M BI. Sonnabend, 16. September. »1865.
Die Verfassung.
Wechenblatt stät das Wolke
Erscheint jeden vierteljährlich
beiallenPkcußs Hvstsustalten IV- ngrJ
beidenaußerpreubldrk
73X4Sgkis
inBerlin beiallen ZeimngssSpediteuren
incl.Botenlohii
6Sgr.,
e».
ei-"-Z;esse-Laien
in der
Expedltion, Mohrenstraß
k·34, LydsSgL
Jnserate
dieZeile
8Sgr.
Die Bedrohnn der freien che in der Bd ksvertretung.
Wir haben unsern Lesern schonmitgetheilt, daß
einMann, gleich ausgezeichnet als Volksvertreter
wieals Richter, daß der Abgeordnete Twesten auf Antrag»des
Staatsanwalts durch einen Untersuchungsrichter uber eine Rede
vernommenist, die
erim Abgeordnetenhause uber die Mängel und Schäden unseres Gerichtswesens
ehalten hat. Wir hegen die Erwartung, daß auf Grund
des Artikels 84 der Verfassungjeder preußische Gerichts-
hof andesvertretung es für unerlaubt erichtlich erklären wegen wird, Aeußerungen ein Mitglied
uver-der
folgen, die derselge in einem der beiden Häuser des Landtages gethan hat. Nach Artikel 8·4 darf namlich ein Mitglied des Herrenhauses sur Meinungen, die
erin diesemHause ausgesprochenhat,
nurinnerhalb des- selben, und eben so darf ein Abgeordneter sur seine
imAb eordnetenhause
ausesprochenenMeinungen
nur inner-höilb ie dieses Hauses selbst zur Rechenschaft gezogen werden Verfassung verbietet also ganz ausdi·uck·l»ich,· die Mit- glieder der beiden Häuser des Landtages ,»,fur ihre darin ausgesprochenen Meinungen« zur gerichtlichen oder auch zur Disziplinar-Untersuchung zu ziehen.
,
Dessenungeachtet haben Feinde der Verfassung den klaren Wortsinn des Artikels 84 hinweg zu leugnen
ver-sucht Sie haben nämlich die unerhörteBehauptung aufgestellt, daß Aeußeriingen, für welche Jemand nach diesem oder jenem Satze des Strafgesetzbuches zur »ge- richtlichen Untersuchung gezogen werden könnte, keine
»ausgefproitsenen Meinungen«sind. Wir haben schon in unserem Blatte
vom10. Juni den vollkommenen Wider- sinn einer solchenBehauptung nachgewiesen. Wir wollen aber unseredamaligen Worte nicht wiederholen; denn sür denkende Männer waren sie schon das erste Mal nicht nöt ia, und diejenigen, die dem gesundenMenschen-
Vetüande einmal in’s Gesicht schlagen wollen, bekehrt
Matt
nicht, auch
wenn manmit Engelszungen zu ihnen
spregen agegen könnte müssen
wir·mit
»einem«kurzen Worte darauf hinweisen,daß es gegen alle gefunden Begriffe
vonR·kcht Und Staat verstoßen würde,
wennirgend eine Verfassung in der Welt den Gerichten des Landes
er-lauben wollte, einen Vertreter des Volkes wegen Muße- kungen zu verurtheilen, die
erin seinem Amte als Volks- vertreter gethan» hat. Wir beruseii uns dabei nicht auf die Ansichten eines Fortschrittsmannes, sondern auf die Meinung eines Mannes, der durch »Allerhöchstes Ver- trauen« zum Mitgliede des Herrenhauses ernannt ist nämlich des Wirklichen Geheimen Legationsrathesund Unter-Staatssekretairs z. D. Herrn
vonGruner. Der- selbe sprach in der Sitzung des Herrenhauses
vom14.
Juni d. J. im Wesentlichen so: »DerHauptgrund gegen die Zulassung eines strasgerichtlichen Verfahrens wegen Aeußeruiigeninnerhalb der Landesvertretung liegt in der Stellung, die die Verfassung den beiden Häufern des
Landtages gegeben hat. Nach der Verfassungnämlich steht Jedes der beiden Häuser in der Mitwirkung bei der
Gesetzgebung beinahe der Krone gleich. Dieser Stel- lung wurde es nicht entsprechen,
wennder einzelne Richter uber den· einzelnen Abgeordneten und die richterliche Gewalt über die beiden Häuser des Landestages gestellt wurde.« Natürlichsprach Herr
vonGruner
nurim Sinne
vonsehr wenigen seiner Kollegen; aber daß
erRechthat, kann« niemand bestreiten, der Sinn und Ver- standniß sur ·dieStellung und die Würde der Volks- vertretung besitzt.
»
Wer sich dennoch darüber wundern sollte, daß ÜI einem Rechtsstaate irgend Jemand überhaupt oder auch
nur ingewissen Fällen der richterlichen Gewalt nicht elsenso uiiterworsen sein sollte, wie die übrigenStaats- angehöisigen, dem antworten wir Folgendes-
»Jn jedem Staate muß
eseine höchste Gewalt geben, und die höchste Gewalt kann natürlich keine noch höhere über sich haben.
.Darum ist es der festste ende Grundsatz aller monarchischen Staaten, daß der König keinen Richter über sich hat, obgleich Jedermann weiß daß die Fürsten, ebenso wie andere Sterbliche, irren, sündigen und die
Gesetze übertreten können. Auch in
der versassungsma igen Monarchie ist
nurdie
Vorsorgegetroffen,daß (bei uns Art. 44 der Verfassun
die Regierungs-alte des Königs
nurdann Gültigkeit
haben,
wennein Minister durch seine Gegenzeichnung die Verantwortlichkeit für dieselben übernimmt. Ferner ist in der verfassungsmäßigen Monarchie die höchste Ge- walt in der Gesetzgebung in der Besteuerung in der Verausgabung der öffentlichen Gelder nnd in noch
an-deren Punkten nicht dem König allein, sondern dem König in Gemeinschaft mit den Vertretern des
ges
ainnitenVolkes übertragen. Die Mitglieder der
Volksvcrtretiing sind für die Beschlüsse derselben daher ebensowenigverantwortlich, wie der König für seine Re- gierungshandlungen, und natürlich sind sie es ebensowenig für diejenigen Worte, welchesie bei ihren Verhandlungen gesprochenhaben. Freilich hat die Unverantwortlichkeit der höchsten Staatsgewalten unter Umständenihre gro- ßen Unbeqiieinlichkeiten, nnd sicherlich hat sie
esfür solche Leute-, die sich zu Herren über Verfassung nnd Volls- vertretung oder auch zu Herren über die Krone machen möchten. Aber ebenso begreift jeder verständige "Mann, daß diese Unbequemlichkeiten ein wahres Kinderspiel gegen den unfäglichen Schaden sind, den die Verantwortlichkeit der höchsten Staatsgewalten für das ganze Volk haben würde. WelcheTollheit
eswäre, in einem
monarischen Staate die Krone unter die richterliche Gewalt zu tellen, begreift jedes Kind, und ebenso könnte fast schon ein Kind
esbegreifen, daß
mandie Volksvertretung nicht unter die richterliche Gewalt stellen kann, ohne die Ge- richtshöfe entweder zn Herren über
daå ganze Land oder
zu gehorsainen Dienern der jedesmal
oenauf schwimmen-- den Partei zu machen.
Wir haben
am 10.Juni d. J. unsere Verfassung mit einem Schiffe verglichen, das gewisse Leute
nurgar zu gern in den Grund bohrenmöchten. Wir sagten, eine der festesten Planken dieses Schiffes, dicht neben dem Kiele, wäre der Artikel 84, der mit den bündigsten Wor- tes-i unserer Volksvertretung die freie Rede gewähr- leistet. Wer diese Planke zerstört, der wird das Schiff dieser Verfassung zum Sinken bringen. Aber wir hoffen, daß sich niemand finden wird,
ummit der Axt der Gewalt den verhängnißvollen Hieb zu thun. Denn wir wollen lieber in diesem, leider nicht überall wohl- gefugten Schiffe bleiben, als die schwerenMühen und Gefahren eines andern,
wennfreilich dann auch festeren Schiffbaues auf unsere und unsererNachkommenSchul-
tern laden.
«Politische Wochen-schau- Ptcuszcn. Der
15.September ist
nunherangekrückh
anwelchem Tage bekanntlich das
neueProvisorium in
denGib-- Herzogthiimern
laut derUtPeTCiUkUUft
VVUGastein
inKraft tritt. Ja Schleswig-Holstein sah,
mandem Tage mit Ban- gen
undTrauer entgegen, wird Ia
vonjetzt ab das Land wieder getheilt, nachdem die Zusammengehörigkeit
ebenerst wieder errungen
warDa die Stände
vonden jetzigen Machthabrsrn nicht
uinihre Ansicht über die gegenwär- tige nnd zukünftigeGestaltung des Landes befragt worden,
tratendie Mitglieder der holsteinischenStändeversainmlung (nur die Vertreter der »Ritterschaft« hatten sich nigt einge-
funden)
inKiel zusammen- UnidewWünschen und efühlen
derBevölkerungAusdruck· zu geben; ihnen schlossensich die Vertreter der. schleswig
-holsteimschen Vereine
an.Zu be-
dauern bleibt dabei nur, daß die Ständemitglieder rnit ihrem Protest anstatt
andie Großmächte,sich
anden Bundestag gewandt haben, dessenOhnmacht-nun doch auch dem Blin- desteii klar seinmüßte; gut wäre
esauchgewesen,
wenndie Hek-
rensich über die Zugeständnisse, die sie
dempreußischen Staate zu machen bereit sind,
etwasklarer
nndeingehender ausge- sprochenhätten.
—Vom
15.September ab wird
nun derGenerallieutenant
vonManteuffel
inSchlesivig als preußi- scheriGonverneur und der Feldinarfchall-Lieutenant
vonGablenz
inHolstein als österreichischer Statthalter residi-
ren.
Die Verschiedenheit in der Titulatur mag unbeden-
tendsein; sie läßt aber doch schon im Voraus
dieunaus-bleiblichen ferneren Konflikte zwischen den beiden Mitbesitzem ahnen. Zunächst muß hervorgehoben werden, daß in
derBesetzung der oberen Beamtenstellen sofort ein großer Un- terschiedzwischen den beiden Verbiindeten hervortritt Preu- ßen entfernt die jetzt sungirendenBeamten, weil sie iin Ver- dacht augustenburgischerGesinnung stehet-,
undersetztsie durch solche, welche früher der dänischen Regierung
alsgetreue Werkzeuge gedient. Daß
dieMißstimmnng
in derBevöl- kerung hierüber groß ist, kann
mansichdenken; nicht
amwe-nigsten werden solche Maßregeln
vondenen getadelt,
die ganzauf preußischer Seite stehen; sie sagen: daß die ehemaligen Dänenfreunde mit einem Male sich als Preußen- freunde geberden, ist nicht zu verwundern, sie werdens-ach im gegebenen Momente wieder die däniscbe Seite herauskeh-
ren.
Für den preußischen Gouvernenr sollte
esein deutliches Zeichensein, daßplötzlich die dänischgesinntenNordschleswiger
dasHaupt emporheben; sie haben eine deinoustrative Massen- ,,Vergnügungsreise« nachKopenhagengemacht, dort wacker mit
denHauptstädtern gezecht
nndsich in
demGedanken berauscht- daß Nordschleswi doch
wieder mitDänemark verbunden wer- denwird. DieHülfe
derWestmächte, trotzdem sich diesesetzt sehr ruhig verhalten, scheint den Dänen gewiß;sie wissen, daß der Kaiser Napoleon stets
nndstets eine »nationale«
Lösungbefürwortet und sie finden ja gar Bundesgenossen
indeutschen Zeitungen. Zu
derpreußischenRegierung aber haben wir
dasZutrauen, daß sie (was auch in letzter Zeit
vonfrüherenVerhandlungen
desHerrn
v.Bismarck miteinem dänischenAgenien geredet worden ist) nie und nimmer in eine Preisgabe Nordschleswigswilligen werde.
—Von dem österreichischen Statthalter vernimmt
man,daß-
erdie bis- herigen Beamten
inihren Stellen belassen und in
einerPro- klamation das Provisorische des gegenwärtigen Zustandes
be--sonders betonen werde.-
Leider dauert auch der provisorischeZustand des vonoden Preußen
gefangen gehaltenen Redakteurs May noch fort.
Daß derse be
vordas Kreisgericht in Perleberg gestellt werden soll, ist bekannt;
am10.Septembar
warer«aber noch immer aus der Hauptwache in Rendsburg
—Flehen Wochen»ist May
nunalso schon in Haft, ohne verhort oder
vorseine
»ordentlichen Richter« gestellt worden zu sein; dlefe bewqu werthen Thatsachen werden
von denFchCU Pkellszens
imAuslande sehr stark ausgebeutet.
» ·Aehnlichverhält
essich mit
demmvoriger Nummer
er-wähntenVorfall, der sich
am4·August
inBonn ereignet hat. Wenn die iniändischePresse den Fall benutzt,
Um VonNeuem dahin zu wirken, daß
denSoldaten das Waffentragen außer Dienst untersagt, oder mindestens nicht anbefvhlen Werde- so ist das be reiflich· Die ausländische Pktsjse(und leider stimmen auch suddeutsche Zeitungen
indenLarm ein) reden sich
vonTag zu Tag in größereHitze UND thun so, als ob Preußen ein
vonHottentotten bewohnteö Landwäre.
Sie fabeln
von»Mord«,swährend doch nur
eineschwere-
Nachts im Streit und insder Angeiriinkenheit verübte Körper-
s
verle
Un - nTod
kFolge hatte, vorliegt-» Daß
manden tzjunsendlsxetheelthäter 31iiicht
instrenger Untersuchiingshaft ,ält, finden
wirinder rdnung, da
erderFlucht nicht
immindeste-nverdächtigist; ihn deshalb zu verhaften, weil die englis
enBlätter
esverlangen, wäre doch gar
zuseltsam.
Diese Blätter sollten sich
nurerinnern,
wassie sagten,
als diegesammtedeutschePresse eine Vertagung der Hinrichtung Franz Müller befürwortete,
umden zweifelhaftenRechtsfall nochmals zn untersuchen;sie erwiderten uns, Müller sei nach euglischeiiiRecht abgeurtheilt
unddabei müsse
essein Be- wendenhaben. Nun, wir rufen ihnen jetzt zu-
denMERMI- spruch der preußischen Richter abzuwarten.
—-Unsere Regie- rung kann
ausdemvorliegenden Thema lernen, daß die liberale Presse keineswegs datan VeksEssM Ist- Iht Opposition
uinjeden Preis
zumachen-
Die Besitzergreifung
vonLauenburg wird
imAuftrage
desKönigs durch
denGrafen Arniin-Boytzenburgerfolgen- Die
anOesterreich zu zahlendeKausiunime erfolgt
aus denPrivatmitteln
desKönigs.
Die wegen Verbreitung eines Wahlaufrufs
unterAnklage gestellten siebzehnAbgeordneten der Provinz Preußen sind·
am11.
September
vomKreisgericht in Mohrungen freige- sprochen worden. Die Anklage lautete auf Verleumdung
und
Beleidigung des Staatsministeriums Der Abgeordnete Nechtsanwalt
vonForckenbeck
ausElbing fuhrte
dieVer- theidi
ung.Erschienen
warendie Angeklagten Bender, FEuch- holz, EVonaliesH Geruch,
vonHennig,
vonHoverbeck,Moller, Papendieck, Plehn, Schmiedicke.
Der Abgeordnete Kreisrichter Bass enge in Lauban
warim Diszipliiiarwege zur Strafversetzung ohne Erstattung der Umzugskostenverurtheilt worden. Der Justizminister hat ihm jetzt seinen Aufenthalt in Trzemesznoangewiesen, einein Orte
Dervon3000wahrscheinlich meist polnischen)Einwohnern.
Abgeordnete
v.Kirchmann, Vizepräsident
desAp- pellationsgerichts in Ratibor,
wurdevielfach für
denVerfasser derjeni
enArtikel
der,,Breslauer Zeitung« gehalten, welche
dieUe serschrift:»Aus dem Abgeordnetenhause« trugen. Das Obertribunal hielt (wahrscheinlich auf Veranlassung des Justiz- miiiisters) diese Artikel für geei net, gegen Kirchmann
eineDisziplinarsUnsersuchung
zuerhe
en, undder Redakteur der
»Bresl. Ztg.«
wurdevorGericht geladen,
um zubekunden,
obKirchmann der Verfasser sei. Der Redakteur, Herr
Dr.Stein, (bekannt als ehemaligesMitglied der preußischen Nationalversammlung) erklärte, daß Kirchmann nicht
derVerfassersei.
Jn Berlin sind die zuletzt gewähltensechs unbesoldeten Stadträthe säinmtlichnicht bestätigt worden. Auch
ansan- derenOrten werden wieder Nichtbestätigungen gemeldet-
SämmtlicheKonfiskationen und Preßpwzesse aufiuzählen, fehlt
unsder Raum. Wir erwähnen
nur,daß der Abgeord-
neteHoppe, Redakteur der wackeren ,,Magdeburger Pfeile« wegen eines Berichts über das Abgeordnetenfest in KIND
dener·als persönlicher Theilnehmer geschriebenhatte, öU
20Thalern verurtheilt worden ist. Jn Berlin haben Nach dem Ende der Gerichtsferien die Preßverhandlungen all,demFrflkqg in jeder Woche begonnen. Eröffnet
wurdendieselben
mitlezUZei Anklagen gegen die »Berliner Reform«
end gegen das Witzblati »Heimekding.s Beide Butter
waren Itlje einem Falle WegeuMajestätsbeleidigung
aneklagt und wurden freigesprochen; in den
anderenFällen ( inisterbelei-
ngUO wurde auf Geldbuße erkannt. Der Redakteur der
»,,
erl. Reorm«, Dr- Guldv Weiß, gegen den die Ma-
lestaksbeleidigungsklage auf Grund einer ufälligeiiZusammen- stellung zweier Nachrichten
m einerunscheinbaren Notiz
er-l)oben war, sprach zu seiner Vertheidigung die beherzigenss
werthen Worte: »Ich bestreitenicht, daß ein beherzterSchrift- steller in heutigen Zeitläuften auch die Gefahr einer Majestäts- beleidigung über sich nehmen kann, aber
esmuß ihn dann Aetkieben haben, ein sehr ernstes Wort
anden König
oder dasVolk damit gesagt
zuhaben,
erwird sich dieser Gefahr mit Bewußtsein nicht unterziehen bei einer gewöhnlichen, klei-
nenZeitungsnachiicht. Die politischen Anklagen in Preußen beginnen ietzt eipe charakteristische Neigung zu der so sehr bis-
quemeiiKategorie
derMajestätsbeleidigung
zuhaben.
Tacitus hat darüber ein sehr deutliches, sehr treffendes Wort gesagt;
esist Suche»der preußischen Richter, dafür zii orgen, daß
esmitdiesen modernen Studien des Jmperialis-
musnicht zu weit gedeihe!«
Jn Glogau
warder schlesifche Städtetag wieder zahlreich veriammelL Derselbe faßte
unterAnderem folgende Beschlüsse; Die Handwerks r-Fortsbildungsschulen erklärte er als eine dringende Kommunaljache, die ohne Beanspruchung
vonStaatsmitteln zu fördern lei. Die Städtechroniken
wur- denals ivirksames Mittel ziir Hebung des Genieinsiniis
em-pfohlen. In Betresf der Stadteordnung
wurdeder Wunsch ausgesprochen. daß dle Veräußerung der Grundstücke wie Anstellung
derunterenBeamten lediglich nach den Grund- sätzen
derSelbstverwaltung zu bestimmen seien. Auch wurde für
dieStadtverordnetenwahlen das geheime Verfahren als wunichenswerth bezeichnet. Jn Betreff des Festungsrahonregulativs schlii
derStädtetagmehrere Aenderun-
genvor, die durch die Gerechtigkeit geboten seien. Er erklärt ferner-H Es sei dringend wünschenswerth, daß die Städte ihre polizeklichen Angelegenheitenselbstständig verwalteten und der landrathlichen Beaufsichtigungenthoben der würden. Das Prinzip Selbstverwaltung wie
dasInteresse der Kommunen erheische
«
eine gesetzliche Re ulirung nnd Beschränkung des Bestäti- giingerechts der El agistiatsivahlen Seitens des Staates, worüber weitere Anträge dem nächsten Städtetage,welcher
1866 inOppelnzusammentrith vorbehalten bleiben.
Jn Trier ist gegenwärtig die Generalversammlung der katholischen Vereine versammelt. Einer
dergestellten An-v trage geht dahin, die ultiamontane Presse besser zu organi- siren. »Der Ein Herr Kuhn aus Berlin stellte folgendenAntrag:
Schulzwang ist
einEingriff in die geheiligtenRechte derFamilieund der persönlichen Freiheit
undbeschränkt
undhindert» die freiheitliche und selbstständige Entwicklung
derVolksbildung Bei dein gegenwärtigen Bestreben, die Schule
vonder Kirche zu trennen
unddieselbe konfessionslos zu machen, ist die Aufrechterhaltung des Schulzwanges
unddes Staatsschul-»Mono»pols gleichbedeutend mit der Aus- rottung der Kirche
inDeutschland.«
—Derselbe Herr klagt bitterlich uber schwere Verletzung der durch die deutsche Bundesakteund die baierischeVerfassung gewähr- leistetenGleichberechtigung der Konfessionen dadurch, daß d»ie bairische Regierung die beiden katholischen Universi- taten des Landes, München und Würzburg, ihres katholischen Charakters gänzlich beraubt hat, während sie
denProtestam tischen Charakter derjenigen
zuErlangeu,, den Vekbükgken Rechten entsprechend, aufrecht erhält. Flut die schreiende Ver- letzung der Gleichberechtigung
derKonfesfionen in Oester- reich haben dieseHerren keine Augen, weil sie ihnen zu
Guge kommt. Am Konkordat darf bei Leibe nicht gerüttelt
weren.Der Handelsvertrag zwischen dem deutschen Zollverein und Italien.
Der Zollverein hat in den letzten Jahren eine schwere
Krisis durchgemacht Durch politische Motive gedrängt, hatte
ein Theil der Mitglieder des Vereins den ganzen Bestand
desselben in Frage gestellt, und
nurdie absolute Unmöglichkeit bei dem ungeheuren Fortschritt, welchen der Verkehr in den letzten dreißigJahren genommen, demselben die Schranken
vonNeuem aufzuerlegen, welche ihn
voreinem Menschenalter einengten, und die Unmöglichkeit heut zu Ta
e, wodas Dampf- roß in wenigen Minuten mehrere deutsche fijscitkiklsmszek durch- fliegt, die
altenSchranken wieder aufzurichten,
und anjeder Grenze Zoll und Gebühren zu erheben,
nurdiese Unmöglich- keiten haben
esverhindert, d·aß jene Regierungen in ihrem Eifer soweit gegangen sind, ihren Entschluß, die wirthschaft- lichen Jnteressen des Volkes Ihren politischen
Interessen nach- zusetzem auszuführen. So gaben denn endlich die wider trebenden Regierungen nach. Nachdem drei Jahre hindurch der französische Markt durch solche Haltung jener Kabinette dem deutschen Handel verschlossen war, und demselben dadurch ein unendlicher bedeutender Schaden zugefügt wurde, indem andere Nationen den Löwenantheil des Handels vorweg nahmen, trat der Handels- vertrag zwischen Frankreich und dem Zollverein und der diesem Vertra
eentsprechende allgemeine Tarif endlich in Kraft. Daß
diesgeschehen, war, wie jeder,
derdie Verhand- lungen aufmerksam verfolgt, erkannt haben wird, weniger die Folge der besserenErkenntniß der betreffendenRegierungen, als vielmehr eine Folge des festen und entschiedenenAuftretens der preußischenRegiirung, welchebestimmt erklärte,
nurnach Annahme des französischen Handelsvertrages den Zollverein
erneuernzu wollen. Dieses Mittel mußte helfen,
undso ge- lang
esdennin letzter Stunde noch
dasWerk zu vollenden.
Jst aber die Festigkeit,welche Preußen damals zeigte, weit genug gegangen, und
atPreußen damals genug erreicht, so daß
essich für zwölf Jahre die Hände mit
demGefühl binden konnte,
eswerdenicht nöthig haben, sie
zugebrauchen?
Man glaubte
daswohl,
indem manannahm, daß
mitdeinersten Schritt aiif
derBahn zum Freil andelssystem das Vor- wärtsschreiten so nothwendig bedingt ei, daß
anein Inne-
Zthen nicht mehr zu denken sei. Man hielt deshalb eine
·iederholung der Vorgänge beim Abschluß des Handels-
vertrags mit Frankreich für unmöglich. Jn dieser Ueberzeu- ung orderung zu sielt
mandringen,
esfür welche unnöthig
dierganisation auf die Erfüllung des Zollvereins einer betraf, nnd deren Erfüllung einezwirthschaftliche
undeine politische Bedeutung hatte. Die Erfüllung dieser Forderung sollte
eseinerseits zur Unmöglichkeit machen, daß einer
odermehrere kleine Staaten das Zustandekommen eines nüylichen und nothwendigen Handelsvisrtrags oder
dasJnslebentreten einer sonstigen Neuerung hinderten, und andererseits hätte sie den deutschen Fürsten
daserste Beispiel
vonderNothwendig- keit gegeben, durch Unterordnung
unterden Gesammt- willen einen Theil ihrer« Souveraiiietät opfern zu müssen.
Diese fürstliche Souverainetät ist jetzt in
derZollvereinssVerwaltung vollständiggewahrt, jede noch so nützliche und nothwendige Maßregelmuß scheitern,
wennein Fürst, und sei
esdenRegent
deskleinsten Staates, sagt:
»Ich will nicht« Daß dies ein« Uebel ist.
giit sich oft gezeigt,
dennochhat
manimmer noch nicht
aneine· enderung gedacht, vielleicht, weil diejenigen, welche im entscheidenden Augenblicke das entscheidendeWort zu sprechenhaben, gerade eine Schonung der vollen Souverainetät für nothwendig halten.
Man hat also die Gelegenheit,welche sich bei der Er- neuerung des Zvllvereins im vori
snJahre bot, nicht benutzt,
Um
die inneke VEIsCssUng des ollvereins zu ändern,
undschon jetzt stehen wir vor-einem Falle, welcher diese Ver- säumniß bitter empfindenlaßt.
»
Preußen ist im Interesse des Zollvereins
mitdem
«·reich Italien wegen
desAbschlusses eines Handelsveikizrtälggs
in
Unterhandlungengetreten. Der gesaminteJndustries und Handel-stand Deutschlands erkennt
denschnellen Abschluß eiiies«sol«che«n Vertrages als dringend nothwendig
an,damit der italienische Markt nicht für die deuischeIndustrie
ver-loren gehe, und dennoch kann dieser Vertrag nicht ab- geschlossen werden, weil einige ZollvereinssRe- gierungen kein Königreich Jtalien kennen-, sondern
nurein Königreich Sardinien
,ein Königreich Neapel, ein Großherzogthuni Toskana
u.s. f., und
immer
noch annehmen, daß die Fürsten der letzt-
genannten Länder
nurzufällig abwesend sind. Es ind das legiiimistischeGrillen, über welche
manlachenkönnte,
wennnicht
derSchaden, welcher unsrer Industrie dadurch
er-wächst, gar ernsthaft und recht bedeutend wäre.
Das haben auch die Industriellen der verschiedenen deut- schen Staaten schon eingesehen, und sie sind bestrebt, das ihrige zu»thun,
umden schnellen Abschluß des Handi-lsver- trages
mitJsalien
zubefördern. Es sind die Handelt-kam-
mein undGewerbekammern, theils freiwillig, theils
vondenRegierungen aufgefordert, zusammengetreten,
um es aus-zusprechen,daß
dasmaterielle Interesse des Landes den Abschluß dieses Handelsvertrages verlangt, und daß
esander Zeit wäre, endlich einmal gründlich mit der Hintenansetzung der materiellen Inter- essen hinter dynastischen Rücksichten zu brechen.
Ob diese Erklärungen die g-.wünschte Wirkung haben werden, das müssen wir abwarten. Man darf aber nicht vergessen, daß,
wennauch alle größeren Staat-n, ja selbst auch die Mehr ahl
derkleinerenStaaten, welche jetzt, sei
esauslegi- timistischer Neiguna,"
seiesaus Liebe zuOisterreich
oderausGegnerschaft gegen Preußen, den Abschluß des Handelsvers trages niit Jtilien durch Verweigerung der Anerkennung des KönigreichsJtalien verzögern,diesem
von demVolke
aus-geübten Drucke nachgeben
undsich zur Anerkennung des Königreichs Italien
bereiterklären, dennoch
derVertrag nicht abgeschlossen
werdenkann ohne Zustimmung
allerFürsten.
Es
kannein einziger kl--iner Staat, und
wennderselbe auch gar kein nennenswerthes
Interesse
andem Vertrage selbst und seinen Folg-n hätte, durch ein souveränes »Nein«
denAbschluß
desVertrages für die nächstenzwölfJahre unmög- lich machen.
Diese hier bei Gelegenheit des Vertrages mit Jtalien hervortretenden Zuständekönnen, das wird Niemand leugnen, auf die Dauir
derEntwicklung des Zollvereins nicht heilsam sein« Es scheintdaher Pflicht der Presse und der betreffen- den industrielln Kö·verschast
nzu sein, immer wieder und wieder auf
einemöglichstbaldige Assndisrung
derinn
renVer- fassung des Zollvereins, welche solche Vorkommnisse gestattet- hinzuwirken. Möge
mansich
vonder Thätikikeit
IUMist Richtung nicht durch
denG-dank--n abhalten lassen, daß fur die nächstenzwölf Jahre doch nichts i»ndiesik Beziehung zU thun wäre. Möge
manim GegeUkHEEl
Vondem Gedan·
ken tragen lassen, daß eine WitFlsUUkelt
Mdieser Veölthssll zugleich ein Arbeiten für die» Losung der deutschen» FFCAÄ Ist-
dadasAufgeben
dervollen sursilichen Souverainetat in« dieser Beziehung
denFürsten selbst die Möglichkeit zel
MWikpi
esauch auf qudekm Gebiete zu thun. Viellel FAMIng
esin dieser Sache der öffentlichen Meinung
Zu
beweisen, daß sie wirklich die sechste Gev
-macht ist.
Druck