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Die Zukunft, 23. Februar, Jahrg. XXVI, Bd. 100, Nr 13.

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xxVL Jahrg. Berlin,dey23.Februar 1913 Ir.U.

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Uachdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend.

Preis vierteljäyrkich6,50 Rath die einzekne stumm-,-00R.

Berlin.

Verlag der Z ukunft.

Großbeerenstraße67.

1918.

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AufGrund desvon derZulassungsslelle genehmigten und beiuns er-

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Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke

zu Helmstedt stück3925 zu jeN1200.——Nr.9209—IZIZZ zum Handel und zur Notiz ander Berliner Börse zugelassen worden.

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Berlin, den 23.Februar 1918.

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Theater.

WsskolnikowhatderkleinenSosie,dievonbittereerth, von oerSorgeum darbende Menschen einst ausdieStraßege- worfenwardundihreGeschiechtsschmach seitdemals einihren schmächtigenSchultern aufgebürdetes Kreuz trägt,denDoppel- mord bekannt. »Wassollerthun? Geh, sprichtdasMädchen, Jetzt, sofort,bisaneinenKreuzweg, beugeDichzurErdenieder, küssedievonDeiner Thatbesudelte, beuge danach Dich viermal, inallevierWindrichtungen,vorderganzenWeltundsage laut- ,Jch habe getötetl«Dann wirdGottDichmitneuem Leben be- schenken.Willst Du?« Nochwillernicht. Was würdedenn draus? Sibirien. Fünfzehn,zwanzigJahrelang Knecht;bisdie vonTritten verschwielteSeele vorjedemMenschenohr demüthig ächztundsichdesWillens zuniederträchtigemMord anklagt.

Nacheiner Weile treibt esihn,dennoch,wieder zuSonja,ihr Kreuzzuholen.SiegiebtihmdasausCypressenholz,wickeltsich inihr grünesTuchundwill mitihmgehen. Docheristschonbor- aus. AusdemHeumatktlachtereinemTrunkenen,der border Menge tanzenmöchte,aberauss Pslaster fällt, gellinsGesicht.

JndernächstenMinute summtSonjas zärtlicheMahnungdurch denKopf.Erfühlt,wiedrinnenAlles weich wird;sühltThränen aus seinerWange.Mitten ausdemMarkt knieter,neigt das HauptbisausdieErde,küßtsie,aufderergesündigthat,und

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342 DieZukunft.

empfindetimKußdesSchmutzes dieWonne reinsten Genusses- Nocheinmal. »Der hatsichordentlichvollgesoffeni«Sohlenund Weibsgekicherringsum. DasGeständnißersticktinderKehle- DurcheineGasse.Sonja ist hinter ihm. Wirdimmer beiihm sein undnie ihr Schicksalvonseinemtrennen. Hier istdasPolizei- bureau. Drei Treppenhoch.Müll undAbfälleaufjederStiege- Herddunstund Speisengestankaus offenenKüchen.Bor der Bureauthür schöpftder vonKälte halb Erstarrte Athemzerwill seinJnneres inOrdnung bringen,alsMenscheintreten. Nun faßtdie verklammte Handdie Klinke. Auf. Nocheinmal geht, nocheinmal kommter. Sah unten,imvapdietvtbleicheSonja, dieentsetzt,mitgefaltetenHänden,denfreiWiederkehrendenan- starrte.Bor demBeamten zwingtRodion BomanowitschRas- kolnikowdiestörrigeZunge,dieweißeLippezudemBekenntnis:

»Ich habedamals diealteBeamtenwitwe und ihre Schwester Lisawetamit dem Beil erschlagenundberaubt.«NachSibirien.

Sonja,imgrünenTuch,hinterdrein. »BerbrechenundSühne.«

Jm Hausdes Bauers Nikita, dessenWohlstandschonlahmt, wirddieHochzeitderStieftochterAkulina gefeiert.Tanz,Gesang, vielBranntwein, sogarinFrankreichgewürzter.JnderLuft,in den HirnenAlloholnebeL Wißt Ihr-, daßdiesesblöde,dicke

MädelzweiPelzeund einen BergLeinwand, sechs Sarafane, einen großen ShawlundzweihundertRubel mitbekommt? Kein

«

Wunder: derjunge Stiefvater hats jaimmer mitihrgehalten.

IndieKirchelWartet,SchnattergänsezNikita mußdasBraut- paarerst segnen.Daister.Blasz,barfuß;schiebtdenBater,den frommen Akim,der in der Stadt die Abtritte derBürger reinigt undandessen Seele dochkeinFleckund keinMißruchhaftet, vorsich durchs Gewühl.Greifterdas Heiligenbildundspricht den Ehesegen?Nein. Erkniet. Auch besoffen?»Bechtgläu- bige Christgemeinde: Jchhabe gesündigtundwillbüßen. Dir, Warinka, habe ichdieEhethspWcheU- Dichverführtundbe- trogen.UmChristi willen: verzeihmirl Deinen Vater, Akulina, habe ichvergiftet,Dichdann,alsMann DeinerStiefmutter,ver- führt,DeinKindchenunter einemBrett,aufdemichsaß,erdrückt;

dieKnöchelchenknacktenindem kleinen Leib;undichhabsver- scharrt.Rechtgläubige Christgemeinde:verzeihmirt Undauch Du, Bäterchen,dasmir immergesagt hat:,GiebdemTeufeleinen

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Th Later-; 3

Fingerundernimmt DichmitHautundHaarll Jch hab’nicht gehorcht; bin denWegderUnzucht,allerLastergegangen. Um Christiwillen: verzeihmirl«Viennalbeugt erdenMund, das weinende AugebisaufdieErde. Erwirdgebunden.Alulina willsichihm-WieSonjaihrem Rodion,imAbgrunddesLeides gesellen.Nein. »Am ich habegesündigt.Allein Alles ersonnen undausgesü·hrt.Führetmich,wohinJhr wollt.Verhör? Jch sage nichts mehr.«AusdemBlick desBetrachten leuchteteinStrahl desHimmelslichtes.»Die MachtderFinsterniß.«

»Unser-eins,LewAikolajewitsch,istjalängstabgebrüht.Was istMit kUdemJahrzehnt staatsanwaltiicherAmtsarbeit nichtun- terdieFingergekommentUnd hier,inJhrem Tula,gehts nicht saubererzu alsweiter südlich.DieSache, nach derSiefragten, unterscheidetsichnur dadurchvon demWald-undWiesen-Fall, daßsichsim Grunde um ein gutes Kerlchen handelt. Hat sich aberdreiMorde,zwei Ehebrücheunter erschwerenden Umstän- denneben kleineren Delikten ausgebuckelt.Dabei istderVater desBurschen aus seine WeiseeinHeiliger.DieGüteselbst;das schlichtesteEvangelienmännchenzvor demalltäglichenSeelen- dreck derGesellschaft,derenAbtritte erleert,ganzstarrundganz weich dochwieder vorReue,die demGewissenMitleid erlaubt.

Mit einfältigklarem Gemüthsverstandundschwerer,wiedick vervelzterZunge besterMushik.DiePflanze,dienur Außlands Bodenträgt,undrechtwas sürJhreJasnaja.SammkUng·Die Mutter,sreilich,einLuder. Kein Anderer ließedieaberg.läubige, mitallen Salben geschmierte,von GeldgierundAänkesucht be- herrschteVettel nebensichhausen. Jnmeinem Schlußvortrag habeichs ihr auch tüchtiggegeben.SiealsAnstifterinzupacken, gelang nicht;weil ausdemJungennichtsherauszubringenwar.

Derhat,alsKnechteines reichen, kränklichenBauers, mitseiner hübschen,einBischen weichlichenJugenddiehungerndenSinne derBäuerin gereizt,nichtnur, wieJoseph,denMantel, sondern was mehr ausgezogen, sichalsAestkükenwarm gebettetund schließlichmitosfenem Augegeduldet,daßdieWeiber, Mutter undHerrin,demBauer schneller,alsdie Natur wollte,aus dem Leben halfen.ErheirathetdieWitwe,hatdasGeldunddenHof, ausdem,neben ihmund seiner Anisja, diehalb taube,halb blöde, aberdralle Akulina,aus desvergiftetenBauers erster

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344 DieZukunft

Ehe, ünd Anisjas kleine TochterAnjutka leben,undkriechtge- schwindin denFaulbelz deswohlhabenden Herrn. Wird ein Säufer,Schänkenhockerund schanzidie Arbeit derFrau und demgedungenen Knechtzu. Anisjawirdrunzelig,bleibtallzu zärtlichundriechtnachdemGiftpulver,dererstenSünde. Aiui linaschieltbegehrlich:so bändelt sichsan. GegendenMann, der ihr Verbrechenkennt und nachdemihrSchoßschreit, hatdie Frau keineWafse.Wie ihr Erster, so mußnun sieunter demeige- nen DachdenEhebruchdulden. Mußder dickenTrine,die Ni- iita mittheurem StoffundPelzwetk behängt,aufwartenundden Samowar bereit haben,wenn dastrunkene Paar ausder Stadt heimkehrt. Mutter Matrjona solldas freche Dingaus dem Haus,inirgendeineNothehe schaffen; schmeißeruhig nochein paar rotheZehnerlapven hinterdrein. Als einzusolcher Ehe Ælligergeangeltist,platztneues Gewitter los:in Aiulinas Leib reiftdieFrucht,dieAnisja vergebensvonihrrmAikolaichen er- hofft hat. Und,denkenSie,LewNikoiajewitsch,dieFrauenzim-

mer zerren denvonBranntwein und Lüdereimorschen Bauer in denEntschluß,dasNeugeborenezu mordeni JmKeller legters unter einBrett,setztsich dran und zerquetschtdasWürmchen.

Nein, bitte, ichbinnochnichtam Ende. AnjutkahatdasWim- mern gehörtundbedrängtdenStiefvater so langemitFragen, bis dervonAngstundZornJrredienächsteDeichsel greiftund ausdenSchädelderZehnjährigeneindrischt.DieKleinestürzt-

«wirdvon Blutüberströmt,erhält auch sie fürtotcsie ist gerettet worden):und stellt selbst sichnun demGericht.Fabelhaft,nicht?

Uebrigenshatte seineVerbrecherlaufbahmvorderEhe,mitder Bersührungeinerarmen, elternlosenJungfrauangefangen.Den- noch:eingutesKerlchen.Das hobdenFallaus derReihe.«

So mag dertulaer Staatsanwalt dem nachKriminalge.

geschichtenstetsbegierigenGrafenToistoidenFall erzählthaben.

Der fechzigjährigeDichter batum dieAkten,schriebsiesichab unddiktirte,währenderkrank lag,eindaraus ihmentstandenes Drama. Erfunden haternur den»Naisonneur«,derzwarden geschniegelten Enkelndes Desgenais (Diogenes)aus Fcankreichs BühneinkeinemZugäußerenWesens ähnelt,aber,als einzwi- schenTrunksuchtundEnthaltsamkeitschwankenderKnecht,Bruch- stückchentolstoischerheilslehreüber die Rampe wirft.DerSchluß

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Theater-. 345 wirdanders als indergemeinenWirklichkeit. NocheinKinds- mord? Staatsanwalt undGerichtwürdendasDingTotschlag

nennen. Auchdami: zuviel. Raskolnikows Verbrechen,Ras-

kolnikowsSühnetaucht demGedächtnißaus.UndausVikitas Seele wächst,nichtam Spalier desZwanges,derEntschlußzu öffentlicherBeichte,zufreiwilliger Bußehimmelan. Jm Volks- verlagderVildungvermittler erscheint,alseinbilligesHestchen, dasDrama »DieMachtderFinsternißoderGiebdemTeufel einen FingerUnderhat DichmitHautundHaar.«Wird bald aufPeteksbukgerLiebhaberbühnen,inParis,Berlin,Wien ge- spieitund erobert sich früh, trotzdemWiderstand derCensur, Rußlands KaiserlicheTheater.Noch ist DvstvjewfkkjsRoman nichtMenschheitbeksitzzinderHeimath selbstkaumderMenge bekannt. Turnus Beichtewirktwie diehöchste.dietiefste Osten- bcmmg russischerSeele. Und Niemand merkt,daßderdurchin- brünstigeReue Geheiligte,daerdasKreuzaus sichnimmt, lügt- dennerhatAnisjas erstenMann janichtvergistetznurdenMord begünstigt.Niemand merkt, daß nochindieser Weihestundedas gute KerlchenkokettistundderGeoaiterschast,denDorsschönen zublinzeitr»Ich weiß,was sichsüreinen heiligen Menschen schickt,und denkenichtdran,Mitschuldige,garWeiber,zu ver- rathen.Kreuzigetmich,aber,bitie,allein. So binichnun einmal.«

FünsunddreißigJahre langhabeichalsNihilistgelebt.

Nicht (nachdementstelltenSinn,den derSprachgebrauchdem WortNihilist gegebenhat)alsSozialistundRevolutionärzneim alsEiner,indemnichts ist, nichteinFünkchenGlaubens. Den Glauben verlorich frühundlebtedann,wiedieMeisten,inden Eitelkeiten unserer Welt. Jchschrieb Bücherundwollte,wiedie Anderen, lehren, was ich nichtwußte.Dochmitunerbittlicher Wuih verfolgte michdieSphinxundriesmirzu: »Lösemeine RäthseloderichverschlingeDicht«Dievon denMenschenge- rühmteWissenschafterklärte mirnichts. Ausdie immer wieder- ho.te,miralleinwichtigeFrage nachdemZweckdes Lebens ant- wortete dieWissenschaftmitderLehreganzanderer Dinge,die michnicht bekümmern. Wer aus diese»wissenschastliche«Lehre horcht,mußteindenSäkularchorderWeisen,derSalomon,So- ktaitfespSakyasMUMp Schppenhauey einstimmen und, wiedie

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346 DieZukunft.

großenVorgänger,dasLebeneinsinnloses Uebelnennen. Jch wolltemichtöten.Endlich erleuchtete michderGedanke,dieun- geheureMehrheit derMenschenlebenzusehen.Alle,diesich nicht,wie wir den»höherenKlassen«Angehörige,fruchtloserHirn- spelulationhingeben, sondern arbeiten,leiden und dennochru- higundihresLebenszweckessicher sind. Ichbegriff,daßman wie diese Menge leben,in dieEinfaltihresGlaubens zurückkehren müsse.AbermeinVerstandkonntesichderbefleckten Lehre nicht anpassen,die den imGeistArmenvon derKirche gespendetwird.

So beschloßich denn,denLehrstoffgenau zudurchforschen, aus daßicherkenne,wasdaran echt,was vom Aberglauben gespons

nen sei. Die KirchebietetunsNahrung, dienicht nährt;bei der schondasNeugeborenenichtgedeihenkann. Statt desGeistes derEvangeliengiebt sieunsAlten,stattdesGlaubens inhalt- loseFormeln. Ihr Kaiechismus erlaubt,zurichten,zu tötenso- gar,wenns nur imDienstdesStaates geschieht;erlaubt,eines Anderen Gutzunehmenunddem Uebel zuwiderstreben. Seit KonstantinsZeit verfälltdieKirche;hört sie nicht mehr aufGottes Stimme, sondern aufdenRufdesJahrhunderts. Heuteist sie heidnisch geworden.Wer hat Euch gerathenundgestattet,ums Daseinzukämpfen?Euer Daseinden Anderen zuwidmen, hat EuchJesus befohlen.WiderstrebetnichtdemUebeLRichtetnicht.

Tötetnicht.Das steht geschrieben.JhraberhabtGerichtshöse, Heere, Gefängnisseundwendet,alsEinzelne undalsGemein- schaft,täglichGewalt an.Weil Jhr müßt?Solangedieirdische MachtdergöttlichenWahrheit so fernist, dürfen ihre Befehle undVerbote für Euch nicht gelten. Wieaberdenkt undhandelt Ihr?EinstschrittichinMoskau durchdas Borowitzkijthor.Un- terderWölbung saßeinzerlumpteralterBettler mitverbunde- nemKopf.Jch griffnachmeinerBörse,um ihmein paarKopeken zugeben.Dasahichvom Kremlin hereinenGrenadier aufuns zulaufen; einen kräftigen jungen Mann, demin derUniform wohlzuseinschien.Als erden Soldaten sah, erschrakderBett- ler, stand auf und floh hinkendindenAlexandergartenamFuß desHügels.Erhattevergessen, daßman unter demThor nicht sitzendars.DerGrenadier lief ihm nachundschimpftelaut. Jch wartete,bis erdichtvor mirwar,und fragte dann,oberlesen könne« »Natürlich;warum denn ?«HastDu dasEvangeliumg-

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Säbeatersz 347

lesen?,Ja.«AuchdieStelle,dieempfiehlt,denHungerndenzu speisen?Ich spsach ihmdieWorte vor. Erkannte sie, hörte aber aufmerksamzu undichfühlte,daßerunruhigwurde. ZweiMän- ner bliebenbei unsftehenundhorchten.DemGrenadierwar nicht wohligzuMuth. Erhattegethan,wasdieDienstpflicht'befahl, unddochschlechtgehandelt. Dieser Widerspruch quälte ihn. Er war unsicherundsuchteeine Antwort. Plötzlichleuchtete seinklu- ges Auge aufsetfahmich scharfan undfragte: »HastDu die Armeedienstvorschriftgelesen?« Jch mußtegestehen, daßsiemir UnbekAUM leis»Na,dann halte denMundi« riefderGrenadierz hobmit Siegermiene das Hauptundmarschirtebedächtigen Schrittes weiter. So tapptdieMenschheit heuteindieIrre.

Was ich empfindeundsehe:Alles bestätigtmir, daß ichdenrich- tigenSinn derchristlichen Lehregefundenhabe.Nurkonnteich michlangenichtindenseltsamen Gedanken eingewöhnen,daß nachneun zehnhundertJahren,in deren VerlaufMillionen die LehredesHeilandsbekannt undTausende ihrLebender Glau- bensforschung gewidmet haben,mirbeschieden sein sollte,das SittengesetzdesChristuswieeinNeues-zufinden.Soaberists geschehen;wieseltsammirs auch scheinen mochte. Alles Uebel kommt von derdummen,derschurkischgemeinen Vernunft. So lange ich nicht weiß,was ichbinundwofür ich hierbin,ist das Lebenunerträglich. JnderUnendlichkeit derMaterie,derZeit unddesRaumes entstehteineorganischeZelle,lebt eineMinute undstirbtdann wieder.DieseZellebinich.Dasalso istdasletzte, daseinzigeErgebnißderGedankenarbeit,diesichJahrhunderte langmitdiesem Thema beschäftigthat? Nein. Nicht fürsichsoll man leben,sondern fürGott. Sonst lebtman eben wie einHund.

Karatasews Hündchenist selig,als esringsumFleischstückewit- tert;FleischvonThierenallerArt, auchvon Menschen,in ver- ,

schiedenenGraden derZersetzung.Die Soldaten ließendie Wölfe nicht heran:undsokonnte dasHündchensichnachBelieben voll- stopfen. Sieht unser Glück, unseresLebens Zielnicht anders aus? Wenn ich michdes Geisteszustandeserinnere, indem ich meine Jugendverlebte, begreise ichdieschlimmstenVetbtechenz auch solche,dieohne Zweck, ohnedieSucht, Schadenzustiften,

nur aus Neugier und unbewußtemThaiendrang ausgeführt wurden. MancheMinute zeigtuns dieZukunftinsodüsteren

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343 DieZukunft

Farben, daßder Blicksie fliehtundderGeist sichselbstzu über- reden sucht,erhabeweder ZukunftnochVergangenheit. Jn spl- chen Minuten, wenn derGedanke nicht mehrjede Willensregs ung kontrolirt undnur dieJnstinktedesKörpers noch walten, begreiseichswarum das unersahrene Kind,ohneZögern,ohne Furcht,mit einem neugierigenLächeln ausden Lippen,das- eigene Haus ansteckr,indem Eltern undGeschwister schlafen,das alle vonihm zärtlich Geliebten herbergt. Jchwill die Kinder des Volkes denken und schreibenlehren. Müßte nicht ichinihrer Schuledenken und. schreibenlernen? DieEntwickelungdes MenschenbringtihndemJdealderHarmonie,daseralsBild insichträgt,nicht so nah, daßersWirklichkeitwerden sühltz sie hinderteherdieVerwirklichung diesesJdeais. Eingesunder Säugling verkörpertdas Jdeal derWahrheit, derSchönheit undGüte; diesesKind istdennicht denkenden Geschöpfen,dem Thier,derPflanze, dem ganzen Naturbereich nahundjederLe- benstag entferntesnur davon.Wir suchen unserJdealvoruns:

und ahnen, blinde Thoren,nicht, daßeslängstweit hinteruns liegt.Das mußdenMenschen gesagtwerden. Auch heute.Sm-

merwieder-NichtsAnderes.Keine Städte,keineMassenansamm- lung,keineFabrjkenmehr.Ausdem Land bleiben;da magJe- der mitseiner HänteArbeit dasdemBedürfniß Unentbehrliche schassen.Das Unentbehrliche:nichtdummer Einbildung nöthig Scheinendes. Seinem VedürsnißrnichtdemAnderer. Weh Einem,der Andere sür sicharbeiten läßtiMit sichsollJedersich beschäftigen;insein Innerstes schauenunddasLicht suchen,aus demGöttlicheszuihm spricht.Mit dem Anderen sollernur lei- den undihm willig geben,was erentbehrenkann. Geben, ohne sichzubrüstenundBelohnungzuheischrn.Als mein Herzsich noch freute, weilman micheinemArmen dreiAubel gebensah, war ich nochweit vom Heil. Almosen thunsnicht;was wir brauchen,istTheiiungdesBesitzes.MüßiggangundLuxus, Lohn- sklavereiundSchuidknechtschastsindallerLasterAnfang.Wider- strebetnicht demUebelz richtet nicht;tötetnichtzshütetdieZunge-, daßsienichtgegen denStachellecke.WirsindwinzigeTheilchen der Weeltseele undhabennur sür unsere Reinheitzusorgen.

Wozubrauchenwir eineObrigkeit,Wassen,Heere, Gerichte, Ur- theilssprüche,Gefängnisse-,wo zu garKrieges Das Alles hat

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.

Theater- 349

Gottnichtgewollt Auch nicht,daßwik dieLügeneine-rsichipkeii zeudett Wissenschaftfür wahr nehmenund derNiedertrachtder Vernunft glauben,dieallenZQeisei undHochmuth,allesUnheil- aufdie Erde gebrachtundnichtsNützliches gewirkt—hat..Son- dern, daßwirChristenseien, brüderlichimLichtnebeneinander wandeln und demNächsten,demFernsten,demBösen sogar keinenGrund,niemals undnirgends,zuGrollund Angriff geben- DemTolstoi,dersogesprochenhaben konnte, ließich(,,Köpfe«;

zweiterTheil)denRockefellermeiner Visionantworten: »Und mitdemBekenntnißsolcher AuffassungdesLebenszweckes sind Sie derHeld zweier Erdtheile, ihrangebeteter Lieblinggewor- den und bisheute geblieben?Seltsam. Sodünktmichs. Denn bisherhabendieMenschensolcheWegweiser,Warnet-,Prophe- ten,Bußpredigernicht geradefreundlichbehandelt.Manchen gesteinigt,ans Kreuzgenagelt oder, statt auf denThrom auf den Scheiterhaufen gesetzt.Und Christen sind sienun dochbaldzwei- tausend Jahre lang. Bleibt alsodieFrage, ob sie seitderZeit Saoonarolas ediergeworden sindoderobsie heutedieMänner, die zuLäuterungrufen,nicht mehrgefährlichfinden,dieMah- nung zuhöhererSittlichkeitnicht mehr so recht ernst nehmen;an- dächtlgscheinen, doch ihrenWeg,dengetadeltemweiter gehen.«

»Zweierlei Menschenart giebtsz heutewieeinst.Solche,die thierischlebenund desFleisches Vegierden nichtzügeln, und Solche,die imLichtwandeln wollen.Eine ZunahmeanEdelsinn undGütesehe ich nicht zehereinenMachtzuwachsdergottfeind- lichenThierheit.Sieaberreden,alswerdemirnur Dank und Liebe entgegengetragen undalshättensichnichtalleirdischen Gewalten,desStaates undderOrthodoxenKirche, vereint-den LichtbringerzuachtenundihmdieHandzuknebeln.«

»Istes soarg?Von Savonaroia sagteAlexanderder Sechste: ,Dieser Mensch müßtesterben,auchwenn inihmein

neuer Johannes, einzweiter Täufergetötetwürde.« Alexander

derDritteabersprach,alsergebetenworden war, SiederRache desHeiligen Synod auszuliefern,das beinahewestweitlich kluge Worte ,Dieser Mensch isteinApostel; ich willkeinenMartyrer ausihm Machen.«UndJhreGemeinde-,die dem LandKinder, Wehrdienst,Steuer weigert, istansichdoch nichtunschädlicher alsdetHaufeder PisngionhderJammerthalleute,diehinter

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350 DieZukunft.

dembologneserDominikaner dreinheuiten.Dem Haus Holstelw Gottorp ists ja noch nicht soschlechtgegangen wiedamals den Medici. Das verdankt esabernicht Ihnen.Saror arola wollte dieHerrschaftfrommer Bürger,die allesSchöne,alles den Sin- nen LabungBietende wiegistigesUnkraut ausjätensollten.Jm- merhimHerrschaft;alsoOrdnungundUnterordnung.Sie?Re- girung, Kirche,Heer, Gerichtsbarkeit, Steuerpflicht,Volksver- mehrung:allesdemStaat UnentbehrlichebekämpfenSie. Den Staat selbst alsdas schlimmsteallerUebel. Sie wollen keine Herrschaft irgendwelcherArtzkeinenZwang,keineAbhängigkeit, Zucht, Wehrmöglichkeit.Den Kaiserund seine Beamten, die Kircheund ihrePriester, den Grund- und Fabrikherrn,alle Mächtigenund Reichen treffenSie mit demhärtestenRüge- wortzmöchtendiestaatliche Gemeinschaftauflösen,dasEigen- thumabschaffen,dem Lande dieSchlagkraftnehmenundderen wichtigstes Werkzeug,dieMenschenzahl,verkleinern. Undman krümmtaufIhremHauptekeinHaar.ExkommunizirtsindSie freilich,wie derReformator von Florenz.Aber hatsIhnenge- schadet?Waren Sie nicht längstzuvor aus derGemeinschaft geschieden,dieSienun ausstieß? HatderBannstrahl Anderes gewirktalseineweithinlodernde Beleuchtunthrer unangreif- barenGröße?Unangreisbar sindSie,weil derRuhmdesDich- ters,des genialenSchöpferintellektesSieheiligt.Nur indiesem LandwunderlichsterWidersprüche;nur hierkonnten Sieunge- sährdetJhrletztes,schroffstesWort sprechen.Nichtinderfreisten Republik.Achtzig Jahrealt undkeinTagdavon hinterMauern undEisenstäbenverlebttAls derFeind Jhreaus hunderthn- denblutende Heimathbedrängteund siederVertrauensreste bedurftewieein Ackersmann nährenden Brotes, spie JhrZorn derVerschmachtendenGeiferinsAntlitz;wollten Sie dieMutter wehrlos machen. Und dieseMutter liebtSie,blicktstolz aufSie, als wären Sieihrderbeste Sohn.Wie fürdasheiligsteVolks- festbereitet dieHeimath sichfür Ihren achtzigstenGeburts- tag.JnsMartyrologium paßtsolcherLebenslaufdochwohlnicht.

Sie, Gras Tolstoi, sehenin mir denErzfeind.Jchbinsnicht.Anna Karenina, Peter Bezuchowund Andreas Bolkonskij zählen michzuihren andächtigstenVerehrerm DenKaukasushaterst der DichterderKosakengeschichtenmichlieben gelehrt.Und ich

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