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» « . »Volk und Staat.
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Der Krieg hat
unswieder zum Bewußtseingebracht, daß der Staat die machtvollste Lebensform ist,· die
unsgegenübertritt. Nie vorher
waruns seine Bedeutung so gegenwärtig. Ein ganzes Geschlecht
warauf- gewachsen,völlig
vomWillen zur friedlichen Arbeit erfullt, das den Staat
nurnoch als einen allgemeinenBegriff empfand, der mit Polizeigewalt hinter allen öffentlichen Dingen stand. Die meisten unter
unshatten ge- glaubt, daß
esnoch machtvollere, sicher aber höhere und bedeutungs- vollere allgemeine Werte gäbe, wie Religion oder Ethik, wie Völkerrecht Wettwirtfchaft. Sehr verbreitet
wardie Meinung, daß eine ge- wisse herrschende Kultur den wirkungsvollsten Einfluß auf die Lebens- gestaltung des einzelnen und der ganzen Menschheit ausüben könnte.
Alle dieseAnschauungen haben ihren internationalen Wert verloren. Der Staat beherrschtoffensichtlich alle Lebensformen. Sie alle gelten
nursoweit, als der einzelne Staat sieschützt und gründet. Unfere Ethik,unser Recht und unsereWirtschaft,sie stehen und fallen mit unseremdeutschen Staate. Ihre freie Entwicklung und ihre uneingeschränkte Daseinsbe- rechtigung sind
anden Staat gebunden, für den das Volk seine letzt»en
und höchsten Opfer bringt. So ist der Staat
ausdem Nebel der tag- lichen Gewohnheit zu klarer,
vonallen erschauter Bedeutung hervorge- wachsen und zugleich zu inniger Einheit mit allen Lebensaußerungen des Volkes verschmolzen.
Auch wirtschaftlichist der Staat heute der größteHerrscher Die Kriegs- wirtschaft hat
unssehr weitgehende Eingriffe des Staates in die Wirt- schaftgebracht. Harte Notwendigkeiten haben eine schnelle und gesetz- liche Regelung in vielen Fällen gebieterischgefordert. Man konnte»auch nicht warten, bis die allgemeine Einsicht die Gefahr erkennen wurde.
Die Not ließ meist keinen anderen Ausweg zu als staatlicheBestimmungen mit den weitgehenden Rechten der Beschlagnahme, der Verbote und der Strafgewalt. Daneben hat der Staat allerdings auch mehrfach
ver-sucht,besondere ethische und soziale Absichten mit zu verwirklichen Lange hat
mangeglaubt, daß
manmit der Preispolitik des Staates
vorallem seine weitgehende Rü cksicht auf die Verbraucher durchdriicken könne. Tat- sächlichist
esauch, besonders in der ersten Zeit, gelungen, die schroffe Ausnutzung vorübergehenderVerkehrsstörungen zu hindern und allerlei unbegründeten Preissteigerungenentgegenzuwirken. In der ersten Zeit
der wirtschaftlichen Kriegsgesetze hat
mansehr viel
vondiesem Staats- sozialismus erwartet. Man hat geglaubt, daß der großeSiegeszug des Staatsgedankens in einem besonderen
neuenWirtschaftsgeiste, dem Staatssozialismus, sich auswirken müsse. Der Sta»at sollte sich nicht mehr darauf beschränken, Recht und Sicherheit« zu schutzen. Er sollte alle wirtschaftlichenLebensäußerungen mit seinersursorge fördernd und hel- fend begleiten. Viele Stimmen erhoben sich, die den Staatssozialismus zu einer dauernden Einrichtung gestalten wollten und auch in der stie- denszeit
vonihm Rettung
vonallen Ubeln erhosften.
, »Man wird gut tun, nicht zu übertriebene Hoffnungen auf die sahigkeit .des Staates, die Wirtschaft zu gestalten, zu setzen.Allerdings wird der
Herausgegeben im Msirage des Deutschen Student-endime
Staat immer allgemein anerkannte Notwendigkeiten, auch über den Wi- derstand der Uächstbeteiligten hinweg, durchführen müssen. Eine soziale Gesetzgebung läßt sich durch private und genossenschaftliche Einrichtungen höchstens ergänzen, aber nicht ersetzen. Dagegen kann der Staat eines nie leisten. Er kann sittliche Mängel auf wirtschaftlichem Gebiet nicht durch Beschlüsse und Verordnungen beseitigen. Er kann
nurden Weg weisen, Bildungsstätten errichten, wertvolle Ansätzeunterstützen und offenbareAuswüchse hintertreiben. Die Verantwortlichkeit, die jeder ein- zelne auch
vonseinenwirtschaftlichen Taten trägt, kann kein Staatssozia- lismus ersetzen.
Das Streben nach Gewinn darf den Wunsch, die Wirtschaftstätigkeitso einzurichten, daß sie für das Ganze nützlichist, nicht erdrücken. Das ist die Hemmung, die der Staatssozialismus nicht ersetzen kann, weil
nurdas Gewissen des einzelnen sie erzeugt. Wir kämpfen und arbeiten alle für das eine große Endziel. Aber
esgeht nirgends ohne die treue Hin- gabe jedes einzelnenVolksgenossen. Staat und Volk sind in Deutschland zu unlösbarer Einheit verschmolzen. Fritz Johannes vogt-Schtachtensee.
Ernährungsfragen in Preußen.
Die Brotversorgung des Volkes ist gesichert. Die Roggenernte ist in vielen Landesteilen in vollem Gange; alle Befürchtungen, daß die Ernte infolge des langen Winters sich
umWochen verspäten könnte, sind dank der
warmenWitterung nicht eingetroffen. Wenn auch das Ergebnis der
neuen
Ernte noch nicht übersehen werden kann, so steht schonjetzt fest- daß, obgleich das Getreide infolge der langen Trockenheit in vielen Ge- genden im Wachstum zurückgeblieben ist, doch die Körnerbildung eine gute ist, so daß ein reichlicher Ertrag zu erhoffen ist. Der
vonlanger Sand vorbereitete Frühdruschsorgt dafür, daß ein erheblicher Teil der
neuen
Ernte bald in die öffentlicheHand kommt, so daß der Ubergang
vom
alten zum
neuenErntejahr reibungslos
vonstatten gehen wird und Hoffnung auf Erhöhung der jetzigenBrotportion in nicht allzu ferner Zeit besteht.
Das Futtergetreide, das ja mit Ausnahme der Wintergerste später ge- erntet wird, bedurfte dringend des Regens; dieser ist in den letzten Ta- gen wohl in den meisten Gegenden Deutschlands Noch rechtzeitig einge- treten. Die Rartoffelknappheit der letztenWochen wird bald durch die Zufuhren
anFrühkartoffeln gemildert werden; im Westen der Monarchie haben die Lieferungen bereits eingesetzt Auch der Stand der Spät- kartosfeln läßt eine bessere Ernte als im Vorjahr erhoffen; in den Haupt- überschußgebieten des Ostens begann zwar ihr Wachstum bereits unter der Trockenheit
uleiden; der reichlicheRegen der letztenTage hat auch diese Sorge wesentlich gemildert
Schwierigkeiten bereitet die Belieferung der großenBedarfszentren mit Gemüse und Obst. Dies ist darauf zurückzuführen, daß einerseits die Nachfrage naturgemäß eine wesentlich größere ist als in normalenZeiten;
andererseits hat die lang anhaltende Dürre gerade auf die Entwicklung des Gemüses und des Sommerobstes sehr ungünstig eingewirkt. Eine
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günstigereWitterungsentwicklungläßt aber für die Zukunft eine Besse- rung erhoffen.
—In die Viehbeständemußte zwar,
umdie
am16. April erhöhte Fleischportion geben zu können,vorübergehend tiefer eingegriffen werden, die Viehzählung
vom 1.Juni hat jedoch ein recht günstiges Bild ergeben, so daß Befürchtungen wegen etwaiger Gefährdung unserer künftigen Milch- und Butterversorgung nicht begründet find.
Aus alledem ergibt sich, daß, trotz mancherlei Entbehrungen und fühl- barer Einschränkungen, auch weiterhin die Möglichkeit des Durchhal- tens gegebenist;
wennauch der Wille zumDurchhalten in unserm Volke wie bisher lebendig bleibt, dann werden alle Pläne der Feinde, deren letzteHoffnung auf einen wirtschaftlichenZusammenbruch Deutschlands gerichtet ist, zuschanden werden.
Rv.Namen-BerlinUnser Wahlrecht.
Während der größte Teil unserer wahlberechtigten männlichen Bevölke- rung draußen in hartem Kampf das Bestehen und die Freiheit des Va- terlandes verteidigt, hat sich im Innern ein Streit
umdie politischen Rechte, insbesondere das Wahlrecht, entwickelt Ob der Parteihader jetztwirklichnotwendig, ob
ererfreulich ist oder nicht,
manwird sich mit feinem Vorhandensein abfinden müffen,auch
wenn manihn aufs Tiefste bedauert. Dem Kämpfer draußen wird
esin dem Wirrwar des Partei- streits oft nicht leicht fein, sich ein eigenes Urteil zu bilden, zumal ihm in den drei langen Jahren des Kampfes der Zusammenhang mit den Friedensinteressen der Heimat oft einigermaßen verloren gegangen fein wird und ihm auch die Hilfsmittel zur Beschäftigung mit den einschlä- gigen Fragen fehlen. Da wird
esvielleicht vielen angenehm fein, einen
vonParteiinteressen freien, rein sachlichen Uberblick über den wichtig- sten Streitgegenstand, unserWahlrecht, zu erhalten. Der moderne Staat, wie ihn das 19. Jahrhundert ausbildete, gibt jedem Staatsbürger einen Anteil
ander Staatsleitung, den
erim Wahlrecht ausübt. Das Wahl-
recht ist fomit fein wichtigstes Recht. Es soll aber nicht
nurdem Inter- esse des Einzelnen
anmöglichstweitgehendem Einfluß auf die Staats- angelegenheiten dienen, sondern
vorallem auch eine geordnete Regie- rung und gute Entwicklung des Staates gewährleisten Diese beiden Interessenreihen können sehr wohl miteinander in Widerspruch gera- ten. Das Bedürfnis der Staatsverwaltung nach Stetigkeit, Ruhe und weitschauenderVoraussicht kann notleiden,
wennder Einfluß wankel- mütiger, jedem geschickten Agitator zufallender Massen zu großist. An- dererseits kann ein Staat, auf dessenLeitung
nurenge bevorzugteKreise entscheidenden Einfluß haben, den wirtschaftlichen und kulturellen Fort- schritt der Masse ersticken und dadurch schließlich auch die Entwicklung des Staatsganzen schädigen. Ein verständigesGleichgewicht zwischen den Kräften des Beharrens und den Strebungen des Fortschritts her- zustellen, ist daher die vornehmste Aufgabe einer guten Staatsverfas- sung und eines guten Wahlrechts. Es ist auf dem zur Verfügung ste- henden Raum nicht möglich, alle Umstände, die für den rechten Aus- gleich in Betracht kommen, auch
nuranzudeuten. Nur weniges kann hervorgehoben werden. Ein englischerPolitiker hat einmal gesagt, die politische Freiheit, die einem Volke gewährt werden könne, stehe in
um-gekehrtem Verhältnis zu dem Druck, den die Nachbarn auf feine Grenzen ausübten. Kein Staat liegt in dieser Hinsicht so ungünstig wie Deutsch- land. Um
unsbehaupten zu können, brauchen wir daher eine viel schär- fere Zusammenfassung aller Volkskräfte als etwa England oder Nord- amerika. Andererseits können natürlich einem Volk
vonso hoher Kul- tur wie das deutsche ohne Gefahr mehr Rechte gewährt werden, als einem anderen, bei dem mehr als die Hälfte der Wähler weder lesen noch schreiben kann. Im Reiche haben wir ein Wahlrecht wie
esfrei- heitlicher kein großer Staat besitzt, verlangt wird feineEinführung auch in den Einzelstaaten-,besonders in Preußen. Hier steht jetzt noch dem allgemeinen gleichen direkten und geheimen Wahlrecht des Reiches, die zwar auch allgemeine, aber indirekte öffentlicheKlassenwahl gegenüber.
Da
ander Beseitigung des indirekten und öffentlichen Wahlverfahrens kaum noch ein Zweifel besteht, dreht sich der Streit eigentlich
nurnoch darum, ob die Klassenwahl durch das gleiche oder ein anderes abge- stuftes Wahlrecht zu ersetzen ist. Ein gewichtiger Grund für das gleiche Wahlrecht ist zweifellos die Erfahrung, daß
esim Reiche in fast so Zah-
rendessenglänzendeEntwicklungnicht gehemmt, daß
essichauch in der schweren Kot der Gegenwart bisher mindestens als erträglich erwie- sen hat. Andererseits freilich ist bei dem eigenartigen Aufbau des Bun- desstaates das nötige Gegengewicht gegen die vorwärts drängenden Strebungen vielleicht gerade darin zu suchen, daß in den Gliedstaaten die beharrenden Elemente stärkerenEinfluß haben. Schließlichist doch auch Preußen mit seinem Klassenwahlrecht das Rückgrat der Entwicke- lung des Reiches gewesen, und hat
anfeinem wirtschaftlichen Blühen
,,Heer und Heimat" 1917 Kr. 18
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den stärksten Anteil. Die Menschen sind
nuneinmal nach Bildung, Cth
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; rakter und Lebenserfahrung unendlich verschieden, ihre Leistungen ka —-I,«;k
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den Staat sind keineswegs gleich, alle ihre Pflichten und Rechte
ver-schieden. Da kann
esdoch auch nicht so ganz widersinnig fein, wenn diese Ungleichheit auch im Wahlrecht einen Ausdruck findet. Schwierlg freilich ist
eseinen gerechten, den Interessen des Staates dienenden Ausgleich zu finden Die Abstufung allein nach der Steuerleistung ist wohl kaum eine solcheLösung. Ebenso kann
manaber billigbezweifeln, Ob das gleiche Wahlrecht sie bringt Man wird überhaupt die Bedeutung des Wahlrechts für den Kräfteausgleich nicht überschätzen disij Eng-
·land hat weder allgemeines noch gleiches Wahlrecht, und
war vordem Kriege doch ein frei regiertes Land, in Frankreich herrschte trotz allge- meinen gleichen Wahlrechts die bürokratischeAllmacht der Präfekten.
Auch bei gleichemWahlrecht in Preußen wird Deutschland nicht zu Grunde gehen, auch bei abgestuftem der notwendige und segensreicheFortschritt des deutschen Volkes nicht gehindert werden. Es stehen so unendlich wichtigere Dinge gegenwärtig auf dem Spiel, daß der Streit
umdas Wahlrecht unter keinen Umständen die innere Einheit sollte gefährden
dürfen GefängnisdirektorGöbel-Berlln·
Kriegsleistungen unserer Industrie.
Die Verforgung unseres Heeres mit Kleidung.
Die Einkleidung der ersten ins Feld rückenden Truppen verursachte keiner--
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lei Schwierigkeiten
vonmehr als zufälligerBedeutung: die feldgraue Kriegsuniform
warin den vorhergegangenen Friedensiahren schon in bedeutenden Mengen hergestellt worden, und ebenso
warenUnterwäsche und Strümpfe, Handschuhe und auch andere Kleidungsgegenstände bei Kriegsbeginn bereits zur Stelle. Als aber die Ausdehnung der Kriegs- schauplätze und die zunehmende Dauer der Kämpfe die Einziehung und Ausrüstung immer
neuerMenschenmassen erforderlich machte, da zeigte
es
sich,daß die anfangs vorhandenen Bestände den Anforderungen der Heeresverwaltung nicht im entserntesten mehr genügen konnten:
eswurde notwendig, in verstärktemUmfange Bekleidungsgegenständefür die Armeen herzustellen, und das gegenüber einem immer fühlbarer werdenden Mangel
anWolle und Baumwolle, den hierfür in erster Linie in Frage kommenden Rohstoffen. Man half sichaus verschiedene
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Weise; allgemein gesagt: durch Sparsamkeit im Verbrauch und durch Verwendung
vonErfatzstosfen bei der Fabrikation, wie wir im einzelnen noch sehen werden.
Zuerst wurden die gesamten im Inlande vorhandenen Bestände be- schlagnahmt und mehreren Gesellschaften übertragen, die für die Be- wirtschaftung dieser Materialien eigens begründet worden
waren:die gesamte Strickwolle beispielsweise wurde der Kriegswollbedarfs A. G.
übertragen und die Kammwolle der Kammwoll A. G. Daneben wurden die Fabrikanten, die sichweiterhin
ander Herstellung
vonUniformen
u.dgl. beteiligen wollten, in besonderen Verbänden organisiert, denen
vonder zuständigen Behörde
—-hier dem Bekleidungs-Beschassungs- amte
—-die Aufträge im einzelnenübertragen wurden. Gleichzeitig mit den Aufträgen wurden ihnen die für deren Ausführung erforderlichen Materialien
vonden Bewirtschaftungsgefellschaften
—in unserem Bei- spiele der Kriegswollbedarfs A. G. und der Kammwoll A. G.
—über- lassen. Durch diese Maßnahmen wurde erreicht, daß die vorhandenen Rohstoffe zur Deckungdes jeweiligenHeeresbedarfs verwandt und nicht etwa bei der Herstellung
vonmehr oder minder entbehrlichen Luxus- gegenständenfür die Zivilbevölkerung vergeudet wurden.
Allein für die Länge der Zeit hätten doch trotz dieser äußersten Spar- samkeit im Verbrauch die vorhandenen Bestände den Anforderungen des Heeresbedarfs nicht genügen können,
wennnicht die Anpassungs- fähigkeitunserer Industrie in der Lage gewesen wäre, durch mehrfache Benutzungdesselben Materials und durch Verwendung
vonErsatzstoffen die Herstellung der erforderlichen Mengen
vonden vorhandenen Roh- stoffen und den bisherigen Fabrikationsmethoden in wettestem Maße unabhängig zu machen.
So gelang
esbeispielsweise, durch Verarbeitung
vonKunstwolle
anStelle
vonreiner Wolle die gleichen Materialien mehrfach zu benutzen.
Des weiteren wurde der Ausfall der Einfuhr
vonBaumwolle und Jute durch die Verarbeitung
vonPapier und anderen Faserstosfen ausge- glichen· Gewaltige Umstellungen zwar wurden, sur diese Fabrikations- Anderungen innerhalb der Industrie erforderlich, und groß
wardas Risiko, das die Unternehmer bei ihrer Durchführung eingingen. Aber der Erfolg hat sie belohnt
—belohnt nicht zum mindesten durch das Bewußtsein, den Bedarf unserer Heere
anKleidung und Wäschefür längere Kriegsdauer sichergestellt zu haben.
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,,Heer und Heimat-' 1917 Kr. 18
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Die Arbeit der Studenten im Kriege.
Wie im Jahre 1813 zu den Freiheitskriegen, so sind auch-TM Anfang des gegenwärtigenKrieges die wehrfähigen Studenten in großen Scharen als« Freiwillige zu den Waffen geeilt,
umdie Feinde
vonder deutschen Heimat abzuwehren. Heutesind fast 4-5 aller Studenten Soldaten, und unter dem Vö, das wirklich studiert, ist mehr als die Hälfte weiblichen Geschlechts. Aber auch dieser kleine Rest, der nicht mitfechten darf, will ZUHause wenigstens dem Vaterlande dienen. So sind viele Studenten
Mdie freiwillige Krankenpslege, in die Sanitätskolonnen eingetreten.
Wieder andere suchen durch Gefang oder sonstige Darbietungen die Ver- Wundetenin den Lazaretten aufzuheitern und zu unterhalten. So manche Ziehen jede Woche, die Laute unter dem Arme, schöne Lieder auf den Lippen,
vonLazarett zu Lazarett und werden mit Jubel begrüßt. In Münchenfanden großeFührungenstatt; die Verwundeten wurden
vonStudenten und Hochschullehrern in die zahlreichen Museen geführt;
eswurdeihnen da vielInterefsantes gezeigt und erklärt. Andere Studenten halfen in Kinderhorten mit,
wovorallem die Kinder
vonKriegersrauen den Tag über wohl aufgehoben sind. Wieder andere arbeiteten bei der Mehlaufnahme und bei der Lebensmittelkarten-Ausgabe mit. Uberall,
wodie Kot des Krieges zu helfen und zu schaffengab und
woStudenten
Pelfen äutern: konnten, taten sie mit Freuden mit. Ein Beispiel mag dies
er-In Tübingengründeten die Studenten gleich
amAnfange des Krieges einen Nationalen Studentendienst. Diese Vereinigung nahm die ganze Hilfsarbeit in die Hand und organisierte für die einzelnenArbeitsgebiete, wie Kinderhort, Kartenausgabe, Lazarettunterhaltung, einzelne Hilfs- gruppen. Besonders hervorragendist die ländliche Hilfe dieser Studenten- vereinigung. In Tübingengibt
esviele Gärtnereien, und wo, wie
esbei vielen der Fall ist, der Mann ausmarschiert ist, kann die Frau die Arbeit kaum allein bewältigen. Da haben
nundie Studenten zugegriffen. Für jede Gärtnerei,
woder Mann ausmarschiert ist, wird alle Sommer eine Hilssgruppe
vono— 8 Studenten und Studentinnen aufgestellt Diese machen untereinander aus,
anwelchen Tagen und Stunden sie in der Gärtnerei helfen wollen, und arbeiten
nunden ganzen Sommer dort.
Jeden Tag, meistens abends und morgens, müssenmindestens
2Leute
——
jeder Gärtnerei helfen. Sind
esauch keine gelernten Gärtner, so
nnensie doch gießen und hacken und Unkraut ausreißen. Auf diese Weise haben diesen Sommer in Tübingem
oGärtnereien Hilfe bekommen, und die Frauen
warenrecht froh daran.
Koch größer aber ist die Hilfe der Studenten in der Heuernte. Da wird auf dem Rathaus eine Vermittlungsstelle für ländliche Hilfeeingerichtet
·
Dorthin wenden sich die Bauern,
wennsie Hilfe wollen, nicht bloß
vonTübingen, sondern auch
vonden Nachbarorten Dann werden die Ge- suche in die Universitätgebracht und öffentlichangeschlagen. Hierauf suchen sich die Studenten eine Arbeitsstelle heraus und gehen hin zu den Bauern und helfen ihnen, das Heu hereinbringen. Vor der Heu- ernte veranstaltete die Stadtverwaltung einen Mähkurs, bei dem immer 2o—-zo Studenten und Studentinnen das Mähen erlernten. Diese Mähder sind natürlich sehr begehrt und mancher Student, der unt
1oUhr
vor
feinem Profefsor sitzt, hat in der Frühe
von4 Uhr
angemaht. über die Zeit der Heuernte fallen nachmittags alle Vorlesungen aus, und so sind alle Studenten frei zur Hilfe. Alle Arbeit leisten die Studenten unent- geltlich, so daß sichjedermann ihre Hilfe holen kann. Besonders sind
esauch hier wieder die Kriegerfrauen, die dieseHilfe gerne annehmen.
So haben diesen Sommer täglich über
1ooStudenten bei der Heuernte in Tiibingen selbst und in den Kachbardörferm ja sogar in einigen ent- fernten Orten mitgeholfen. Uberall
warensie gerne gesehen, und
wenn manso Bauer und Student zusammenarbeiten sieht,so wünscht man, daß
esauch im Frieden so bleiben möge zur segensreichen Zukunft
un-seres Vaterlandes. H. Gegenp-Tübingen.
Wie ist der Kleingeldmangel zu erklären?
Der Mangel an kleineren Zahlungsmitteln, der sich unmittelbar nach Ausbruch des Krieges vielerorts bemerkbar machte, ließ sich zurückfüh-
ren
aus die in weiten KreisenherrschendeVorstellung,
nurdas Hartgeld sei ein Besitz,auf den
mansich in den Nöten und Fährlichkeiten der kom- menden Zeit sicher verlassen könne. Das Hartgeld wurde daher aufge- speichert und verschwand
ausdem Verkehr.
» .Troy Ausgabe mehrerer Millionen
neuerKleingeldmünzen wurde im weiteren Verlauf des Krieges der Mangel
anKleingeld immer fühlba-
rer.
Die Urfachenhierfür sind verschiedene. Einmal macht sichoffen- bar, gerade wie in den ersten Kriegswochen, wieder eine Zurückhaltung des Kleingeldes,
wennauch zum Teil
ausanderen Beweggründen,
geltend. Mag
esauch immer noch genug Leute geben, die so törichtsind, Silber zu hamstern, in der Meinung, sich dadurch einen zuverläsfigen Schatz beiseitezuschaffen, so kann dies auf das Ansammeln
vonanderen Mün- zen wohl kaum zutreffen. Hier wird
vorallem das Bestreben maßge- bend sein, bei der Knappheit des Kleingeldes sich
nurdann
vonihm zu trennen,
wenn esdurchaus nicht anders geht, weil
mannicht, wie in gewöhnlichen Zeitläufen, sicher sein kann, die erforderlichen Beträge je- derzeit zu erhalten. Dadurch wird der Umlauf des Kleingeldes
ver-«
langsamt.
Daneben wirken dieselben Umständefort, die auch im Frieden eine An- sammlung
vonkleinen Münzenbegünstigen, wie der Automatenbetrieb,
nurdaß sie zum Teil noch stärkeren Einfluß haben wie z. B. das Büch- sen-Sammeln zu Wohltätigkeitszwecken, das im Kriege einen weit größe-
ren
Umfang angenommen hat. Auch der Sammeleifer dürfte eine Rolle spielen. So haben z. B.
vonden 1,4 Millionen Stück Aluminium-Pfen- nigen, die bereits
vormehreren Wochen in den Verkehr gebracht sind, viele Sterbliche noch nichts zu Gefichtbekommen; sie sind eben als »An-- denken« hängengeblieben.
Außer der Geldhamsterei ist
esder ständiggestiegeneBedarf, der trog der erheblichen Zuführung
vonkleinen Zahlungsmitteln ihr Knappwev den verursacht hat. Er beruht in erster Linie darauf, daß sich das Um- laufsgebiet außerordentlich erweitert hat. Unsere Heere stehen tief in Feindesland, weite Strecken fremden Bodens liegen seit Jahr und Tag hinter den kämpfenden Fronten, unter der schützenden Hand der deut- schenVerwaltung geht dort das tägliche Leben wieder seinen-Gang, und
wenn
auch die einheimischeWährung durch die Beseyung nicht berührt wird, so läuft doch das deutsche Geld dort in großen Mengen
um.Wenn
nungar noch, wie im östlichenBeseyungsgebiet,insbefondere im Ver- waltungsgebiet des Oberbefehlshabers Ost das Land
voneinheimischem Geld in starkem Maße entblößt war, so trat das deutsche Geld bald als allgemeines Zahlungsmittel
anseine Stelle. Der Abfluß des deut- schen Geldes nach Ober-Ost
warso stark
— erist aufetwa 800 Millio-
nenMark geschätzt worden
—,daß es,
umihn einzudämmen,notwendig wurde, eigenes Oberostgeld zu schaffen, das in Gestalt
vonDarlehns- kassenfcheinenundeisernenMünzenauf Rubel und Kopeken lautend
vonder DarlehnskasseOst der Ostbank für Handel und Gewerbe in Posen ausgegeben wird. Aber auch außerhalb des Besetzungsgebietes wandert das deutsche Geld mit unseren Feldgrauen zu den Kriegsschauplätzen und strömt keineswegs in demselben Umfange und jedenfalls
nurlang- sam wieder nach Deutschland zurück.
Ferner kommt neben dieser auf den erörterten Ursachen beruhenden Hemmung im Umlauf der Zahlungsmittel noch in Betracht, daß die all- gemeine Steigerung der Löhne und der Preise für »die Bedürfnisse des täglichen Lebens, bei denen Barzahlung die Regel ist, eine Erhöhung des Geldumsayes und damit vermehrte Ansprüche
anZahlungsmitteln nachsich zieht.
«
Gegen mißbräuchlicheVerwendung vonMünzen zu gewerblichen Zwecken ist
vorkurzem eine Bundesratsverordnung erlassen worden, die das Einschmelzen oder sonstige Verarbeiten
vonReichsmiinzen zu gewerb- licher Verwertung, sowie das Feilhalten, Verkaufen oder sonstige Einver- kehrbringen
vonGegenständen, die in erkennbarer Weise unter Verwen- dung
vonReichsmünzen hergestellt sind, bei Strafe verbietet.
Dr.
Kuschel-Berlin.
Was ist in der Kriegerheimstättensache schon praktisch geschehenl
Bei einer Heimstättenbewegung kommt
esdarauf an, daß Häuser
e-baut und Gärten drum herum angelegt werden, beides in solcher
e-gelung,daß die Heimstättenihrem Zweck dauernd erhalten bleiben können.
Alles andere ist
nurVorbereitungsarbeit, notwendige Vorbereitungs- arbeit vielleicht, aber eben doch nicht das Endgültige und Entscheidende.
Dieses Endgültige und Entscheidende muß natürlich few
VOUden Pak- lamenten,
vondenen wir die Heimstättengeseye erwarten, in den ein-
zelnen Gemeinden geschehen, zu denen die Heimstättensiedlungen ge- horen sollen. Wie steht
esnunmit den Heimstättengründungen in den einzelnen Städtenl
Bevor wir diese Frage selbst beantworten, sei daraus hingewiesen, daß
esnicht verwunderlich wäre,
wenndas Werk in der Praxis noch nicht eben weit gediehen wäre. Unsere deutschen Städte haben auch in der WohnungsresormGroßartigesgeleistet; aber immerhin,
wereinmal ein solches Unternehmen hat heranwachsen sehen
vomersten, allgemeinen Gedanken
anbis zum endgültigenBebauungsplan des Stadtbauamts und zum endgültigenHausbauplan des Baumeisters, der weißt drei
sq-6-.-.-.
-
...
»
.
4
Jahre sind hierfür eine kurze Zeit. Und gerade diese drei Jahre des Krieges haben auch der Heimat allerlei Arbeit gebracht
...Und
nundie Antwort auf die Frage: wie weit sind wir mit den Heimstättenk Man kann die Antwort gerade setzt mit bestem, sozusagen amtlichem Tatsachen- stosfgeben, der sichauf die Mitteilungen der Städte selbstgründet. Der DeutscheStädtetag hat nämlich in seinen Mitteilungen kürzlich das Sr- gebnis einer Rundfrage über den Stand der Rriegerheimstättensache veröffentlicht, die wir hier zugrunde legen-
Line Reihe
vonGemeinden macht die Sache ganz für sichselbst und
er-strebt Krieger-Wohnheimstättendurch Bereitstellung
vonBaugelände, insbesondere
ausgemeindlichemGrundbesitz. Diese Städte sind: Bam- berg,Cassel(Bodenpreis im Ankaufo,so M. ie qm),Freiburg i. B. (Boden- preis 16
—-2oM. im Verkauf), Görliy, Hannovey
woaußer Linfamiliem häusern auch Häuser mit mehreren Wohnungen vorgesehen sind, Heils- berg,
wofür 4o—5o Kriegsbeschädigte kleine Rentengüter in Aussicht genommen sind, Känigsberg Recklinghausen, Sterkrade,
woallerdings die hohen Bodenpreise als Semmung empfunden werden.
Andere Gemeinden denken daran, selbst auch den Bau
vonWohnheim- stätten für Krieger in die Hand zu nehmen. So Colmar im Llsaß, Sei- delberg leine Gruppe
von6 Doppelhäusern und 4 Reihenhäusern im schönen Reckartall Neuß will eine bereits
vordem Kriege beschlossene Gartenstadt mit Linfamilienerwerbshäusern
nurfür Rriegsteilnehmer errichten. Für ein Haus, welches im Bau sooo M. kostet und
ioooqm Grundfläche hat, also oooo M. Wert darstellt, müßte der Mieter eine Monatszahlung
von25M. leisten, falls
erkeine Anzahlung gemacht hat.
Dafür geht das Saus allmählich in seinen Besitz über. Rüstringen
ver-langt soo M. Anzahlung, Schleswig eine solche
vonVio der Kosten; ie- doch ist Vorsorge getroffen, daß für besonders bedürftige und würdige Bewerber eine Stiftung die Anzahlung übernimmt. Auch Thorn und Bocholt i. W. haben ähnlichePläne.
Heer und Heimat« 1917 Ur. 18
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Sehr viele Städte wollen die Heimstättenbestrebungen anderer Organi- sationen, Vereine usw. fördern, meist durch finanzielle Beteiligung. So arbeiten Bielefeld, Hagen, Iserlohn, Paderborn mit der Siedlungsge- sellschaft Rote Erde zu Münster i. W. Lbenso wirken in Schlesien Friede- berg, Leobschüy, Schweidniy und viele kleinere Orte mit der Schlesischen Landgesellschaft zu Breslau zusammen. Allenstein unterstützt seine Ge- meinnüyigeBaugesellschaft, Bocholt seinen Bauverein, Bonn arbeitet gemeinsam mit der DeutschenGartenstadtgesellschaft, Gotha baut Ikut
den Mitteln der
vonder Stadt verwalteten Cosmar-Stiftung. Ahnlich wirken Guben und Hameln i. W., Sannover und Riel, Lüneburg, Mann- heim, Osnabrück,
wobereits ein Stammkapital
von UooooM. vor-
.IT handen ist, Posen, Stuttgart, Zittau. Zwischen Jena und Weimar ist
bei Gr.-Schwabhausen die Rriegerheimstätten-Siedlung »Am Haine geplant. Lin Siegen nimmt der Beamtenwohnungsverein Rriegsvev letzte als gleichberechtigteMitglieder auf.
Krieger-Wirtschaftsheimstätten auf dem Lande plant Berlin in der Form
vonGemüsebauernstellenaus einem etwa 5oo Morgen großenGelände außerhalb des Stadtbezirks. Bernburg beschränkt sichaufs kleinbäuet- liche Stellen. Breslau siedelt durch Vermittlung der Schlesischen Land- gesellschaft Krieger auf den städtischen Gütern an, ähnlichesplant Ro- stock und Stade, das eine Stiftung der Errichtung
vonGemüsebauern- stellen dienstbar machen will.
Dieseleersicht ist
vonVollständigkeit weit entfernt. Die vielen kleineren Gemeinden, die Unternehmungen der Siedlungsgesellschasten fehlen.
Aber das Mitgeteilte zeigt schon deutlich genug: Der Wille, Kriegerheiw stätten zu schaffen, ist überall im deutschen Lande vorhanden. Und
woein Wille ist, da ist auch ein Weg, auch in dieser Sache.
C.P. Heil-Berlin
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Herausgeber
:Pros.
Dr.Goetz-Leipzig
und Dr.Gerhard Kiedermeper-Berlin.
Verantwortlich für
dieSchriftleitung:
Dr. Odav.AlvenslebensBerlin
-sernsprecher:
Zentrum8555
u.8556.
DruckderVaterländischenVerlags- und Kunstanstalt, Berlin Sw,
Johanniterstraße
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