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Die Zukunft, 16. April, Bd. 47.

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Berlin, den 16.April l904(.

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Die Jesuiten.

MreihunderteinundsechzigJahre sindebenverstrichen, seitdieCompa- fija deJesus,dasKriegssähnleinChristi,insFeldzog.Schon 1540, in derSeptemberbulleMilitantis ecclesiae,wardieGesellschaftvondem farnesischenLebemann,deralsPapst PaulllLhieß,anerkannt worden.Doch siedurfte einftibeilennursechzigstreitbare Mitglieder zählen.Sohatteder Gründer,DonJnigoRecaldedeLoyola, selbstesgewollt:nurderlangeund gründlichErprobte, hatteerin demEntwurfzumOrdensstatut gesagt,solle in dieGesellschaftaufgenommenwerden z-denn zumDienstin derMilinesu taugenur, »werdurchReinheitderLehreund desWandels ausgezeichnetund kluginChristo fei«.Bald aberzeigtesich,daßinParisundaufanderenUni- versitätenvieleScholarenbereit undwürdigwaren,alsprofessiquatuor votorum einzutreten·DieBulle vomvierzehntenMärz1543hobdennauch dieBegrenzungderProfessenzahlaufund zumerstenGeneralwurde,wiesichs gebührte,Doan1igogewählt,derfünfzigjährigngnatius,vondem Salmeron damals sagte: »UnsAllehat seinevonGottftacnmendeWeisheitinChristo gezeugt,seineMilchgenährtundseineHand solluns,als diewürdigste,jetztdie kräftigeKostdesGehorsams reichen.«DasHäufleinwar zur Armeege- worden;undJgnat"ius,deraufMonteCassino seinen pariser Feind Pedro Ortiz,denGesandtenKarlsdesFünften,undinländlicher Stille denPapst feinem Plangewonnen hatte,durfte getrosten Muthesnunwagen, dieWelt zu erobern.SeitdenMärziden desJahres1543 erstistdieCompaüiaeine

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internationale Großmacht,werdenihre Professenals»Jesuiten«verehrtund befehdet, obwohl schon1545 Petrus Canisius sichgegendieseentstellende Zusammenziehungwehrteundschrieb: ,,Fern seiunsdieAnmaßungso hei- ligenNamens;kaumChristiSchülersind wir, sinddie zumKampfe für sein Kreuz ausgehobenenRekruten.«Vergebenswurdeinjedem Jahrhundertder Protesterneut: derNameblieb,dieMachtundderSchrecken.Dreihundertein- undsechzigJahre».Undfastsind schonwiederneunzigJahrevergangen,seit dieBulle sollicitudo omnium ecclesjarum den 1773 vomvierzehnten ClemensaufgelöstenOrden wiederherstellte.Das geschaham siebenten August1814. PiusVlear zweiMonate vorherausdemExilheimgekehrt, in dasihndie Brutalität desKorsengezwungenhatte,erversuchte,mitsei- nemklugenStaatssekretärConsalvi,einerascheRestauration derPapstherr- schaftundsah ein, daßerfürdieSchlachtbessereTruppenals dieaquoyolas Kriegsschuleerzogenennirgends findenkönne. Seitdem hats, jauchzendoder seufzend,jeder Papst eingesehen.DieMachtder societas Jesu wuchs,als Graf Mastai- Ferretti aufdemStuhl Petri saß,undistunter demzehnten Pius nichtkleinergeworden,alssieunter dem neunten gewesenwar. Doch auchdieKraftdesSchreckenshat sichseitdemnicht verringert. Nochimmer geht,bis inunsereTage,einSchauern durchdieakatholischenLänder-,wenn denJesuitendasThor,einThorspältchennurgedffnetwirdDie Männerim schwarzenKleid,mit demschwarzen, flachen, breitkrempigenHutauf dem, nachderOrdensregel,erdwärts gebeugten Haupt, dessenAugeamBoden haftetundjedenMenschenblickmeidet,werdennoch heutegefürchtet,alstrügen sienichtdesHeilands, sonderndesSatans Gardefahne.Wirerlebensjetzt wieder. EineobsoleteBestimmungnur,einParagraph,denkaum dieNothpo- litischen Kampfes rechtfertigenkonnteunddessenBeseitigung längst auch eifrige Kulturkämpfergefordert hatten, ist aufgehobenworden.Dem Orden bleibtjede Niederlassungverboten;nur dürfendieihm Angehörigenfortan, wenn sieAusländersind, nicht mehrausdemBundesgebietgewiesen,wenn siedeutschesBürgerrechthaben, nicht mehrinbestimmte Bezirke gepfercht werden. Daß dieserParagraph seit Jahrzehnten mindestens unnöthigge- wordenist,kannkeinwachesHirnleugnen. Dennoch istimdeutschenLand, dasso Vieles, ohne vernehmlichzu murren, hinnahm,ein furorzuspüren;

keingewaltigerLutherzorn,derin Romängstenkönnte,docheinRessenti- ment, das ingroßenundkleinenBundesstaatendieRegirendenzu Geständ- nissenundBeschwichtigungenzwingtunddenProtestantismus wieder ein- malprotestiren lehrt. Leitartikel, Versammlungen, Resolutionenxnimmer

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willsichserschöpfenundleeren. Und daaucheinzelneLeserder»Zukunft«

finden,über dieungemein wichtigeStaatsangelegenheit seibisher hier nicht ausführlichgenuggeredetworden,willichzunächst,ohne irgendWesentliches daran zuändern,ein paarGlossenwiederholen,dieichvorelfJahren schrieb, und dannprüfen,obsichund wasindieserZeitspannegewandelt hat.

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Als derelfjährigeJosephdeMaistre1764 vonderVertreibungder JesuitenausFrankreich hörte, sprangerzur Mutter undrief,inkindlichem Jubel:011achasse lesjesuiteslDie Mutteraber nahm ihnbeiderHand undmahnte,ersolle so nichtvoneinemEreignißsprechen,dasfürdie Reli- gioneinfurchtbaresUnglücksei.DerkleineJoseph hat sichsgemerkt; im HauseseinerEltern —inChambery,garnichtweitvonFetney,wodamals Voltaireschonlebte,den DeMaiftre spätersounbarmherzig verspottensollte

-— waren diefrommenVäterJesugerngeseheneGäste.Undwiesieden Knabenmitihrem Geist erfüllten: aus jedemBlatt seiner Schriftenkann mans erkennen,vonjedemSteindiesernochimmerglänzendenMonumente neukatholischerGedankenbaukunstesablesen. Jesuitischift seine beinahe noch überBossuethinausgehende Papst-Vergötterung, jesuitisch seine selbstin Frankreichkaum wiedererreichteDialektik,jesuitischauch sein fastfanatischer Haßgegenden"Proteftantismus,derihn,alsFrauvonStael seineAnsicht über dieanglikanischeKirche hörenwollte,denfrechenWitz finden ließ:Eh bien,oui,madame,jeeonviendraj qu’elleestparmileseglisespro- testantes eequ’est l’0rang—0utangparmileseinges. Unddochwar selbstdieserliterarischbegabtesteSchülerLoholasals Kind ganzvon denVor- ftellungenbefangengewesen,dielange schon undbesonderslebendigseit demAuftretendeeransenistenundPascals sichsogarin derkatholischen WeltüberWesenundWirksamkeitderJesuitenverbreitethattenunddieheute nochdieGemütherbeherrschen.DieAntipathiederProtestanten diefast noch stärkerübrigensvondenAnhängerndergriechischenKircheempfunden wird-ist ja leichtzubegreifen. JndenJesuitenbekämpftderProtestantis- musseinengefährlichstenFeind. Nicht sosicheristaber die Antwort aufdie Frage,obesfür diesenKampf irgend welcheBedeutunghat,wenn dieGe- sellschaftJesuimDeutschenReichwiederöffentlichwirkendarf,oder ob die GedankenweltderneukatholischenKirchenicht vielleichtso völligvomjesuiti- fchenGeist durchtränktist, daßeineFehdegegen dieoffiziellenJesuitennur nocheinerGespensterschlachtgleicht,dievondenErschlagenenbeiderLagerin

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denWolkenausgekämpstwird,währendunten,imLandmünzbarerJnieresfen, dielebendigenStreiter einanderlängstdieHandzumFrieden gereichthaben.

DerJesuitenordenwurdegestiftet,wieman inunserenTagenVer- eine zurAbwehrderSozialdemokratieund desAntisemitismus gründet;nur hater, weilseine Lehren aufdererstaunlichstenMenschenkenntnißberuhen, diejemals gesehenward, sichwirksamer bewährt,als es allerBoraussicht nachdenVereinen derRichter undRickertbeschiedenseinwird.Zufall scheint esheute nochManchem, daßJgnazvonLoyola,deramHofeFerdinands desKatholischenPagendienste gethan hatte, durchdieWunde,dieerbei der Belagerungvon Pamplonaerhielt,zu dengeistlichen Uebungen geführt wurde,aus denen dannseine berühmtenExereitia spiritualiaunddieOr- densstiftung entstanden.Lombroso,derLoyolagetrostzu denreligiösenJrren undMattoiden zählt,scheintauch wirklichdieLexikon-Weisheitzuglauben, daßesohnedieVerwundung LoyolasundohnedieRekonvaleszenten-Muße, dieihnzu dengeistlichenUebungen trieb,einenJesuitenorden nicht geben würde.Mitdemselben Rechtkönnteman etwabehaupten, ohnedieMuße, dieHerrEugen Richtereines Sommers inHeringsdorffand,wäre dieneue SpeziesdesSozialistentötersnicht aufgekommen.DasSehnenabererschafft denMessias:gegenLuther mußteeinLoyola,gegen BebeleinRichterer- stehen;undes wardasbesondereGlück derkatholischenKirche, daßsiezur BekämpfungdesgesährlichstenGegners auchdenam Besten gewaffneten Streiter fand, ihrenJgnatius,einen dersubtilstenSeelenerkennerallerZei- ten.Noch heutebietetdasLesenderExercitia spiritualia denverführerisch- sten GenußundinParisistdasBuch durch BourgetunddurchMauriee Bartes jagegen EndederachtzigerJahre fastwiederzu einem mondänen Toilettenartikel geworden;ob abernachdreihundert Jahren nocheinhalb- wegskultivirter Europäer wenns dieseMenschensortedannüberhaupt noch giebt nachEugens »Zukunstbildern«greifenwird?

DerUnterschiedberuht nichtalleinaufderVerschiedenheitderPer- sonen. JosephdeMaistre sagtezum Volk:Lesabusvalent mieux que lesrefolutionszundda möchteHerrRichter wohl beistimmen;aberer hütetsichweislich, nachdemMuster des FranzosenetwadenKönigenvon heute,denGeldmännern,zusagen:Les abusamenent les revolutions LuthersWerkbrachtekeineRevolution,nur-——sastmöchtemansagen:leider nur eineReformationzunddochwar dasvondenBaskenLoyolaund XaviergesührteCorps gleichbereit, unhaltbare Stellungen auszugeben,um siedann späterzurückzuerobern,wenn die altenWaffen geschärftund zu

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neuen Kämpfenauchneue Rüstungengeschmiedetseinwürden. Pamphlete gegen dieneueLehre hätten1540 so wenigwie 1890 genützt;Wittenberg warnurzubekämpfen,wenn derGemeinschaft,diegeistigin Romheimisch war, das Lebenso angenehmundso behaglichgemachtwurde, daßeinWechsel desreligiösenKlimas siegarnichtverlockenkonnte.Auch heutewirdselbstdie geringsteVerbesserungderGegenwartstaatenwirksamerdieZukunftstaaten bekämpfen,alsesdielängstenBrochurenundRedenvermögen.

AlsSanktJgnatiusist LoyolavomfünfzehntenGregor heiligge- sprochenworden. Wenn jemals eine,entsprachdieseEhrungeinemVerdienst;

denn der BaskehatinkritischerZeitfürdiekatholischeKirchekaumweniger vollbrachtalsPaulusfürdasUrchristenthum.Fastniesindsdie reinen Jdealisten,denen dieweithinwirkendenErfolge gelingen;derenidealeFor- derung stelltandieDurchschnittsleistungderMenschheitzuhohe Ansprüche und über dieSektenbildungkommensie seltenhinaus. JesusvonNazareth undFranzvonAssisikonntenzuMartyrien begeistern,aberPaulus und Loyola habendiedogmatischenMassenquartiereerbaut,in denensich, ohne allzu erheblicheKostenundnamentlich ohne allzudrückendeEntbehrungen, dochrecht behaglichlebenließ,«s··Häuservonkldsterlichstrengem Ansehen,wo aber als MottodochanallenWändendasWortdesTartufezulesenwar:

Il yaaveo le ciel des accomodements. AuchLuther hat,obihn zunächst auchGewissensnöthezumernstenSchritt drängten,einBischen nachdiesem Rezeptgehandelt;wiePaulusdieBeschneidungund dieEhelosigkeitaufgab undseinerGemeinde,ganz unchristlich,derheidnischenObrigkeitzugehorchen empfahl, so mußteauchderReformatorvonWittenberg schließlichviele der dem modernen BewußtseinanstößigstenSeiten derkatholischenKirchebe- stehenlassen,um durchsolchesKompromißwerkseinerLehreüberhaupterst Verbreitungzugeben. WaswirWeltgeschichtenennen, vollziehtsichin Kom- promissen;und eserinnertandastragikomischeMühendesEdlenvonLa Mancha,wenn heutzutageschwächlicheProfessorenausLuthers kluggesügtem BaueinSteinchen entfernen möchten,ohnedabei zubedenken,obamEnde nichtdasganzeGebäudedadurchinsWankengeräth. Loyolawarklüger unddeshalbkonservativer;in ihmmischte,wieinPaulus,Schwärmereisich sehr glücklichmittaktischerKunst,Fanatismus,derfortreißen,mitduldsamer Nachsicht,diefesselnkonnte;unddieseMischungerklärt,daßihmdasschwie- rigeWerkgelang,gegeneinenWeltcnsturm für JahrhundertediePriester- herrschaftzusichernund,unterSchonungallesBestehenden,diekatholische Kirche fürdieBedürfnisseeiner verändertenZeit so auszubauen, daßauch

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dieWeltlustinihr sichheimischfühlenkonnte, so lange sieimCorpsder KirchedenbesohlenenDienst thunundzurgebotenenStunde vordem ent- sündigendenPriesterinDemuth ihrHauptbeugenwollte.

DieEpochederRitterlichkeit gingzuEnde,andie StellederEinzel- gefechte,diepersönlicheTapferkeit entschied,traten dieMassenkämpfe,die Futter für PulverundblindenGehorsam verlangen,undauchdem römi- schenBischofsstuhlnahte allmählichdieNothwendigkeit,stattderMärtyrer undderPaladinenun Soldaten zuwerben,eineKolonialiArmee,die den KampfgegenKetzerundHeideninfest geschlossenenGliedernaufnehmen könnte. Um diegeistigePotenzderPapstreiterwar esdamals nicht sonder- lich bestellt.DieWittenbergerhattenmitihrem überlegenenWissengegen diepfäffischeBeschränktheitmeist recht leichtes Spiel.DarückteLoyolain dieBresche,mit einerkleinenGardecompagnie zunächst,dochmiteiner,die ausgründlichgebildetenKämpfernbestand,undPapst PaulIII.konntenicht zögern,dieser Leibwacheseinen apostolischenSegenzuspenden.Romhatte Soldaten, aufLeben und Todergebene, undderneueFeldhauptmann brachte aucheineneue Strategie fixund·fertig mit,die denPapstiönigschmeichelnd verlockenmußte.JchZbat,schreibthnatius, »SeineHeiligkeit,einenRichter zu ernennen, derunsere LehrenundSitten prüfenmöge;würdensieschlecht befunden, so gebühremir Berweis oderZüchtigung,im anderenFallaber Gunst. ObwohlderPapstGrund gehabt hätte,meinem Wortzumißtrauen, nahme:esfreundlich aufund lobteunserTalent undnützlichesStreben«.

Trotzdemwurde anfangsdenJesuitenderErfolg nichtganzleicht;

siewaren zugefährlicheKonkurrenten,um nichtgegensichdie ganzegeschäf- tige Pfaffenheitzuwaffnen,undeserging ihnen,wieesheuteeinerneuen ParteioderZeitung ergeht,zu derenBernichtung auchdieFeindevongestern sicheiligverbünden. In solchemStreitsiegtdie Stärkeallein undLoyolas verwegeneJagdwargerüstet,denbrutalstenwiedenperfidesten Feindzu bestehen.DieSoldaten Jesu hatten gelobt,allenirdischenSchätzenzu ent- sagen,denndieReformatvrenwetterten schongegen dieSuchtdesKlerus nachdenReichthümerndieserWelt; allgemachaberführtendiefrommen VäterbezahlteUnterrichtskurseein unddurch klugesHaushaltenunddurch eineergiebigeKolonialpolitik soll ihnen gelungensein,imLaufderZeit mehr Schätzeaufzustapelnalsjemalsein andererOrden. Heiden,JudenundLust- dirnen, sosagtensie,wolltensiebekehremundwirklicherrungensienamentlich inAsien,wosie,trotzallenpäpstlichenBullen,geschicktmit demFetischismus zupaktirenundnebenbeiihreKassenzufüllenverstanden, außerordentliche

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DieJesuiten. 99 Erfolge;aberdieseThätigkeithatte dochmehrdekorativeundfinanzielleBe- deutungunddieHauptsacheblieb immerdieBegründungundFestigung einesneuenKatholizismus, der, nach dempaulinischenWort, sichindieZeit schickensollte,denn wiederwar böseZeit.UnddiesesBemühengelang so vollkommen,daßderPetitionsturmder anderenOrden, diesichaufCaraffas undCanosWarnung berufen konnten,baldverbrausteund dieParoleaus- lam,denJesuiten, statt sie unklugzubekämpfen,klug nachzustreben

DarübergingenannäherndhundertJahre hin,bisdasgroßeUngewitter- vonPort-Royal hereinbrach,bisgegendieJesuitensichdieJans enisten erhoben und,Allen voran,Blaise Pascal seine unbarmherzigen ,,Briefeaneinen be- freundetenProvinzial«schrieb.AusdenBüchernderEscobar,Lessius,San- chez,Vasquezund andererjesuitischenFührerbewiesPascal,mitunwider- leglicherSchärfeundin einerSprachevonzwingenderplastischerKraft,wie seltsamdieSittenlehrewar, dievondenNachfolgernLoyolasgepredigtwurde.

Jn gehäufterMengeund mit derpeinlichenSorgfalt einesArchivars bringt derAnklägerdieBeispiele herbeiundman würde dieUnwahrscheinlichkeiten, dieerberichtet, nicht glauben,wäre beijedemCitatnichtdeutlichdasBuch und die Seitebezeichnet,womanesnachprüfenkann.DasganzeSystemder restriciio mentalis, desmethodus dirjgentiae intentjonis, desPro- babilismus trittausdemtiefster GewissensempörungentsprungenenBam- phlet dochso»deutlich,trotz seinerfrivolen Berhüllnng,hervor,daßderSchlag zunächstvernichtend erschien.DerVersuch,dieLehrenEinzelneralsfürden.

Ordenunverbindlich hinzustellen,konnte einerGemeinschaftnicht gelingen, derenMitgliederzu blindemGehorsam verpflichtetwaren: perindeacSi cadaver essent. WennPascalbewies, daßeanesuitdenMeuchelcnörder, derumGeldnicht,derum »höherer«Jnteressenwillennur gemordethatte, deskirchlichenSchutzes nicht für unwürdighielt, daßein andererjedenBe- trug,dereine ArtvonsozialemAusgleich herbeiführte,zurechtfertigenbereit war,daßein dritterdieSimonie und dieschlimmsteerotischeVerirrungbe- schönigenkonnte,immernachderMethodedesdistinguendumest, dann hatteernichtdenEinzelnennur andenPranger gestellt, sonderndieSitt- lichkeitlehredes ganzen Ordens. DerSchlag schienvernichtendzunddennoch hat erernstlichdenGetroffenennichtgeschadetundso rasch führtederSieges- marschdieJesuiten vorwärts, daßselbstBoltaires königlicherFreund,den mandochdenerleuchtetstenDespoten genannt hat,balddarauf ihnenbereit- willig seineSchulen öffnete. Dieliberalen Mannesseelen,die garsolaut fürdiefriderizianischenGrundsätzeschwärmen,sollten nicht, dürftennie-

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malsvergessen,daßFriedrich, ihr Großer,andenKöniglichenSchulendie Jesuiten lehren ließ, unterderBedingung, daßsieihrOrdenskleid ablegten.

Friedrich hatteinseinem Preußenkaum Etwas zufürchtenundwar, wieauch seinüber dieGeschichtederEmserDepeschedochwohl noch weithin- ausgehendes Drängen nach kriegerischerEroberung Schlesiens beweist,von zärtlichenVorurtheilen nach jeder Richtung frei.Denanderen Monarchen aber undnicht zuletztgeradedenkatholischen-wurdederjesuitischeEin- flußallgemachdochverdächtig.Siesahen sichhiereiner neuen, einertäglich wachsendenMacht gegenüber,derenrevolutionirenden Geist ihr Instinkt wohl mehralsihr Verstand wittertez sie fühlten, daßdaeinepriesterliche WeltherrschaftbereitetwurdeundzugleicheineDemokratifirungderKirche, die, statt sovielergroßenundkleinenGottesgnadenthümer,künftignur das GottesgnadenthumderNachfolger Petrianerkennen mochte,zujdem einst Jesus gesprochenhat: »Du bistPetrusundauf diesenFelsenwillichbauen meineGemeineunddiePfortenderHöllesollen sie nicht überwältigen.«

LangevordergroßenRevolution gabendieJesuitendasgefährlichsmoderne Stichwortvonder Souverainetät desVolkesausundsoeifrigunterminirten siedieleise schonwankendenThrone,sdaßGanganelli,deralsPapstCle- mensXIV. hieß,demDrängen derMonarchen endlichnachgebenund1773 denJesuitenorden aufheben mußte.Balddaraufstarbersehr plötzlichund derBolksglaube,derPascalsAnklageninzwifchenvergrößertundvergröbert hatte, beharrtbisheutedabei, derPapst seivondenJesuiten vergiftetworden.

Dasist Legende;sicheraberist, daßauchindieserZeitäußersterFährnißder Jesuitenorden konsequentblieb, daßer, inweiser Voraussicht,mitdemab- sterbendenAbsolutismus jedes KompromißverschmähteunddieAenderung seiner Regeln durchdenGeneralLorenzRicci mit demselbstbewußtenWort weigern ließ: sind,utBunt,aut non Sind,-— liebernicht seinals anders sein.Nachanderer UeberlieferungsollClemensXIII, ihr Gönner,alsvon Frankreich hereineStatutenänderungverlangt wurde,dasWortgesprochen haben. Jedenfalls sprachesEiner,der dasWesendesOrdens erkannthatte undwußte,daßderWilledieser Schaar nichtzu brechenwar. Auchdakönnen moderneFraktionen noch Mancherleilernen.

DemfrohenHeidenthumwaren diefestlichenSpieleimsonnigenTag vonOlympia,demasketischenChristglaubenwar dernächtigdüstereOelberg beiGethsemaneeinSymbol.Weil aber zuheiterer LustdieMenschheitsich lieber als zuschmerzlicherEntsagungverlockenläßt,weilsie fremde Kraft liebernütztalseigenenVortheilzumOpferbringt, deshalbkonnte ein Welt-

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erfolg auchderKirchenur gelingen,diefrühzeitigzwischenderLustvon OlympiaunddemLeidvonGethfemaneeinKompromißzufinden verstand.

DieAufgabewar,dieMenschheit imZügelzuhalten, durchdenGlauben andieunüberwindlicheStärkedesChristengottes sievomGötzendienst,von JahweunddenasiatischenHimmelsbeherrsrhernabzuziehen,durchdieevan- gelischenDrohungen fieeinzuschüchternundihrimmerdieLehreins Bewußt- seinzubrennen, daßnur derPriesterdemLaien den Stab zu bietenvermag der denJrrenden sicherandengähnendenPsortenzeitlicherundewigerVer- dammnißvorüberführt.Dieser Aufgabekonnte Allesgeopfertwerden: welt- licheLegitimitätundAutoritätkonnteninScherben fallen,wenn nur der Fels Petri erhalten blieb,inragenderPracht;dasVolkmochte immerhin feine zeitlichenGeschickebestimmen, Throne stürzenundPrivilegiennieder- rennen,wennesdiesündigeSeelefeinfrommnurindie-HändedesPriesters befahl.DerWegvon derentsagenden LehredesGaliläersbis zu den Be- schlüssendesTridentinischen Konzilswar gewißnicht leichtzuentdecken, dennersolltedie beidenPolederWeltbetrachtungverbinden: dasBegehren unddasVerzichten;daß dieserWeg dennoch gefundenundmitzäherAus- dauerbeschrittenwurde, gabdenZauberernvon RomdiemagischeKraft.

GiltderHeiligeStuhl nichtalsvondemFischer vererbt,derdreimalden Herrnverleugnethatteunddennochseligward?Solches Kunststückmußtedie

BewunderungderMänner erregen, die derMenschheitdenHimmel verhießen undihr aufderErdedochdasLebenbehaglichzumachen verstanden. »

Die TracezudiesemWeg fandendieJesuiten schonabgeftecktundsie brauchtenihnnur zuebnen,mit demgleißendenKiesihrerDialektikzu be- streuenund aufbeidenSeiten fefte Marksteinezuerrichten.Das hatte BlaisePasealimUebereiferdesPamphletiften nicht beachtet.Dasbeachten auch heute noch nichtdieEifererwiderLoyolaundseineJünger. Aufeine leichtverdaulicheKompromiß-Moralwarfastimmerund überallschondas BemühenderKirchenvätergerichtet,vonSanktAugustinus,derjederLüge einzierlichesKleidanmaß,bis zuSanktThomasvonAquino,dem aus dem DirnenhandwerksogarderGewinnnicht unlieblich duftete undderfürden Mord einesTyrannen duldsameAuslegungfand.WasPasealdenJesuiten vorwarf,Dashatten, längstvorLoyola,Päpfte,Dominikaner undFranzis- kaner gelehrtundgeübtunddenJesuitenbliebnurdaseine,freilich nichtge- ringzuschätzendeVerdienst,daßsieeinealte, verzetteltePraxisin einneues undhaltbares System brachtenunddamitfürRom dieMöglichkeitschufen, vonderVertheidigungzumAngriff überzugehen.DieDoktrinfandensie,die

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Bereitwilligkeit, eingewurzelter BegierundvolksthümlichenVorstellungen auf halbemWegeentgegenzukommen;abersiewurdendiePraktischenAerzte, die dasRezeptgeschäfterstinSchwung brachtenundfür jeden Bedarfdie Tittelbereithielten,narkotischeundanaesthesirendeund die ganzeApothekeder Palliative. Noch1790 wurdedem LordBolingbroke,derinRomdicJesuiten- schülermusterte,gesagt:»AusWunschkönnen wirauch Märtyrer liefern«.

Undin derZeitdesAusnahmegesetzeswurde dieserArtikelwieder beliebt.

Der traurigenThatsache, daßdiekatholischeGeschichteso wenigbe- kanntist,-warder Lärmum dieUnfehlbarkeitdesPapstes, ist heutederJe- suitenlärmzuzuschreiben.DasVatikanischeKonzilvon 1870 warnichtder Anfang, sondernderAbschlußeinerneuen römischenEvolution. Daßdem VermögendesPapsteskeineGrenze gesetztist, daßerAlleskann extra jus,supra jus,contra jus—: DashatteschondaskanonischeGesetzver- kündet,dasTridentinische Konzil hatteesfeierlich bestätigtund der ganze Streit um dieUnfehlbarkeitwar überflüssig,nachdem vorher schonBoni- fazVIlI. die BulleUnam sanctam mit demSatz geschlossenhatte: »Wir sagen,erklären,verkündenunderhärten,daßdieUnterwürfigkeitallermensch- lichenKreatur unter denrömischenPapst fürdasSeelenheil absolut noth- wendig is UndauchBonifazwarnichteinmal derfrühsteBerkiinder solcherGottähnlichkeit.Langevorihm hatteHildebranddieFürstengefuchtelt.

Genauso verspätetist heutedieJesuitensurcht.Esistniemals nütz- lich, erwachseneMenschenmit demSchreckbildeSchwarzerMännerzuver- ängstigen,mitdenZerrfratzenvonRitualmördern undJesuiten,dieaus leisenSohlen einherschlursen,denDolchund dasGiftimGewande.Solche Wahnvorstellungenlenken dieAufmerksamkeitnur vonrealerenGefahren ab,dcnenman mit allerKraft dochbegegnen müßte.Derimüblen Sinn sjüdischeGeist hat heutedengrößtenTheildesimZwischenhandelthätigen Kapitalsinfizirt, auchdesunbeschnittenen,und derjesuitischeGeist hatdie katholischeKircheseitdenTagenvonWittenbergundTrientso völligdurch- tränlt, daßdieVäterJesu längstallmächtigimBatikanherrschen.Undwenn imfrommenWupperthaleinprofessoralerProtestant,nicht allzu geschmack- voll,dieJesuitenmit derCholera verglichenhat,gegen dieman sichwehren müsse,so sollteererstens bedenken,daßwir denBazillus dieserSeuchelängst schonimLandehaben,undzweitens, daßauchdieCholera wirksamer durch rechtzeitigeSanirungdesOrtes undderMenschen bekämpftwird alsdurch StrasparagraphenundhastigerzwungeneDesinfeltion.

AlsBismarck das WerkLuthers hastigfortsetzenwollte,wurde er, wieer

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DieJesuiten. 103 frühzu merkenglaubte,vonderNationimStich gelassenUndmußtesich mitpädagogischenErfolgen begnügen. Zweifelhaftmagsein,ob ser,auch wenneine nationale Fluth ihn getragen hätte,gegen dasRiesenwerkder be- wundernswürdigstenMenschenerkenntnißEtwas erreicht hätte.Aber mit Kleinigkeitenbatersichnieabgegeben dieüberließerAdalbertFalkund dessenjuristisch-bureaukratischenGenossen undniehaterernstlichzwischen jesuitischemundneukatholischemGeist unterschieden.Erhatte nochden de- likatenGenuß,mit demfeinstenundgroßartigstenVertreter desJesuitis- mus,mit Leo demDreizehnten, verhandelnzukönnen,undfür zweikluge Männer,dieauchäußerlichdenwelthistorischenGegensatzgermanischenund römischenWesens repräsentirten,fand sichbaldeinerträglichermodus vi- vendi. Wieleuchtetauf LenbachsBilde,dasimBismarckmuseum hängt, dasAuge dieses Papstes... EinesSiegersBlick.Mitdemgriechischen Schisma hatLeo XIIL seinen Frieden gemacht,erwar derFreunddes Zaren und hat dochdiebewußteTaktik desNeokatholizismus fortgesetzt,die auf heimlichenPfadenausdemvonschützendenWällenallmählichentblößten LagerderFürstenin dieSchießgräbenderdemokratischenAngreifer führt- Er konnte dasIdealzurWirklichkeitwandeln,dasdemjesuitischenGeist immer vorschwebte:denTraum voneiner Weltdemokratie unter geistlicher OberleitungundmitnachdrücklicherParteinahme fürdieunabsehbareSchaar dersozialUnterdrückten.AlsBarbarossademPapstedenSteigbügel hielt, wollteerseine demüthigeStellung mitdemWortrechtfertigen:NonLibi, SedPetrozderPapstabersetzteihmdenFuß aufdenNacken undsprach übermüthig:Etmihi,etPetr0. Daswardie alteTaktik,dienur aufdie UnterjochungderFürsten bedachtwar;heutegiltdasstrategischeBemühen denVölkern:diesollendemPetrusundseinenNachfolgernsichwilligneigen, undwennsiedafein fügsamsind, mögensieimmerhin einigeThrone stürzen unddieBesitzrechtederReichenmitschwieligenFäustenantasten.Romstand stets aufderHöhederZeitundderMode...Und dieguteMutterJofephs deMaistrehatte gewißnichtRecht: auch ohnedieJesuitenkann dieReligion undnamentlichdiejesuitisirtekatholischeKirche herrlichbestehen.

III

Washat sichin denletztenelf Jahrennun geändert?Diepolitische OrganisationderdeutschenKatholiken ist nicht stärkergeworden, hatim Reichstagaber, wegenderKachexiederprotestantischenBürgerparteien,an Machtnochbeträchtlichzugenommen. Selbst fürSchulkinder istdasExem-

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Jn Afrika sinden sich ganz kleine Königthümer von ausschweisender Unumschränktheit, aber sie steigen in vielsprossiger Stufenleiter zu Reichen von großem Umfang auf Viele von ihnen

Uebermacht der Historie »so lange der Narr fremder Worte, fremder Mei- nungen gewesen sei.« Wer kann sagen, ob schon damals oder erst später durch das furchtbare Buch Stirncrs

sich zu vertheidigen. Die Zeit von vor fünfhundertJahren liegt nicht gar so fern; wir sind seitdem nicht so »anders« geworden. Frauen, die mehr vom Leben begehren als glückliche

Da er so hochfahrendsprach, verminderte sich der Berg seiner Verdienste um sechzehn Johanns und Tugend und Wirkungskraft fielen ab von ihm, so daß, als er sich wieder an die

Das konnte er, trotzdem er in den »Träumen eines Geister- sehers«Swedenborgs Arcana »acht Quartbände voll Unsinn« nannte; denn zu den Glaubenssätzen, die er »auf dem Luftschiff

Genie ein rein ästhetisches Christenthum. Voltaire hatte das Christenthum lächerlichgemacht, die Encyklopädisienhatten den Atheismus in die Mode gebracht, die Revolution hatte