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Die Zukunft, 3. Mai, Bd. 39.

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Academic year: 2022

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Berlin ,den Z.Mai 1902.

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Universitätund Katholizismu5.

Wenn

einphilosophischundhistorischgebildeterprotestantischerTheologe wieLisko dieGründungdesrömischenPapstthumesbedauert,sobe- deutet Das einenRückschritt,denichbedaure. Daß aufdemBoden der altenKirchedieUeberwindungderaugustinischenAuffassungderWeltgeschichte nichtmöglichwar,gehörtzu denDingen,die dengroßenAbfall nothwendig gemachthaben,derdenNamen einerKirchenreformnur insehr beschränktem Sinne verdient, und esisteinunsterblicherRuhmestitelderprotestantischen Wissenschaft,daß siedasVerständnißderWeltgeschichteerschlossenhat;ein RuhmestitelderprotestantischenWissenschaft,nichtetwa dervResorniation, dienur ChristusundBelial ein Masse-Greises vollziehen ließ, Nachdem LessingundHerderdielebendigenKräftederhistorischenEntwickelungauf- gedeckt hatten, haben GeschichtschreiberwieJohannesvon Müller-, Friedrich VonRaumer, HeinrichLeo, die beidenMenzel,Giesebrecht(auchRanke darf

man wegen derEinleitungzuseiner DeutschenGeschichteimZeitalterder Reformationhierher rechnen)vdemsMittelalter unddemPapstthum gerecht zu werdenundBeideals historischeNothwendigkeitenbegreiflichzumachen verstanden;sogardieprotestantischeKirchengeschichtschreibunghatDas, wie KarlHase beweist,vermocht.UndpopuläreallgemeineWeltgeschichtenhaben, vonder Beckersl biszu«derneustenvonSpamer,dievernünftigeAuffassung zUIUGemeingutderGebildetengemacht. Dürsteman dieRückkehrLiskos aufdenStandpunktderCenturiatoren alsdiepersönlicheVerirrungeines einzelnen,imUebrigenverdientenGelehrten ansehen, sowäredarüber weiter kein Wort zuverlieren. Leideraberscheint sie SymptomeinerMassen-

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174 DieZukunft.

bewegungzusein.Von anderen Symptomen,dieich seitJahren beobachtet habe,nenne ichnur zwei. Zunächst,daß ein Philosophvon derBedeutung PaulfensdaswerthloseBuchvonHoensbroech,dasdieSkandalchronikdesPapst- thumesfür dessenGeschichteausgiebt,in der wiener»Zeit«empfiehlt.Und ein zweites,vielwichtigeresSymptomwar dievonMommseninFluß gebrachte Professorenbewegung.Diehat janun derHerausgeberder»Zukunft«ganz inmeinemSinne behandelt. Höchstenswürdeich nochdaran erinnerthaben, daßkeinproteftantischerProfessoranderstatutenmäßigenKonfessionalitätder UniversitätenRostock, HalleundKönigsbergAnstoßzunehmenscheint,und einigeweitereProbenvon Voraussetzunglosigkeitbeigefügthaben,zumBei- spieldiefolgende.Die pessimistischeWeltauffasfung ist zweifellos wissen- schaftlichberechtigt.Siewirdmanchem »Boraussetzunglosen«durchdieEr- fahrung aufgedrängt.NunkannnichtJeder gleichSchopenhauerdie bittere PilledesPessimismus dadurch genießbarermachen, daßersie,ineingutes Diner gehüllt,hinunterschluckt;und dieUmstülpungdeseudämonistischen PessimismusindenevolutionistischenOptimismusbeiHartmann istweiter nichtsals eineverblümteVerleugnungdesPessimismus, also fürdenechten Pessimistengarnicht vorhanden.Die unabweisbare KonsequenzdesPessi- mismus hat jüngsteinMann gezogen(ihnnennen, hieße,eineDenunziation verüben),derlehrt: sittlich böse ist jede Zeugungundjede Handlung,die zurZeugung führt, sittlich gut ist Alles,was derZeugung vorbeugt, Alles, wasLebenvernichtetund dieEntstehungneuen Lebens verhindert.Wenn dieserMann sich habilitirenwillunddieRegirung ihm selbstverständlichden ZutrittzumLehrftuhl verschließt:werden dadieProfessoren entrüstetpro- testiren? Harden erwähntinseinenProfessores JuliusWolfundRein- holdimGegensatzzuSombart, SchmollerundWagner.Das sollte Einen, derdasMaterial beisammenhätte,zu einerumfassendenhistorischenArbeit veranlassen.Seitbeinahe zehn Jahrenwirdvon sehr einflußreichenLeuten imReichs-undLandtagund inderPressegegen die»Kathederfozialisten«

gehetzt. Zwar ist schon.derNameeineLüge,dennKeinerderMänner,die man meint,istSozialist;undBrentano, Schulze:Gaevern·itz,Wagner, Schmoller,Sombart vertreten soverschiedeneRichtungen, daßeseinfach Unsinn ist, siemiteinergemeinsamenBezeichnungzusammenzukoppelnzaber Jedervonihnen hatirgendeinmalirgendEtwasgesagt,wasirgendeinem Unternehmernicht paßte,und dieRegirung ist seit Jahren öffentlichgedrängt worden,diesogenanntenKathederfozialistendurchMänner zuersetzen,die sichbereitfindenwürden, eine demaugenblicklichenInteresseeiner kleinen Unternehmergruppedienende NationalökonomieundSozialwissenfchaftvorzu- tragen. HabenDas dieProfessoren nichtalseinen Angriff auf dieFreiheit derWissenschaftempfunden?Esscheintnicht;in derOeffentlichkeitwenigstens hatman nichtsdavongespürt-

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UniversitätundKatholizismus 175 Das KlüngelweseuderUniversitätenist seit Jahren so oftvon un- glücklichenPrivatdozenten bejammertund inderOeffentlichkeitverspottet worden,daßdieHerrenOrdinariieigentlicheinenAusbruchallgemeinerHeiter- keitbefürchtenmußten,wenn siealsdieRitter derVoraussetzunglosigkeitin die Arena herabstiegen.Aberfreilich:indiesem Fallwaren sie ziemlich sichervorSpott;wenn dieFreiheitderWissenschaftsoviel bedeutetwie den AusschlußderKatholikenvon akademischenAemtern,dannjubeltdieliberale Presse Jedemzu, dersie auf seineFahne schreibt,undauchdiekonser- vative legt vorsichtigeingutesWort fürdieFreiheitein. AmLiebsten möchteman dieKatholiken nichtblosvon denUniversitäten,sondernaus der ganzen Gelehrtenrepublikausschließen.Als ichvoreinemVierteljahr- hunderteinmal imaltkatholischenDeutschenMerkur sagte,katholischeGe- lehrte fändennur, soweit undsolange sie sichals Sturmböckegegen Rom gebrauchenließen,bei derprotestantischenGelehrtenweltAnerkennung, ihre positiven Leistungenaberignorireman, dariefmeinFreundMax Loßen,der dasgelehrte Zunftwesengenauer kannteals«ich:Daswargut!Dasmußte endlicheinmalgesagtwerden! DerRückfallderprotestantischenGelehrten- welt in dieParteilichkeit,die mitHilfederPhilosophieunddeshistorischen Quellenstudiumsschonüberwundenwar,hat mancherleiUrsachen,von denen nur dreiangedeutetwerdensollen.HegelhatdieObjektivitätzwargefördert, aberihreineFalle gestellt,indemerjedegroße historischeErscheinungnur

füreinenbestimmtenZeitabschnittvernünftigsein läßt,dann aberfordert, daß sieinihrerNachfolgerinaufgehobenwerde. "Jn Wirklichkeitverläuftdie EntwickelungwederinderNatur nochin derGeschichteso, daßimmerEins das Andereverdrängte,sonderndasReuestellt sichnebendasfortbestehende Alte,aus demesgeboren ist,undgeradeinderwachsendenMannichfaltig- keit undFülle,diesoentsteht,hatman denFortschrittzusuchen,wenn es denndurchauseinengeben soll.Aber diehegelischgerichtetenGeisterer- warteten,daßdasMittelalter, demman sein Rechtgegönnthatte,sichnun begrabenlassenwerde,undwurdeti tief verstimmt durch seine Auferstehung in der Romantik. UnddieAuferstandenenbeeiltensich,denprotestantischen Unwillenzurechtfertigen,indem siebeimvernünftigenKatholizismusder Sailer, HirscherundMöhler nicht stehenblieben,sondernzurBigotterie, zumgrassestenAberglauben,zumFanatismus, zur-mittelalterlichenPhilo- sophiefortodervielmehr zurückschrittenunddieKatastrophevon 1870 her- beiführten,dieden vernünftigenKatholizismusinDeutschland vorläufig mundtotmachte. Diese verderblicheRichtungdesNeukatholizismuszu be- kämpfen,war dieprotestantischeGelehrtenwelt sogar verpflichtet;aberfür einenSiegespreisvon zweifelhaftemWerth ihre kostbarsteErrungenschaft, dieobjektiveAuffassungderWeltgeschichte,preiszugeben:Daswarnichtklug.

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176 DieZunme

Damit tauschteman fürdenzweifelhaftenSiegeinen unzweifelhaftenBer- lustein, dennjene AuffassungderWeltgeschichtepreisgeben, heißt,dieschon geschlageneBrückezurVerständigungzwischendenKonfessionen abbrechen, die dasElement derSchwächungDeutschlandsineinElement derKraft verwandeln würde;eineBielheitderKonfessionen istan sichja geistiger ReichihumunddahereineKraftquelle.Undindemman dieKatholikenvon denUniversitätenausschließt,versperrtman ihnendieeinzigenOrte, an denensichdieVerständigungvollziehenkannundandenensiesichvorfünfzig JahrenschonbiszueinemgewissenGrade vollzogenhatte.

Beidieser Ausschließnngwirktnun freilicheinsehr starker Beweg- grundmit, derauseinerdemwissenschaftlichenInteresseganzfern liegenden Gegend stammt. Jn meinen Lebenserinnerungen habe ich berichtet,wie unbequemden Protestantenvor fünfzig Jahren diedamals entstehende EmanzipationderKatholiken geworden ist;dennalssolche darfman die Bewegung bezeichnen,die gegen dengrundsätzlichenundthatsächlichenAus- schlußderKatholikenvon Staats- undGemeindeämterngerichtetwar.

»Selbstverständlich«,sage ichdort, »waren dieProtestantenvondieserneuen Erscheinung nichts wenigerals erbaut. Auchbeiihnen handelteessich keineswegsblosum daslautete Evangeliumoderauchnur um dieAuf- klärung,sondernum dieBehauptungdererrungenen geistigennndsozialen Uebermachtundum dasAemtermonopol. Gewiß hatsichDas keineder beidenParteien eingestanden (Daswäre mitBeziehung aufdieheutige UniversitätfrageinsPräfenszuübersetzen);sie kämpftenaufrichtigeinejede fürDas,was siedieWahrheitnannte,aberunbewußtwirkenjene sozialen, politischenundmateriellen Rücksichtensehr kräftigmitin denKämpfenum

religiösewieum weltlicheGrundsätzeund Ideen.Ueberein paar Konvertiten freut sichnatürlich jede Kirchengemeinschaft;aberwenn sicheinesschönen Tages sämmtlichedeutschen»KatholikcnzumEintritt indieevangelische LandeskirchePreußensmeldeten,sowürdensichdieProtestantennichtweniger unangenehm überraschtfühlenalsetwa diefranzösischenRepublikauer durch dieBekehrungsämmtlicherMonarchistenzumRepublikanismus,diesiezwingen würde, mit der allenFranzosen offen stehendenRepublik (solautetevorsechs JahrendieherrschendePhrase)vErnst·zumachen,indemsieihnendenhaupt- sächlichstenVorwand zurBeschränkungderKonkurrenzum diehöheren

Staatsämter raubte·« ,

DiegrundsätzlichenBedenkengegen dieZulassungvonKatholikenzu den akademischenLehrstühlenhat Harden schlagend widerlegt.Weilaber diese Bedenken,namentlich seit1870,nichtganzunbegründetsind, istes·

nothwendig,genauanzugeben,wie weit indiesemGebiete dieGleichberechtigung derKatholiken gehtundwieweitihre wissenschaftlicheFreiheit wirklichdurch

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UniversitätundKatholizismus. 177

ihrenGlaubeneingeschränktwird.JndenNaturwissenschastensindKollisionen zwischenGlauben und WissenschaftgarnichtmöglichDie Verfolgung Galileis istvon denVertretern deraristotelischenPhilosophie ausgegangen unddiesekannnicht mehr lebendigwerden,alsoauchdieKirche nicht mehr beherrschen.JndemKampf zwischendengläubigenChristenund einigen Vertretern derNaturwissenschaftenhandeltessichnichtum Physik, Chemie, Physiologie,Astronomieoderirgendeineexakte Wissenschaft, sondernum Hypothesen,undzwar um«solchezweiterunddritter Ordnung. Die Atom- lehrenenne icheineHypothese erster Ordnung,weilsieunentbehrlichund ihreZuverlässigkeitdurchdas Exgeriment erwiesen ist.Undnur soweit, wiedasExperiment reicht, reichtdieexakteWissenschaft;dieAtomlehrebleibt Hypotheseundkann niemalsselbstexakteWissenschaftwerden. Vomerkenntniß- theoretischenStandpunktaus gehörtdasAtvm indieselbe Kategorieder unwahrnehmbaren, unvorstellbarenundunerkennbaren Dinge,derauchGott angehört.DiebiologischenHypothesenabersindHypothesenzweiterOrdnung, weilihre VerwendbarkeitzurErklärungderErscheinungennoch nicht durch dasErperiment nachgewiesenist.SieinihrerjetzigenForm anzunehmen, verbietetdieexakteWissenschaft,dennaufGrund vonThatsachenhabenviele religiösgar nicht voreingenomnieneForschergegensie protestirt,vonKarl Ernstvon Baer,demBegründerderEmbryologie,anzufangenbisaufdie ZoologenundBotanikerEimer,DrieschUndReinke. NurgegendieGestalt haben sieprotestirt,die Darwin,HaeckelundWeismann derEntwickelung- lehre gegebenhaben; diese selbst ist soaltwie diePhilosophieundalsden RegulatordesEntwickelungprozesseshaben schon EmpedoklesundEpikur dieAuslese durchdasUeberlebendesamBesten Angepaßtenerkannt. Noch weitervon derexaktenWissenschaftentferntunddaheralsHypothesedritter OrdnungzubezeichnenistdieAnsicht, daßderProzeß ohneeineleitende Intelligenzverlaufe.Diese Ansicht hatNiemand entschiedenerzurückgervicsen alsHartmannn,derscharfsinnigsteallerDenker,dienachKant gelebthaben.

WennalsodiekatholischenGelehrten diese Hypothesenablehnen, so istDas keinGrund, sievon denLehrstühlenderBiologie auszuschließen.Obsie sieaus religiösenGründenablehnen? Danachzufragen, hatman kein Recht,weildiewissenschaftlichenGegengründezurAblehnung hinreichen.

Wie derKirchenglaubedasStudium derPhilologie beeinträchtigensoll, ist nicht einzusehen.DasSelbe giltvonallenStaatswissenschasten;wiesollte dieFinanzwissenschaft,dieStatistik,die Nationalökonomie miteinemDogma kollidirenkönnen?WenneingläubigerChristaus Religiositätsichweigert, dieSelbstsuchtals dieeinzigewirthschastlicheTugend,dasRechtdes Stärkeren unddieBerechtigungderStaatsallmachtanzuerkennen,so istertheoretisch nichtzuwiderlegenund dientpraktischderFreiheit.Daß unsere Rechts-

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pflegevon ihrer SchönheitEtwas einbüßenkönnte,wenn sichKatholikenin stärkeremMaßeanderRechtswissenschaftbetheiligten,glaubt dochwohlNiemand.

Was diePhilosophie betrifft, so läßtman jawohl jedenKandidaten durch- fallen,derdievorhandenen Systeme nicht richtigdarzustellenvermag; ein eigenes Systemzuerfinden,ist zum Glück kein Ordinarius verpflichtet, und daßderkatholischePhilosophalleSysteme widerlegt,kanndarum nicht schaden,weilohnehinjederPhilosophalleseine Vorgängerwiderlegt.Die LogikistdereinzigeexakteTheilderPhilosophie, unddieist geradedie starkeSeite derscholastischenund derjesuitischenPhilosophie. Jn der Psychologie freilich istvom ErbsündendogmaeinungünstigerEinflußzu befürchten,aber Das giltdenLutheranern gegenübererst recht;sogarKant hatein radikalBösesangenommen.

ErnstlicheSchwierigkeitenergebensichnur auf zweiGebieten. Eine Professurderneueren deutschenLiteratur sollteman einemKatholikcn nicht einräumen, dennderGefahr darfman deutscheJünglinge nicht aussetzen, daß ihnenvonunseren GroßenZerrbildcrgezeigtwerden, wiesiederPater BaumgartenS.-J.gemalt hat. Und dieUniversalgeschichtevorzutragen, isteingläubigerKatholik nicht fähig;erkannaus demRahmender Civitas DeiundderCivitas diaboli, indenAugustinusdenWeltlauf eingesperrt hat, nicht heraus. Dagegen sind katholischeDozentenderPartikulargeschichten zurErgänzungundBerichtigungeinseitig protestantischerDarstellungen nicht alleinfürdiekatholischenStudenten, sondernauch fürdieprotestantischen geradezu nothwendig.Esistebennicht wahr, daßdiereine unbefangene Wahrheitliebe(Voraussetzunglosigkeitist Unsinn)inder«protestantischenGe- schichtwissenschaftallgemeinherrsche;esgiebt,um nur Einsanzuführenund vonder gefährlichenReformationgeschichteganzzuschweigen,kleindeutsche GeschichtbaumeisterundHofhiftoriographen. Daß Solchen,zu denenübrigens komischerWeise auch Spahnzugehörenscheint, katholischeHistoriker groß- deutscherRichtungandieSeite treten,mußimInteressederunparteiischen Wissenschaftdringend gewünschtwerden. HierwirdderKonfessionalismus undAntiborufsianismusPflicht,denndiezwei einseitigenBilder,dievon denbeidenParteien gemaltwerden,geben erst zusammendasrichtigeBild.

Undwenn dieRegirungdenKlüngel,derkeineKatholiken hineinläßt,durch- bricht, so erfüllt sie nichtalleindiePflichtder Gerechtigkeitgegen ihre katholischenUnterthanen, sonderndient auchderFreiheitderWissenschaft WieinderPolitik, sowirdauchinderWissenschaftdieFreiheitniemals verbürgtdurchdieParteien,die denschönenNamendesHimmelsbildeszu ihrem Parteinamen wählen,sondernnur durcheineVielheitderParteien, dieesjeder einzelnen unmöglichmacht,dieübrigenzuunterdrücken.Wenn inStraßburgunter siebenzigProfessorennur vierkatholischesind, sonann

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UniversitätundKatholizismus

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Das nichtvonderkatholischenInferiorität kommen; soargistdiewirklich nicht. Jn Breslau findeinegeraume Zeit hindurchJahrfür Jahrdie PreisaufgabenderevangelischentheologischenFakultätvonkatholischenTheologen gelöstunddieBearbeiter desPreiseswürdiggefundenworden. Soferndie InferioritätindemgeringerenProzentsatzderStudirenden besteht,rührt sie daher, daßdieKatholiken durchschnittlichärmer sindalsdieProtestanten (währenddieJudenreicherunddaherandenhöherenLehranstaltenmit dem höchstenProzentsatzvertreten sind);danebenaberist geradediegeringeAussicht, diesieimStaatsdienst hatten jetzt scheintesjadamitbesserzu werden—, daranschuld.WennwenigeJudenPhilologie studiren, so beweistDasdoch nicht, daßdieJudenkein Talent für Sprachen hätten,"sondernistnur Folge desUmstandes-,daß siekeineAussicht haben,an Gymnasien angestelltzu werden. Damit willich nicht leugnen, daß die-zur Herrschaft gelangte ultramontane Richtungund diewachsendegeistigeAbsperrungdendeutschen KatholikeneineMenge Bildungquellen verschlossen,ihren Gesichtskreisverengt unddadurchwirklicheinegewisse Inferiorität verschuldethaben.

Jm»Vorwärts«wurdevor ein paarMonaten gegendenJndexge- wüthetunddabeigesagt: »JneinerZeit,daman im VolkederDichter und Denkersich anschickt,dem Centrum,derregirenden Partei,zu Liebedie Universitätenzuklerikalisiren, istesganznützlich,daran zu erinnern,wie diekatholischeKirchedasRechtderGeistesfreiheithandhabt.«Die Klerikali- siTUIIgderUniversitätenisteinUnsinn,über denman achselzuckendhinweg- siehLWasjedochdas JnstitutdesJndexanbetrifft, so sind jadierömischen MonsignorizurBeurtheilung deutscherGeistesprodukteungefährso befähigt wie berlinerSchutzmännerzurCenfurvon Werken derbildendenundder redendenKünste;abergegen dasInstitut selbst ist nichts einzuwenden.Es gehtaus demTriebederSelbsterhaltung hervor,derjedemGesellschaft- vrganismus innewohnt. EvangelischePfarrer pflegen ihren Konfirmanden nichtdie LecturevonMöhlersSymbolikoderDöllingersReformationgeschichte zuempfehlenunddieSozialdemokraten legeninihren Vereinshäusernwahr- scheinlichwederdieKölnischeVolkszeitungnochdenReichsbotenaus. Die PäpstlicheJndexkongregationthutganzdas Selbe,wasderpreußischeStaat thut,wennerdendeutschenBoccaecsio verbietetund alleSchriften,diegeeignet sind,in derMasse ZweifelanderVortrefflichkeitderpreußischenRegirung undderpreußischenStaatseinrichtungenzuerregen. Nur einUnterschied besteht:derpreußischeStaat kannseineVerbote ineinemgewissenMaße durchführen;ervernichtetalleverbotenen Druckschriften,deren er habhaft wird,und hältvon seinenKasernen sogarvielenichtverbotenefern;die JudexkongregationdagegenhatkeineExekutivgewalt.Ebendeshalbkannsie sichdasVergnügengestatten,AllesundJedes aufdenJudexzusetzen,weil

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sie weiß, daß ihrVerbot praktischwerthlosundeinreinakademischerAkt ist, dessenbeliebigeAusdehnung ihr nicht schadet.DieCensurdesStaates dagegen ist wirksamund daher muß sie sich innerhalbderGrenzen halten, indenen sie durchgesetztwerdenkann. DieRegirungwürdesehrgern die Hälftealler modernenRomane,allesozialdemokratischenundetlichekatholische Zeitungen nebstvielensozialistischenBüchernverbieten,einschließlichderer von Fichte, fürdenderHerr Reichskanzlerohne jeglicheGefahr öffentlich schwärmendarf,weiler weiß, daßkeinMensch mehrdenaltenJohann Gottliebliest. AbersolcheHerzenswünschemüssenunbefriedigtbleiben, weil dieRegirungzueinerso durchgreifendenReinigungderVorrathskammern des Nutrimentum spirjtusdieMacht nicht hat, so daß sie sichdurcheinen JudexvomUmfangedesrömifchenblamiren würde. Wennman fagt,.dem Papst erfetzten KanzelundBeichtstuhldieExekutivgewalt,sokenntman die wirklichen Zustände nicht.Die Geistlichendonnern wohlzuweilengegen dieschlechtePresseundwarnen davor;aberdaßeinBeichtvaterfragte,ob derPönitcntKant oderHegeloderRousseau gelesen habe, dürfte schwerlich vorkommen. Mich hatnieeinBeichtvaterdanach gefragtundich habenie aneinenPönitenten solcheFragen gerichtet. Gleich nachdemichmeineerste Kaplanstelle bezogenhatte, habe ichum Dispensvom Jndexverbotgebeten, sieumgehendineinemfreundlichenPrivatschreibendesbischöflichenOffizials erhaltenundvondieserStunde anAllesgelesen,wasichzulesenLust hatte.

Das katholischeVolkwürdevomJudexgarnichts wissen ohnedieprotestan- tischeundaltkatholischePolemik dagegen.Für denUniversitätlehrerversteht sichderDispensvonselbst;dasJndexverbotcxistirtgarnicht für ihn.Er bekommtdenJudex nicht ofsiziellzugeschicktundistgarnichtverpflichtet,zu wissen,welcheBücherdarinstehen. Ersährtereszufällig, sokannerja in einenGewissenskonfliktgerathen, wenn ernämlichdieAnsichteneinesver- pöntenAutors theilt. SichtbarwerdenwirdderKonfliktnur indenaller- seltenstenFällen,denndazu gehörenzweiBedingungen:derMann mußdie verpönteAnsicht öffentlichvertreten habenund ermuß Priester sein,was außerhalbdertheologischenFakultät fastniemalsderFall ist.EinGewissens- konfliktist janun freilich schlimmgenug, für Den,derhineingeräth;aber fürdieFreiheitderWissenschaftsinddieGewissenskonflikteweitverhängniß- voller,indieeinederStaatsregirung mißfälligeUeberzeugungverwickelt.

WasderUeberzeugungtreueineinem solchenFallezuthun hat, istklar undHarden hatesamSchluß feinesArtikels ausgesprochen;dieFreiheit istebeneineGöttin,diegleichdenGötternEpikursinkeinemKosmos, sondernnur indenJntermundienRaum sindet;insPraktische übersetzt:

werfrei seinwill,muß auf jedesAmt,aufjedes sichereBrot verzichten- Neisfe.

F

Karl Jentsch

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Milchkrieg. 181

Milchkrieg.

HmJahrzehnt1870bis1880betrugder denmärkischenMilchproduzenten

ÄjvomberlinerMilchhandelgezahltePreis fünfzehnbissechzehnPfennige für das LiterfreiBerlin. Mit diesemPreiskonntederProduzentgut ausk- kotnmen, sogut,daß nochkeinernstlicherWiderstand erwnchs,alsdiever- bündetenHändler begannen,denPreisum einenPfennig,dannum zwei Pfennige herabzudrücken.AberderHandelbliebdabeinicht stehen,sondern -crmäßigte,je nachdenKonjunkturenund Futterernten mehroderweniger gierig,beineuen AbschlüsfendenPreisimmer wieder um einenViertel-;

halbenoderganzenPfennig,bissoimJahre1899derTiefstandvonelf PfennigenfreiBerlin erreichtwar. Daß inzwischendieKostenderMilch- produktiondurchSteigerungderFuttermittelpreiseundderLöhne sicherhebz licherhöhthatten, istbekannt. ZumVergleichsei hiernur bemerkt,daß die Produzenten,umeinenähnlichenVortheilzuhaben,wieihnderPreis von fünfzehnPfennigenvor zwanzig Jahren übrig ließ, heuteetwa siebenzehn

Pfennigedafür einnehmen müßten. s

Derberliner Konsument hataus dervom Händlerlhumbewirkten PreissenkungeinenVortheil nichtgezogen. ZumBeweisdafürkannan die WissenschaftderberlinerHausfrauenappellirtwerden: sie habenin denletzten Jahrengenauso,je nachderStadtgegend,18bis20PfennigefürdasLiter Milch bezahltwievorzwanzigJahren schon.Abersie sindbeidiesem gleich hohenPreise vielfach noch insofern übervortheiltworden, alseingroßerTheil fderMilchhändlerzuletztnicht mehr Vollmilch, sondernnur Halbmilchlieferte·

Das heißt: Milch,diedurchZusatz entsprechenderMengenentrahmterMilch (Magermilch)foweit»verlängert«worden war,daßderFeltgehalt,derbei unverfälschterMilch zwischen2,7und etwa3,«5schwankt,bisauf2Pro- zentherabgedrücktwar. SokonnteeinHändler,derVollmilchmit3,5Fett für elf PfennigevomBauernkaufte,durchZusatzeinesDrittels Magermilch, diefünf Pfennige kostet,sicheineMilchherstellen,dienoch reichlich2Prozent Fetthatte, alsoalsVollmilch für18bis20Pfennige untergeschobenwerden konnte, ihnaber inFolge jener Manipulationnur etwa neun Pfennige kostete.DieMilchcentrale hatimvorigenSommer in1800 berlinerMilch- geschäften3660 Milchprobenangekauft,von denensichbei derUntersuchung durchdiegerichtlichenSachverständigen2912 Probenalsindereben ge,-.

schildertenWeiseverfälschterwiesen haben.DieHändler haben,alsdie MilchcentraledieseThatsacheveröffentlichte,furchtbargelärmtundgedroht, denLeiter der Centrale obsolcherVerleumdungvor denStaatsanwalt zu bringen.AberobwohldieVossischeZeitung inzwischensehroftandiese Strafanträgesogarunter derAndrohungerinnert hat, siewerde,wenn sie

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