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Aus der Heimath. Ein naturwissenschaftliches Volksblatt, 1861, No. 26.

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Academic year: 2022

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Ein naturwissenschaftlichenVolksblatt BerauggrgrlieunnuG. L.Roßmäszleiu

Wöchentlich1Bogen. DurchalleBuchhandlungenundPostämter für vierteljährlich15Sgr.zubeziehen.

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Inhalt: Das schnlpflichtigeKindesalter.

Ihn 26.

Haus und Werkstatt Verkehr.

VonDr.D.G.M.Schreber, Direktor derortho- pcidischen Heilanstalt. DieNatur alsAbfornierin von WerkenmenschlicherHand.-(MitAbbil- dung)—- GeologischeStreifzüge. ,(Schlnß von,Ni—.24.) Kleiner-eMittheilungcn. —- Für 1861.

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schurpfridsiiiae Feindesaiier

VonDr.D.g.Ill.schreber,Direktor derorthopkidifchcn Heilallstaltfl!Leipzig-

Eswürdemichnichtwundern,"wenn untermeinenauf- merksamen Lesern vielleicht schonmancher einerErörterung dieser wichtigen Frageindiesem Blatte entgegengesehen hat,dasie nebenihrer großen Wichtigkeitrechteigentlich indasBereichunseresBlattes fällt. Umso erwünschter wirdesdiesenwie mirselbstkommen,daß in dem Nach- folgendenderrüstigsteKämpfergegen dieBegehungs-Und UnterlassungssündeninderkörperlichenErziehung unserer Kinder sich hierübervernehmen läßt. DerdemLeipziger Tagebl. sentlehnteArtikelist einvon deinVerf.selbstver- besserterAbschnitt seinesBuches:»EinärztlicherBlick in dieVolksschule·«

Das hauptsächlicheOrgandesKindes für dieSchul- thätigkeitistdas Gehirn. Bekanntlicheilt dasselbeim Wachsthumevoraus underreichtdurchschnittlichmitAb- lauf dessiebentenLebensjahres seine, wenigstensdemUm- fangenach,volle,bleibendeAusbildung Vorherist die Gehirnmassenichtnurkleiner,sondernauch merklich weicher, inseinen Windungennichtsv tief eingefurcht.Wernoch nichtGelegenheitgehabt hat, Kindergehirne auf diesen Altersstufen autoptischzuvergleichen, findetinjedem HandbuchederPhysiologiedarübergenügendenNachweis.

Hiermitganzübereinstimmendistdie bekannteWahrneh- mung, daßumdiese ZeitdiegeistigeEntwickelungeinen entschiedenenWendepunkt zeigt, daßdasKinddiebisher eingesammeltenBegriffegründlicherzuzerlegenundzu

verarbeiten beginnt,daßseine bisher flüchtigenundober- flächlichenFrageneinetiefergehendeRichtungnehmen, daß esNeigungzu ernsterenundandauerndern Beschäftigungen verräth, daßderLerntrieb, wenn ernichtdurchvor- zeitiges Aufnöthigengefchwächtodererstickt wurde,zum vollen Durchbruchekommt. FrühkererwachenderLerntrifeb istkrankhaftundmußzurückgehatenundnur spielweise befriedigtwerden.

Jetzt alsoerst,zuAnfang des achten-Lebens- jahres (beisehr schwächlichen,dauerndkrankelndenoder inderEntwickelungzurückgeblieenen Kindernnochetwas später;dennwerlernensoll,mußvorn-allenDingen gesund sein) istder rechteZeitpunkt furden Beginn des Unterrichtes gekommen. Jetzt erstkannman injeder Beziehung gedeihlicheFrüchtedavon erwarten.

FürdieAltersklasseimletztenViertel des siebentenund imersten Viertel des achtenLebensjahresistderSchul- zwanggerechtfertigtDenEintrittin dieSchulevor die- serZeit solltedasSchulgesetzaufdas Strengste ver- bieten, anstattihnmitAblaufdessechstenoderwie in Preußen, Oesterreich, Braunschweig,Meiningen, Mecklen- burggarschonmit beendeternfünften JahrezUVerlangen- Esist eineVersündigungan derGeneration. Jefrüher dieVorzeitigkeit,umsomehrleidetdiekörperlicheUnd geistige EntwickelungSolcheKinder bleiben körperlich schwächlichundgeistig verkrüppelt,zujederleikörperlicher

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und geistiger Erkrankung vorzugsweise disponirt. Die Lernkraft ist geknickt,dieCharakterausbildungunddie pro- duktiveGeistesthätigkeit(Urtheilskraftund angewandte Denkthätigkeit),woraufjaalleindieLebenstüchtigkeitbe- ruht, fürimmer geschwächt.Esist einerderdirektesten Wege,dieJugend sozuentnerven, daß,woauchalle übrigen gedeihlichenEinflüsse gebotenwerden,diesedoch nichtjene Nachtheile auszugleichen vermögen.

DieVertheidigereinesvorzeitigen Schuleintritteskönn- tensichvielleichtaufdieAnnahme stützenwollen,daßdas kindlicheGehirn,wenn esauch erstmitEndedessiebenten JahresdenZielpunkt seines Wachthums erreiche, gleich anderen nochimWachsenbegriffenenTheileneinemäßige AnstrengungseinerAusbildung wohl vertrage. Obgleich nundieErfahrungan sich schonlautdagegen spricht, so sindet doch jener Scheingrund auchvom theoretischenGe- sichtspunkteher seine entschiedensteWiderlegung Weil nämlichdasGehirn sein ganzes Wachsthum,wozudie übrigenOrgane18——20Jahre Zeit haben,in einernur siebenjährigenPeriodezu vollenden hat, so istes indiesem ganzenZeitraumenatürlich in einemsehr starken,vor- waltenden Wachsthume begriffen,unddiesgeradein der EntwickelungsperiodedessiebentenJahresganzbesonders·

Nnn giltesaberdurchdieganzeorganischeWeltalsein physiologischesGesetz,daßvorwaltendes Wachsthumeines einzelnen Organs, ganzbesonderseinesso überausfeinen undzartenOrgans,wiedasGehirnist,mitanstrengender funktioneller Thätigkeitdesselbenunverträglichist,daß letztere ersteresstörtund erstnachVollendungdesWachs- thums ungestraft gebotenwerdendarfunddieGeltungals naturgemäßesBedürfnißerhält.

Manhört zuweilenvonVertheidigerneinesvorzeitigen Schuleintrittes deninberuhigenderAbsichtgeschehenden Ausspruch: daß geradeansechsjährigenSchulkindernein- vorzugsweise gesundesund blühendes Aussehenundeine frischeLernlustzubemerken sei. Siebleibenaberstetsdie Angabe schuldig,wiedieseKinder I—2Jahre späteraus- sehenundgeistig beschaffensind.DieFolgen solcher lang- sam zehrenden Einflüssetreten natürlich nicht sofortoder nachein paarWochenzuTage,sondern erstganzallmälig.

abersicher.

Dievorzeitige unverhältnißmäßige(wennauch schein- bar leichte) AnspannungdesGehirns erfolgtstetsauf KostenderKraftentwickelungdesOrgans. Nächstder Fassungskraftleidetam meistendieWillens- undThat- kraft. DieFolgeistentweder baldiger Stillstanddergei- stigen Kraftentwiekelung, baldige Abstumpfungodereine über das ganzeLebensichhinziehende Ueberreizungdes Gehirns,dieschließlichauch mitvorzeitiger Abstumpfung undErschöpfungoderauchmitgeistiger Erkrankungendet.

Jst ja dochdasRegisterderPsychosendurchAufnahme einerneuen Form,des»WahnsinnsderSchulkinder«von pfychischenAerzten(z. B.Günz) schon vermehrtworden.

DadasGehirndasCentralorgandesLebensist, so treffen jeneFolgennatürlichdenganzen Organismus.—- Die UeberkelzunshatabernocheinebesondereschlimmeFolge.

NachdemVerlaufederGehirnentwickelung richtet sichder Verlaufdes-allgemeinenWachsthums.Je schnellerdie erstederzweigroßenWachsthumsperiodemdieGehirnent- wickelung, abläuft, desto frühertrittdiezweite,die Ge- schlechtsentwickelungUnd diedamitverbundene Wachs- thumsperiodeein.DasVorzeitigeErwachendesGeschlechts- triebesundallesTraurige,dasdaraus entspringt, ist daher dienothwendigeFolgeeiner ÜbereiltenGeistesentwickelung.

Krankhafte NervositätundüppigePhantasiesind dietau- benBlüthendesgeistigenLebens,welchealleNahrungan

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sichgerissenhaben. Der halbreife Organismuswirdnun

auf doppelte Weiseentnervt.

Fürchtetman etwa, daßdasAbwarten dessiebenten JahreseinZurückbleibendesKindes hinterdensteigenden Anforderungenan geistiger Ausbildungoderhinterden AltersgenossenzurFolge habenkönnte? Gerade das Gegentheil!.Mankannsicherdaraufrechnen,daßvon zwei gleichbegabtenKindern daseine,welchesrechtzeitigden Unterrichtbegann,dasandere, welcheseinenscheinbaren Vorsprungvon vielleichtzweiSchuljahren hatte,bis gegen daszehnteoder elfte Jahrangeistiger Gesammtentwicke- lungnichtnur eingeholt, sondern sogarweit übertroffen habenwird—ebendeshalb,weil daserstevollständigreif dazuwar undeinengesundenundkräftigenGeistesmagen indieSchulemitbrachte. Dieserverarbeitet nun seinedem Alter angemessenenvollenPortionen leichterundvoll- ständiger,währendbei demvorzeitigen Verfahren schondie halben Portioneneinekaum zubewältigendeLastbilden.

Einvor demSchuleintritte schulreifgewordenesKind lerntin7Schuljahren ungleich mehr, besser, gründlicher, erreichtüberhaupteinvielhöheresSchulziel,alseinun-

reifoderhalbreifzurSchule gelassenesoder getriebenes Kindin9Schuljahren—so gewiß,alszweimal zweivier ist. Ersteres behältseine KraftundseinengesundenKern und kann selbst starke Schulanforderungen bewältigen.

Letzteres ist schonnacheinpaar Jahren geringerenLei- stungen nichtmehr gewachsen.

Man lassenur dieOrganedes Geistes ausreifen, eheman sie anzuspannenbeginnt, störe also nichtdie Ent- wickelungihrer fundamentalen Vollkraft undman wird staunenüberihre progressive Kraftentfaltung!Dann erst ist jedeweichlicheSchonung geradezueinFehler. Für reife, gesundeundkräftigeOrgane ist AnstrengungeinBedürfniß unddieBedingungzuweiterer Kraftzunahme, fürunreife undschwächlicheOrganeaber einVerderben. Nach dem, wiediemenschlicheNatur angelegtist, läßt sich vielmehr ausihrmachen,als derMaßstabdesgegenwärtigenGe- schlechtsesglaublich erscheinenläßt. Je stärkerdaherdie AnforderungenderSchulewerden,jehöherman diegeistige Ausbildung bringenwill,gerade um so dringender wirddieNothwendigkeitderVermeidungeinesvorzeitigen Anfangs, ebensowohlaus ärztlichenwie auspädagogischen Gründen. BeidenvielgeringerenAnforderungen, welche dieSchuleinfrüherenZeitenmachte,war eineVerfrühung desEintrittes bei weitemnichtindemGrade verderblich undeinenachholendeAusgleichungderphysischenEntwicke- lungweiteher möglich,alsjetzt,wodieStufender pro- gressivischenAnspannunggedrängteraufeinander folgen.

DerGewinn ist alsoeinkörperlicherundgeistigerzu- gleich.DerkörperlicheGewinn stehtganzunbestritten fest, ebensoaberauchdergeistige. Jn Ansehungdesletzteren befrageman nur erfahreneundunbefangene Schulmänner über dengewaltigenUnterschiedderFortschreitungskraft, welcher hervortritt zwischenrechtzeitigundvorzeitig einge- tretenen Schülern.BeivorzeitigzurSchule gelassenenoder getriebenenKindern gehtdiegeistigeEntwickelungentweder gleichvonAnfanganeinentraurigen Schneckengang,oder wenn sieauchvielleicht, durchdenflüchtigenReizder Neu- heitoderlüsternenEhrgeizu.dgl. angestachelt, anfangs kräftig schien,bleibtsie nach einigerZeitmiteinem Male hartnäckigstehen; dievorzeitig, also naturwidrigange- spannteKraft ist erschöpftUnd kanndasZiel ihrer außer- demmöglichgewesenendereinstigenVollkraftnie erreichen.

Dagegenblickeman aufdieleiderjetzt seltenen rechtzeitig zurSchulegekommenenKinder. Hierwirdman sicheines

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stufenweisenrüstigen, ja oft überraschendenFortschreitens erfreuenkönnen.

Wasein Kindvor jenemZeitpunkteanVorbereitung zumUnterrichte spielendundnacheigenerNeigung (nichtin gezwungenen,ununterbrochenganzstündigenZeit- abtheilungen einwesentlicher Unterschied!) genießen kann,magihm unbedenklichgewährtwerden,soweitdazu irgendeineGelegenheitvorhanden,wiez. B.inSpiel- schulenundin allenFamilien,woVateroderMutterSinn dafür hat.Wenn eseinige mehr mechanischeFertigkeiten, dieAnfangsgründedesSchreibens,Zeichnens, Lesens, Zählens(z. B.unterleichterAnleitungdurchBeschäftigung mitBuchstabenspielen,mitNachahmenvon Buchstaben, Wörtern undSätzen auf Schiefertafeln,mitZähltafeln

u.dergl.),odernurEtwas davon aufdieseWeisesichan-

geeignet hat, sowirddiesfürdieSchule schoneinenrecht merkbaren undwillkommenen Vorsprung gewähren. Doch ist auchda,wo diesnichtgeschehenkonnte, derNachtheil nicht so groß,alsdaßernichtgegendieungleichwichtigeren Vortheile gänzlichverschwände. "

BisEndedes7.Lebensjahreswillundsoll das Kind spielendsichaustummeln. Sosprichtdas Gesetzder Natur, unddieseläßt sichnichtungestraft vorgreifen, sondernwill, wie injederandern Hinsicht,erwartet sein.Erstdann ist esanderZeit,andieHeranbildungdesSchul-Sitzfleisches zu denken,doch ist dieses nunmehr meistvon selbst schonda, weildieZeit,dieKraftundfolglichdernatürlicheDrang zuernsterer Beschäftigunggekommenwar. Bis dahinist dasSpiel allein desKindes gedeihlicheSchule.Durch unmerkliche,aberverständige Einrichtung und Lei- tung desSpieleswirdderZukunftdesKindes fürkör- perlichesund geistiges Wohl unendlich mehr genützt,als durch versrühten Schulzwang.

Auchin derdarauf folgenden Schulaltersperiodebleibt dasSpiel, d.h.eineentsprechendeAbwechslung desselben miternster BeschäftigungeinhochwichtigesLebenselement fürnormale EntwickelungdermenschlichenNatur. Be- klagenswertheKinder, denenZeitoderGelegenheitmangelt,

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um durchschnittlichtäglich wenigstens durcheinsolches Stündcheneuchaufzufrischen!Jhrwerdet einst halbe, stumpfe,kümmerlicheMenschen!Wollte doch dieSchule (dochdiese beginntes,besondersinSachsen,zufühlen), wollten doch die Aelternbedenken:daß nichtdieMasseder Schul-undPrivatstunden, nichtdieMasse interesselos aufgezwungenerGedächtnißsachenoderunnöthigZeitrau- bender,breitausgesponnenerArbeiten,nichtdieMassedes Lernstossesansichesist,wodurchtüchtige,moralischund geistig hochstehendeMenschen gebildetwerden,sondern daß Allesdaraufankommt,daßderLernstoffin dem ebennoch gutverdaulichen Maaßeund ingutverdaulicherWeise (kernig,bündig,anschaulich lustweckend) gebotenwird!

Wollte man doch bedenken, daßdieMaaßlosigkeitdes Lernens,d.h. besondersdie zu denLerngegenständennicht imVerhältnißstehendeZeitsumme,dieLustunddasJn- tessedaran vernichtet, daßdannjederUnterrichtdasselbeist, was selbstdieausgesuchtestenSpeisenfür einenübersättig-« tenappetitlosen Magensind einGegenstanddesEkels, daß durch maaßlosesLernen undmassiges gedankenloses Arbeiten dasSelbstdenkenverlernt, dieWillenskraftge- schwächt,dasSelbststreben ersticktwird, daß also gerade das,woraufalleLebenstüchtigkeitberuht: gesundes, schnel- lesundpraktischesUrtheil,derCharakterundderSelbst- bildungstrieb untergrabenwird. Man halte dochnurfest, daßeben derSelbstbildungs derSelbstvervollkommnungs- triebhinsichtlichallermenschlichenAnlagen,dieWirkung, NährungundLeitung desselben,dasallerbesteZiel jeder erzieherischenEinwirkungvon Seiten desHauseswie der Schuleist!Mit ihm gehtAlles, ohne ihn Nichts.

Wirderdurchrichtiges Maaßundkernige Methodedes UnterrichtsundBildungsganges erhaltenundgefördert, wird außerdemdiekörperlicheEntwickelungimEinklange erhaltenmitdergeistigen,-sowird dieJugendnichtnur

dasselbe, sondern nochweitmehranKenntnissen,Fertig- keitenundanSchul-und BildungsfrüchtenallerArtin sich aufnehmenkönnen, alsjetzt verlangt,aberseltener- reichtwird.

YieYaturals Abformerinvdn Werken menschlicherChand.

WennderBewohnerderwaldlosenCulturebene das bewaldeteGebirgsland durchstreiftunddabeivielleichtzum erstenMaleinseinemLebensieht, daßder Waldebensoin regelmäßigeBeeteundRabatten eingetheilt istwiesein eigener Garten, welchedurchschnurgerade, schmaleoder breiteWege begrenztsind, diesichrechtwinkligdurchschnei- den,unabhängigvondendiekreuzundquerverlaufenden eigentlichenPfadenund Fahrwegen: so müssen ihman denWaldecken, welche durch diesichdurchschneidendenWeg- liniengebildetworden,in dieBaumstämme eingeschnittene Zeichen ausfallen.Er erkenntdaraus dasordnende Walten derForstwirthschaftund esfälltihmdabeivielleichtein, wieWald undForst unterschieden sind, indem erdaran denkt, der Waldistdiefreie SchöpfungderNatur, welche erstdieseregelndePflegeundBenutzungder·Menschenzum Forste macht,undhierindiesen eingeschnittenenZeichen siehtereben dieSpurenderForstwirthschaft.Jsteseine majestätischeEicheoder derglatte silbergraueStamm einer Buche,woreindieZeichengeschnittenwurden, so siehter diese,wenn auch schon vielleichtvieleJahre alk,dochNoch

sauberundwohlerhalten, währenddieentrindete Stelle worein aneinemNadelbaume dieZeichen geschnittenwur- den, mit vertrockneten Harzsirömchendicht bedecktist,alssei es dasströmendeBlut des Baumes, welches sichausden Wunden ergoßundnun dieeingeschnittenenZeichenbeinahe unkenntlichmacht.UnserBesucherdesWaldesfühlt sich aufgefordert,einesolcheWaldfirma näherzubetrachten,und ersieht,vielleichtauchzumerstenMale,daßdasLeben des Baumes bemühtgewesen istdie Wunde zuheilen. Rings

am ganzenUmfangederentrindetenStelle,welche nicht selteneinenQuadratfuß groß ist, hat sich.eineWUlft ge- bildet- welcheersichtlichUnterder Rindehervorgequollenist,

amreichlichstenanderoberstenamschwächstenanderun- terenLinie. Esist offenbardasStreben derNatur, die Wunde durchVernarbungallmäligwiederzu bedecken.

Aberdasgeht sehrlangsam,dieentblößteHolzflächekonnte aussichdenStoff dazu nichtliefern,denn wirsehendie- selbe abgestorbenundverwittert, grauUnd trocken. Doch derHergangderhier stattfindet,ist unsjabereitsbekannt durchdie,,heilendenWunden«(1860,Nr- 47),welcheam

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27.Augustv.J. dasHagelwetterdenBäumen inder Leipziger Umgegend geschlagenhat.

Bei derAusheilungund Vernarbungeinersolchen Baumwunde gehtesganzandersher,alsbei derHeilung undVernarbung einerWunde unseres eigenen Körpers.

WennderWundarzteinzerschossenesBein abgenommen hat, sobedeckt sichunter seiner umsichtigenBehandlungdie blutige Flächevon denWundlippen hereinmitneuerHaut, welche sich mitdendarunterliegenden durchschnittenenGe- webemasseninnigundzugemeinsamemLebenverbindet.

Das verlorne Gliedwirdzwarnicht ersetzt,aber die Wunde wirdvollständiggeheilt;amBaum istesumgekehrt:das Verlorene wird vollständig ersetzt,aberdie Wunde wird nicht geheilt,denn estrittkeineinnige lebendigeVerbin- dungzwischenderWundflächeunddemVernarbungsstoff ein. Beidesist natürlich,dennesstehtimEinklangmit demhierin so höchstverschiedenenVerhaltendesBildungs- lebensderThiere einerseits,unddes derPflanzen anderseits.

Blosbis zu einemgewissen Zeitpunkte,demdesvoll- endetenWachsthums,wird von ThierenundMenschendie aufgenommeneundin Blut verwandelte Nahrungzu Neu- bildungen, alsozuMasse-undGewichtsvermehrungver- wendet. Nachvollendetem Wachsthum finden letztere(die Erfolgederunnothwendigen Mästung abgerechnet), nicht mehr statt,undwirbrauchten,dawirnicht mehr wachsen, nichtmehrzuessenundzutrinken,wenn eseben imthieri- schenKörper nicht nocheinezweite Verwendungderassimi- lirten Nahrungsstoffegäbe. Diese beruhtindemsoge- nannten Stoffwechsel, welcher darinbesteht,daßalleGebilde desKörperseinerununterbrochenen ErneuerungundVer- jüngungbiszum Todeunterworfen bleiben, so daßwir stofflichheute nichtmehr dieselben sind,diewirvoracht Tagenwaren. Obgleichesstrenggenommen nicht hierher gehört,sosei,umMißdeutungenvorzubeugen-,hierdochnoch erwähnt, daß einige Theile unseresKörpers(undAehn- licheskommt auchbeidenThierenvor)hiervoneineAus- nahmemachen. DieHaare,wenigstensderenobere Enden, unddieNägelderZehenundFinger unterliegen diesem Stoffwechsel nicht, sondernsind einemfortdauerndenAb- sterbenundAbftoßenunter gleichzeitigemNachwachsenihrer lebendigenunteren Enden unterworfen.

« DerStoffwechselbedingtmitNothwendigkeitoderviel- mehrerberuhtdarin,daßimthierischenKörperdasLeben nicht auf gewisseTheile beschränktist, sondern jedeskleinste«

Theilchenals einzusammenhängendesGanzes durchdringt.

Indem wir leben,lebt inuns jedes kleinsteTheilchen, nimmt am großenganzen LebenTheilundträgt dazu Etwas bei. So istdennganznatürlich, daßdie Vernar- bungeinerKörperwunde so erfolgen muß,wieesvorhin kurz angegeben ist.

DerPflanze scheintimthierischenSinne derStoff- Wechselganzundgarzufehlen;einefertige Pflanzenzelle bleibtin demStoffbestand ihrerMembran dasganzeLeben derPflanze hindurchunverändert dieselbe,undganzegroße ZelleNUFIlsenhören aufamLebenTheilzunehmen (schon inzweljahthenTriebenist das Mark erstorben),undes lebtdaherdiePflanzenichtinallenihren Theilen, sieer- lebtniemals einen Zustand,worin man sie ausgewachsen

nennen kann,sondern IhrLebenistimmermitVermehrung

desUmfangesund desGewichtsverbunden;sie lebtstreng genommen immer nur in dem lehtjährigenZuwachs.

Hieraus gehtzweierleihervor,umuns dieAusheilungvon Baumwunden zuerklären; erstens daßdurch Verwundung sichergebendes AbsterbenUndVerweilenganzer Gewebs- massenunbeschadetfürdasGesammtlebenstattfindenkann, unddaßzweitens dieneuhinzugewachseneVernarbungs-

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massemitderentblößtenWundflächesich nicht lebendig verbinden kann, weilletztereinzwischenabgestorben istund zwischenTodtem undLebendigemeineinnige Verbindung

nichtdenkbar ist. ·

DieVernarbungeinerStammwunde istdarum auch nichtinderthierischenBedeutungeineeigentlicheHeilung, eineWiederherstellungdesVerlorenenindemSinne der DeckungeinesVerlustes. Wennesdieseswäre, somüßte dieNeubildungvon derVerwundeten Stelle selbstaus- gehen.Diesistjedoch,wiewirsahen, nichtderFall; son- derndiese starbvollkommen abund wurdedadurchganz unfähigzuNeubildung WirhabeninderVernarbung einerStammwunde einfachblosdieFortsetzungdervon oben herabkommendenundsichzugleich auch seitlichbe- wegendenHolz-undRindenbildung

WieBedeutendes hierdurchunterUmständen geleistet werdenkann, wollenwirnun anunsernAbbildungen sehen.

Ohne Zweifel habenwirdie ersteHälfteeinerJahrzahl ausdemvorigen Jahrhundertvor uns. Vielleichtwarals ErinnerungoderMerkzeichenirgendeinerforstlichenWirth- schaftsmaßregelodereineshochfürstlichenJagdabenteuers dieJahrzahlin die alteEiche,dennumeinesolche handelt siches,eingeschnittenworden,nachdemeineStelle dazu entrindet worden war. Dieentrindete Stelle war so groß, daßdieanihremganzen UmfangehervortretendeUeber- wallungsmassevieleJahrelangzuthunhatte,sie zu be- decken. UnterdessenwaraberdieVerwitterung nicht müßig, dasihr preisgegebenenackteHolz anzugreifen,undsowar dasselbe nachund nachineinezerfallendeundverrottete Oberflächeverwandelt worden unddurchdiealljährlich tiefer eindringendeAustrocknunganmehrerenStellen auf- gerissen. Daßdieunter denRindenrändern hervorwach- sendesaftige Ueberwallungsmassesichmitdieserverwitter- tenundabgestorbenen Holzflächenichtorganischverbinden konnte,ist leichtzubegreifen; diese konnteihrnur alsUnter- lage dienen,um sich daraufauszubreiten. Eshatviele Jahregedauert,ehedervordringende Ueberwallungsstoff bisandieVertiefungendereingeschnittenenZiffern gelangte;

alsdiesabergeschehenwar, so senkte sich derselbe noth- wendigindieseVertiefungen, füllte sieganzausundsetzte dannjenseits sein Vordringenweiterfort.

Sowurde endlichvon allenSeiten herdie ganze ab- gestorbene Holzflächevon jungem Holzüberwachsenund dieses natürlich auchmitRinde überkleidet,die sichgleichen Schrittesmitdemjungen Holzebildete. Nunwar andem ganzenStamme derZUsammenhangdek-alljährlichenHolz- bildungvollkommen wiederhergestellt,undesbildetesich nun auchaufderjungenHolzflächewieamganzenübrigen Stamme jedesJahr eineneue Holzlagemit einerentspre- chenden Anlagerung einerneuen BastschichtaufderInnen- seitederRinde.

DaohneZweifeldieEichebereits sehraltwar, als dieJahrzahleingeschnittenwurde, unddemzufolge auch ihreRinde sehr tiefe Borkenrissehatte, sobliebnatürlich noch lange Zeit nach erfolgter gänzlicherAusheilungdie Stelle daran nocherkennbar, daßihreRindenoberfläche glatterundwenigermitrissigerBorkebedecktwar. Bleibt aberinsolchemFalleein Baum nurlange genugstehen, so gleicht sich zuletzt auch dieserUnterschiedaus, undes bleibennur füreingeübtesAuge nocheinigeKennzeichen

davonübrig, daß hiereinegroßartigeAusheilungstatt-

gefunden hat. »

DieEichewurde gefälltUndIhrStamm zuBohlen zerschnitten. EingünstigerZufall fügtees,daßdieim Innern desStammes eingeschlosseneJnskription wenig- stenszumTheil unverletzt blieb,indem dieSchnitteder

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Sägemühlemitihrparallelgingenundsieso flachin das JnnereeinerBohlezuliegenkam,wovon andieser äußer- lichkeine Spurwahrzunehmenwar. Einweiterer Zufall wolltees,daß dieses verborgeneWerkderNaturheilkraft

andasTageslichtundzur Kunde meinerLeserundLeserin-

nen kommensollte.DieBohlewurdezersägt,wahrschein-

410 istleider unbeachtetverloren gegangen, von der andern habeichdieHälfte erhaltenundinetwahalbernatürlicher Größe abzeichnenlassen. DasStückist ohne Zweifelder ganztreueAbgußvon demverlorenen Gegenstückundan

ihmalleserhaben,was anjenem vertieftwar,undum-

gekehrt. Daher steht auchdieZahl17verkehrt·

Fig.l.

lichumOelfässerdamitzureparirenWennichverdankedas Stück einerOelrafsinerie),und derBöttgerwar vielleicht sehr erstaunt,alseinabgesägtesStückvonselbstinzwei Platten zersiel,andenenbeidenjedie eineOberflächesich zurandern verhieltwieeinPetschaftzumSiegel. Die eineHälfte, welchedieeingeschnitteneJahrzahl enthielt-

ZU NochgrößererVeranschaulichungfüge ichdervor- stshendeIISchilderungdesVernarbungsvorganges nochdie F1g-2hinzu,welche einenQuekschnitt,wieihndie Linie bbandeutet,durchdieUeberwallungsschichtund einen

Theildes altenHolzesdarstellt.DieGrenze zwischenbeiden giebtdieLiniecc an,welchesdieOberflächeder entrindeten

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