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Die Zukunft, 11. April, Bd. 43.

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Academic year: 2022

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Berlin, den U. April s903.

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Ostern.

Fellbrannten dieKerzenimKirchenschiffzundin derehrbaren Kahlheit 4 des Raumes konntederBlick dieKöpfederversammelten Schaut deutlichunterscheiden. Nichtinallzu dichtemDrang saßdie Gemeinde.Viele Frauen,vielhalbwüchsigesVolk,dieMännerinderMinderheit;neben WeißbärtenkorrekteHerren,diesichsteifhieltenwie beimParademarschund ein Glas auf dieNafeoderinsAugeklemmten,umvonderschwarzenTafel abzulesen,welcheStelleim Gesangbuchaufzuschlagensei.Einemilitärfromme Gemeinde3überdieweißlichgetünchtenWändehuschtkeinmystischerSchatten- MitmilitärischerKnappheit sprach auchderPrediger aufderKanzel;ein- dringlich,klar, manchmalinscharfemKommandoton. EinWenig verschnupft, sodaßersichvonZeitzu Zeit unterbrechenundschnäuzenmußte;danndröhnte dasGewölb,dieBäffchenverschobensichunddurchdieReihederamPalmen- sonntagkonsirmirtenMägdleinschliipfteeinKichern. Abendgottesdienstam GrünenDonnerstag.AlsoPauli ersteEpistelandieKorinther;11, 23 bis 3«2.»DennderHerrJesus nahmin derNacht,daerverrathen ward,das Brot,dankte, brachesundsprach: ,Nehmet! Esset!DasistmeinLeib,der fürEuchzerbrochenwird.Solches thuetzu meinemGedächtniß.«Nahmden KelchnachdemAbendmahlundsprach: ,DieserKelchistdas NeueTestament in meinem Blut.Solches thut, sooft Ihrs trinket,zu meinemGedächtniß.««

DerMann imschwarzenTalarpredigteeinenstrengenHerrn.WeheDem, so daunwürdigissetundtrinkettSchuldig ister anJesuLeibundBlut.Weheden Schläfern!RichtenwirdderHerr,richtenundzüchtigen.InsmildeMo rgen-

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landthatsichderSehnsuchtdesAugeskeinSpältchen auf,keinekstatisches Schluchzen,keinStammeln Heil suchenderInbrunst freutemitfernem Echo wonnigerSchmerzendasOhrDesPredigersWortwandtesichandieVernunst der-Hörer.TöneausSchleiermachers aufgeklärterWelt,auseinerLehre,die

»

zwischenDoketenundEbioniten, zwischenMythosundrationalistischerAus- legungsichdenrechtenWegbahnenwollte ;nur härterklangAlles, strengerund immerkehrtedieWarnung wieder,vomAberwitzmodischenUnglaubens sich nichtin dieIrrelocken zulassen.DieeinzelnenTheilederRedepaßtennicht ganz genauzu einander.Aufallerlei Einwände gegendieTheophanie folgte derfastheftig hervorgeschnaubteSatz: »Undwieunser KönigundKaiserin seinem herrlichen Glaubensbekenntnißjüngstgesagthat,erkönne keine Ge- meinschaftmit Einemhaben,der dieGottheit Christi nicht anerkennt, so sollet auchJhrnichts gemein haben mitZweiflernundHaarspalternund Solchen,diesichspreizenmitMenschenwissen,undsolletniemals vergessen, daßJhralstapfere Kriegsknechtein den altenKampfdesGlaubens gegen denUnglauben gesandt seid.«KeinWiderhallkamvonden Bänken ;gleich- miithig nahm diePreußengemeindesanfteundschroffeSätzederverständigen undverständlichenPredigthin.Sowar esja immer;immersangman auch ein paarVerseundgingdannnachHause.AnderThiirwird dasFeiertags- programm undderNachbarnklatschbetuschelt.»WirwollennachSchandau.«

»Obman noch frühgenugkommt,um dieNeuntezuhören?« »Dieda linksvornmit derSpitzenschleife.MeineKleine kamwährenddesKonstr- mandenunterrichtes öftersinsHaus. Ja, sie soll sehr resolut seinundden HerrnPastorgutimZug haben.«Draußen,in denVorgärtchen,streckendie dicken,hellgrünenKastanienknospen sichsteifwieBaumkerzenindieNachtlust.

Wagen rollen,Automobile rasseln vorbei,vomStadtbahndammher pustets undftöhnt,derWindbrummt in denTelephondrähtenund unterden Rädern derelektrischenBahnen knisternblaueFunken auf. LeiserieseltderLenz- regen niederundlangsam erlischt hinterdenKirchenfensterndasLicht... DasselbeWetter,dasselbeFrühlingsdunkelwievoreinemJahrim mai- länder Dom. DawarsMorgen gewesen.Kaumkonnteman die Konturen dessteinernenViktor Emanuel erkennen,der gegen dasKirchthor ansprengtz seinPferdbäumtsich,alsschaudertees vordemmarmornen Wunderbau, undderReitermit demschwammigenTrotzkopsgreift jähin dieZügelund scheintzurufen:Halt!AndiesenMauern brechenwirBeide denHals.Im Dunkelerspähtman nachundnachdieGesteund denkt alterKämpfestolzer KönigegegenunzerstörbarePriestermacht.Auchdrinnenists nicht sehrhell.

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Ostern. 49 VondensechstausendBildern ist nichtviel zusehen; dochman fühltdie schweregothischePrachtundvon denMauern,denPseilernundTaber- nakelnweht auch aufdenunfrommenBeschauerandächtigeMythenstimmung herab. ImQuerbau hemmenhoheHolzgerüstedenSchritt:Niemand achtet ihrer. Zwei jungeKlerikerhängensichmit allerKraft, daßihnendieHals- adernschwellen,andieGlockenstränge:Niemandkümmert sichumihr Thun.

EinraschesKommenundGehen.Krämer,fette Bankiers, Arbeiter,Häkc- rinnen, schlechteFrauenzimmer,dievomNachtdienstheimkehren,Austräger, Fabrikmädchen,Bettler. Das knietirgendwo, betet, bekreuztsichundeilt weiter, in dieFrohn,ansGeschäft,insAlltagselend.Dashat dochfünf Minuten, zehn,imMärchenpalastaltenGlaubens verlebtundschreitetzu- versichtlichernun in graueGewöhnungzurück.VierschrötigeLombardensieht man, doch auch feierlich düstereWeiber,die Cimabues Pinselgeschaffen habenkönnte;unter heiterenStirnen leuchtetswieausdenlieblichenEk- stasendesFra Angelico;und diestämmigeFrauimKattunrock,diemit ge- faltetenHändenundsteilemBlick zu demGnadenbild emporschaut,gleicht aufs Haar fastderviterbischenMadonna SebastianosdelPiombo.Dem TräumerbevölkernsichalleProvinzenalterundältesterChristenkunst;vor denGrabdenkmalenCaracciolos undderbeidenMedici,vordenElfenbein- reliefsunddemgeschundenenApostel Bartholomäuswacht tausendfaches Erinnern auslangem Schlaf aus. Morgen ist; draußenundinuns;und über einlenzlichsprossendesPhantasiereichbreitet derBronzeleuchtersieben mächtigeArme.AusWinkelnundGrüften murmelts, ächztundlallt;und AllesübersummenverwehteKlängeausliturgischemSang·Vor dem Ge- schundenenkniet einKlosterschülerundscheintganz inAndachtversunken.

Da unddortdrängteinHäufleinsichinHastzumGraduale, lauscht aufdie eintönigenSängedesPriesters,derimMeßgewandaufrechtamLesepult steht,undläßt sichdenWeihekelchreichen.WieeinMassenseufzer,eines mächtigenFittigpaares Rauschen schwirrendieResponsorien aufundab.

ZweiBübchen,die ausGiottosVisionenherabgestiegenseinkönnten,schleppen eineRiesenbibelzim dünnenChorhemd istdenseligenKnabenheißgeworden undaus denschwarzenLockenrinntsüberStirn undWangen.Warm wird, imdunkelstenTheildesDomes, auchdenBeichtväterninihrenStühlen.

Derfächcktsichmit einemgefälteltenPapier.EinZweiterpreßtdasTaschen- tuchvorAugenundNase vielleichtströmenausdesBeichtkindesAthein nichtdieWohlgerücheArabiens undenthülltnur einen breitenMund mitdicken,imAufmerken vorgeschobenenLippen.Ein Dritter verschwindet

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ganzhinterdemVorhang;nur eine-Handhängt heraus,eineweiche,fettige Hand,diesichballtundwiederstreckt,als wolltesie jetztzermalmenund segnendsichjetztüber einSünderhaupt spreiten.UndandenStühlen knien, nebendenStühlenharrendieGläubigen,MännerundWeiber,AlteundJunge, harreninzagerUnrastundstehenentlastet, getröstetauf. KeinePredigt, nichts, wasverständigzumVerstandespricht,keinKompromißmitwechselndenMode- wünschen.HierwirddenSinnen gegeben,wasderSinne ist. Hier findetder AermstedenPompunddieKunstderFürstenpaläste,dieihm gesperrtsind, hier labtauch ihnderfarbigeAbglanzhoherKultur. Wannerwill,wieerwill, gehtJederein undaus undNiemand fragt ihn nachStand undGeschäft.

Nicht auf starkeJndividualität,aufpersönlichesWirkenwirdhier gerechnet;

derfehlbare, fleckigeMenschkriechtnichtmit insPriesterkleidundnicht nach- menschlichenMalen spähtderBlick desFrommen,deraufdasGesumm desPriesters lauscht,mitgierigerLippe sichandenHeilskelchtastet,mit fremdenunddennoch gewohntenLauten in denMeßgesangeinstimmt. Jn derrömischenwie in dergriechischenKatholizität:auchdervornehmsteRasse beugtamAltar dasHauptvordemPopen,denergesternimWotkarausch durchdenStraßenkothtaumeln sah.Sowars seitJahrhundertenundso sollesbleiben. JnderKathedrale istHeiligesLandund von denhier Heimischenfällt Schuldund SchmachderZeitlichkeitwieSchlackevon edlemGestein.Hüllenlos,wassenlosschleichengläubigeHerzenhinein;am Kirchthor wartet,mitUmhang,GaloschenundSchirm,Muhmchrnunft.

JndiePreußenkirchefolgt siedemGlauben, glotzt, durchHornbrille, Kneifer, Monocle, aufdieschwarzweißeAnzeigetafel, schlägtdasGesang- buch auf, umschnüffeltdenRanddesTrostkelches, prüftmitZungeund ZahnAlterundHerlunftdesWeihgebäckesundwispertin die Rededes PastorsihreTantenbedenken hinein.Derherrschtsiean,daßsie sichängst- lichwegduckt,undbringt sie aufdie DauerdochnichtzumSchweigen.Mein Gott, grinst sie,manmachtesja mit,weilsichs so gehörtunddemVolk die Religionerhaltenwerdenmuß;aberglauben?MitMaß, hochwürdiger HerrPfarrer,und,bitte,je nach BildungsgradundGesellschastrang Fühlt siesichstark,im engen Kreisprivilegirter Klassengenossen,dannbrüstet sie sichwohlauchmitStraußens stolzerWeisheit: »WennwirnichtAusflüchte suchen,nicht drehenunddeutelnwollen,wenn wirJa JaundNeinNein bleiben lassen, kurz,wenn wiralsehrliche,aufrichtigeMenschen sprechen wollen,so müssenwir bekennen:WirsindkeineChristen mehr.«Steckt den Straußenkopfdann abergleichwiederin denSand, wähnt sichunsicht-

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Ostern. 5 l barundschlüpftanFeier-undTrauertagenflinkindieSakristei. So frechredetsie öffentlichschonlange nicht mehrwieeinstausdemMundedes großenFritz,derhöchstensaufdemTheater noch »einigeBruchstückevon derGeschichtedesvorgeblichenErlösersdulden« wollte undwüthendwurde, weilVoltaire vomGott-Menschen gesprochenhatte; unwürdig,zankteer,sei desPhilosophensolcherTonunddieSache kindischgewordener Schwätzer, altenPöbelirrthum nachzubeten. Längsthat Vernunft sichauf ihre sittsame Tantenpflichtbesonnen.Daunten istsfürchterlich;dalribbelts und wib- beltsundwillherauf,zerrtanAltardecken undGardinen, möchtein andert- halbStunden die WeltenträthselnunddiePlunderbleibsel kosmosophischer Schleier zerzupfen.Alsoschützen,wasirgend zuschützenist,halten,wasnoch zuhalten ist, umGottes willen! Gott wird zurfestenBurg,in deren MauernKastenrechteundGeldschränkevor schwieligenFäusten sichersind, zumhöchstenHüterderStaatsordnung,dieauf goldenenQuadern ruht- OhneGottgehtesnicht; wirbrauchen ihn, »zumalfür unsereKinder«,(und KindersindalleanGut undGeistArmen);werfen wirihnüberBord,dann zerschelltdieArcheauf llippigemGrund.DocheinvonmodernemErkenntniss- vermögenhalbwegs unanfechtbarerGottmußessein.Die ganzeChristo- logie darfman Germanen deszwanzigstenJahrhundertsnicht mehrzu- muthen; sogar gegendenJesusderSynoptikersträubensichVieleschon.Wir haben dochdieNaturgesetzeerforschtund können mit derGottlosigkeitnicht so leichtfertigwerden wieFenelonmitdemPantheismus Spinozas. Daß JungfrauengebärenundToteohneWundenmalauserstehen,glaubtdieMasse nichtmehrzund derstraußischeRabbikannunsnicht nützen.Denglaubenviel- leichtauchdieholländischenArbeiter,diejetztdenVerkehrsperren,demBacktrog entlaufenund dasReichderReichen aushungern möchten,auf daßesin seiner Noth ihnen bessereLebensbedingungengewähre.Dasiehtmans so recht:wenndie Leutenochüberzeugtwären,daßdieherrschendeRechtsordnung vonGottgewollt ist, wagten sie gewißnicht so sruchtlosenFrevel. Verschont uns,umdesHimmels willen,mit demallzu menschenähnlichenProletarier- heiland,deruralteTschandalarachsuchtzumSiegführtzgebtunseinenbrauch- barenGott,einenwirklichen,derlebt,aberauchleben läßtund mit demman

Geschäftemachenkann. EinschlimmerFrühling. Dichtprasseln,inRegen- strähnenundHagelschauern,SkrupelundZweifel herniederundschonwill MuhmeVernunftin dendunkelstenDomzurückkriechen·Daspanntdergelehrte HerrHarnackdenSchirm auf;undsiehe: keinWolkendünstchen,keinKörnlein tl«!")Pfelthindurch.Ein mit allemKomfortderNeuzeitausgestatteter Glaubeist

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hierimTrockenen.WolltJhrdenMenschenJesus, sohabtihn zund wolltJhr, so gleichauchdenGott. »Gott-MenschheitistimSinn des altenDogmas dieeinzigkorrekteFormel«.Unsabertaugtam Besten»das paulinische Wort: Gottwar inChristus«. UeberglücklichträgtTanteVernunftdas Wort heim.UndderProfessor ruft ihr noch nach, »schonseidieZeitim Anzug,in dersichdieevangelischenChristen aufdemBekenntnißzuJesus Christusalsdem-Herrnundin demEntschluß,seinemWort zufolgen, auf- richtigdieHand reichenwerden,undunsere katholischenBrüder werden dann folgen müssen«.Das wird einherrlicherTag.Dannbrauchtderim Glauben starke Graf Limburg-Stirumob derBerderbnißunserer gottlosenZeitdas Musterchristenhaupt nicht fürderzuschütteln.Dann wirddie»Solidarität allerkonservativenInteressen«nach langerWartefrist endlichwahr: das Cen- trum zerbröckeltunddiekatholischenBrüder betenanLuthers Familientisch.

Wenn siesnun abernicht thun,demneuen Melanchthon(sonennt

HerrSchmollerdenKollegenHarnack)zu Liebesowenigwieeinstdemalten Finderderlocicommunes, dessenschlaffeSchmiegsamkeitdemLuther- thumdieJugendkraft brach?Wennsie aufdenLockrufantworten: Unsist unter denSpitzthürmenundWölbungenalterDome ganzwohlzuMuth?

DafehltnieunsderTrost.Dawirdnicht mehrvon unsgefordert,alswir zuleisten vermögen.DasuchenundfindenwirdieAgenten,dieunsereRech- nungmitGott ins Reinebringen.Daist derSitzdergewerkichaftlichenund politischenOrganisation unserer Glaubensinteressen. Ehewir zu Euch kom- men,wollen wirabwarten,wieIhrs anstellt,demWortJesu Christizu folgenunddennochKriegezuführen,Länder zuerobern,Staaten zugrün- den,Sklaven zuhalten,Handelzutreiben,denNächstenübersOhrzu hauen,zehn,zwanzigRöcke insSpindzuhängen,indessenHunderttausen- denderWind durchdieLumpen pfeift,undinso widerchristlichemThun Schätzezuhäufen,dievonRostundMotten gefressenwerden. Nochneiden wirEureHerrlichkeitnicht;dennwirfrörenin Euren kahlenMauern und nennen, mitEuremHeiligenSchopenhauer,dieVernünftler,diefür Euchdas Wort führen,,,ehrlicheLeute,jedochplatteGesellen,dievomtiefenSinndes neutestamentlichenMythoskeineAhnung habenundnichtüberdenjüdischen Optimismus hinaus können,alswelcherihnenfaßlichist undzusagt.«Pro- testirenkönntIhr, sonst nichts;und weilJhr Protestantenwart undseid, leben wirfrischundstark:dennnie wartJhr Weisen goethischweisegenug, ausvollenBecherndieChristenmenschheit ihrenJrrthum ausschlürfenzu lassen.Lebt undprotestirtweiter: undunsereVitalitätwird mitjedemneuen Mondwachsen...WenndiekatholischenBrüderso sprächen:wasdann?

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Ostern. 53 DannmüßteEineraufstehenundsagen,wasinseiner NäheVielen einAergernißist«Recht habt Ihr, müßteersprechen,daßJhrimehrwürdig Warmenbleibt, Recht fastinjeglichemWort.Gargering ist unsereWerbe- kraft;undsiewirdnichtwachsen,dennunserGlauberuhtimschlechtenWurzel- boden einerNegation.Wirfind,inderPolis,inHandelundWandel,nicht evangelischeChristenundmöchtensdochscheinen.Unser Lehrgewandschmiegt sichstets wechselndemBedürfniß nicht so polytropanwieEures,wardauch nichtvonso kundiger Hand für Menschenschwachheit,Menschenbequemlich- keitzugeschnitten.Da wirderVernunftdieKirchenthüraufthaten,schlüpfte ihr kritischerDrangmithinein;undnichtunsziemtesnun,ihn mitHäscher- strickenfestzuschnüren.Jhr dürft geringeralsdenFrommendenUngläu- bigenschätzen; wir aberdürfensnicht:denneristauf unserem Wegenurweiter vorwärts geschrittenalswir. Unfruchtbarwar,istundwirdseinallunser Mühen,MythenglaubenundNaturerkenntnißzuvermählen;nutzloswar, istundwirdseindashohle,zerbrechlicheHolzgebälk,womitderStaat dieihm wohlgefälligeReligionfurchtsamznstützensucht.Bleibtin EurenDamen,bei altemPompund alterKunst,beiMonstranzundBeichte.Wirgebenden hunderttausendfachmißgliicktenVersuchanf, mitEuchumdie Wette zuwer- ben.Wirbauenkeinneues Haus,stelleninsverwohnte nichteinmalein neuesDogmengerüst,vondemausgeschickteHändedienachgedunkelteDecke übermalen,in den Mauern dieRisseüberkalkenkönnten.Wozu? LaßtJeden seinesGlaubens Schrein selbstfügen,selbstihm sicherenUnterstand finden.

Wirerharren nichteinenMeffias, flehen nichtdenUntergang unsererWelt herbeiundkönnendeshalbdennazarenischenPessimismus nicht brauchen,der das Leben verneint. DenAufrichtigsten noch ister nichtvielmehralsfromme Lüge.Wie könnteauch unserem ungeheuer gesteigertenBorstellungvermö- gen, denapperzipirendenundassoziirendenKräftenerwachsenerEuropäerge- niigen,wasvorneunzehnhundertJahreneinewinzigeSchaar weltflüchtiger Afiaten quickte?Diebrauchteeinenneuen Gott,alsKonkurrenten Jahwes UndJupiters.DiemußteihrenHerrnvondenTotenerwecken,dennihrMessias sollte ja ewigfeinunddurfte durchdieGrabkammer nur inschöneresLeben schreiten.Undwir,derenVatererbe und deren Kinderland vondieserWelt ist,dieheiteren Augesnie einen lieben Leib derErde,denFlammenüber- geben,alshübedaswahreLebenjetzterst fürihnan, wirsolltenHärchen spaltenundTraditionen auftünchen,um unseinenHeilandnachder Mode zu retten? Fragen,obervomHeiligenGeist gezeugt,vonderJungfrauge- boren,Gott,Gott-Menschwar, Gottinsichtrug?..Nein. Wirwollen

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ihnunsbewahren, sammtall demWunderwesen,dasihmimVölkerglauben undAberglauben langsam anwuchs,unddennochNaturgesetzlichkeitund kri- tischesErkennerstrebennicht abschwören.Kein Wink einesJudengottes schuf insechsTagendieWelt ausdemNichts,kein Allvater sandtedenSohnals Sühnopser aufdiesündigeErde.Auchunsaber lebteinSchöpfer.Wieaus demgriechischenPoiein,demSchaffen,Gestalten, mählichdasDichten ward, dasGestaltendesTraumes, sowurdederSchöpferwiederum unszum All- dichter,dieSchöpfungsgefchichtezu einem nie welkendenKranz großerSym- bole.Ehrsürchtigstaunen dwirdieFülledesLebendigenan,daserinHerz undHirnwerdenhieß,täglich,zujeder Stunde,undstimmeninfroherAn- dacht,wenndieOsternacht naht,in denJubelchorderErzengelein:»Dieun- begreiflichhohenWerkesind herrlich,wieamerstenTag.«

HöchstesGlückbringtunsgeradedieOsterfiunde. Jst nichtAlles klein,wasdemStrenggläubigenda dasErinnern heraufführt?Einall- wissenderGott,der denMenschennur spielt,derAllesvorausfieht,keinWeh leidet undzwischenSchächernlächelnkann: dennbaldistdieZeitersüllet underthrontin derGlorie wieder nebendemVater.Eine divina commedja nur. UndistdasFlickwerkderLiberalennicht dürftig,dieseskümmerliche Rationalistenmühen,in einemwunderlosenWeltwinkeleinenGott-Menschen ans Kreuzschlagenund von denTotenerstehenzulassen? JhrJesus fchiumpstunter dassokratischeMaß.UnsaberlachtdasOsterlichtüber die grünendeFlur,alle Wunderblühenunsundankeinemmüssenwir mit arm-

süligemKlüglerwitzmäkeln. Einenstarken Empörergeistsehenwir,derdie morscheWeltordnung umzustürzenwagtundsichmitFugdenechtenSohn feines-Gottesnennen darf.DemKämpferentfremdetsichdieZufallsfamilie,die Brüder,die esianrael zu Etwas bringenmöchten,beftreitenihn,dernichts Positives leiste,Jrrende, selbsteinIrrender,s chmäheund die WeltharterWirk- lichkeitennichtkenne ; undein-HäufleinnurhängtinbrünftiganseinemBlick.

AuchunterihnenwirdEiner mindestens derVersuchungnichtwiderstehen,min- deftensEinernachdemVerräthersoldlangen.DerMenschenfischer,dersoviele Seelen zappelnundzuschnappen sah,kannnicht wähnen,diesmal werdeder Köder,nurdiesmalunwirksam sein.Sobrichter,nachalterGewöhnung,das Brotund schänketdenWein:KraftundGeist gab ichEuch,theilemitEuch heute wieder,wasmeinist.Soläßtersichsahenundrichten,aufJudengeheißvon Römern.Denmesith,denVolksversührer,mußteIsrael strafen,fteinigen, wenn esihnschuldigfand. Doch bequemerwars,den Römern dieLastzu- zuschieben;undderSklaventod amKreuz fügtezurQual nochdieSchande.

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Ostern. 55 AufschwachenSchultern schleppteerselbstseinKreuzeinelangeStreckeaus demWeg nachGolgathasHöhe.Gepeitschthatten sieihnunddenkomischen KönigderJuden gehöhnt;jetztspien sieihnan,durchstachenmitspitzenNä- gelndasFleisch,mit Dornen diebleicheStirn undließenihn zwischenzwei röchelndenSchuften verschmachten.Stilllitt ers,mußteersleiden. Denn nur gelebtes, nicht gelehrtesHeldenthumwirktlange nach. Menschlichesaber ist auchdemtapfersten Menschen nichtfremd.DenDurstbekennt er,saugt mitlechzenderLippeandemin die posca, dasEssigwasserderKriegsknechte, getauchten SchwammundstöhntunterMartern auf:Warum wichestDu vonmir, Herr,meinGott? Warum säumstDu,ausunerträglicherNoth michaufDeinen Thronsitzzurufen?... Spricht soeinGott? Demwäre Alles Scheinnur undSpiel. DessenWunschwärehöchstens,eingutesBeispiele geben.·DerempfändenichtDornen nochNägel,nichtdieStockungdesBlut- umlaufes nochdieErstarrungderGlieder. EinMenschhängtamKreuz.

Einer, dessen ZungeeinzweischneidigesSchwert gewesenwar undsolind wiederdochwie einRosenblattaus demParadies. Einer,derseineLehre bisansschmerzlicheEnde leben undbeweisenwollte,wieruhigenSinnes derErdverächterdurchläuterndesLeid in dieStrahlenderEwigkeitschreitet.

EinMenschhingamKreuz;in derOfterfrüheerstandeinGottvonden Toten.Ein Gott wirdgeboren,wenn einhochüber die Sinnenwelt hinaus- reichenderGedankedenheißen,leidenschaftlichbewegtenSchoßüberMenschen- kraft starkerLiebebefruchtet.DerausGrabesnachtdemGlauben erstand, warunfterblich;undUnfterblichenennt dieKinderfprachederMhthenGötter.

AchtzehnhundertundsiebenzigJahre gingen, seitderRabbidenMen- fchentod starb; nachdemGesetz:dennerriefzumBruchdesGesetzes.Acht- zehnhundertundsiebenzigJahrelebtnun imGlauben derGott. Jn seinem Namen sind tausend Opfer geschlachtet,abertaufenddenkendeMenschenge- martert worden, weilsie,wieer,sich nichtinsJochalterSatzungenkrümmen wollten. Sieverbluteten,dochallihr Lebenssaft vermochtedieKluft noch nichtzufüllen,diezwischenGaliläerlehreundEuropäerlebensichdräuend aufgethan hatte. Werwagt,über altenChristologiewust,über denFeuerchen-

«

spukneuer,lahmer Pelagianer hinweg,denSprunginsPoetenlandgroßer Wundersymbole?DaiftkeingothischerDom,nichthoher Kunftkultur far- bigerAbglanzzaberauchkeineGotteskaserne. DaschafftJederauseigenem Geist seinen Gott, bestimmt Jeder selbstsichdieOfterftunde.Undwokeine Kircheragt,brauchtMuhmeVernunft nicht schlotterndamThorzu warten.

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Chateaubriand.

ÆlsStudent habe ichimGånie duChristianisme gelesen, ohneeine Erinnerungdavonzubehalten;dann michan der-MusikderSprache Atalas, denSzenerienundderLeidenschaftlichkeitdieser romantischenNovelle berauscht. Jetzt erstverdankeichderAnregung,die mirdasBuchderLady Blennerhassetih gab,dieBekanntschaftmitdemAutor. Ich habeden Genie unddiezweite HälftederMeåmoires d’0utre—T0mbe (von"1815an; die erste Hälftekonnteich nicht bekommen) durchgelesenundwar erstauntund entzückt,einesobedeutendeundliebenswürdigePersönlichkeitkennenzu lernen undsolche Gedankenfüllezufinden.

WievieleheutigeMenschen mögen wohl wissen, daß Chateaubriand einegroße politischeRolle gespielt hatund eine noch größere gespielt habenwürde,wenn nichtdieVorsehunginihrerGüte undWeisheit dafür

. gesorgt hätte, daß gleichdenmeisten organischen auchdieStaatsmänner- undFeldherrnkeimeineinenBoden fallen,derihnendasAufgehen wehrt?

»Mein spanischerKrieg (der Krieg,durch den1823Frankreichdenvonden Exaltadosverjagten König FerdinanddenSiebenten wiedereinsetzte)war eingigantisches Unternehmen. Zumersten Mal brannte dieLegitimität unter derweißen Fahne Pulver ab; ihren ersten Kanonenschußließ sieer- tönennachall denKanonenschüssensdesKaiserreiches,dienochdieentfernteste Nachwelt vernehmenwird. Mit einem SchrittganzSpanien zwischendie Beinenehmen,Erfolge erringen aufdem Boden,wodieArmeendesEroberers Niederlagenerlitten hatten,insechsMonaten vollbringen (hier vergißtder phantasievolleDiplomat, daßernicht selbstanderSpitzederfranzösischen Armeemarschirte,wasNapoleon,wenn auch nichtinSpanien, gewöhnlich that),wasJenerinsiebenJahren nicht fertig brachte:werhätte sichDefsen erkühnt!«Freilich habe ihm dieser Erfolg nichtsalsVerwünschungenund dieköniglicheUngnade eingetragen,dennderKrieg sei nichtnur inFrank- reich, sonderninganzEuropa höchstunpopulärgewesen.Eswar ihm nicht

um denelenden undmitRecht verhaßtenspanischenBourbon zuthun,als eraufdemKongreßzuVerona mitHilfedesKaisersAlexandergegen CanningundMetternichdie Jntervention durchsetzte.ErwolltedasPrinzip derLegitimität stärken,dieKraftdes wiederhergestelltenKönigthumesbe- weisen,dieGeistervom inneren Gezänk aus auswärtige Unternehmungen ablenken, die inParteien gespaltenenFranzosenimFeldlager einigen;und

’"·)WeltgeschichteinEharakterbildern,herausgegebenvonFranz Kampers, Sebastian MerkleundMartin Spahn. Fiinfte Abtheilung:Dieneuste Zeit.

Chauteaubriand vonEharlotte Lady Blennerhasset,geb. Gräfinvon Lenden- Mit60Abbildungen. Mainz,FranzKirchheim,1903.

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