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Aus der Heimath. Ein naturwissenschaftliches Volksblatt, 1861, No. 29.

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Academic year: 2022

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Ein naturwissenschaftlichenVolksblatt VeranggegelieunnuE. Jl.

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Unhmäßleu WöchentlichI-Bogen. DurchalleBuchhandlungenundPostämter für vierteljährlich15Sgr.zubeziehen.

Inhalt: DerGyninasial-Actus imFreien.

langen. Für HausundWerkstatt

Eine dramatische.Scene.

.No«29«UeberwallungderNadelholzstöcke.VonC.L.Scheinlei. (MitAbbildung.) Kleinere Mitthei- Verkehr.

(Fortsetzung.) Die 1861.

per HymnasiabglictusimFreien

EinedramatischeScene.

(Fortsetzung.)

. Richter(zU Otto)- LassenSiedasThier laufen,Sie sehen,daßsichderHerrRectordavorfürchtet.(zudemRector.) Ihre SchlangenfurchtdientmirjetztganztrefflichalsAn- knüpfungspunktmeinerRede. LachenSie mitmir·über sichselbst. Hier stehenSie, einwürdigerRepräsentantdes vielgepriesenen,nur aufdenGymnasien hausenden Huma- nismus einMuster und Vorbild klassischerGelehrsamkeit undBildung, hierstehenSieundzitternvor einerun-

schädlichenSchlangeinderHandeinesKnaben,zittern davor, weilIhr WisseninnatürlichenDingen sich nicht einmal bis zur oberflächlichstenKenntnißder 3oder 4Schlangenartenerhebt, welchewirinDeutschland haben.

Sie kennenja aberdieThiereblos aus der Lectüreder altenKlassiker,unddaist Ihnendenn jedevorIhren Füßen aufgescheuchteSchlangeeine Viper derCleopatra!

IhreunwissendeFurchtIst·so groß, ist soganzEnt- setzen,daßsielächerlichwird, indem sie lieberfür möglich hält,daßauch diese Schlange,derenUnschädlichkeitIhnen Versichertwird, doch vielleichtgiftig seinkönnte. Istdas nichtmehrals kindischeFurcht? Jedoch,(niit erhobener Stimmc) meinetwegenfürchtenSiesichaus Unkenntniß vorjedem Sonnenstäubchen,aber, meinHerrRector,lassen Sienichtdiesedumme Furchtin denKöpfenIhrerSchüler sichfestnisten!VerpönenSienichtnaturgeschichtlichesWissen aufIhren sacrosancten Gymnasien! OesfnenSieweitdie

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Fensterderstaubigen KlassenundlassenSieLicht.undLuft undWärme ausGottes schöner Natur hinein! Gestehen SieendlichdenjungenLeuten, derenBildungman Ihnen anvertraut hat, daßdraußeneineschöne,herrliche,ordnungs- volleNatur ausgebreitet liegt,in welcher esauchetwas Nützlicheszu lernengiebt; sagenSie ihnen,daßdiesein uraltes,von derHanddesWeltmeistersselbstgeschriebenes Buchsei,inwelchemwahrereundwichtigere Regelnalsin derGrammatik geschrieben seien!—-Wennschonmein FreundBormann Ursache hatte, sichüber Sie zubeklagen,.

so habe ichsie in noch vielhöheremMaße.ErlaubenSie

mirvorhereinGleichniß.EinKnabe,indessenZukunft festundbestimmtgeschrieben»steht-daßereinstin Amerika seine HeimathundfeinenWlkkUNgskreishabenwird, wird inDeutschland acht Jahre langindieSchule geschickt;

dortunterrichtetman ihnin allerleiDingen,nur nichtin solchen,diemitAmerika zusammenhängen,sondernman erzähltihmmiteinerendlosenBreite, was vor tausend JahreninEuropaundKleinasien passirt ist,unddann entläßtman diesenKnaben nachachtJahrenzuseiner Reise nach Amerika,mitwelchemVorhaben, hörenSie wohl!seine Lehrerbekanntwaren.Waswürden Sie,Herr Rector, von dieserSchule urtheilen? Doch, urtheilen Sienicht,SiewürdenIhr eigenesVerdammungsurtheil aussprechen,denn derFall ist Ihr Fall.Siewußten,daß

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ich und viele meinerMitschülerMediciner werdenwollten;

—- Siewußten,daßdieHeilkunst lediglich aufder Erkennt- nißder Natur beruht;—- Sie wußten, daßwersichder Heilkunstwidmet,einelebenslänglicheReisein dasunend- licheGebiet der Natur antritt. Ietzt frage ich Sie,was habenSiegethan,Um mich auf diese Reise vorzubereiten?

Meine schönstenLehrjahre,woman am tiefsten auffaßt, habenSieverbrauchtzuDingen,von denenichnur den kleinsten Theil aufmeiner Reisebrauchenkann-,und in meinem zwanzigstenJahreentließenSiemich umaus derUniversitätin allen, ichsagein allenFächernderHeil- kunstalsABC-Schüler anzufangen.WußtenSie nicht, daßesUnbilliges fordern heißt,wennman einemzwanzig- jährigen Jüngling zumuthet,inPhysikundChemie,in Mineralogie,inBotanik,inZoologie,inPhysiologie,in Psychologie,inAnthropologie, alsoinachtumfangreichen Wissenschaften-zugleichvonder unterstenWurzel anfangen zusollen? Istdaseineuniversellegelehrte Vorbildung,wie Sie dochIhren Unterricht hochtrabendnennen, wennder an- gehendeMediciner von seinen Fachwissenschaftenvondem· Gymnasiumkaum eineKenntnißderTitelmitbringt?

Rector Cellarius (triumphirendeinfallend). Halt, Freundchen! VerlangenSienicht Unverständiges!Wollen

»SiedasacademischeStudium des Mediciners zumNach- theile derjenigen, welche sichdenanderen Facultätenzu- wenden wollen,aufdasGymnasium verpflanzt wissen?

Richter. Nichtsweniger!Undwenn ichesverlangte, sowürde das,um michnur Ihrer eigenenWorte zu be- dienen, nicht unverständigersein,alswenn Sie,wieSie esthun, das academifcheStudium desPhilologenzum Nachtheil derjenigen, welchesichden andernFacultätenzu- wenden wollen,aufdasGymnasium verpflanzen?Oder thunSie das etwa nicht?BehandelnSie nichtIhre Schüler,alswenn allesichvorgenommen hätten, Philo- logenwerden zuwollen? Doch ichbinweitentfernt, den mirschuldgegebenenUnverstand eingestehenundmit demIhrigen entschuldigenzuwollen, dennwas ichver- lange,ist nichtsUnverständiges.Die vorhin genannten acht Wissenschaftensindnicht blosTheilganzedesmedieini- schenStudiums, sie sindzugleichTheilganzederWissen- schaftvonder Natur, derjenigen Wissenschaft, welchedem Menschen näher liegtalsirgendeineWissenschaft.Der Mensch ist, eheerStaatsbürgerundStadtbürgerist,Welt- bürger,d.h.eristein Gliedderihn umgebendenErdnatur, unterderenOrdnungundGesetzersteht.Wennman nun einem jeden StaatsbürgerzurPflichtmacht Siethun das freilich auch nicht—, inseiner politischen Heimath heimischzusein,unddiesdadurch zubeweisen, daßerdie GeschichteundGeographie,die Sitten,Einrichtungenund Gesetze,dieRegierungsformunddieMittel derselben, so wieseinePflichtenundRechte ihr gegenüber,kenne, solldanichteinegleicheVerpflichtung für jedwedenMen- schenvorliegen, auf gleichbedeutendeWeisein derHeimath derer

Nochfrüherangehörte,-inder Natur heimischzusein?

Doch»-Wem HerrRector, ichwillIhnen auch noch ferner bewelsen-daiZ»Si«emirmitIhren Unterstellungen hier nichts Unverstandlgesunterstellten, selbstwenn ichdas Materielle derUnterstellungin dernothwendigenBeschrän- kungdesGymnasialzweckeszugebe.Siewissenundgeben mirzu,daßwiedel-JArztunserleiblicher, soderTheolog Unser Seelen-Arzt ist-NUN- meinHerrReetor,hatdenn allein undfürallenichttheologischenMenschennur der TheologdieSeelenheilkundezustudiren,damit wiruns dann passivvon ihmcurirenlassen,wenn unsereSeele krank gewordenist? Müssennicht VielmehralleMenschenihre eigenenSeelenheilkünstlersein? MüssennichtalleMenschen,

452 um nichtseelenkrankzu werden,sogut wie derTheolog vonFach,dieGrundsätzederTheologiekennen? Werden nicht alleMenschenindemgeschriebenenwiein dem in unsereeigene Brust eingegrabenenGesetzbuchederWeisheit undTugend unterrichtet? Genauso istesmit dem leib- lichenArzteundseiner Kunst gegenüberderMenschheit Ieder Mensch muß,daihmderschützendeInstinktdes Thieres mangelt, seinenLeibunddas denselben beherr- schendekörperloseWesen,welcheswir Seelenennen, er mußwiedieses dieAußenweltkennen,in welcherebenso- wohldieVeranlassungenzuKrankheitwiezuHeilung liegen,um sein eigener, nicht heilender, sondern Krankheit verhütenderArzt seinzu können. Wiekannerdas,wenn seineigenerLeibsammt seinemLebenundseinemGeiste ihmeineverschlosseneMaschine ist?DemMenschenist sein

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Lebenso langedas, was demblinden PferdedieBe- wegungen derTretmühlesind, so langeernicht seinLeben mitallenseinen verschiedenenThätigkeitendurchEinsicht indasselbesich objectiv gemacht hat; ja, ich habe jetztden Muth, hiervor demklarenAugedesSchöpfers unseres Leibes, seines Meisterwerkes, denalseinengebildeten Menschen nicht anzuerkennen,der, unbekümmertumdie in undum ihn herum wirksamen GesetzeundKräfte, sein Lebenhinlaufelnläßtwie eine Locomotive,derenMechanis- mus ernichtkenntund ihnkennenzuwollenauchnicht einmal diefaule RegungderNeugier fühlt. Ich habeden Muth,dieszusagen,undwenn ichallenIhren Gelehrten- Zornauf mich lade!

Köhler (nacheinerPause). Sie erwiedernauf soharte Beschuldigungen nichts?-— GernübernähmeichIhreBer- theidigung,dennichkanneinenehrwürdigenMann,dessen Sünden nichtihm, sondern seinem Geschickeangehören, nicht ohne Schmerz Unrecht behalten sehen. Doch,kann iches?Ich mußjadenalten neue Anklagen hinzufügen.

Sie wissen ohne Zweifel,daßdererhabeneGründer un- sererReligionbei seinenbegeisterndenRedengern undoftfür seine WahrheitendaseinkleidendeGservand ausder Natur entlehnte. Erthatdas,weilerwußte, daß·einunsicht- barerMeisterambesteninseinemWerke erkanntwird;er that dies,weilerwußte,daß dieseSprachedemkindlichen Gemütheam verständlichstensei.Nun,ihr Gymnasien, was seidihrdennso Großes, daß ihrdie Natur nicht achtet,die derEdelsteundBeste,diederweisesteLehrer, derje gelebt hat,bei derErziehungdesMenschengeschlech- tes nichtentbehren mochte? VerkehrteWelt! Der Prediger entlehnt sogernGleichnisseundBeweiseausder Natur, dieerdochinderRegelnicht kennt, unddenktnicht daran, daßerdadurchfactischderNatur ihr Rechtein- räumt, daserihr, von euchGymnasien dazuerzogen, ofsiciellmitvorenthaltenhilft,indemerverabsäumt, auf denSchulen, hohenwieniederen,einenzweckmäßigen,d.h.

wahrhaftbildenden UnterrichtinderNaturgeschichteein- führenzuhelfen.Siewissen,daßimmer eingroßerTheil Ihrer SchülersichderTheologie zuwendenwill,Sierüsten dieselbenmitgroßemAufwandevonZeitundMühe aus, daß siedievonMenschenhandinfremden,todtenSprachen geschriebenenReligionsbücherlesenkönnen;Siethunaber nichts, daßsiedasbelehrendsteReligionsbuch,dasBuch der Natur,verstehenlernen.. DieDelicatessen, welcheder genußsüchtigeHoratius FlaccusanderüppigenTafeldes Nasidienus speiste, mußtenuns eineGelegenheitbieten, denScharfsinninderErmittelung derdazuverwendeten Naturproduktezuüben.währendUnsder Waldvor un-

seren Füßen einbuntes Zweig-UndBlättergewirrunbe- kannter Baumarten blieb. Sie wußten,HerrRector,daß esfürdieCandidaten derTheologieeinefastausnahms-

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lose Regel ist,vor demEintreten ineinPredigtamt oft VieleJahre lang ErzieherundLehrerderJugendzusein.

Siemüssenferner wissen,daßderPrediger, aufderKanzel wie in demUmgangemitdenBewohnern seiner Dorfge- meinde,oft Beispiele, Gleichnisse, RathundBelehrung aus dem Gebiete derNaturgeschichtezugeben freiwillige undfordernde Veranlassung hat undwas habenSie inachtjährigemGymnasialunterrichte gethan,um unsin Zeiten aufmerksamzumachen, fürdieseFälleunsvorzu- bereiten; durchLiebeundAchtung fürundeineübersicht- licheKenntnißvon derNatur unswenigstens Anregung zugeben, aufderUniversitätuns auchdiesesunentbehr- liche RüstzeugeinesIugendlehrerszuverschaffen?Statt dessenmachtenSieunsglauben, daß fürunsTheologen, wieüberhauptfürdenGelehrten,dernichtNaturforscher von Profession ist,dieNatur garnichtgeschaffen,oder höchstenseinkindischerZeitvertreib fürdieunterstenKlassen desGymnasiumssei. Wenn unsere ZeitdenReligions- lehrerndenVorwurfderstarrgewordenen Kirchengläubig- keitmacht, undsichallerorten dieHerzen ihrer Beicht- ,,Kinder«von ihnen abwenden, soistdaszumgroßen Theile Ihr Verschulden;dennSie gewöhntenuns, den todten Buchstabenund die kalteVernunftalsdieeinzigen QuellenderGotteserkenntnißzu betrachten,undließenfür uns dieQuelle verschlossen,derenMillionen ewigklare Wellen,vondemUrquellderLiebe undWeisheitstammend, unsewig umplätschernunduns selbstmitsichfortspülen injenesGebiet, wojeglicheserschaffeneWesen, dochnur derMenschmitBewußtsein, sichimSchooßeder mütter- lichenNatur fühlt;injenesGebiet,welchesnur derUn- kundigealsdieGeburtsstättedesMaterialismus verdäch- tigenkann, woaberdiekindlicheSeeledesNaturkenners tausend sichtbare Spuren einesunsichtbaren höchstenWesens sieht. Wohermirdieseswarme Gefühl fürdie Natur?

MitIhremWillenhätteichesnicht. Ichdanke es einem

—- Kinde, demichvor einemIahreLehrer,unddasgleich- zeitigmeinLehrer wurdez jameinLehrer,wenn derunser Lehrergenannt werden muß,der durchseinBeispielin uns denDrangnachWissen entzündet. HörenSie!Aufdem erstenSpaziergangemitdemKnaben sah icheineEsche füreinenNußbauman. DerKnabe,dessen frühererLehrer wahrscheinlichkeinsolcher Ignorant in der Natur gewesen war,sah michmitseinen großen,klarenAugenverwundert an,undmitdemfeinenTaktedesgutgezogenenKindes nannteer,allerleiplaudernd,aberdieBeschämungmirda- durch dochnicht ersparend,denBaum eineEsche.Wir gingenweiter indemWalde, undmitinneremZagen wagte iches,denKnaben über die BäumedesWaldes zu examiniren,undlernte sovon einemzehnjährigenKinde zumerstenMale inmeinem LebeneineFichtevon einer Tanne unterscheiden. Ich ließaberbaldabvondemhals- brechendenExamen;dennwenn nun dasKindeinen Baum dochnichtgekannt hätte,undichhätte ihm denselbendann nennen sollen?! Jchstand,aus meinem Gelehrsamkeits-

himmelherabgestürzt,recht demüthigneben meinem Schüler, undich hätte jetztgern einderbesStückKirchengeschichte fürein kleinesStückchenNaturgeschichte hingegeben.Das Glückwollte mirwohl; ich fandindem Vater meines Schülers selbsteinengeschicktenLehrerinderNaturge- schichte.EssielmirbaldwieSchuppenvondenAugen.

Ich hattedieNaturgeschichteaus Unkenntnißundaus einigenBlicken inein-zweckmäßigeingerichteteBücherfür eineWissenschaftdesAugesund desGedächtmssesgehalten- Ietztlernteich siealsdieedelsteBeschäftigungfürdenden-- kendeliGeistUndfürdaskindlich-frommeGemüthkennen.

MeinLehrer zeichnetemirin denerstenUnterrichtsstunden,

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die wirauf Spaziergängendurch WiesenundWälderhiel- ten, ein BildvondemSchöpfungs-undEntwicklungsgange derThier-undPflanzenwelt.Erversetztemichin dietodte, starreUrzeitdesErdkörpers, schrittmit mir über die Gräber früherer Erdumwälzungen,welche untergegangene Thier- undPflanzenweltendecken,hinwegin dieGegenwart,und malte mirsoeineGeschichteder Natur, von welcher ich bisherkaum eineAhnung gehabt hatte. Die amWege wachsendenPflanzen,dieThiereunsererGegendund eine Sammlung, dieerbesaß,waren für seingeschichtliches Tableau diebelegendenFiguren undesstandklarvor meinerSeele, daßesJedem eine Schande sei, dieseGe- schichteseiner irdischen Heimath nichtzu kennen. Nachdem ich michalsMenschenalseinTheilganzes,alsdenedelsten SchiUßPUUktderEtdschöpfungkennengelernt hatte, erschien mir jedes Pflänzchen, jedes Insektmeinerbrüderlichen Beachtung werth; siestandenvergeistigt, geheiligtummich

ich fühltemichunter ihnenalsdas berechtigte,aber mehr noch verpflichteteOberhaupteinerWelt vollerWun- derundHerrlichkeitundOrdnung.Wasich sovonmeinem Freunde gelernt habe, betrachte ich keineswegsalsetwas Besonderes, gerademiralsIugendlehrer Nothwendiges

nein, esistmirzurfesten Ueberzeugunggeworden,wie vorhin unser Freund Richteresaussprach, daß diesesmir jetzt eigene Wissenvon derNatur einnothwendigesGlied desWissenseinesjeden wahrhaft gebildetenMannes ist.

Glauben Sie nicht,daß michmeinLehrerzu einem Kräu- tersammlerundInsektenjägergemachthat.Wennichnicht vielleichtspäterim AmteMuße sinde,diemichumgebenden Naturproduktegenauerzustudiren, undselbstdannnoch, werdeichimmerviele,vielePflanzenundThiere nichtzu

nennen wissenTAberich weißjetzt, daßdieKenntnißder

Namen derSteine, Pflanzen undThierenochnichtden Naturkundigenmacht. Auchohne siealle dem Namen nachzu kennen.sindmirdochallejetztvertraute Wesen,seitdemich ihr Leben, ihre Verwandtschaften, seitdem ich siealsein Volkkennengelernthabe, dessen GeschichteundGesetz- gebung ichkenne. Lächeln Sie jetzt, ichwerde esIhrer UnbekanntschaftmitderNatur gernzu Gute halten: ich fühle michalsbesserenMenschen,seitdemich michauf dieserweitenErdenicht mehrallein fühle, seitdemmirdie schöneErdnatur einliebesfreundliches Vaterhausgewor- denist.DieswürdenjetztmeineGefühle sein,was und werich auch sein möchte.Daichaber einReligionslehrer bin, odervielmehr dereinst seinwerde,seinwerdefüreine Gemeinde gern gut seinwollender Menschen(dennjeder Mensch möchtegerngut sein) sowerdendieseGefühle zugleichzummich wahrhaft beseligendenBewußtsein,daß ichzu demerhabenen BerufeinesSeelsorgersum eingut Theil geschickterseinwerde, alsdie vielenmeinerAmts- brüder,welchedenliebenGott meistnur ausBüchernund aus ihrer Lehrerundihren eigenen grundlosenBeweis- führungenkennengelernthaben.—- ErwartenSiedarum, HerrRector, jetztvon MitNichtsAnderes,alsbittere, ernste Vorwürfe,daßSiediejenigen,welchealssogenannte GelehrtedieInhaberundBefördererderhöchstenBildung- deren derMensch fähigist- sein sollen,undzuderenVor- bildung Sie beinaheeinPrivilegiumhaben daßSie diese,nicht ausGedankenlosigkeit,neinseitlangerZeit schoiigeflissentlichin dercrassestenUnbekanntschciftmitder Natur lassen.Dieser Vorwurf vergrößertsichabernoch inmeinemMunde,demeinesTheologen.Sollten Sie jetzt dieselbeEntschuldigungversuchenwollen, wievorher dem Medicinerunter unsgegenüber,soantworte ich Ihnen mit derentschiedenstenUeberzeugung:aufdenGymnasien undnichtanderswo mußdemzukünftigenGelehrten, sei

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erTheolog,Mediciner,JuristoderPhilosoph, ich sage nichtBotanik, Zoologie,Mineralogie, Chemie, Physik, Astronomie, Psychologie, Anthropologie,wenn auchnur imAuszuge, gelehrtwerden—- denn eswürdeUnsinn sein,dieszuverlangen nein, einausdiesen Wissen- schaften lichtvoll zusammengefügteseinheitliches Lehrge-

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bäudemußdemGymnasiastenaufgeführtunddannihm gesagtwerden: Sieh,diesistdasHaus, inwelchemdu alsMenschwohnst; siehezu,daßdeineGelehrsamkeitnicht außerhalbdieses Hauses liege,dennaußerhalbdesselbenist fürdenMenschenalssolchen keinRaum, wohiner

etwas legenkönnte! (Schluß folgt.)

YieAeberwallungderAadellsolzstöcke

VonC.D.Schemcer.

Der geneigteLeser ist gewiß schon oft durcheinen Fichtenwald gewandertunddabei übereinenvonderFäl- lungeinesBaumes zurückgebliebenenStockgestolpert, hat dann wohlseinenkleinenUnfall, derdiesmal vielleicht sogarein wirklicherFall gewesen,mitderScherzrede:»Da liegtwiedereinMusikant begraben«insHeiteregezogen, vielleichtaberauchunwillig aufdieso wenig ökonomische BewirthschaftungdesWaldes gescholten, wissend, daßder haushälterischeForstmann denWaldertrag fastum ein Viertel zuerhöhenvermagdurch ,,Baumroden«, wobeidie Bäume sammtdenWurzelnmitoderohne Anwendung des sogenannten WaldteufelszurFällungkommen, oder durch ,,Stockroden«,wodieStumpen erst nachdemNieder- legendesStammes zugutgemachtwerden. Schwerlich aberhaterdaran gedacht,daß eben diese Baumstöcke eine Füllevon Material zupflanzenphysiologischenBetrach- tungen darbieten. Diese Baumstöcke,welcheman inelegi- scherStimmungalsdieLeichensteineaufdenGräbernge- fallener Baumgrößenund inBezug aufdie überlebenden Bestandesnachbarn alsmemento mori betrachtenkönnte, die aberauchdemsinnigen MenschenMoral predigenund ihmeineMahnungsind,daß unnützeBäume abgehauen und insFeuer geworfenwerden, bieten demKundigen, welcherdieSprache ihrer Jnschriftenzudeuten versteht, eineChronikderkargenundfetten Jahreunddersonstigen LebensereignissederBäume. Ebenandiesen Baumstäm- pfen äußertsich, namentlichbei denendesLaubholzes,das ReproduktionsvermögenderPflanzenin derauffallendsten,

an Modifikationensoreichenund praktisch wichtigsten Weise. HatdochderForstmannaufdieFähigkeitder Laubholzstöcke,,,Ausschlagzuliefern«, eigeneBetriebs- systeme,die»Mittel-undNiederwald-Wirthschaft«mit ihren Unterabtheilungen gegründet.DiefreundlicheLeserin hat wohl auch schoneinmalin einer,oftsehrunverständ- lichen,weil mit Kunstwörtern gespickten Unterhaltung zwischenForstleutengehört,daßderEinemittheilte: seine Riederwald-Stöckehätten sich, obgleichim Wintergehauen, gänzlich,,verblutet«,undsiehat sichdannsicherlichandie blUteUdeUBäumedesBannwaldes und derGötterhaine erinnert Auch diesesBlüten derStöcke,worunter man

starken SaitekgvßimFrühjahr aufderHiebflächeder BaumstöckeVerstehtund das alsomit dembekannten ,,Thränen«desWeinstocksze.verwandt ist,hat seinein- teressanten Bergezsollesdoch z. B. im Vollmonde stärker erfolgen,alsinandernMondphasen,undsonachbeweisen, daßdieBaumsäfte glelchsamebbenundfluthen.Aber auch dieNabelholzstöckebietendesBeachtenswerthenviel. In dieser Hinsichtwillich andle-freilichetwas obscure, fort- gesetzteKienbildunginKiefetnsttsckenmitbeiläufigbinden- ten, die darinbesteht, daß alteKlefetustöcke,die zumTheer- schwelenerst rechtgeeignet sind, Nachdemsie dieVerwesung bereits angegriffen hat,reicheranHarz (Kien) erscheinen,

alskurz nachdemAbtriebe desBaumes, was durchdie AnnahmeeinerFortdauerderSäfteaneignungimKiefern- stocke erklärt wird. Dagegen soll hierderErscheinungaus- führlichergedachtwerden,welcheman dasUeberwallen derNadelholzstöckenennt.

Vorausschickenmuß ich, daßdenNadelhölzernRepro- duktionsvermögen;d.h.dieFähigkeitverlorneTheilewieder zuersehen,nur insehr beschränktemGrade zugeschrieben werdenkann. Wunden an denAchsengliedern heilenund verwallen zwarauchso,wie esaufSeite 743desvorigen Jahrgangs diesesBlattes dargestelltworden, aberdie Fähigkeit,an älteren Baumtheilen, sowieanStöcken, frischeAusschläge, Triebe mitBlättern, hervorzutreiben, gehtunserndeutschenNadelhölzernab, einmal, weil sichan

ihrenälterenTheilen keine"KnospenalsschlafendeAugen erhalten,dann aberauch,weilsichanihnenneueKnospen (Adventivknospen) nichtentwickeln können. Daraufberuht es denn,daßdieStöckedesNadelholzesbaldabsterben undvermodern,währendLaubholzstöckedurchVermittelung derdaran entstehenden Ausschläge nochübereinJahr- hundertfortleben können,indem siezuintegrirenden Thei-

lenneuer Bäume werden, sich,,verjüngen«.Das normale

.SchicksalderNadelholzstöckeist sonachTodundVerwesung.

Gleichwohl scheinen einzelneAuserwähltedieserStöcke zu einergewissenUnsterblichkeiterkorenzusein.Estrifftsich nämlichzuweilen,daß einzelneStöckevonFichten,Lärchen, Edeltannen undSeekiefern nur beidiesen Zapfenbäu-

men istdie zu besprechendeErscheinungbeobachtetworden

—- demallgemeinen Gesetzezuwider fortvegetirenundoft sogareinelange ReihevonJahren fortleben, ohne jedoch durchAusschlägeerhaltenzu werden. SolcheStöckesetzen nämlich alljährlicheinenneuen Holzring peripherischan, wodurch nachderAbhiebflächehineinmitRinde beklei- deter,erhabener Wulst(,,Wall«) entsteht,derzuweilen sogar die ganzeAbhiebflächekappenartigüberdeckt· DasJnnerste desStocks, derKern, ist nicht selten schon lange ausge- faultund doch wirdalljährlichnocheineneue Holzschicht

amUmfangedesHolzkörpers abgelagert.Nureinemehr oderminder breiteSplintlageundeinTheildesWurzel- systems istalsdann saftführendundvoll Leben. Diesist das vielbesprochene »Ueberwallender Nadelholzstöcke«.

DerStreit, dersichüber dieFrage nachdemGrunde des Ueberwallens entspann, ist nichtnurUnterBotanikernernst- lich geführt-worden, sonderneshaben sich auch,da der Kampfnur imReichedesForstmannes,imWalde,ent- schiedenwerdenkonnte,dieForstleute lebhaftdaranbe- theiligt. DieDebatten habenaber keineswegszueiner Einigungder Männer derWissenschaftgeführt,weshalb wiruns darauf einlassenmüssen,demLesereinen Einblick in diegegenwärtigeLagederStrertverhandlungenzu ge- währen. Zuvormüssenwir aber einekurzeExcursionin die Pflanzenphysiologie vornehmen. Dervon denWurzeln

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