• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 8. Juli, Bd. 28.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 8. Juli, Bd. 28."

Copied!
48
0
0

Pełen tekst

(1)

Berlin, den 8.Juli 1899.

vss Is.

Der Kaiserim Reichstag.

Æekkwfked

Dreyfus,dernunwiederArtilleriehauptmann ist, sitzt,neben

. seinemfrüherenanuisitor, demOberstlieutenantduPatydeClam, ImMilitäkgefängnißdergutenStadtRenneö undharrt hoffend aufden TagdesGerichtes.Wieerbei derLandunginLorientaussah, welcheFarbe seinHaar-feinHutundseinAnzug hatte,wie esumseinenAppetitundsein NervensystembestelltistundwelcheRührungstadienseineinHalbtrauerge- kleideteFrauLuciedurchmachenmußte: Alldeutschland hates,sammtder

MiUUthziffeydiedemHeimkehrendendieersteThräneentfließensah,pünkt- licherfahrenundkönntesichjetzteine WeilevielleichtohneSchnüfflerberichte über diebedauernswertheChauvinistenfamilie behelfen.Die belgischen PUtfche,dieCleopoldsschwächlicheSchergen schnellinChamadenstimmung schrecktcmhabendemHundstagsbedürfnißderReporter nichtdenersehnten Stoff geliefert;undvondenBestialitäten,die,unter der tönendenDevise sempreavantisavoia, vondenimunglücklichenLandederRömerMäch- tichskkupellosbegangen werden, spricht unserederitalischen Schandherr- schaftholdePressenichtgern. Auchdietumultuarischen Roheiten,deren SchallplatzdieKohlenstadtHerneein paarTage langwar,konntenVer- ständigennun wieder einmalbeweisen,wiebedenklichdasVordrängenslavi- fcherArbeitermassenin dendeutschenWesten istund wiewundersamdunkel dieWegesind, aufdenen das Material fürdieZuchthausvorlageundderen etwanochzuzeugendeGeschwistergesuchtwird.Undda, währendichschreibe, dasSchicksalderpreußischenKanalvorlage noch nicht entschiedenunddie WahrheitoderUnwahrheitdesGerüchtes,daseineinPreußenbevorstehende

4

(2)

50 DieZukunft.

Ministerkrisis ankündet,ausderFerne nichtzu kontroliren ist,sobleibtin demWochenbuchderChronikadiesmal nur ein demaufHolzpapiereindrücke angewiesenenBetrachter wichtig scheinenderVorgang:dieFälschungeiner Rede desReichstagspräsidenten.

Graf Ballestrem, der,alsVertrauensmann dernumerisch stärksten undpolitisch gewandtestenPartei,demReichstag präsidirt, hat für seine GeschäftsführungdenGrundsatz aufgestellt,RedendesKaisers dürften, so lange ihre Form nicht amtlich beglaubigt ist,in derDebattenichterörtert werden. AndiesenGrundsatzerinnerteer, alsbei dererstenundhoffentlich letztenBerathungderZuchthausvorlageder AbgeordneteRoesicke,derBruder desAgrarierführers,über dieokynhäuserRede desKaiserszusprechenbe- gann.HerrRoesicleistcinmodern empfindender, gescheiterJndustriekapitän ohneScheuklappenundPatriarchenbeschränktheit;derKönigvon Saar- abien,dersichzumHeilanddersozialistischverseuchtenWeltberufen wähnt, haßtihn fast mehr nochalsdenApostatenvonHerrnsheim, unddieser grimme Zorn ist füreinenIndustriellen heutzutage ebensoehrenvollwiefür einenPublizistenderHaßderimDienstderSchwarzen Kunst auf Meinung- plantagen frohndenden Kulischaar:derdessauerAbgeordnetewar gegen die Rüge gewappnet.Er wiesaufeineNummer desReichs-undStaatsanzei- gers, in der dieoeynhäuserRedeveröffentlichtworden war, undnahm, unterBerufung aufdenfrüherenStandpunktdesPräsidenten,dasRecht inAnspruch, dieseRede in den Kreis seiner Erörterungenzuziehen. Graf Ballestrem fand dieseAuffassung korrekt;ersagteungefähr amStrande derWeichselkann ichden Wortlaut nichtleicht feststellen—, dadie Rede offiziell mitgetheilt sei, dürfe sie auchimReichstag besprochen werden. Als aberdasgedruckte Sitzungstenogramm erschien,las man staunend,derPräsident habe hinzugefügt,dieBesprechungseinur statthaft, wenndie Rede imamtlichenTheildesReichsanzeigersgestandenhabe.Gilt dieserGrundsatz,dannist,dadieReden desMonarchen beinaheniemals im amtlichen TheildesReichsanzeigersgedrucktwerden, jede parlamentarische ErörterungkaiserlicherAusspriicheunmöglichgemacht.Hattederschlesische Graf,derebenerstdenUebergriffdesdurchdaswarnendeBoetticherbeispiel geschrecktengrauenBureaukraten Brefeld so feinundwirksam zurückwies, sichnun dochdemFlehenderExcellenzengebeugtundeinGrundrechtder seiner Hutanvertrauten Körperschaftlässig geopfert?Ersagte lautund deutlich:Nein ;ichhabedenseltsamenSatzwedergesprochennochdemSteno- gramm zugefügt;eristimBureau desReichstages ohnemeinWissenein-

(3)

DerKaiserimReichstag. 51

geflicktworden. DaGraf Ballestremnie einerunehrenhaftenHandlung schuldigerkanntwurde, darfmannichtglauben,erhabeeinhäßlichesDoppel- spiel getrieben,zuerstdenVersucheiner denMachthabernwohlgefälligenAb- schwächungseinerWortegewagtunddann,alsdasEntrüstungstürmchen losbrach,dieSchuld behendaufdengeringerenMann geworfen.Wirhaben alsomit einer imReichtstagsbureauverübtengrobenFälschungzurechnen- Jkgendein magererSündenbock,den dieSuchenden wohlflinkfindenwerden- wirddafürbüßenmüssen.Weraber, nachaltemKriminalistenbrauch,fragt- cui bono dieFälschunggeleistetwurde,Derwirdnicht langevonZweifeln über dieUrsprungsregiondesFrevels geplagtwerden.

Wider denannochunentdecktenJnstigatordesFälschersistmit löb- lichemEifergewettert worden.Aber mit einemVerfahrengegen Unbekannt darfdieSache nicht abgethan scheinen.Daß siemöglichwurde, daßeinfeiger Lakaisicherfrechenkonnte,demReichstagspräsidentendenTextzuverbessern- umdieletztenReste männlichenMuthesausdemParlamentzukastriren:

darüber wird keinunbefangener, ungeblendeter Beobachter unserer Zu- stände sich heute nochwundern. DerBegriffderUnmöglichkeitistaus der deutschenPoIitikIängstgetilgt;undnamentlichin derhöfischenSphärekann dasgestern noch UnwahrscheinlichsteschonmorgenEreignißwerden, Jn einerZeit,wopreußischeMinistersichnicht gescheuthaben,dembedrängten HerrnvonBoettichermit demdenkwürdigenAttestbeizuspringenUnd,als esiUSchnitzelzerfetztwar,mitehrbarerMiene zuschweigen, in einerZeit- woAbgeordnete,ohnedenleisestenWiderspruchzuwecken,über denVersuch amtlicherBeeinflussungihresVotums klagen können,wodiederHospolitik ernsthaftundanständigOpponirendenwirthschaftlichboykottirt,gerichtlich denunzirtund,wenn esirgend angeht, eingesperrtund inihremLebens- centrumgetroffen werden, in einersolchenZeit, die,trotzKiautschouund demKarolinenquark,dieschreckendenZügecaesarischekNiedergangsepvchen trägt,kannausdemGesindeleichtEinerglauben,derZweck,denMonarchen

vorkritischerAnfechtungzuschützen,heiligesogardasunsaubereMittelder Fälschung.undeswärenur einniedlichekWitz,wenn unterdieserTaktik, die NaivefüreinejesuitischeErfindung halten, jetzteinBewundererund VorkämpferdesJesuitenordenszu leidenhätte. Sehrvielernsterund be- trächtlicheristaberdieFrage,ob dervom Grasen Ballestrem wirklichver- kündeteGrundsatzheute noch haltbar ist,ob essichalsoempfiehlt,denBrauch zUbewahren,der dasThunund RedendesMonarchen, soweitesnicht durch amtlicheBeglaubigunggedecktist,aus demBereichderparlamentarischen Redefreiheitscheidet.

4R

(4)

52 DieZukunft.

Dieser Brauch strecktseinetiefsteanrzeln bisin diemythischeZeit, daJahwe seinenDiener Samuel vordemvonIsrael ersehnten Königmit denDrohwortenwarnen ließ: »Eure SöhnewirdernehmenzuseinemWagen und zu denReitern,dievorseinem Wagen hertrabenzund zuHauptleuten überTausendundüberFünszig;undzuAckerleuten,dieihm seinenAcker bauen;und zuSchnitterninseinerErnte;unddaß sie seinen-Harnischund waszuseinen Wagen gehört,machen.EureTöchteraberwirdernehmen, daßsie Apothekerinnen,KöchinnenundBäckerinnenseien.EurebestenAecker undWeinbergeundOelgärtenwirdernehmenundseinen Knechten geben.

UndEureKnechteundMägdeund Eurefeinsten JünglingeundEureEsel wirdernehmenundseine Geschäftedamitausrichten.VonEurer Saat, Euren WeinbergrnundHeerdenwirderdenZehnten nehmenundJhr müssetseineKnechtesein.«VoneinemKönig,dessenRegiment so gefürchtet, dessen grause, durchkeineSchranken abgegrenzteGewaltvondenZittern- denso empfunden wurde, sprachman nichtgern. Wiedasblindwaltende, blindwüthendeVerhängnißhockteerunter demgüldenenReif, einsamund unnahbarauf steiler Höhe,deren UnterschichtderSchreckendräuendbe- schirmte.SeinNamewardniemals genannt. Schonbeim Erinnern anihn senktensichalleHäupterund diebleicheLipperauntebetend frommeSprüche.

Diese mystischeAuffassungdesKönigthumeswährterecht lange,bis weit in die modern genannteEpochehineinzmitKarlStuart undLudwigCapetift sie insGrabgesunkenundspuktnurnoch durchasiatischeDespotien.Jn Europa entschloßmansich,da derdurchHinrichtungoderMeuchelmord gemilderteAb- solutismusdemBedürfnißnichtmehrentsprach,zudemBersuch,dieMonarchie durcheinfestesGittervordenschädlichenTrieben schlechterMonarchenzu schützen.Damitder KönignichtfürdermehrUnrechtthun könne,wurdeihmdie Möglichkeitgenommen, ohnedieHilfeseinerdemVolkeverantwortlichenMi- nisterüberhauptEtwaszuthun.Ermußtesichbemühen,fürdir-Durchführung seiner persönlichenPlänedieMinisterzustimmen,undhatte,wenn dieses Mühen mißlung,nurdasRecht,andere Männerin denRathzurufenund beiihnen aufsNeueseinHeilzuversuchen.Soblieb er, wie imFeldedem Kugelregen,denPfeilenundSchleudernderRedner undSchreiberentrückt undkonnte,alseinungefährdetundunparteiisch Thronender,instetiger Ruhe dasWohldesLandesverwesen;undso entstand deroftsalschgedeutete Satz,einKönigkönnenicht Unrecht thun. Dieses VerhältnißzwischenFürst undNation,dasfromme Britenin denTagenderStuarts aufdentheo- kratischenBegrifsdesVertrauens gründenwollten, beruhtein dergemeinen

(5)

DerKaiserimReichstag 53

Wirklichkeitaufeinem Vertrag,derbeidenKontrahenten RechteundPflichten vorschrieb.DerKönig verpflichtetesich,denfestumhegtenKreisseiner Pri- Vilegietlnichtzudurchbrechenundnieauchnur oratorischvonderstolzen Höheherabzusteigen,dieihm jetztnicht mehrvon einemgeheimnißvollen Gott, sondernvoneinemsichtbarwimmelndenVolkeingeräumtwar. Und diesesVolkverpflichtetesich,denKöniginseinergeschäftigenEinsamkeitnicht zubelästigen,denPrivatmannseinemGeschmackundseinerNeigungfolgen zulassenunddie KritikpolitischerVorgänge nichtgegen den unverantwort- lichenRepräsentantendesReiches, sonderngegendessen verantwortliche Rathgeberzurichten.Dabei galtalsVoraussetzung, daß dieseRathgeber MännervoneigenemWillen undstarker Ueberzeugung seien,dienie,um sichdemRegentengefälligzuzeigen,vondemihnen richtig scheinendenWeg auchnurum einesSchrittesBreiteabweichenundin demAugenblickvon ihremPolsterftuhlsteigenwürden,woesihrem Gewissennicht mehr mög- lich wäre,demPlanendesMonarchen ihre schützendeUnterschriftzuleihen.

JstderBeweisnöthig,daßdiesemBerfassungidealder imDeutschen ReichherrschendeZustand schonlängstnicht mehr entspricht?Glaubtetwa einErwachsener,daßdieEntlassung Bismarcks, dieVerkiirzungderDienst- zeit,dasStreben, Frankreichs Freundschaftzugewinnen,dieTurkophilie, dieFestlegungdesdeutschenAnsehens aufderrussisch-britischenReibefläche, dieSOzkalisteUzPolen-,Welsen-undSamoa-Politik, daßvon derMarine- mehrUUgbis zurEinführungderrothenOffizierhandschuheund derCapes irgendeinewichtigereMaßregelnichtderpersönlichsteanitiativedesKaisers entstammt?Undgiebtesirgendein GebietmenschlicherBethätigung,über dasWilhelmderZweite nicht schonseineAnsichtausgesprochen,aufdemer dasZielseinesWünschensnicht schongezeigthätte?Dasmag den Einen erfreulich,den Anderenbedenklichdünken: in einermündigenVolkheitkann KeinerDenen,dieberufen sindodersichberufen wähnen,fürdasGemein- Weerzuwirken,dasRechtbestreiten, auf so lebhafteundvielfacheRegungen desReichsvertreterszureagiren.Solangeesihm gelingt, seine Wünsche inGesetzentwiirfenniederzulegen,fürdieKanzlerUndMinisterdieVer- antwortung tragen, mußman sichan diese berathenen Berather halten,

und überderenWillensstärkeund SelbständigkeitsichimStillen Gedankenzumachen, ist sogarinDeutschlandkeinemBürger verwehrt.

Tritt aberderMonarchpersönlichhervor, stelltersich,inrühmenderoder tadelnder,anfeuernderoderzürnenderRede, aufdenStandpunkteinerPartei, Klasse,GruppeoderGenossenschaft,dann muß solcherRede,diedochkein

(6)

54 DieZukunft.

insLeereverhallender Monolog sein soll,auchdieGegenredefolgen,diean- regende,dasLichtvon mehralseiner SeitezulassendeDiskussion.Und da unserePreßfreiheitnuraufdemPapier steht,da man,ohneGefahr fürLeib undLeben,dasEmpfindenderernstenMonarchistennichtmehrinvernehm- bareWortefassendarf, so giebtesfür solcheDiskussionnur nocheinesichere Stätte: denstaatsanwaltlichemEifer verriegelten ReichstagssaaLDort darf,dortmußüber diezahlreichenRedendesKaisers gesprochenwerden, wenn dieDebattenichtin diealbernste Heucheleihinabsinkensoll. Wer um nurTagesfragenzuberühren dieGenesisderZuchthausvorlageunddes Rhein-Elbe-Kanalplanes beleuchten will,Dermuß,wenn ernicht Lügen stammeln soll, aussprechen dürfen,daßkeinMinisterundkeinStaatssekre- tärandieseungewöhnlichwichtigenGesetzentwürfedachte,bisderKaiser ihre Ausarbeitung befahl.Wäre diehastige Lauheit,womit sieimParla- mentvertreten wurden,sonstzu erklären?

...HerrAlsred Dreyfus sitztimMilitärgefängnißdergutenStadt Rennes undAlldeutschland hätteein paarWochen Zeit,anseine eigene Affaire zudenken,in derjaauch schonmitFälscherkünstengewirthschaftet wird. Graf Ballestrem,deralsReichstagspräsidentGewandtheit,Muth undHumorgezeigthat,verkenntseineAufgabe,wenn erannimmt,ermüsse derKritikkaiserlicherRedennochengereSchranken ziehen.DieSorgeda- für; daßderText solcherRedenrichtig mitgetheilt wird, istSachedesKanz- lers.Sind dieRedeneinmalbekannt,dannmüssensie auchin denparla- mentarisch üblichenFormenerörtert werden; sie, gleich schamhastzu bergendenUnvorsichtigkeiten,totschweigen, hieße,dengekröntenRedner herabsetzenWerdeninstiller Verborgenheit bewährtemRath folgenden erstenKaiser muthwilligin die Debatte zog, Dermachte sicheiner Takt- losigkeit,derschlimmsten Kulturtotsünde,schuldig.WerdieRedenWil- helmsdesZweitenunbeantwortet wissen will,Derbeweist, daßerdas politischeLeben einesgroßenReichesmitdemRegattalärmderKieler Woche verwechseltund denWunsch hegt,dasWahrheitkündendeEcho kaiserlicherReden nichtindasOhrdesMonarchen dringenzulassen.

M

(7)

EinekleineInventar-. OfOI

Eine kleine Inventur.

WieEntwickelungschreitet schnellunddasAussehenderWeltändertsich täglich.Das nöthigtdazu,vonZeitzuZeitdieaufgestapeltenLehr- sätzeUndThatsachenverzeichnissezu revidiren undfestzustellen,was davon Uechgilt,was unhaltbar geworden,was neu hinzugetreten ist.Wenn ich UmsolcheJnventur aufdem volkswirthschaftlichenGebiete in einerZeitschrift Vorzunehmen Versuchssoverstehtessichvon selbst, daßich mich aufdie agerhauptiächlichstenHauptsachenbeschränkenmußundnur eindürresGe- klppeliefern kaUUZwermeineSchriftengelesen hat,wirdesaus seinerEr- mnerUng mitFleischundBlutbekleidete

DiewichtigstenderErkenntnisse,dieuns dienationalökonomische"

FoFschUUgvonAdamSmithbisauf Marxund Rodbertus hinterlassen hat, beziehensich UUfdenTauschwerth, aufdieKrisennndaufdenKapital-

begriff-VonallendenTausch-oderVerkehrswerthbildenden Faktorenist die Arbeit derwichtigste.Daraus folgt, daßdiefortschreitendeTechnikdie WaarendurchArbeiterfparnißfortwährendentwerthen, wohlfeiler machen muß- WiesieesjazurFreudeallerKonsumentenundzumJammeraller Produzentellwirklich thut. Nur dienicht beliebig vermehrbarenWaaren macheneineAusnahmevondemGesetz, daßderPreisderWaaren, so weit

nichtMonopolestörend eingreifen,mitdemzuihrerErzeugung erforder- lIchenArbeitquantumsteigtundsinkt;undjeneWaaren, wie Qualitätweine und GemäldealterMeister, sindkeineGegenständedesMassenbedarfes.Daraus folgt- daßdieBefriedigungdiesesBedarfesimmer leichterwirdunddaßdie UtOPienderSozialisten,von dertechnischenSeite gesehen,keineUtopien sind-WenneinGegnerdesSozialismuseinwendet: »Das Lebenistmir durchbilligereNähnadelnundDergleichennicht wesentlichleichter geworden«, sp l)aterdamitfreilichRecht,weildenErleichterungenErschwerungengegen- Übekstehen,dieausunserer Gesellschaftordnungentspringen;wenn z· B.der GehalteinesBeamten verdoppeltwird und zugleichderWaarenpreis auf dieHälfteheruntergeht,dasRealeinkommen desMannes alsoauf das Vierfachesteigt, so zwingt ihndieRücksichtaufdasStandesgemäße,sechsmal Mehr AUfwandzumachen,alserfrüher machte—- wenigstensbildetersich Dasein—, und eristüblerdran alsvor derGehaltserhöhungAber letterAntisozialisthat Unrecht,wenn erfortfährt: »WüßtedieMaschine zehn Metzen Korn,wofrühereinewuchs,undfünfStückVieh,wowirfrüher einsaUfgezogenhaben,aus demBodenzustampfen,dannallerdings stünde esanders.« Zwar nicht zehn,aberzweibisdreiMetzen gewinnt heutedie rationelle LandwirthschaftdemBodenab,woeinstnur einewuchs;würden

(8)

56 DieZukunft.

DeutschedieHerrendesrusfischenBodens, sowürdensie ihmdasZehn- fache seines heutigen Ertrages abgewinnenunddieRassen hättenalsKnechte derDeutschenkeineHungersnoth mehrzuerdulden;und kannauchdieMaschine wederKorn noch Viehaus demBodenstampfen, so schafft-sieuns dafür dasinentferntenAgrarländerngewachseneKorn undVieh wohlfeil herbei.

DieKlagenderAgrarierallerKulturstaaten beweisen, daßvondieserSeite herderVerwirklichungderUtopiekeinHindernißimWege steht.

Washindert,Das istdiekapitalistischeProduktionordnung,die den ReichthumzurQuelle derNoth machtunddieGesellschaftauseinerKrise indieandere schleudert.Wenn unmittelbar fürdenVerbrauch,zurVe- friedigungderVeoürfnissederProduzenten, produzittwürde, wieesinder antikenOikenwirthschaftundaufdemmittelalterlichen Großgut geschah, so würdejeder FortschrittderTechnikalleanderProduktion Betheiligtenbe- reichern,denn alle würden umwenigerArbeit einegrößereMengevon Güternhaben;und,sagtderalte AdamSmith, sovieloderso wenigGüter einMensch,eine Nation zuverbrauchen hat, so reichoder soarm ister odersie.WärenalleGüter ohneArbeitzuhaben,wiejetzt nochanden meisten—- nichtan allen Orten dieLuft,wären siealso nachdem Sprachgebrauch unserer geldwirthschaftlichenTauschgefellschaftvölligent- werthet, werthlos, sowäredieMenschheit unendlich reich.Nunaberpro- duzirtbeiuns derTuchweberdasTuch nicht,um esselbstzutragen,er produzirtesauch nicht,um Anderedamitzukleiden geschiehtDas,so isteseinfürihnganzgleichgiltiger,nebensächlicherErfolg—, sonderncr produzirtes,um Gelddaraus zulösen,und erstmitdiesemGeldever- schafftersichdieWaaren,dieerselbst braucht.ObdasTuch,daserver- kauft, wirklichverbrauchtwird, obvielleichtUniformendaraus gemachtwerden, die inirgendeinemDepot füreinenzukünftigenKrieg aufbewahrtundvon Mäusen gefressenwerden,ob die VallenbeimTransportinsWasser fallen undauf dem Meeresgrunde liegenbleiben:Das istihm,wenn ernur sein Geldkriegt,ganzgleichgiltig.Nur insoferninteressirt ihndieBedürfniß- befriedigungim Allgemeinen,als, wenn nicht überhauptTuchgetragen würde,auchdasTuch,daserproduzirt, nicht gekauftwerdenwürde. Da aberJedernicht für seinenund derSeinigen Bedarf,sondern fürden Marktproduzirt,wirddadurch JedermitJedem in einenunlöslichenJn- teressenkonfliktverwickelt. JederProduzent muß wünschen, daßdie Waare, dieerselbst produzirt, hochimPreise stehe, zugleichaber,daßalledie anderen Waaren,dieeralsKonsument kaufen muß,wohlfeil seien; sinken dieseanderenWaaren auf dieHälfte ihres Preises, sobedeutetDas dieVet- doppelung seines Einkommens, während jeder Preisfall seines Produktes seinEinkommen vermindert. Aberwährenderwünschenmuß, daß dieses

(9)

EinekleineInventur· 57

PrkiduktUUf dem Markte seinen Preis behalteodernochimPreise steige, mUBetzugleichwünschen,denTheildavon,den erselbst produzirt,mit

VsrbesserterTechnik, alsomitwenigerArbeit, d.h.wohlfeiler,herstellenzu konnen.Das gelingt ihm vielleichtundervermag sich durcheinPatent dasMonopoldieses VortheilseineWeilezusichern; sobaldaberderVor-

JheilGemeingutallerTuchfabrikantenwird,wirdnichtnur sein Tuch sür Ihn- sondernallesTuch fürdenMarkt wohlfeilund derVortheil schlägt für ihnwiefüralleseine ProduktiongenosseninNachtheilum. Dendurch Preis-fullerlittenenVerlust suchtJeder durch SteigerungderProduktionein- zllbkingenzdadurchsteigerterabernur denPreisdruck,derzu weitererAn-

spannungdestechnischenRaffinementsundderProduktionvermehrungspornt, bis der MarktübersättigtundderKrachdaist. So arbeitendieProdu- zeklselljederArtmitsieberhafter Hastan ihrem eigenen Ruinz auffälligstes Belspiel:diedeutschenZuckersieder. Endlich muß jeder Fabrikant sichselbst

PedükfnißloseArbeiter wünschen,damitsie,mit geringem Lohn zufrieden, Ihmeinengroßen Reingewinn lassen,dieArbeiterschaftimAllgemeinenaber mußer so begehrlichundanspruchsvoll wie-möglichwünschen,damit sie Lohnethöhungendurchsetzeund durch massenhafte Nachfrage nach seinen

FabrikatenderenPreisin dieHöhetreiben. Haben sichdieFabrikanten eines

ProduktionzweigesaufdenExport eingerichtet,dannwünschensie,daß alleinländischenArbeiter bedürfnißlos,alleausländischenbegehrlichseien.

JDUsieaberan denEinflußder ausländischenArbeiterbewegungenaufdie

inländischeArbeiterschaftdenken,wünschensieDasauchwiedernicht. Kurzum, iieWissengarnicht mehr,was siewünschenodernichtwünschensollen;denn sie Mögen thunoderlassen,was siewollen: esdroht ihnendavon Ver- derben.Und weilnun jeder technischeFortschritt, jede Vervollkommnung derProduktionundjede VerkehrserleichterungeineAnzahlvonProduzenten MitSchädigung,ja,mitdemUntergange bedroht,kröntsich dieserRatten- königvonWidersprüchenmitdemUniversalwiderspruch,daßdemfieberhaften FortschrittseifereinnichtminderfieberhafterHemmungeiferentgegentritt,wie wirestäglichantausend Fällenund jetzteben wiederaneinemrecht großen Falle,am Streite um denMittellanokanal, sehen. Jede Vermehrungder Gütermafseund jede ErleichterungdesGütertransportes,d.h. alsojede VermehrungdesNationalreichthumes,deswirklichen,desRealreichthumes, wirdvonTausendenals einUnglückbejammert;»dieEntwickelungformender ProduktivkräftesindinFesselnder Produktion umgeschlagen«.Ehemals unternahmman Kriege,umdenUnterjochten ihreGüterzurauben undsie zUzwingen,fürdieErobererzuarbeiten. Das war nicht schön,aberman kannnicht sagen, daßdieErobererthörichtgehandelt hätten. Heutewürde man, wennesnichtgarzugefährlichwäre,Kriege führen,umdasEin-

(10)

58 DieZukunft.

strömenvon Gütern inseigeneLandzuhemmenunddieBesiegtenmitden eigenen Produktenzubeschenken.DieDeutschenwürden am Liebstendie VereinigtenStaaten bekriegen,um sie zuzwingen, unseren Zucker, unsere Maschinen, unsereFarben,unsere StrümpfeundMäntelzu einemwohlfeilen Preise anzunehmenundihrenWeizenim Lande zubehalten,und dieAmerikaner würdengernmitunsKrieg führen,um uns mitwohlfeilem Kuchenmehl zubeschenkenunduns zuzwingen, unseren Zucker selbstzuessenundauf dieProduktionüberschüssigerMaschinen,Farben,StrümpfeundMäntel zu verzichten.Das heißt also: jederder heutigen Kulturstaaten sträubt sich gegendieBereicherung,dieihmdieübrigenStaaten aufdrängen,ist da- gegen bereit-,seine eigene BevölkerungimDienstederanderen Staaten Sklavenarbeitverrichten zulassen,undwürde,wenn esnichtzugefährlich wäre, zurAbwehrderBereicherungund,um dieErlaubnißzurVerrichtung von Sklavenarbeit durchzusetzen,sogar Krieg anfangen.Man mag eine ZeitungzurHand nehmen,welcheman will,so findetman alsHauptinhalt derPolitiknichtsAnderes als dieBerathungvon Maßregelnzur Er- schwerungderProduktion. NatürlichderProduktion Anderer;aberesgiebt wedereinenEinen nocheinenAnderen mehr,demnicht irgend welcheKon- kurrenten das Handwerkzulegen bemühtwären.

Wären wir beidenProduktionformenderaltenunddermittleren Zeiten stehengeblieben,sowürdenwiruns indieseWidersprüchenichtver- wickelt haben.Aber auchdasGlückwäreuns nichtzuTheil geworden, daßdertechnischeFortschritt, ungehemmt durch Jnteressenkonflikte,Alleohne AusnahmemitReichthum überschüttethätte;denndieser Fortschrittwürde garnichteingetretensein.Wirwürdennochbeiunverglasten Fensternund rauchendenKaminen undbeimLichteinerOellampeodereinesKienspahnes Werg spinnenundmiturväterlichungeschicktenWerkzeugenmühsameinen spärlichenHausrath anfertigenundwürdennach jeder MißernteeineHungers- notherleiden· DieArbeitstheilung,diekapitalistischeProduktionweiseund dieKonkurrenzwaren nothwendig,denFortschrittinGangzubringen- Wenn nun dieSozialistendaraus, daß jetztdieFörderungmittelderPro- duktivitätinFesselnderProduktion umgeschlagensind,denSchluß ziehen, dieZeitderkapitalistischenProduktionweise seivorüber,so ist dieser Schluß zwarvoreiligzaus denüblenWirkungeneinerInstitution folgtniemals, daßdiese Institution sichüberlebthabe;wäreDaswahr, so hättenwirschon seit dreitausend Jahrenkeinen Staat undseitstebenzehnhundertJahrenkeine Kirche mehr.Aber diesozialistischenNationalökonomen haben sich erstens dasVerdiensterworben, diewahreQuellederUebelaufgedecktunddadurch Allen,diesehenwollen,unnützeKurpfuscherarbeit erspartzuhaben,und zweitens,dasSchema entworfenzuhaben, nachdemwenigstenslokaleund partielle HeilungversuchemitAussichtauf Erfolgunternommen werdenkönnen.

Cytaty

Powiązane dokumenty

Das mag sein, wird man mir sagen; und doch können die Kriege erst dann aufhören, wenn alle oder die meisten Menschen die Theilnahme am Krieg.. Die Weigerung eines Einzelnen, er sei

feiner Neuheit willen predigt und mit Stentorstimme ruft: »Der Lebende hat Recht!« Der Lebende, dem ja meist eine bessereVergangenheit zum Glück im Wege steht. Man braucht nicht

«Newbutgh,Miramar, Der Gefangene von Sedan), während eine vierte (Der Sergeant von Bourg-la-Reine) lediglich als Gefäß meiner Ansichten über Krieg, Mord, Todesstrafe und

borgt, daß seine religiösenErinnerungen überall an semitischenUeberliefe- rungen orientirt sind, daß aus der durch diese moralischen und religiösen Vorstellungen

an sich mißtrauisch, daß sie nicht versucht, die bestehendenEinzelentwickelungen unter eine neue, höhere Ordnung zusammenzufassen,sondern, daß sie von jenen eine einzigehervorgreift

Damit kann keine neue Kunst entstehen... Kunst und Kapitalismus. 161 Wenn wir morgen noch eine Kunst haben s ollen, müssensich die Künstler heute emanzipiren. Unsere

,,Ueber den Fluß«, antwortete sie und trabte weiter- Die Garnifon der 195er wurde im Norden durch einen Fluß begrenzt, der im Winter meist austrocknete Schon in seinen

Von dieser theoretischenAnschauung aus komme ich zu dem Ergebniß, daß die städtische Grundrente nicht nur ein Problem der Gesetzgebung, Ver- waltungpraxis und der