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Die Zukunft, 24. Februar, Bd. 30.

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Berlin, den ZE.Februar 1900.

h slv A

Tse-5i.

Man

ZeitzuZeit spuktjetzteinorientalischesGespenstdurchdieSpal-

-tenunserer geliebten Zeitungen.Wenn überFlotte, Fleischschau, Kanal, Kommunalwahlrecht,Erbschaft-undWaarenhaussteuer gerade nichts neuScheinendeszusagenistunddielangmüthigenLeservonderVer- ruchtheitdesbtitischenJmperialismus,der eben insDeutscheübersetztwer- densoll, füreinWeilchennichts mehr hörenwollen,wennselbstdieVersiche- rung,daßHerrPaulKrügeralseinHeldundeinKindergemüthbestaunt, HerrJosephChamberlainaberals derAuswurfderMenschheitbespienwer- denmuß,nebstdertiefsinnigenstrategischenWeisheit,diepensionirteOsfiziere überdenTransvaalkrieg leisten,langweiliggewordenist,danntauchtirgend eine abenteuerlichklingendeKundevonblutigenGräuelthatenderdas-Reichder Erdmitte regirendenDameauf. Neulich hießes,siehabedenKaiservon Chinaermorden lassen, dannwieder,SeineMajestätgeruhten, nochlebendig zusein,undschließlich,über Tod oder Leben deshohenHerrnsei Sicheres nicht festzustellen.Nunsind,seitinSchantungdiedeutscheFlagge weht, diechinesischenZuständefürunsdocheinigermaßenwichtiggeworden; und wenndeutscheJuseratenfarmer sichschon nicht entschließenkönnen,ernst- hafte Berichterstatter nach OstasienzuschickenunddieseLeute sozu be- zahlen, daßihnendergesellschaftlicheVerkehrmitKapitalistenundMan- darinenmöglichist,dannsollten sie wenigstensdaraushalten, daßdie in derberlinerMeinungfabrik Rayon: Weltpolitik Bedienstetendievon

Mayers,Bord,Curzon,Favier, Brandt, Goldmann, Chavannesund 22

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322 DieZukunft.

AnderenwährendderletztenJahreüberChinaveröffentlichtenBücherlesenund sichdasvonLandkundigengefundeneMaterial aneignen.Wärediesegeringe Mühefrüheraufgewandt worden,dannhätteman denBuddhismus nichtfür diechinesischeStaatsreligionunddenbiederenLi-Hung-Tschang,derdochnur einTsung-tu,einer derachtGeneralgouverneure,war,nichtfüreinenVice- kaiserundRegentengehalten.WermitChina politischeGeschäftemachenwill, mußdieVerhältnissedesRiefenreicheskennen.DeshalbmagManchemviel- leichtderVersuch,vonderindiesemReichmächtigstenPersönlichkeitein-in denKonturenfreilichnichtallzuklares—Bildzugeben,nichtnnnöthigscheinen.

Dieheute schonrechtbetagte Dame,dieman inunseren Zeitungen Kaiserin-Mutter nennt, ist nichtdieMutter desKaisersvon China, ist eigentlichauch»nichtberechtigt,den TiteleinerKaiserinzutragen,der übri- gensin einemLande,wozwar die LexSalica unbekannt,dasausschließ- licheErbrechtder MänneraberDynastiesatzungist, politischwerthloswäre.

Siestammt,wieseitderTheophanoTagen mancheorientalischeHerrscherin, ansdemKleinbürgerthum;ihrVaterwareinarmer Krämer,derdie kaum derKinderstube EntwachsenealsSklavin aneinen derGeneralgouverneure verkaufte. Fräulein Tse-Si muß wohl schonalsBachfischchenschlauund ehrgeiziggewesensein: sielerntelesenundmachtesichbeiihremHerrn,dem die bei unszwischenGeneralkommando undOberpräsidiumvertheiltenPro- vinzialgeschäftezufielen, so beliebt, daßer,um sichfüreinenGnadenbe- weisdankbarzuzeigen,diezierlicheundgewandteSklavin demKaiser schenkte.Sien-Fong,derSohndesHimmels,war durchdenTaiping-Auf- standunddurchdiefranco-britischeJnvasionargbedrängt,fandaberdennoch Zeit,unter seinenHaussklavinnenUmschauzuhalten,undließseinAuge mitWohlgefallenauf Tse-Sis jungenReizen ruhen.Dabeikannesnicht gebliebensein;dennnachAblaufderselbstfürdieFruchtderHimmelssöhne zumReisen nöthigenZeitwurdedemSchoßderBegnadetenein Knäblein entbunden,alsdessenVaterSeineMajestätsichbekannten. Daßein Mo- narchmit einemhübschenHoffräuleindasLager theilt, isteinoft gesehener Vorgang, dernichtbesondersausfallenkann;ungewöhnlicherwarschon,was

nunfolgte. Sien-Fong ernannteTse-SizuseinerFavoritin, gab ihr, gleich hinter seiner legitimen Frau,denzweitenFürstinnenplatzundwählte dieFreiheit derThronfolgerwahlistdenchinesischenHerrschernnichtbeschränkt

—ihrenSohn Tung-Schi zuseinemErben.JndieVormundschaftsolltensich bis zurGroßjährigkeitdesKnabendieKaiserinunddieFavoritin theilen; ein geheimzuhaltenderTestamentsparagraphbestimmteaber,inkritischenLagen

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Tse-Si. 323 solledieKaiserin-WittwealleinnachfreiemErmessenschalten.AlsSien-Fong inseiner Weisheit so bewiesenhatte, daßdieillegitimeGattin ihm lieber,die legitimeaberdesVertrauenswürdigerwar,legteersich,baldnachdem PekingerFriedensfchluß,auf sein letztesPrachtbettundstarb.UndTse-Si warnundieMutter einesKaisersvon Gottes Gnaden.

Daswar noch nicht viel, wenigstens nichtgenugfürdenEhrgeiz derPlebejerin, dieMachtundGlanz,SeinundSchein unterscheidengelernt hatte.Siewollteherrschen,allein, unumschränktherrschen;derandieses Ziel führendeWeg mußtezunächstvon zwei schwerenSteinen gesäubert werden. DieKrämerstochterhaßtedieKaiserin-Wittwe, haßtesiebesonders innigseitdemTage,da dergeheimeTestamentsparagraph ihrbekanntge- wordenwar. WardasGlück der Abenteurerin holdoderhalf siemitEu- nuchenkünsteneinBischen nach?Einerlei: dieVerhaßtestarbund dieVor- mundschaftrechtebrauchtennun nicht mehr getheiltzu werden. Der andere Stein war schonvorhereinehübscheStrecke weitergewälztworden,ganz aberwarernochnichtausdemWege geräumt. Sien-Fong hattedreiRe- genten ernannt, diewährendderUnmündigkeitseinesSohnesdie Staats- geschäfteleitensollten."DaspaßteTse-Si natürlichnicht; sie verständigte sichmitihremSchwager,demPrinzenKung,dielästigenTriumvirn wurden unter irgendeinem Vorwande geköpftundKung führteseitdemmitzwei MinisterndieRegentschaft.Handelsverträgewurdengeschlossen,europäische GesandtenachPeking geladen,dieletztenTaiping-Anhängerunddierebelli- schenMohammedaner bezwungen; undTse-Si saßmitimRathder Männer.

Endlichaber wurdeTung-Schi mündigunddieZeitderRegentschaftwar aus. MitdemSohnwäre die Mutter vielleichtfertiggeworden;docher warschwächlich,dieLeibärzte,dieihnvonfrühbisspätinbedrohlicherAn- zahl umringten, stellten schlimmePrognosenund Mama mußtemit der Möglichkeitseines frühenTodesrechnen.Wasdann? SchonwardieFrau desneunzehnjährigenKaisersinafamilyway; Tung-Schi konnte,bevor erstarb, ihresLeibesSprossenzumkünftigenKaisererküren undderWittwe dieRegentschaftübertragen.Dasdurftenicht geschehen.Tse-Si,derman messalinischeTriebenachsagtundzu derenPatiomkinsinseinen rüstigen JahrensogarderpfiffigeLi-Hung-Tschanggehörthabensoll,hatteauchihren SohnfrühmitKebsenversehenundsichseinerKnabenlüderlichkeitgefreut.

Nunwarderkaummannbar Gewordenemorsch;warsnicht für ihnund fürdasReich besser,wenn ihm langsamesWelken undFaulen erspartblieb undvondemkraftlosenStamm nicht ersteinewurmstichigeFrucht gepflückt

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324 DieZukme

ward? ...FrommeMutterwünschewerdenmanchmalerfüllt.Tung-Schi warnochnicht zwanzigJahre alt,alserstarb,undseineWittwestieg,bald nachseinemTode, nichtinsWochenbett,sonderninsGrab.Tse-Siaberließ ihren dreijährigenNeffen Kuang-SüzumKaiserernennen.

Seitdem sind fünfundzwanzigJahrevergangen undüber die alte Tschunghwa,diestillin der Erdmitte blühendeRiesenblume,hatvomwestli- chenHimmelmancherSturm hingefegt.Mit demVerlustvonAnamund TonkinbeganndasUnheil,denFranzosen folgtenBriten, Russen,Japaner undDeutscheundheutesindausallenFlankendesReichskörpersgroßeFetzen gerissen.Werist für diesenZusammenbrucheinerunerschütterlichscheinenden Macht verantwortlich?DieFrageist nicht leichtzu beantworten. Kuang-Sü trugdenTitel desHimmelssohnes; er, der wie einscheuer,kränklicher,abernicht unintelligenterTatarenknabe ausgesehenhabensoll,empfingumdreiUhrnach MitternachtdiehöchstenReichsbeamten, unterzeichnetemit demScharlach- stift ErnennungenundUkaseundließsichvonZeitzuZeitinseiner Prunk- sänfte,dieeinSchwarmvonBogenschützenundReiterngeleitete,durchdie leerenStraßenderHauptstadttragen.Vorihm beugten auch,alssiezum erstenMale insJnnerstedesPalastes vordringen durften,dieeuropäischen GesandtendasKnieundihnbegrüßteimMai 1898derBruder desDeutschen Kaisers. Dennochhater,vondemTagean,da derGroßjährigeaus dem goldenenKrönungwagenin denPalast stieg,nie die Wonnekennengelernt, die derVollbesitzderMachtdem Starken gewährensoll.Der Armewar eben nichtstarkundmußtein demKampfgegen eineKraftnatur unterliegen,die der Weiblichkeitgrenzenzuspottenscheint.An immererneuten Versuchenließers

«nichtfehlen;dochallescheitertenundhattennurdenErfolg, daßauchTse-Si Jahrelang keineselbständigePolitiktreibenkonnte. Siehatte eineReihewichti- gerFragenihrerEntscheidungvorbehaltenundführtedasgroßekaiserlicheSie- gel.AbersiewarzulangeschonandespotischesWalten gewöhnt,umsichjetzt noch bescheidenzukönnen,undso führtejedepolitischeWendungzuneuen Konflikten.Unterderglatten OberflächewuchsdieFeindschaftder beiden

Höfe;und als dieJapaner auf ihremSiegermarschdieerste Etappe erreicht hatten, brachdasUnwetterlos.Kuang-Siiwar, imGegensatzzuseinerTante undderenRathgebernLiundKung, fürdenKrieg gewesenundglaubtenun, sichermitRecht,dieUrsachederschmählichenNiederlageinderRückständigkeit allerchinesischenEinrichtungensuchenzumüssen.EineSchaarmodernempfin- denderMänner,anderenSpitzeKang-Yu-Wei«stand,hatte seineGunstgewon- nen, denEpileptikerergriffeinReformatorenfieberundseltenverging einTag

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Tse-Si. 325 s ohneeinenkaiserlichenErlaßgegenveralteteBräucheDasHeerwesensolltever- bessert,dieLandesverwaltung vereinfacht,dernachZehntausendenzählende SchmarotzerhaufeausAemternundPfründengejagtwerden.DieAbsichtwar gut,über dasTempoderAusführungließsichstreiten, Jedemaberkonnte sofortklarsein, daßsolcheMaßregelndie ganzeHordederanihremBeutel Bedrohtenin das demKaiser feindlicheLagertreibenmußten. Tse-Sikonnte lachen.Dochsiewarschlauund wartetegeduldigaufdie zuihremPlanpassende Stunde. EinesTages erschienKuang-SübeiseinerTanteineuropäischer Kleidung,inderTracht,diedemChinesen,wennersieimLandeJtosundEnno- motossah,GräuelundEntheiligunggewesenwar.DieseKunde,dachteTse-Si, mußaufdas Volk wirken ;siewurde gewißerst nachkühlerUeberlegung—

wüthend,überhäuftedenungerathenenNeffenmitScheltwortenundgab ihmeineschallendeOhrfeige-.UnddieserBackenstreichsollte politischwich- tigerwerdenals dieberühmteelisabethischeMaulschelle,derenTragikLessing auf sovielen Seiten verfochtenhat.DengekröntenSchwächlinghatteder Schimpfvöllig gebrochen;erwollteabdankenundließsich,alsderPlan seiner Freunde,zumSchutzdesMonarchen Truppen herbeizuziehen,durch Tse-Sis Eingreifenvereiteltworden war,ohneWiderstanddesletztenMacht- restesentkleiden.In seinemAbschiedserlaßübertrugerderliebenFrauTante alleRegentenrechte;dannwardernicht mehr gesehen.Esheißt,erhausein einemstreng bewachtenPavillonmittenin einemSee desPalastparkes.Dort hatihn,als dasersteGerüchtvonseinemTodeaufkamunddiefremdenDiplo- maten wissenwollten,beiwem sieeigentlichbeglaubigt seien,derArztder französischenGesandtschastuntersucht.DieDiagnoselautetenichttröstlich.

Ob derUnselige heute nochlebt?DieGesandtensollenihn neulichgesehen haben.FürdiePolitik istertotund dieGeschickedervierhundertMillionen gelber Menschen bestimmt Tse-Si,dieTochterdesbankerotten Krämers.

...DieseAngaben habe ichdenBüchernundAufsätzenlandkundigerLeute entnommen. Währendichsiesammelte,prüfteundniederschrieb,stiegdemAuge dieuns heute fast schon mythisch anmuthendeWeltShakespeares herauf.

Wenn Nietzsche,derBewunderer gewissenloserRenaissancekraft,Tse-Sige- kannt hätte,erhättesichvonZarathustra vielleichtzuKhung-Fu-Tsebekehrt, ganzsicheraber dasHauptvordem Weibegeneigt,dasimLande der Wei- berverachtungstarkgenugwar,umMännerniederzuzwingen,undklugge- UUg,umdemScheindasWesen,demGlanzdieMacht vorzuziehen.

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326 DieZukunft.

Ein österreichischerGenerallandtag.’««) HmAngesichtdersteigendeninnerenReichsnoth istesPflicht jedes ehr-

Jlich Denkenden, Besserungzuerwägen.AllepolitischenVerhältnisse sind entsetzlichverfahren.DieGerechtigkeitfordert freilichdieFeststellung, daß diese chaotischeVerwirrungnur einletztes Glied einergroßenKetteist:

einJahrhunderte währenderKampf istdenSprachenverordnnngenvoraus- gegangen; erkannnach ihrer Beseitigung nichtbeendet sein. Seit jenen Tagen,daRogerinseinemCarmen Miserabile Budapesteine ditissima urbs teutonioa nannte undFriauleinedeutscheBevölkerungbesaß,istdeutsches Sprachland ununterbrochenvonfremdenWellenverschlungenworden. Sollen wirruhig,wiedieBewohner der.Halligen, zusehenundwarten, bisuns selbstdieWogemitsich reißt? AuchderletzteAltösterreicherwirdnun nicht mehr behauptenwollen, wieman noch vielfachvorzehn Jahren hörenkonnte:

inOesterreichdürfekeinVolknationale Politiktreiben. Wohin hätteder bewußtloseösterreichischeGesammtpatriotismusgeführt,dennur dieDeutsch- Oesterreichergefühlthabenundauchnur sieweitergefühlthätten?Zurvoll- ständigenSlavisirung Oesterreichs.

«

Die Verständigung-Konferenz,dieklug veranstaltetwar, kanneinen Waffenstillstandschaffen. AbgrenzungderBezirkeundTheilungderAemterin BöhmenwirdVielesbessern,aberdieseMaßregelnbraucheneinKorrelat:

einWaffenstillstandgiebtderZukunftkeineRichtung,denKämpfendenkein sichtbaresZiel. Wirkönnen aber einsolchesZiel schaffen,unserVolkschützen, einen höherenDamm aufrichtengegenweitereAngriffeundgleichzeitigdie EhreundMachtstellungdesReiches behaupten. Dochwie?

it)SeitdemzweiundzwanzigstenFebruar ist Oestereichwieder einStaat,der sicheinesParlamentesfreuen darf. DasMinisterium Koerber,dasetlichen Ueber- gangsministerien derVolkswitz hatte sieUntergangsministerien getauft gefolgt ist,erwartet dasHeil einstweilenwenigstenswedervon demverschämtennochvon demanderenAbsolutismus, sondernwillversuchen,ob dieRückkehrzugeordneten VerfassungzuständenindemzerklüftetenLandeamEnde doch möglichist.Esist ihm gelungen,eine·Verständigung-Konferenz,dievonDeutschenundCzechenbe- schicktwurde,zuversammeln,undeswillseinGlücknun imReichsrath versuchen.

Noch sinddieAussichten nicht allzu günstig;unddaman sich,wieesscheint,in Wiennichtzu demExperiment entschließenkann,dasallgemeine gleicheWahlrecht zugewährenunddieBitterkeit desnationalen Hadersdadurchzulindern, daßman densozialenKämpfen freien Spielraum gewährt,sowirdman vielleichtbaldgeneigt sein,dieweniger heikle ProbemitdemVorschlagdesHerrnvonScalazuwagen.

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EinösterreichischerGenerallandtag. 327 Welche Heilmittel sind nicht schon angepriesenworden für diesenin KrämpfengefchütteltenStaat! Absolutismus,um demSpruchderMenge dieVerhältnissedes Staates zuentziehen, eineStaatsformalso,die die Uneinigkeitder VölkerdurchdieWeisheitderRathgeberderKronezuheilen sucht.AberderZwangskurs solcher Weisheitdauert nie langeund die schwebendenProblemebleibenungelöst.Nichteinmalder modernere Bastarddes Absolutismus undderVerfassung,derParagraph 147Homunkulus,kann Dauern- desschaffen.UndwiesiehtdievielgeprieseneAutonomie derKönigreiche undLänder alsHeilmittelaus? Nichtallein dasReich sollalshistorisch Gewordenes anerkannt werden,sondernauchdieGesammtheitderKönigreiche undLänder. Historischgewordensind dieKönigreicheundLänder undwir wollensie deshalb nicht zerreißen,historischeAnarchietreiben, wie die Slo- venen,diefeltsamer WeiseeineStütze der Autonomisten undRechtsparteien bilden. Abermitdem Wort Autonomie wirdeinfrevlesSpielgetrieben unddie Autonomie derKönigreicheund LänderdeshalbzumSchlagwortge- macht,weilsie füralleanderen VölkerOesterreichsAutonomie derNation bedeutet,nur nicht fürdasdeutsche.Das Autonomieprinzipwürde,durch- geführt,fürdieCzechendenBeginndesCzechenstaatesbedeuten und das EndederDafeinsberechtigungderDeutscheninBöhmen undMähren.Und fürdiePolenbedeutetdochdie Autonomie Galiziens schonlangedieweitest- gehendeAutonomie derpolnischenNation inOesterreich.Kann alsoein- politischesPrinzipnationales Heilmittelwerden,wenn esinseinenFolgen demEinenAlles, dem Anderengarnichts bringt,denDeutschenOesterreichs die AutonomiederNationfürimmernimmt, den Slaven aberdieseAutonomieder Nation,dieBesorgungundSelbstverwaltung ihrer Angelegenheiten,dauernd sichert?Jst also auchdiegroßeBedeutungderLänderorganisationzuzugeben, sokanndieAusnutzung ihrer Bedeutung fürdennationalen Frieden nicht aufdemWeg dieserAutonomie geschehen:nichtdieZerreißunginLänder, nur dieZusammenfassungder LänderkannfürdenAufschwungderNationen inOesterreichwahrhaft werthvollwerden-

AusgeschloffenistalsHeilmittelderunerträglichenZustände, durch diealle Stämme Oesterreichsim Weltwettbewerb minderwerthigeKämpfer werden,dieZerreißungdesReichesinLänder,ausgeschlossenistaberauch einesolcheEinigung aufdemBoden desReichsrathes,die eineVerwerthung dervorhandenenVolkskräfte,nichtnur einenWaffenstillstandentgegengesetzter Kräfte,bedeutensoll.Wirkönnennichtverlangen, daß auf diesemKampf- bodenetwaeineneueVolkseinheitnachdemMusterdesPolenklubs sichbilde:

zustark differenzirtsinddiepolitischenParteienderDeutschen,alsdaßwir hiereineständiggebundeneParteigruppirung auchbeipolitischenReformen durchzufetzenvermöchten.EsmußeineOrganisation gefundenwerden, die

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328 DieZwme

demwidernatürlichenTausch politischerUeberzeugungengegen nationale Vor- theile endgiltigeinEnde macht,esmußeinneuer, noch nichtmitBlut gedüngter,noch nichtvomParteihaßzerwühlterBodengefundenwerden, der dielebendigstenKräftederVölker,dieVolkskraft selbstdemStaat nutzbar macht,der inder letztenZeitmitMühe feine allernothdürftigftenLebens- ansprüchedemWiderstreitder Völkerabringenkonnteund innatürlicher .Wechselwirkungdeshalb auchdenallerbescheidenstenForderungender Völker

infortschrittlicherundwirthschastlicherBeziehung greisenhaft hilflosgegen- überstand.DieNation isteinsozial-sittlicherVerband, der denAuftriebvon unten erleichtert,diemöglichsteGleichheitderhöchstengeistigenLebensinteressen ermöglicht,dasPflichtbewußtseinderVolksgenossenschafft.KannderStaat aufdie Dauer so lebendigerKräfte entrathen?Manhatsichinüberraschen- derWeiseüberzeugt,daßeinRegirengegendieDeutschenunmöglichist.

Manwürde denAnspruchaufdenNameneinesRealpolitikersverlieren,«wenn man einRegirengegendieSlaven natürlichgegenihre berechtigtenkul- turellen,nationalen,wirthschaftlichenAnsprüche,nichtgegenKampfesforde- rungen miteinheitlichemAufschwungdesReichesvereinbar haltenwürde·

Abernochimmer wirdversucht,gegendienationalen Kräftezuregiren.

Sollte man dennnichteinmal versuchen,mitderganzenSchwungkraftder nationalen Kräftezuregiren? BerücksichtigungderlandschaftlichenSonder- interessenundZusammenfassungallernationalen Kräfte mußdasklareZiel

sein.Das kannzunächstbeiuns Deutschen und esistnur selbstver- ständlich,daßwirmituns beginnen,die wirintiefstemHerzendurchlangen, schwerenRechtskampferregt sind,die wir dieZukunft unserer Söhneund deutschenKulturbodens instolzer Entschlossenheitvertreten —- nur geschehen durcheineKommissionallerDeutschen Oesterreichs,diedieWahrungdes deutschenBesitzstandes,wirthschaftliche,wissenschaftliche,künstlerischeGemeinde- angelegenheiteninBerathung zieht.EinesolcheKommission mußalle deut- schenParteien ohne UnterschieddersonstigenParteistellungumfassen.

WieaberkanneinesolcheKommissiongebildetwerden?Wiesolleine solche,inmehrere AusschüssezerfallendeGliederung geschaffenwerden,wenn sielebenskräftigseinsoll?Mit zwingenderNothwendigkeitgehtaus dem GrundsatzderBerücksichtigungderlandschaftlichenSonderinteressenundzugleich derZusammenfassungallernationalenInteressenundKräftedieEignungder LandtagefürdieGrundlageeinersolchenOrganisation hervor.

EineberathendeKörperschaftaus allendeutschenLandtagsabgeordneten allerKönigreicheundLänder, eine ArtGenerallandtag, muß zusammentreten, derAusfchüssefür dennationalen Besitzstand,nationale Schulfragen, wirth- schaftliche,wissenschaftliche,künstlerischeFörderung,fürdie nationale Presse, für SchiedssprüchezwischenverschiedenenParteiendesdeutschenVolkesin

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EinösterreichischerGenerallandtag. 329

Oesterreichzuwählenhätte. Diese Körperschaftenhabennur berathende Geltung.Abersiewerden dasMaterial dernationalen Wirksamkeitim Reichsrathschaffen.Werwirdnicht zugeben, daß durcheinesolcheEini- gungdenDeutscheneineVorberathung ihrer tiefsten InteressenimKreise ihrer Stammesgenossenermöglichtwird, wiesie schon längstdie Stärkedes polnischenVolkes inOesterreichbildet?

DieWidersprüche,diesichgegendiesenPlan erheben, mögen mannich- fachsein,abersie sind nicht stichhaltigVorAllemkönnenstaatsrechtliche Bedenkengegen blosberathendenationale Ausschüsse,so bedeutungvollihre Vorberathungenauch sein mögen, unmöglichernstgenommenwerden. Die Reichseinheitkannbei derZusammenfassungallergleichartigenKräfte,unter SchonungdereinheitlichenVerfassung,nur gewinnen;undzugleichistdie EntwickelunglandschaftlicherSonderart bei dergroßenRolle, die die Land- tagealsGrundlage national-geistigerEinigung übernehmen,gesichert-

VomStandpunkteinergesundenPolitik istvonvorn hereinzuprüfen, wie dieeinzelnen deutschenParteien solcherOrganisation gegenüberstehen werden. Für dieinderObmännerkonferenzvertretenen Parteienwären

Ausschüssezunationaler Vorberathungnur eineAusgestaltungdereigenen Organisation;für sie hätte diese Erweiterung alsonur denCharaktereiner natürlichenFortbildungbereitsvorhandenerAnsätze.DieRadikal-Nationalen könnenmitBeruhigungineineVersammlungeintreten,die eine—- wenn aUchnur berathende—- GesammtvertretungDeutsch-Oesterreichsdarstellt; sie könnteeinegrößereodergeringerenationale Thätigkeitentfalten, aberin jedem Fallnur einevondenGesichtspunktendeseigenenVolkesausgehende Thätigkeit.DurchthatkräftigeTheilnahmean denBserathungenunddurch Verwendungihrer weitgehendenKenntnisse großerVolksschichtenwerdendie Radikal:NationalenmitErfolg jenefrischeKraftverwendenkönnen,diesichbisher hauptsächlichderGewinnungbreiterVolksschichtenfürdennationalen Ge- danken zugewendethat. Etwavorhandene deutschesozialdemokratischeLand- tcIgsabgeordnetekönnen undmüssenindiese AusschüssewählendeVersamm- lUttgeintreten,wenn sie nicht ihrer Wählerschaftschwerenwirthschaftlichen Schaden zufügenwollen. Die am Wenigsten leichteStellung hateiner solchenOrganisation gegenüberdiekatholischeVolkspartei;aberauch ihre Stellungist dochnichtgeradeschwierig. Diese Partei mußsehen,daßin einem

GenerallandtageineMajorisirunginreligiösenFragen ausgeschlossenist,da solcheFragen,demZweckund demCharakterder ganzenZusammenfassungder UationalenKräfte entsprechend,ausgeschlossensind.Aktionfreiheitund Bundes- fähigkeitinpolitischenFragenbleibtihr vollständiggewahrtDievonihrstets be- tonteNothwendigkeiteinergrößeren BerücksichtigunglandschaftlicherJn- tekessmwirdhierzurWirklichkeitDersie zusammenhaltendeParteigrund-

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satz,an alleAngelegenheiteninersterLiniedenreligiösenMaßstabanzu- legen,wirdhierin keinerWeiseverletzt, dieParteialssolchebleibtin voller Reinheit bestehen,sie trägtnur ihren Theilzu einerallgemeinenKräftigung bei. SiekannhierdemVolkegeben,wasdes Volkesist, ohne auchnur im Mindesten ihrem Pateiprogrammuntreu zu werden.

So könnenalledeutschenParteieneinersolchenOrganisationbei- treten, diedenGedankeneinerKonsolidirungder nationalen Kräftezu GunstendesGesammtstaates auch fürdieübrigenStämmeschafft.Und wasfürdieDeutschen recht, scheintfürdieEzechennur billig: ist fürdie EzechendasstaatsrechtlicheProgramm,dieAnerkennungderLänderder böhmischenKrone,wirklicheinvonmodernnationalem Streben,nichtetwanur von Herrschaftgelüstenund geschichtlich-antiquarischerLiebhabereigetragener Herzenswunsch,dannmüssensieeineOrganisationallerczechischenLandtags- abgeordnetenBöhmens, MährensundSchlesienszumZweckderWahlnationale-:

AusschüssealseinenichtinderselbenEbene,wohlaberimselbenRaum gelegeneMaßregeldererwünschtenZusammenfassungderKräftedesczechi- schenVolkes begrüßen.Die sobeiCzechenundDeutschen auf festzu- sammengewachsenemStammesboden gegründetenAusschüssefürnationalen Besitzstandwerden in ganz andererWeise, ohne Preisgebungnationaler

DieZukunft.

RechteundpolitischerPflichten, Vorschlägefüreinenmodus vivendi von FallzuFall machenkönnen, alsesbisher geschehenist.

DieVerhandlungen dieserbeidenVolksausschüssewürdennatürlich noch nichtdenFriedenbringen.Bei dendurchdiewirthschaftlichenVer- hältnissehervorgerufenenBevölkerungschwanknngenwerden diese Ausschüsse immerwiedergenöthigtwerden,miteinander um dieErhaltung einzelner Orte,einzelnerBezirkezuringen;derKampfwirddann konkretisirt,und zwar in vollerSchärfe geführtwerdenmüssen,aberörtlichgebundensein- Daswirddann dernationale Kampf sein,derdieKräfteder Völkerzu höchstenLeistungenspornt,deraber dieungesunde Atmosphärederjetzigen Zustände,dieLähmungjedes Aufschwunges,dieAbdrängungderaufJn- dustrie angewiesenenStämme vomWeltmarktbeseitigt.An dervomGrafen Bülow imDeutschenReichstagalsbeoorstehendangekündigtenneuen Theilung der Erde werdenwir,was Gebietsbesitz betrifft, schwerlichtheilnehmen können,aber wirmüssenumderSöhneundEnkel willenausdemgrauenvollen Entweder—Oderheraus,in das wirjetztgebanntsind.Heutesindwir gezwungen, entweder Verrathandemquantitativen Bestand unseresStammes zu üben, miteinerStockungdesKampfesaltererbte Gebiete verloren gehenunddas Geltungsgebietunserer Sprache einengenzulassen dazuwerdenwirder DeutschenVolksparteiAngehörigenniemalszubewegensein—,oderwirmüssen verzichten,fürdenqualitativen Bestanddesdeutsch-österreichischenStammes

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EinösterreichischerGenerallandtag. 331

sozusorgen,wiewirsollten;wirmüssendarauf verzichten,unseren Nach- kommenjenenweiteren wirthschaftlichenLebensraum zusichern,derihrem Gedeihennothwendig sein wird;wirmüssen verzichten, jenen Prozentsatz wissenschaftlicher-,künstlerischerLeistungzusichern,dernach ZahlundVer- anlagungimRahmenallerdeutschenStämmevon unseremStamm geleistet werdensollte; wirkönnenunsereAufgabengegenüberdemaufstrebendenVierten Standenicht erfüllen,nicht ihmdieWegeebnen, wie wir inAuffassungder Nationals einessittlich-sozialenVerbandesunsdochverpflichtetfühlen. Diesem Entweder Odermüssenwirentfliehen,wenn nichtunsermoralischesEmpfinä denj unsere sittlicheKultur, unser qualitativer Bestand, aufdenjavom nationalen Standpunktaus nicht geringerer Werth gelegtwerdenmußals aufdenquantitativen, schwerdarunter leidensoll.

WirentfliehenaberdiesemZwiespalt,wenn esgelingt,diehöchsten LebensinteressendereinzelnenVölkerinihrem eigenen Schoß berathenzu lassen, ohnedieVerfassungzustören,wenn esgelingt, durchdieEinigung derKräftedereinzelnenVölker,trotzdemderKampf dadurch noch intensiver wird, ihm seineBitterkeitzunehmenundihn abzulenkenvomHeerundvon dernothwendigstenVerwaltungeinheit,trotzseinerFortdauer Raum zuschaffen fürdieErfüllungvonAufgaben,die denqualitativen Bestand,dieArt und LebensführungunseresStammes für jetztunddieZukunft betreffen.Ver- suchenwir, Beidemdadurch gerechtzuwerden,daßwireinenberathenden

»Generallandtag«denEzechenhauptsächlichzugestehenund ihn füruns DeutscheinsWerksetzen.Das ist auchderWeg,wie wirüber dasPfingst- programm dieOrdnungdesBestehenden hinauszujeneridealenGe- meinsamkeitgelangenkönnen,die allein dieSchwungkraftunsererLeistungfähigkeit erhöhenkann. UeberdiegesetzlicheFeststellungdesGebrauchesderLandes- sprachen,TheilungderLänderinBezirkenationaler ArtundTheilungder BehördeninBöhmen hinaus müssenwirzueiner lebendigenEinheitdes VolksstammesinOesterreichfortschreiten,zu einerEinheit,diedieEinzel- interessenaller Kronländerwie dieGesammtverfassungachtet,aberdenhohen KampffürdieRechtedeseigenenStammes inruhig sicheremBewußtsein führenkann. SchoneinmalgingderGedankederBerufungeines General-—

landtages 1518 von Tirol aus: seieseingutes Vorzeichenfürden Plan, daßerneuerdingsausdentirolischenBergenkommt!

Jnnsbruck. ProfessorDr.Rudolf von Scala.

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Immerhin gehen auch bei ziemlich kollektivisirter Wirthschaftsührung die Vortheile nicht so weit, wie Frau Braun annimmt. Jch kann mir nicht vorstellen, wie eine Wirthschasterin

»Die ausschlaggebeude Bedeutung, die der Körnerban noch immer fiir den landwirthschaftlichen Betrieb besitzt, bringt es mit sich, daß die Forderung einer für die

Direktoren von ihrer Geschäftsführung erreichenwollen, auch wirklicherreicht wird- Gerade in einem Jahr, wie das letzte eins war, kommt es nicht in erster Reihe darauf an, einen

und als ob er jeden Griff genösse, wie etwas Neues, Angenehmes, zieht er sich- höher, als man gewöhnlich zu klettern pflegt. Er beachtet nicht die Aufregung des ohnehin

305 die einzige Quelle der Erkenntnißhingewiesen; da er aber noch nicht weiß, daß alle Logik in den Gewohnheiten der Sprache steckt und daß selbst der fprachliche Ausdruck für

Der Gegensatzzwischen einer wesentlich repräsentativen und einer mehr sachlich-sozialenRichtung wird sich ohne Zweifel in den nächstenJahren noch verschärfenz wenn er auch für

Der eingeschränktenForderung aber, daß rasch anwachfende städtische Gemein- wesen bei Zeiten Grund und Boden erwerben, um ihn als Bauland zu ver- werthen, kann auch

und nicht angenommen wird, so ist noch viel weniger Hoffnung vorhanden, daß es in monarchischenStaaten, wie Deutschland, Oesterreich und Rußland, durch- dringen könnte. Bei uns