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Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik, 1877, Bd. 5, H. 1.

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UeueMonatgyefte

sur

Æjrhtkunstund Zåritik

(2)
(3)

III-sueMonatshefte

fr

Dichkknnskund Knikili

kraus-gegeben

Bscar Bltnnenthai.

Fünfter Band.

——W———

Leipzig- Ernst Iuliug Günthcr.

1877.

IM- Hast

(4)
(5)

MitarbeiterdesfünftenWand-II

August BeckenS. 97.

KarlBlind.S.154.

M.G. Tom-ad. S.146.

Julius DuboaS.141. 426.

Max-jev.Ebnkr-Escheubach. S.76.280.

Emanuel GkibkL S. 53.

OttoGirndt. S.280.

E.Grieka. S. 273.

Y.Groß.S.164.346.483.

Ludwig Habicht. S.421.

Ed.v.hartmaum S.352.

MaxheinzehS.121.

S.Heller-.S.70. 123.263.334.

L.M. HerzeLS.87.

HangHer-rig.S.473.490.

MaxBot-witz.S.137.

Wilh.Io1-dan. S.65.

F.KutschenS.432.

HieronymusForm.S.236.

E. FolheissemS.87.

r.FaustMacht«-.S. 42.

Gottlieb Ritter. S.78. 245.

EmilRitters-haus.S.113.

p.K.RoseggenS.130.

Iohanneø Scherf.S.58. 115.240.307.

Erwin Schliche-uS.l.443.

AdolfStrodtmauw S.177. 307.

EmilTauben-LS.208.

HansWacheuhusemS.233.

Ernst Müder-LS.294.

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(7)

YIrlgnlt8-Mrzeiclgniss.

Dramaiischm

FriedrischHalm: Zwei dramatische Fragmente.MitgetheiltvonF aust Pachler ErnstWichert: DiegnädigeFrauvonParetz

Rovcllistischeg.

ErwinSchliebenx Hylas August Becken Stumme Liebe . Otto Girndt: DerMond vonEhantilly Marie v.Ebner-Eschenbach: NachdemTode . Erwin Schlieben: EineEngel-Ehe.

Epischcg.

Emil Taubert: EinMutterherz Lyrischm Emanuel Geibel: Distichen

BernardinoZendrini: MeinDante . . . . ·. . . .

EmilRittershaus: Zwei GedichteanFerdinandFreiligrath . MaxHeinzel: Gedichte

Bei-mischteKufsäizc Johannes Scherr: Literaturbriese. .

Wilhelm Jordan: Zur deutschen Verskunst. Marie v.Eb«ner-Eschenbach:Aphorismen

Gottlieb Ritter: Einedramatische delle ....

S.Heller: PantheismusundPoesie.

P.K.Rosegger: DieGrazer Poeten-Colonie

BriesevonCharles DickensanH.E.Andersen . . . . . . . .. .

MaxH orwitz: Englisch-Deutsch.EinSprachbildausdenVereinigtenStaaten Julius Duboc: Zur Characteristik L. Feuerbach’s.

M.G.Conrad: CastelarüberPuschkin.

58. 115. 240.

S eite 42 294

97 280 361 443

208

53 55 113 121

307 65 76 78 123 130 134 137 141 146

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Karl«Blind: DeraltgermanischeSonnendienstinEngland AdolfStrodtmann: NeuesvonundüberFerdinand Freiligrath Hans Wachenhusen:SeufzereinesRomanschriftstellers Hier VUyMusLorm: LiterarischeFrühlings-Lüftung Gottlieb Ritter: Sardou’sneueste Komödie F. Grieben: Todtentänze. . . . . . . . .

Adolf Strodtmann: AusHeine’s Studentenzeit H. Heller: S.H. Mosenthal . . - -

F· Groß: Shakespearein einemitalienischen Spiegel Ed.v.Hartmanm Einplatonisches Gespräch. BriefevonZeitgenossenanH.C.Andersen LudwigHabicht: GoethealsErzieher.

Julius Duboc: Im SpiegelderZukunft LeopoldKatscher: F.Bulozundseine Zeitschrift HansHerrig:FirdusiindeutschemGewand F-.Groß: Lesefrüchte.. . . . .. . . . . . O.S.Seemann: Zur PhilosophiedesUnbewußten

Itritikkin S.Heller: Gustav Freitag’s»Ahnen«-Probe.

F.Lotheis sen:F· Hiller’s BriefeaneineUngenannte .

L.M.Herzel: Auerbachund Lenau . . .

Oscar Blumenthal: EinSchimpflexicon. . . . . . . .

Oscar Blumenthal: Kürnberger’s literarische Herzenssachen. Oscar Blumenthal: DerHäckelismus in Versen F.Groß: Bozena. . . . . . . . S.Heller: Dergetaufte Prometheus.

Seite 154 177 233 236 245 273 307 334 346 352 410 421 426 432 473

486

70 87 87 164 164 164 164 263

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Herausgegeben

Oscar Blumenthai.

V.Rand. Heft1.

Leipzig-

(10)

I:::,Jaunar1877.x:::

Inhntt.

Seite

Hyme«NovellevonErwin Schlieben 1

Zwei dramatiska JragiiikntevonLrikdrich Halm MitgetheiltvonFaust

Pachler· .. . . . . . . . . . . 42

DistichonVonEmanuel Geibel . . . . . . . . . 53

Mein Dante. NachBernardino Zendrini von B. . . . . . . 55

LiteraturbricfcnVonJohannes Scherr . . . . . . . 58

ZurdeutschenBergkunfl.VonWilhelmJordan . . . . 65

GustavLreytagv ,,,Ahnkn«-Probe.Von S.Heller 70

LiphorimneinVonMarie von Ebner-Eschenbach 76

EinedramatischcIdyllc.VonGottliebRitter . 78

Kritischckiundbtiiike . 87

XrieskaneineUngeiianntk.VonF. Lotheißen.

Inn-hat«nndfcnnin VonL. M.Herzel.

Mist-eiteln

Die»Warst Monats-hefte«erscheinenregelmäßigamEnde jedesMonats imUmfangvon mindestens6Bogen LexiCkegsgeh-

Yer saht-gnugbestehtaus 2WändenZuje6Zeiten«

preispro Band 6Mark; proQuartal 3Marti;proHeft1Marti.

AlleBuchlttwdlllttgenundPostanstaltennehmen Bestellung-nan.

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YOU-. l

åylan Novelle vonErwin Schliebem

Jm verwichenenSommer führte michdasUngefähreinerReise nachderalten Universitäts-undHandelsstadt,WVicheinenTheilmeinerJugendundeinige Semester meiner akademischenZeitverlebt habe.Man hatte soebeneindreitägiges Sängerfest gefeiert,undandenFenstern verglommendieLichtstümpfeundLampeneinerallgemeinen Stadtbeleuchtung. Das Fest drängte sich währendderletztenStunden indie Gärten um denSchloßweiherzusammen,woman denWetteifer derGesängemitbuntem Feuerwerk beschloß.Jch fühlte Mich nacheinerlangen heißenFahrt nicht frischgenug, ummich nochamspätenAbend in dasFestgewühlzumischen; dochversagte ichmirnicht, denSchlußdesFestesvon einembehaglichenWinkelauszugenießen.Zu diesemZwecke besuchteicheinvielgenanntes Kasseehaus, dessenBalkoneüber demWeiher hängenund wodieGondelnamhäufigstenanlegen«

·

DieGärtenspiegeltensichmitihren Gasflammenundbunten Papierlampenin demGewässerwievorJahren; dasFeuerwerk,dasman abbrannte, erschienzugleichin derHöheund in derTiefeundverwandelte für AugenblickedasWasser’in Glut. Die sommerlichenGewänder lustwandelnderDamen schimmertenausdemerleuchtetenGrün der Gärten,undzierlicheGondeln mitkicherndenMädchenflossenüber denblitzenden Wasser-spiegelBisweilenbrauste nocheinMännerchordurchdieNachtund die Tenore klangenetwasheiser; sonstaberwar esstillezumEinfchlafen.

VondenPersonen,dieanderSteintreppelandeten undflüchtigeineSchaleEis nahmen,kannteichNiemand. Zu lange Zeitwar hin,sseitich hier gewesen,und«die guten offenen Gesichter,dieichliebgehabt, hatten sichlängst hintergroßeBärte ver- krochen. Möglich,daßEiner an mirvorüberstreifte,mit demicheinenBechergetheilt oderdenBruderkußgetauscht;aberdashat janur eineMinute Werth.

Das Feuerwerk verprasselte;einTusch, wahrscheinlichzuEhrenderFestordner, erschollaus demfernstenderGärten. DasFestwar zu Ende ;dieLampen erloschen oderwurden abgerissen,derWeiher hörte aufzublitzenundeinkalterHauch strich darüberhin.Dieletzten Gäste verließendenBalkonundder Kellnerschieltenach mir, obich nicht auchbaldgehenwollte. Eswar nur träumerifcheMüdigkeit,diemich noch festhielt.

Daplätscherteesunten andensteinernen Stufen,undnocheineGondellegtean.

Aus demDunkelüberdemWeiher hob sicheinzerfahrener Hut,und einefragwürdige

v.1. 1

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2 Birne Monat-spätefürerhtlmnst nndKritik

Gestalt stiegdieTreppe herauf.DerAnkommende trugsehrverwitterte Kleider,und sein Gesichtwar durcheine breiteNarbeentstellt.Eswar einepeinlicheErscheinungan

diesemOrte;erschiennichtvielmehralseinLandstreicher, nur sein sauberer,wenn- gleich grober HemdkragendeuteteaufeinebessereEigenschaft.

Der Fremdewarf sich unbefangen aufdieerste besteBank undverlangtevom Kellner,dersich ihmnur zögerndbequemte,eingroßesGlasGrog.Dannsahersich hastig nachmir um undsetztedenHutab. Sobald ich seineStirn sah, mußteichan einenJngendfreund denken,andenwunderschönenLorenz Limbach.Abererwar es nicht,erkonnteesnicht sein.DerschöneLorenz,dasJdeal jugendlicher Anmuth,der AbgottderMädchen,dieAugenweidederKünstler unddieser rothbraune zerhauene Wicht,derebendasgroßeGlaszurHälfteaustrank undausdenTisch stieß nein!

Wie wäreeinesolcheWandelung möglichgewesen!

Unddoch, seinBlickhaftete aufmirund riß sichwieder los. Ertrockneteden Schweißmit derflachen Hand, räuspertesich,riefdenKellnerundzahlte.Dannstürzte erdie andreHälfte seinesTrankes hinab,kamaufmichzu undnannte meinenNamen.

,,Limbach Siesindes?« Das alteDuwolltemirnichtüber dieLippen.

,,Limbach, Herr, ja wohl,undichwillSie nicht belästigen.Jchwolltenur Ge- wißheit haben,obSieeswären,unddaauchderKellnerfortist, sowar keineGefahr Siezucompromittiren.Jch sehe schlechtaus he?«Dabeilachteerdurchdie zu- sammengepreßtenZähne,dienoch so weißund tadelloswaren wievorZeiten.

Jchblickteihnwieversteinertan. Diesematten Jrrlichtervon Augenwaren die stammenden Doppelsterne unsres Lieblings? Dieses rothe Gesicht, durcheinefingerbreite schlechtgeheilteSchmarrezerklüstet,war dasselbe,indaswireinstwiein die Sonne derSchönheitblickten? Diesermagere, verkümmerteStrolchmit denbläulichenHänden war derApollinoderBildhauer,derHylasder Maler?

DiebeidenBilder standenzu unvermittelt neben einander; Vergangenheitund Gegenwart, VerheißungundErfüllung widerspracheneinander zusehr; ichbefand mich voreinemunheimlichen Räthsel.

»Nichtwahr?« stießderUnglücklicheheiser hervor: »Sie suchendenschmucken, glücklichenJungen,den alle Weltum seiner hübschenFratzewillengehätschelt?Hier ist derJunge undhier ist seine Fratze,wenn Sie so gefällig sein wollen, sie dafürzu nehmen.«ErstrichmitdemFingerüber die Narbe inseinem Gesichtundfuhr fort:

,,WollenSieihn nicht dafür nehmen, sodenkenSie,eristnicht mehrda. Siehaben ihnalsHylas gemalt,dendielüsternenNympheninsWasser ziehen,unddaswar ein prophetischer Einfall. Die·Weiber haben ihn hinabgezogen indieTiefe,in den Sumpf;dasteckterfest.Bald werden einPaarkleineBlasenheraufgurgeln;dasist seinLetztes.«

Seine Worte kamenzerrissenüber diestotternde Zunge,eswaren Worteeines BerauschtenodereinesWahnwitzigen.Erbegleitete siemitBewegungen,alsschleuderte ersieVonsich,und seine Stimmerasseltewieauseinemgeborstenen Kessel.Die Ent- ftellung erschüttertemich, je deutlicher ichmiraus denTrümmern desMannes das Götterbild desJünsglingsheraufbeschwor,dermich ehedem entzückt,undeskamder

tthörichteGedanke,obhier nicht nochzuhelfenwäre. »Was sindSienun?«fragte ich.

»Was habenSiefüreineBeschäftigung?«

»Was ichbin?«-lachteerzurück,undgleich darauf zeigteermireinewüthende

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YYIML 3

Grimasse. »Siesehen’sja! WozuwollenSie, daß ich’ssage?EinzerbrochenerTopf biiiich,deU dieKöchinweggeworfen hat,einLumpen,den keinMatz mehrin denSack steckt.Wollen Sienochweiter hören,wasichbin?EinMensch,demSieeineWohl- that erweisen,wennSieihmeinsorgfältiggeladenes Pistolin dieHand geben, gratis, Versteht fich,odereineausreichendeGabeChankali;oderwenn Sieihm gefälligstden Kopf fv langeunter dasschmutzigeWasserdahalten wollten,biser sich nicht mehr bedankenkann.«

Mirschauderte.,,Lorenz«,so beschworich ihn, ,;Du bist doch erstin denDreißig;

Dubistjüngeralsich;Dumußt doch nochKraft haben, Dich aufzuraffen.WennOpfer zubringen sind, sowillich thunwas ichkann.«

»DerAlte!«rief Lorenzmitetwas milderenAceenten. »GanzderAlte,derseinen letzten Groschenanden betrunkenen Bruder gab, währenderselbst Durst hatte. Nein, Herr,dashaben schonAndre versucht,guteNarren, dienicht wußtenwassie thaten.

Aberwenn SieeinHaus kaufen, Herr,undhabeneineTreppezutheeren,oderwas essonst ist, sodenken SieandenLorenz,den SieeinmalausderKneipeeinenGanymed genanntundgeküßthaben.«

Jch weiß nicht mehr,was ich erwiderte; icherinnere michnur,daßereinGoldstück zurückwies. Jchwollteihm seine Geschichteabsragenzabererstand schon abgewendet, um zugehen,unddazukamnochderWirthundfuhr ihnan,ermöchtezusehen,wodie Wandoffenwäre. Lorenznahmseinen HutundnicktesovollIngrimmundVerzweiflung, daßesmirwehe that.Dann schritter,wiefinnverwirrt, dieSteintreppehinab,als wollte ergerades WegesinsWasser, kehrteaber um, schütteltewieeinBlödsinniger denKopfund taumeltedurchdieprächtigenZimmer.

DerWirthwolltesichentschuldigen,daßichinseinemHauseeinesolcheBelästigung erfahrenundsetztehinzu, daßderMenschnieZutritt erhalten hätte,wenn ernichtvom Weiheraushereingeschlichenwäre. Warereinmalda,so müßteman ihn bedienen,um vor denGästen nicht heftige Auftrittezuveranlassen.Esfände sichMancher,derihn inSchutz nähme.MankönnesichnichtallerRücksichtgegenihn entschlagen,daervon gutemHerkommenwäreundfrüherinbesserenVerhältnissengelebt habe..

,,Wovonlebterdenn? Was treibt er?«fragteichunderhieltdie Antwort, das Wisseman nichtmitBestimmtheit. Zwar seheman ihn hieunddaeineharteArbeit verrichten;abergewißnur in derhöchstenNoth. VonZeitzuZeitkämenihmMittel in dieHändeundeswärenicht unwahrscheinlich, daßervon Personen,die mitfeinem Schicksalverflochten wären, unterstütztwürde. Genaueres vermochtederWirth nicht anzugeben. Erbefand sicherst seit KurzemindieserStadt undhatte sichumdenVer- kommenen wenig gekümmert.

Jch habedenUnglücklichennichtwieder gesehen;aberich setztemichmitfrüheren BekannteninVerbindungunderfuhr seine Geschichte.

di- dic

Il-

LoreiizLimbachwar einallerliebsterbrauner krausköpsigerBursche,alsich ihn HUMerste-UMale bei einem Bekannten traf.Erwar auffalleiid hübsch;die Leutesahen ihm aufderStraße nach,wieessonstnur schönenFrauen begegnet. Jchwar älter als er;ichWarimBegriffzur Universität abzugehenunder nocheinjunger Schüleko DennochWarichVVUseinerSchönheitundAnmuth fo gefesselt,daß ichan1drinCulmss

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4 Reue WnuatzhektefürYjchtkunutnndZrith

denalleseineBekannten mitihm anstellten, eifrig theilnahm. WennderschöneLorenz zugegenwar, gabeskeinenwichtigeren Gegenstand;wirbeschäftigtenuns ausschließlich mitihm,kamenseinen Wünschenzuvor,machten ihmGeschenkeundversankenvorseinem schönenAugeundvor derAnmuth seiner Bewegungenmitunter inschweigende, ich möchtesagen anbetende Bewunderung. Es war dasjene süßeSehnsucht nachder Schönheit,welchedie Natur in dieHerzenderJugend legt.

AlsichzurUniversität abging,verlorich ihnin dervolkreichenStadt aus dem Gesichte;alserabernachkaum dreiJahrenalsjungerStudent auftauchte,da prangte erin einerKörperschönheit,die dasIdealdesedelstenKünstlerszuverwirklichenschien.

Erwar um seine schöneStirn höheralswirAlle, sein Wuchs zierlich zugleichund kräftigwieeines jungen Hirsches.Seine weichenbraunen Haare kräuseltensichunter demKamme,undseine lebendigenbraunen Augen, großwieFrauenaugen, hatteneinen sonnigen, siegreichenAusdruck. SeineNasenflügelfiebertenvorMuthundLebensfülle, und dieschönenLippen lächeltenvorjugendlichemGlück. EinbräunlicherFarbenton floßüberAntlitz, HalsundNacken,unddieWangen glühteninunentweihter Kraft undGesundheit.KeinFleck,keinMuttermal, keineNarbe störtedenEindruck des vollendeten Bildes;eswar, alshättebeiihmdie Natur alleihreLaunen bemeistert, mit denensiesonst auch ihre Lieblingsgebildezuentstellen pflegt.

Lorenz durfte sichkeinerStudentenverbindung anschließen.SeinVater,einEisen- händlervonzweifelhafter Wohlhabenheit, gestattete ihmkeineAusschweifung.Erhoffte ihn einstalsAdvokaten zusehen,weildieserStand dereinträglichstewäre;aberer

starbbaldnachdemderSohn seineStudien begonnen.SeinVermögenzerfloßbisauf einen geringen Rest,und Lorenz mußte sich entschließen,alsLehrlingineingroßes Handelshauseinzutreten. Als frühererStudent aber behielter einenTheil seiner Rechteundbliebmitseinen akademischenBekannten imVerkehr.Wirnecktenihnzwar mitseinen Rosinensäcken,sahen ihnabernichtminder gernalsfrüherundgaben ihm den Namen Ganymed.Seine Erscheinungerregteimmer mehr Aufsehen, je näherer denMannesjahren kamundsich kräftigerentwickelte. JndemHandelshause,dasihn aufgenommen,wurdeerwie einSohn gehaltenundgelangtevondaausin den Strudel derGesellschaftDiejungenDamen begannen ihnmitschwärmerischerTheilnahmezu betrachten,unddieKünstler nähertensichihmmitsachverständigen,studirendenBlicken.

Er wurdeeinestadtbekannteSchönheit..

Ich habeniebemerkt, daßLorenz LimbachübersovielenHuldigungenzum Gecken gewordenwäre, wieso mancherandre jungeFant. Niemalshabe ichanihm, so lang’

ich ihngekannt,einenZugvonEitelkeit, ZierereioderSelbstverehrung wahrgenommen;

vielmehrsah ich ihnbei demunzweideutigenBeifall,denaufdringlicheBewunderer ihm bisweilen garzurückhaltlosäußerten, mehralsein Mal erröthen,underinnere ich mich recht, sosprachersicheinmalmitEntrüstungdarüber aus,daßman ihmum seiner Larve willen wieeinemFrauenzimmerdenHof machte. Gleichwohl istessehr wahr- scheinlich, daßdieWeihräucherungenderKünstlerundWeiber ihnschnellverdarben.

Erhätte auch mehr sein müssen,alseinjunger, schöner,warmblütiger Mensch,umden heillofen EinflußderSchmeicheleizu überwinden. Schönheit isteinmächtigerAntrieb zurUeberhebung,vollends wenn dasUrtheileinesKünstlers,einesberufenen Richters über dieSchönheit,uns vorTausenden auserwähltundverherrlicht.

MancherStümpervon derAkademie derKünste hattedengutmüthigenLorenz

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XVIII-. 5

schonalsModell mißbraucht.Derselbewar vielfachalsEngelundAmor, alsHirten- knabeundZigeunerbube gemalt worden, ohne daßman davonvielAufhebens gemacht hätte; zUletztaberfand sichderächteKünstler,umdievergänglicheFormdesbegnadeten Menschenindas Reichder Kunstzuversetzenundihm dadurch einigeDauer zusichern.

EinenganzenFasching hindurch hatte Lorenz,dernunmehr aufderGrenzedes Mannesalters stand,dieauserwählte Gesellschaft durch seine glänzendeErscheinung entzückt,undschließlichinderMaske einesaltgriechifchenJünglingsdieBlicke eines bedeutendenMalers auf sichgezogen, derneuerdingsalsProfessorandieAkademie berufenwar. DieserzogdenjungenMann sofortinseinen Salon, inseinAtelier;

baldwar esstadtkundig, daß Professor KürnbergdenschönenLorenzzumModell seines Hylas auserwählt habe,unddaßman dasBildaufder nächstenAusstellung sehenwerde. JnallenPensionaten,undwosonst zwei Mädchenköpfezusammenkamen, flüsterteman über dasEreigniß,unddieSpannungwuchsbiszurEröffnungder Aus- stellung aufs Höchste.Denn esgabin derGesellschaftkeinjunges Mädchen,dasden herrlichenJüngling nicht gekanntundverehrt hätte. Glückseligjede,diesicheinmalim Tanzeanseiner Brust gewiegt,ein Wort mitihm gewechseltodersich wenigstensvon fernimGlanze seiner glorreichen Augen gesonnt hatte! Es war das eine ganz unschuldige Verehrung, denn Lorenz Limbachwar einganz armer Junge, der an Heirath nichtdenkenkonnte,unddaherdasWohlgefallenanihmeinreinästhetisches. SowurdedenndieAusstellungunter ungewöhnlicherBetheiligung, besondersder Dameuwelt, eröffnet. Sämmtliche Pensionate waren anwesend, Backsischchenin SchwärmenundzuPaaren,undsonst manches schöneKindmit undohne mütterliche Begleitung.Sieallewürdigtendieaufgestellten Kunstwerke, sovielwerthvolleStücke diesmalauchdarunter waren, nur flüchtigerVeschauunddrängtensichum dasBild, dasdiekunstsinnigeNeugierderGesellschaftseitvielenMonaten erregthatte.Erwar da,inseinerganzen prangenden Jugendschöuheit,Hylasvon denNymphen geraubt, Lorenz Limbach,dasJdolderBackfische,verklärtdurchdieKunst, verewigt durchden PinseleinesMeisters.

Jn der Thatkonnten junge Frauenaugen schwerlicheinen Gegenstandvon mächtigererAnziehungskrastfinden.Voneinergoldenen Uferscholle,zu der ein abend- licher SonnenstrahldenWeg durch dichte Schatten gefunden hat, gleitet Hylasin die dunkelgrüneFlut, aufdersich weißblühendeNymphäen schaukeln.Den linkenArm kaumnoch aufdennachrollenden Schöpfkrug gestützt,strebterversinkendgegen die tückischenWasser,dieihn schonbiszumGürtel umspülen.Einehellblonde Nymphe betührtunter bestrickendemLächelnseinen Fuß,denerängstlichzurückziehtsJhkBlick scheintihnmitwollüstigemZauberzulähmen,undso starrtderTodgeweihteMiteinem Ausdruck halbderSehnsucht halbdesEntsetzensaufdiegrausamenunddochanmuthigen

GFWFITeQdieihnzur Tiefelocken undzwingen.Sein großesbraunes Augehaftet JmtangstlichetSpannung aufdemblossen,liebreizenden Unhold- dek-lautet Zärtlichkeit ImverschwimmendenBlick,dieHandanihn legt, währenddrei andremitverlangender Geberde

auf ihn zueilen. Jhre rosigen Körper scheinendastodbringendeElement zu

nnkchlenchtenund zuerwärmen, währenddieLebensluftimSchattenbreiter Bäume sIchUnterdersinkendenSonnemitsrostigen Schauern füllt.DerschöneSterbliche folgt demmächtigenZuge-Nur miteinermatten Bewegung greift seine rechte Hand nach

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6 ReueMonats-heitrefürYirhtlmnstnndKritik

demUfer zurück;siewird esnicht erreichen,undschonimnächstenAugenblick ziehen diedämonischenMädchenihnanseinenbraunen Locken in dieTiefe.

DieKöpfederjungenDamen drängten sichumdasvortrefflicheBildwieEngels- köpfeumeine Mutter Gottes. Die kleinenHerzen klopftenunddieWangen röthetensich beimAnblickder edlenGestalt,andermanchedergutenSeelen gernezurNymphege- worden wäre. NichtzurtückischenWassernixe,derenVerlangenTodbringt,sondern zurbräutlichenGenossin füreinlanges glücklichesLebenimSonnenlichte. Ja wer soliebreizendwäre wiejenes Malergebildemit dem matten unddochso verführerifchen Auge!DemWink undZwangeeinersolchenGestaltwürdeauchderholdseligeJüngling folgen,derbisher nochkeinemweiblichen Zauber erlegenwar.

Odergabesvielleicht dochein Urbild zudiesemverlockenden Teufelsmädchen,das seine Lippenzudemgeneigten HauptedesJünglings emporhob?War esetwakein bloßes PhantasiegebildedesKünstlers?

Dieklugen Augenwanderten imKreisederBekannten,prüften, verglichenund endlich wie konnteman auchnur soblindsein! erkannte man denKopfder kleinen MargarethevonMeerheim,der kleinenSchauspielerin,dieihrerguten aberverarmten Familiezu Liebe unter dem Namen GretheMainau auftrat.

Eswar einmerkwürdigerAugenblick,alsFräuleinCäcilieFlohr, ITochterdes Provinzial-SchulrathsChristian FürchtegottFlohr,einsehr wohlerzogenes Fräulein, dieEntdeckung machteundsie ihrer Herzensfreundin RosaDunkerzuflüsterte.Fräulein RosaDunker öffneteden Mund zu einemerstaunten Ach,daserstnacheinerhalben Minute hervorbach,undnachdemdieses AchimKreisederjungenDamen etwas Außer- ordentlichesvorbereitet hatte,klangesziemlichvernehmlich durchdenSaal: »Das ist ja die kleineMainau! Das ist ja GrethchenMainau! Wirklich sie ist’s!«

DabeganneinZunickenundWispernundiKichernunter denMädchenundes dauerte keineMinute, dawar das Geheimnißheraus,dasman derWeltso lange vorenthalten:DerschöneLorenzunddiekleinereizendeMainau waren einLiebespaar.

DasalsowardieSprödigkeitdesJünglings,derseinebraunenAugenkaumerhob?

DaswardieLösungdesRäthsels,daßein Ausbund von Schönheit,dervonHuldigungen umdrängtwar, keinernachgab?Eine kleineBühnendamehatte ihn gefeitundgefesselt?

EineunbedeutendeGauklerin,dienoch sschüchternin denAnfangsgründenihrer Kunst stak, hatte ihnfortgenommen?Ja, daswar dierechtekleineNixe, ihnins Verderben

zuziehen. · »

Undje mehrman das BildzumBeweise nahm-Ieslchererman indiesemlangen asch- blonden HaardieaufgelöstenZöpfeder Mainau erkannte und indiesenmattblauen,fastins Gelbliche spielenden NixenaugendieAugendereroberungsüchtigenkleinenPerson,und indenweißenSchultern ihre Schultern,undinden runden Armenihre Arme, desto mehrwandelte sichinden Herzenderwohlerzogenen MädchendieverschämteBe- wunderung,diesiedem UrbildedesHylas gezollt,ineiferfüchtigenGroll gegenden verführerischenUnhold,dernun seinenRaub ebenisosicherhatte,wie die blondeNixe aufdem BildeihrenHylas.

II- sp-

MargarethevonMeerheimwar einso reizendes talentlosesundoberflächlichesGe- schöpfchen,wieesauseinergutenFamilieund einerhöherenTöchterschulenur irgend

Cytaty

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Evelyn und Kingston gerufen. Jch wußte damals noch nicht, daß die Creatur schon in Chantilly von ihm bestochen, zu meiner Verführung erkauft war. Ein mehrtägiges Fieber folgte

bildet und in ,,Fernande« Alles glücklich löst, verwickelt in ,,Dora« ganz bedenklich die Sache. namentlich am Hochzeitsabend! Andre möchtebeinahe, als ihm seinejunge Frau in einem

ihnen entschlüpftist. Sie werden sich daher gewiß nicht wundern, daß ich so lange als möglich von dort fern bleibe und die Absicht habe, nicht vor dem Spätherbst

gedeihen, der all’ seine abgedanktenMaitressen in Wachs nachbilden läßt und in diesem ,,Museum«sein Leben verbringt und endet? Wo anders als im verkirchlichten Süd- spanien die

Was speciell den für uns wirklich letalen Ultramontanismus betrifft, so kann ja weder bei Mickiewicz, noch bei Slowacki von diesem die Rede sein, er war zu jener Zeit wenig expansiv

»aber zehn von Jhren Werken gingen ja schon über die Bretter: Zampa, Haidee, dle Hugenotten, Pre aux Clercs!« — ,,Schlechter Beweis: Wohl sind diese Operntexte aus meinen Romanen

er im Moment seiner diplomatischenReise wohl nicht in Paris zurücklassen dürfte. Die Poraussicht des geniereichen Natars wird verwirklicht. Chåteaufortkehrt freudig zurück, gibt

veraltet. Es sind übertriebene Leidenschaften, verzerrte Gefühle. Der Anflug von ritterlicher Höflichkeit und Courtoisie erscheint ihm jetzt so lächerlich, wie er früher