verboten? Ja.JstdieHerausforderung,dieAnnahme,die Vei- hilfe,dasThunderKartellträgerund Sekundanten strafbar?Ja.

Also darfimHeerdes Deutschen ReichesderMann nichtge- duldet werden,derdieVorschriftdesfünfzehntenAbschnittesim Vürgerkodexübertreten hat. SolcherSünder,Raufbold,Nohling taugt nichtindensauberenWehrverband einesgesittetenStaates.

SchlichterAbschied.VonRechtes wegen.Sowill es dieOrdnung.

Eine von vernunftlos wüthendemVürgerzornerträumte Ordnung. JstdieVorschrift,die denZweikampfverbietet,etwa dieeinzige,derenUebertretungnichts chändet?VerpöntdasStraf- gesetz nicht mancheVergehenund sogar Verbrechen,deren der Redlichsteselbst,derReinlichstemitklarem Bewußtsein schuldig werden kann? Soll jederdesWiderstandes gegen die Staats- gewalt,derUeberschreitungdesNothwehrrechtes,der Beleidi- gung(einesPrivaten oderNegirenden),solleinderVerletzung des,,öffentlicheSittlichkeit«genannten Schemens,derZeugniszs weigerungalsschuldigErkannter nichtnur gestraft,sondern auch aus demKreis derNechtsgenossen gejagtund damitaus der-Le- benswurzel gerissenwerden? Jeder, ohne Unterscheidungderin- dividuellen Merkmale desThatbestandes? Das kannkeinhalb- wegs Verständigerwollen. VonHundert sind mindestensNeunzig bereit, ihr Kontor, ihrHausundihrHerzEinem zuöffnen,der, um ein anderes Lebenzuretten,dieEidespflichtverletzthat.Und derOffizier,derzumZweikampfherausforderte oder dieHeraus- forderung nicht ablehnte, soll mitSchimpf undSchandeaus dem Heergestoßenwerden? Sollnichtnur die vom Gesetzbestimmte Strafe (dienichtgarfomildist:Festunghaftbis zufüanahren) auf sichnehmen,sondernaus demBerufsstand scheiden,dener liebt undfürden alleinervorgebildetist?Das wäre diedümmste Barbarei. Wäre einBruchallergeltenden Ordnung. Und ein

»Ausnahmegesetz«gegenOffiziere.Denn keinem Industriellen nochHändlerwird einfallen,einemtüchtigenMann, nur,weil er wegen HerausforderungoderZweikampsesbestraftworden ist, dengebahntenLebenswegzusperren.DerChefmagdenMann

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276 DieZukunft.

tadeln, ihm vielleichtdieStellung kündigen; docherwirdnicht daran denken, ihmden ganzen Geschäftsbezirkzuvergitternund jede Verwerthung mühsamerworbenen Könnens unmöglichzu machen. Nur demOffizierdiehärteste Pön? Dummes Zeug.

»Die unheilvollste Mystik, auf unseremganzen Volkschwer lastend, istdievon derVerletzbarkeitderEhredurchdritteHand.

Was würdeunser so starkan Befangenheit leidendes Volkan innererRuhe undFestigkeit,was würde derEinzelneanGlücks- gefühlund Stolz gewinnen,wenn ihn erstdieUeberzeugung durch- dränge, daß seinEhrenschatzfürDiebeganzunangreifbar ist!Er allein kann ihn mindern,erallein ihn mehren: seinem wahren Werthaberkannkein Dritter Abbruch thun,auchder Staat nicht unddasGerichtnicht,nicht einmal,wenn esihmdiesogenannten bürgerlichenEhrenrechteaberkennt. Alleiniger HerrseinerEhre sein, heißtaber,zu einem großen Theil auch Herr seines eigenen Schicksals sein«SeineEhre stetsinfremderHandwissen,bedeutet ständige Abhängigkeiteines Jedenvonallen Anderen,ganzbe- sondersvondenSchlechtenundMißgünstigen.DieEhre istein höchstindividuellerMenschenwerth, dessen Größeallein ihrTräs gerzubestimmen vermag. EinDritter kannsiemirabsprechen, ihrenUmfangverkennen oderverleugnen: aberDas wäre eine jämmerliche Ehre,eine Ehre,die mir gestohlenwerden dürfte, wenn siemir gestohlenwerden könnte!Dieser ewige Argwohn, daß esJemand auf unsere Ehreabgesehen habe,dieseAngst,daß überNachteinGauchmitihrdurchgehen könnte, sie sind fürden VölkerpsychologenkeinZeichender Stärke einesVolkes, sondern derUeberreiztheit:ermußdarinetwasUngesundes,eineSchwäche des individuellen Selbstgefühleserblicken. Was man Ehrver- verletzung nennt, ist auchinWahrheitEhrverletzung(Das heißt:

Ehrenminderung), aberniefürdenBeleidigten,stetsnurfürden Veleidiger. Mit unsehlbarerSicherheitschlägtderAngriff auf denAngreiferunddessen,Ehre«zurück.Bleibt aberdieEhredes Veleidigtenganzunversehrt, sobedarf siekeinerWiederherstel- lung:denn sie ist solcher unfähig. SiegtendlichdieWahrheit, daß unsereEhreeineHornhaut ist, durchkeineWaffeindritter Hand verletzbar,dann werden wiruns selbst seltsam vorkommen,wenn wiruns sehen: stetsdieHandamSchwert,umunsere Ehregegen Feindezuvertheidigen,die esnicht giebt,die zurVerletzungun-

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Schierben. 277 serer Ehre wenigstens vollständigohnmächtigsind.Unsere Ehren- nervositätwirdstolzer EhrengewiszheitPlatzmachen-«Dassind Sätzeaus einer Rede,dieProfessorKarlVinding,derweiseste Lehrer deutschen Strafrechtes, vor sieben Jahren gehalten hat.

EinimwürdigstenSinndesprostituirten Wortes Liberaler. Er bestreitetdendeutschenUrsprungdesPrivatzweikampfes,dessen HerkunftausdemgermanischenOrdal;undist fernvondemWahn,

»das drakonisch strengeDuellgesetzwerde denZweikampfüber- winden;diedeutschenDuell-Edikteund Mandate dessiebenzehns ten undachtzehntenJahrhunderts habenesan Strenge nicht fehlen lassenunddochdesZweikampfesnichtMeisterzu werden vermocht.Zweifellos sindesstarkeundbei vielen adeligdenken- denMännern durchausedleEmpfindungen,welchesie,trotzder Strafbarkeit,andemDuell festhalten lassen.«DieseEmpfindungen duckensich nichtindieBürgervorstellung,einAmtsrichteroder Landgerichtsdirektordürfeentscheiden,ob derEhrenschilddes ins KlagerechtZugelassenenrein oderrostigsei,undübertönen,über- tobendiekühleStimme nüchternerVernunftDie würdezunächst fragen,obzwischendenzweiMenschenEtwas geschehen sei,das aufdemweitenNund der Erdenureinem vonihnen nochzu leben erlaube. Würde,zweitens, prüfen,ob der Kränker selbst sauber, alsozuüberzeugen,oderunsauber, alsozuverachtensei. DochVer- nunftkommtnichtzumWort. »DaläufteinKerlherum,der mir Schändliches angehängt hat. Schneider, Börsianer, Hebammen

rennen ins Gerichtshaus Unsereiner sorgt ohne fremdeVor-

mundschaft für seine Ehre. Zahltmitseiner Person.Ob der Kerl sonst anständigoderunanständigist,kannich nicht untersuchen;

willauch nicht. Liegt nichtsGewichtigesgegenihnvor,so fordere ichihn;und kneift er,so istervorUnsereinem unmöglich« Solche Rede hörtman oft;undsie istdemBolksgefühlnäher,als die SchreierbehauptenDenndasVolksgefühlschliesztvondemMuth derPhysis gernaufdieLauterkeit derPsycheundist,in einerfast nur nochmitGelderwerb undSchatzhäufungbeschäftigtenZeit, schnell stets bereit,Jedenzubewundern,derfüreinunwägbares Nechtsgut seine Person einsetzt.BisindieOberschichtdesPro- letariates streckensichdieWurzelndesEmpfindens,demTreitschke derbenAusdruck gab,alserüberdasEnglandAlberts vonKoburg schrieb: »KausmännischeLuftdurchwehtedasgesammte Lebender

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278 DieZukunft-

Nation. Das unentbehrlicheletzteNothmittelgegen dieVerwil- derungderGesellschaft,dasDuell,kamaußer Brauchund ver- schwandbald gänzlich;dieReitpeitsche verdrängte Degenund Pistole:unddieser Sieg derRoheitward alseinTriumphderAuf- klärunggefeiert-«Der kühne Gedanke,daßman zumSchutzder Ehreweder Pistole noch Reitpeitsche, nichteinmal einen Straf- richterbrauche,kamdemPreußenmagister nicht.Konnte ihm auf demgeliebtenBoden seinerWahlheimath kaumkommen,wodie Staatsjuristenselbst, dieHüterderRechtsnorm,in dieMotive zum StrafgesetzbuchdenSatzgeschriebenhatten: »DieSitte (oder, wenn man lieberwill,dieUnsitte)desDuells hatsich nochimmer stärker erwiesenalsdas geschriebene Gesetz,demdeshalb nichts Anderes übrigbleibt,alssichgutoderübel mit derAufgabeab- zufinden:seine Vorschriftenüber das Duellsoeinzurichten,daß siezu den Geboten derGerechtigkeitnichtin allzufchroffenWider- spruchtreten unddemVedürfnißdes Lebens doch wenigstensan- nähernd genügen.«DemBedürfnißeinesLebens,das nochvon demWahn umsponnen ist,dieEhre müssevorAnwurf geschützt, ihre Verunreinigung müsse gerächtundSchutzundRache dürfe nichteinem Zufallsrichter überlassenwerden. Vanitas vanjtatum.

Wir brauchenweder härtereBeleidigungstrafen nochdieAech- tungdesDuellanten,sondern nur dieVerbreitung desvorScho- penhauerundnachBindingvondenWeisesten gepredigtenGlau- bens,daßderEhrenbesitz einesMenschenunmehrbar,unminder- barist.Andie Sohlejedes Wirkendenheftetsich irgendeinGezücht, dasihnmitSchimpfrufenundKothwürfenzuärgern,zu verwir- ren,in blindeWuthzuhitzen,ihmdieWirkensmöglichkeitzu kür- zentrachtet.SollerdieLümpchenvordieKlingehei"schen,sieda- durchin denRufehrlicher,zupersönlicherGenugthuungfähiger Männer stelzenund sich,solchen armsäligenQuarks wegen, der Verkrüppelung oderVernichtung aussetzen? ZeitundKraftdem Versuch opfern, ihrLügengewebezuzerreißen,und, während sie von einemThurmherabbrüllen,erseieinSchurke,einenanderen erklettern,um sichobendann indenBeweis derUnwahrheitzu erniedern? Oder gar Schriftsätzeschmieden,Amtsgericht und Strafkammer anrufenundmitseiner»Ehrennoth«schließlichan demZufall hängen, welcheZeitungseinRichter liestundwelcher Kriminalanwalt dasflinkereMundwerk hat?Auf seinemWeg

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Schierben 27 9 soller, unbeirrt vonSchimpfund Fälschung,weiterschreiten. Noch ernster sichum Gerechtigkeit(diedemMenschensinnerreichbare) bemühen.NichteineStunde andasGeträtschvergeudenundden Spelunkenfern bleiben,deren tüchtigeJnsassenihr Nachtgeschirr auf seinreines Kleidleeren möchten.Arbeiten soller.Durchseine Lebensleistungzeigen,waseristund was ervermag. Nur erselbst kannsichschaden, seinAnsehenschmälern. Je lauter, je plumper dieSchmähung, destosichererdieGewißheit wachsender Wirkung.

Ob das deutsche OffiziercorpsdasDuell,als das stärkste Mittel zurAbschreckungvonleichtfertigemWort undrohemThun, schon entbehren kann? General von VoguslawskihatdieFrage hiereinst verneint; undheutenochwagen dieSachverständigsten nicht, siezubejahen.Zehntausendejunger, kräftiger,bewaffneter Männer.Da giebts,in engemVerkehr, leichteinmal Streit; giebts, wenn dieNaseallzu reichlichbegossenwurde, auch wohlböse Hän- del.Hundertewerden nachderEntftehungraschersticktzweileiner, mitderWaffe ausgetragen wird,solldas ReichinGefahr sein?

EingeprügelterOffizierwäreauchvorderMannschaftnichtmehr möglich.Jetzt weißdergrünsteFähnrich:»Wenn ichimRausch- zorneinem Kameraden insGesicht schlage,muß ich,unter gefähr- lichenBedingungen,aufdenKampfplatzundwerdevielleichtüber denHaufen geschossen.«Solche Hemmung istZwanzigjährigen nützlich.Und dieniederträchtigenReden,diewirTagvorTag über dieFührerunseres Heeres hören,können dieThatsache nicht wegwischen, daßdieAllure,Haltung,Selbstzuchtdes deutschen OffiziersdashöchsteLob verdient. LassetdemEorps dieWahl seiner Lebensregel.Wer widersieist, braucht ja nichtOsfizierzu werden«SogardieSanitätoffiziere,dienichtWesensdrangins Heer trieb, würden sichwahrscheinlichgegenden-Plan sträuben, sievon derDuellpflichtauszunehmen. Noch ists,inbestimmten Fällen, Pflicht.NochgiltdieWeisung WilhelmsdesErsten (vom zweitenMai 1874):,,EinenOffizier,welcherim Stande ist,die EhreeinesKameraden infrevelhafterWeisezuverletzen,werde ichebenso wenigin meinem Heerdulden wieeinen Offizier,der seine Ehre nichtzuwahren weiß.«DerPreußischeKriegsminister brauchtesichalso nichtvon dem imReichstaggesprochenen Satz zuentschuldigen:»Offiziere,dieimgegebenen FalldenZweikampf v«erweigern,gerathenzu denGrundüberzeugungenihrerKame-

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raden in einenGegensatz,dernicht ertragen werden kann.« So ists. Aendert, wenn Jhrs könnt, diese Grundüberzeugungen.

SchärftdenEhrenräthenundEhrenrichterndiePflicht ein,jeden ohne Blutverlust entwirrbaren HandelmitdemAufgebotihrer ganzen Geduld, seelenkundigenKlugheitund Batergütezu ent- wirren. Sprechet, ohneAugenblinzelnundzageZweideutigkeit, aus, daßdieSoldatenregel dasBürgerleben nichtbinden dürfe; daßderimWaffengebrauch nichtGeübte,inanderem Empfin- densbezirk HeimischenichtzurAnnahme einerHerausforderung verpflichtetsei, durchdieWeigerungnichtbemakelt scheine. Für alles UebrigesorgtderWandel derZeitstimmungWendet das Augevon demtausendmal beschnüffeltenundbeleckten Brei.

Und:lassetdenHerrgottausdemSpaß!PreußischeMilitär- frommheit isteinDingansich.Ein anderes dasbrünstigeChristen- thum Derer,dienachgrausamerKränkungstrafelechzen(undthun, alssei ihrEhrenschemenzwarnichtdurcheinePönvondreihun- dert, doch vielleicht durcheine von dreitausendMark undganz sicher durcheinevon neunMonaten Gefängnißreparirbar). Also spricht, auf demVergamGestadedesGaliläersees,derHeiland:

»Liebet,dieEuch befehden,segnet,dieEuch fluchen, erweist Wohl- that Denen, dieEuch hassen,betetfür Alle,dieEuch beleidigen undverfolgen, auf daßJhrKinderseietEures Vaters imHimmel. Denn erläßt seineSonne aufgehenüber Gute undBöseundläßt regnen überGerechteundUngerechte.«Und voneinem steileren Berg herab gellt Nietzsches,desAntichristen,fast pfäffischselbst- gewißlästerndeStimme: »Wohinkamdas letzteGefühlvonAn- stand,vonAchtungvorsich selbst,wenn unsereStaatsmänner so- gar, einesonst sehrunbefangeneArtMenschundAntichristender Thatdurchunddurch, sich heute nochChristennennen undzum Abendmahlgehen?EinFürstanderSpitze seiner Negimenter, prachtvollals Ausdruck derSelbstsuchtund Selbstüberhebung seinesVolkes ;aber, ohnejedeScham, sichalsChristenbekennend!

Wen verneint denn das Ehristenthum? Was heißtes,Welt«?

Daßman Soldat, daßman Richter, daßman Patriot ist;daßman sich wehrt;daßman aufseine Ehre hält;daßman seinen Bortheil will;daßmanstolz ist. Jede Praktikjedes Augenblickes, jederJn- stinkt, jedezurThatwerdende Werthschätzung ist heute antichrist- lich.«Rühret nichtdaranl Göttliche,als göttlichhingenommene

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Schickt-TM 281

Gebote werden täglich,auchvondemsich fromm Dünkenden, hun- dertmal übertreten.EvangelienseelenverlachtodervonderKrippe gescheucht. Empfehlet dochEinen alsLauteren,einfältigFrom- men, nur vondesGewissensStimme Geleiteten,derdemUeblen nichtwidekstrebt, sichSchimpf uvdSchlaa sanft lächelnd,gefallen läßtundaufdenSchmäher,denPrüglerGottes Segen herab- fleht.Wartet, bisJhr ihm Unterkunft findet.Nur demGerissenen thutsichdieThürauf. Dem,der»indie WeltPaßtundnachden RegelnderLebenskunsteinDing drehenkann«. DieUnwahr- haftigkeitdes offiziellenGlaubensbekenntnisses, dersichtbare, ruchbareWiderspruch zwischenLehreundLeben hatdasdeutsche Wesenschonarggeschwächt.WahretdenNestdesKriegergeistesl DerVorsatz,denZweikampfscheuennur,wenn ersichaufdenGe- wissenszwangseiner »religiösenUeberzeugung«beruft,zu entmas keln,müßtedasHeerzerrütten,dieHeuchlergemeindenochmehren.

Jahresbilanz.

Jm ReichstagwagteHerrvonVethmanndieBehauptung, dievon ihm fürs Neichsland vorgeschlagene Verfassung sei»die nothwendigeKonsequenzdervonVismarckinaugurirten Politik«;

undinderNorddeutschenAllgemeinenZeitung ließergarsagen:

»DergrößteWerkmeister dieser Politik,FürstBismarck, hat schon 1879 dieGewährung vonVundesrathsstimmen alseinkünftiges wichtigesMittel der(gemeint ist: zur) innerlichenAngliederung EIsaßsLothringensans Reich bezeichnet«Das wirdinjedes Kreisblättchennachgedruckt,von sämmtlichenParteischreibern wieunantastbare Wahrheit behandelt; undindemruhig seinem GeschäftnachgehendenVürgerderGlaube geweckt:AllesinOrd- nung; Alles so,wieschonBismarckes wollte undwieesnur den übermüthigenJunkernnichtinihrenKrampaßt. Jsts wahr?Jm Februar 1879habendieAbgeordneten Schneegans,North,Rack undLorettefürElsaß-LothringendieVertretungimBundesrath und einen Landtag gefordert(,,mitdenselben Rechten,die den vertretenden Körperschaftenaller anderen Bundesstaaten zu- stehen«).Aus Bismarcks Antwort: »Wirwerden immer Alles, was wirdemNeichslandan Autonomie gewähren,unter dem Gesichtspunktbetrachten müssen,ob esmitderSicherheitdes Reiches auchinwenigerfriedlichenZeiten,alssie imAugenblick

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282 DieZukunft.

vorhanden sind, verträglich seinwird. Esist möglich,daß Elsaß, ansichundgesondert,schnellerundfestersichkonsolidiren könnte,als wenn es mit demheterogenenElementLothringen gekuppeltbleibt;

unddieMöglichkeitistnichtausgeschlossen,fürjeden dieserbeiden LandestheileeinebesondereRegirung einzurichtenSehr lebhaft beschäftigtmichdieFrage,obundunter welchenFormen esmög- lich sein wird,demReichsland, alsoderLandesvertretung, das Rechtzugeben, daß siehiereinekonsultative VertretungimBun- desrathhat.JchgebedieHoffnungnichtauf, daß dieserAnspruch bei den Verbündeten Regirungen Anklangfindenwird;obwohl Das einegroße Neuerung ist:denn imGrunde liegtdarineine Theilung derMacht, diebisherderKaiser allein, landesherrlich, mitdemBundesrath ausübte. Jch glaubeauch nicht, daßder VorschlagdieCharakterisirung alseines republikanischen(wie Windthorstandeutete)verdient. EinkonsultativesVotum wird sich, ohne wirklichesAbstimmungrecht,durchdasGewicht seiner Gründe, durchdieBedeutungund dasAnsehen Dessen,der es ausspricht,imBundesrath GeltungzuverschaffenimStandesein.

Nicht nützlichwäre es,demReichskandWohlthaten octroyiren zuwollen,dievielleichtvon Niemandem imLandals solchebe- trachtetwürden.«SosprachBismarck imMärz1879.Nahm nicht eineSilbe vonDem zurück,was erunter anderen Monden ge- sagt hatte. »Alle unsere Schrittewerden vonderRücksichtaufdie Jnteressenund,vor allenDingen,aufdieSicherheitdesReiches, seinesGebietes undseinerGrenzengeleitetwerden. Verlangen Sie vonmir nicht, daß ichaufeinemsobriichigenundfürdieSicher- heitundRuhedesReiches bedenklichenBodensmiteiner gewissen

stürmischenEilevorwärtsdrängensoll,immer bereitbleibend,die Verantwortung fürdieFolgenzutragen.Bis zu demZeitpunkt,

wowirdiejetztunter uns anwesendenAbgeordneten von Elsaßs Lothringenkennen lernten, habe ich sanguinische Ansichtenüber dieMöglichkeit gehabt,inElsaß-Lothringenbald einkonstitutios nelles undparlamentarischesLebengroßzuziehen.Nachdemwir nun dieTonart kennengelernt haben,inder diegewähltenVer- treter von ElsaßsLothringendieReichspolitik,dieReichsinters essen auffassen, habe ich (ichbinsonst nicht schüchternin derPo- litik) docheingewissesBangenundZagen empfunden,obichdem ReichdenSchritt zumuthen darf,derdahin führen kann, daßwir

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Schierben. 283 inElsaßsLothringeneineparlamentarischeInstitution schüfen, deren MajoritätoderGesammtheitvon derGesinnungundAuss fassungderHerrenAbgeordneten Simonis undWinterer sein könnte.Jch glaube,daßeinsolchesParlamentfürdeneuropäischen FriedeneinegroßeGefahrinsichbergenwürde.« HerrvonBeth- mann hat »bedauert«,daß aufdieBedeutungdesReichskandes alseines Festungsglacishingewiesenwird,und den Glauben an- gedeutet,die indiesem westlichstenReichstheil wichtigste Aufgabe sei, ElsässernundLothringerndas Glück zubescheren.UndVis- marckhat gesagt: »Wir habendieLänderanuns genommen,da- mitdieFranzosenbeiihrem nächstenAngriff,denGottlange shinausschieben möge,densieaberdochplanen,dieSpitzevon Weißenburg nichtzuihremAusgangspunkt, sonderndamit wir einGlacis haben, aufdem wir uns wehren können,bevorsiean denRheinkommen. Wir habenuns nichtgeschmeichelt,daßuns rasch gelingenwerde,dieHerrenausdemElsaßglücklichzumachen- undwirhaben auch nichtdarum dieAnnexion betrieben. Wir habeneinBollwerkgebautgegen dieJrruptionen, dieseit zwei- hundertJahren diese leidenschaftiiche, kriegerische Bölkerschaft unternimmt,derenalleiniger,direktausgesetzterNachbarzusein Deutschlanddas UnglückunddieUnannehmlichkeithat·«

EinesWeltmeeres Breite trennt,auch hier,denfünftenvom ersten Kanzler.Bismarck weigertedemReichskandVertretung undStimmrecht imVundesrath undsagte,dieGewährungdes Stimmrechtes würde»inletzterJnstanznichts weiterseinals eine VermehrungderpreußischenStimmen«; erwillnicht, daßElsaßg Lothringenzueinem neuen Vundesglied werde, das, nachdem sechstenArtikel derNeichsverfassung,zumVundesrath Bevoll- mächtigteernenne.NichtdiereichsländischeRegirung,sondernder Landesausschuß soll,konsultativnur,ohne Stimmrecht,imBun- desrathvertreten sein,der dadurchzu einer»Veschwerdeinstanzge- gen dieLandesregirung würde«.VethmanngiebtdemNeichsland dieRechtedesBundesstaates und dreiStimmenimBundesrath, die»nichtgezähltwerden,wenn diePräsidialstimmennur durch denHinzutritt dieserStimmen dieMehrheitfür sicherlangenoder beiStimmengleichheit denAusschlaggebenwürden«. Bismarck hält für undenkbar,daßimBundesrath ,,preußischeundelsässische Vertreter gegeneinanderstimmen«.Bethmannläßtdieelsässischen

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Das frühesteZeugnißdafür ist der Zolltaris von Aosia (960), der beweist, daß damals sowohl die Produkte Flanderns als auch die von Byzanz her eingesührten Waaren des Orients über

Vorschriften? Fch werde den Papst nicht besuchen« Am Nil und amTiber: Weltskandale,derenWiderhallTheodors Namen bis an die fernste Küste trägt. Ueber Wien und Budapest kommt

Wenngleich mit Rücksicht auf die Sicherheit dieser Schiffe daii Vorhandensein einer Station fiir dralstlose Telegranhie an Bord wohl kaum als unbedingt notwendig zu erachten ist, du

«,,Mitbürger!«(-Soungefähr wsürdieich dann beginnen und ein trau- riges Gesichtl dabei aufzuziehen versuchen wie Falstaff, da er Hein- rich den Vierten tragirte.) »Mitbürger!

Prüst man den überreichen Geh-alt seines Werkes unter diesem Gesichtspunkt, so findet man, daß zwar ein Theil seiner Gedanken (insbesondere au.s dem Umweg über Langbeh-n) heute

Er kann aber betrachtet twerden, als ob· er kein IsBieleck von sehr großerSeitens zahl wär-c, und diese durchaus unlogische, fiktive Annahme erweist sich als sehr nützlich.sBon

Der Papst streckte ihm llächelnd die Hand entgegen. Da er jetzt be- sonders gut gelaunt und wohl geneigt war, den frisch geschlossenen Frieden mit einem Geschenk zu festigen, fand

nicht eine bis ins Einzelne gehende biographische und literarhistorische Darstellung war zu geben« die philosophischen Gedankengänge waren auf ihre Grundlinien zurückzuführen,