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Philosophie und Leben. Jg. 6, H. 2 (1930)

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Academic year: 2022

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(1)

6. J A H R G A N G + 2. HEFT + F E B R U A R 1930

...» » « » M M ... ... ...M M » ... M M » » ...—

3 m JDienfte öer ©olfeaein^ett erftrcbt unfere 5 ettf$ rtft etne fad)*

ltdje 2 lu 0 fpra$e öer öerfc^tcöenen toeltanf$ault$en E t^ u ttg e n .“

2>cr 28eg gum ©lücf

9Zad) f t r i t ^ n a m u r t i

‘Sebeutfam für bie moberne ^hcofophie1) (©oftcsmcisheit), bic nid)t nur aus chriftlichen, fonbern noch mehr aus inbifchen Sehren fd)öpft, ift bie etroa 1875 oon ber anglifierten Stuffin §>elene 33 lat>at 3 fp (t 1891) unb einem amerifanifchen Oberft Olcott begrünbete internationale ©e=

fellfchaft. 6 ie l)at feit 1900 in 33enares (3nbien) ihren 6 tö unb tr>irb ge=

leitet Don Slnnie 33efant (geb. 1847, einer 6 d)ülerin £>on grau 3Ma=

oat 3 ?p). ®iefe hat t>or einigen 3af)ren Krifhnamurti, einen jungen 3nber, als neuen 33ubbha protlamiert. S r ftet)t jefet an ber 6 pit 3 C bes über bie ganse Erbe verbreiteten 6 ternenorbens. feinen Sieben ftnben firf> all=

jährlich Jaufenbe aus allen Nationen unb gefellfd)aftlid)en Schichten in bem 3 U Ommen (f)ol(anb) jufammen. 6 rf)riften von ihm finb in ben meiften europäifeben Sprachen erfchienen. Eine Sammlung von Vorträgen bat nunmehr in guter beutfd)er iiberfeftung ber Verlag i)iebc=

rtchs, 3ena, unter bem Xitel „Königreich ©lücf" (1928. 97 S ., mit einem

“Silb Slrifhnamurtis, geh- 2,60 3J?., geb. 4,20 SW.) veröffentlicht. ®ie biefe ^rebigten 3 ugrunbelegenbe < 3Cßelt= unb 2ebensanfd)auung ift von aufcerorbentlicher Einfachheit.

Sie me t a pf ) pf i f d>e © e u t u n g ber 2 B i r f l i d) f e i t barf als pantheiftifch charafterifiert rnerben. ©ott ift ©eift (52), er ift ber Ur=

Quell bes ©eins (24) unb Präger allen ?Bertes: „ein jebes ®ing ftrahlt

6 cine §)errlid>feit aus, unb alles, rnas unebel ift, melft hin unb ftirbt ab". (Sßoher bas Uneble tommt, mtrb nicht gefragt.)

% kl

ift, mit 3hm, bem „Unbebingten, Einigen", „beffen eines Sein in allem maltet", eins

3 U roerben (81). ®ann hört man auf, „als Sonbergefchöpf au leben", bann mirb man ,/Bcftanbtcil aller ®inge, bes fleinften Blattes unb bes höchften Raumes". ®ann mirb man ,/Beftanbteil feiner felbft" (85).

®er 2ßeg aur E r f e n n t n t s bes ©öttlichen ift bie mpftifebe ??er=

fenfung. Ein folches Erlebnis fchilbert Krifhnamurti einmal rote folgt:

„^ o r einigen Tagen bin ich fpa^ieren gegangen. ?ßäbrenb ich fo man=

') 33gl. über bie|c unb ibre T?cr[d>icbcncn Wcfrtunflcn $1. SKcficr, ^bilofopbic bcr

©cflcnruart. 6. Ceip^ig, Quelle u. SKcpcr. 1927. 6 . 122 [f.

^Pbilofopbie unb ßeben. V I. 3

(2)

32 3) e r 2B e g 3 u m © l ü cf

berte, toar mir mein etotger ©efä'brte aur 6 eite. 6 0 ging id) eine SBeile oor mid) bin, unb bann feftte id) mid) unter einen 35aum unb bad)te an nichts als an bies Sine. 2lls id) mid) aufrid)tete, fab id) 3t)n oor mir fiften, unb bann fat) td), tote 3l)n bie Statur oerel)rt. ®ie ‘Säume,

bie f>alme, ber toel)enbe SBinb — alte beteten 3l)n an. 2lls id) fo fd)aute unb als meine (Seele aus Sfftafe Slraft gefammelt l)atte unb mein ßeib oon if)r burd)brungen toar, ba tourbe td) getoafyr, baft id) toar toie Sr. Ss beftanb fein Unterfd)ieb mef)r atoifdjen 3l)m unb mir;

id) toar ein 3Teil 6 einer felbft. 3d) fonnte 3l)n nid)t met)r als oon mir oerfcf)iebene 3Befenl)eit ertennen. 3d) tonnte mid) nid>t meljr t>on bem Stoigen fd)eiben. 2lls id) fo bie gleiche ßuft mit if)tn einfog, oer«

ftanb unb toujjte id), toas es bebeutet, im Äönigreid) ©lüd au oer=

toeilen unb im 6 d)atten feines ©artens au leben unb aud) au fpielen.. . Silles toarb mir au einem STeil ©eines 3Befens, benn alle ©udjenben, alle ßeibenben unb ©lüdlidjen finb etotg 6 ein Sigen. ®ies oerftanb id), als id) in 3l)n eingegangen toar" (92 f.).

3Kit fold)er fd)auenben Srfenntnis unb mpftifcfjen 33erfenfung in bas göttlid) Sine, ift man „jenfeits aller 2lltäre, $ogmen, ßel)ren; man fd)aut bie 3Bal)rl)eit burd) jeben 2 Banbfd)irm l)inburd), ber bas innere 3Baf)r=

bilb ber 2Borte oerbirgt" (19). ©aburd) toirb man aud) l)erausgef)oben über alle Sngfyeraigteit unb 9ted)tl)aberet.

„3Bir füllen t)äufig, als ob unfere f>anblungstoetfe bie (einzig) richtige toäre; als ob unfer fpejieller ^fab ber einige, unfere befonberen Jempel,

2 lltäre, S^emonten unb ©ottesbienfte, turaurn unfere befonbere €>d)öp*

fung ber gorm bie etnaig toafyre fei, unb als ob allein auf biefem ‘Sßege bas ©öttlid)e in ber äußeren SBelt aum Slusbrud gelange. anberen fagen roir bann: .$u bift im Unred)t. ?Benn bu aber meinem State folgen unb benfen unb l)anbeln roürbeft tote id), bann toürbeft bu bas 9ted)te tun*."

3n fold) unbulbfamer Sinnesart beftel)t „bas toaf)re £inbernts aum (Eingang tn bas Äönigreid) ©lüd". ®enn eine fo befd)ränfte (Einform (Uniform) bes 2lusbruds gibt es bort ntd)t. ®ort fann jeber mit allem Sins fein unb ift es tatfäd)lid), toenn er um ein ebles ßeben ringt unb tt>al)rf)aft oon innen heraus fd)ön ift in ©ebanten unb Smpfinbungen.

®er 6 tnn für (Einheit ift bas, roorauf es im ßeben am meiften anfommt.

(Er ift bas einaige 33rot, bas man bem fi>ungernben au geben oermag, unb bie emsige ßöfung aller ©afeinsprobleme (52 f.).

®as Sine gilt aber nid)t nur als bas, toas alles 5) a f e i n oerftänb- lid) mad)t, fonbern aud) als 3nbegriff alles 2B e r t e s , bie „ 6 timme"

bes Sitten, bie in uns allen tönt, ift barum aud) „bie etnaig toaf)re

§ül)rerin" aum finnoollen, fittlidjen ßeben — unb barnit aum ©lüd (1,15,

(3)

$ ) e r 2B e g 3 u m © l ü <f 33

31). Solange man „jener Stimme", jener „inneren (Eingebung", jener

„3ntuition" („3ntuition ift flüfternber ©eift!") gehorcht, fann man nicf>t fef)lget)en (4 f.). 2Iber fie führt nicht alle benfelben 2öeg, fonbern jeben

ben ihm gemäfeen. 2 lber paffioes Verhalten genügt nicht, man mufe ©e«

fühl unb 3ntelleft läutern unb oeroollfommnen, um immer beffer jene Stimmen toahrnehmen au fönnen, bamit man „ neue ^fabe bes ßebens entbeeft, anftatt aiellos auf ber Strafte eines anberen bahinautreiben" (5).

„2Benn 3br biefe Stimme (biefe unnachgiebige Iprannin) au erfennen toünfcht, mufe Umftura i n Sud) fein, unb Anarchien muffen i n Sud) auf=

toallen. Unjufrieben müjjt 3hr mit Such fein! 3ntelleftuell unb gefühls=

mäjjtg müfet 3f)r in einen 3Birbel geraten. . . .9Jlan mufo noch £f)aos in fid) l)aben, um einen tanaenben Stern gebären au tonnen*" (36) — biefes

3

aratl)uftra=2Bort ift bas einaige

%\tat

in bem 33ud>e, unb SKiefcfche ber einaige ^htlofoph/ ber genannt toirb. ®afe er genannt roirb, ift ein 3eid>en bafür, bafe in ber (Ett>if Krifhnamurtis eine ftarfe Schäftung in­

nerer 2lftioität ift, bie unferer bekömmlichen Vorftellung inbtfd>en 2Be=

fens toenig entfpricht, unb bie ben ©ebanfen nabelegt, bafe toir hier eine Spnthefe inbifcher unb europäifcher ©eiftesart oor uns haben.

2 lud> bas „© l ü d", bas Krifhnamurti als höchftes 3 iel t>orfd)toebt, ift alles anbere als pl>ilifterf)aftes 3Bof)lfein, als bas, toas 9lieftfd)e „er­

bärmliches behagen" nennt. ®s ift im ©runbe ber 3nbegriff alles geiftig 2öertoollen, bas burch bie Befreiung oon ben Scbeintoerten (inbifch: ber SRapa) unb burch

bie

SJerfchmelaung mit bem (Einen, ©öttlichen, erreicht roirb. ©er 3Beg bahin führt burch Unaufriebenheit mit fid) (36, 53), burch 33ergeffen bes engeren Selbft (28 ff.), Selbftüberroinbung, Opfer (87) unb Siebe (57). „3hr fönnt nicht glüdlich fein, ehe 3hr nicht anbere beglüdt hobt, unb 3hr fönnt anbere nur bann beglüden, toenn 3hr felbft im Königreich ©lüd roeilt unb toenn 3hr bas Faunen ber etoigen Stimme erhafcht unb bemfelben gehorcht höbt" (55).

$amit, bafe Krifhnamurti (roie Sftiefcfche unb bie abenblänbifche Sthif im allgemeinen, oor allem bie Kants) an bie innere 2 lftioität bes (Ein=

aelnen fid) toenbet, ift es auch gegeben, bafe er an bie F r e i h e i t bes 9Jten«

fchen glaubt unb bafe er bie inbifche ßehre bes „Karm a" (b. h* *>er 2lb«

hängigfeit unferes 2Befens oon unferem 2un in einer früheren (Eyiftena) fo geftaltet, bafe fie mit ber Freiheit oereinbar toirb. „3br müfot frei fein

oom Karma. 3n ber V e r g a n g e n h e i t , ü b e r bi e 3 h t I e tj t

f e i n e 3R a ch t hobt, mögt 3hr 3rrtümer, fog. Sünben, begangen unb

falfches Urteil gefällt hoben, toelches bie üblichen funberniffe unb

Schmeraen nach fid) sieht, bie Karma ftets mit fid) bringt. 21 b e r 3 h t

h a b t 9R a d) t ü b e r bi e © e g e n t o a r t unb bi e 3 u f u n f t. 3hr

fönnt bie Sufunft burch bie ©egentoart beherrfchen.. . 3hr müfet Such

barüber flar fein, baft 3hr toeber in ber ©egentoart noch auch in ber

(4)

34 Jq o u ft o n 6 1 c tt> a r t ( £ f ) a m b e r l a i n

Sufunft weiteres Slarma anhäufen ober neue f)inberntffe 3 tr>ifd>en (Euch unb (Eurem aufrid)ten bürft.

©ie Sore bes Gleiches „©1 üd" finb niemals t>erfd)loffen, benn eigent=

ltd) befielen feine folgen. 3hr fcf)afft bie Schranfen, bie Sore unb ben Jortoächter felbft. ®urd> 3nnenfd)au unb Selbftprüfung lönnt 3hr (Euer

Slarma beherrfchen" (707).

$as

a lles

ift gana im Sinne ber fo burchaus beutfehem ‘JBefen ent=

fprechenben Slantifchen 2Iud) Äant fah bie eine (negative) 23ebeu=

tung ber greiheit, in bem grei=tt>erben=fönnen t>on bem (unabänber=

liefen) gaftor ber Vergangenheit, aud) ber eigenen, bie anbere (pofitit>e) in ber gä'higfeit, ber „inneren Stimme", b. h- bem tategorifchen 3m=

pcratir> bes ©etüiffens au gehorchen.

5Bir überbliden fo bie ©runbaüge biefer 3Tt>eofopbic. 3d) fagte: fie ift einfach- 3hre 3Retaphpfif lehrt bie gefamte < 3Birflirf>feit als bie Slustoir- fung bes (Einen, ©öttlid>en benfen, i^re (Erfenntnislehre fiet>t in ber mpfttfefren 33erfen!ung in bas Sine bie f)öd)ftc (Ertenntnisftufe, ihre (Ethif weift ben 2öeg au bem (Einen im Sinne bes 3efus=2Bortes: „3Ber feine Seele Derliert, ber wirb fie gewinnen".

Joouffon ©feroarf ©^ambcrlam

33on ^ a r I $ o cf

|)oufton Stewart C^amberlain ift ein Scnfer unb Sdjriftfteüer, bem bie Stulturbeutfchen unauslöfd)lid)en ®anf fd)ulbig finb, unb beffen

2 ßerfe bie 3 it>iUfattonsbeuffcf>en immer unb immer wteber lefen follten, bamit fie aus ihrem tiefen Sraum ertr>ad)en, ber nicht einmal ein fd)öncr ift. ®enn ntcf)t ber Slulturmenfd) träumt, tote ihm fo gern unb oft t>or=

geworfen tr>irb, fonbern gerabc ber SKaterialift, ber in ber (Einbilbung feiner Sllltagsflarheit unb abfoluten ©ewifeheit ber fogenannten 5ßirf=

liebfeit oon all ben 3Bunbern unb Siefen, bie tf>n auf Schritt unb STritt umgeben, nichts merft unb ber es augleid) wie ber gamulus im „Sauft"

fo herrlich wcitgebrad)t bat-

(Ehamberlain ift ein Sd>riftfteIIer t>on unbeirrbarer Objeftimtät unb 9ßaf)rl)eitsliebe unb erinnert baburd) an 9touffeau, (Earlple, Slant unb Schopenhauer. (Er fagt, was er fühlt unb benft, ohne ficb t»iel um bie golgen au fümmern in ber richtigen (Erfenntnis, baf 3 , rt>ie Sd)openhauer mehrfad) erflärt, jebe 5ßahrheit früher ober fpäter aum Siege gelangen, jeber 3rrtum aber mittelbar ober unmittelbar Unheil unb fehleren Schaben ftiften muß.

5)iefer wahre ^riefter ber Kultur, ber allerbings fo gar nichts Äirch*

liches an fich hat, betont mehrfach, baft er ein 2 aie fei unb burchaus fein

gachgelehrter. 3cb fann bas freilich nur als ironifch gemeint auffaffen,

(5)

§ o u ft o n © t c r o a r t ( £ f r a m b e r l a i n 35

tocnn (£f)amberlain auch t>telleid>f mit naioer Aufrichtigfeit bamit aus=

fagen toitl, bafe er ft d) auf eine abgegrenate SBiffenfchaft nicht bcfd>ränft t)at, um in ihr gana auf= unb unteraugehen. ©ein ?Biffen unb feine ©e=

lehrfamfeit ift babei fo groft, bafe man feine 6 eite feiner ®erfe lefen fann, ohne ficf> an roertoollen ^enntniffen au bereichern unb, roas unser*

gleichlid) toid>tiger ift, an ßrfenntniffen. ®enn biefer „ungelehrte" SÜJlann ift ein toirflicher ©enfer unb nicht nur SUlathematifer, Syperimentator

unb d)inefifd)er 33ieltoiffer.

gür ben eigentlichen Äern ber gefamten 3Birffamfeit biefes ©enfers unb Äünftlers — benn als wahrer ©eftalter ift er aud) ein Hünftler— mufe ich bie intelleftuelle unb ethifche Annäherung, 33erroanbtfd>aft, ja grofeen=

teils birefte ©emeinfehaft anfehen, in bie ber Autor bie gana ©roßen ber Weltliteratur unb 3Belt!unft gebracht hat: ^lato, 5?ant, ©oethe, ©chiller unb Söagner. 3n bem lebten, vielleicht reifften unb tiefften feiner fämt=

liehen 53üd)er: „SERenfch unb ©ott", aeigt Sh^mberlain enblid) auf awin=

genbe SBeife, bafe biefe großen SDtänner in ihren äufeerften 9tefultaten mit bem (£htiftentum übereinftimmen; bas heifet nicht mit einem (£$riften- tum ber fatholifchen ober proteftantifchen Kirche ober irgenbeiner ©efte, fonbern mit ben 5Borten unb mit bem 2eben 3efu Shnfti felber.

gür Chömberlains ‘’Perfönlichfeit ift es ohne Steife! oon ber größten 55ebeutung getoefen, bafe er, noch intimer als Schopenhauer, feine 3ugenbaeit in brei oerfchiebenen ßänbern angebracht hat- Sur (Entwirf- lung eines ftarfen ©erechtigfeitsfinns, ber ihn feines ßebens nicht mehr oerlajfen fonnte, mufete bie Art führen, tote fid) bie ©inge unb (Eretgniffe, befonbers aber bie ©efd)id)te, in englifchen unb franaöfifchen köpfen oft biametral oerfchieben malten. (£harafteriftifche Angaben über fich felbft gibt ber Autor in feinem felbftbiographifdjen 35uch: „ 2 ebens=

toege meines ®enfens". 3 um 55eifpiel führt er an, bafe abftraltes ®en=

fen ihn Diel weniger anftrengte, als jebe fonfrete 93efd)äftigung mit greif=

baren latfachenreihen. 93om Swang bes geiftigen Schaffens eraählt er, bafe ihn einft auf ber 33ahn ein $henia fo ^efflg überfiel, bafe er es als eine unabtoenbbare 9totwenbigfeit für feine 9luhe empfanb, bie Arbeit au beginnen. „® as ©lücf bes ©Treibens" hatte fein SBefen bermafeen erfaßt, bafe er nicht mehr baoon laffen fonnte. ©eine Vorliebe galt be*

fonbers bem beutfehen dichter ©oethe, in ben er fich fo hineingelebt hatte, bajj er feine tägliche ©egentoart ebenfowenig entbehren fonnte „wie bie

2 uft". 25ebeutfam ift auch, toas ber ©enfer über feinen f>ang aur 3 urütf=

geaogenheit wieberholt fagt: „55on frühfter S?inbf)eit an ber Sinfamfeit ergeben unb bebürftig unb biefen meinem ©eifte notroenbigen 3 uftanb

nur burch ben trauten Umgang mit wenigen erprobten greunben gern

unterbrechenb . . . höbe ich mir mein ßeben au einer Art 33urg aus-

geftaltet mit ftarfen Ümfaffungsmauern, beren 3 ugbrüde feiten herunter*

(6)

36 6 e t n u n b S e i t

gelaffen toirb." gerner: „3n (ScfeIIfd>aft anberer habe ich bic Neigung

— bie fo Dielen abge^t — nur 3 u empfangen, mit aller Kraft ber 6 eele

auf 3 unet)men; frei entfaltet ftd) unb fchaffenb toirft meine 6 eete einzig in lang anbaltenber, oollftänbiger Sinfamfeit." Gin gelles 6 d)laglicbt auf feinen Qbarafter toirft aud) biefes 3Bort: „(£in ßebensbilettant, ein StRann ohne Pflichten, ohne ein fid) felbft gegebenes ©efeft bes SKüffens, oor biefem “Silbe erfd)auberte id)."

3Zad)bem biefen oornebmen, fraftoollen unb gerechten ®enfer, ber bie beutfebe 6 eele oerftanben bat, tote wenige, eine ungeheure SBelle ber Popularität emporgetragen batte, ift es befonbers nad) bem unglüdlichen Süusgang bes 3Beltfrieges, unter bem ber treue greunb unb Sctounbercr bes ®eutfd)tums oielleid)t tiefer, als toir ahnen, gelitten bat, immer ftiller um ihn getoorben.

®as beutfebe 33olf aber bat bie Pflicht, it>n 311 ebren unb banfbar feine

2 Berfe toieber unb roieber in ficb aufaunebmen 3 ur ©tärfung freubiger Selbfterfenntnis unb 3 ur SOtabnung, feine StRiffion au erfüllen als 33oll=

rocr! gegen bas übermächtig brobenbe ©orgonenbaupt bes 5Belt=

materialismus.

©dn unb (nad) STtarfin ipdbegger)

33on 31 u g u ft 351 e f f e r

(Fortsetzung aus Heft 1)

III. $ie 3Belfli$teff ber SBelt

9lunme[)r ift bas, toas toir „ < 3Belt'/ nennen, als Phänomen 3 U be=

febreiben, alfo bas, „toorin" ein faftifebes „®afein" als biefes „lebt" (65).

„ ‘JBelt" in biefem 6 inne ift alfo nicht 3 U oertoechfeln mit „Statur". ®iefe ift ein innerroeltlich ©eienbes, bas oom „Safein" nur in einer beftimmten 3Beife feines „3n-ber-3Be(t-feins" (eben in ber „naturroiffenfchaftlichcn

Sinftellung") entbeeft toirb.

2 llfo nicht oon ber „9Zatur" bürfen toir ausgehen, fonbern oon ber

„Umtoelt", b. h- ber nächften ‘Jßelt bes alltäglichen ®afeins, toenn toir bas 6 ein ber 2 Belt, ihre „?ßeltltd)!eit" betreiben wollen.

Unfer alltägliches 3n=ber=5Belt=fcin, unfer Umgang in ber < 3Belt unb mit bem innertoeltlicb ©eienben trägt, tt>ie toir bereits fahen, ben £ba=

rafter bantierenben, gebraud)enben 33eforgens. ®iefes „praftifd)e" 53er=

halten ift nicht fchlechthin „atbeoretifcb", aber es

i)at

feine eigene „ 2 r=

fenntms" (§>. nennt fie „U m f i ch t" [69]), bie oon ber blofe oernehnten=

ben theoretifd)=toiffenfd)aftlichen 3 U fcheiben ift). ®as ßeienbe, mit bem toir es im beforgenben Umgang 3 U tun haben, ebarafterifiert §>. burch ben S 2 lusbrucf „3 e u g" ( 68 ), toie er im f>anbtoerfs 3 eug, 6 chreib 3 eug

„3eug" im 6 inne oon Äleibung begegnet. Unfer auf bas „3eug" 3 uge=

(7)

6 e i n u n b S e i t 37

fdjnxttencr Umgang crfafet biefcs nicht (tf>eorcttfd>) als bloft „23orbanbe- nes", als Dorfommenbes Sing. 3- 23. //bas f>ämmern bat ficb bicfcs 3eug fo 3 ugeeignet, wie es angemeffener nicf)t möglich ift . . . je weniger bas f)ammcrbing nur begafft wirb, je augreifenber es gebraucht wirb, um fo urfprünglicber wirb bas 53erf>ältnis 3 u ihm, um fo unocrbülltcr begegnet es als bas, was es ift, als 3 ?ug. Sas fmmmern felbft entbedt bie fpc 3 tfifd)e ,§anblicbfcit‘ bes Jammers". ®ie Setnsart

Don

3 eug, „in ber es ft d)

Don

ihm felbft ber offenbart", nennt f). bie „ 3 u t >a n b e n t ) e i t"

(64). Sie ift alfo urfprünglicbcr als blofee „23orbanbenbeit". 2 ßeil bas 3 eug biefe „ 3 ubanbenbeit" als fein „ 2 ln-ficMein" bat, ift es „banblicb"

im weitesten Sinne unb verfügbar. 21 ud) bas bcr^uftellenbe 2 Bert, bas

2B 03U Don

Jammer, §>obel, 9label bat ben (£barafter bes 3^ugs

(3.

23.

Scfmbseug)1).

(Erweift fid) gelegentlich „ 3 cug" als unoerwenbbar ober fet>It es, fo tritt ber 3 eug= unb 2Berf 3 u f a m m e n b a n g i n Siebt; bas 3ubanbenc Derliert Don ber ihm gewöhnlich eigenen Unauffälligfeit, Unaufbringlid)=

feit, ilnauffäffigfeit. SERit bem ßufammenbang aber melbet ficb für uns bie „ 2 B e 1 t". (£5 leuchtet uns irgenbwie auf, bafe uns bei unferem „um=

fiebiig" beforgenben Umgang mit bem 3^ug „2Belt" ja febon Dorerfd)lof=

fen war.

2 Beiterbin erweift ficb geeignet für bie 2 Iufbcllung bes Phänomens

2 Belt" golgenbes: „ 3 eug" ift, ftreng genommen, nie „eines", nie ein ifoliertes (Etwas. (Es gehört ftets 3 U einem „ 3 euggan 3 en"; es ift wefen=

baft „etwas, um 311 ". Sarin liegt eine „23erweifung". „3n=ber=2Belt=

fein" befagt umfichtiges 2Iufgehen in folchen 23erweifungen. 23erweifung unb 23crweifungsgan3heit (unb bamit „23ebeutfamfeit" [87]) gehört fo wefentlich 311 2BeltIid)fett. 23efonbers einbrudsooll 3 eigt ficb bie 23er=

weifung an folchem „3cug", bas 3 um „3cigen" bient. 211s 23eifpiel fei genannt ber rote brebbare ‘'Pfeil, ber, an Kraftwagen angebracht, 3 cigt,

welche 9iichtung ber 2 Bagen nehmen wirb. 2 öelcbes ift bas angemeffene Verhalten 3 U biefem 3 *icbcn? 9Jicht bas 2 Inftarren ober bas ihm mit bem 25lid=folgen, fonbern bas 2lusweichen ober Stehenbleiben. ®as 3cicf)en wenbet ficb alfo an ein „räumliches" 3n=ber=2Bclt=fein, es t>er=

mittelt Orientierung in ber Umwelt. (Ein 3cid>en biefer 2Irt ift alfo „ein 3eug, bas ein 3 euggan 3 cs ausbrüdlid) in bic Umficht hebt, fo bafe fid) in eins bamit bie 2 Beltmäfeigfeit bes 3 ubanbenen melbet" (80).

2 Iber nicht nur für bas „ 3 cug 3 eug", fonbern für alles „ 3 cug" unb bamit für alles „3ubanbcne" gilt, bafe fein „Se in " bie Struftur ber

*) £). rccf)nct 311m „3eug" auef) „SOtöbel, genfter, 2üren, gimmei". Das cnt|prid)t m e i n e m Sprachgefühl nicht. Danach nennen roir „3eun" nur frei 3 3 ett>eglicf)e5, mit bem fid) beliebig hantieren läfet; alfo bas Sftöbel „ 6 chreibtijch" gehört nicht aum

„Scforcibaeug", bas Sftöbel „ ’Settlabe" nicht 3um „93ettdeug"; bie gimmer mit genftcr unb $iiren gehören auch nicht 3um „Beug''.

(8)

38 6 e i n u n b 3 c i t

„35enoeifung" bat. 2 lnbers ausgebrüdt: „S e r ©einscbarafter bes 3 u=

banbenen ift bie f53ett>anbtnis‘." „ 3 . 53. m i t biefem 3^ug

Hxo.

3u=

banbenen, bas it>ir f)ammer nennen, bat es bie ‘Seroanbtms beim f>äm»

mern" (841). „® as SBobet es bie 53etDanbtnis bat ift bas 5 B 03 U ber

®ienlicbfeit, bas Söofür ber 33crtt>enbbarfeit... SBelcbc 53ett>anbtnis es mit einem 3ubanbenen bat ( 3 . 53. ob es 3 uträgltd) ober abträglich ift), bas ift ja aus ber 53 ett>anbtnisgan 3 beit ( 3 . 53. einem 3 n>ed 3 ufammenl)ang) t>orge 3 eicbnel" (84). ®ie 33 eit>anbtnisgan 3 beit aber gebt let 3 lirf> auf ein

*200311 3 urücf, bei bem es feine 33etoanbtnis mebr

i)at.

®iefes letzte ober primäre 3 B 03 U ift ein 5ßorum=tt>illen. Ss ift bas ©ein bes ©afeins, bem es in feinem ©ein tuefenbaft um biefes ©ein felbft gebt. (Stur foId>es

©eienbe fann ficb 3- 53. „fürchten" [1411).

„33ett>anbtnts felbft als bas ©ein bes 3ul)anbenen ift je nur entbedt auf bem ©runbe ber 53orentbetftbeit einer 53en>anbtnis g a n 3 b e i t. 3n entbedter 53etr>anbtnis, b. b. im begegnenben 3ubanbenen, liegt bemnacb oorentbedt,

voas m x

bie 50 e 11 m ä fe i g f e i t bes 3 uhanbenen nann=

ten" (85). 3n biefer bem „®afein" urfprünglicben 5Beltoertrautbeit (bie ibrerfeits bas ©einsoerftänbnis bes ®afeins mit ausmaebt) liegt bie

©runblage ber t b c 0 r e t i f cb e n (Erfenntnis ber 5®elt. (Ebenfo liegt in bem „ 35 eriDci|ungs 3 ufammenbang"/ ber als „53ebeutfamfeit" bie „5Belt=

lichfeit" ber 53klt ausmad)t, bie 53ebingung bafür, bafe uerftebenbes

„©afein" „53ebeutungen" erfcbliefeen fann, n>as bie Vorausfeftung für 5Bort unb ©pracbe bilbet. —

Um bas Phänomen „5®elt" 3 U befebreiben, ift noeb flar 3 uftellen, in welchem ©inne 51 a u m ba 3 U gehört.

$as „ 3 ubanbene" bes 2 llltags bat — mas febon in feinem tarnen liegt — ben (Ebarafter ber Stäbe ( 102 ). $as „ 3 eug" bat feinen „^lafo", tt>o es „bingebört", ober es „liegt berum" (tt>as oerfebieben ift t>on bem

bloften „33orbanbenfein" oon ©ingen an einer beliebigen Staumftelle).

©icfem „Eingeboren" liegt 3 ugrunbe bas 5Bobin eines 3 cuggan 3 en,

beffen „©egenb". „®iefe gegenbbaftc Orientierung ber ^lat 3 mannig=

faltigfeit bes 3»bonbenen macht bas ,Umbafte‘, bas ,Um=uns=berum‘ bes umweltlich näcbftbegegnenben ©eienben aus. 3n biefer Stäumlicbfeit bes , 3 ubanbenen‘ ift bie ,3)reimenfionalität‘ bes Raumes nod) oerbüllt; bas ,Oben‘ bebeutet einfach nod) ,an ber ©ede‘, bas ,Unten* ,am 53oben‘. Sie

£>immelsgegenben haben nod) feinen geograpbifeben ©inn, ,bas f)aus bat feine ©onnen= unb 2 ßetterfeite‘; auf fie ift bie Verteilung ber ,9iäume‘

orientiert, unb innerhalb biefer mieber bie »(Einrichtung* je nach ihrem 3eugcbarafter" (104 f.). Sircben unb ©räber finb nach 2luf= unb Stieber=

gang ber ©onne angelegt. S ic 3 uhanbenbeit ber jeweiligen ©egenb bat

') 5lucf) biefc Skmenbung Don „ ‘SctDanbtnis" cntfprid>t n 1 cf) t meinem 6pracfoflcfübl.

(9)

6 c i n u n b 3 c i t 39

nod) mehr tvie bas 3 uhanbcne felbft ben C£t)arafter ber unauffälligen Vertrautheit. Srft im 9tid)tantreffcn von etrvas an f e i n e m ^lafc mag bie ©egenb bes ^laftcs 3 um erftenmal auffallen, ©ie „Unweit" rid)tet fid) alfo nicht in einem 3 UVorgcgcbcncn Daum ein, vielmehr ift bcr biofee

„9taum" noch verhüllt unb gleichfam in bie „^Pläftc" aufgeteilt.

Aber „bas begegnen bes ,3uhanbcncn‘ in feinem umtveltlichen Daum ift nur beshalb möglich, tveil bas ©afein felbft hinfichtlich feines 3n=bcr=

i 3 ßelt=fein 5 räumlich ift", nämlich auf bem ©runbe feines „3n=Scins"

(was roohl 3 U fcheiben ift von bem „Vorfommcn" eines „Vorhanbcncn"

an einer Stelle im „Weltraum" tvie von bem „ 3 uhanbcnfein" eines

3 eugs" an feinem „^laft"). $ic Däumlichfcit bes ,/Safcins" 3 cigt bie

Sha^aftere ber „Snt=fernung" unb „Ausrichtung". f). gebraucht „ S n t = f e r n e n " im Sinne von 53cfcitigcn ber gerne, b. i. Näherung. „3m

©afein liegt eine rvefenhafte Scnbci^ auf 9tähc" (105). SKan benfe an bie Vervollfommnung ber Verfehrsmittel ober an ben Dunbfunf, ber eine granbiofe ,,(£nt=fernung" ber „?öelt" burch Srtvcttcrung bcr alltäg=

liehen Umivelt vol^icht. Schäfeungcn bcr gerne gefd)ehen mit SÖtafecn aus bem alltäglichen Safctn, 3 . 55.: „ ‘S is borthin ift es ein Spa 3 tcrgang,

ein Kaftcnfprung, eine pfeife lang." „® ie objeftiven SXbftänbe ,vor=

hanbener ©inge* beden fich nicht mit ber Sntfcrntheit unb 9iähe bes .umtveltlid) 3 uhanbcncn‘." Sin „objeftiv" langer 2 Beg fann für 3 er fein

als ein „objeftiv" fchr fur 3 er, bcr vielleicht ein „fdnvcrcr" ©ang ift unb einem unenblich lang vorfommt (106). Dcnnt man folche Sd)ät 3 ungcn

„fubjeftive", fo verfennt man, bafe cs fich hier gar nicht hanbelt um fo etrvas tvie fubjeftive 2ßillfür ober fubjeftiviftifd)c Auffaffungcn eines „an fich" anbers Seienben, fonbern, bafe bie hier in Siebe ftchenbe „Sub=

jeftivität" vielleicht bas „Dcalftc ber Realität ber ‘Jßelt" entbedt, bas

„2In=fid)4ctn bcr ,tvahrcn £fficlt‘, bes Seienben, bei bem ®afcin als eyiftierenbcs je fchon ift" (106).

211s ent=fcrncnbc 5 3n=fcin hat bas ®afcin 3 uglcich ben Sbaraftcr ber

„A u s r i ch t u n g" (108). 3ebe Näherung hat vortveg fchon eine Dich*

tung. ‘Jßie feine „Snt=fcrnungen" nimmt bas ©afein feine feften Dich=

tungen nach rechts unb linfs ftänbig mit. Auch btefe „Ausrichtung" ift burd) bas 3n=ber=2Bclt=fein mitgefefet. „ßinfs unb rechts finb nid)t ctivas Subjeftivcs, bafür bas Subjeft ein .©cfühl' hat (tvie Kant meint), fon=

bem finb Dichtungen ber Ausgcrichtethcit in eine je fchon 3 uhanbene

‘JBelt hinein" (109).

9Wit bem 3n=ber=2ßelt=fein ift ber Daum als unauffällig 3 uhanbene

Däumlichfeit für um=, iveg=, ein=räumen mit erfchloffen. Srft auf bem sSoben bcr fo entbedten Däumlichfeit rvirb ber Daum felbft als brei=

bimcnfionalc SKannigfaltigfcit für bas Srfennen 3 ugänglid). e r

D a u m ift t v e be r im S u b j e f t , noch ift bi e < 2ß e i t im

(10)

40 © e i n u n b B e t t

91

a

u m. ® er 9t a u m ift o t e l m e h r ,i n‘ ber 5B e 1t", fofern bas

3 um Safein gehörige 3n=ber=3Belt-fem 9taum erfchloffen hat (H l)-

„2Iprtorität" be 5 Raumes bofagt alfo hier nicht, baft ein „weltlofes"

©ubjeft aus fid) 9taum binausftra^lt, fonbern baf 3 im jeweiligen umwelt=

lirf>en begegnen bes 3uhanbenen sugleid) aucf) 9laum (als ©egenb) be=

gegnet. C£rft bas lebiglitf) theoretifch=hinfehenbe Sntbecfen bes Raumes la'fet bie umweltlichen ©egenben unferer 2llltags=9täumlicbfeit 3 U blofeen

„Stmenfionen" oerblaffen. Samit wirb auch bie „Umwelt" 3 ur ‘JBelt im Sinne oon „Statur". „S ie ,3ßelt‘ als , 3 tihanbenes 3 euggan 3 es‘ totrb oerräumlicbt 3 U einem 3 ufammenhang oon nur noch ,oorf)anbenen‘ aus=

gebehnten Singen" (112). 9taum macht nicht für fich bas Phänomen 5Belt aus, oielmehr !ann 9taum erft im 5tücfgang auf bie 2Belt begriffen werben (113).

IV. $ a 5 3ßer bes alltäglichen Safeins: bas „9Jtan".

Unfere < 33efchreibung bes Phänomens „SBelt" liefe 3 itgleich erfennen, bafe bas Safein in feiner Sllltäglichfeit foaufagen in feiner 3Belt aufgeht, oon ihr hingenommen ift. Siefe ©einsart bes Safein liegt auch bem Phä=

nomen augrunbe, bem wir nunmehr nachgehen, inbem wir fragen: w e r ift es, ber in ber Sllltäglichfeit bes Safeins ift? (113 f.).

5Bie niemals junächft ein bloßes ©ubjeft ohne „ 2 ßelt" gegeben ift, fo auch nie ein ifoliertes 3d> ohne „bie SInberen". 93tan barf alfo nicht, wie bas bisher üblich war, bei ber ontologifchen Klärung bes Stäffels „3ch"

ober „©eele" ausgehen oon ber giftion eines 3d> ohne SBelt unb ohne anbere 3d)e. Vielmehr ift unfere Slufgabe, bie 2Xrt unferes Safeins in ber ‘ffielt „m i t ben anberen" als Phänomen fichtbar 3 U machen unb angemeffen aus 3 ulegen.

3n unb mit bem „3uf)cmbcnen" begegnen auch „bie SInberen", 3 . 'S.

in ber 3Berfwelt bes f)anbwerfers bie ‘Befteller, Stunben unb ßieferanten, ober bas gelb, an bem wir „braufeen" entlanggehen, 3 eigt fich ols ben unb bem gehörig, oon ihm gut ober fchlecht inftanb gehalten ufw. Siefe

2 Inberen werben nicht 311 ,oorhanbenen‘ Singen hin^ugebacht, fonbern ,btefc Singe* begegnen aus ber 2ßelt her, in ber fie für bie Slnberen 311 =

hanben finb, welche SBelt im oornhinein auch fchon immer bie meine ift" (118).

Sie ßeinsart ber 5lnberen ift weber „3uhanbenheit" noch blofte „53or=

hanbenheit", fonbern „SRitbafein"; benn biefe „ 2 lnberen" finb nicht ber

gan 3 e 9teft ber Übrigen, aus benen fich bas 3ch heraushebt, oielmehr

bie, oon benen man fich felbft 3 umeift n t cf) t unterfcheibet, unter benen

man auch ift. 2 lud) bas „ 2 lllein=fein" oerfteht fich erft auf ©runb bes

gewöhnlichen SPtitfeins; „fehlen" fann ber Slnbere nur i n einem unb f ü r

(11)

6 e i n u n b S e i t 41

ein SDIitfein ( 120 ) (toas natürlich ettoas Slnberes ift als ein „pures ,Vorf)anben|em‘ mehrerer Subjefte" 121).

3ft bas Sein bes ©afetns, toie fchon angebeutet tourbe ( 6 . 36) aus ber „Sorge" au oerftehen, fo entfpricht bem „ ‘öeforgen" bes „3eugs"

bie „g ü r f

o

r g e" für bie anberen (toobei biefer begriff fo toeit 3 u

faffen ift, bafe aud) bas 2 Inetnanber=oorbeigef)en aur „Sürforge" gehört).

5Bie bem „33eforgen" bie „Umficht" augehört (f. o. 6 . 36), fo ift §ür=

forge geleitet oon „9i ü d f i ch t" unb „91 a d) f i d) t"

(too3U

auch 9iüd=

fichtslofigfeit unb ©leichgültigfeit 3 u rechnen finb).

3Beil fo bas (Sein bes „®afeins" 2Rit=fein ift, fo liegt im Seinsoer=

ftänbnis bes ®afeins auch kos 33erftänbnis 2 lnberer, nicht als eine erft aus „(Erfenncn" crit>ad)fene Kenntnis, fonbern als „urfprünglich eyiftcn- tiale Seinsart, bie (Erfennen unb Kenntnis allererft möglich macht"

(123 f.). (Es ift alfo nicht fo, bafe anfänglich unfer eigenes Subjeft uns allein gegeben toäre unb bafe oon ihm aus erft burch fog. „(Einfühlung"

bie ‘Brüde au urfprünglich uns oerfchloffenen anberen Subjeften gcfd)la=

gen toerben müfete. „® a s Vorhanben einer 2 ln 3 at)l t>on .Subjeften* toirb felbft nur baburd) möglich, bafe bie aunächft in ihrem SERitbafcin begeg=

nenben Slnberen lebigltch noch als ,Hummern* behanbelt merben" (125).

Nunmehr fönnen toir Slnttoort geben auf unfere grage nach

bem

3B e r bes alltäglichen ®afeins. ® a es SQIiteinanberfcin ift, fo ift bas

2 Ber nicht biefer ober jener, nicht man felbft unb einige unb nicht bie Summe aller. „,®as 3ßer‘ ift bas Neutrum, ,b a s SDt a n‘" (126). 3n feiner Unauffälligfeit unb 9lichtfeftftellbarfeit entfaltet bas 3Ran feine

§>errfcf)aft über uns. „ 2 Bir geniefeen unb oergnügen uns, toie m an ge=

nieftt; tt>ir lefen, fehen unb urteilen über Literatur unb Kunft, tt>ie m an ficht unb urteilt; toir aiehen uns aber auch fcom ,grofeen Raufen* aurüd, toie m an fich 3 urüd 3 ieht; toir finben empörenb, was m an empörenb finbet" (129). ®ies „2Ran", bas toir auch ols „bie Öffcntlichfcit" fen=

nen, regelt 3 unäd)ft alle 2 öclt= unb ®afeinsauslegung unb behält in allem 91 echt. 3 u n ä ch ft alfo „bin" nicht „ich", im Sinne bes eigenen Selbft, fonbern bas „SOZan" ift, in bem ich glcichfam 3 erftrcut unb oerloren bin (ober richtiger: je fchon toar), fo bafe ich „mich" erft „finben", 3 U meinem

„eigentlichen Selbft" erft fommen mufe1).

V. ©enauere "Schreibung bes „3n=feins" unb bas „$ a " bes ©afeins.

?Bir hoben fchon oben eine oorläufige Orientierung über bas 3n=ber=

< 2Belt=Scin gegeben: 9Zad) ber genaueren 2lnalpfe oon „ ‘Jßelt" unb bem

„2Ber" bes ©afeins toenben toir uns bem Phänomen bes „3 n = S e i n s " 3 u.

’) baau Slierfegaarb I unb III (in bietem §cft 6 . 47 ff.).

(12)

42 6 e i n u n b S e i t

®as „®afetn", für bas ja bas 3n=ber=?Belt=}cin wefenbaft ift, ift fclbft je [ein „ $ a". Sa s foll bebeuten: es gibt für cs ohne weiteres „hier"

• unb „bort"; es bat in feinem eigenften Sein ben (£barafter ber Unt>er=

fcbloffenbeit. Surd) biefe wefenbafte (£ r f d) I o f f e n b e i t ift bas „®a=

fein" in eins mit bem ®a=fein t>on 2Belt für cs fclbft „® a ". Unb bas Sein, worum cs biefem Seienben gebt, ift, fein „$ a " 3 U fein (153).

3 wci glcicburfprünglicbe grunbtegenbe 2 ßeifen, „bas ® a 3 U fein", fiebt f). in ber „55efinblid)fcit" unb im „Verfteben".

3n ber „*33e f i nbl i r f >f e i t " , b. b- bem „©eftimmtfein", ift bas 5)a«

fein gleicbfam „immer fd>on sor es felbft gebracht", es ift, „r»or fein Sein als ® a gebracht"; ber (2aft=)‘) Sb^rafter bes ©afeins ift erfd)loffen. Selbft wo bas ®afein bem in ber Stimmung crfd)loffcnen Sein ausweid)t, ift bas $ a ßrfcbloffenes. „®icfcn in feinem 3Bober unb 2 Bobin t>erf)üllten, aber an ibm felbft um fo unoerbüllter erfd)loffenen Seinsrf)arafter bes Dafeins, biefes ,$afc es ift* nennen wir bie © e w o r f e n b e i t biefes Seienben in f e i n ® a , fo 3 war, bafe es als 3n=ber=2Belt=fein bas ®a ift" (135). ®ie Stimmung bringt bas Däfern oor bie „gafti 3 ität", b. b-

„bas Safe feines ®a, als welches ibm in unerbittlicher 9tätfelbaftigfeit entgegenftarrt." So erfcblieftt bie ftimmungsbafte < 33efinblid)feit (bie allem Srlennen unb ^Bollen t>orauslicgt) bas ©afein in feine „©cworfenbeit", unb awar 3 unäcbft unb 3 umeift in ber ‘Jßeife ber „ausweicbenben 2 Ib=

febr" (131). ®ie ,,©eftimmtf)eit ber 33cfinblid)fcit" bebingt, baß bas

„Safetn" ber 2Belt offen ftcl)t; in ber „Stimmung" liegt bie primäre (Entbectung ber 2Belt; nur auf biefer ©runblage fönnen unfere Sinne

„affi 3 iert" werben (Sinbrücfe empfangen); „in bem ftimmungsmäfeig fladernben Sehen ber ,3Belt‘ 3 cigt ficf> bas 3ubanbene in feiner fpe^i=

fifeben < 2ßeltlicbfeit, bie an feinem Sage biefelbe ift" (138). ©eftimmtbeit bat aud) bie „Öffentlicbfeit" als bie Seinsart bes „9Jlan"; aud) braucht fie Stimmung unb mad)t fie für fid>; Sache jebes 9lebners ift es, in fold)e Stimmung hinein unb aus it>r heraus 3 u fpred)cn. Sine fel>r bebeutfame 2lrt ftimmungsbafter < 33cfinblicbfeit ift bie g u r d) t , bie felbft auch in ber gorm ber Schüchternheit, Scheu, 55angigfeit, bes Stußigwerbens ober als (Erfcbreden, ©rauen, Entfetten t>orfommen fann.

Sine 3 weite < 5ßeife, „S a 3 u fein", ift bas „53 e r ft e h e n" (bas felbft ftets irgenbwie „geftimmt" ift). ®as „Verftehen" befteht barin, bafc es für uns ein „ 2 Borum=wtllen" unb bamit ein ©anses t>on „33ebeutfam=

feit" (b. h- //3Belt") gibt, (©afein ift eben Seienbes, bem es „u m" es

f) £)ier jeigt fief) eine getüifie pcffimiftifcf)e ‘öeroertung bes Dafeins, bie aud) fpäter- bin fid) bemerfbar maebt. giir fie fann nid>t in bem ©rabe objeftioe ©ültigfeif be*

anfpruebt »erben wie für bie lebiglid) bas ,/Dafein" bjtD. „S e in " befreffenben Ser«

glicberungen. 3Utcb bier ift eine 33ern?anbtfd)aft mit Slierfegaarb unmfennbar;

ogl. IV unb V.

(13)

6 e i n u n b S e i t 43

felbft gel)t.) 3m funblid auf folches „?ßorum" unb fold)e ,/33cbeutfam=

fett" „entwirft" bas 33erftchcn bie „SRöglichfciten" bes Safeins. „211s ,©eworfcncs‘ ift bas Safein in bie 6einsart bes (Entwcrfens geworfen."

„Safcin r>erftef>t fid) immer fchon unb immer nod), folange es ift, aus 3Röglid)feiten,)// (145). „S a s Safein ift bie SOtöglichfcit bes grcifcins f ü r bas eigenfte Seinfönnen. S a s SKögltchfcin ift ihm felbft in oer=

fchiebenen möglichen SBeifen unb ©rabcn burchfichtig" (144). 2lls „?5er=

ftehen" weife bas Safcin, woran es mit ihm felbft, b. h- feinem Sein»

fönnen ift; es ift infofern ftä'nbig „mehr", als cs tatfächlicf) (b. h- als

„33orhanbcncs" betrachtet) ift. Unb fofern bas „Safein" als SDZöglichfein fchon „ift", was es wirb ober nid)t wirb, fann cs Dcrftchenb au fid) fagcn:

„werbe, was bu bift!" 2Bcil aber bas „Safcin" immer auch „3n=bcr=

5Belt=fein" ift, enthält 33erftchen ber (Ejiftena als folcher immer auch ein 33erftchcn ber 3Belt (146). „Unburd)fichtigfeit" unb „Surchfichtigfcit"

Don Safein unb 2Bc(t ftnb nur ©rabc biefes „55erftehens". 5Bas wir

„2Infd)auung" unb „Scnfcn" nennen (worin 3 . 33. Kant bie gaftoren bes (Erfcnncns fah), ober was f)ufferl unter „phänomenologifchcr 2Bcfens=

fchau" oerftcht, bas wuselt alles in bem urfprünglichen „Skrftchcn", t>on bem hier bie 9tcbe ift, unb bas felbft eine Sßeifc unferes „Scinfönnens"

ausmacht (147). „S ic Slusbilbung bes 33erftchens nennen wir 21 u 5 =

1 e g u n g." 3n ihr eignet fid) bas 33erftehen fein 55crftanbcnes ocrftchenb Ißtwas „als" (Etwas] 3 U (148). Auslegung grünbet alfo im 53erftehen (unb nicht umgefebrt). 6 0 wirb 3 . 53. 3 uhanbcncs „ausgclcgt" mit ber gormcl: es ift um 3 u; ber Stuhl ift „ 3 um Sitten", bic geber „ 311 m

Schreiben". 2lber auch ohne biefc „Auslegung" ift cs fd)on im 3utun=

haben bamit „oerftanben". (Es wirb nicht etwa 3 unächft nur ein blofees

„ s33orhanbencs" erfahren unb bann erft „als" Stuhl ober geber auf=

gefaftt. „S a s 9Zur=nod)=r>or=fich=habcn t>on etwas liegt t>or im reinen Slnftarren als 9lid)t=mchr=t>crftehen" (149).

3Bcnn wir unfer Sein unb bas mit ihm erfchloffene inncr=wcltlich Seienbe oerftchen, fo fagen wir: es hat „ S i n n". 9?id)t ber Sinn, ftreng genommen, ift oerftanben, fonbern bas Seienbe b 3 W. bas Sein. Sinn ift ein entworfenes Woraufhin, aus bem etwas als etwas scrftänblid) wirb;

„Sin n " gehört alfo 3 um Safein (ift ein „(Eyifte^ial", f). I, S . 19), ift aber nicht eine „(Eigenfchaft", bie am Setenben haftet, ober „hinter" ihm liegt ober als „ 3 ^ifd)enreich" (wie liefert meint) irgenbwo fd)wcbt.

Silles Seienbe, bem nicht bic Scinsart bes „Safcins" 3 ufommt, ift ohne Sinn („unfinnig", b. h- bes Sinnes bar), unb nur folcbcs fann „wiber=

finnig" fein (wie 3 . ^ 8 . 3 erftörenbc SJaturcrcigniffc2). Sofern „Slusfagen"

(„Urteilen") im 3krftchcn grünbet unb eine gorm ber „Auslegung" bar=

‘) 23gl. Slicrfegaarb IV , 5.

J) 6 . 3Inm. 1 ber folgenben 6eitc.

(14)

44 6 e t n u n b S e i t

ftellt, hat auch cs „Sin n ". Slicht aber barf Sinn befiniert werben als etwas, was „an" einem Urteil neben ber Urteilsfällung oorfommt2) (154).

6d)on in bem bantierenben Umgehen mit „S^ug" liegt oerftehenbes Auslegen. $as SBeglegen b 3 W. 3öed)feln eines 2 ßerf 3 eugs fann ben

„S in n " haben: ber fmmmer ift 311 fchwer (babet braucht fein 2ßort ge=

fprochen

3u

werben). SBirb nun bas, was 3unäd)ft als „S^ug"

„3U=

hanben" ift ( 3 . 53. ber Jammer) „©egenftanb" einer Ausfage, bann wirb es 3 um „ ‘Sorhanbenen" mit fo etwas wie „ßigenfehaften". —

©leid) urfprünglid) wie „23efinblid)feit unb 33erftehen" ift bie 91 e b e.

„S ie befinbliche 33erftänblid)feit bes 3n=ber=2Belt=feins }prid)t fich als Siebe aus" (161). 3 um Sieben gehört 3 U= unb abfagen, aufforbern, warnen, fragen, mitteilen, Ausfprad)e, 5Rüdfprad)e, gürfprache, Aus=

fagen machen, Sieben halten. _3um rebenben Sprechen gehören als 3Rög=

lichfeiten aud) f)ören unb Schweigen. 23eim f)ören ift es nicht fo, bafe wir „ 3 unä'cbft" nur (Smpfinbungen erlebten unb bie bann erft beuteten, fonbern bas f>ören ift oon £>aus aus ein „t>erftehenbes" f)ören. ®urd)

„Schweigen" fann man u. U. beutlicher „ 3 u oerftehen geben" als burch Sprechen. ®aft fid) ©rammatif unb Sprachphifofopbie feit ben ©riechen lebiglid) t>on e i n e r gorm ber Siebe, nämlich ber „A u s f a g e", orien=

tiert, bebeutet, bafe ihr gunbament 3 U fchmal ift (165 f.).

$ic Art bes 53erftehens unb Slebens, bie bem „SDlan" bes alltäg=

liehen ©afeins eignet, ift bas „© e r e b e"3). ®as, was gerebet wirb, fann nämlid) weitgehenb oerftanben werben, ohne bafe ber f)örcnbc ben betreffenben Sadperhalt felbft fennt ober unterfucht. Auf bem ?Bege bes 2Beiter= unb Slachrebens 3 ieht bann bas ©erebe weitere Greife unb ge=

winnt Autorität. ®as ©erebe (wie aud) bas „©efebreibe") bietet fo bie 9Jlöglid)feit, alles 3 U oerftehen, ohne an bie Sache felbft hcran 3 ugehen.

®aburd) wirb oft — ohne Jäufcbungsabficht — ber Sachoerhalt r»er=

bedt unb felbftänbiges gragen unb Suchen bes <£in 3 elnen niebergehalten.

®as „©erebe" lenft aud) bie „Sleugier", bie „Tenbens" 3 um Stur=

Vernehmen. ®as „©erebe" fagt, was „man" gefehen unb gclefen haben rnufe. Unter bem oerflachenben (Einfluß t>on ©erebe unb Sleugier fommt

‘) 3m ©egenfafo baau möchte id) meinen, bafe nur [olcfjes bem 6 inn aufommen fann, toie 3. 55. ein 6 afj, ein Verhalten, aud) miberfinnig, b. f). ftc^ felbft toiber=

fpred)enb fein fann.

2 3 10 6c üftaturercigniffc als fotd>e finb finnlos (b. i. frei x>on 6 inn). 51ls „totber»

finnig" roerben fie uns nur bann er|d)ctncn, menn man (bemufet ober unbemufot- inftinftir») 6 inn in fie bineinlegt bam. oon ibnen erroartet, jo menn man 3. 33. bie 9Zatur als gefd>affen unb burd>n>altet oon einem göttlichen 2 Befcn anfiebt.

2) 33erftel)t man unter „Urteilsfällung" ben Dom 3nbioibuum oollaogenen Urteils»

aft als jeelijcbes Erlebnis, fo fann man baoon „b a s Urteil" (fprac$lid> formuliert:

b e n 0 at5) unterjebeiben. 3)amit fommen mir in bie logifcbe Betrachtung, gür fie baftet ber 6 inn am 6 at3 bam. fällt aujammen mit bem „3nbalt", bem gebanflid)cn

©ebalt bes Urteils.

3) 33gl. ftierfegaarb, IIL 5.

(15)

6 c i n u n b S ^ i t 45

3 t v e i b e u t i g f e i t , ja „53obcnlofigfcit" in bas SOtiteinanberfein bes „9Kan": cs ift nirf>t mehr au cntfcf)cibcn, tvas in cd)tcm Verftehen erfd)Ioffcn ift unb tt>as nicht. 3- 55.: /r®er Anbere ift 3 unäd)ft ,©a‘ aus

bem her, tvas man von ihm gehört hat, tvas man über ihn rebet unb tr>eife. 3roifd)cn bas urfprüngliche SKitcinanberfein fchiebt fich 3 unä'chft

bas ©erebe" (174 f.). ®as 3Riteinanberfein im „SDtan" ift nicht ein gleichgültiges Debeneinanber, fonbern ein neugieriges, 3 tvetbcutigcs Auf=

einanberpaffen. „Unter ber SKasfe bes güreinanber fpielt ein ©egenein=

anber."

©erebe, Deugier unb 3 tt>eibeutigfeit machen einen ©runb 3 ug ber

Alltäglichfeit aus, ben f>. „bas V e r f a l l e n bes Safeins" nennt. Sas

„®afein" ift von fich felbft, b. h- feiner Sigentlid)feit, feinem „Selbftfein=

fönnen" immer fd)on abgefallen unb an bie „5Belt" verfallen1), in bie Öffcntlichfcit bes „SKan" verloren, in bem burd) ©erebe, Deugier, 3*vci=

beutigfeit beherrfchten SKiteinanberfein aufgegangen (175). Sin ©runb=

3 ug bes „3n=ber=5®elt=feins" liegt in biefem Phänomen bes „Ver=

fallens" vor. ®amit ift auch gegeben bie „Uneigentlichfeit" bes ©afeins (f. oben 6 . 43), b. h- ^as 55enommcnfein von ber 5Belt unb bem 3Rit=

bafetn mit ben Anberen im „SKan". „S ie Selbftgetviftheit unb (£nt=

fchiebenheit bes STCan verbreitet eine rvachfcnbc Unbebürftigfeit htnfid)t=

lieh bes e i g e n t l i c h e n ,befinbltd)cn‘ Verftehens. ©ie Vermeintlich 3

feit bes SDZan, bas volle unb echte ,2cbcn‘ 3 u nä'hren unb 3 U führen, bringt eine ^Beruhigung in bas ©afetn, für bie alles ,in befter Orbnung*

ift, unb ber alle Türen offenftehen." S ic begünftigt fo 3 uglcich bie f>cm=

mungslofigfeit bes „Betriebs" (177), ber uns ber „Sigcntlichfeit" unferes Safcins entfrembet unb uns in bie 55obenlofigfeit unb Dichtigfeit ber uneigentlichen Alltägltchfcit abftür 3 cn läfet, fo bafe tvir glcichfam „von uns iveg" leben. §ier 3 eigt fich auch, bafe bie „©eivorfcnheit" bes ®a=

feins (f. o. S . 42) nicht eine fertige, abgefchloffcne 3Tatfad>c ift, fonbern

„bafe bas Safein, folange es ift, tvas cs ift, im 5Burf bleibt unb in bie Uneigcntlichfeit bes SKan hincingctvirbelt tvirb" (179). —

3ufammcnfaffenb tvä're 3 U fagen: ®as 3n=ber=5Belt=fein unb bie bamit gegebene Srfchloffenhcit für bie 5Belt unb bie Anbern tvaren 311 d)araf=

terifieren als 55efinblid)fett, Verftehen unb 9lebc; für bie „a 11 1 ä g =

l i ch e" Scinsart ber „Srfchloffenheit" tvaren fcnn 3 cid)nenb: ©erebe, Deugier, 3 tvcibcutigfcit unb barin begrünbet bas „Verfallen" mit feiner

„Beruhigung" unb „Sntfrcmbung" von ber Sigentlichfeit. Dunmehr ift bcr 55oben getvonnen für eine ©efamtauslegung bes Seins bes „®a=

feins" als — „Sorge" (180). Als befonbers auffchlufereich tvirb babei bas Phänomen ber „Angft" ber Analpfe 3 ugrunbc gelegt (182).

') 35gl. ftierfegearb, I, 2, 3. II, 3. III, 5.

(16)

46 3 u r E i n f ü h r u n g i n b i c ^ b i l o f o p b i e

23er|cpßj5G nlc^f bk& ipuntnßfrdcf)

33on SOcar i e £ ü b e f e

2 öas je bir groß, unb wert, unb reid), 3m ©afein warb

i)kx

sunt (Erleben, Vcrfcblicfec nid)t bies §>immclretd),

©emeingut foll es Vieler werben.

2 ßas in bir febroingt, unb flingt, unb tönt, 2Bie 3ubelruf unb fmrfenfptele,

©ib —, bafe bas ®afcin es r>crfd)önt, (£s hungern unb cs bürften wele.

3ur (5mfüf)rung in 5xc

II. 3ur @tbif: 6 tnn ber fiftfuf)en 23eroerfung

Wenn Klarheit erreicht ift über ben (Segenftanb fittlicber Bewertung, tnufe fid) bas 9Jad)benfen richten auf 6 i n n u n b E i g e n a r t biefer Beurteilung felbft. ^Dabei ift leicht au erfenncn, bafe es fief) in if)r nid>t um S c i n 5 urteile franbelt, bic nur ettoas als feienb ober nid)t feienb beurteilen, fonbern um W e r tu r te ile , unb bafe bie fpe^ififd) f i 1 1 1 1 cf) e n Werturteile fid) unterfd)eiben oon anbersartigen, tote äftbe=

tifdjen, religiöfcn ufw. (2 s ift nun Aufgabe ber pbilofopbifcbcn (Ht^if, bie Eigenart ber f i t t l i e b e n Werturteile unb ibren Ünterfcbieb oon ben übrigen bcutlid) 3U machen.

$ 0 3 1 1 müffen junäcbft bic in jenen Urteilen oorfommenben Wertpräbifate gefammelt unb in ibrer Bebeutung abgegren^t toerben. $am it gewinnt man bie fittlicben ©runb=

begriffe (Kategorien) wie gut, bofe (fd)lcd)t), anftänbig, unanftänbig, ebel, oornebm, gemein, feburfifd) ufw. Weitere Befinnung 3eigt, bafe in bem Sin n ber pofitioen biefer Begriffe ein „(Bollen", in bem ber negatioen ein „SRicbt-folIen" enthalten ift.

Somit ergibt ficb, baß aus ben fittlicben Bewertungen auch obne weiteres bic fittlicben form en als ©ebotc unb Verbote beroorgeben. 'Die Eigenart ber f i t t l i c b e n form en (3mperatioe) als folcber bat febon Slant treffenb ebarafterifiert, inbem er fie als „f a t e g o r i f d) e" (unbebingte) 3mperatioe be3cicbnet. 6 ic gebieten ober oer=

bieten nämlicb bebingungslos: S)u follft! ober: $)u barfft nicht!, wäbrenb bie fo»

genannten „b P P o t b e t i f cb e n" 3mperatioe nur ein bebingtes Sollen ausfpreeben.

3. B ., r oe nn (b. b. unter ber Bebingung, bafe) bu 5Ir3t toerben willft, mufet bu biefen Stubiengang einfcblagen.

Unter ben fittlicben Begriffen finb bie cigcntlid) grunblcgenben bic beiben: g u t unb b ö | c. $)as Sftormatioe in ibnen, bic Pflicht, bas Sollen ober 9Zid)t*Sollen, erleben toir niebt nur, wenn toir anberen etwas fittlicb gebieten ober oerbieten, fonbern aud), toenn in uns felbft unfer fittlicbes Bewu&tfein fid) gcltcnb mad)t (populär aus=

gebrüdt: toenn bic „Stimme bes ©ewiffens" ertönt). <3ft bas aber richtig, fo ift bic oft aufgeworfene gragc: r o a r u m follcn toir cigcntlid) ber Stimme bes ©etoifiens folgen, to a r u m follcn toir gut banbcln, im ©runbe — g c g c n f t a n b s l o s . W e r nämlicb wirtlich ein Verhalten als „gut" berart erfennt unb erlebt, bafo fein ©efübl, fein

§>cr3 oon bem W ert bicfcs Verhaltens ergriffen wirb, ber erlebt es eben bamit als fein-follenb, als ihn innerlich ocrpflichtenb. Steint er noch eines barüber hinaus»

iiegenben Verpflichtungsgrunbes, einer fogenannten „San ftio n " bes Sittcngcfctjes ju bebürfen, fo fönnte bie ja nur in einem anberen W ert ober Unwert, 3. B . in einer erhofften, biesfeitigen ober jenfeitigen Belohnung ober Beftrafung liegen. Wenn ihn nur bic $lusfid)t barauf burch Hoffnung ober furcht beftimmen fann, ber Stimme feines ©ewiffens, alfo feines fittlicben Wertbewufetfeins 3U folgen, fo oerrät er bamit, bafe er ben fittlicben W ert noch nicht als S e l b ft wert (b. b. als etwas in fid) Wert=

oolles) 3U erleben unb 3U febäften oermag, fonbern nur als a b g e l e i t e t e n , b. b.

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