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Die Zukunft, 10. Januar, Bd. 42.

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Academic year: 2022

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Zukunft

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Berlin, den Io.Januar 1903.

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LuiseGiron.

ImischenPassyund Auteuil wohnten sie;dichtamboulogner Wäldchen.

«

Eingrüner Fleckgehörteihnen, zweiZierbeeteunddünnesGebüsch hinter hohenLebensbäumen,die derNeugierdenSehweg sperrten. Jm Haus Alles eng, impariser SpielfchachtelstiL Kleine,warme KäfigefürWellen- sittiche,dieeinander stetsfühlen,beijederBewegungmit demGefiederstreich- eln wollen.Kein großerRaum; imEßzimmerkönnenzwanzigPersonensitzen, wenn sie zusammenrücken.Die Frau hatte sichin dasHäuschenverliebt.

Sostill, so zärtlich,so einfach; guteLuft fürdasPüppchenund"·dochunrein kurzerWegbis in dieHerzkammerderRiesenstadt.AngeräuschvolleGesellig- keitdachteman ja nicht. Später vielleicht,wennallesHäßlichevergessenwar undAndriåsicheineStellung gemacht hatte. Einstweilen sollten nureinpaar zuverlässigeFreundeinsNestgucken;unddafürwarPlatzgenug.Der Mann warnicht leichtzu überreden. Erhätte lieberin einergroßenAvenuege- wohntundversucht, sicheinen Salonzuschaffen.Wersichzurückzieht,istbald allein,sagteerundquältedieFrau mitdemBeweis,daßsieinungewohnterEnge verkümmernmüsse.AmEndegabernach.Er wolltekorrektseinundnichtda denHerrn spielen,woerWohlthaten empfing.Nochwarenfie aquuisesRente aUgewiesenxTrotzdemGerichtsspruch,Jhre KaiserlicheundKöniglicheHoheit habe durchunsittlichesVerhalteneineso tiefeZerrüttungdesehelichenVer- hältnissesverfchuldetdaßdemEhegattendieFortsetzungderEhe nichtzu- gemuthetwerdenkönne(§1568B. G.B;), hatte derSchwiegervater für ihren Lebensunterhaltgesorgt.DerSchmuckkonnteeingelöst,dasHäuschenge- kauftwerden.Und Andråbestanddarauf, daßdieFrau,als dieErhalterin,

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auchdieHerrindesHauses sei; so gehörtesichs. LangewürdedieserZu- stand janichtdauern. NureinBischen Ruhe brauchteer,umseineliterari- schenPläne ausreifenzulassen:dann kam derErfolgunddie Verleumder würdenerkennen, daßdiePrinzeffin nichteines Abenteurers Beutegewor- denwar. BisdahinabersolltesieAllesnachihremBeliebeneinrichten; »nur keineschmutzigenGeldsachenzwischenUns«.Siewar glücklich.Dasgemein- same Schlafzimmer,diehelleKinderstubeundAndriås Allerheiligsteswurden neumöblirt;in den anderen RäumengenügtenmoderneTapetembilligeLi- berty-EleganzausdemLouvre undrechtvielefrischeBlumen, täglichganz frische.KeinenDienstbotentroßzderPortier mußtediewinzigeGartenarbeit besorgenUnd mitzweiMädchen,Koch,DienerundKinderfraukammanbe- quem aus.Wohlthaten?Wieernur soredenkonnte!JnderSchweizhatten sie javonseinemGeldegelebt; sie mußtesich,nursie,alsSchuldnerin fühlen, nochlange,—- selbstwenn sievergessenkönnte,wemsiedasgroße,daserste Glücksgefühlzu dankenhatte.Erwar wohl aufeinLuxusthierchengefaßt, dasdenWerthdesGeldesnichtkenne?Er würdesichwundern. Einerich- tige,praktischeHausfrau;einDrache,derjedenHeller bewacht.Undgarso schmal hatten siesnicht;dieFrommenzuHausewaren imGrundesehran- ständiggewesen.Jhn dürfedieAlltäglichkeit,derKleinkramdesHaushaltes nicht erreichen.Erließsichs gefallen.SeinPortemonnaiewarnieleer, sein Tisch stets gut bestellt; undwenn erfragte,hießes:Pst!DieHeinzelmänn- chen,diefürVerliebtesorgen, ärgert neugieriges Forschen.Dieböhmische Kinderfrau hörtemanchmalfreilicheinenSeufzer.Wenn dieBlumen,die An- dråsoliebt,nurwenigerkosteten; und dieFrüchte,deraufStunden gemiethete Wagen,die Kleider. Zu dumm, daßman alsMädchen nicht wirthschaften gelernt hat. DochdieUebergangszeit währt ja nicht lange. Schonwirdder LiebstevonRedakteuren undVerlegern bedrängt.UndwelcheWonne, ohne einschnürendenZwangnur ihmundseinemKindleben zu können!

HerrGironwarwirklich umworbcnzman botihmhohesHonorar.

Aberersollteimmerüber densächsischenHofschreiben.Wieerhinkam; sein ersteslängeresGesprächmit derKronprinzessin; Schilderungendeshösischen Lebens, derHauptpersonenzundsoweiter.Daspaßteihm nicht.Wareret- wanur interessant,weilLuiseihnliebte? Anfangs hatteman ihmeinGe- dichtbändchengutbezahlt;derVerleger hattenur dieBedingung gestellt, daßderTitel laute:Erosälacour. Die KritikernahmendieVersenichternst UndaufMontmartre sangman einSpottlied:Gern-itrosse å la cour!

EinkleinesDrama imStil VerhaerenswurdevondengroßenTheatern

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LuiseGiron. 01

böslichabgelehntund,alsesbei denMathurins angebrachtwar,nurvier- malaufgeführtUndParislebtsoschnell,verbrauchtin einemHalbjahrso vieleSensationen.AllmählichwurdendieAngeboteseltener;die alteGeschichte vonderKronprinzessinunddemHauslehrerzog ebennicht·mehr.Gottsei Dank, sagteAndriå;endlichwirdman mich nachmeinerliterarischenLeistung beurtheilemwiejedenAnderen. Er werdeihnen schonzeigen, daßMaeter- lincknichtdereinzigeBelgier ist,dersichimpariserLärmGehör schaffen könne.Freilichdiirsemannicht TagvorTag zwischenseinervier Wänden sitzen,.sondernmüssesichsehenlassen,woTour-Paris sichversammle.Das begriffdieFrau.Gewiß:werschaffenwill, brauchtEindrücke unddarf nicht VerfauernNurmitgehen mochtesie nicht.Alle Leutestarrten siean;undsie fühltedasFlüstern:VouSSavez? Die könntejetztKöniginsein;das ganze Lied wurde dannheruntergeleiert.Undeinmal...Siewurden einer alten Dameaus demadeligen Faubourg vorgestellt·»HerrundFrauGiron.«

DieVieomtesselächelte;nur eineViertelsekunde lang;aberdashuschende Lächelnschienhöhnischzufragen: Frau?..DaskonnteLuisenicht vergessen.

Zwar behauptetendieFreunde, PariskennekeinePruderie,undnannten Damen,dieohne Trauscheinüberall willkommenseien·Möglich.Dochwer kommtvonderKinderstubengewohnheitvölliglos?Manistebenverzärtelt.

Fl"iil)erwars einHauptspaß,bohizme zuspielen;man wars ja dochnicht.

SezeisionistischeKünstlerin derWerkstattbesuchen,verbotene Bücher lesen, WährendderHofkirchenzeitinheller Blouse undCanotierhut aufsRadstei- gcli,boshasteEpigrammedrechseln,dieSchwägerinmitKorylopsisduftärgern und,unterehrwürdigenCourschleppen,Cocottenkleider vonPaquin tragen:

dierothenKöpfederAllerhöchstenundHöchstenwaren zumTotlachen.Der RangbliebEinem;Niemand wagte sichjeüberdieSchranken hinaus, selbst wenneineKeckheitals Köderhingeworfenwar. Jetzt...Allesistanders.

Nichtetwahäßlicher—- imGegentheil:zehntausendmal schöner—;nur eben anders. Man wirdvondenMenschen klassirt.Manhat »eineBergan- genheit«.Sehr interessant;aberdieFrauenwerdennierechtwarm unddie

chrchstets allzuwarm. Deshalbwars in demGartenhäuschenauchnie zu mtimek

Gefelligkeitgekommen.DievornehmenDamen,diesie aufAndrås WunschzUmTheeoderLuncheon lud, hatten merkwürdigoft ihre Migräne UndmUßtenimletztenAugenblick»andassolange ersehnteVergnügenver- zichlc11«.linddie-Herrenwurden nachdemzweitenGlasumeineTonschwin- Jungzulaut,warfenschmachtendeBlicke underzähltenGeschichtchen,die noch Nichtmauvais genre, abernichtmehrganzsauberwaren.Unbehaglich.

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Dergute,argloseAndråmerktenichts.EinwahresGlück.Fühlte nicht einmal,warum sie nachdemzweitenAktvonLe Demi-M0nde plötzlich nach Hausewollte.SeitdiesemAbendklangdie Rede über dieverschiedenen Psirsichsorteninihr nach;nur nichtzu derwurmstichigen,das Stückfünf- zehn Sous, gehören!AnEinladungen fehlteesdemjungen Paar nicht; auch nichtanGästen.DerFigarowolltesie für jedenFive0’clockunddie Hordeder rastacouåres drängtesichansie.Nein. Lieber alleinbleiben.

EinesAbends hatteeinRadscha ihrdreimal dieHandgeküßt;schließlich mußtesiedemdunklenHerrnihreFingergewaltsamentziehen.Merkwürdig.

Siefordertedie MännerdochnichtzudreistenGalanterien heraus, gingim Wortgefechtlange nicht mehr soweitvorwiefrüher; undtrotzdemringsum dieSucht, sichalsDonJuan,alsVerfluchtenKerlgeneigter Beachtung zuempfehlen.Eigentlich...Wenn man nachdachte,wars nur natürlich.

Man isteinmalvomWeg abgewichenundhatdenRufdergrandeamon- reuse erworben. Allesahen,Allewissenes.Dasreizt.Waseinmalgeschah, kannwiedergeschehen.Jederbildetsichein,es mit demdürftigenHerrnGi- ron amEndenoch mühelosaufnehmenzu können.Hübschabwarten,bis die richtigeStunde undStimmung sicheinstellt; Hauptsache:immerda undbe- reit zusein.EinervonAndrcåsFreunden hatteesbrutal herausgesagt.Sie galtalsguteBeute;undwerihren Ersten auszustechenvermochte, hatteals Rabatt eineBombenreklame. Also mußte sie sich doppelt vorsehen, stets korrektseinundausgelasseneLustigkeitmeiden. Kein Glückohne Leid;und ihrbliebjanochein ganzerHimmel.Damittröstetesie sich.Aber wiewun- derlichdasLebenist!Dahatman sichüberso Vieles hinausgesetzt,umfrei zusein,ankeinenges-Vorurtheil,keinHofphilisteriumgebunden, und mußnun ängstlicherjede Silbe aufderZunge wägenalseinstimSchloß.

AlleindurchdieStraßenradeln? SiehättebaldBegleiter gefunden.Kein auffallendes Kleid, keinenphantastischenHutdurfte sie sichgönnen.Stille Weiblichkeitzsonst hieltmansiefüreine Abenteurerin. SogarKorylopsiswar nicht mehr möglich,mußtedurch ehrbareren Duft ersetztwerden.

DaswaraucheinGrund,dersieimHaus hielt. FünfKinderleben imKönigsschloß,zwei sind früh gestorben,einshat sie sichgerettet.Acht Schwangerschafteninelf Jahren: jiingerwird eineFraudavonnicht.Und darf sie sichobendrein nicht nachpersönlichemGeschmackkleiden,einBischen extravagant, anders,alsdieModeden Sittsamen vorschreibt,danndroht ihrdieGefahr,neben demZwanzigerwelkaus-zusehen. »Dir,armes Ha- scherl, schauteinBlinder an,was Dudurchgemachtl)ast«,hatteBruder

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Leopoldgerufen,alser,nachlanger Pause,wiedereinmalzuihnenkam, -,iUsPa"radies«.Ihr sagteerdamitnichtsNeues. SiesahdenVerfall ihres Leibes,dieKrähenfußspurum AugenundMund,diegilbendeUeberreife desweichenFleisches.Eine ganze WeilenochkonntemanmitTonies,kosmeti-s schenMitteln,Toilettenkünstennachhelfen.Abergerade siedurfte nichtauf- salle11,sichnichtschminken,nichtallzu süßenWohlgeruchverbreiten. Soblieb sielieber bei dem Kleinen undbegnügtesichmitdemVergnügen,ihrenAndre sürdiePariserzuputzen. »Du:eigentlichwohl fürdiePariserinnen?«Er lachteleise;essollteGeringschätzungausdrücken undverrieth, daßMännchen anderrichtigenStelle gekitzeltwar. .Er! AlsobereinenFußüberdie SchWellesetzenwürde,wenn ernicht müßte;seinerArbeit, seiner-Pläne,sei- nerBeziehungenwegen. Galeere,meinHerz;seifroh, daßDirdasRudern erspart ist.Dabeistreichelteersiemit derweißen,schmalen,soignirtenHand, dierekstihr Augeaufihn gelenkthatte-diegraziös gekrümmtenNägelglänz- tenimmer sounheimlich—, undwarfeinenletztenBlick in denStehspiegel.

»Warte heutenurnicht;eskannspätwerdenundDusiehst abgespanntaus.«

Dann saßsieundträumte. Was soll Unsereins thun,dasnichtar- beiten gelernt hatund fastnie alleinwar? Lesenstrengtan. Klavierspiel stimmtabendsleichttraurig.DieHofberichtedurchstöbern;überallBekannte, Verwandte;unddoch:wie- weit!Neulichwar derBalkanfiirst,densieals Mädchengerngehabt hatte,insHaus geschneit.Jnkognito;abersehr artig Undsehrherzlich·UndhatteeinenganzenKorbvollKlatschmitgebracht;

UeusteundallerneusteSkandale. Somunter warLuiselangenichtgewesen.

Manhateben denselbenTon in derKehle.Dasverlernt sichnicht.Keine Anspielung;siekonnteglauben,eingetrönterVetterbesuchesieanderElbe.

Und alssie von Vergangenem anfing undsich nichtschonte,trösteteer·»Sehr verständigundtapferJchßSiedenWunsch geopfert haben,die Kinderwieder- zUsehelLJst gewißschwergeworden.Wäre aberhöchstenseinehalbe Sache;

dieOberhofnieisterinsäßestocksteifdauebeu, jedesWortwürdezehnmalim Mund umgedrehtundeskäme zukeinerJntiinität.WichtigsteLebensregel:«

Konsequenzenaufsichnel)men.Daßdie kleineGesellschaftgut versorgt istund derKronpkinzwie derstrammsteRekrut exerzirt, wissenSieja. Schä- digungdesmonarchischenPrinzipsP LassenSiesichnur nichtvonsolchen Grillen plagen, liebrvertheFrau Base.Allesgeht seinen Gang.Jhre That hatte,wie diemeisten Dinge, aucheinenützlicheSeite,—— füruns,meine ich;fürSienatürlichnur solche.Seitdem schleichtnämlichdasGerücht uull)er,wirLandesväter,Landesinütter undsoweiterführteneinJammer-

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leben,hättenwenigerFreiheitals unsereLakaiennachFeierabendundblieben nur aus«-PflichtgefühlimgoldenenBauer.Das schmecktdengetreuenUnter- thanenwiefrischerKäsekucl)en.Unteruns können wirja gestehen, daßes nichtimmer ganzso schlimmist undManchervonGottes Gnadensichanm- sirt,alshätteersiebenmalin derWocheGeburtstag. Jedenfalls brauchen Siesichnach dieserRichtungkeinenVorwurfzumachen. SämmtlicheThrone undThrönchenstehennoch;undFriedrichAugustkonntedasBischenMär- tyrergloriebrauchen.« EinpaarbehaglicheStunden,an diesiegernzurück- dachte. Schade, daßAndråeineAndeutuug gemachthatte,die wieSehnsucht nacheinem Ordenklang.DerFürst warfeindrüberhinweggeglitten,hatteam nächstenMorgenabergeschrieben,leidermüsse erselbstsichdieErfüllungeines Wunsches versagen,dienahenVerwandteneinedemonstrativeUnfreundlichi teitscheinenkönnte. Wiederartigundherzlich;dochsie fühlte:erwürdeihr Haus nicht mehrbetreteu.. .DerLiebste stießeinRauilnvölkchendurchdie Nase, ließdieNägelfrontimSonnenlichtfunkelnundsagte: »Der Herr CousinisteinCretinzwäreübrigensderErsteausderedleuBerwandtschast, derfiir micheinenFinger rührt.DieließenEinensicherverhungern.«

VondembösenWortblieb eine Narbe. Diebrannte,wenn die Ein- samevorsichhinsann. Ihnhatte sieschnellentschuldet. Mußteernichtmehr vondiesemHerzens-bunderwarten? Hatte sie selbstnichtmitandenLuft- schlösserngebaut, damals,imSchulzimmerderKinder,wenn die Kleinen sichnebenanaustollen durftenundsieBeide,zwischenzweiKüssen,einander zärtlichdenCigarettenrauchin denMund bliesen?Dawar siedasWunder inseinemarmen Hofmeisterleben NichtimfrechstenTraum hätteersolche Umarmuugzuhoffengewagt. Hindernisse?Sielachten. EineKaiserliche nndKöniglicheHoheitbleibt, auchwenn siederFesselentlaufen ist,eineGroß- machtundistimExil noch starkgenug,um denMannihrer Wahlüber die Heerdezuerhöhen.Jetzt? Erjagtdem Erfolg nachundkannihnnichthaschen.

Die Männer rümpfendieNase.Monsieur Alphonse. Daudets aller- liebstruchloserstrugglekorljfeun Geschlechtsneid?"Ganz sicher;ebenso aberauch, das;erdiegroßeLeistungimmernur ankündete,nievollbrachte, trotzdemesihman,,Veziehungen«und»Eindrü(ken«nichtmehr fehlenkonnte.

AufdieFrauenwirkteermit dem Niinbns des·hommeåi femmes. Es giebt hübschereMänner;werabersehntsichnichtin den ArmDessen,dem eineKünigskronegeopfertwurde? »SehenSienur dieseAugen! Jchwerde jedesmal roth,alskönntenBlicke entlleiden.« DasAlleswußteLinseDer Eitlekann dieTriumpheseinerLDiännlichkeitnichtverschweigen;undschwiege

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Lnise Giron. 55 er: letzter-jedehat scharfeWitterung.Sie zwangsichzuniichternemRechnen.

Höherhinaufkonnteihnnur dieHandeinerFrau führen.Er konnteder insguineiner Nana werden,dieihre Freunde für ihn alarmirte, ihnVon ihrem Deputirten fürdieEhrenlegion empfehlen ließnndinSchäferstiind- cheUdiePkeßtyrannenfürdasneueTalentgewann. OderderMann einer Millioniirin vondrüben,die in derfünftenAvenuemit demEntfiihrereiner Kronprinzessinaus kaiserlichemBlutprnnkenmöchte.Das waren seine Chancen;welchenanderen lieferdennauch so hastig nach, durch Salons, Theater,Restanrants?Siewar ihm längstdieAlltäglichkeit.Eine alternde Frau,dere.nLeib dieMale derMutterschaftträgtundderenlZärtlichkeitleicht zUkLUftwird. Die Anderenfehenbesserans,dnften exotischer,habendieflinte ZUUgc,denbehendenGeist,dierascheReplikderPariserinznnddenReiz desUnckkaschtemdasneue Sensationen verspricht.Waservonihr haben konnte,hatergehabt.Klassenennt mans beiRennpferdenDaswaraberauch dereinzigeGewinn.DieLuftfchlösserlageninTrümmern. Undwereinmal bis zUsolcherHoffnunggeklettertist, fühlt sichimErdgeschoßeinesGarten- häuschellsnicht mehr lange wohl.WennsiesichwenigstensalsSehens- würdigkeitverwendenließe!AbersiehattehunderttausenduralteVorurtheile.

KeineGesellschaftpaßteihr. »LieberHimmel:inunsererLage darfman nicht fvwählerischsein!«Kein Stil indiesenPrinzessinnenaus mediati- littenHäusern;werden,wenn dasBischen Hofstaat fehlt, gleichbonrgeois UndPUsirenehrbareHausfraulichkeitObeseinen Sinnhabe, jedenSonn- abend dieZiffernzuaddiren,die derKochin dasWirthschaftbuchschreibt.

DieEinkaufspreisekennesie jadochnicht undderKerlzieht ihnen täglich dasFellüber dieOhren.Unddie Leutelassensichnichts sagen. Behntsam, wiemitrohenEiern, müssemanmit derSippschaft umgehen. Sonstkommts wie mit derKinderfrau,dieaufeineRügeantwortete: «Bin ichehrlichge- traute Frau!«Herunterschlncken; denn das Kindist,,an dieTheresegewöhnt«.

NachdiesemGesprächhatteeseinen Sturm gegeben;denersten,den dieFrau ausbrechen,ausrasen ließ.EinevondengrausigenStunden,wo zweilandieselbePlankeGeklammerteeinanderaltenGrollinsGesichtspeien, zweiRasendedenVerband von denWunden reißenundmitdenblutigen Fetzeneinander peitschen,bis Beide ganzmorschsind, entgeifert,vomBlut- verlusterschöpftundnur, mitzitternden Nerven, noch röchelnkönnen.

»LeidestDuetwadarunter? Dusiehstdie Altejanicht«.

»UnterderschiefenSituation leideich·Komme nichtzur Arbeit«.

»JedermußdieFolgen seiner Handlungen tragen«.

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»NichtAllesläßtsichvoraussehen.Und..Handlungen?«

»Ja.OderwarstDnvielleichtwillenloses Opfer?«

»Der Jüngerejedenfalls;undderUnerfahrenere.«

»Ach?Dann habe ichDich wohlaus demGlanz gelockt?Undge- träumt,alsichdasLiedvondemMärchengliickvernahm,dasunser harre?«

»KeineGeneralabrechnung,bitte. Du warstnichtmeineinziger Trumpf, ich nichtDeineersteEntgleisungJrrenhans ist schlimmer.««

»WillstDudieseSpukgeschichtejetztmirerzählen?DeralteKaiser hattenrirseinWort verpfändet.Allessolltestillbeigelegtwerden.Daspaßte Dirnicht.Nunweißich,warum ichalldiesenZeitungmenschenRedestehen undmeineSchande aufdenMarktschleppenmußte.Die Verwandten sollten eingeschüchtertwerden. Darum dieParole: OhneSkandal gehts nicht. Jch war soverwirrt-im fünftenMonat! —, soganzausdenWurzeln gerissen undinmeinerspätenLiebeso blind, daßichAllesgeschehenließ,Allesrichtig fand,wasDusagtestnndthatest. Jch belogmichselbst,wollte mirselbstnicht bekennen, daßichdemTriebfolgte,undschobsaufHofintrignen,Familien- knechtschaft,unerträglichenZwang.UnddasAllessagteichfremdenLeuten, dienur daran dachten,Pikanteszu drucken.Dukonntestmirsersparen«.

»Danke. Jrre ich:oderslohstDuallein?«

»Weil ichnicht lügen mochte.WeilichDeinKind..

»MeinKind ?Hm..Das;diekronprinzlicheFamilieeinemfreudigen Ereignißentgegensehe,hatte ichschonrecht lange vorherin Amtsblättern ge- lesen. Solche Notizenwerden vorderVeröffentlichungdemHausherrndoch wohl vorgelegt. Jch habenie zuseinenBewunderern gehört,bezweifleaber, daßsein Ehemannsglaubebis zuunbefleckterEmpfängnißreicht; auchwet- tinerFrömmigkeithat ihreGrenze.Also mußerGründegehabthaben,über

»dieVerkündungneuerVaterschaft nicht erstauntzusein. Jchwarnur ein klei- nerGehilfeimDienstSeinerKöniglichenHoheit.KeinemajestätischenBlicke, Louisonzbist ja nicht mitgekröntworden. ,UnsittlichesVerhaltenc

»Das sagstDumir?«

»...Warichs nicht,wars eben ein Anderer!«

AusdemZierbeet hinterden LebensbäumenschautenPrimelköpfchen ansLicht.AmSeemußesheute schönsein· JnderZeitung steht: »Der KönigvonSachsen istmitseinenKindern inSalzburgzumBesucheinge- troffen.« FroheOstern fürdiekleineGesellschaft...»ZiehenSiedasKind warman,Therese; wir wollenausfahren.« »Wohinbefehlen?«»Jns Freie.

ZumPavillond’Armenonville zuerst; ichwilllustigeMenschensehen.«

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PeterJljitsch Tschaitowskij. 57

Peter Jljitsch Tschaikowskij.

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ine bekannteThatsache ist,daßsichdieMassederKritikerundderLaien

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niemals sogründlichblantirt wiedann,wenn esgilt,zuneuen Er-«

fcheinungenStellungzunehmenundihre wirklichekunstgeschichtlicheBedeu- tung festzustellen.Ebenso sicheristaber, daßsich selbstMusikervonFach, wenn oderbesser noch:weil ihnen meistdieumsassendeVorbildung fehlt,diestärkstenBlößen geben,wenn siefür»Novitäten«eintreten und durch Aufnahmeinihre Programmeneue Werkesanktionirenwollen. Jch brauchenur daran zu erinnern,daßso niaßlos schlechteMusik,wie sieAugust Klughardtzueinem so hoffnunglos dürftigenTextwieder,,Zerstörung Jerusalems« geschriebenhat,inzwei JahrenimTriumph durchdiedeutschen Städte zog unddaß sichselbstganzbedeutende Musiker nichtschämten,mit soichckGeschäftswaaredenGeschmackihrer Chöreund ihres Publikums vollendsherunterzubringen.DaßunfähigeKritiker und schlecht berathene Dirigententrotz derlläglichenMinderwerthigkeitdeserstenWerkes auchnoch zUUl Lobund zurAusführungdesneuen Oratoriunis »Judith« schreiten, beweistnur, daß derMuth,einmalgeliebtesSchlechtes nichtfallen zulassen, reichlichVorhanden ist.Das sachliche Urtheilhat indemFallKlughardt sUstÜbkmllversagt·Es hat auchnur spärlichundschüchternsich hervor- gciVng bei einernicht gleichtollen, aberähnlichcharakteristischenSache,bei demTschaikowskij:RunnnelderletztenJahre. Daßesdengabundgiebt, ist nicht zuleugnen.DiezahlreichenAusführungen seinerWerkeund die Art, wie die Kritik sieausnahm,dieRangordnung,dieman aufstellte,d·.e Einmüthigkeit,mitderman Tschaikowskijnebenunsere-GroßenundGrößten stellte,find diebesten Beweisedafür-

Tschaikowskijgehört heutezudenHerrschernimdeutschenKonzert- saal. Die meisten Referenten verhimmeln ihn,daer beiDirigentenund beim Publikum beliebtist. Wollen wirnicht, daßalleAbständeverloren gihettunddaßman indieGesellschaftunsererersten Meisterwenigstens auf

-einige JahreoderJahrzehntediesen Russeneinscl)muggelt,so dürfteeinesach- licheVeurtheilungdespositivenWerthes seiner Kunstalsogerade jetzt sehram Platzesein.Diese Beurtheilung gilt selbstverständlichfür deutscheVerhältnisse.

SiesOllfeststellen,wasfürunsDeutscheTschaikowskijbedeutenkann.Um das Resultat vorwegzunehmen:Für dieWeiterentwickelungderdeutschenKunst isiTschaikowskijohne jedeBedeutung. Ermuß ohneBedeutung sein,weil sdieKnlturstuse,mitderdergrößteTheil seinerWerkerechnet,indengroßen

LeistllngenunsererKunst längst, seit Jahrhunderten schon,überwunden ist.

Eslstjaansich ganz unmöglich,daßeineinihrer Gesammtheitnochkul- tureii so.wenigentwickelteNation indersnbtilstenKunst plötzlichnichtnur

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Gleichwerthiges,-sondernsogarfür die alten Kulturnationen Vorbildliches leisten könnte. SchonDas ist einNonsens. Auch ist Tschaikowskij selbst inseinerBedeutungfürRußland durchauskeinGenie. Dazu isterviel zusehrabhängigvonderwesteuropäischenKultur. Eristeinhervorragend begabter Musiker,deraußerordentlichvielgelernthat,einenganz außer- gewöhulichentwickeltenKlangsinnundgroßesGeschickbesitzt,klingende,nackende Musikzuschreiben,undder in allerTechnikzuHauseist.DerGrundmangel seines Wesens istderMangelanKultur desGeschmackes,angeistigerTiefe undGröße,anFähigkeit,großeFormenwirklichzufüllen,thematischim Sinne Beethovenszuarbeiten, seineGedanken musikalisch-logischzuent- wickeln. DieGedanken selbstaber stehen faststetsaufEmpfindungstufen, diefür diegroßen,symphonischenFormenzuniedrigsind. WiebeiAnton Rubinstein, begegnenwir ganzausgezeichneten Einfällen. Aber esfehlt die Kraft,diegroßenAugenblickefestzuhalten,dasGefühldafür, daß solche BlitzeeineUmgebungbrauchen,daß siekomoedienhaftwirken,wenn siezwischen AlltagsgesprächentrivialsterArtaufleuchten.Das istebenkeine vollendete, gestaltete KunstinunsermSinne.

UmTfchaikowskij gerechtwerden zukönnen, mußman fastalle For- derungen vergessen,dieman anmoderneKunst zustellengewöhntist.Das Grundelement seinesWesens ist die naioeFreudeanKlangundRhythmus und diespielendeBeschäftigungmit diesen Elementen. Wagt sichaber Jemandmitsolchen Voraussetzungenund ohnedienöthigeSchulungdes GeistesundGeschmackcsan diehöchstenAufgabeneinerKunst, so muß sich mitNothwendigkeiteinRiß,ein"Mißverhältnißergeben.KleineKinderreden dummes Zeug,wenn sie Schopenhauer plappernwollen. Jchmuß immer andenStandpunktdesKindes denken,wenn ichTfchaikowskijhöre.Wie Kinder sichunbändigfreuen,wenn sie mit beiden Armenaufs Klavierpatfchen dürfen, wiesieeinengroßenFarbenklecksaufs Papier machenundüberihr

»Bild«ganzglücklichsind,wiesiemiteinemendlosen»Tüh,Tüh, Tüh«!im Zimmerherumziehenkönnen,stolz auf ihren ,,Gesang«, soist Tfchai:

kowskij vielfach, ja,meistvon einerGenügsamkeitundAnspruchslosigkeitin geistigen Dingenund hateineLustam bloßen Musik-undLärmmachen, dieunverständlichwäre, wennman nichtandieKinderschuhedächte,indenen diese russifcheMusik ebennoch steckt.

Man sehe sichWerkewieTempera, op.18,denSlavischenMarsch- op.Bl, dieOuverture »18.l2«, op. 49, dasCapriccioitalien, op.45, an; man denkean dieAllegro-SätzeseinerSymphonien,dieKraftstelleu seiner syuiphonischenDichtungen.Sinds hiernur unsere dekadentenNerven, diesichgegendieseKraftnieiereiauslehnen?Jst Das wirklichUrkraftoder nicht vielmehr Unsähigkeit,Kraft innerlich auszudrücken?Solche Apotheosen

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Doch es mag nochlange dauern, bis es zur AufspürungdieserUrsachen-.. 113 reihen und auf siegegründetergeschichtlichen Gesetze kommt. Die Frage, die auf diesen Blättern

Diese Hoffnung sei natürlich das Resultat bestimmter ·.Wahrneh1nungen, die er von der hohen Warte seiner exponirten Stellung aus zu machen in der Lage war. Aber diese Wahrnehmungen

wichtigenStreitfrage gründlich zu informiren, wenn es ohne großenZeit- aufwand möglichist; und die Lecture der beiden Kritiken (5l und 41 Seiten) erfordert nicht mehr als eine

zwischen liegt, ist Unwahrhaftigkeit und Heucheleif Hier sind wieder zunächst einige Unklarheiten zu beseitigen. Nicht aus Gewissensdrang glaubt man, sondern, weil man als Kind

erfordern weit mehr Geduld und Beharren als die Einführung eines neuen, die Abschaffung eines veralteten Gesetzes. Und doch wird die Entwickelung in dicfet Richtung vorwärts

Deighton kam vom Artillerielager herüber und machte ein trauriges Mittags- mahl in der Messe mit; zur allgemeinen Niedergeschlagenheitsteuerte er dadurch bei, daß er fast über

se beantragt. Die Agrarier drohen mit Obstruktion Doch sie werden sich eines Tages indas Unabänderliche fügenmüssen und vielleichtnicht einmal Gelegenheit haben, zum Ausgleich

Der Neudruck dieserSchrift, die lange gänzlichausdem Buchhandel ver- schwunden war, ist längst nothwendig geworden. Wegen äußerer und zum Theil innerer Hindernisse aber konnte er