Z. F.Lehmanns Verlag München-Berlin FREESE
Ko Eis-Masse
Illustrierte Monat-schritt kiir deutsches Uallkstum
lialsenlmnde Ballennflege
Zeitschrift desReichsaugccbulles fiirvallisgecundlieitsdientt und der deutschen Secellltbaft fiirnassenbygiene
Its.Jahrgang liests Juni Igsg
Inball
Umschlagbild:mutterfreude imliermann-Ii:iring-Iiaag. Aufn. Stbrammen.
Bildbeilagem Bauern aus demciidlteirickbenIrenzland, Umgebungnan Leutlcliacl1. Aufn.o.Kalar . . . . . . . . . . . Seite 121 Alter Bauer aus dem Sarntai. Aufn. p. P.flbwanger . » 122 prak.dr. li.mattliaei: der Stand untere- Medizinersllachwucljle5. 2.Teil » 123 Bart Ierliardt: die Ratten der Erde . . . . . . . . . . . . » 127 lieinz Müller: Seagrapbiltbe Uerbreitung der völlker undUntlksgruppen
im Baltilkum. mit sAbbildungen . . . . . . . . . . . . . » Ists W. li.: Statistik lcbuf das unbegabte flrbeiterlkina . . . . . . . » 133 ti. Strabel: vallkslmndlicbes Schrifttum . . . . . . . . . . . . » III- flus liakcenliggieneund Benallkerungspalitilk . . . . . . . . . . » III
Fitmbeabatbter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . » Iss
vadibecpretbungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Herausgeber: Staatsrat prät. prof.Attel,Beichsminitter darrå,Nin-Rat kehrte, Beichiamtsleiter prak. Frei-,min.-dir. Sätt, Staatsminister i.It. Iiartnatlke, prac.lielbalk,BeiMSIUbrer H liimmler, prak. Mallilan, prac. sterbe,prof. liiidin, clberregsltat dr. Ruttlke, vbermed.-Iiat dr. Schaum-, prof. S. Schutt-, prof.Iz.li. Schnitz, prof.Smultze-llaamburg, prak. Staemmler, pras.wrede, prak. Zeit-
Scliriftleiter: prof.dr. vruna li. Schnitz, vabelsberg 2,neue Brei-str. 15
I. F.Lebmanng vertag, miinklien IS - paul Heute-Str. es
sezugspkeig aierteliäbrticli lim. 2.-, cinzellseftItm.-.7o, pactctbeklklkantadesUerlagsMünchenItg;
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pactcparlkaccenlkanta wien IIIIII;poltltlleklklkantasern Ur.III list-I;sireditanltalt derdeatctben inprag, Sralkaner SageIImatttcbetlilianta prag sen-by
,,Wo ein freier Bauer ist, da ist ein
tapferes Volk,
ein freies Land.
Bauern aus dem fiidsteirifchen Grenzland,umgebung von Leutfchach
Je mehr freie Bauern ein Land Zählt,
desto fchwerer ist es ZU
Unter- jochen.«
ErnstMoritzÄrndt
Aufn.O.Kolar
Aufn.P. P.Ätzwanger
Alter Bauer aus dem Sarntal
Vo lkiisssNasse
14.»I. F. LehmannsJahrgang 1939Verlag,.München-BerlinHeft6Juni Pros. Dr.R. Matthaei:Der stand unseres Mediziner-Naehwnehses«)
«
Fortsetzung II.
iezweiteFrage, dieichmit meiner Statistik zu beantworten suchte, istdasVerhältnis zwischen denNoten desReifezeugnissesunddenLeistungenin den medizinischenVorprüfungen. Die Ubersicht 4 gibtdieAntwort4).
Einfluß der Schule:
Schule I. Abschnitt II. Abschnitt
Leistg.(Art Zahl)MickeiwertIvekc.ZahtlrnikkechekksVerc.
H 131 2,2 3,l 7 47 2,1 2,9 4
R 43 2,l 2,7 0 13 1,7 2,5 2
0 46 2,2 2,7 0 17 l,8 2,9 1
I l 46 2,0 2,6 2 12 l,9 l,9 0
II
l
H 65 2,4 3,Z 4 23 2,1 3-0 2
III 20 2,5 3,8 I 12 2,3 4,5 2
a H 32 I,9 2,Z—-) 8 1,7 1,7
IIFo-
R,0 26 1,8 1,8—9 9 1,z 1,4 « 0
R,0 63 2,4 3,2—-) 21 2,3 3,8 « 0
libersicht 4.
Rund 60CX9unsererPrüflinge kommen von Hu- manistischen Gymnasien, jeZOOXovon Realgymnasien und Oberrealschulen. Der Einfluß der Schulart scheintbeiuns nichtso entscheidendzusein,wie es Hartnacke und Wohlfahrt fanden. Hartnacke fand 1929 schonbeider Aufnahmeprüfung fürdie Sexta dieHumanisten weitüberlegenund dieOber- realschüleram ungünstigsten. Wohlfahrt fand die gleiche Reihenfolge derSchularten in denLeistungen derHochschulreife-prüfungen. Nach derUbersicht4 sinddieHumanisten im I.prüfungsabschnittimmer- hinimNachteil. Wirbeobachten auchimmer wieder, daß ihnen namentlich dasEindringen indieChemie besondere Schwierigkeiten macht.Im II. Abschnitt
rücken dieRealgymnasiasten deutlichan dieSpitze.
Eine Kritik der Zahlen isteiner weiter unten ge- gebenen Anmerkung zuentnehmen.
In allen Schularten istzuerkennen, daßdiebesten Schüler durchschnittlich auchinunserenPrüfungen
plc) DieBefunde, von denen hier berichtet wird, habeicham 14. Dezember1938in derPhysikalisch-Medizinischen SozietätinErlangen
vorgetragcn. «
«)DieletzteSäulegibtdenVerlust nach erfolgloserWiederholunge- prüfungan.
diebestenLeistungenaufzuzeigen haben. Das mitt- lereDrittel der Ubersichtbezieht sich auf die zahl- reichste Gruppe der Humanisten. Aus den Reife- zeugnissenwurden nur dieNoten fürdrei Fächer- gruppen herangezogen: Naturwissenschaften-Mathe- matik, Deutsch und Sprachen. Leistungsgruppe I habenwenigstens inNaturw-Mathematik Note 2 und inDeutschund Sprachen Note Z oder besser.
GruppeIIsindinallen dreiFachgruppen genügend höchstensinDeutschoder Sprachen schlechteralsz, III sind auchinMathematik-Naturw. nichtZ oder jedenfalls in den beiden andern Fachgruppen schlechterals z. Es überraschte mich, daß hiereine Reihevon Schülern,die inzweiund mehrHaupt- fächerndieNote 4erhielten, ohne Kompensation aufzuweisen, das ZeugnisderReife erhielten. Nach den Erfahrungen mit diesen jungen Leuten im Unterricht und inden prüfungen steheich nichtan zu erklären, daß siedieHochschulreife nicht ver- dienten! —- Noch auffallender wird dieAbhängig- keitder Physikumsleistung von der bereits aufder Schule erwiesenen Befähigung,wenn man nur die ausgesprochen guten Schüler heraushebt und den übrigengegenüberstellt.Das istim untern Drittel der Ubersicht geschehen.Die Schülerder Gruppea hatten wenigstensinzweivon dendreiFachgruppen Gut. Hier sind neben den Humanisten auch die Schüler der Realanstalten aufgeführt. Die erste Zahlensäule gibtzuerkennen, daßvon denSchülern derRealanstalten mehr gute zu uns kommen (29,5 gegen 24,5«-X,).Diese Tatsache dürfte auchbei dem VergleichderSchularten zuberücksichtigensein.Wir bekommen offenbar nichtdiegleiche Auslese von den verschiedenenSchularten. Vielmehr erscheintdie Vermutung berechtigt,daßnur von den Realanstal- ten diebesten Schülerzur Medizin gehen,während die bestenHumanisten sichandern Fakultäten zu- wenden. —- Endlich sei noch auf die letzteSäule dieser Zusammenstellung verwiesen. Hier habe ichdie vollständigen Versager beider Abschnitte zusammen- gefaßtzundsie erweisen sichbei denguten Abiturien- ten als nochnicht halb so häufig.
Die beiden Einflüsse,diemeine Erhebungen er- kennen lassen,müssennun zusammen wirken. Um diesen Sachverhalt anschaulichzumachen,habeich einStreuungsbild derLeistungenaufgeteilt nachden Berufsgruppen Aund B in derUbersicht5versucht.
Die Leistungsgruppe lentspricht im Reifezeugnis der eben beschriebenen Gruppe a; 2istdann der DerVerlagbehältsichdasausschließliche RechtderVervieleltigung undVerbreitungderindieserZeitschriftzumAbdruck gelangenden Originalbeiträgevor.
121s
Bemjsgmppefi Bemjsgmppe B
1Z 9Fesomxzofyx 91
4 6Any-Wedesz »Hm-»wes 2 6
1
Most-M-
45 ' 28
11,522,55 11,522,53
JAbschnka übersiehtI.Häufigkeitderverschiedenen Leistungen.
Restanteil der Leistungsgruppe Ider Übersicht4.
DieLeistungsgruppe 5entspricht III, und in z und4 wurde II aufgeteilt. Dieerste Zahl in der rechten obern Ecke eines jeden Teil-
VolkmNalle IRS
lingen, dieimI.Abschnitt besserals 2,5 beurteilt wurden, bestanden imII. bei der erstenMeldung
«
ssAzmitderDurchschnittsleistung l,8; währendvon denjenigen, dieimI.Abschnitt durchgefallen waren, imII. nur 4170mit 2,5bestanden und 6sogar zweimal durchsielen, was bei den im I.Abschnitt Guten imII. garnicht vorkam. Mir sind diese Fest- stellungen wichtig, um dem Einwande der Subjek- tivität derBeurteilung entgegenzutreten :siesprechen vielmehr fürdieSachlichkeitund Einheitlichkeit der Notengebung beiden 8beteiligtenPrüfern.
Schlagend zeigtdie Ubersicht 6 die Beziehung zwischen ReifezeugnisundPhysikumsleistungundzwar imVergleichderMediziner mitdenZahnmedizinern.
Während sichbeiden medizinischen Prüflingen des II. Abschnittes (GruppeA und Bzusammengenom- men!) die guten Noten imReifezeugnis häufen, kommen siebei den Zahnmedizinern in Erlangen fastgar nichtvor; esistbeiihnen sogareineHäu- fung der ausgesprochen schlechtenSchulleistungen erkennbar. Entsprechendes finden wir dann beiden Physikumsleistungem von den 79 Medizinern be- stehenbeim erstenVersuch 55,von den 38Zahn- medizinern nur 7 ! Und genau so fatal erweisen sich dieBewertungen der Zahnmediziner imeinzelnen.
Dieschrassierten Abschnitte derStäbe gebendiebei der Wiederholungsprüfung Hinzugekommenen an, die schwarzendie von der zweiten Wiederholung.
Der letzteStab (überdem Minuszeichen) zeigtdie Zahl der zweimal (bzw.dreimal) Durchgefallenen:
es sindbeidenMedizinern von 796, beidenZahn- medizinernvon 38 4-i-5 =9. Schließlich bietet dieUbersichtZ einen Einblick aufdie Zeit,die die Zahnmediziner für ihr Physikum aufwenden. Nur 570 bestandenihre Vorprüfung nachder Regelzeit, Schaubildes gibtdieGesamtzahl
der dargesteuten prüflinge an. »Ja-either Zon»—»eo«-Z-hex
Die darunterstehende Zahl gibt
an, wieviel davon bereits den 69 56
II. Abschnitt der Prüfung be- standen haben. Diese Zahlenan- teile sinddurch die schrassierte Zoneder Häusigkeitsstäbekennt- lich gemacht; so läßt sichdas Verhalten der prüflinge, deren Leistungen inbeiden Abschnitten vorliegen, durchgängig verglei- chen. Die»Physikumsnotensind wie bei Ubersichtl besprochen berechnet. Bei dem ersten Ab- schnitt umfassendie Leistungs- gruppen der Ubersichtl,1:l und l,2; l,5 :1,4 und l,6; 2,0:l,8 bis2,2;2,5 :2,4bis2,6;2,9:2,8 bis 3,0.
Man erkennt, daß schondie 1.Prijfung
M
'
HI- ' prüfung
' ' x
pruimy
IIIIDY1 1,5 Z 2«5Z — Hau-
1 J Ähscfwjii
IS 12 Rexfezeogmk 79Prüflinge 55 bestanden
II III
45 545
38Prüflinge 7 bestanden
-Wiederholungs- IzwjeckertmwF-
1,5 2 2,5 Z — Jheorexxscføe Nofprojszy
SchulleistungeninGruppeA deut- lich besser stehen.Dieunteren Ab- schnitteder Stäbe zeigenüberdies einen ganz ent- sprechenden Häufigkeitsverlaufder Bewertungen im I.und II. Abschnitt. Diese Tatsache ließ sich auch aufandere Weise statistisch belegen.Von denPrüf-
libersicht o.Häufigkeitderverschiedenen Leistungen.
d.h.mitdenMedizinern verglichenkaum einZehntel.
Und von vorneherein meldeten sichvon den Zahn- medizinern2X3verspätet,von denMedizinern nur 1X6.
— Diese Zahlen gebenzudenken: zweifellos sindes
liests
(wenigstens beiuns in Erlangen) dieweniger Be- fähigten,die das zahnmedizinischeStudium wählen.
So befinden sichunter ihnen auch10bis 15vom Hundert verunglückte Mediziner. (Die Zahl läßt sich nichtgenau angeben, weil viele Mediziner, diezur Zahnheilkunde umsatteln, dieUniversität wechseln.) Das zahnmedizinische Studium gilt offenbar als leichterzubewältigen.Wenn man sichdieBedeutung desZahnarztes fürdieVolksgesundheit geradein der Gegenwart klar macht, so mußman diese Tatsache
bedauern und grundlegende Wandlung wünschen.
Was mir indessenan diesem auffallenden Befunde allgemein-psychologisch bedeutsam erscheint, das ist dieTatsache einer Selbstauslese, die hiervon der Minus-Seite her bestätigtwird. Hartnacke hatdiese Erscheinung 1930beider Wahl der Schulgattung beobachtet und ihre Wirkung fürdie Berufswahl vorausgesagt. »Rraft einer Selbstauslese stuftsich die geistige Eignung der einen Beruf Wählenden imDurchschnittsehr deutlich gemäßdentatsächlichen Schwierigkeiten des Berufes ab. Die schwierigsten geisteswissenschaftlichen Berufe haben imallgemei-
nen dieAnwärter, diedieser Schwierigkeit Herrzu werden das besteVertrauen zusich selbstund ihrer Eignung haben.«Und mit Wohlfahrt zusammen konnte er diese Voraussage in einer Ordnung der Berufswünsche der sächsischenAbiturienten nach ihren Prüfungsleistungen anschaulich bestätigen. Ich gebediesefBefunde,soweit sie hiervon Bedeutung sind,in Ubersicht7wieder. Die Zahlen gebendie durchschnittliche Punktbewertung der Prüfungs- leistungen der nach Berufswünschen geordneten Schüleran. Man beachtedieParallele, diesichaus denBefunden der Ubersicht lergibt: die Ordnung derLeistungen imII.Abschnitt nachdemBeruf des Vaters bietet diegleiche Reihenfolge:Arzte—- Lehrer
— Akademiker II (Apotheker)— und ganz unten dieZahnärzte.— Goethe faßtedie gleiche Einsicht inein bedeutsames psychologisches Gesetz:»Unsere Wünsche sind VorgefühlederFähigkeiten,die inuns liegen,Vorboten desjenigen, was wir zuleistenim- stande sein werden.« (Dichtung und Wahrheit, 9.Buch.) —— Wir aber sollten diesem Gesetzedie Mahnung entnehmen: senkenwir unsereAnforde- rungen, sowird der Zustrom zuden akademischen Berufen sich noch ungünstiger gestalten!
Als Schluß-Ubersichtgebeicheinen Vergleichder Schichtung derPrüflinge nachdemBeruf desVaters mit dem Stande von 1911(2 prüfungstermine des damals nocheinheitlichen Physikums in Erlangen mit insgesamt 90 Prüflingen). Die Abschnitte der Stäbe gebenden Hundertsatzder einzelnen Berufs- anteile an. Akademiker Iund II sind zusammen- gefaßt,dieÄrzte durchdieunterbrochene Linie ab- gegrenzt (beiden Zahnärzten die Zahnärzte und Dentisten). Außerdem Neu-Auftreten derBauern und Arbeiter fallenvor allem zweiVerschiebungen auf,dieich durchdieSchraffierung heraushob: das
»Unternehmertum«,wie ichdieGruppen derKauf- leute, Verwalter I und Kaufmänner zusammen- fassen möchte, stellteinen beträchtlichkleineren An- teil (statt 32nur noch21CX,), dagegen istdie un- günstige Gruppe der»Nur-Verwalter«, wieman die
II. Matthaeh der Stand untere- Medizinersnatliwutliles 125
—90—
—70—
—50.-...
—40.—
Naturwissenschaft Philosophie Philologie
Spezialärzte Jurist. Verwalter Theologen »
Praktische Arzte Ingenieure Rechtsanwälte
Lehrer
Tierärzte Apotheker
Zahnärzte
libcrsiclit 7.Berufswüijfd1e,
1911
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imÄnfchlulse imHartnathe-Wohlfahrt.
227
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»Bei-they
übersiehts.schichtung nachdemväterliche-I Beruf.
Verwoxxer I Bot-AmU.Arb.
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1958 U
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Akademiker s
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Lehrer B
ZKooflewe 25 l
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57 Zofyomedxther
125
Verwalter II inhaltlich kennzeichnen könnte, stark angewachsen (von 4auf lsOAxDem Sinne der dargelegten Zusammenhänge entsprechend istbei dem imganzen etwas günstiger liegenden II. Abschnitt das Unternehmertum etwas stärker (25),dieNur- Verwalter etwas schwächer (15) beteiligt, dagegen verschieben sichdie Schichtungen bei den Zahn- medizinern gerade umgekehrt (Unternehmer 19 und zwar nur von der vergleichsweise ungünstigsten Gruppe der Raufmännerz Verwalter gar 279X0).
Beide Veränderungenwirken als Verschlechterung der Gesamtleistung. Auf der andern Seite istder Zuwachs der Lehrer-Söhne (von9aufUNDgün- stigzubeurteilen. Im großen scheintesverständlich, daßdieBerufsgruppe A bei denZahnmedizinern nur ein Drittel stellt,währendsiebei den Medizinern wie1911immer noch mehralsdieHälfte ausmacht.
Diegeschilderte Umschichtung dürfte mithin doch nicht ausreichen, um den Leistungsrückgang allein zuer- klären. Offenbar kommen aus allen Berufsgruppen wenigerbefähigteund schlechter vorgebildete Söhne zur Hochschule.
Hartnacke hat überzeugend dargetan, daßdie Geburtenzahl bei dengeistig Befähigteninbesonders erschreckendem Maße zurückgegangen ist. Dennoch glaubeich nicht, daßwir vor diesen »Ungeborenen«
(München 1936) kapitulieren müssen.Meine Statistik bestätigtden allgemeinen Eindruck, daßdieBe- fähigten nicht-akademischen Berufen zustreben, wäh- rend UngeeignetedieLücke füllen. Diewesentlichen Heilmittel desUbelstandes sehe ichinrichtigerWer- bung undAuslese.
Das Ansehen der akademischenBerufe mußim Volksbewußtsein, besondersbeider Jugend, wieder gehoben werden, auch durch FörderungderBerufe selbstund derHochschulen.— Wir müssenuns klar darüber werden, was aus denverschiedenen Berufs- schichtendes Volkes im ganzen für diese Berufe zu gewinnen ist.Wir müssen auch dieGefahren eines berufsfremden Zustromes sehen. Jeweiter der Beruf desVaters von dem gewählten abliegt, desto größer mußdieGefahr falscher Vorstellungen über diesenwerden. Es istmir deshalb auchnichtver- wunderlich gewesen, daß ich geradebeiden Söhnen der Verwalter IIimmer wieder dieAbschätzungder Aussichten, zu Gelderwerb zu gelangen, für die Berufswahl bestimmend fand. (Ein Beispiel für viele: Eine verzweifelte Mutter schriebmir von ihrem Sohn, der schoninder Reifeprüfung zu- sammengebrochen seiund nun den Mut zum Phy- sikum nicht aufbrächte. »Wirwollten ihnniemals weiter studierenlassen,aber wir brachten ihn1932 in dieser schlechten Zeit und mit Hauptnote 2,6 nirgends unter.«)Ein gebührenfreiesStudium kann die Gefahr eines Zustromes Ungeeigneter, die nur den Nutzen suchen, vergrößern.—- DieLehre von einer naturgemäßen Arbeitsteilung nachdenFähig- keiten des Einzelnen entspricht unserem national-
Volk-»Nati- IIII
sozialistischen Programm. DieBefähigung istaber ganz wesentlich durchdieErbanlagen bestimmt,und diesekommen wiederum auchinder Berufslage des Vaters zum Ausdruck.
Auf der andern Seite müssendie wirklichBe- fähigtenallenur denkbare Förderung erfahren. Daß dieBefähigtenin allen Berufskreisen zufinden sind, zeigt auchmeine Statistik,freilichmit verschiedener Häufigkeit (siehedieUbersicht 2!).Da mußeinezu- verlässige Auslese fürdieakademischen Berufe ein- setzen.Dieberufswichtigste Eigenschaft, nämlichdie geistige Befähigungmußderoberste Grundsatzdieser Auslese sein.Meine Befunde besagen, daßdem Urteil der Schule über die wissenschaftlichen Lei- stungen wenigstens fürden Besuchder Hochschule ausschlaggebende Bedeutung beizumessen ist.Aber auchdieHochschule solltemit einer Ausschlußmög- lichkeit Ungeeigneter schonzuBeginn desStudiums einen stärkerenAnteil an der Auslese gewinnen.
Eine Stichprobe ergab,daßdiestudentische Förde- rungsauslese jedenfalls keine Sicherheit für die wissenschaftliche Befähigung gewährt.Beim letzten Prüfungstermin waren von 43 Prüflingen des I.Abschnittes 20durch Erlaßder Hörgelderunter- stützt,und6 davon standeninderFörderung.Gute Leistungenzeigtenvon denprüflingen insgesamt 9z 4 davon gehörtenzuden20Unterstütztenzunter den 6Gefördertenwar einer. Dasheißtaber: dieHäufig- keit der Bestleistungen war bei den Unterstützten keineswegs größer. Ebenso war dieDurchschnitts- leistungder Bestandenen bei beiden Gruppen gleich (2,4).Unter den20Unterstützten fielen sogarZdurch;
davon gehörteeinPrüfling zuden Geförderten.
Nichts scheintmir denNiedergang desStudiums schärferzubeleuchten als dieverbreitete Unklarheit über dieeigene Berufswahl und dieallgemeineVer- ständnislosigkeit füreine selbständigeAuseinander- setzungmit der Wissenschaft. Hiermußvor allem dieErziehung angreifen. Und dieStudienordnung mußderen oberstesZiel imAuge behalten. So halte ichz.B. einen Hörzwang fürden Studierenden für schädlich;denn erdecktdasWertvollstezu: denVor- lesungsbesuchaus eigenstem Antrieb, aus Bedürfnis!
DashäßlicheWort ,,Brotstudium« bezeichneteinen genau so verwerflichen Gegenstand wiedas andere ,,Geldheirat«.In beiden entscheidenden Lebens- fragenmuß echte Neigung den Weg weisen, wenn sie richtiggelöstwerden sollen.Innerer Drang, ja Leidenschaft muß treiben,sonstkann dem Entschlusse nichtsGedeihliches entwachsen!
DerFührer hat aufdem Parteitag 1933eintiefes Wort gesprochen,dasviel zuwenig Beachtung ge- funden hat. »DasLeben stellt an jeden einzelnen Menschen dieFragenach seiner Abkunft am Tage seinerBerufswahl.« Diese Frage wird sehr häufig nicht mehr verstanden.— Mögeesuns Hochschul- lehrernund uns Arztenvergönnt sein,mitzuhelfen, daß siewieder verstanden wird!
Nachwort: BeiderAuswertung meinerStatistik überdenMediziner-Nachwuchs ergabsich die Notwendigkeit, imBereichederakademischen Berufe (derVäterderPrüflinge) eineAussonderung vorzunehmen nachdemGrade derSelbständigkeitdergeistigenLeistung,diederBerufin der Ausübung verlangt, aber auchnachderHöhederAnforderungen, diefür ihreAusbildung vorausgesetzt wird. Zuden Apothekerm dieichals Muster derGruppe Akademiker llannahm, was ich auchmitdemHinweis aufWohlfahrt inderFortsetzung meiner Abhandlung begründete, stellteich deneinzigen»Chemiker«,dersichunter denVätern unsererMedizinstudenten befand.Selbstverständlichlagesmirfern,damiteineBe-
wertung desChemiker-Standes imGanzen auszusprechen. R.Matthaei.