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Ein naturwissenschaftlichen Volksblatt Betaut-gegeben
unuE. Jl. Roßmäszler.
Wöchentlich
1Bogen. Durch alle Buchhandlungen und Postämterfür vierteljährlich
15Sgr. zu beziehen.
Inhalt:
Der14.September
1861. — DieSchachzüge
desNaturforschers.
— DerEibenbaum oderTarni-,
Tnxus bar-cata.(Mit Abbildung.)
--— WieeinVatersein
Knäbleinsehen
lehrt.VonA.
J.
Ellis.— AusHnmboldi’s Briefen
anVarnbagen.
— KleinereMittheilnngen. 1861.
»Es-DREI Der 14. September 1861. Weins-»
NHHÆZXMOIITWWWMJQONIH
Es ist
denLesern und Leserinnendieses Blattes
unver-gessen, daß für dasselbe
der14.September ein- Gedenktag ist. Der Geburtstag großer Männer ist immer geeignet in uns gute und nützliche Gedanken zu erwecken, und neben
dem11.November wird einst
der14.September,
derGeburtstag
vonAlexander
vonHumboldt, fest im Gedächtniß
desdeutschen Volkes stehen.
»Noch ist dies freilich nicht
derFall;
dennzwischen der allgemeinsten Anerkennung Humboldt’s als des größten Naturforschers seiner Zeit, welche auch im minder Gebil-
detenwurzelt,
undzwischen
derbewußten Würdigungseiner Größe
undBedeutung liegt,
daswollen wir uns nicht
ver-hehlen, noch ein langer Weg.
Unter die rüstigen Ebener dieses Weges hat sich auch unser kleines Blatt gemischt
und— werweiß
—vielleicht ist
esberufen, das Meiste dazu gethan zu haben,
dasdeutsche Volk in
denbewußten geistigen Besitz seines Hum- boldt gesetzt zu haben. Dies wird nämlich dann-der Fall sein,
wenn esdenengelingt, die sich seit meinem Aufruf im Juni 1859 in diesem Blatte verbanden,
umin ,,Hum- boldthereinen« HumboldtschenGeist im deutschen Volke wachzurufen
undso ein unvergängliches Gedächtniß
desgroßenDeutschen zu stiften
,Deren sind wahrscheinlich
nurerst noch Wenige, welche sich in diesem Augenblicke zur Reise nach Löbau rüsten,
woder
,,Deutsche Humboldt-Verein« die dritte, diesem Namen nach die erste Jahresversammlung halten wird;
denn esgalt nicht, der Vereinigung Harrenden eine Gelegenheit zur Einigung zu bieten, sondern das Bedürfniß zur Einigung, ja
dasBewußtsein daran erst zu wecken.
Aber es werden ihrer Mehre werden, wie auch die Wandergesellschaft der Deutschen Naturforscher
undAerzte, im Jahre
1822in Leipzig
vonWenigen angefangen, längst zu einer geistigenMacht angewachsen ist. Es wird, ich zweifle nicht daran, mit
denJahresversammlungen
desDeutschen Humboldt-Vereins dasselbe sein und es wird die- ser für
denKulturgang unseres Volkes eine größere Be- deutung haben, als jene Naturforscherversammlungen. Die Berechtigung zu diesem Urtheil schließt keinen Gedanken ein-
derletzteren zu nahe
tretenwollte, ja auch
nur könnte.Zwischen beiden ist
derUnterschied wie zwischen Universität
und Volksfchule und dieser zutreffende Vergleichüberhebt
mich einer Erklärung Der Fortschritt
derWissenschaften
ist unabhängig
vonden Universitäten, wie
derderNatur-
forschung
vonden berühmten Wandervetsammkungens deren
nächsteNoch in diesem Monate in Speyer bevorsteht. Die
Bildung des Volks wurzelt in
derVolksschule
undaus den
Humboldt-Vereinen soll
dienatürliche Weltanschauung
hervorgehen, welche
demVolke so weit abhanden gekom-
menist,daßsie ihm in
dergrauen Ferne
voneiner finster-
579
nißsüchtigenPartei als ein drohendes Gespenst gedeutet werden konnte.
Wenn in diesen Worten
dieAufgabe des Deutschen Humboldt-Vereines ausgedrücktist, so bezeichnensie zu- gleich dessenStellung als eine kämpfende,so daß
erberufen erscheint in
demgeistigenBesreiungskampfe eine hervor- ragende, ja die vorderste Stelle einzunehmen.
Wie sehr
oderwie wenig das so ausgefaßte Streben des Humboldt-Vereins im Einklang stehe mit
derOrdnung
derStaaten und mit
deminnernFrieden des Einzelnen, dafür sei Euch, liebe Leser und Leserinnen, die Jhr schon in
580 längererFolge unserem Blatte mit eingehendemVerständniß ergeben sein, eben unser Blatt selbst ein Maaßstab, denn
eshat auf keiner Zeile eben dieses Streben verleugnet-
Prüfet, prüfet streng und sorgfältig. prüfet heute
anHumboldt's Geburtstage, ob unserem Blattte der furcht- bare Vorwurf, der furchtbarste, der gemacht werden kann, der Vorwurf der Jrrlehre ins offene Angesicht ge- schleudert werden dürfe, wie es
voneiner Partei geschieht, welche die Quelle der geistigen und sittlichen Befriedigung anderswo sucht, als
wosie allein gesucht werden kann: in der Erkenntniß und im Rechtthun.
W
Yie Hchachzüge des glaturforschers.
Wer eins der vielen gutennaturwissenschaftlichen Volks- bücher zur Hand nimmt,
andenen die deutsche, englische
undfranzösische Literatur so reich ist,
umin denselben
dengegenwärtigen Stand
derWissenschaft und deren Ergebnisse kennen zu lernen,
dermag wohl selten
darandenken, welch lange
undmühsame Wege
derNaturforscher gegangen ist,
umzu
diesenErgebnissen zu gelangen, welche ihm jetzt so mundrecht
und vonveranschaulichenden Abbildungen be- gleitet, dargereicht
werden. Wenn manLehre oft geistige Speise genannt hat, so kann jetzt auch nichts Beleidigendes für sie darin liegen,
wennwir die wissenschaftliche Volks- literatur mit einem reichbesetztenMahle vergleichen, bei dem
manauch nicht
andie Zubereitung desselben in der Küche denkt.
Immerhin aber dürfte
manein anderes Gleichniß würdiger finden. Jch habe
esaneinem
anderenOrte in beschränkterAnwendung auf
denWaldbau
infolgenden Worten angewendet. »Der Waldbau ist in
derThat ein großartigesGeduldspiel·,
derFörster steht
derNatur gegen- über
undbeide tauschen ihre bedächtigen Schachzüge aus, so bedächtig,daß der Erstere oft darüber stirbt, ehe sein Gegenpart durch einen maßgebendenGegenzug geant-
wortethat«
Wer
desberühmtenmorgenländischen Spieles unkundig
—
für welches eigentlich zwischen Spiel
undGeistesarbeit noch ein Mittelwort erfunden
werdenmüßte
—zwei Schach- spielern zusieht, wie sie regungslos auf die Stellung ihrer Figuren sehen und oft einelange Zeit vergeht, ehe der Eine
denwohlüberlegtenZug thut, so denkt
eramwenigsten daran, daß zwischendiesenSchachspielern
undeinem Natur- forscher gegenüber
derNatur eine auffallende Aehnlichkeit ststtsindet Wenn
dasletzteZiel
desSchachspielers ist:
semen Gegner zu überwinden, so ist jeder einzelneZug eine
h·eVaUstVF-ernde Frage
anihn. Beide verschleiern gegen SIUUPVSV Ihre Pläne
undAbsichten; zwischenjenen Beiden ist MS Wemgstens der Fall aufSeiten
derNatur, während auch derNetUrfortchek ebenso wie
derSchachspieler zahl- reiche UNDERnd Züge thut,
umzu
dementscheidenden Zuge zu gelangen,
»Versuchen MUS» m) Ruck-folgenden die Schachzüge
desNaturforschers zU WdelgeU
Undwir werden-sehen, daß
erselten leichtes Spiel hat.
Im Grunde besteht das»Ve«rfahren
desNaturforschers, freilich
nurdessen,
demes Wllskllch
UmForschen
zuthun ist, darin, daß
erandie Natur
einelogisch zusammenhängende Reihe
vonFragen richtet, auf welche die Natur antworten Muß. Hierbei wird
manfreilich
andas biblische Wort
er-innert, daß ein Narr leicht mehr fragen als ein Weiser beantworten kann. Eine Antwort verweigert die Natur auf keine Frage; die Antwort kann aber
nurdann richtig sein,
wenndie Frage richtig gestellt, unzweideutig aufDas gerichtet
war,was sie wissen wollte. Jahrzehnte lang haben naturwissenschaftlicheLehren gegolten, die sich später als Jrrlehren erwiesen, als
mandahinter kam, daß die Frage, auf welche jene Lehre die Antwort
war,falsch ge- stellt gewesen
war.Wer sich dieses Verhältniß klar gemacht hat,
demgewährt
esvielleicht gleich mir ein eigenes Ver- gnügen,
wenn ersich die Situation folgendermaßen
vor-stellt. Jm Mittelpunkt ihrer Schöpfungensitzt die thro- nende Physis Und
vonallen Seiten kommen die Forscher herzu und wollen wissen, was sie
unterihrem Schleier
ver-hüllt. Jhr ernster aber doch auch mütterlich milder Blick scheint Jenen
zusagen:
»nun,fragt
zu,ich bin bereit, euch
zu antworten-«Und
dasFragen beginnt. Um ihr hehres Antlitz spielt bald die Miene
desEinverständnisses, bald
deslächelnden Tadels. Das Letztere will sagen: ,,hüte dich, meine jetzige Antwort für baare Münze zu nehmen!
ich konnte dir keine echtegeben, weil deine Frage falsch
war.-«Das Verhältnißist wirklich so, wie es diesescherzhafte Auffassung wiedergiebt. Der wissenschaftlicheJrrthum, hervorgegangen
auseiner richtig scheinenden
unddoch fal- schenFrage, gilt lange Zeit für Wahrheit, auf welche
manein ganzes Gebäude
vonFolgelehren stellt. Da sindet ein Anderer, vielleicht blos zufällig
undgelegentlich
,oft aber auch durch scharfes Nachdenken die richtige Frage
—- undmit dem Fundamente sinkt das ganze Gebäude zusammen;
einige Dutzend Lehrbücher veralten in diesem
oderjenem Abschnitte so plötzlich, wie
mansagt daß in einer Nacht
derAngst
unddes Kummers blonde Locken ergrauen können.
Freilich ist
dasgroße Gebiet
derNaturforschung nicht überall ein so gedankenreichesSchachspiel, nämlich in
allenden Theilen,
woes sich blos
umUnterscheidung und Be- schreibung klar
vorAugen liegender,
wennauch mikro- skopisch kleiner Körper handelt.
Dagegen ist
derTheil jenes weiten Gebietes der bei weitem größere,
woes der Forscher mit wechselnden Er- scheinungen, mit verwickelten Stoffverbindungen, also mit Zahl, Maaß und Gewicht, mit Qualität Und Quantität zu thun hat,
woerein Endergebniß rückwärts durch eine lange Kette
vonBewegungserscheinungen
undUmsetzungen
derStoffe zu verfolgen hat.
«Der denkende Landmann bringt dem Chemiker eine
Probe seines Bodens
,.dessen Einflußauf seine ackerbau-
lichen Arbeiten ihm unlösbareRäthsel aufgiebt. Er staunt
581
über
dasunverständlicheChaos
vonGeräthen
undGe- fäßen
undWerkzeugen in
derchemischenKüche, die ihn
anDoktor Faust und
andie Goldmacher alter Zeiten erinnert.
»Was für eine Analyse Jhres Bodens wollen Sie
dennhaben. eine qualitative
odereine quantitative?«fragt ihn der Ehemiker.
»Das weiß ich nicht,« lautet die Antwort, »ich will genau wissen, was drin steckt.«
,,Also eine quantitative.«
»Wenn
dasso viel wie genauer heißt,ja.
Nach einiger Zeit kommt der Bauer wieder. Er sindet
denChemiker mit seinem Boden beschäftigt,wenigstens sagt es ihm dieser,
dennin
dernunganz anders aussehen-
denErde würde
erdie seinige nicht wieder erkannt haben.
Staunend sieht
erdenArbeiten zu. Wohl ein Dutzend Fläschchen, zum Theil numerirt
odermit Namenzettelchen versehen, mit verschieden gefärbtenFlüssigkeitengefüllt, porzellanene Schälchen mit verschiedenenhellen Pulvern, anderes klebt auf fächerartig zusammengefaltetenPapierchen Auf einer Wange, die für so kleine Mengen viel zu groß zu sein scheint,wägt
derstille Mann winzige Bischen
undgleicht
denStand
desZüngleins mit silbernen Draht- stückchen aus, die
erüber
denWaagebalken hängt.
M
582
»Ei, das machtja viele Mühe!« sagt der Bauer.
Ja,
vorallen machen chemische Untersuchungen viel Mühe! Und
nunerst,
wennsichdieselben
anphysiologische Untersuchungenanknüpfen,
womanes mit
denschranken- los verbindungsfähigenorganischen Elementen Sauer-, Wasser-, Kohlen-
undStickstoss,
denChamäleonen
derAtomenwelt, zu schaffenhat.
Seit 1840,
woLiebig durch sein Buch »dieorganische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur
undPhysio- logie«Fehdebrief, -Zankapfel"und Brandfackel zugleich in das Lager
derLandwirthe warf, bis heute sind noch lange alle Räthsel
desPflanzenlebens und mithin die Aufgaben des Pflanzenbaues nicht gelöst. Jahrzehnte forscht
mannach den feineren Borgängenin
demverdauenden Thier- magen.
Und so sind viele Fragen noch nicht gelöst,obgleich das darauf abzielendeSchachspiel seit langer Zeit im Gange ist, weil eben die rechte Frage,
derentscheidende Zug noch nicht gethan ist.
Gerade heute erinnern wir uns hierau, denn Alex
a nder vonHumboldt hat viele solcheSchachpartien begonnen
unddurch klug angelegten Plan
denweiter Spielenden einen siegreichenAusgang vorbereitet.
.-
Yel oslbenbllum oder TMXUA Taxus bewegun-
Wenn wir die deutschen Waldungen durchmustern,
umzu erfahren, wie viele verschiedene Baum- und Strauch-
artenes seien, aus
denen erbesteht, so finden wir deren keine große Zahl, und auch
vondiesen wenigen ist es wiederum
nurdie Minderzahl, wodurch der Hauptbestand
desdeutschen Waldes gebildet wird.
Der Forstmann unterscheidet hiernach h errsch
e ndeHolzarten und versteht
unterdiesen solche, welche für sich allein im Stande sind, ganze Waldbestände
zubilden, die
alsdannrein
eBestände genanntwerden,
oderwenigstens in
derVermischung mit
anderndurch ihre vorwaltende Menge diese gewissermaaßen beherrschen. Nach drei
ver-schiedenenRücksichten sindet
mandas deutscheWaldgebiet
an
diese herrschenden Baumarten vertheilt: je nach
derBe- schaffenheit
desBodens, nach
derHöhenlage über
demMeeresspiegel
undnach
dergeographischenLänge und Breite. Berücksichtigen wir diese Verschiedenheit,so wür-
denwir bei einer Waldwanderung durch Deutschland
—dieses in seiner weitesten Ausdehnung aufgefaßt
—sin- den, daß
derBegriff
derherrschenden Baumart nicht ein absoluter, sondern ein relativer ist,
d.h. daß eine Baumart
aneinem Orte
nureine sehr untergeordnete Rolle spielt, während sie
aneinem andern im vollsten Maaße eine herrschendeist.
Wenn wir mit unseren Gedanken in diesemAugenblicke in Mitteldeutschland bleiben wollen, sv sind hierherrschende Holzarten
nurdie Fichte, die Tanne,
dieKiefer, die Eiche
unddie Buche. Es kommen einige
anderezwar auch in großerMenge vor, aber nicht in dem Sinneals herrschende Bäume wie die genannten,
vonwelchen die Eiche auch
nurmit
derBeschränkung ein herrschender Baum genannt
wer-den
darf- daß sie in Mitteldeutschlandwohl nirgends mehr reine Hochwaldbestände bildet nnd noch weniger in der Zu- kunft bilden wird, da
manin
neuererZeit es als zweck-
mäßigergefunden hat gemischte,
alsreineEichenbestände zu erziehen·
Wenden wir uns
vonden herrschenden Bäumen zu deren Gegensatze,
denwir untergeordnete Bäume
nennenwollen, und verbreiten wir uns wieder über das ganze Deutschland, so finden wir deren Zahl,
wennwir
nament-lich dabei auch die Sträucher
biszuden Weiden
undSchwarzdornen herab, mit begreifen, bedeutend größer
alsdie
derherrschenden Bäume. Unter diesen untergeordneten Baumarten ist
derEibenbaum,
der unsmit seinem lateinischen Namen Taxus, wie ihn schon Cäsar nannte, allerdings bekannter ist,
vonganz besonderemInteresse.
Wohl nirgends in ganz Deutschland kommt
eranders als vereinzelt
vorundin vielen Fällen
nurabsichtlich
an-gebaut
undgehegt oder als geschonter Ueberrest
ausalter Zeit; ja die meisten meiner Leser werden
denEibenbaum,
derunzweifelhaft ein deutscher Baum ist, noch niemals als ursprünglichenWaldessohn, sondern
nurgepflegt in der Nähe der menschlichenWohnungen gesehen haben.
Nicht Wenigen wird
erselbst ganz unbekannt sein,
undnurerinnetlich aus
denWerken unserer Dichter, namentlich als ,,dunkle Taxuswand« in Schilleks ,,Ewartung«.
Es ist schwer zu entscheiden und mit Zuverlässigkeit
nachzuweisen, ob
derTaxus in früherenJahrtausenden,
denn Jahrhunderte sind hier zu kurzeZeiträume,wirklich,
wie Manche annehmen, einen großenTheil gehabt habe
an derBildung
derdurch einigerömischeSchriftsteller so be-
rühmt gewordenen unermeßlichen Waldungen, welche
dendeutschen Boden ehemals verhüllten. Wenn wir aus be-
greiflichen Gründen diese Frage auch dahin gestellt sein
lassenmüssen,so ist doch so viel gewiß,daß
derEibenbaum
auch dem Kenner des Waldes
denEindruck eines ausster-
benden, vielleichtfrüher einmal mächtiggewesenen Ge-
schlechtesmacht.
583
Sehen wir uns in
denforstlichen
undforstbotanischen Schriften
um,umzu erfahren
woundob überhauptirgend
woder Taxus in einiger Häusigkeitangetroffen werde, so stoßen wir meist auf unbestimmte Angaben, und
nament-lich sinden wir
dann undwannSibirien als dasjenige Ge- biet genannt,
woderTaxus vorzugsweiseheimischsein soll.
Aus
derZahl
derWaldbäume,
d.h. derjenigen,welche
derForstmann zu Waldbeständen erzieht, ist
erganz
undgar gestrichen worden, obgleichsein Holz zu den schönsten, festesten
unddichtesten gehört, die auf deutschem Boden
wachsen.
.Wenn wir
von denkleineren Taxusbäumen,mehr noch Taxusbüschenabsehen, welche wir in unseren Parkanlagen finden,
unddie so lange Zeit
vonder altfranzösischen Gartenkunst gemißhandelt worden sind, so begegnen wir meistentheils bizarren, abenteuerlichen Gestalten, denen
manein hohes Alter ansehen zu müssen glaubt, obgleich ihre Stämme keine ansehnliche Dicke haben. Etwas aber sieht
mandiesenfast immer in unzweifelhafterWeise
an,etwas,
wasdem Eibenbaume eben seinbesonderesInteresse giebt, welches wir ein geschichtliches
nennenmöchten:daß
ernäm- lich außerordentlich langsam wächst. Woran
manihm dies ansieht, ohne sein Jnneres zu untersuchen,
wodie große Zahl und Feinheit
derJahrringe freilich bald entscheidet, ist schwer mit kurzen Worten zu sagen. Der Hauptgrund, weshalb
maneinen Taxusbaurn für sehr
althält, liegt darin, daß
manihm ansehen
zumüssen glaubt, seine Ge- stalt sei
dasProdukt
eineslangen
undharten Kampfes mit widerwärtigenLebensverhältnissen;
essieht
aus alshabe
erlange
undheiß gerungen einBaum zu
werden wiedie neben ihm stehende, nadelverwandte Tanne
undwennwir ihn prüfend und erwägendanschauen, so wissen wir oft nicht, ob wir ihn einen übelgerathenen Baum oder einen riesigen Busch
nennensollen. Jst
nunein solcher Epigone obendrein ein männliches Exemplar (der Taxus ist nämlich getrennten Geschlechts), so
könnenwirglauben,
ersei
be-reits
zu «altumnoch fruchtbar sein
zukönnen, weil wir seine unscheinbaren Blüthchen
umso weniger bemerken, weil sie auf
derUnterseite seiner Triebe verstecktsind. Um das Antike, Räthfelhafte des Eibenbaumes zu vermehren, so kommt noch hinzu, daß
ermeist sehr schlechtgekannt ist.
Man wirft ihn in
denunbehaglichen großen Topf der Nadelhölzer (mit denen
erzwar
verwandtist aber doch nicht in deren Familie.gehört), und oft wird
erfür die Tanne gehalten,
vonder
maneinmal gehört hat, daß sie breitgedrückte Nadeln haben soll.
Beim Anblick eines alten Taxusbaumes werden wir -lebhast
an denAusspruch des schwedischen Botanikers
Agardh erinnert: »Wenn in
derPflanze mit jedem Son- .nenjahre sich
neueTheile erzeugen
unddie älteren, erhär-
teten
durch
neue,der Sastführung fähigeersetzt werden, so Entsteht das Bild eines Wachsthums, welches
nurdurch
aUi·32ke·U"rsachen begrenzt wird,« und zwar
umso mfhk
wird man andiesen Ausspruch erinnert, weil
mankelnem UNDER-deutschen Waldbäume sosehr wie dem Taxus einen,
Manmöchte sagen: bewußtenKampf gegen diese Ursachen anschij müssenglaubt. Ein ziemlich starker Ast,
dersich WEIUSET durch seine Dicke als durch
andereKennzeichen als ein feHr alter-
zuerkennen giebt, trägt oft
nur aneinigen seiner außerstenSpitzen schwächliche Triebe, als Vorposten des hattbedkängten inneren Lebens, die sich mühseligbehaupten Und dFUIWch Zengniß davon ablegen, daß auch im Greise die ewig
lunseschöpfetische Kraft noch nicht erstorben ist.
Brauche ich nach diesen Andeutungen
eserst noch
zuerklären
und zurechtfertigen, daß ich in dieser Nummer
.-... --«-.-.---.-»-.- —.»
584
unseres Blattes, welche in
derWoche
woHumboldt’s Ge- burtstag fällt ausgegeben wird,
ausdemgroßen Gebiete, auf welchem ich wählen konnte, den Taxus gewählthabe?
Was
nundie botanischenKennzeichen
desEibenbaumes betrifft, so ist zunächst zu erwähnen, daß
ereiner kleinen Pflanzenfamilie,
denEibengewächsen,Taxineen, seinen Namen giebt, welche sich verwandtschaftlich ziemlich dicht neben die Familie
derZapfenbäume(wohin Kiefern, Fich-
tenundTannen gehören) stellt, wobei
vonSeiten dieser
derWachholder (Juniperus) durch seine fleischige Beere zu- nächst neben dem Eibenbaum steht. Wir haben schon ge- hört, daß dieser getrennten Geschlechts oder zweihäusig, diöcisch,ist, d. h. daß der eine Baum blos Blüthen mit Staubgefäßen, ein anderer blos solche mit Pistillen hat.
Wir sehen auf unserem Holzfchnitte einen kleinen Zweig
voneinem männlichen Baume (1)
und daruntereine Triebspitze mit zwei Früchten, also
voneinem weiblichen Baume (2).
.Die männlichen sowohl wie die weiblichen Blüthen sind höchst einfach gebildet und namentlich haben die erste-
ren
Aehnlichkeit mit
denender Zapfenbäume. Wir sehen in Figur
3in schwacherVergrößerung eine noch geschlos- sene männlicheBlüthenknospe
undin Figur
4etwain vierfacher Vergrößerung zwei männliche Blüthenkätzchem
daseine (links)
vordemAufspringen
derStaubbeutel, das
andere(rechts) nachdem die Staubbeutel aufgesprungen sind
undsich
desBlüthenstaubs
entleerthaben.
Was denBau dieses Blüthenkätzchens betrifft, so sehen wir, daß dasselbe
in«einerkleinen, einer Hyacinthentraube ähnlichen(beson-
dersFig. 4, rechts) auf einem kurzen, dicken Stiel stehen- den, im geschlossenenStaubbeutelzustande kugelförmigen Anhäufung
vonStaubgefäßen besteht. Die einzelnen Staubgefäßesind zu je
5bis
6blumenähnlich
umeinen Mittelpunkt gestellt, während die
5bis
6zugehörigen Staubfäden
zueinem kurzen Stielchen verwachsen sind (4
und6). Nachdem in
denStaubbeuteln
derBlüthenstaub reif geworden ist, springt ihre Haut auf und, indem
derBlüthenstaub ausgeschüttet
undden Winden
anvertrautwird, nimmt das männlicheBlüthchen,
vonderSeite ge- sehen, die Gestalt
vonFig.
5an.Fast noch einfacherist die weibliche Blüthe gebaut.
Sie bestehtäußerlichebenfalls aus umhüllendenKnospen- schuppen, welche einen schlauchförmigen, mit seiner Spitze über sie hervorragenden schuppigenKelch umschließen,
dereinen einzigen kugelförmigenFruchtknoten umgiebt. Wir sehen dies in Figur
7besonders deutlich rechts,
andemderLänge nach gespaltenen, schwachvergrößerten,einblüthigen.
weiblichen Blüthenzäpfchen, während die linke Figur uns dessen Ansicht
vonaußen darstellt.
Nachdem bei
derBefruchtung durch die obere Kelchöff- nung
derBlüthenstaub auf die Narbe
desFruchtknotens getreten ist, beginnt die Entwickelung
desnureinen in die- sem enthaltenen Ei’chens, welche damit endet, daß
einescharlachrothe,schleimigsaftige Beete daraus wird, welche
amGrunde
von denzurückgedrängten Schuppen umgeben ist, währendsie oben eine weite Oeffnung zeigt, nUf deren Grunde
mandas tiefschwarze Saamenkorn sieht (Fig. 2).
Die fleischigeUmhüllung ist
derumgewandelte, allmälig viel größer gewordene Kelch. Den
innerenBau einer Eibenfrucht zeigt
unsFigur 8, welche
unseine solche im senkrechtenDurchschnitt darstellt. Inl- innersten Mittel- punkte sehen wir den,
von demnnsehnllchen Eiweißkörper umhüllten Keim
undumdiesen
WHüllen,
vondenendie äußersteschwarz ist. Und endlich sehen wir zu äußerst die fleischige,
ausdemKelch gewordene Hülle.
Diese Fruchtform,
diemanmit dem gewöhnlichen
585
Sprachgebrauche unbedenklich eine Beere
nennenwürde, die sie aber nicht ist, weil sie nicht blos aus
demFruchtknoten hervorgegangen ist, wird eben deshalb mit
dembesonderen Namen Beerenzapfen,galbulus, bezeichnet
Was die Gestalt
undStellung
derBlätter,
oderviel- mehr
derNadeln, betrifft, so erhält durch beides
derTaxus allerdings einige Aehnlichkeit mit
derTanne, denn sie sind
anden Trieben ziemlich ebenso deutlich, einer Federfahne ähnlich,zweiseitiggerichtet,
undsind auf der Oberseiteeben- so glänzend und dunkelgrün, wie bei der Tanne. Sie
un-586
möglich,
wenn mannamentlich in jenem ein sruchttragen- des Exemplar mit den prächtigenscharlachrothen Beeren
vorsichhat. Jedoch auch ohne diesefeinen, aber
umdesto sichererenUnterscheidungsmerkmale erkennt
manden Taxus doch leicht schon durch seinen Habitus,
daerwederdie
re-gelmäßigePyramidengestalt, noch die streng durchgeführte Quirlftellung der Triebe hat. An einem großenTaxus- buscheist
esim Gegentheil schwer, eine regelmäßige Trieb-
undZweigsteliungaufzusinden
;eristaußerordentlich reich und dicht verzweigt
undbildet darum eine dichte, schattige Krone.
—1
O
10 11
Elbe oder
Triqu
Taxusbaceatm
1.
Männlicher Zweig
mitBlüthenkätzchen;·
—- 2.weibliche Triebspitze
mit2reifen Beerenz
— 3-männliche Blüthenknospe;
— 4.rnännliches Blüthenkätzchen
vornndnach
derOeffnung
derStaubbeutel;
—5,
6.einSitanbgefäß-Bündel nach
nndvokdemAufiprtngen
der9·Staubbeutel-, Taxusnadelz
——-7·10.weibliches Tannennadelz Blüthenzapfchen
— 11.Fischtennadel;
vonaußen
danebenundsenkrechtgespsiklcnz
dieFiguren
des—Querschnitts 8z reife Beere ebenso;
—terscheidensich aber durch eine gelbgrüne Unterseite und eine einfacheSpitze, während die Tannennadel nnterseits hell blaugriin ist und in zwei zusammengeneigteSpitzchen endet. Dazu kommt noch, daß die Taxusnadeln einen
etwasschärfekn Rand haben
undin
derRegel auch nicht
ganzso parallelseitig sind. Wir sehen dies
anFigur
9und 10, einer Taxus- und einer Tannennadel,v denen links die Figuren des Querschnittes und inFigur
11zur Ver- gleichung auch noch die Fichtemkadel hinzugefügtist.
,Eine Vet«wechselung
desEibenbaumes mit
derTanne oder irgend einem anderen Nadelbaume ist hiernach nicht
Das Wachsthum des Eibenbaumes geht sv Iangsam
vonStatten, daß ein
30bis
40Fuß hoher Baum kaum über
1Fuß im Durchmesser stark ist, welche geringe Höhe
undStärke
erin der Regel dennoch erst
ineinem Alter
von100 Jahren erreicht. Der Eibenbaum ist sehr dazu geneigt, seinen Stamm in zahlreiche, nie sehr stark werdende, weit- ausgreifende Aeste zu theilen und dadurch buschig zu
wer-den. Um ihm noch mehr das Ansehen
desAlters zu
ge-ben« dazuträgt die düsterrothbraune, der Länge nach in häutigeFetzen aufreißende Rinde bei.
Jn Deutschland gehört
derTaxus entschieden zu
den-I
——.-—·—- - —·—,—P—-———-
l
!
587jenigen Bäumen, welche das höchste Alter erreichen, wäh-
renderderjenige
vonihnen ist, welcher dabei
amkleinsten bleibt. Theils durch unmittelbare Zählung
derJahres- ringe gefällter Bäume, theils durch Schätzung noch stehen- der nach
derdurchschnittlichen Breite
derJahresringe, hat
man
das Alter vieler berühmterTaxusbäume bestimmt.
Man nimmt
an,daß in
denersten
150Jahren die Breite
derJahreelagen etwas mehr als eine-Linie beträgt, in höherem Alter dagegen immer geringer wird. Nach diesem Durchschnittsverhältniß müßten z. B. die Taxusbäume
der altenAbtei Fontaine
beiRippon in Yorkshire, die schon
1133bekannt
waren undim Jahre
1770etwa1214Linien im Durchmesser hatten, über
1200Jahre alt sein. Die auf
demKirchhof zu Crow-Hurst in
derGrafschaft Surrey maßen
1660nach Evelyn 1287Linien. Sie müssenjetzt,
dasie noch stehen,
1450Jahre alt sein. Der Taxus
vonFotheringhull in Schottland maß im Jahre 1"770
unge-fähr 2588 Linien,
Undwaralso
25bis
2600Jahre alt- Der Taxus auf dem Kirchhof zu Braburn in Kent
war 1660 etwa2880Linien dick,
undist also,
daernoch steht,
3000Jahre alt.
Der Taxus steht schon seit langer Zeitin dem Geruche
derGiftigkeit,
undschonJulius Cäsar erzählt,daß sich der Gallier Catavulcus durch
denEibenbaum entleibt habe.
588
Neuere Versuche haben aber seine Ehre insoweit gerettet, daß seine
ammeisten einladenden
unddaher,
wennsie giftig wären,
ammeisten gefahrdrohendenzuckersüßen Bee-
ren, wenn mandie bitteren Saamenkörner nicht mit ißt, unschädlichbefunden worden sind. Hiermit soll keineswegs die nafchhafte Kinderwelt eingeladen werden. die leckeren Beeren zu kosten; wohl aber sind hierdurch Eltern
undLehrer aufgefordert, denen die Gelegenheit geboten ist.
ansich selbst durch vorsichtige Versuche festzustellen, ob die
neuere
Behauptung
derUnschädlichkeit wirklich begründet
sei
odernicht.
Verarbeitetes Taxusholz bekommt
man derSeltenheit wegen
nurwenig zu sehen. Es hat im Aussehen viel Aehnlichkeit mit dem Knieholze, welches uns durch die niedlichen Drechslerwaaren des Riesengebirges bekannt ist. Es ist sehr dicht und sein, besteht gleich
demechten Koniferenholze (1860, Nr. 39, S. 618Fig.8) lediglich aus Holzzellen ohne Gefäße
undes fehlen ihm selbst die Harz- poren, die allen Nadelhölzern mit Ausnahme
desTannen-·
holzes zukommen. Die Farbe
desKernholzes ist ein leb- haftes Fuchsroth, während
derSplint weiß
odergelblich ist. Das Taxusholz ist schwer spaltbar
undaußerordentlich dauerhaft.
W————
Lilie ein Vater sein Knäbleinsehenlehrt.
Nach
U.U. Blitz
Nachfolgendes ist
einerenglischenKinderschrist entlehnt, welche wenig verbreitet sein wird, so daß ich hoffen darf, meinen Lesern
etwas Neues zubieten
undbesonders
denennicht unlieb damit zu kommen, welche ihre Kindlein selber
indie Natur
undihre Erkenntniß zu führenstreben.
Jm Verlauf der Geschichte ist vorher schon erzählt worden, wie der Knabe in einen dunklen Keller gerathen, anfänglich gar nichts, später aber ziemlich alle Gegenstände im Dunkeln habe unterscheiden können. Jetzt sitzt Herr Brown
amFenster
undliest Zeitungen. Es wird Abend, und Vater und Söhnchen müssen Bücher
undJournale zur Seite legen. Jch erinnere michjetzt, sagte Herr Brown, daß ich dir eine Erklärung schuldig bin. Komm her
undspringe auf meinen Schooß. So recht. Jetzt guck genau in meine Augen.
·
Karl sah in die Augen seines Vaters,
wardaber nichts AUßetgewöhnliches gewahr.
Siehst Du wohl einen schwarzen Kreis in
derMitte des Auges?
Oja,abereri
er ro,Wie groß ist erst? sh g ß
—Nun,
etscheint fast den ganzen dunklen Theil Deines Auges auszufullen.
Ganz recht. Das wird für jetzt genug sein. Jetzt spring herunter und besorge ein Licht. Karl besorgte ein Licht. Das Hausmädchen schloß
dieLaden
undzog die Vorhänge zusammen Und das Zimmer blicktehell
undheiter.
Herr Brown setztesich
andenTisch
undlas seine Zeitung weiter. Karl wunderte sich- VZakUm
erin seine Augen hatte sehen müssen, aber sem Papa ließ sich nicht stören.
Nach einer Viertelstunde legte
erwieder sein Blatt
fort
undsagte: Jetzt, Karl,
kommher
undgucknoch einmal in meine Augen. Findest Du etwas
anders?Jawohl, Papa,
derschwarzeFleckscheinfviel kleiner.
Darauf wollte ich Dich eben aufmerksam machen. Als ich mich abmühte, bei schlechterBeleuchtung, bei wenig Licht zu lesen,
war derschwarzeFleck sehr groß. Jetzt habe ich bei viel bessererBeleuchtung, bei viel mehr Licht gelesen
und derKreis ist wieder enger. Wenn Du aus einem dunklen Ort
andasvolleTageslicht kommst, wirst Du finden, daß
dasLicht Dich schmerzlichberührt, Du wirst Deine Augen schließen müssen. Jch will Dir sagen,
warum.Dieser schwarze Kreis, welchen Du siehst, ist
derEingang, durch welchen
dasLicht in’s Augehineinkommt;
nun, wenn
dieserEingang weiter gemacht wird dringt ein gut Theil mehr Licht hinein, wie mehr Licht zum Fenster hereinscheint, je weiter die Laden geöffnet sind. Wenn wir diesen kleinen·schwarzenKreis, welcher die Pupille heißt, nach unserm Gutdünken selbst öffnen,
oderschließen- .erweitern
oderverengern sollten, würden wir oft vergessen-
glaub’ich, es in angemessenerWeise zu thun, und unsere Augen würden manchmal zu viel Licht haben. Aber das Auge ist so
wundervollgebildet, daß die Pupille sich selber verengt
underweitert,
wennwir ihr
nurZeit lassen. Bei überflüssigemLicht schließtsie sichmehr und mehr, bei min-
dererHelligkeit thut sie sich
umso weiter auf. Aber
wennDu sehr schnell
auseinem dunklen Orte,
wosie sehr weit geöffnetgewesen, an’s volle Tageslicht kommst, verengt sie sichnicht schnell genug, Du merkst elIZ schmetzhaftes Gefühl
und
bist froh, Lieder
undalles schlleßen zu können. So erschien Dir,
alsDu neulich vin den Keller geriethest,
an-fänglich
allesstocksinster, weil die Pupille Dei-les Auges
sich noch nicht weit genug geöffnet hatte; aber nachdem Du
589
einige Zeit drinnen gesessenhattest, öffnete sie sich so weit, daß ein gut Theil Licht mehr Eingang finden konnte,
undDu sahest alles viel besser.
Ietzt versteheich, sagte Karl mit heller Freude im
590
Blick; diekleine Pupille wird weiter
oderenger,wenn’s dunkler
oderheller, wenig
oderviel Licht
um unsscheint.
g o.
w
Insektenzwitter
Zu
densonderbarsten Erscheinungen im Bereiche
derThierwelt gehören die allerdings
nurselten vorkommenden Insektenzwitter, d. h· solcheInsekten, bei welchen eine Ver- schmelzung
desweiblichen
undmännlichenGeschlechtsstatt-·
findet- Diese Verschmelzung spricht sich namentlich hier nicht lediglich
anden Geschlechtswerkzeugen ans, sondern im ganzen Bau des Thieres. Wenn immerhin solche In- sektenzwitter
zuden großenSeltenheiten gehören
—— essind
davon nurerst überhaupt
119Fälle bekannt
—so sind sie doch bei
denInsekten häufiger, als bei den anderen Thier- klassen beobachtet worden. Der Grund hiervon, daß Zwitter bei Insekten häufiger aufgefunden
wordensind,
alsin
anderenThierklassen, liegt wahrscheinlich nicht so- wohl darin. daß sie bei jenen häufiger vorkommen,
alsvielmehr in dem Umstande, daß sie bei den Insekten leichter in das Auge fallen. Die Ursache zu dieser leichteren Bemerkbarkeit ist die große Gestalt-
undsonstigeVerschie- denheit, welche bei vielen Insektenarten zwischen
demmänn- lichen
undweiblichen Geschlechtestattfindet; wir erinnern uns
andie großen, geweihähnlichenOberkiefer
desmänn-·
lichen Hirschkäferswelche beim Weibchen die sonst gewöhn- liche Gestalt
undGröße nicht übersteigen;
wirerinnern uns .ferner
andie
denObstbäumen so schädlichen Frostschmet-
terlinge,
vondenen
nurdie Männchen normal ausgebildete Flügel haben, während sie bei dem Weibchen zu kleinen, kaum bemerkbaren Läppchen verkümmert sind. Die Schmet- terlingssammler erinnere ich namentlich noch daran, daß bei vielen Nachtfaltern die Männchen breite federförmige, die Weibchen blos sägezähnigeFühlhörner haben. Im Hin- blick auf diese Eigenthümlichkeit vieler Insekten bedarf
esfür meine Leser
undLeserinnen keiner weiteren Versicherung des sonderbaren Aussehens
derInsektenzwitter.
wennich ihnen sage, daß diese gewissermaßen
auseiner männlichen
undeiner weiblichen, in einer Längsmittellinie
aneinander stoßenden Hälfte zusammengesetzt sind.
Gerade
vorhundert Iahren machte der alte, fleißige, unserer Zeit tüchtig vorarbeitende Forscher J. S. Schäffer
in Regensburg
denersten Jnsektenzwitter bekannt. Es
warnicht blos Zufall,- sondern leicht erklärlich,daß dieser
demSchwammspinner angehörte, weil bei diesem, wie schonsein wissenschaftlicher Name Liparis dispar (ungleich) andeu- tet, das Männchen
vomWeibchen sehr verschieden ist
undmithin dieser erste bekannt gewordene Insektenzwitter
amleichtesten ausfallen konnte. Das Weibchen ist
umein Drittel größer, als das Männchen, hat düster weiße, mit undeutlichen Zickzackliniendurchzogene Flügel
undsäge- zähnige Fühlhörner, während das kleine Männchen eine dunkle Grundfarbe
undganz
andereZeichnung
derFlügel
undbreit federförmigeFühlhörner hat· Nun denke
mansich, wie sonderbar
esaussehen muß,
wenn man voneinem Weibchen
dasFühlhorn
unddie Flügel
derrechten Seite abbricht
unddafür die
voneinem Männchen anklebt.
In neuester Zeit hat der berühmteInsektenforschrr Dr. H. Hagen die Literatur der Insektenzwitter im
neue-sten Hefte der Stettiner entomologischenZeitung zusam- mengestellt und gesunden, daß
von denaufgeführten
119Fällen
99 denSchmetterlingen,
15denwespenartigen Insekten,
3denKäfern,
1denHeuschrecken
und1denFliegen angehören.
Unter 69Fällen,
indeneneine seit- liche Trennung
derGeschlechter nachweisbar ist, sind
35rechts männlich und links weiblich, umgekehrt 34 links männlich und rechts weiblich. Zu
denbekannten Insekten- zwittern gehört auch einer
vomHirschkäfer,
vondessen abenteuerlichem Ansehen wir
unsleicht eine Vorstellung machen können. Wie sehr die geschlechtlicheVerschiedenheit beidein Auffinden
vonInsektenzwittern betheiligt sein mag, geht
daraushervor, daß außer
demSchäfferschennoch
8Zwitter
vomSchwammspinner bekannt sind. Daß bei weitem die meistenZwitter
denSchmetterlingen angehören ist daraus erklärlich,daß bei ihnen zwischen
denMännchen und Weibchen
amhäusigsten in Gestalt, Größe
undFarbe
derFlügel fund
derFühlhörner eine auffallende Ver- schiedenheit vorkommt.
---—-ZM--
Aus Humboldtg Brieer an Yarnlsagen
m. r) Von der Naturphilosophie
derdreißigerIahre sagt Humbolvtz ,,es ist eine bejammernswürdige Epoche ge-
·
wesen, in
derDeutschland hinter England
undFrankreich tief herabgesunkenist, Eine Chemie, in der
mansich die Hände nicht naß macht.
»»Der Diamant ist ein zum Be- wußtsein gekommener Kiesel. Granit ist Aether iCaruss Die
derErde zugekehrteMondseite ist
von andererAn- schwellUUg als die abgekehrte,Ursach,
derMond möchte
die«) S.
A. d.H. 1860.
S.655.liebenden Arme ausstrecken,
—- erkann nicht, blickt aber die Erde
an,und verlängertsein Untergesicht-—
«Von diesen
nndmehreren solchen Proben fügtHumboldt hinzu: »Das sind die heitern Saturnalien,
lebalen masque dertoll-sten Naturphilosophie.« (Dm
28,April 1841.)
Varnhagen notirt in seinem TagebUcheI »HUMbvldt
besucht mich und·bleibt über eine Stunde bei mir. Merk-
würdigeMittheilungen. Er Versichthmich-ohne seinHof-
591
verhältniß würde
erhier nicht leben können,
erwürde aus- gewiesen werden, so sehr haßten ihn die Ultras
unddie Pietisten;
essei unglaublich wie sehr
mantäglich
denKönig gegen ihneinzunehmensuche-, in
denandern deutschen Ländern würde
manihn ebensowenig dulden, sobald
erdenSchuh
undSchimmer seiner Stellung nicht mehr habe.«
(S.
170.Den
26.December 1845.) Gegenüber dem oft gehörten Tadel über Humboldts Hofleben ist folgende Stelle
ausVarnhagens Tagebuche wichtig: ,,Seine gehäuftenGeschäfte drücken ihn (den Vier- undsiebzigjährigeii), doch möchte ersie nicht missen;
undHof
undGesellschaft sind ihm wie ein altgewohntes Stanimhäusel,
wo manseinen Abend zuzubringen und seinen Schoppen zu trinken pflegt.« (S.
135.Den
1.April 1844.)
Die Freiheit der Forschung gegenüber
derOrthodoxie betont Humboldt in
derZeit
wosein Kosmos erschien in einem Briefe
vom 4.Juni
1845in folgender Stelle:
»Wenn Süßmilch
eserlaubt, so vollende ich
denKosmosz freilich stehen
andenEingängen vieler Disziplinen (Welt- geschichte,Geologie, Mechanik des Himmels) schwarze Ge-
stalten, die drohend hindern wollen, in das Innere zu dringen.« (S. 173.)
Jn einein Briefe
vom 29.März
1846 anden König, in welchem
ersich Maßmanns annimmt,
nenntHumboldt die Jugend »das unzerstörbare, uralte, sich immer
er-neuernde Jnstitut
derMenschheit,«
undfügt hinzu: »sich fürchten
vorjeder begeisternden Kraft, heißt dem Staaten- leben die nährende,erhaltende Kraft nehmen« (S. 196.)
Jndem Humboldt den Tod seines Freundes Leopold
vonBuch beklagt, »eines der wenigen Menschen, die eine Physiognomie haben,«sagt
er:,,Sein Begräbniß
warmir ein Vorspiel, c’est
comme cela queje
serai dimanche.Und in welchem Zustande verlasse ich die Welt,
derich
1789erlebte
undmitfühlte—— aber Jahrhunderte sind Sekunden in
demgroßen Entwicklungs-Prozefse
derfort- schreitenden Menschheit.
-Die ansteigende Curve hat aber kleine Einbiegungen, und
esist gar unbequem, sich in fol- chem Theile
desNiedergangs zu besinden.« (S.
266.Den
13.März 1853.)
Kleiiierc Mitlheiluiigen.
Eine
schädliche Ameise.
DuChaillufand, nach
einerMittheilung
im»Aiislaiid«,
indenafrikanischeii
Wäldern un-zählige Massen
vonAmeisen,
vondenen mancheArtengeradezu gefährlich
werden. tFr kennt10Arten,
dienachNahrung, Gif- tigkeit, Angriffsiveise, Zeit
ihresErscheiueus wohl
von einanderunterschieden sind.
Dienierkwiirdigste
iltdie,,Bashikoni,i«, sie findet sich
indemganzenvvii ihmbereisten SstricheAfrikas,
einSchrecken
aller lebendenWesen,
vomLeovarden
biszumkleinsten Insekt.
Ein Nestscheinen diese Bashikony-Aineifen
nicht zubauen,wenigstens sieht
mansie
Alles anOrtund Stelleverzehren;
sie wandern ineinerLinie, diebei2Zoll
Breiteoft mehrere
Meilenil) lang ist;
derNeisende sah
ihre Linie inraschem Schritt
12Stunden tilvorüberziehiii Größere Individuen
ordnen denZug
alsOfsieiere.
Wosie aufihremWege
keinenSchutz
von Bäumenhaben,
bauensie
4—5«tief
imBodenTiinuelz Wasser überschreitensie mittelst
einerArt
lebenderBrücken,
indemsich
dieIndividuen aneiiiandei«hängen(?)
Wosie hinkommen,
verbreitensie Schrecken,
dieJnsekteuwelt,
undinsofern machen sie gewissermaßen
ihrUnrecht
wiedergut- flieht
vorihnen
—- nndhierdurch zeigte sich
demReisenden
bis- weilenihreAnkunft
an—,sie verfolgen
ihreBeutebisindieWivfel
derBäume, doch
wirdjegliche Pflanzenkost verschmäht.
Es
fliehn
derElephant
undderGorilla vorihremAngriff,
dieSchwarzen laufen
dasLeben zuretten.In unglaublich kurzer Zeit ist
dasergrissne Thier verzehrt
und dasSkelet bleibtübrig.
Esscheint diese Ameisen
wandernTag
undNacht;
derReisende erzählt,
ersei oft genöthigt
worden aus deinSchlafe sich
insWasser
ziistürzen,
um vorihnen
zufliehn
undhatte dvch unerträglicheSchmerzen
von derin seine
Kleidergerathe-
nenAvantgarde auszustehn
Kommen sie in einHaus,
so leerensie, es·
an allen lebendenWesen. Kellerasseln
werden augen-Pllckllch verschlungen,
Ratten undMäuse springen vergebens 11·11 Zimmer
umher:eineüberwältigendeSchaar
tödtettrotz hef- lliiek Gegenwehr
einestarke
Ratte inweniger
alseinerMinute Und»U! chlgex
alsnocheinersind
dieKnochenvomFleisch elltblvßk-
Siekjwmen
allesUngeziefer(Kellerasseln, Tauscndfüsie)
ausdenNegefbllmlb tin
machen.Neger erzählten, daß ehemals Verbrecher diesenAmeisen vorgeivorfen
wurden.Die
BashlkaI)-Y»lmeilen
sindgrößer
alsirgend welche
Amei-sen
inAmerika,MIUVestMS V- Zoll lang;
esgiebt noch
eine Art»Bashil’ouai)«»m
denGeplxgen südlich
vomAeqnator,
diejedoch
anRaschheit IFUVGelmßlgkeit
dervorigen
bedeutendnachsteht, auch
wederihre»
eUleaufBäumeverfolgt,
nochdieDörfer besucht. tMan
wirdAllgemetch etwas vorsichtig
denMit-theilungen
desHerrn
DuCEWUU
gegeUUbeL K.Befestigung
desSandess
— Seitlanger Zeit hatte
,,---v.—--
Graf
Lambert,
eingroßer Grundbesitzer
inder NähevonOdessa, Versuche gemacht,
umdieSandsteppen,
derenOberfläche
sich beijedem
Winde verändert,znbefestigen.
AberAlleswarvergebens,
danichts auf diesem unfruchtbaren
Bodenwachsen
wollte. Dahörteervor16Jahren, daß
Ailaiitiiusglaridu—
los-imitdem
iiiifruchtbarsten
Bodenvorliebnehme
undsogleich
wurdeversucht, diese Pflanze
indenStevven einzubürgern Dieser Versuch gelang
vollkommen undseitdem sind beträchtliche Strecken,
diebisdahin durchaus nichts einbrachten,
mitdieser Pflanze besetzt
und dadurchderbewegliche
Sand zumStill- staiidegebracht
worden. Aufdemunfruchtbarsten
Bodenist so
einfastiindiirchdringlicher
Wald von bedeutenderAusdehnung geschaffen,
der einenichtunbedeutende Einnahmeliefert
undaußerdem nicht wenig
zurVerschönernngdieser Gegend beiträgt.
Dieses Beispiel hat Nachahmung
unter denGrundbesitzern
in derGegend gefunden
nndjedes Jahr
werden derUnfruchtbaren Steppe nicht
unbedeutende Streckenabgewonnen. Jetzt
denkt manauch ernstlich
daran, weitereVortheile
ansdiesen Pflan-
znngenzuziehen.
Mangeht nämlich
damitum,denchinesischen Seidenwurm,
dersich
von denBlätterndieser Pflanzen nährt, einzuführen.
Altersschätzung
nachdenKnospensvuren.
BeiderVerjüngung
derBuchenbestände
kommtesoftdarauf
an,Alter undGesundheitszustand vorhandenen Aufschlags
zubeurtheilen- Wenig
bekanntist
dasMittel, welches dazu
dieKnospenspuren
an dieHand geben.
Gerade beiderBuche
sinddieringför- migen-Narben, welche
dieKnospenschuvpen hinterlassen, sehr deutlich
markirt undlange sichtbar. Jedes Jahr entsteht
nur eineKnospeiispur,
danureinmal eineterminaleWinterknospe gebildet wird; folglich ergiebt
dieZähliing
derKnospenspuren
an einerAchse
derenAlter. Sind diegeringelten
Gürtel an einemKraftsvroß (Lenztriebe) sehr genähert, ·so
deutetdiesauf kümmerliches Wachsthum
nndderFörsier gewinnt
einenAnhalt-
wenn erdieFra«e
beantwortenwill,
ob demSchlage Luft
undLicht durch NachbiebimMutterbestande gegeben
werden müsse- Nach
denKiiosvenspnren
kannman auch beurtheilen,
obVet-
butteter Aufschlag sich noch auswachsen
werde, wenn fman ihn
»durchgehen«läßt
und denSchlag
räumt· Wenndie Inter-
nodiensehr kurz sind, so
wird man den·Aufschlag
lieberab-buschen,
alsschonen. lVergl. 1860,
Nr.32.)
DasKeimen
der-Pflanzensamen Fu beschleunigen
soll
man, nacheinerMittheiliing
indenlore
d.sen-es
et d.Jardins, dieselben
miteinerfetten
undoligen Auflösung (pulpes
vonPotafche behandeln
und dannzwischen Schichten
vonSandbringen, wodurch
einschnelles Keimen herbeigeführt
werdensoll. Samen, welche sollst ele
IM2.Jahre keimen, thun
diessofort (promptem611t) Mich Vleiek Behandlung.
—-...—,.» - »——-- --R
C.