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Die Zukunft, 10. Februar, Bd. 30.

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Academic year: 2022

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Berlin, den W.Februar 1900.

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Der neue Dreihund.

MagDeutscheReich ist, so lesenwirjetztinsdenZeitungemdurchdie pa- triotischeKlugheit seinerStaatsmänner voreinerfurchtbarenGefahr bewahrtworden. BöseMenschen,die,wieesscheint,unterdem Kommando eines in London lebendenrussischenSpionsstehen,wollten dasarme Reich ausderJntimitätmitEngland locken,—- man denke:mitEngland,dem esdochStammverwandtschaftundWaffenbrüderschaftverbündenl Der Planwarrechtpfiffigeingefädelt.DiedurchdenBurenkrieg geweckteAnti- pathiesollteschlaubenutztunddieNützlichkeiteines Kontinentalbundes gegen Großbritanniengepriesenwerden;in demAugenblick,woDeutscheund Britenunheilbar verfeindet wären,würde sichdanneinSzenenwechsel vollziehen:Rußland, FrankreichundEngland würden,deslangenHa- dersmüde,flinkeinenBundschließenundgemeinsamüberDeutschlandher- fallen.EinewahrhaftteuflischeJntrigue, fürderenEnthüllungwir den leitendenStaatsmännern garnichtdankbargenugseinkönnen. Zunächst schondeshalb,weil mit demSchleier einige schädlicheJllusionen geschwun- densind. Bisher hießesimmer,dieFreundschaftmitRußland seifesterals je,dieMonarchen seieneinHerzund eineSeele,undso langederFürstzu HohenloheReichskanzler alsodurchdieGnade desZaren auchBesitzerdes GutesWerki sei, brauchemanmit derMöglichkeit,dieses innigeVer- hältnißkönnegetrübtwerden,garnichtzurechnen.Dasmuß dochwohl nichtganzstimmen; dennRußland sucht, sohörenwirstaunendjetzt,Ver- bündetezueinemKrieggegenDeutschland.Zweitenswarunsvielvonden

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Wundern berichtet worden,die desKaisers ArtigkeiteninFrankreich gewirkt hätten; auchdamitmußesaberwohleinBischen hapern, sonst könnteMariannenichtzärtlichüber den Kanalschielenundvoneinemfranco- englischenBundgegenDeutschlandträumen. Die mittäglichgesteigertem EifervonunserenliebenOffiziösenbetriebeneAufklärungarbeitzeigteinnicht allzu lieblichesBild: Germania,dieaufdenneuen Postmarken so theater- tapfer dreinblickt,ist,umsichvoreinerübermächtigenKoalitionzuschützen, genöthigt,-inderNähedesbritischenLeununterzukriechen.DieMeldung hättegeringeresStaunen erregt,wenn sievoneinemEngländerin deutsche Zeitungen geschmuggeltworden wäre; doch auchnun, dasievonerprob- tenPatrioten stammt,denen zurVorbereitungaufdenSegendesDelegoa- lvertrageswahrscheinlichnichts Bessereseinfiel, ist siewillkommen. Wenig- stens wissenwirjetzt,woran wirsind; und dieguten Leute,dieinGedanken schondesReichesneue Flottedie Briten auseinemTheil ihresKolonialbe- sitzestreibensahen,mögensichenttäuschtdieAugenauswischen...Ichlas diefürchterlicheHistoriezuerstinParisund dawolltesiezu der mirsichtbaren Stimmung nichtrechtpassen.Darfichmeine Eindrücke zuschildernversuchen?

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Zwischen JeumontundSaint-Quentin fragte micheinFranzose:

»UndwirdJhrKaiser wirklichzuunserer Ausstellungkommen ?«Jchant- wortete,indieGedankengängeWilhelmsdesZweitenkönne der Blick des Bürgers nicht dringen;bei unswerdevielvondemWunschdesKaisersge- sprochen,durcheinenBesuchinParisdieVersöhnungzweierVölker,denen manchesKulturinteressegemeinsam ist, feierlichzubesiegeln.Ob die Stunde zusolcherwünschenswerthenVersöhnungaberschongeschlagenhabe?Da- rüber werde derKaiser wohl besserunterrichtet seinals einPrivatmann-

»Jn Pariswirdjetztgeflüstert,erwerdezugleichmit demZaren eintreffen undsichnur mitdiesemFreunde Frankreichs öffentlichzeigen,umjedeMög- lichkeiteinerunangenehmen Demonstrationzu vermeiden.« Dassei, sagte ich ohne Besinnung, sichereine alberneErfindung;schonderGedanke,den höchstenVertreter derinVersailles geeintenNationinParisalsSchützling desZaren, gewissermaßenunter fremderFlagge,geduldetzusehen,wäre eine dasdeutscheGefühlbeleidigendeZumuthung.Stolzes Selbstbewußt- sein habeandemKaiser auchdererbittertsteGegner bisher nochnichtver-

mißt;wenn eresfür angebrachthalte, nachParis zukommen,werdeer

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DerneueDreihund. 235

ohnedenGossudarNikolaus sichtbar sein.Dernebenmir in dem engen

GangedesvonRothschildnichtallzuüppigausgestattetenNordbahnwaggons rauchendeHerrmachteeinebedenklicheMiene,murmelte einverbindliches SätzchenundsprachdannvonanderenDingen.Von derAnsstellung.Sie werdepünktlichfertig sein, wahrscheinlichnochvordemvierzehntenApril, undallefrüherenan ReichhaltigkeitundPracht übertreffen.Sechsund- dkeißigEingängeaufbeidenUfernderSeine ; denHaupteingangamKon- kordienplatzwirddie Statue einerPariserin krönen,dienachderneuesten, VOUPaquin,WorthoderRedfern bestimmtenModegekleidetistunddemHeer HerBesucherzärtlichdie Armeentgegenbreitet. HundertundfünfzigKioske, MdenenZeitungen, Witzblätter,-Kataloge, Bücher,ErsrischungenundBlu- Menverkauftwerden sollen.DerSeepalastmit denWundernderMeereswelt, derRiesenglobusunddieRiesenpagode,Chåteau d’EauundPavillon de laFemme,javanischesundindo-chinesischesTheaterund das Militär- mufeumampontd’J e«naJ...»DerNamekann höchstensunsheutenochweh- müthigeErinnerungen wecken«,sagtederFranzosemitmelancholischem Lächeln;»diedeutschenBesucherwerdenin derrue desN ations denTri- Umphihrer Industrie sehen. Schon jetztmußteman in derMaschinenhalle einendeutschenKrahn verwendenundich fürchte,eswirdnichtdasletzte ZeichendeutscherUeberlegenheitsein.So weitsindwirnun. SeitJahren könnenwir keineverständigePolitik treiben,weiljeder Versucheinerkraft- VollellInitiativemit demRuf verscheuchtwird, gefälligstdochaufdieAus- stellUUgRücksichtzunehmen.Und nun? VielleichtbringtdieMesseden Pariserndieerwarteten sechzigMillionen ein, sicheraber wirdsiederWelt UnsereindustrielleRückständigkeitzeigenund denFremdeneinennochbrei- terenWeginunser Unglückliches,unterdenSegnungenderparlamentari- schenDemokratieleidendesLandbahnen«.

Saint-Quentin. ManmußsichfürdieAnkunftrüsten.DasSchnüf- feln nach verzollbaren Gegenständendauertnocheine Weile. Dann gehtes vomNordbahnhofschnellaufdieGroßenBoulevards. MansiehtvieleGe- VÜst-e,Häuserwerdenfrisch gestrichen, Straßendämme aufgerissen,neue nLeitungengelegt. Paris machtToilette. Dabeiwirdmanches werthvolle

Denkmalder altenZeit geopfert:derJndustriepalastund derWintercirkus, dasHausderKöniginHortenseund dieOpernpafsage verschwinden.Was thUts? DieAusstellungschafftfürAllesErsatz.Ueberall wirdvondemGold- strom

gesprochen,derseineSchätzebaldin die Seinewälzenwerde. An den EckendesBoulevard desltalienswird neben derneuestengrandemou-

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terie anglaisederplandel’expositi0nausgebrüllt.Und imerstenHotel- gesprächtaucht nach fünfMinutenwieder dieFrage auf: »WirdJhr Kaiser wirklichzuunsererAusstellungkommen ?«

Noch oft habe ichdieseFragegehört,auchvonsehr ernsthaftenLeuten inhohen,verantwortlichenStellungen.DieGestalt WilhelmsdesZweiten istdenFranzoseneinGegenstandneugierigerVewunderung·Sieschimpfen über denParlamentarismus undseinekorrumpirendenWirkungen,seufzen sehnsüchtignachdemstarkenMann,derendlichFäulnißundAnarchiebe- seitigenkönnte,undhabenimGrund ihresHerzensdochgar keineLust,die Republik aufzugeben.DasExperimentirlandderWeltgefchichtehat jaalle denkbarenRegirungformen schondurchprobirt;waskönnte,wassolltenun nochkommen? EinsiegreicherGeneral wärevielleicht FrankreichsHerr;

aberman hofftkaumnoch auf glänzendeSiege.Man höhntHerrnLou- bet,denunbeliebtestenallerPräsidenten,undläßtimUebrigendieDinge gehen,wie esGottunddenpolitischenGeschäftsleutengefällt.Vondem DeutschenKaiser weißman nichtviel.ErhatVismarck beseitigt:Daswer- dendieFranzosenihmnievergessen.Erzeigt,wievielihmandemBeifallder Pariserliegt: dafür sinddielängstnicht mehr Vetwöhntenihmdankbar.

Und derrhetorifcheUeberfchwangseinerReden undDepeschen,dieman nur ausUebersetzungenkennt, behagtdemPathosbedürfnißderGallier. Sie finden ihn interessant; einKaiser,vondemtäglichEtwasin denZeitungen steht!UnddieMenge möchteihngernaufderWeltausstellung sehen,andie sich,seitDreyfus begnadigtund diedreiprozentigeRenteUnterPari gesunken ist,dieHoffnungenmitverdoppelterInbrunst heften.Einclou,dernichts kostet.Unddann: wiepikantwärees,wenn WilhelmderZweiteander SeitedesPräsidenten denRochefortund Drumont Panama Premier und Loubet—1a-H0ntenennen —- über die Boulevards führe,wonochdie inDeutschlandverbotenen HeftedesRiremit der Tom-use Guillaume hängen,über denPlatz,woeinstdie Tuilerien standenundnoch früherLud- wig Capetin denKonventschritt,andemvonDåroulådeundfeinemAn- hangmitTrauerkränzenbepacktenDenkmal derStadtStraßburgvorbei!

DiebloßeVorstellung schonbeschertjedemFranzoseneinenwohligenNer- venreiz·DerKaiserwürdesicherauchin denJnvalidendomgehen,ander großartigenGrabstättedesletztenGigantenverweilen,denermit der ganzen VerachtungdesLegitimendenkorsischenParvenu genannt hat;unddann würdeereineRedehalten. AufdieseRederechnetmanbestimmt;einKatalog- verkäuferschloßseineSchilderungder zu erwartenden Herrlichkeitenmit dem

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Derneue Dreihund. 237 Satz:Etpuisnous aurons leKaiser quinous tjendra undiscours.

So denkt dieMasse,diegierig nach Sensationen langt.Obenwehtein andererWind. DieernsthaftenoderdurchdieLastderVerantwortlichkeit zuernster Betrachtung gestimmtenPolitikerwürden mitbanger Sorgeden Kaiserauf französischemBodensehen.Sie erinnernanBerezewskisAttentat aufAlexanderdenZweitenunderklären,keinefranzösischeRegirung habe dieMacht,denKaiservorpolitischgefährlichenKundgebungenzuschützen.

Wenn Dåroulåde, Rochefort, Millevohe durch hitzigeArtikeldieMenge- entflammten, seiensolcheKundgebungen immerhin möglich. Fastbis zur Gewißheitwahrscheinlichaberseies,daßdesKaisers Erscheinen, gerade weil dieAusstellung DeutschlandeinenTriumph bringen müsse,ungünstig UUfdieStimmung wirkenwerde. EinMinister sagtemir: »Wer Jhren Kaiseram Kommen hindert,erwirbtsichum dieSachederVersöhnung eingroßesVerdienst.«Undmehrals einmalhörteich: ,,NurkeinWerben, auchkeinnur scheinbares,um Frankreichs Liebe,keinErinnern,auchkein UOchso ritterliches,an dasVergangene!Eshandelt sichum eineschwer vernarbendeWunde,dieselbstderChirurgnur mitbehutsamemFingerbe- rührendarfund die unterjedemplumpenGriffwiederausbrechenkann.Ein BischenGeduld undRuhe! FürdasUebrigewerdendieEngländersorgen.«

DieEngländerwerdeninParis jetztnämlichnochmehr gehaßtalsin Berlin.Die beiFafchodaerlitteneNiederlage hatdenaltenGrollgegen die Angelsachfenwiedererweckt;und esist,alsseiin demLande, das,wie in den TagenderHeiligenLigueundderHugenotten,von innerenKämpfenum GlaubenundRecht zerrüttetwird,dieErinnerunganAzincourtlebendiger als dieanSedan. DuguesclinundJeanned’Arc werdenalsNational- helden gefeiert.Zeitungbesitzer,dieihre Auflage vergrößernwollen, häufen dieSchmähungengegenEnglandunddurchdieVorstadttheaterbrausteinBei- fallssturm,wennaufderBühnegesagtodergesungenwird, auchheutewürden, wie inClifsonsTagen, bretonifcheWölfedenKampfmit dembritischenLöwen nichtscheuen.DerFraudessüdafrikanifchenGesandtentraten Thränenins Auge,alssiesah,wieaufdenBoulevards einfacheLeuteeinanderseligzuwink- ten,wennsiein derumvierUhr erscheinendenPatrie neueMeldungenüber englischeSchlappengelesenhatten.DieTapferkeitderBuren,derenHutform ja sogarin diepariserDamenmode gekommenist,wirdin allenCouplets verherrlichtunddieaufdenMassenabsatzbedachtenRedakteure sorgenda- für, daßjedeNummer ein paar Artikel gegenEnglandsRaubgier bringt«

DieOberflächezeigtkeineSpureiner denDeutschenfeindlichenStimmung;

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dieMachtundHerrlichkeitdesjungen ReicheswirdvondenFranzosen sehr hoch unteruns: vielleichtallzu hoch geschätzt,fürdie imDreyfusfall begangenenThorheitenwirdnur derjüdischePreßeinflußverantwortlichge- machtund mit einemSeufzerentfährtdenVäterndasGeständniß, dasheranwachsendeGeschlechthabe sichmit demVerlustderProvinzenab- gefundenundsprechegelassenvondemwünschenswerthenVündniß,das FranzosenundDeutschezunützlicherKulturarbeit vereinen werde.Aberauch vonGreisen,dieauf hoherRangstufe stehen,habeichSätzewiediesegehört:

»Wir mußten1870geschlagenwerdenundmanmüßteandemErfolg jeder vaterländischenArbeitverzweifeln,wennnachderemsigenundsystematischen Vorbereitungdesvonunserer Narrheit provozirtenFeldzugesdasdeutsche Heernicht gesiegthätte.Eswar eineschmerzlicheErfahrung für uns; doch außereinemHäufleinbetriebsamer Schreierdenkt keinMensch mehrim ErnstaneineRevanche.Wirhabenganz andereHundezupeitschen.«

Diese Stimmungwird in demAugenblickumschlagen,wodieFran- zosenmerken, daßDeutschland,vondemsiedieBefreiung Europasausdem englischenJoch erhoffen,sichvonderKaufmannsschlauheitderBriten aber- malsködernläßt. Frankreich kann,mitseiner schwindendenBevölkerung- zifferundseiner rückständigenArbeitleistung,heutenichtmehralleinstehen, wenn esGroßmachtpolitiktreibenwill. DiefranzösischenPolitiker haben sichgesagt: »DeutschlandbauteineFlotte,umgegendaanselreichaufdem Meernicht längerwehrloszusein; auchwirwollen unsereFlotte verstärken und,soweitessichmit der demBesiegtenziemendenWürdeverträgt,jedes Unternehmengegen das Volkfördern,dasunseinJahrhundert langbe- kriegtundausgeraubt,dieBourbonen zurückgesührt,EgyptenunsererHerr- schaftentrissen,beijederkolonialenErwerbungunsSchwierigkeitenberei- tetundzuletztnochimSudan dienachRuhm Lechzendengedemüthigthat.

MitdiesemVolkhat auchderDeutschealteRechnungenzubegleichenz erkannnicht vergessen haben, daßnur England ihn hinderte,1714 und 1814 denElsaßwiederzugewinnen,nicht vergessenhaben,was sein Stamm durchdieStanhope, Münster, Castlereagh, Wellington, Russe.ll, GreyundKonsorten gelitten h.at«.SobalddieFranzosen einsehen, daß Deutschlandbereitist,Alles zuvergessen,um.nurja die-schonvonLothar Bucher so bitterlichverhöhnte StammverwandtschaftundWaffenbrüder- schaftmitEngland pflegenzukönnen,mußihrLebensinteressesiezuneuer Wühlarbeitgegen dasNachbarreichdrängen.Undwenndann derletzteTon derzarischenFriedensschalmeienverklungenist,kann der Dreibund entstehen,

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Derneue Dreibund. 239

mit dem die BedientenderWilhelmstraßeuns jetztschreckenwollen. Kein NikolausundkeinMichaelwirdeinenKrieg suchen,derihn zwänge,zugleich gegen dasbritischeWeltteichund gegenDeutschlandzufechten;wohlaber entsprächeesdenUeberlieferungenrussischerPolitik, ersteineprovisorische EinigungmitEnglandzuerstrebenundnachderZerstückelungdesDeutschen ReichesinAsiendenKampfgegen dievereinsamtenBritenzubeginnen.

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Unsere verhätscheltenStaatskünstler sind soüberausredselig.Sie schwärmenvonneuen Welttheilungen,bei denenDeutschland nichtzukurz kommendürfe,locken diePhantasiemit wundervollen Hoffnungen,blasen, wennsieeineärmliche,,Genugthuung«erlangt haben, stolzdieBäckchen aufundrühmensichihrer ,,nicht soganzeinfachen«Erfolge.Wie wäre es, wennsieunseinmal, noch ehedieneuen Schiffe bewilligt werden,Etwas vondemDelagoavertrag erzählten,densieso bang verbergenwie einMäg- delein desersten Fehltrittes Folgen? Dürer siedarübernicht sprechen, gut: dannmüssensieandereThatsachen anführen,diebündigdieBehaup- tung widerlegen,in derGeschichtedesjungen Reiches habeesnochnieeine Epochegegeben,dieeiner fürdieVerwirklichung deutscherWelt- politikpläneunbedingt nöthigen SchmälerungderbritischenUebermacht Und einerVersöhnungderGegnervon 1870 so günstigwar wie die des füdafrikanischenKrieges.Siemüssenuns Auskunftüberdiegeheimniß- vollenKräfte geben,die dasZarenreich bestimmen könnten,sichEnglandzu verbünden,in dem esbishermitRecht seinen gefährlichstenRivalen sah, umgegenDeutschlandzukämpfen,vondesfenLandbesitzesnichtdaskleinste Stückchenbrauchenoderauchnurersehnenkann. Wennsie auch dieseAus- kunft nicht leisten können,dannmüssensie gütigstgestatten, daßman siedie HeldenderverpaßtenGelegenheitennennt undihnen sagt,dieinihrenGe- sindestubenverhökerteMärvonderglücklichvereitelten höllischenJntrigue seidiedreistefte,aberauch dümmsteZumuthung,diejemals bisherandie

LeichtgläubigkeiterwachsenerLeutegestelltwordenist.

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240 Die Zukunft.

TommyAtkin5, IZankeesoldatund Bur.

Ia ich diese Zeilenindenersten TagendesJahres1900 niederschreibe

beinahe hätteich mich versehenund gesagt:indenerstenTagen desneuen Jahrhunderts—, so liegtessehr nah,vorAllemfestzustellen, daß, soweitindenletztenJahrengekämpftwordenist, hauptsächlichAmeri- kaner,EngländerundBuren inBetrachtkommen. Spanien scheidetaus, weilkeinewirklicheVolkstheilnahmeandemKriegevorhandenwar;seineArmee war konskribirtunddieVertheidigungderKolonien wardurchausunpopulär.

DenYankeesoldatenhabe ichinTampakennengelernt,woichdas Lagerlebenmitihmtheilte,undspäterinManila. Jchkannnur sagen, daß

ereinBurschewar, der dasHerz jedesWerbers erfreuen mußte,durchschnitt- lich nichtvielwenigeralssechs Fuß hoch,einguterZwanzigeranJahren, nüchtern,gewandtundgebräuntvonharter Thätigkeit,anjedeArtvonEnt- behrungengewöhntundvonblindemVertrauen zuseinem West-Point-Offizier erfüllt,·der ihmalsVorbilddienteundallekleinenundgroßenLeiden mit ihm theilte. DieseFeststellungenstimmenabernur inBezug aufdie»Re- gulars«derVereinigtenStaaten, durchaus nichtaufdieschleimigausgehobenen undschlechtdisziplinirten Haufen,diesich ,,Volunteers«nannten.

Jch habevielePrachtregimentergesehen,nichtnurinEngland,sondern auchinDeutschland, Rußlandundanderswo,undichnehmekeinenAnstand, zubehaupten, daß dieseRegularsinTampaMann fürMann undOfsizier für Offizier, soweitessichumLeutehandelte,dieaus derKriegsschulein West-Print hervorgegangensind,alsElementedergroßenKriegsmaschinerie vonkeinerTruppederWeltübertroffenwurden· DieZahlderVolunteers imspanisch:amerikanischenKriegewar ja großgenug wieesheißt,etwa 250000 —, aber in demFeldzugvonSantiagowaren diese Regularsder Sauerteig,derdie ganzeStreitmacht durchdrangund derverhinderte,daß,so schwachderFeindwar, derihr gegenüberstand,sie sich auflöste. Freilich, diePresse sprachmiteinerauffälligenSchiefheitdesUrtheiles man möchte beinahesagen: Verlogenheit fast ausschließlichvondenHeldenthatender politischenHeroenundsonstigenVolunteerführer,die dieKunst verstanden, sichalsHeldenzudrapiren. WennderspanischsamerikanischeKriegeinmal seinenGeschichtschreiberfindet, so dürftesichherausstellen,daßwirAmerikanerauf unser militärischesRohmaterialstolzsein dürfenunddaßdieMannschaft,die wir heuteeinstellen,tauglicher istalsjemals früherinunsererGeschichte.JnBe- zugauf persönlichenMuth hat dieserKriegkeinenFall bewiesen,wodieRegu- larsgezögerthätten,insFeuerzugehen;dagegensindmirzweiFällebekannt geworden,woVolunteer-RegimenterdasSchicksalder ganzenAngriffskolonne dadurchgefährdeten,daßsieetwaszulange überlegten,ehesiesichinBewegung

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TommhAtkins, YankeefoldatundBur. 241 setzten.Damit soll keineswegsderMuthdereinzelnenVolunteers inZweifel gezogen werden ; aber derMuthdesSoldaten istebensehrdemMuthdes Seemannesverwandt, der bei einerschwerenSee hochobendasTopsegel ZUreferhat. Dazu gehörteinefystematischgewonneneBertrautheitmit denGefahren,die zubestehensind.

· Als derKrieg ausgebrochenwar,handeltendieBehördeninWashington mchtalsMilitärs, sondernalsPolitiker; siethaten,alsobesnicht daraufan- käme,denKrieg schnellundglücklichzu Endezuführen,sondern darauf,den KriegdenInteressenderpolitischenParteien dienstbarzumachen.Der Staats- sekretärfür dasKriegswesen,derGeneralstabschef,derHöchstkommandirende Und dieSpitzenderübrigenRessorts: sieAllebeschäftigtensich hauptsächlich mit derFrage,wie dielautestenPolitiker unterzubringenseien, nichtmit der, wie diebestenMilitärsaufdierichtigenPlätzegestelltwerden könnten.Natürlichkann esvorkommen,daßEinereintüchtigerPolitikerundeinguter Heerführer zugleichist.Immerhin habenwirinAmerikaDas noch nichterlebt. Jm

lIgemeinenwurden allehohen PostenimKommando derBrigaden,Divi- sionenundArmeecorps,alleAemter, die mitderVerpflegung,demTrans- Port, derKrankenpflegeunddensonstigenKriegsbedürfnissenzuthun hatten, allPolitiker vergeben,diewenigodergarkeineErfahrunginBezug auf dieBedürfnissedesHeeres hattenundsich auch nichtdiegeringsteMühe gaben, solcheErfahrungenzusammeln.Sokames,daßdieTruppenaus demKrieg nichtwie einesiegreicheArmeevonBürgersoldaten,sondernwie einHaufevonübelzugerichtetenVagabunden zurückkehrten.Esgabkaum eineVerwaltungabtheilungdesKriegsamtes,wonicht peinlicheEnthüllungen zUbefürchtenwaren, unddaseingesetzteKomitee hattealleMühe,solche Enthüllungenzuvertuschen.EineinzigerOffizierderregulärenArmeewar so tollkühn,seineErfahrungen öffentlichpreiszugeben;zumLohn dafür erhielt

SI-einen derabscheulichstenundeinsamstenPostenandercubanischenKüste- Wir AmerikanererröthetenvorSchamüber dieHandlungweisederMänner, denen wir dieEhredesamerikanischenSoldaten anvertraut hatten.Wir waren wüthend,weiljene Politiker,diemitderGesundheitunddemLeben Unserer Krieger gespielt hatten, nichtvoreinSpezialgerichtgestelltwurden, Umsichzuverantworten. AberdaseinzigeResultatwar, daßderStaats- sekretärfürdasKriegswesengenöthigtwurde,seinenAbschiedzunehmen;die vielenAnderen,dieebensoschuldigwaren, dieihn unterstütztundebenso wieermitdempolitischenKlüngelumStellungenimVerpflegung-Departe- ment gefeilschthatten, gingen straflosaus.

Wasnun TommyAtkinsbetrifft mitdiesemNamenwird,wie be- kannt-imScherzderenglischeSoldat bezeichnet—, somöchteichglauben, daß etderamMeisten verhätschelteSoldat der ganzen Weltist. Zwar bezieht

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242 DieZukunft.

er keinedreizehnDollars monatlichwieseinamerikanischerVetter,aberer lebtinsovorzüglichenKasernen,wirdmitso zärtlicherRücksichtbehandelt, hat so reichlicheZeitzurErholungund zumSport, ist so glänzendequipirtund wirdsoreichlichgenährt,daßman glauben sollte,erhättesichübernichtszu beklagenalsüber eine zukurze Dienstzeit. Jcherinnere micheinesAbends inWoolwich,woichmitdemHauptmannDu Canedie Artillerie-Baracken besichtigteWirkamenineinen MannschaftraumundfandenNiemand da- rinalsdenSergeantenz aufdenTischen standen großeSchüsselnmitaus- gezeichnetemHammel-EurryundReis.vDerHauptmann fragte: ,,.Wo sind die"Leute?«UndderSergeantantwortete: »Sie mögendasEssen nichtund sindausgegangen,um sichetwas Anderes zuholen.« Jch kostetedasGe- richt:eswar ausgezeichnet.JederamerikanischeRegularwürde bei einem so gutenAbendbrotüberglücklichgewesensein; nicht soderverwöhnteTommy Atkins, deroffenbardieSpeisekarte nicht abwechselungreichgenugfandund dagegeninseiner Weise demonstrirte.

Esscheint, daßinderbritischenArmee große Verschiedenheitenin Bezug auf GrößeundKörperkräftederMannschaften vorhanden sind, undDas isteinnicht unwichtigerNachtheil fürdenErnstfall. Der Anblick, denRegimenterwiedieGordon-Highlandersund dielondoner Garde bieten,ist glänzend,aberimKriege istesvielwichtiger, daßalle Mann- schafteneinengewissen gleichmäßigenDurchschnitt repräsentiren.Jch habe am KapderGutenHoffnung Truppen gesehen,denenverschiedeneZollean

Körperlängeund verschiedeneJahreamAlter fehlten, ehe siealswirklich brauchbareSoldaten hättengeltenkönnen. SolcheLeuteverlängernnur die KrankenlistenundstehendenLeistungenderkriegstüchtigenMannschaftim Wege, und Das istineinemKrieggegendieBuren, wo geradedie tüchtigstenLeutetüchtiggenugsind,keineKleinigkeit.

Esist schwer,diebritischenund dieamerikanischenOffizieremit einander zuvergleichen,obgleichsie ziemlichinderselbenWeise ausgebildetwerden undderOssizier,derdieKriegsschulevon West-Print durchgemachthat, vielAehnlichkeitmitdemEngländerzeigt,derinWoolwichoder inSand- hurstausgebildetwordenist;aberderAmerikaner nimmt seinenBeruf ernst- hafter.DieamerikanischenGarnisonen liegen hauptsächlichin derNäheder mexikanischenGrenzeundda,wodieJndianergefahrdesSkalpirensund Viehraubes droht.Meistens sind diese Garnisonenklein, kaumstärkerals zweioderdreiCampagnien. EigentlicheGarnisonstädtegiebtesinAmerika nicht, daher auchkeineüppigenTischgesellschasteninKasinosoderKlubs;

undOsfiziereundMannschastenwürden inernsthafteVerlegenheitgerathen, wenn man sienach besonderemZeitvertreibodernachihren Zerstreuungenfragte.

HieunddaeineJagd:DasistdaseinzigeVergnügen,dassie haben;und

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