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Die Zukunft, 31. Januar, Bd. 42.

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Academic year: 2022

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Berlin, den Zi.Januar 19()Z.

ff- -:s Ts

Der Kaiserim Reichstag.

InErfurtwurdenacheinerParlamentssitzungimFrühjahr1 850einmal J dieFrage erörtert,wiestarkdieinBöhmengesammelteösterreichische Truppenmacht wohl sein möge.DievonPfuelzumAbendessengeladenen Abgeordnetennannten verschiedeneZiffern; einzelneerzählten,vertrauliche NachrichtensprächenvonungefährhunderttausendMann. JosephMaria vonRadowitz,derGeneral undGiinstlingFriedrichWilhelms desVierten, hörteeine Weileruhigzu undsagtedann,mit der Mieneunwiderleglicher Gewißheit,inentscheidendemTon; ,,OesterreichhatinBöhmen28 254 Mannund7132Pferde«.Radowitzwar schondamals dereigentlicheLeiter derauswärtigenPolitikPreußensund derManndesköniglichenVertrauens;

ermußteBescheidwissenundNiemand durftewagen, demkompetentestenBe- urtheilerzuwidersprechen.DochdemAbgeordnetenOttovonBismarckfehlte derGlaubeandieBotschaft;undererfuhrdennauch bald, daßOesterreichs böhinischeTruppenmachtvielstärkerundRadowitzs Ziffer einfachaus der Luft gegriffenwar. DiekleineGeschichtetauchtebeimLesenderneusten ReichstagsstenogrammeimGedächtnißauf. GrafBülow istalsIntelligenz undalsRedner, trotzderPreßkultur,beträchtlichschwächerals derGeneral- über denPolte Gerlarh,derFliigelmanndesanderen Kamarillagliedes, schrieb:»Die VerehrungdesKönigsfürRadowitzberuht auf seinem schein- barscharflogisch-mathematifchenRaisonnement,bei demseinegedankenlose Jndifferenzesihm möglichmacht,jedenWiderspruchmit demKönigzuver- meiden;nun siehtderKönigindieserseinemJdeengallgeganzentgegen- gesetztenDenlart dieProbe fürdas Exempel,dasersichzufammengekechmk

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170 DieZukunft.

hat,undhält sich so seiner Sache gewiß.«Dasschärferhinschanende Auge findetim Bildedes viertenKanzlers dennochAehnlichkeitenmit demMann, denBismarck»dengeschicktenGarderobier dermittelalterlichen Phantasiedes Königs«genannt hat. AuchRadowitzwarmehrRedneralsPolitiker; auch seine—anGeist freilichvielreichere,oonvieltiefererBildung gestiitzte Rhe- torikglicheinemFeuerwerk,dasnachkurzerHerrlichkeitspurlos verpufft; auch seineReden wirktennuraufden geblendetenHörer,nichtandenkühlenLeser;

undauch er-verstand,wennerdasWorthatte,alleSchwierigkeitenwegzu- sprechenund denbehaglichenGlauben zuverbreiten,andenpreußischenZu- ständenseinichts auszusetzenundUnkenntnißnur oderMißverstandkönne dans le meilleur des mon(te"spossibles sichinKlageundTadel verirren.

Langehielt diesesBrillantfeuerwerk janiemalsvor;dochdannstiegeineneue Raketehimmelanundwiederwar füreinWeilchendieunbequemlaute Sorgebeschwichtigt.GrafBülowhält sichandasselbeRezept;undwenn in derhöfischenunddiplomatischenSchichtdieschöneMaskeauch recht lange schondurchschaut istunddasVolksempfindenderimmer bereiten,immer gleichhochgestimmten BeredsamkeitdieResonanz versagt: nnterParlamen- tariernundJournalistenfindetderPortefeuilletonist nochBewunderer. Er ist so höflich,behandeltJeden so gut, kränsesltniedlicheSchnitzelundhatalle Töne inseiner Kehle: leichtenScherzundmännlichenErnst, Diplomaten- diskretionundbiedereOfsenheit;undnieärgertdenHörer,den Freundoder Feind,dielästigeGewalteinerüberlegenenPersönlichkeitEinen soange- nehmenHerrnkränktmannicht;selbstwennmansichverpflichtetglaubt, ihn, demWählerzurFreude,unsanften Tadelhörenzulassen,wirdausdemWort- geplänkelnieblutiger Ernst.DieAgrarierwerfen ihmvor,erweigereihrem GewerbedenunentbehrlichenSchutz,dieCobdeniten,erhabemitunzulässi- gen MittelneinenHunger-nndWuchertarifdurchgedrückt;fast allcParteien, anihrer SpitzedasCentrum, rügen, daßerdenKaiser nicht ausreichend informirt, nichtvorungedeektschroffem Urtheilundsichtbarem Jrrthum - bewahrt.Solche Uebereinstiminung könnte, trotzdemkeinGesetzdie Ver- antwortlichkeit bindet,einemKanzlerdasLebensehr sauer machen. Doch Niemand denktanernste Konsequenzen.DasBudgetoderwenigstensden Posten,,GehaltdesReichskanzlers«ablehnen? Eine Petitionof Right andenKaiser schicken?KeinWunsch fliegtzuso steilenHöhen. GrafBü- lowredet,GrafBülow lächelt, unddie ebennoch wildestenMänner blickenausheiteremAugegetrostzuihin hinundaufderTribüne schniunzeln dieZeitungschreiber: »Höllischgeschickthaterswiedergemacht«.

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DerKaiserimReichstag 171

Auchdiesmalwieder.Naive Seelenhatten,weilimSommerund Herbst Gewitterwolken auszuziehen schienen,einelange nachhallendeEntladung deratinosphärischenElektrizitiit gefürchtet.DiedembayerischenCentrum undderdeutschenSozialdemokratievom Reichsoberhaupt zugefügteKrän- kung,dasvonderdickstenTünchenichtzuverbergendeWirthschaftelend,die zumTheil schonsichtbaren-Folgendesfast beispiellos unklugen Vorgehens gegenVenezuela,einReichshaushaltsetat,deralleFehlereinerunstetenPar- venupolitikenthülltunddenMuthigsten schreckenkönnte:gefährlichenKon- fliktenwar nicht auszubiegen.DiePersondesKaiserswürde in dieDebatte gezerrt, dernützlicheGlaubeandieFestigkeitunserer Institutionen gelockert unddemKanzlernur dieWahl gelassenwerden, beimKaiseroderimReichs- tag dasSpielzu verlieren.DieAengstlichenwurden vonihrem Gedächtniß nndihrerPsychologieschlechtbedient.UngefährsowarsnachdenHochsommer- sensationen jaimmer gewesenundimmer wurdederSturm, derKurzfichtigen zudrohen schien,ohne allzu großeMühebeschworen;warum sollteesdiesmal andersscitiPWersichvonHeldenposennichtschreckenläßt,weiß,daßNiemandei- nenernstenKonfliktwünschtunddieWildestensichmit derkleidsamenGrimasse derLeidenschaftbegnügen.Nichtszufürchten,nichtszuhoffen; nichteinmal die in derWeltSchwarzerKunstbeliebte»KlärungderSituation.«Nichts.

GrafBülowwirdlächeln,wirdredenundhaarscharf beweisen,daßkein Tadelswörtchensachlichbegründetist;dannverrolltderTheaterdonnerin dieSoffittenundAlles kehrtwieder zur altenOrdnung.Soistsgekommen;

trotzderwider Erwarten thörichten,jeden gerechtenSinn zurWuthaufrei- zendenTaktik dessenilenReichstagspräsidentenistAllesglattgegangen.

HerrOmnisbliebgleichgiltig;und dieVolksvertreter erhitztensichgeradenur bis zu demThermometerstrich,derdierichtige Wahltemperatur verhieß.

KeineBudgetweigerung,keineDrohung,keineResolution.Als ausMorgen nnd Abend derfünfteTag ward,konnteCandidesHofmeiftermit der Stim- mungzufriedensein,warunterderdeutschenSonne nichtsNeueszuschauen.

MancheguteRedewargehaltenunddaspersönlicheSystemWil- helmsdesZweiten aufrichtigeralsje vorher kritisirtworden. Nichtnurvon Demokraten. SogarderalteHerrvonKardorsf sagte: »Wenndieheuti- genZuftändesortbestehen,wirdesdemReichstagspräsidentenimmerschwie- riger werden, diePerson SeinerMajestät ausden Debatten fern zu halten«

UndHerrDr.Schaedlersprach nochvieldeutlicher.DievomKaiseran

dMPrwzngmtmgeschiikthepcschcgreifedieSelbständigkeitund das

Recht

derzweiten bayerischenKammer anundseiunvereinbar mit demföderativen Is·

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172 DieZukunft

CharakterdesReiches; der Kanzler müsseRedestehenundohne Rückhalt bekennen,ob er, der alleinverantwortlicheBeamte,denKaiserüber diebahe- rischen Vorgänge informirtundderVeröffentlichungderDepeschezuge- stimmt habe.DerKanzler,deramselben Tag schonimAbgeordnetenhaus dierhetorischeRettungderOstmarken geleistethatte, ließaufdie Antwort nicht warten; seinehelleSiegermiene schienfröhlichin denSaal hinabzuwer- Nun,Kinder,paßtmalauf;wassoschlimmgeschildertwurde,istimGrun- dedieeinfachfte,harmlofeste Sachevonder Welt·Nur »Anordnungenund VerfügungendesKaisers bedürfenzuihrerGiltigkeitderGegenzeichnung desReichskanzlers«,meineHerrenzdieswinemiinderDepescheenthieltkeine Anordnung oderVerfügung,bedurftealso auchkeinerGegenzeichnung.(Un- bestreitbar;nurwar gefragt worden, wessenVerfügungdiePublikationder DepeschebewirkthatundwerdieSchulddaranträgt, daßdieVeröffentlich- ung mit derLügeeingeleitet wurde, sie seivonMünchenausbefohlenwor- den.KeineAntwort;oderdocheine:nur Wolffs Telegraphisches But-entt, dasalleinteressantenVorgänge meldet, hatdieDepescheveröffentlichtJe- derweiß,daßW.T.B.nichtdaswinzigstevomKaiser gesprocheneWörtchen ohne AutorisationansLichtbrächte; unddoch folgtder»Aufklärung«nicht iGelächternochZifchen.)Auchdieersten ErlassedesKaisersFriedrich, auch dieFebruarerlassedesjetzt regirenden Herrn seien nicht kontrasignirtge- wesen.(Abermalsunbestreitbar;nur hatin beidenFällenBismarck die nichtvonihm entworfenen Erlasse absichtlichnicht nnterschrieben,weil erdie Veröffentlichungzwarnicht hindern,denJnhaltabernichtmitfeinemNa- men deckenwollte.)DasistdergefeiertenTaktikersterTheil; bestreite,was nicht behauptet, behaupte,wasnicht bestrittenwird: undkeineRedegewalt kannDir widerstehen.NachdemAllgemeinendasBesondere. DerKaiser hat erstensdasRecht, seiner Meinungdenfeiner kräftigen,impulsivenNatur entsprechendenAusdruckzuwählen,undbraucht auch für »persönlicheKund- gebungen programmatifcherArt«keineministerielle Deckung; geradeder besondereFallaber bietetnichtdengeringstenGrund zurKlage.Die De- peschesollinMiinchen bösesBlutgemacht haben? LächerlichDerPrinz- regent hat jagedankt;undseinSohn hatinPoer denDankwiederholt.

Zweiter TheilderTaktik: dasSelbstverständliche,vonderSitte Aufge- zwungenewirdalswichtigesBeweisstückvorgeführt. Rasch nocheinOr- nament: KaiserundPrinzregent sind Freundeund zwischenFreunden ist fürMißverständnissekein Raum. .(Alle Bundesfiirsten sind Freunde; auch zwischenDresden,Karlsruhe, Meiningen, Dessan,DetmoldundderReichs-

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DerKaiserimReichstag 173

hauptstadtwar dieLeitungnieunterbrochenundniehabenberliner Tisch- gesprächedieWittelsbacherverstimmt.)EinedichteWortwolke: sonannte mitRechtamnächstenTage-HerrvonVollmar dieAdvokatenrede desKanz- lers,»inder kaum eineinzigerstaatsrechtlich,logischoderthatsächlichhalt- barerSatzzufindenwar.« DerSozialdemokratzeigtenocheinmaldie ganzeSchwächederBeweisführung.DieVoraussetzungenderDepesche warm falsch;sie hat FürstenundVolk inBayern geärgert;derPrinzregent hatdieAufforderung,sie veröffentlichenzulassen,abgelehnt; sie ist trotzdem, ohneMitwirkungdesKanzlers, veröffentlichtworden. Sehr schön;dasAlles konntescharfen Auges auch vorherkeine Wortwolke verhüllen. Dochder Kanzler,denJeder glimpslichbehandelt,denkt:Sunt verba etvoces.

Ueber dieBayernsache sprichternicht mehr;dieKlagereden sind jain drei Tagen vergessen.ErhatdenHörernJnteresfantereszu bieten.»Herrvon Bollmar schienSeiner MajestätdemKaiserundderMonarchieeine anti-- sozialeTendenz imputirenzu wollen«.(War ihmnichteingefallen;aberGraf Bülowhatte sichzu einerAntwort aufdie vomPräsidentenverbotene Kritikderessenerund der breslauer RedegeriistetundmußteeinenUebergang insSozialesuchen.)«WieAllewissen,istdiesozialeGesetzgebunginDeutsch- landdurchKaiserWilhclmdenErsteninsLebengerufenworden«.(WieAlle wissen,hatder alteKaiser selbstoft gesagt,daßJdeeundAusführungBis- marckgehörten.)»DieMonarchichatinDeutschlandthatsächlichmehrfürdie arbeitenden Klassen gethan,alsbisherinirgendeinemanderen Lande fürdie Arbeitergeschehenift«. (Was hat siedenn,,thatsächlichgethan«?

DieLastenderSchutzgesetzeträgtnichtsie,sonderndasVolk;und dasihrun- bequemeRechtfreierKoalition hat sienichtgewährt.)Dashatneulich erstein EngländernacheinemVesuchinunferemReichsversicherungamtbezeugt.Auch HerrMillerand hat alsMinister gesagt,inDeutschlandhabe,,derStaat«(nicht:

dieMonarchie)mehr gethanalsinFrankreich,undin einemPrivatgespräch mitdemFürstenRadolin »dieHochherzigkeitundWeitsicht«unseresKai- sers gerühmt; folgteinradolinischerLobgesang aufMillerands ,,ruhige undwiirdige Persönlichkeit«.Was,könnteman sagen,kümmernunsdiese Mären? EingutausgenommenerBrite macht Deutschlanddieüblichen Komplimente.EinfranzösischerMinister sagtdemBotschafterdesDeutschen KaisersuntervierAugenArtigkeiten.Jsteslohnend, ists auchnur passend, sie auf dicfeZufallswortefestzunageln?Abercskommtnoch besser. »Ab- solutismus ist,wie keindcutfchesWort, sokeinedeutscheEinrichtung«Ja, haltenzu Gnaden: istKaisereindeutschesWort? OderKanzler?Oder

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174 DieZukunft

Minister, Civilkabinetschef,General,Ad1niral, Prinz? Darfman so anr wachsenenreden? Man darf.»Höllischgeschickthaterswiedergemacht«

Daswaren ein paarProben.DienächstenTage brachten noch zwei RedendesKanzlers. CharakteristikendesKaisers;in einerAusführlichkeit, dienichtnach Jedermanns Geschmackseinwird.Herr Richter hatte gesagt:

»Zu keinerZeitwaresso schwierig,Ministerzu sein, wieheuteund zu keiner Zeitwaren dieHerrenso wenig beneidenswerth.«DurchNicken desKopfes zeigteGrafVülowfeine UebereinstimmungmitdiesenWorten,derenSinn nicht zweifelhaftseinkonnte.Hatteerdamitetwa angedeutet, aucherseheden heutigenStand derDinge nicht ohneSorge?Nie kamihmsolcherGedanke.

Das lautesteLobreichtandieVortrefflichkeitunsererZustände noch nicht heran.DerKaiser ist nicht voreingenommen;erverträgt,erwünschtsogar Widerspruch.VonAbsolutismus, Caesarismus, Bonapartismus der Krypto-Absolutismus,vordemBismarck,als demgefährlichsten,nach1892 so oftwarnte,wurdenicht mitgenannt kann inDeutschland überhaupt nichtdie Redesein.Wirsind janichtinMarokko. »Diestarke«undausge- prägteundbegabte IndividualitäteinesFürsten ist fürdasVolkvonsehr großemVortheilz und-je stärkerundausgeprägterdieIndividualitäteines Fürsten ist,umsomehrwirdergeneigt sein, lheilzunehmenanderPoliiiknnd einzugreifenin denGangderStaatsgeschäfte·«(DagegenBismarck: »Der KaiseristalssolcherkeinFaktorderGesetzgebung,sondernwirktnur als KönigvonPreußen durchdiepreußischenStimmen amBundesrath mit;

ich sehefürdieZukunftdesmonarchischenGedankens eineGefahr darin, wenn einHerrscher,selbstin derbestenAbsicht,allzu häufigvorderOeffent- lichkeitsichohne ministerielle Bekleidungstückezeigt.«) »Fürdasthatkräf- tigeStreben undredlicheWollen unseres Kaisers, fürdengroßenZugin seinem Wesen, für seinen freienundvorurtheillosenSinn sollteman nicht ungerecht sein.Anihm ist nichts KleinlichesWasSieihm auch vorwerfen mögen, einPhilister isternichlzundDasistsehrvielwerthimzwanzig- stenJahrhundert.« (Sind andereKaiser undKönige,weilsie ihre vielleicht ebenso »starkeundausgeprägteundbegabte Individualität« seltenerder Kritikaussetzen,nun alsoPhilister?DerHerr Grafwird dasrascheWort bereuen,wennerhört,wiecsandentschenHöfengewirkthat.Undersollte sich einmal dieFrage vorlegen,wiesichdieDinge gestalten würden,wenn alle Bundesfürsten,deren jeder-inseinenReichsgrenzcndieselben Rechte hat wie derKöniginPreußen, so ,,ll)atkrästigin denGangderStaatsgrschäste eingriffen.«)HerrBebeltadelt,ineinerungemeinwirksamenRede,den

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TerKaiserimReichstag 175

heftigenTon,den der Kaiser gegen dieSozialdemokratieangeschlagenhabe.

AntwortdesKanzlers: »Was führendennSieselbst füreineSprache?

Fiel nichteben inihren ReiheneinZwischenruf,denichnicht wiederholen mag"?« (Ein Vergleich, der,wenn derAbsolutismusnicht »einasiatisches Gewächs«wäre— wie dasChristenthum übrigensunddieIhnenansHerz gewachseneKaiseridee,Excellenz—,einenKanzlerkopfkostenkönnte.)»So langedieSozialdemokratiesichalsGegnerinderMonarchie bekennt,können Siesichauch nichtdarüberwundern, daßderobersteTrägerdesmonarchi- lchenPl«inzipssichdagegenmitEntschiedenheitund,wenn esseinerNatur entspricht,hierunddaauchmitSchroffheitzurWehrsetzt.«Darauf hatnur einZurufgeantwortet· DerSitzungberichtmeldetdas Echo: »LebhafteRufe- Sehr richtig!«Jm Deutschen ReichstagsitzenalsooieleMänner,die mei- nen, derGegner derMonarchiehabekeinRechtzurKlage,wennervondemhöch- stenundhörbarftenVertreterdesReicheslautgescholten,feigerLüge,ehrlosen Betruges,fchändlichenMordes beschuldigtwird.Daswarder infünf langen Tagwerken ansLicht gesördertaneisheitletzterSchluß»LebhafteRufe:Sehr richtig!« NichtderleisesteWiderspruch JnkeinemParlamente der Welt wäresolcherGrundsatzruhig angehörtoder garmitBeifall begrüßtworden.

SelbstdertreusteMonarchisthättegesagt:Nein,HerrKanzler;keinen Bür- ger,nichtdenletzten,erbärmlichsten,darfderMonarchbeleidigen,nichtden iiberführtcnVerbrecheröffentlichDieb oderMörderschelten;wenn Sieda- ranauchnureine Sekundezweifeln,fehlt Jhnen fürdiePflichten konstitu- tionellen Lebens undfürdieBedeutungmonarchischerPrivilegienjedesVer- ständniß.JnBerlin wirdanders geredet.Undesgabin Berlin nervöse

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Leute,die eineweithinwirkendeElektrizitätentladunggefürchtethatten.

...Den SozialdemokratenwerdendiegutenReden der Vollmar und BebelneueStimmen werben;ists aberwirklichwichtig,obsünsundsechzigoder fiebenzigRothein dennächstenReichstag einziehen? Auch mancherBür- gerlichehat sichderRedengesreut,die »mal wasriskirten«;nichtKindernur machtmanmitwohlfeilcnWortensatt.EinreinigendesGewitterwar

erwar- tet worden. DulieberHimmel!Aufwen sollendiesekaltenSchlägedenn wirken?AufdenKanzler gewißnicht.Derhatwiedererfahren,wieleicht sichmitdiesemmailParliament lebenläßt«undistauf seinen Plaideur- crfolgwahrscheinlichnochsehrstolz.EinandererKanzler hätteentweder seine Entlassungerbetenoder denKampfgegendie KritikerdesMonarchen auf- genommen. GrafBülowfandeinedritteMöglichkeitErschließtsichdenvom KaiseröffentlichgefülltenUrtheilennichtan,wirftdembayerischenCentrum

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176 DieZukunft

nicht »schnödeUndankbarkcit«,denSozialdemokraten nicht Ausbeutung, Ehrlosigkeit,LugundTrugvorundläßt,mindestensnutu etSignis,Leicht- gläubigehossen,daßermancheBeschwerdederOpposition fiirbegründethält.

SeinGegengrund ist, jenseitsvonGut undBöse:dieinteressantePersönlich- keit ;einesostarke,ausgeprägte,begabteIndividualitätsetztsichselbstdieGren- zen.Dasistder StandpunktdesManagers.DerLegitimistGrafvon Falloux sagte1849: ,,L««jn»jure subitlaloi descorpsphysiques;ellen’acquiert- degraviteåqu’en proportion iiela baut-em- d’0i1 elle tombe. Graf Bülowfindet, auchdievonderhöchstenStaatsspitze hertönendeVeleidigung seidankbarhinzunehmen,wenn sienur auseinerbesonders starkenSeele stammt.ErhatRecht; dennerhatErfolg. EinVierteljahrtausendistvergan- gen,seitdasenglischeUnterhausseineUnzusriedenheitmitJakobsmunteren Sprüngenin dieResolution faßte: »Wirkönnenunsein Volkohne König, dochkeinenKönig ohneVolkdenken«;unddeinWort folgtedieThat,der ResolutiondieRcvolution. Heute brauchtkeinMinisterumseinenSold zu zitternHeutewirdnurgeredetzundunterRednern hatderKanzlergewonnenes Spiel.Noch wenigerkann dasSpektakel ausdenKaiserwirken. Derweiß jedenfalls,waserwill,und läßt sichdurchschnellverklingendeScheltkonzerte sichernichtüber dieThatsache täuschen,daßerallesWesentlichedurchzusetzen vermag. WenndasguteVolk einWeilchen zugehörthat,wirdesderSache überdrüssigwerdenundfinden,allzu scharfeKritikdesReichsvertreters gleiche, weilsiedasGeschäftschädige,Baconsremedium seine morbo (iet;erius.

AuchHerrBebelkannnichtbezweifeln,daßseine»großeRede«imnächstenJahr schongeringereResonanz habenwird. Kommen wirdsie,dennAllesist glattgegangen undnichtsNeues unterderdeutschenSonne zuschauen;

undGras Bülow,dereinunübertresslicherKabinetsminister gewordenwäre, wirddannwiederalleSchwierigkeiten weglächeln,wegplaidiren.Nur. ..

DasberlinerWetter wirdnichtinunser«emHimmelgemacht; unddraußenzieht sichs drohend zusammen. Schon werden, einJahr nachderKnüpfung»un- zerreißbarerFreundschaftbande«,in denVereinigtenStaaten Deutscheinsul- tirt.SchonwaffnetdasganzeenglischeSprachgebiet sichzumKrieggegen die deutscheProduktion.GroßbritaniennimintunserenFabrikanten diebilligsten Dynamomaschinennichtmehrab,dieYankeeserklären,esseiGewissenspflicht, ihreKohlenschatzkammerndenArmenderweitenErder öffnen,undin Süd- amerikasindalleKolonialhosfnungenvon Schiffsgeschiitzenzerstört.Das Gewitter,dasausdiesenGegenden naht,wirdamEndenicht so leichtzu be- sprechenseinwiedasStürmchen,dasimReichstagdenKaiser umheulte.

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Creare in gioia .. .

(D’2-lnnunzio.)

BIennsich flüsternd,wie inLeidenschaft, ON ZNaienfrüheüberWäldern regt, Wächsthinaus inaller Knospenkraft, Was geheimdietiefste Wurzel hegt.

Und es stehtineinem neuen Licht- Trunken von deneignenSeligkeiten, querwecktes, dasdieFesseln bricht,—

Und es darfinfroherSonne schreiten...

lVenn derwilden Schwäne lichter Flug Brausend durchdieZNorgenwolken schwingt, Rührtderwundervolle Cenzeszug Un dieSeele,daß sietönt und singt.

Und Das wächstzueinem Hohenlied Amt desWaldes heimlichenAkkorden.

"Was dieHerzenund die Welt durchzieht, JstimGlückempfangenundgeworden.

leles GöttlicheentstammtdemGlanz.

Uus demsonnenlichtgeküßtenUkeer Wandelt mit demschimmervollen Kranz Venus, jeneHimmelsfrau,daher.

Wer ineiner heilgenFreudeschafft, UnbewusszhinSonne undinLachen, LäßtinseinerfrohenGötterkraft Eine ganze Schönheitwelt erwachen.. Uber»alle trübe Zikenschlichkeih DiederKampfzuBoden niederzwingt, Schafftim Wehund inderDunkelheit.

Und was ihremSchoße sich entringt Und demTag erschließtden scheuenBlick, Trägtdenalten Erdeufluchvom Sehnen..· Und injedeskaum geborueGlück Quellenunerschöpfte,heiße Thränen.

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Gieb,Duferner Gott,daßmein Gesang Aus den Himmelnseinen Jubel nimmt Und doch seinerHarer trunknen Klang AufdenErdenton derSehnsucht stimmt!

Unddaßdiese auferweckteWelh Dieempfangen ward inSchöpferfreude, Von derErde mildeS Riaßerhält- Iliit derThräne,mitdem heilgenTeidel.

Baden-Baden Ulberta von Puttkamer.

F

Das Gesetzder Güterkonzentration.’««)

MkThais-gehe daßdie GüterdieserWertungleich vertheilt sind, daß esaufdereinenSeiteMenschengiebt,dienichtarbeitenunddoch imUeberflußschwelgen,undaufderanderen Seitearme Teufel,dieschwer arbeitenundkaumsovielerwerben, wiesie brauchen,um ihren Hungerzu stillen,ist allbekannt;undebensobekanntist,daßman vonje her bestrebt war, denUrsachen dieserwenig erfreulichenErscheinungnachzuspüren.Des- halb istdennauchdie»Lehrevom Einkommen undseinerVertheilung«ein wesentliches Kapitelinjedem LehrbuchderNationalökonomie-Jetzt beginnt jedocheinegewisseOppositiongegendie Artsichbemerkbarzumachen,in derdiese Frage bisherindernationalökonomischenWissenschaft behandelt nndbeantwortet wurde. Seit denTagenAdamsSmithwurde nämlichdie LehrevonderEinkommensvertheilungimmer mitderLehrevon derGüter- produktionverquickt.DiebisherigenVertreterdernationalökonomischenWissen- schaft faßten insbesonderedenGutspächterinsAuge; sie sahen,wieder Mann gepachtete,also fremde Grundstückedurch gedungeneArbeitkräftebe- stellenläßt, sahen, daßerhäufigmitgeliehenemGelde(,,Kapital«)wirth- schaftet,undlegten sichdieFragevor, wiesichderErtragdieseslandwirth- schaftlichenBetriebes unter diebetheiligtenvier Personen (oder Gruppen), denGrundbesitzer,den,,Kapitalisten««,dieArbeiter unddenUnternehmer (hieralsodenPächter),vertheilt.DieAntwort lautete: DerGrundeigen- thümer(Verpächter)erhältdenPachtschilling,die Grundrente, derKapitalist denZins,dieArbeiter bekommenihrenLohnundderUeberschußverbleibt, sk)Dr.Stephan Worins: »DasGesetzderGüterkonzentrationinder individualistischen Rechts-undWirthschaftordnung.Erster Halbband:DasGesetz derGüterkonzentrationundseine Bedeutung fürdieWirthschaftpolitik.«Jena, Verlagvon Gustav Fischer,1901.

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DasGesetzderGiitertonzentratiou. 179

wenn ernämlichvorhanden ist,demPächterundbildetseinen Unternehmer- gewinn.DannwurdenachderHöhe dieservierEinkommenszweigegeforscht.

DieAntwortschienleicht:dieGrundrente, derZins undderArbeitlohn ist derPreis,derfürdieUeberlassungdieser Produktionmittelgezahltwird- unddieHöhe dieses Preises hängt wiedieHöhe jedes Preises ab von AngebotundNachfrage, natürlichunter BerücksichtigungderQualität desgekaustenObjektes.DieHöhederGrundrente (desPachtschillings)hängt also ab inerster ReihevonderFruchtbarkeit,LageundGrößederGrundstücke undinzweiter ReihevonAngebotundNachfrage;das SelbegiltvomArbeit- lohmerhängtabvon derQualität derLeistung (ob gelernteoderungelernte Arbeit)undvonAngebotundNachfrage.BeimZins (gedachtwurdedabei immer nur an denZins für Gelddarlehen)istvon einer Qualität nichtdie Rede,erwirdalso lediglichdurchdasVerhältnißvon AngebotundNach- frage bedingt;undschließlichhängt auchdieHöhedesUnternehmergewinnes davon ab,obdasAngebotder,,Unternehmerleistnngen«großoderkleinist.

Damit war nachderMeinungdererstenVertreter dernational- ökonomischenWissenschaftdieSache endgiltigabgethan;dasangebliche»Gesetz«

vonAngebotundNachfrage stand für siewieeinDogma fest;darüberhin- aus vermochten sie nichtzudenken. Und wenn Einer von ihnen sichdie Frage vorlegte,wiceskomme, daßdieGrundbesitzerund Kapitalisten reich oderdoch wohlhabend,die ArbeiteraberinderRegelarm seien, sowardie Antwort wiederleichtgefunden.Die Arbeitersindeben einfurchtbar leicht- sinnigesVolkundselbstanihrerelendenLage schuld;dennverdient Einer vonihnennur so viel,wieer nothdürftigzumLebenbraucht, so hater nichtsEiligereszuthun,alszuheirathenundmindestenseinDutzendKinder indieWeltzusetzen,die dannnatürlichwiedernur Arbeiter werdenund durch ihrübergroßesAngebotvon »Händen«denLohn aufdasExistenz- minimum herabdrücken.Wärendiese unglücksäligenArbeiternur einWenig tugendhaftundsittsam,imPunktederEheschließungso zurückhaltendund vorsichtigwie dieGrundbesitzerundKapitalisten (die «höherenStände«), dann würden—- undnichtnur »würden«.«,sondern»müßten«—- auch sie nachdemGesetzvon AngebotundNachfrageimWohlstandleben-

Späterkamen die Vertreter des wissenschaftlichenSozialismus, Rodbertus,MarxundLassalle.Sie griffen aufdenvon AdamSmith aufgestelltenGrundsatz zurück,daßdieArbeit dieeinzigeQuelle desReich- thums sei,alleinWerthe schaffe,undsagten: Jstesrichtig, daßdieArbeit alleinWerthe schafft,dann gebührteigentlichund vonRechteswegen das ganzeArbeitproduktdenArbeitern,dieesdurch ihrer HändeArbeithervor- vorgebrachthaben,unddann istes,strenggenommen, einRan oderDieb- stahl,wenn von diesemArbeitprodukteinTheilweggenommen und dem

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