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Die Zukunft, 8. Februar, Bd. 38.

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Zukunft

Asd- W

Berlin, den 8.Februar t902.

s J its rs

Brotwucher.

denArgumenten,diegegendieAgrarzölleinsTreffen geführt werden, nimmtder,,Brotwucher«jedesmalsdenersten Platzein.Es isteinsjener Schlagwörter,dieheutemit Vorliebe hinausgeschleudertwerden, weilman mitSicherheit annehmen darf, daßsie bei dergedankenlosengroßen Masseversangenund,,Stimmung«machen.DieGetreidepreise sowird argumentirt—- werden aufdemWeltmarkte durchdasVerhältnißvonAn- gebotund Nachfrage bestimmt.Das istnun einmal eineThatsache,die Jederhinnehmen muß,denn gegenNaturgesetz-eläßt sichnicht ankämpfen.

DieAgrarier jedoch,denendieniedrigenGetreidepreise begreiflicherWeise nicht angenehm sind,wollensichDemnicht fügen.Sie wollensichgegen dieübrigeWeltabsperrenundverlangen Kornzölle,damitsie ihr:Getreide zllfürsiegünstigenPreisen verkaufenkönnen, wollensich also auf Kosten derübrigenBevölkerungbereichern.Jnihrer egoistischenVerblendungüber- sehensie,daßihreForderungdenInteressenderübrigenBevölkerungsklassen

diametral entgegengesetztist. NiedrigeLebensmittelpreisesind nichtnur eine Wohlthatfür alleMenschen, sondernbildendiewesentlichsteVoraussetzung fürdasGedeiheujeder Volkswixthschaftund dieses,,di11igeBrot« sollden Bürgern,soll speziellauchdem armen Arbeiter vertheuert werden,nur damit dieGrundbesitzerihre Taschenfüllenkönnen. Damit istjedochdieSache nicht abgethan;dieBenachtheiligung,dieDeutschlandsgesammteVolks-mitth- schaftdurchdieKornzölleerleidet,geht nochviel weiter. Diewest-und mitteleuropäischenLändersindbekanntlichheute nicht mehrimStande, ihre Bevölkerungselbstzuernähren; sie sind aufdieZufuhr fremder Brotstoffe angewiesenunddiesekönnensienur erlangen,wenn sie Jndustrieprodukte

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224 DieZukunft·

exportiren.DieZukunftder Nation liegt aufdemWasser;·dieIndustrie- Erzeugnisfemüssenhinaus aufden Weltmarkt,dortaberkannfichnur der Produzent behaupten,der dieniedrigstenPreise fordert,weilerdiegeringsten Produktionkostenhat.UnterdenProduktionkostenbildendieArbeitlöhnedie wichtigsteRubrikundfürdieHöhederArbeitlöhnefindwiederdieKosten desLebensunterhaltesderArbeiter inersterReihe maßgebend.Weralso ernstlichdas WohldesVaterlandes will,muß fürdas ,,billigeBrot«

derArbeiter eintreten und dieForderungenderAgrarier bekämpfen.Die Engländer,dieüberall mit scharfem InstinktdasRichtige herauswittern, haben auch hierdieSachlage richtig erfaßt; sie haben ihre Landwirthfchaft geopfert,um das»billigeBrot«für ihre Industriearbeiterzu retten, und habensichdamitdie dominirende Stellung aufdemWeltmarkt gesichert- DievorstehendeArgumentionscheintaufdenerstenBlickfofest gefügt zusein, daßsichgarnichtsgegensieeinwenden läßt.NureinPunkt ist geeignet,ein leises Mißtrauenzuerwecken. In dem erstenTheilwird nämlichvon dem,,billigenBrot«desArbeiters so gesprochen,als obes eineWohlthat fürdenArbeiter wäre. DaswärederFall,wenn dieLöhne sichgleichblieben, die Lebensmittel dagegenbilliger gewordenwären. Im zweitenTheildagegenwirdvondenniedrigenProduktionkostenderindustriellen Unternehmer, alsodavongesprochen,daßdergewerblicheUnternehmerdort, wodieLebensmittelpreiseniedrig sind, auchgeringereLöhnezahlenkann. Da- mitistaberdieangeblicheWohlthatdesbilligenBrotes wegeskamotirt;denn wenn derArbeiterinFolgederniedrigen Lebensmittelmittelpreiseeinenge- ringeren Lohnbekommt,sonütztihmdas,,billigeBrot«verzweifeltwenig.

Siehtman etwas genauer hin, so zeigt sichinderThat auch, daß dieBeweiskraftdesganzenGedankengangesziemlichfragwürdigist. Freilich darfman aberdann dieDinge nichtinderWeise betrachten,wiesiesich inunserer privatwirthschaftlichundindividualistifchorganisirten Volkswirth- schaft darzustellen scheinen.Wir besitzennämlichkeinenacheinemeinheit- lichen Plangeregelteundgeleitete Volkswirthschaft, sondern lediglicheine Volkswirthschaft,diesich aufdenerstenBlick alseinKonglomeratvon lauter Einzelwirthschaftendarstellt;vonEinzelwicthschaften,derenjedenur ihre Privatinteressenzuverfolgen scheint.Wir sehen, daßderArzt seiner Praxis nachgeht,weilerGeldverdienenwill;wirsehen, daßderSchuh- macherinseiner WerkstattsitztundSchuhe anfertigtoderreparirt,weiler Geldverdienen will;wirsehen, daßder Landmann seineFelderbestellt, weilerGeldverdienen will, kurz:wirsehenlauter Einzelverfonen, dieihremErwerbe nachgehen,aberwirsehenden Wald vorlauterBäumen nicht, sehen nirgendsdieleitendeHand,diedafür sorgt, daßAllesproduzirt wird,wasdieGesammtheitbraucht,nnddaßAllesingenügenderMenge

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Brotwucher. 225 hergestelltwird. Dieser einheitlichePlanoderdiesesleitendePrinzipkommt inunserer heutigenVolkswirthschafterst hinterdrein,undzwarauf zweifache Weise,zur Erscheinung. ErstensinderBewegungderPreise; herrscht MangelanGütern,diegebrauchtundgewünschtwerden,so steigenderen Preise, umgekehrtsinkendiePreisederGüter,dienicht gewünscht,diealso überflüssigsind, und durch dieses Steigenund Sinken derPreisewerden dieProduzenten veranlaßt, ihre Produktionbaldauszudehnen,baldeinzu- schränken.Zweitens sehenwir,daß,woesnöthigscheint,dieStaatsgewalt eingreift,um einegewisseOrdnungindas Chaoszubringen.

Diesem MangeleinerplanmäßigundeinheitlichgeleitetenVolkswirtl)- schaft isteszuzuschreiben,daß wirgewohnt sind,nicht volkswirthschaftlich, sondernimmernur privatwirthschaftlichzu denken.Wirsehen,daßirgendeine Erscheinungoder eineRegirungmaßregeletwadenGrundbesitzern,denindustriellen Unternehmern,denArbeitern Vortheilu.s.w.und anderen Bevölkerungs- klassenSchaden bringt,aberesfälltuns schwer,dieFragezubeantworten, obdiese Erscheinungoder Maßregel»volkswirthschaftlich« Das heißt:

fürdieGesammtheit günstig istoder nicht.Will man ein richtiges Bild vondenwirthschaftlichenErscheinungengewinnen,so mußman —- und hierin liegt die bisherviel zuwenigerkannteundrichtig gewürdigtemetho-·

dologischeBedeutungderdiversen Schilderungeneinesganz-kommunistischen Gemeinwesens sichimGeistin einenacheinemeinheitlichenPlan geregelte Volkswirthfchaft,alsoineinen Kommunistenstaat,etwa nach Utopienver- setzenundsichdieFrage vorlegen,wie dieAngelegenheitsichdortgestaltenwürde.

Treten wiralsodieReisenachUtopienan. DieUtopiertreibenselbst- verständlichauch Landwirthschaftundwir wollenannehmen, daßBoden- beschasfenheitundKlimainUtopienungefährdieselben sindwie inDeutsch- land,daßUtopieneineziemlichdichteBevölkerungbesitzt,daßaberdas Land inFolgedesintensivenlandwirthschaftlichenBetriebes nochimmerim Stande ist, feine Bevölkerungselbstzuernähren,und daherdieZufuhrfremden Getreidesnicht braucht.NunbeginnendieNordamerikaner wieesgegen dasEndederfünfzigerundindensechzigerJahren thatsächlichgeschah—, ihreweitenundüberausfruchtbarenEbenendemPflugezu unterwerfen und GetreideimGroßen anzubauen.DasnordamerikanischeGetreidestellt sich billigeralsdasutopische.Daswillsagen—- daimInnern von Utopien nichts gekauftundverkauftwirdunddasGeld eine unbekannteSache ist—:

dieProduktionvon xHektoliterWeizen,Korn, Gersteu.s.w.kostet in Nordamerika wenigerArbeitalsinUtopien.Werden nun dieUtopieran-

fangen, nordamerikanischesGetreide zuimportiren?Jnunserer heutigen, Ullfindividualistischerund privatwirthschaftlicherBasis organisirtenVolks- WikthschaftgeschiehtDas bekanntlichaus einemsehr einfachenGrunde. Die

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Getreidehändler Das kann ihnenNiemand verargen wollen,wie- alleübrigenMenschen,Geldverdienen. Wenn daherderGetreidehändler findet, daßdasnordamerikanischeGetreide sichentsprechendbilliger stelltals dasheimische,sowirderruhigdasamerikanischeGetreide importirenund dendabei erzieltenGewinnmitgrößterBefriedigung einstreichenOber damit denGetreidepreisimJnlandedrückt unddenheimischenLandwirth schädigtodernicht:Das kann ihmadpersonam gleichgiltigsein.

JnUtopienjedochgestaltet sichdieSacheanders. DieUtopier sind guteRechenmeisterund werdensichs wohl überlegen,obsieeinGleiches thun sollen. Sie werdensichsagen, daß sie nöthigenFalles ihrGetreide eben so

»billig«,alsomit demselbenArbeitaufwandeproduzirenkönnten wie die Nord- amerikaner,nämlichdann,wenn sie ihre Feldermit einemgeringerenArbeit- aufwande bestellenwollten alsbisher,mitanderen Worten, wenn siesich entschließenwürden, zu einemweniger intensivenBetriebederLandwirthschaft zurückzukehren.ObDasaberfürdieUtopiervonVortheilwäre,ist frag- lich;denn derUebergangzueiner mehr extensivenBodenbewirthschaftung zieht zwei schwerwiegendeKonsequenzennach sich. Erstenswürdensound sovieletausend Personen,diebisherin derLandwirthschaftbeschäftigtwaren, entbehrlich;undzweitenswürdejetztinUtopien wenigerGetreidegeerntet so daßdasLandnicht mehrimStande wäre,feine Bewohner selbstzuer- nähren,undfremdesGetreidezuführenmüßte.DieinderLandwirthfchaft entbehrlichgewordenenArbeitkräftemüßtenalsoinderIndustrie beschäftigt unddievonihnen hergestelltenProdukteaufdenWeltmarkt,imgegebenen Falle nachNordamerika,gebrachtund dortgegen Getreideeingetauschtwerden,.

dasdannerstwiederperSchiffoder perBahnnach Utopien transportirt werdenmüßte.FürdieUtopierwäre dieser ziemlich umständlicheProzeß-

nnr dannvortheilhast,wenn dieHerstellungderbetreffendenJndustrieprodukte, derenTransport nachAmerika undderRücktransportdesamerikanischen Getreides nachUtopien sie wenigerArbeit kostenwürdealsdieProduktion desfraglichenGetreidequantumsimeigenenLande. Diese Fragewäreselbst- verständlichnur aufGrundeiner (ziemlichkomplizirten)Rechnungzuent- scheiden. ErgäbedieRechnungeingleichgroßesArbeitquantum aufbeiden Seiten odergareinungünstigesResultat fürdieUtopier, sowäreeshöchst unklug,wenn siedieSacheinAngriff nehmenund imHinblick aufdas- vermeintlich »billige«nordamerikanischeGetreide ihreheimischeLandwirth:

schaft zurückgehenlassenwollten. Allein selbstwenn dieRechnungeinen kleinen Gewinn fürdieUtopier ergäbe,wäre esfraglich,obsieaufdenBezug desnordamerikanifchenGetreideseingehensolltenundwürden,weil Demnoch immerzweigewichtigeBedenkenentgegenstehen.

Zunächstistzuerwägen,daßdieUtopier,wennsiedasbilligerenord-

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Brotwucher. 227 amerikanischeGetreidebeziehenundihre eigene Landwirthschastextensiverzu betreibenbeginnen, sichfreiwilligindieSituation einesLandes begeben,das seineBewohner nicht selbst ernährenkann. DiesenSchritt ohne zwingenden Grund zuthun,istimHinblickaufdieungeheurenpolitischenundmitth- schaftlichsenGefahren,deneneinsolchesLandimFalleeinesKriegesaus- gesetztist,derdenkbargrößteLeichtsinn.

ZweitensdenkendieUtopier-überdenWelthandelzumTheilanders alswir. JnihremLandesinddieLehrenderlandläufigenNationalökonomie niezur,Herrschaft gelangtunddeshalb haben siedasAmmenmärchen,daß derPreis durchdasVerhältnißvonAngebotundNachfragebestimmtwerde, niefürbaareMünzegenommen. DieRegirungvonUtopien ist oftgenug in dieLagegekommen, überschüssigeLandesproduktegegen dieErzeugnisse fremder Völker zutauschen,undhatausderErfahrungdieLehregezogen, daßbeijedem Kauf-oderTauschgeschästderPreisimWegeeinesKampfes zwischendenbeidenkontrahirendenTheilen festgesetztwird. Jn diesemKampf ist jederderbeidenStreittheile genau wieim wirklichenKriege be- strebt,dieVortheile seiner Position nach Kräften auszunützenDie Stärke oderSchwächejeder dieser PositionenwirdzwardurchdasVerhältnißvon AngebotundNachfragewesentlichbeeinflußt,aberschließlichmußderstärkere TheilalsSiegeraus demKampf hervorgehenunddenPreisdiktiren. Und

»derstärkereTheilinsolchemKampf istimmerDer, der dasgeringereInter- vessean demAbschlußdesGeschäfteshat. DieUtopier wissenDas ganz genau; daherbeneiden siekein Volk, dasmitganzenSchiffsladungenvon Waarenauf dem Weltmarkt erscheint. Sie sagen sich nämlichganzrichtig, daß Jemand, deralsAnbietendermitWaaren aufdemMarkt erscheint, flchvon vorn hereinindieschwächerePositionbegiebt,weilerdamitmin- EdestensdenAnscheinerweckt, alsoberalsBittender aufträte,dereinleb- haftes Interessedaran hat, seineWaaren zuverkaufen.UndseinePosition wirdumsoungünstiger,je größereWaarenmengeneraufdenMarktbringt.

Diesen Anschein suchendieUtopierals kluge Geschäftsleutezuvermeiden.

Siewürden,wenn siemitihren Jndustrieprodukten aufdemnordamerika- UischMMarkteerschienen,um siedortgegen Getreideeinzutauschen,als der

schwächereTheilimPreiskampf austretenund könntenleichtindieLage kommen,sichdiePreisevon denAmerikanerndiktirenzulassen.Undweil siekeinenfürsieungünstigenHandel abschließenwollen, vermeidensieisso langewiemöglich,mitihrenWaaren fremdeMärkteaufzusuchen.

Unsfreilich,die wir denGipfelmenschlicherVollkommenheiterklommen zuhabenwähnen,dünkt derStandpunktderUtopiereinunsäglichbeschränkter, sdenn wir kennen keinenerhebenderenAnblick alsden, wenn derOzean nach allenerdenklichenRichtungenhinvon Riesendampfern durchfurchtwirdund

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wenn aufdemFestlande unabsehbar lange Eisenbahnzügefortwährendhin- undherkeuchen, undwäre esauchnur,umdieWaaren spazirenzuführen-

Bishierherwurdeangenommen, daßUtopienbei einemeinigermaßen intensiverenBetriebderLandwirthschaftimmer nochdasGetreidezuprodu- zirenvermag, dasesbraucht,um seineBevölkerungzuernähren.Wenn jedochdieBevölkerungweiterzunimmt,undzwarinsolchemUmfang, daß dasLandauchbeiintensivster BewirthschaftungdieMenschen nicht mehrzu ernährenvermag, sowirddenUtopiern allerdings auchkein anderer Aus- wegübrigbleibenalsder,mitJndustrieprodukten aufdemWeltmarkte zu:

erscheinen,um für sieGetreide zuerwerben. DerVorgangwirdjedoch- anders aussehenalsder, den wirheuteerblicken. ZweiSätzenämlichstehen fürdieUtopier festund bilden denLeitsternihrer (auswärtigen)Handelspolitik.

DieUtopierfind wie erwähnt von derUeberzeugung durch-- drangen, daßesdurchaus keinbeneidenswerther Zustand füreinVolkist, wenn esaufdieZufuhr fremder Brotstoffe angewiesen ist.Undzweitens huldigen siederAnschauung, daßeinExportvon Gütern, derdasMaß desNothwendigenüberschreitet,dem LandekeinenVortheil bringt,weiler

überflüssigerWeisediePreisederExportartikeldrückt.AusdiesenGründen werden dieUtopier eifrig bestrebt sein,dieZufuhrdesfremdenGetreidess aufeinMinimum zubeschränken,ihremheimischenBoden durchdie denkbar- intensivsteBewirthschaftungsovielGetreideabzuringen,wienur möglichist, undwerdennur dasGetreidequantum importiren, das sie absolut nicht mehr imLandeselbst produzirenkönnen.KommtesdannzumwirklichenJmport desfremden(nordamerikanischen)Getreides, sowird dieRegirung daja.

Utopien bekanntlicheinkommunistischesGemeinwesenist,wodiesämmtlichen (neuproduzirten)Güter imEigenthumderGesammtheit, alsodesStaates stehen einsolchesQuantum vonLandesprodukten,wie zurBezahlungder Getreideeinfuhrnöthigist,zumErport bringen.DieHerstellungundVer- äußerungdieserGüterim Auslande erfolgt selbstverständlichauf Rechnung-.

derGesammtheitundhierausfolgt; daßeinetwabeidiesem Geschäftein-:

tretender Verlust sichaufalleUtopier gleichmäßigvertheilt.

Undnun vergleicheman denVorgang,wieersichinUtopienab- spielt,mitdenVorgängeninderwirklichenWelt!

Die überseeischenLänder, allenvoran dieVereinigtenStaaten vorn Nordamerika, fangenan,großeGetreidemengenaufdenWeltmarkt zubringen, undzwarzu einemPreise,dersichvielniedriger stelltalsderdeseuropäi- schen.DieMehrzahldereuropäischenStaaten istzwarnochganzgut im- Stande,ihre Bevölkerungundeventuell, beiintensiveremBetriebederLand- wirthschaft,einenoch größereAnzahlvonMenschen selbstzuernähren,aber danachfragendieGetreidehändler(denenman Das inderheutigenVolks-

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Brotwucher. 229 wirkhschaftabsolut nichtverargen darf) nicht.Sie sehen, daßdasfremde Getreideentsprechendbilliger istalsdas heimische,sieimportiren alsodas überseeischeGetreide, trotzdemderJmport wiegesagt—- absolutüber- flüssigist,undfreuenfich, daß sie auf dieseWeiseeingutes Geschäftmachen.

Und dieFolgen hiervon sind:

1.DerPreisdesinländischenGetreideswirdgedrückt,sodaßderLand- wirth seinen bisherigen intensiverenBetrieb ausdieDauer nicht aufrecht haltenkannund zueinem mehr extensivenBetrieb übergehenmuß.Der ertensivereLandwirthschaftbetriebbedeutetabergeringereErnten. DasLand, dasbisher seine Bevölkerungundeventuelleinenoch größereselbst ernähren konnte, begiebt sich alsoganzüberflüssigerundmuthwilliger Weiseindie Situation eines Landes, dasausdieZufuhr fremder Brotstosseangewiesenist.

2. DasGetreide ·- oder,mitanderen Worten,dasLeben in dembetreffenden europäischenLandwirdzwarmomentan billigerundDas gereichtdemIndustriearbeiter augenblicklichzumVortheil;aberdasdickeEnde folgtbaldnach.JnFolgedesUebergangeszueinem extenfiverenLand- wirthschaftbetriebewerdensoundsovieleTausendevonländlichenArbeitern entbehrlichund von denGrundbesitzern entlassen. DiesenArbeitern bleibt kein anderer Ausweg übrigals: sichderIndustrie zuzuwenden;unddie nothwendigeKonsequenzisteinDruckaufdieArbeitlöhne,so daßdas»billige Brot« desArbeiters inderkürzestenZeitillusorischwird.

Z. AufderanderenSeite mußdieIndustrie,die inderZwischenzeit insRiesengroßegewachsenistundihreErzeugnisseimInland nicht absetzen kann,um jeden Preis AbsatzgebieteinfremdenWelttheilen suchen;undnun beginntderWettbewerb dereuropäischenLänder,bei demjeder Theilden anderenzu unterbieten sucht.So erleben wirdaseigenthümlicheSchauspiel, daßEuropabeiallenerdenklichen,halbbevölkerten undnur nothdürstigge- ordneten Ländern fremderZonen sozusagen antichambrirtund demüthig UmdieErlaubnißbittet,ihnen seine JndustrieproduktezuSpottpreisenüber- lassenzudürfen. Europa muß diese wenig beneidenswertheRolle über- nehmen,dennesbetteltjabeijenenLändernumBrot,umBrot für seine Bewohner,diees nicht mehr ernährenkann! Undselbstverständlichmuß Europaumso demüthigerbittenundbetteln,je wenigeresseineBewohner selbsternährenkannundje größereMassenvon Jndustrieproduktenesaus den Weltmarktbringt.

DieeuropäischenLänderwären zumguten Theil nochimmer im Stande, sovielGetreide zuproduziren,wiesiezurErnährungihrer Bewohner brauchen,undjedenfalls mehrGetreidezuproduziren,alssie heuteerzeugen.

DieLandwirthedieserLänderwärenmittausendFreuden bereit,diesesGe- treidezuliefern, wennman sieindieLage versetzte, ihren frühereninten-

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230 DieZukunft.

sivenLandwirthschaftbetriebaufrechtzuerhaltenodereventuellnochzusteigern, wenn man ihnenalso durch entsprechendeEinführzölleauf fremdeBoden- produktedieMöglichkeitböte,ihrGetreide zulohnenden Preisenzuverkaufen·

AberhoheGetreidezöllekönnennichtbewilligtwerden, denn Daswäre»Brot- wucher«underleuchteteStaatswesenmüssendarüberwachen, daßdenarmen

Industriearbeiterndas»billigeBrot« nichtunnützerWeise vertheuertwerde.

Auch mußman dieForderungender,,Agrarier«immermiteinemgewissen Mißtrauen aufnehmen,denndieseLeutesindreaktionärgesinntundverfolgen egoistischeZwecke.Siewollenhohe Getreidepreise,weilsie sichauf Kosten derübrigenBevölkerungbereichernwollen,währendumgekehrtdie moderne Forschung lehrt, daßnichtsso sehrzumGedeiheneinerVolkswirthschast beiträgtwiebillige Lebensmittelpreise.

DerWidersinndereuropäischenAgrar-undHandelspolitik istaber damitnochnicht erschöpft.KommtUtopien thatsächlichindieunangenehme Lage, fremdesGetreideimportirenzumüssen,sonimmt dort—- weiljain UtopiendieInstitutiondesPrivateigenthumesunbekannt istundAllesdem Staat als demRepräsentantenderGesammtheit gehört dieRegirung denExport selbstindieHand. Sie entnimmt denStaatsmagazinendas nöthigeQuantum von Jndustrieprodukten, schafft sie nachdemAuslande undhandelt dafürGetreide ein«Ergiebt sichdabeieingewisserVerlust,weil dieutopifchenJndustrieprodukteimAuslande nichtzuihremvollenWerth abgesetztwerden konnten,so trifft dieserVerlustdenutopischenStaat und vertheilt sichaufdieGesammtheit der utopischenBürger,wirdfürdenEin- zelnen also fast unfühlbar.Jnunsererso wunderbar organisirten wirklichen Welt beruhtdieMöglichkeitdesExportesvon Judustrieerzeugnissen(genau wieeventuellinUtopien)aufderenniedrigenPreisen.DieniedrigenPreise aber(undhierinunterscheidenwiruns von denUtopiern) setzenniedrige Produktioukosten,alsoin derHauptsacheniedrige Arbeitlöhne,unddiese wiederniedrige Lebensmittelpreisevoraus; dieniedrigen Lebensmittelpreife aberwerden beiuns durchdenRuin derLandwirthschaft erkauft. Während alsoinUtopien wieesjanur rechtundbillig ist VerlustebeimExport von derGesammtheitgetragen werden, werdensiebeiuns aufdieSchultern eineseinzigenStandes,derGrundbesitzer,abgewälzt,die dabei erdrücktwerden.

Mit welchem Recht,bleibtallerdings fraglich-

DieEngländerkonnten sichdenLuxus gönnen,ihre Landwirthschaft zu opfern,denn sie habenbeiihren eigenthümlichenAgrarverhältnissen thatsächlichnur die»Landwirthschaft«,nichtaberdieMenschen,die»Land- wirthe«,geopfert.DieeigentlichenLandwirthe,dieinEnglanddie Felder bestellen,sind bekanntlichdiePächter.DemPächteraberkannbiszueinem gewissenGradederErtragdesBodens (diePreisederBodenprodukte)gleich-

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DerGartenderRosen. 231

giltig sein;dennist derBodenertrag gering, so zahltderPächterschließlich aucheinengeringen PachtschillingDiewenigen reichenLordsaber,denen inEnglanddergrößereTheildesLandesgehört, müssen noch lange nicht bettelngehen, auchwenn jedervon ihnen einige tausend PfundSterling jährlichwenigeranPachtrente erhält.Anders aufdemeuropäischenFest- lande,woHunderttausendevon Familienruinirt werden,wenn ihreLand- güter und-gütchennicht mehr entsprechendrentiren.

Unddie Moral dervorstehenden Geschichte?Das LandUtopien—- zudeutschungefähr:»Nirgendheim« existirt bekanntlichnicht;aber der Gedanke,dervonThomasMorus inseinerErzählungverfochten wird, daß dieVolkswirthschafteinesLandesmehroderweniger einheitlichgeleitetwerden soll, ist auchin unsererwirklichenWeltrichtig.UndwenneineRegirungdiesen Gedankenerfaßtundsichihrer Aufgabevollbewußtwird, dann wirdsiebestrebt sein, nachdemVorbilde UtvpiensdieLandwirthschaft ihresVolkes nicht verfallen zulassen, sondern durch ausgiebigeZölleaus ihrem bisherigen Zustandeum jeden Preiszuerhalten.UndwirddieZufuhr fremdenGe- treideswirklich unvermeidlichundmußdieErwerbungdieses Getreides im AuslandewirklichmiteinemgewissenVerlustamPreisderexportirtenWaaren erkauftwerden,so lehrtder ebengeschilderteGedankengang,daßesunzulässig ist, diesen Verlusteinem einzigen Berufsstande aufzubürden.Für einen solchenVerlust hat vielmehrdieGesammtheit aufzukommen,undzwarin derWeise, daßdenexportirenden Industriellen erforderlichenFallesExpvrt- Bonisikationenaus Staatsinitteln bewilligtwerden oder daßdieRegirung selbstdenGetreide-EinkaufimAuslande besorgt.

Ezeknvkvitz- ProfessorDr. FriedrichKleinwächter.

W

Der Garten der Rosen.

z somm mit zum FeldderstammendenBlüthen,

«« DaSsich schon einstimTraum gesehn;

Düftekamen undDüfte Versprühten, ZVieTräume kommen undTräume vergehn;

Fernabvon derStraße,da liegtderGarten In verfponnener Wildniß,keinPfad führt dahin:

DiedurchsLeben gehetzt,dievom GlückGenarrten, DiefindendenWeg, undichwar darin.

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232

Hamburg.

DieZukunft.

HörstDu,wie leise,leisediePforte Sichvor uns öffnetimUlondenlichtp Tritt flüsternd auf,daßam Zauberorte Kein Lautdas dämmernde Schweigen bricht.

Von verfallenenZNauern dieRosen hangen, RoseninFülle,süßundrein;

DieVögel schlafen,dieabends sangen, Und dieWege liegenimbleichen Schein.

Von denBlättern wie gleißenderSchimmer geflossen- SchreitetderStrahl durchdasnächtlicheReich;

Es träumt dieStille undsilberumgossen Träumt auchderSchwan aufdemdunkelnden Teich.

Wo istDeine Hand?Ein athemlos Tauschen—- SchwebstDuwie Schatten nochneben mir her?J WobistDu? Jch hör’nur einBeben und Rauschen Und mich umwogt es, das geisterndeZNeer.

Dort istdas Feld,wo dieRosen flammen, Sieathmenundglühen, sie schwellenund wehnz Der Duft schlägtübermir brausend zusammen- HalbimTraum, halbimRausch mufz ich starrenundstehn.

Inmitten derBlumen, im Purpurgewande Der Rosen blühende Königin;

Jch zögre, hochathmend,am wogenden Rande, DocheinWink und esreißt ihrzuFüßenmichhin.

O Wunder! Dubistes, essindDeine Hände, Jn dieichmein Hauptaufweinend barg.

JnRosensterben,Das istdas Ende, Und Rosenund Rosenmein blühenderSarg;

Jn Schönheit vergehn,in Liebe verschäumen:

Das istdesZaubers süßesterSinn!

Nun komm,den ewigenTraum zuträumen, Du meine Rosenkönigin...

Theodor Suse.

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