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Berlin, den 12.September1914.
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Krieg und Friede.
Zwischen denSchlachten-
Wort-erschnaubendenLokomotivehängteinePuppe.Die aus- gestopfteUniformeinesFeindes.Das Kerlchenistnunkopfs los.Womagvonseinem RumpfdasFleischwelken? Jnwelche Erdeseineerkaltende Stirn sicheingewühlthaben?E-in Mensch.
Dernie zuvoreinendeutschenSoldatensah, nieeinenhassenlernte:
undan einem Hochsommermorgen,unfertig, untüchtig,vor dich- tenReihen guterSchützen stand. Jm Herbstwollteerheirathen; hatteinder GlasfabrikseinleidlichesAuskommen und konnte das Mädel mitdem Kindundder Mutter zusich nehmen.Eng,aber nett.Das Gelan unddieNothlügen hörtendann auf.DieAlte verstöhnte,verweinte nicht mehr jeden Abend,denermitAgnes lebte. Gewißwurde einbehaglicherWinter ..EinePuppe. Noch umqualmtsie,wiePulverdampf, derRauchderMaschine. Ehe dieKeuchende steht, springteindicker, derbschrötigerLandwehrs mann aus einemWagon,hebt einenKnaben auf seineArmeund zeigtihnden Kameraden. »Dais erl«FünfzigMann, hundert müssendas Kleinod beschauen.Frau undKind haben ihresKrie- gers geharrtunddürfennun bis zumnächstenVahnhofshalt auf derLafette mitfahren. Selig strampeltderJunge;undstopftdas breite StückNapfkuchen,dasVater ihmgab,insRaschmauLOb erdiePuppebeguckthabe;sosahensieaus. Schlappes,aber bos- haftesundtückischesGesindel,dasuns meistnur dieHinterfront zeigte.Nochschlimmer ihre Sippe. Dieschoßaus Fenstern,Lu- ken,Kellerthürenzauch ausAerzteundWunde; einblutjunges
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334 - DieZukunft.
Mädel zerstacheinem Verwundeten dieAugen.Wirhaben auf- geräumt.Vliebnichtvielübrig.Brand zünder fchleudern,Verurs theilte niederknallen, ganze Dörser rasiren: füreinen ehrlichen DeutschenkeineschöneArbeit.Gingabernichtanders.Sonst wäre einknappesViertel vonuns heimgekehrt.Und zuHaus? Eure Feldpostkartenkommen uns wohl aufdenneuen Kriegsschauplatz nach.Nur nichtbangsein,wenn Jhrnichts hört. Träfe jedeKu- gel ihrenMann,woher nähmederKaiserSoldaten dann? Und die Brüder schießen,fast alle, schlecht. BesondersdieRussenDa heißts nicht,wiebeiuns, nachderFelddienstordnung: ,,Schuß- feld geht stetsvorDeckung«Nee. Dawirdnur auf Deckungge- achtet.Das kauert sichindenGraben,preßtdas Gewehrandie HüfteundknalltinsBlaue los.Einmächtiges Gepfeif; dochkein Schuß sitzt.Und wenn unsereLeutemitBayonnettesdraufgehen, finddieNussen flink aufdenBeinen und ergeben sich.Neunzig- tausendGefangene auf offenem Feld:vor derFrage,obsowas bei unsmöglichwäre, lachtderletzteTrainkutschersicheinenAst vonderLinde:Die Artillerie soll ihre Sachebessermachen.Nur- ihreGeschosseplatzen nicht;wenn maleinMantel sprang,wars schoneinkleines Wunder ;gewöhnlichwurde nur mitAckererde bombardirt.Also nicht flennen.Wir schaffens schon;inOstwiein- West. NochKuchen fürdenBengel?Nee. Danke. Js ja fürdie Kämpfer.Und hinteruns kommen genug. DerKleine möchtedie Vaumelpuppeganznahbesehen.Nachher;wennJhr ’runtermüßt.
Ja,derKujon hatinsGras gebissen.Viele Schockvonder Sorte.
Wirwollen dochleben.Herrje, Frau,ichwillraschnochdenLöh- nungrest abliefern; sonstmiethetsichmorgen Schmalhans bei EucheinundDumeinst, ich seilüderlichgeworden.
Jn kurzen Abständen folgeneinander dieZüge.(Wennden Bonaparte undBlücheynochdemaltenMoltke undVlumenthal erzähltwerden könnte,mitwelcher Geschwindheit,inwelcherOrd- nungHunderttausendeheute,mitallcm KriegsgeräthundLazatet- zubehör,von einerEckeEuropasindie andere geworfenwerden:
siewürden glauben,eineMär von derJnselUtopia zuhören.
Wirerlebens; unddürftennievergessen, daßdiebetkächtlichsten CivilleistungenderKriegszeitdempreußischenEisenbahnminifter
Von BreitenbachunddemNeichsbankpräsidentenHavensteinzu danken sind.) JederZug läuftpünktlichein«Jeder istmitgrünen
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Krieg und Fried-e. 335 Zweigengeschmückt.Eilt erinFestlust? Aufneuen KampfesFeld.·"
DochderdeutscheSoldat ist fröhlich; offenbartjetzterst, nachvier Wochenhärtester Arbeit,dieStärkeseinesLeibes unddieFülle der inihmwirkenden Gemüthskraft.Bonfreundlichem, fraulichem Eiferwirder, wiesichs ziemt, gelabt.EinFrauenschwarmund ein FähnleingeschäftigerMänner harrt,beiTagundbeiNacht,der Züge.DiereichstenDamen sindmitRiesenpacketenund über- vollenKörben gekommen, Kleinbürgerinnen habenallesErlang- barezusammengerasft,DienstmädchenvonihremSpargeldSem- -melundKuchen gekauft.JnbedachtsamerHasttummeltsichs.Hier
istnichtdieBaronin undihreZofe, nichtMadame undMagd:
istnurdeutsches Geschwister. »,Biergefällig?«Dashört auf diesem BahnhofheutekeinOhr.Alkoholisches wirdnichtverschänkt.Kaffee, cschee,Milch, Kakao,Limonade. Keine Nahrungscheidefür Offi- ziereundMannschaft. Brot mitFleisch,warme undkalteWurst, Eier,Obst,Kuchen,Cake,Chokolade: Alles reichlichundgut.Und nichtnur fürdenMagen ist vorgesorgt. Seife, Kämme, Streich- hölzer,Schwämme,Wollhemden, Pulswärmer,Strümpfe, Fuß- lappen,Salbe,Wundpuder, wolleneKappen, dieunterdemhelm denSchädel schützen,werdenangeboten.DieLeutesind auch wäh- rend derlangenFahrt gutgenährtworden; man merkt, daß ihr Magen nicht geknurrt hat«Nirgends eineSpurvonSchlundgier.
Fünfzig,sechzigStunden lang haben sie aufdenBretterbänken der Güter- undViehwagen gesessenoder neben denPferdenim Stroh gelegen:undsind sattundfrisch,als kämensieaus einer nahen, fetten Garnison. Rock, Hose,Stiefel nicht mehr sobauerns prinzlichwiebeimAusmarsch,aber,nacheinemMonat ungeheu- rerMarsch-undKampfleistung,nochinmerkwürdiggutemStand.
Keinzerrissener, geflickter,ekelfleckigerAnzug.Sauberes Volk.
Weretwanoch zweifelt,siehts:dahabenkluge KaufleutedieWaare bestelltundmitkundigemAuge geprüft; ist keinNickelstückchenver- geudetwordenoderin dieunrechteTaschegeschlüpftWirbrauchen- keinehochnothpeinliche DurchleuchtungdesMilitärlieferungwes sens.JederlobtseineAusstattung,Waffe,Berpflegung,Behand- lung.Mancher berichtetvonThaten heldischer Nächstenliebe.Ein Dragonerlieutenant istvon acht Patrouillenritten heil zurückge- kehrt.Beiderneunten Streifewirdihmaufgelauert. Mitzwei Mann schlägtersich durch. Beidesinkenhinter ihmvom Pferd.
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336 ,- DieZukunft.
Auch eristverwundet ;LanzensticheindenObers chenkel,dieSchul- ter,denHals;undzwei Kugeln. Schlepptsich abernocheine Strecke weit.Alsergefundenwird,sagterzudemWagenbesitzer,derihn ausladenwill:,,Aur,wenn SieauchmeinezweiKerlsnochsuchen, dieirgendwoander Straße liegen; ichwillsnichtbesser habenals sie.«DieSuchedauert anderthalb Stunden. Schadetnicht.Die dreiVerwundeten werden gerettet(undderOffi zier kannjetztschon wieder, nichtinSchlückchennur, Mosel schlürfen). Machteine Ballade draus, Dichter,denenbisherkaumwasKräftigesgelang; dichteraus diesereinen Seelenthat, diehöheren Ruhmverdient als derRauftriumph vielerRitterschwerter, denDuft deutschen Kriegerwesens. DenrochendieLebenden noch nicht.Vorihrem Blickstandder Soldat derKaserne,desExerzirplatzes,derPas- rade. DerseineLieutenant mit Monocle undArmbanduhr. Der gedrillteBursch,deraufspringenund strammftehen mußte,wenn einVorgesetzterseinem TischimBiergarten nahte,undderabends dann,mitheißenBacken,aufeinerdemLichtscheinfernenVankseine Huldaandie blankenKnöpsedrückte. DerKrieger athmet erst, seit deralte General vonEmmichundderjungePrinzFriedrich Karl sichinLüttichsMauern wagten.ZeigtihnlErdarfsich sehen lassen.
FußvolkundReiter,Kanoniere und Train JnBlockabstän- denfolgeneinander dieZüge.Keintrübes,keinmißmuthigesGe- sicht.Jederistder GelegenheitzuvölligerhingabeansVaterland froh. Nichtnur, zukurzer Rast aufHeimatherdezusein und, statt des GehäufesvonLeichen, Thierkadavern undTrümmern,das friedlicheLeben derLandsmannschaftzuschauen. Auch draußen wirddieseKriegerschaarmithellemAntlitzihrenDienstthun-Weils seinmuß.Weils Glückist, rüstigunter denRüstigenzu wirken.
Jederistbescheiden,tüchtig,einMann. KeinGeprahl,keinvor- drängendesLoblied aufdieeigeneLeistung. Sehet,wiesie,soba1d derZug steht,für ihre Pferde sorgen,wieaus demNebenwagon Einer kommt,um gewißzusein, daßderGaul, denerliebhat, nicht dürstendweiter muß.Höret,wiehübsch,wieschlichtihrMund jedeFreundlichkeitlöhnt. »Nochmal Kaffee?Danke. Denen hinteruns wirds auch schmecken.«»Das Wollhemdkannst Du, Krause,mitDeinem Reißen noch besserbrauchen-« Preußen, Sachsen,Vadener: Alleartig. WeilsiedenBart wachsenlassen mußten, sehen sieälteraus,alssiefind; dochihrJünglingsühsp
Kriegund Friede 337 muth ist nicht herbstlich gegilbt.Und anständigerSpaß nichtver- boten.Mancher hat sichulkigvermummt. EinerträgteineSchotten- mütze.EinHagerer,mitbartlos verbrannten Backen, hateine ziegelrotheWolldecke um denRumpfgelegtundähnelteinem Araber. Zehn Züge,zwölf:undnochkeinebreiteBrescheimWall derNährmitteLDer regsteBegehr ist nach CigarrenundCigas retten. AlleHändeaberstreckensich,alle, aus,wennBlumen an- gebotenwerden. Wieliebtdiese deutscheMannheitihres Bodens buntes Gewächs! Tage lang sinddieLeutenichtausdenKleidern, seitWochenwohl nichtin einBettgekommen.Dennochwar ihnen dieMühe nichtzu arg,Zweige abzuschneidenundjedenWagen, außenundinnen,mitdeutschemLaubzuputzen.Siehaben Feld- blumen gepflücktundBrust, Mütze, Achselklappendamit besteckt.
Und dieRose,denAsternstrauß,dieNelken,diesievon gütigen Frauen erhielten,würdensienichtfürdasEßwaarenköfferchenoder Kölnerwasser hingeben,dasebenihremLieutenant gespendetwird.
Diese Menschen sollenwiePanther undSchakalinWest gewü- thet,wieTataren denBoden geschändethaben?Dassind dieHun- nen,gegen dieMr.Kipling dieMenschheitgardeaufBritaniens Schanze ruft?Denen nachvierwöchigerBlutarbeit,desHenkers öfter nochals desKriegers,eineBlume lieber istalseinLecker- bissen?Diewuchsenindürftigen, doch sauber gescheuertenStu- ben;Unter treuer Haushut Dieentmenschtuns keinKrieg-
DerTrompeterbläst. Absahrt. HundertArme winken. Kein Wort hatdieGefallenen erwähnt. Wozu2Mancher sehlt.Jeder starbeinen guten Tod.Wenn man umständlichdrüberredet,wird ErzählernundHörerndasHerzgarzuschwer.Dassollnichtsein.
WirsindnochimAnfang.Unser Proviant anMuth,Kraft,Ent- behrungfreudemußlangewährenErhaltetEuch,Jungmannschaft, Landwehr.Landsturm,dieernsteGemüthsfroheit,dieJhrals schönstenSchmuck heimbrachtet.Dann darfdasVaterland ruhig bleiben. Dann wird es inEhregegen dasdicksteGebündel der Feindebestehen.Die hoffenaufsauberkünsteundsinddeseinen Wunders, das wirerleben, doch nicht gewärtig.Ein Wald rückt wider sievor, wieeinsterderBurgMacbeths nahte.Bekränzte Krieger.NichteinRudel, das sichvom Werber anködern ließ und,wenn dieFahnesinkt,nurum den Sold bangt.JnWehrkleid undWaffendas deutsche Volk,dasinbrünstigempfindet:Dies-
338 DieZukunft.
malgehtsum das Leben. Jeder kennt,bisins Kleinste,die Ar- beit,fürdieerbestellt istzliebt sie,alshabeseinFreierwille sieer- rungen,und jauchzt,daerendlichsich ihr vermählenkann.Keiner murrt, stöhnt, mäkelt, mißtrautdenFührern, Pflegern, Gefähr- ten. Keiner trachtet, sichzuschonen.Jeder lechzt,ins Feuerzu kommen; imKrankenhaus Jeder,bald wieder felddienstfähigzu werden.Und inJedesBlickist einLächeln,wenneraufderMütze einZweiglein,aufdemRockeine Blume schaut. SaftigesGewächs aus deutscherScholle.Niemals war, nirgendsnoch solches Heer.
Vor dem Herbst.
Nie,freilich,ward auch füreinHeer soumsichtigvorgesorgt.
Höret,was1871FreytagausdemHauptquartier desKronprinzen berichtete. »DieMassedesfranzösischenBolkesverhielt sichzor- nig,hochfahrend,ungestüm. Dergleichen haben unsereSoldaten zuerstmitmusterhafter Geduld getragen; siehabenvor Weißen- burg ihrBrot andieTurkos vertheilt,dieaufderErdekauerten undeinHalsabschneidenerwarteten ;siehabenWochenlang sich redlicheMühegegeben, durch freundliche ,0ui« und,Mutterchen«
mitdenFranzösinnenin behaglichesVerhältnißzukommen,welche inderKüche wüthendmitdenLöffelnwarfen. Endlichwurden unsereLeuteauchhart.Seit vollends derSavoyarde Gambetta Prämien aufdenBruchdesEhrenwortes setzte,dasLandvolk zu heimtückischerAustilgung ihrer feindlichenEinquartirung auf- forderte, verständiges FügenderBürgerindasUnvermeidliche derQuartirunglast für Berrath am Vaterland erklärte, seitein grausamerundhöchstbarbarischerVolkskriegalsdasrepublikas nische Rettungmittel Frankreichsgefeiert wurde, seitdem ist auch derDeutsche genöthigt,denKrieg sozuführen,wieihndieun- selige,politischhilfloseNation sichbegehrthat.Ererschlägtdie Bauernund verbrenntdieDörfer,indenen seineverwundeten Ka- meraden erschossenoderverstümmeltwurden; abererfluchtden verruchtenundgewissenlosen Volksführern Frankreichs,welche solchenbarbarischen Nachekriegbefohlenundals tugendhaftge- priesenhaben. Rastlos undunverdrossen ziehtderSoldat,mit ge- borstenen Stiefeln,durch den Schlamm oderdenSchneeder ver- wüstetenLandstraße,erschlägtoderwiderstehtmitdemSelbstge- fühleines erprobten KriegersjederUebermachtderFeinde;aber
KkiegundFriede. 339
seineTapferkeitist nichtmehrdasfrischeKriegsfeuer des Monats August, sondernderstrenge,feste Griffeines Arbeiters, der ein Ende machenwill. Erkommt amAbend, nach langem Marsch, totmüde und hungrigin das Quartier undfordert seinEssen;er findetungesügigeWirthe,dienichtszuessenhabenoder Diesvor- geben.ErsuchtalfoselbstnachzschlägtgrimmigThürenundKasten auf.Das ist nichtinderOrdnung. Aber der Soldat hilftfichselbst, so guterkann. BeidenSachen findetereinHemddesBauersz Das eigene,dasder Soldat seitvierzehnTagenaufdemLeibe trägt, ist so unsäuberlich, daß ihm davorgraut. Ernimmtalsodas HemddesFranzosen.Erweiß, daßerUnrecht thut;könnteersieh mitdenWirthenverständigen, sowürde erguteWorte darum geben, ja, vielleichtEtwas ausseinemBeutel dafür zahlen.So aber verhärtetersichinZorn. Seine Stiefel sind zerrissen;er hatden ganzen TagdenSchlammderLandstraßeandenFüßen gefühlt. Sein Wirthaber trägt gute Stiefel.Der Soldat zwingt ihmeinen unwillskommenen Tauschauf oder, noch lieber,er nimmt dieStiefel still fort,wenn erkann.Ein neues Unrecht.Sein Offizier solldieLieferung befehlen.Aberder Soldat setzt voraus, daßderOffizierüber dieneuen Stiefelwegsehen wird,weilihr Erscheinen ihmeineMühe spart.Monate lang haustenOffiziere undMannschaften zwischendenVronzeuhren,Marmortischen, Damastbehängen, kunstvollen Möbeln, goldenenSpiegeln,Oel- gemäldenundKupferstichen derpariser Industrie.DieMusketiere aus PosenundSchlesien zerschlugendieSammetsofas, um sich weiche Lagerstättenzuschaffen; sie behingen auf Vorposten ihren UnterschlupfmitDamastundBrokat,sie zertrümmertendiezier- lichausgelegtenTischeundholtendieVücherausdenBibliotheks zimmern,umdamitandenkalten Winterabendenzuheizen.Wenn derkostbarsteDiwan zerbrochenwird,umein paararmen deutschen Musketieren durch einigeStunden sanfte Ruhezugeben, so ist esfürdas französischeMöbel immer nochvielEhre;wenn ein FüsilierLederschwärzeoderPutzpulverinderkostbarstenSåvress schale bewahrt,so dürfenwirDas lächelnd ansehen;wenn erden Kamin miteinem prachtvollen FroissartinRenaissanceeinband heizt, sowerden wir dieZerstörungbedauern,ihn aber,wennihm nichtsAnderes zurhandistund eraus Mangel anEinsicht han- delt, nichteinmal schelten dürfen.Das istdasSchicksaldesKrie-
340 DieZukunft.
ges,derschonunglosnimmt,was seinen Zweckendient.Unseren Liebenaber, OffizierenundMannschaftenunseres Heeres, rufen wirinnigzu:Wirsindstolzundglücklichüber EureKriegsthaten; erhaltet Euchals Menschender Nation werthund ehrwürdig.
Kehret,okehretaus diesemfurchtbaren Kriegmit lauterem Ge- wissenundmitreinen Händenzu uns zurück!«DieseMahnung dünkte, nachhalbjährigerKriegsdauer,denfeinstethilister nö- thig.Das wirdsienichtwieder. Vielleicht erstehteinneuer Gam- betta(dieVriand undSembat, Varrås und Tardieu wird die Glanzrolledes Volksretters reizen)undfindeteinenneuenTros chu.Vielleicht wiederholtsich,mitverhundertfachterWucht,der Massenaufstand.UnserHeerwirdinVereitschaftsein.Derdeutsche Soldat wirdnichtinzerrissenen Stiefelnmarschiren noch hungern undfrieren. Wirsind gewiß, daßerseinQuartier nichtzuplün- dern braucht,um sattundwarm zu werden. Generalstab und Kriegsministerium bürgen dafür.DiehabenderWelt gezeigt, was unermüdliche,unter jedemMond gewissenhaftnachgeprüfte Organisatorenarbeit vermag. Deren Pflichtgefühlwirdauch aus demSiegerseld nicht lahm.Undwenn derKriegso lange währt, wieKitchenerseCo.wünschen: fürdas Heer ist vorgesorgt.
Nur: meidet eitleRede wiehöllischenSchwefelstank.Lullet Euch selbst nicht nochgarunsereKriegerindenWahn,derSieg sei schon gesichertunddes Feldzuges Ende absehbar. Großes geschah,UnvergängkichesNichteineverlorene Hauptschlacht.
Russen,Franzosen, Vriten,Velgier überrannt.Nochabernichtin Ohnmacht-Auch Velgiennicht,so langeesAntwerpen(breiteVor- stadtviertelwohlunterScheldewasser) undOstende hält.UndDrei von den Vieren wissen, daß dieser KriegüberihrLebendas Lo s wirft; Zwei.daßeinvonDeutschlanddiktirter Friede sie, selbst wenn erglimpflich bliebe,aus demRang derGroßmächte schleu- dern müßte.UmsolchemVerhängniszzuentgehen,werden siesich ohneZaudernderHeerschaarVeizebubsverbünden. Davor be- ben wirnicht.Nothwendigist aber,indasHirnderVolkheitdie Erkenntnißzurammen,daßderschwersteTheilder Arbeit hinter denHerbstnebelnlauert. Paris magschnell,wennderAußengürs telgesprengtundderSchein tapferer Ehrenwehr gewahrt ist,die Thoreöffnen,das RussenheerüberTilsit,überLemberg hinaus getrieben,Warschauerobert werden: dieseSchläge könntenden
Krieg und Friede 341 Friedensfchluß noch nicht erzwingen.Wer Aberglaubenausfüt- tert,schwächtuns.Wir müssenuns,Alle, nichtnur dieTruppen, fürsUeberwintern derZuversichtbereiten. Sonst fehlt siein der ernstestenStunde;undsiedemBewusztsein anzuschminken,gelänge demnüchternen Deutschen nicht so leichtwiemanchemNachbar.
AlsGoethe 1792denFürstenkrieggegen das jakobinischeFranbs reich mitmachte,schrieber.inVerdun,dieSätze:»3wischenOrd- nung undUnordnung, zwischenErhalten undVerderben, zwi- schenRaubenundBezahlenlebteman immerhinzund Dies mag eswohl sein,was denKrieg fürdas Gemüth eigentlichverderb- lich macht.Man spieltdenKühnen,Zerstörenden,dann wieder denSanften, Belebendenz mangewöhnt sichanPhrasen,mitten in demverzweifeltstenZustandHofsnungzu erregen undzu beleben.
HierdurchentstehtnuneineArtvonHeuchelei,dieeinenbesonderen Charakter hatundsichvonderpfäsfischen,höfischen,oderwiesie fonstheißenmögen,ganz eigen unterscheidet.«LassetdieTrügerin nichtins GehäusderdeutschenSeele kriechen.Weder Kühnheit nthanftmuthwollen wirspielen;unddieserrschaftderPhrase ins Unvermeidliche schränken.JedemundAllen befiehltesdie Pflicht. AuchdenBerlinem Diearbeiten,alshättensiehundert Hände,undknickerndenDarbenden nicht.(DaßihreStirn sich runzelt,wenn imStraßenbahnwagenjetztein kleines Mädchen, dann einKnabe, gleich danacheinezierigeJungfrau dieoffene Sammelbüchseentgegenstreckt,sollnichtgerügtwerden. Sie gaben gestern, geben heute;wollen nicht hinterjeder Haltestelle aufge- scheucht seinundvor Spihblicken dieTaschenachNickel durch-—- stösern.) Doch siebedenken nicht,wieihrGekribbelwirkL Witwen, Wjisem Eltern, denen dieblühende HoffnunginsMassengrab sank, Verwundete, überNachtarm Gewordene schauen aufdas alltäglicheGewimpel,dieüppigeKEeidung,diesacht schonwieder belebtenTennispTätze,denZulaufin KaffeehåuserundBierschän- ken.Jt hiereinBolksfest? DieFeier endgiltigenSieges, dem aufschnellen Füzen,vom murinelnden Bach her, derFriede fol- gen muß? Abertausend Jünglinge,abertausendunverbrauchte Minner starbenauf rothemFeld;auchfürEuchHunderttausend Heimstäctenumschieicht dieN-)th.Wihrenderschmatzeh löffelt, gkknfeh witzeltund diespiteste Zeitungerlungert, windensich draußen deutscheMenscheninQual. Euch verwandte vielleicht
3212 - DieZukunft.
sicher SöhnedesBodens, denJhrHeimath nennt. JstWürdein dieVorstadtgeflohen? Fröhlich dürstJhrsein;nichtlustig.Nie- mals, insogewaltigemErlebniß,ohne Andacht. Des Sieges, großenundkleinen,Euch ernsthaft freuen. DochdenGlückshort nichtvergeuden. Wie fände Euch sonstdieWeihnacht?,Wieder Ostermorgen? SpeichertdieKraft.Jhrwerdet sie brauchen.
Ein unholderGestus wärejetztlangerRede nicht werth;
Selbsttäuschungaber imKeim schongefährlich.»Fünfzigtausend Mann, dieamEuphrat ständen,brächtenEnglandinTodesangst und zwängenes vor demKontinent aufdieKnie. Jchbinin Dalmatien, Sie sindan derDonau bereit. Vier Wochen nach unsererUebereinkunftwäre das HeeramBosporus, seinTritt würdeiandien hörbarundEnglandmüßtesichunsunterwerfen.
AmerstenMai könnenunsere TruppeninAsiensein.DieEng- länder wärenaus der Levante gejagt,inJndienbedroht. Sie sinddieFeindederMenschheit. Siegönnenuns nichtdiesüße Ruhe des Friedens und diestilleFreudean derVerwaltung und Pflegeunserer Reiche. Das Gewimmel derZwergemerkt nochimmer nicht, daßdieZeitvonEreignissen trächtig ist,denen nur in derWeltgeschichte,nichtindenZeitungendesvorigen Jahrhunderts,Bergleichsmöglichkeitenzufindensind;bald aber müssen siees merkenund unsererWeisung folgen.«Sosprach, amzweitenFebruar1808,Vonapartezu demersten ZarenAlex- ander. Er will das Mittelmeer raschausAlbionsUmklammerung lösen;SizilienundEgyptenerobern; bisandenEuphrat vor- dringen. »DanngiebtskeinHinderniß mehr aufdemWeg nach Indien. Daßdemmakedonischen Alexander undTamerlan das Unternehmenmißglückte,beweist nichtsgegenseine Ausführbar- keit;man mußesebenklüger anfangen als dieAlten«. Was das Heer für denMarsch nachIndien braucht, ist aufKorfuvers steckt. EinWeltwirbel mußdie Säulen britischer Machtbrechen.
Kleine,geschwinde Kreuzerwerden diefernstenHäfendes Räu- berreiches überfallen.BehendeLeutemüssendenZornderJren schüren.EinJahr danachsieht derPlan anders aus. VonVliss singen, Vrest, Voulogneaus wäre dieLandung an Englands Küstenichtundenkbar.»Meine Flotte istkleiner alsdieenglische; doch nichtzuverachten.«Erbleibt vondemGedanken besessen.
Kann ihnabernicht ausführen.Gneisenau undStein erlangen