• Nie Znaleziono Wyników

Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik, 1876, Bd. 4, H. 3.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik, 1876, Bd. 4, H. 3."

Copied!
92
0
0

Pełen tekst

(1)

» zHZ ÆqnatslieftX

e x

« ,

Y.

g;». -

-

I

G

. s - J

- s » --x

s J-

o

«

-, x .

X 900 I

linsle

HH. lsz

-Il

J-

l.

«Il.""

hsO,.

tlgtkunstUndZäritili.

«

«

Herausgegeben

Oscar Blumentljai.

Iv.Band. Heft3.

LkiPZigi Ernst Iulius Günthcr.

(2)

September 1876.:-

Inhalt

.s.«.—-»A»

KönigWerbui. NovellevonHugoKlein . . . . . . . . Durchdie Blume LustspielvonErnest Legouv6,deutschvonGottlieb

Ritter . . . . . . . .

»DerWitwen-. HumoreskevonOtto Girndt Gegenüber-.GedichtvonMila Lumi .

DramatischkElslslildlingoVon Dr.R.Tyrolt EinStandbild fiir FI. Klein. VonEduard Engel EichendorfsalszciterachiflorilienVonHeinrichKeiter ErinnerungenanLeder-ein VonHieronymus Lorm .

ShakesprareinParis-.VonGottlieb Ritter · KritischeRundblikke. . . . . .

GedichtcvoncRgnes Linnscr-(angenl)unnß.VonOscar Blume nthal.

»Mir-rollen

Die»Kann cezclonakshestwerscheinen regelmäßigamEndejedesMonats imUmfangvonmindestens6Vogen Lex. eleg. geh.

EierJahrgang bestehtans2Yiindenense6Yestein Seite 185

200 213 230 232 237 247 251 255 265

Preispro Band 6Marti;pro Quartal 3Marti; proHeft1 Mark.

AlleBuchhandlungennndPostanftaltennehmenBestellungenan.

(3)

PäanÆLVBIIL 185

KönigWeran

Novelle von Hugo Klein.

Esmochte wohl fünf Uhr Morgens sein.Jnleuchtender Majestät stiegdie Sonne imOstenempor. Siefärbtemitihren glänzendenStrahlen dasvertrocknete röthliche Gras derHaide gelbnnd hülltedieweißen, zerrissenen Wölkcheningoldigen Schein;

derAether wogtewieeinFlammenmeer undleuchtetewie in purpurne, blutigeTinten getaucht.Der MorgenwindstrichüberdiePußtenunddurchdasLaubderalten Bäume hinterdemKastellvonKerekt6, daßesleise rauschte,wie zumMorgengruße;

und ein frohesWillkommen! riefen auch helle Vogelstimmendemwiederkehrenden Tagesgestirnezu,selbstdiesteifeBlumederSonnenwende nicktestillundverständniß- voll zu den alten Bekannten hinüber.

Zurlinken SeitevonKerektö zogsichdieweite,unbebaute Haide hin,diePußta, öde und kahl;nur inderFernehoben sich einige verkrüppelteBäume alsdunkle SilhouettenvondemglänzendbeleuchtetenHorizonte ab, sonstwar keinerleiBaumoder Strauch aufderweiten, sandigenEbenezuentdecken;nur vertrockneteBlümchenfanden sichda,undDistelnund Dornen, bedecktvom schwerenStaub derHaide,zogensichlängst derLandstraßedahin.WieeineWüste liegtesda,dasweiteHaideland,undeineWüste ist es,wenn die Sonne Mittagsmitihren versengeuden Strahlenden Bodendurchglüht, wenn derWirbelwind seine Sandhosen wehtunddieFatamorgana dem müdenAuge ihreblendenden Bilder zeigt.

Zur rechtenSeite desKastellsvon Kerekt6zogensichdie Aecker des Gutes hin, fetterschwarzerBoden,vollreicher Frucht.DenstrotzendenGetreidefeldern schloßsichder grüne Klee, schlossensichMaiswälder anmit densederartignickendenGoldkronen ihrer Stauden, inderen Schattendiesaftige Melone, auf weicherErde gebettet, reifte.- ZwischendenFeldern schlichsicheineWasserleitung hin, welchedienahe Theiß speiste, damit sie ihr erquickendes NaßdemglühendenBoden,derhalbvertrocknetenPflanze mittheile.DieLeitungwar erst jüngst durchdenneuen Gutsherrn gebautworden.

Das KastellvonKerektöwar einaltes, burgartigesGebäude mit grauen Mauern Undthen ThürenUndFenstern;ein alter unsreundlicher Bau, verstaubt,grau- schimmernd,wie von Spinnennetzenumzogen. Grüne Jalousien und rosige Hyazinthenstöckelachten indessenvon denFenstern herüber,wievon Jugendgluth sprühendeAugenaus einemalten, mitRunzelnbedecktenAntlitz;wie einfrohes

1v.3. 13

(4)

186 TimeManutnhrktrfürZithtlmustundYrjthr Lächeln aufwelkenLippen;wiedas SträußchenimKnopflochdesaltgewordenen Bonvivants.

Eswar einehalbe Ruine,dasalteSchloßmitseinenweitenHallen, seinen langen dunklen Gängen,die derErbauer angelegtzuhaben schien,damit einstgespenstischen BurgfräuleinsderPromenadengang nicht fehle. Verstaubte Familiengemäldeder Barone von Kerektd und Påthfalu,deren EigenthumdasGut Jahrhundertelang gewesen, hingenandenschmutziggrauenWänden desgroßenKorridors undwarteten, daß sieder noch lebende, letzte Sprößlingdesalten Geschlechtsvonhier fortschaffenundinirgend einer geräumigenRumpelkammer unterbringen lasse.ErhattedasBesitzthum seiner AhnenohnevielUeberwindung verkauftundderenlebensgetreue Portraits, dieerbe- wahrenzu wollen dieAbsichtäußerte, wieesschien,abzuholen vergessen.Diehalbe ungarische Aristokratie hat ihreGüterverschleudert, verspieltundvertrunkenzder Baron vonKerektdhat auch so gethan;was sollten ihm nochdie altenAhnenbilder?Dietodten Blicke deraltenHelden schienen ihmeinen Vorwurf zuzurufen...Erwollteesver- gessen,dasHeldengesindel...

DergegenwärtigeBesitzerdesGutes,ein alterStudiengenossevonmir, hattedie altenGemäldean ihremPlatzegelassen.Eränderteüberhaupt nichtsanderinneren EinrichtungdesSchlosses; nichtsandemwurmstichigen Holzgetäfelundden motten- zerfressenenTeppichen, nichtsandenverblaßtenVorhängen,andenschwerenTischenund ArmstühlenundSchränken.Manwarin eine andereWelt,in eine Weltlängstentschwun- denerZeitenversetzt,wennman in diehohen Gemächertrat, inwelchedasTageslicht nur"spär- lich durchdieverstaubten Vorhänge fiel,mitseinem Dämmerlichtegeisterhaftdieverrosteten WaffenundzerbrochenenPanzer beleuchtend,die inbeschaulicherEinsamkeitandemNagel hingen:dieWolssfelle,die alsTeppichedienten,dieHirschgeweiheundAdlerschwingen, TrophäenglücklicherJagden glücklichererZeiten.Man erwartete indiesem Raume, daß sichdieschwereThüre krächzendinihren Angeln dreheundein grauer Ritter mitschweren Schrittenin den Saaltrete,um denfrechen Eindringling,der diesHeiligthum entweiht, mitderKnochenhandzuzerschmettern... Es wehte Moderduft durch diese Hallen.

Nur einigewenige Zimmer ließmeinFreundrestauriren,darunter einkleines Gemach,dasnunseinem FrauchenalsBoudoir dienteund mit allemComfort ausgestattet war, denunser raffinirtes Jahrhundert ersonnen,umschönenFraueneinenglänzenden Rahmenzubieten. Undaus diesen Fensternwinkten auchdiegrünen Jalousienund duftigen Blumenstöckeeinenfreundlichen GrußdemWanderer zu, der beklommen zu dem grauen Gemäueraufdemplatten Erdhügel aufblickte.

UmdasSchloß rauschten Jahrhunderte alteBuchen,inwelchemeinHeervon Rabennistete,dasvom frühen MorgenbiszumspätenAbendkreischenddasalteHaus umflog.Dasseltsame Konzertwar weniggeeignet,dendüsternEindruckdesKastells von Kerektd zu mildern. DieBuchen strebtenineinerschattigenAlleedenHügel hinab undführtenweitweg zu einemkleinenWäldchenniedererBäume,das nur da zusein schien,umdenBauernjungeneinebequemeStätte für ihre Purzelbaum-Exexcitieuzu bieten. HinterdemKastell lageinalter,romantischerPack Seitundenklichen Zeiten hattehierdiepflegendeHandeinesGärtners nicht gewaltet;dieSpur dereinstrein undnettgezogenen Pfadewar fast verwischt,siewaren bedeckt mit demGrasderHaide;

dieeinst so herrlichenBlumenbeete botenjedemmöglichenUnkraute Raum;nur ab und zutrafdasAugeauseinegelbeRose zwischendenGistblüthenderHerbstzeitloseoder

(5)

FörerÆLXIUIL 187 glühtendunkleBeeren imGrün, halbverdecktdurchdieweiße, glockenförmigeBlume desStechapfels.DieHolzbänkewaren morschundwurmstichig,dieMoosbänke halb zerfallen.Ueberall Verwahrlosung,überalldieWildnißderPußta...

Einedornige, weißblüthigeJasminheckebildetedieUmzäunungdesParkes.Neben demParkeführteeinbreiter FußpfaddenHügel hinabundverlor sich zwischenden TabakfeldernzderPfaddientemanchmal auch fürdenWagenverkehr.Andieserkleinen Straße,umwogtvom würzigen DuftederTabakpflanzen standeineinstöckigerRohbau, aucheinaltes,sehraltesHaus. Es war aberherausgeputzt,wieeineewig jung scheinen wollende,alteKokette;dieZiegelnwaren roth,dasMauerwerk weiß getüncht und dieseTünchewar entschieden frischen Datums; wilder Weinrankte sichan dem Hauseemporundzu beidenSeiten desThores befanden sich Epheu-Beete,anwelchen dünneBindfädenanderMauer emporgezogenwaren, damitsichdie Windeleichterin dieHöheranken könne... Eswar keinHerrschaftshaus, denn ärmlichwar seine Ausschmückung,undauchkeineBauernwohnung, denndiesekennteinesolche überhaupt nicht... Eswar herausgeputztwieeine alteKokette...Wem gehörte dieses Haus?

Wessen sorgsameHand pflegtedieblaueEpheublume, dienun, imSonnenscheinge- schlossen,über dem kleinenFensternickt?...

Esisteinelange,dunkleGeschichte.Die blaueBlumeweiß gewißmehrdavon. Vom FensterdesSchlossesblicktman gerade auf dieses Haus. Bei derCigarre erzähltemir meinFreunddieGeschichte.KeineGeschichte.Nureinzelne lose Falten einersolchen;

zerstreute Steinchen sindseinesgroßen Baues, derverschwunden istim Uebel der Zeiten; einzelne grelleMomente einererfchütterndenTragödie; einzelne grelleMotive der altenKomödie des Elends ....

Vorzwanzig Jahrenwars, dagabesaufKerektö einMädchen,dasJeden,der ihmin dieAugen blickte,mit demGlanz seiner Schönheit bezauberte;eswaren grün schimmernde Augen, bekanntlichdiefür Männerherzengefährlichsten.Sierichteten auch ein gutStückUnheilan,diese Augen.

So Mancherwarindiese Nixenaugen verliebt, so Manchem brachten sieum seine Ruhe, dochKeinerwagte sichandieSchöne heran.Dennsiehatte ihr Herzbereits ver- schenktUUd zwaraneinengefährlichenPatron, der indiesemPunktkeinenScherzver- stand: siewarPetkdss Liebste, Petkc3,desRäubers-.

Eswarein wilderGeselle. NachdemerdaskleineVermögenseinesalten Vatersver- spielt hatte, gingerunterdie Räuber. JnderSchänkedesrothenVerebelh Marczi auf derPUßtadraußenhatteerseinQuartier. NachKerektä kamerselten.Nurab undzu, amAbend,wennkeinMondscheinwar, wenn ihnNiemandsehen konnte;daverrieth manchmaldasWiehern seines weißenRosses, daßerseiner LiebsteneinenBesuchab- statteteidergrünäugigenMariska, diehierin einemvereinsamten Häuschenmitihrer Mutter lebte.

Die Liebe datirtevonlange her;aus frohen TagenderKindheit,woharmlose SpieleundunschuldigeTändeleien die Kleinenzusammenführten.Siehielten’sdamals schonimmermiteinander;unddiezartenKeimehatten sichentwickelt undesstiegeine rotheBlume ausihnenempor, die Blumeder Liebe.

Zu jener ZeitlebtenochderBaron vonKerektöaufdiesemGute. Eswar ein schönerHerrmitfeinen Manieren undeinersüßenStimme,die zUHerzen drang; diese Stimme war ebensounwiderstehlich,wie dieschönenAugenderRäubersebrkaukIm

(6)

188 Treue ManutslgeftefürEjchtkunstundPritilr

Uebrigenwar erwieSeinesgleichen·HartundgefühllosgegendieBauern,die inseinem Dienste standen. Jn diesem Kastelle hier gabesnichtswie tolleGelage;derBaron that sein Möglichstes,sein Vermögenzuvergeuden,mittollenGefährten,beimSpiel- tischundbeileichtsinnigenDirnen.

DerBaron machtedieBekanntschaftPetk6’s; wie,daskannich nicht sagen,denn ich weißesnicht.DerRäuber gefieldemHerrnunderversprach ihm, für seineRaub- thaten Straflosigkeitzuerwirken,wenn er inseine Dienstetrete. Petk6wurde fein LeibjägerundderBaron beschützteihnin derThat so, daßman ihm nichts anhaben konnte. Zujener Zeit galtdasWortgroßerHerren viel, namentlich,wenn sie ,,schwarz- gelb«waren, wie der Baron vonKerekt6;diedeutschenPanduren,mitwelchendamals Ungarn überschwemmtwar,gehorchten ihm,wieeinemVorgesetzten. Uebrigensnimmt man esselbst heutemitRäuberninUngarn nichtzu genau.

Petk6 heirathete seine Jugendgeliebte;undnun lernte der Baron auchdieschöne Mariska kennen,erwar immereinFreundderFrauen gewesenundman erzählteessich, daß seinem SchmeichelwortkeinWeibwiderstehenkönne. Erverführte Petk6,des Räubers Frau.

Jn demalten Parke hier, zwischenverschlungenen,undurchdringlichen Jasmin- sträuchenundmannshohemUnkraut solleseineversteckteLaube gegeben haben,in der dasPaarso manche verschwiegeneNacht verbrecherischerLiebefröhnte. LangeimGe- heimen.AlseinZufalldieGeschichteentdeckte, brachteman esdemGatten natürlichzu Ohren,weilman denHerrn haßte,derhartwar undösterreichisch.Petk6,der wilde Petk6, zuckteabergleichgiltigdieAchseln...

Erthat wenigstens,alsobihmdieSache gleichgiltigwäre.Dennman wußteja, wieerdiesesWeibgeliebt hatte,mitall’ derGlutheinesechten Pußtasohns,mitall’

derMachteiner Leidenschaft,die inseinem Herzen Wurzel geschlagen hatte,diees ganz undgar erfüllte;man wußte, daß ihm diesesWeibAlles war, Leben, Licht, Seligkeit.

Erzucktenur dieAchselnundthat,alswäreihmdieGeschichtegleichgiltig. Finstere Wolken lagenaberauf seinerStirne undseinBlick wurde matt undumschleiert.Er

wurde einMelancholiker,derwildePetk6. .

DieBauern erzählten sich,er habe feine schöneFrauimKartenspielanseinen Herrnverloren. Jch weiß nicht,obeswahr. DerBaron solleserzählt haben.So vielist gewiß,daßerseineFraubeginnen ließ,was siewollte.

Underwurdetäglichstillerundstiller,undalsMariska beiGeburt ihresKindes starb,wurdeerhalbverrückt.

Er lebtseitdemin demHäuschendrübenamWege, stillundruhig, entsetzlichstill... Man sagt,erspreche Jahrelang keinWort,auchzUseiner Tochter nicht,diebeinahe soseltsam istwie er, undwelcheihn seiteinerReihevonJahren pflegt. Entsetzkichstill.»» NurmanchmalnimmterNachts seine Geige hervorundspielt wilde, schmerzlicheMelodien, dieerdraußen aufderPußta,in desrothen VerebelhMarcziwüster Schenke gelernt, spieltdieseltsamen Weisen vonwelchen jedeNoteeineKlageund einSeufzer beioffenem FensterindieglühendeNacht hinaus. Dann bringtderWinddiebizarren Töneherüber nachKerekt6unddann treten die Bauernvorihre Thürenundlauschen dem,,kranken Spiel«,wiesiesagen,bis derletzteTonverklungen,unddannsagen sie ernst: »DeraltePetk6 hat heutewiedereineböseStunde ..

(7)

YänigMerbuL 189

DasistdieGeschichtedesHäuschensdortamWege. Jst siedamitzu Ende?

Noch lange nicht...

ä- die

Il-

Aufeinemfreien Platzin einemkleinenWäldchendichtbelaubterBäume,dasin derNähedesHerrenhausesvonKerekt6, lagerte eineZigeunerschaar.DerPlatzwar völlig verwüstetvon denbraunen Nomaden. Das lange Gras, dashierüberallden Boden bedeckte,war niedergetreten,verkümmert. DerBoden selbstwar anmanchen Stellen vomFeuergeschwärzt.AndiesemAbendbrannte dasLagerfeuerin der Mitte desRaumes;eingroßes Feuer, dessen rother Scheinin die dunkleNachtdesWäldchens hineinfiel, hieunddaaufeinemglänzendenBlatte wiederstrahlend, beinaheüberaller- sterbendin dem DunkeldesLaubes,imfinstern SchattenderBäume.

EinWolfshund lag schlafendinnächsterNähedesFeuers; ein grauer Hundmit spitzer Schnauze,dermanchmalimSchlafeknurrte. Am Feuerhocktenauchzweibraune Frauen,damit beschäftigt,Hasenam Spießezubraten,welchem Beginnen drei,vier Zigeuner,dienebenan imGrase hingestreckt ruhten,mitgleichgiltigemBlickezusahen.

Erwar seltsam umschleiert, dieser Blick,wiewenn man dieObjektederWirklichkeit hinter einemSchleier siehtunddieGedanken anderswo weilen,beiholden Traumgebilden.

Sie blicktenstarr aufdieFrauen unddanninsFeuerundträumten. Träumten? ...

Wovon? ...Vielleichtvondenfetten Ferkelndesneuen HerrnvonKerekt6,dieman in einerstillen Nachterbeutenwollte, vielleichtvoneinem andern ,,Glücke«...

EsgibtkeinglücklicheresVolkauf dieser Erde,alsdieZigeuner,beiallerEr- niedrigung,diesieerdulden müssen.Siehaben dafürnur einüberlegenesLächelnund man fühltesheraus, daß dieseUeberlegenheiteinewirklichesei...Lächelndstarrten dieZigeunerinsFeuer, lächelndundfroh... «

AuchdieZigeunermutter saß da,eine Altemitschrecklichabgebranntem Gesicht,das UUzähkigefeine Runzeln durchzogen.Eswar das GesichteinerMumie ... Nurdie kleinen verschmitztenAugenhatten ihren Glanz bewahrt.Siewärmtesichdiestarren HändeamFeuer. Umihrevertrockneten Lippen flogesmanchmalwie einLächeln,wie einLächelnteuflischenSpottes,wenn sieeinPaar betrachtete,dasrechtsabvomFeuer tanzte nach Farkas Jani’s verführerischenWeisen.Eswar einprächtigesPaar. Er großUndstark,mit dunkelmHaarundBart undkräftigenZügen; sie schlankundfein, schönwieeinTraum;dasGesichtvonseltener Weichheit,vonwollüstigerHingebung, dieAugenvollstiller Gluth,dieansüßeSünden denkenließ. RotheKorallen lagen inVier-«fÜUffgcherSchnurum denstolzenNacken. Einrothes,mitMetallplattenge- schmücktesLeibchenzeigteeinefeine Taille,undeinHemdvon seltsamer Weiße,dasver- führerischVonder dunkelnHautdesWeibes abstach, verhülltedenvollen,wogenden Busen, falbeBlumenlagen ihrimHaare.DasPaar verzehrte sichmitdenBlicken.

UndsiegehörtenNichtzusammen.Warum lächeltedie alteZigeunermutter so spöttisch?... Dachte sieetwaauchandieFerkeldesneuen HerrnvonKerekt6, dachte sie etwa,der großeJunge-dereifrigeTänzer,derschwarzeSas Pizta sei zu ungeschickt,umFerkel zUstehlen?Drei derFerkel,derPreis, um denbeiläufigdemkrummen Karikeis Hyula seine Fraufeil seindürfte,seine schöneFraumit denstill glühendenAugen,die an süßeSündenerinnern, mit dengelbenBlumen imHaar?... Siesindalle unge- schickt,die Verliebten ...

(8)

190 Este-UeMonatshrktrkinYirhtknnstundZrithn

Farkas IanispieltemitzweiGeigerkollegenzumTanze auf.Eswar einewilde, ausschweifendeMelodie mittiestraurigem, melancholischemTonfall;einechter Cszirdås;

jener Csårdiis,indemsichdieungarische Nationalmusik erschöpfthat,wiesichin den süßenLiedernPetöfi’sdieungarische Poesie erschöpfte... Ein echter EseirdacsSie tanztenmitAnimo, diebraunen MädchenundFrauen... MitAnimo! Eswar die fleischgewordeneGluth,welchedie braunen Burschenansich drückten,sichmitihrim sinnverlorenen Tanze wiegend...

IchstandimDunkel derBäume undsahdembunten Treiben wortlos zu. Sie war doch entzückend,diesinnvergesseneHingebungandieFreudedesAugenblicks-, diese gluthvolleScenerie unddiese Schaarurkräftiger Gestalten,diesiebelebten! Ich hätte sieStunden langstillbewundern können.

Einleichtes Geräuschwecktemichaus meinenTräumen. Ichwandte michumund sah nicht fernevonmireinMädchenaneinenBaum gelehnt.Eswar einemärchenhaft zarte Gestalt,klein undfein, vornehm,wenn sie auchdenBauernkittel trug. EinTuch bedeckteihr Haupt,wieesdie Bäuerinnen derGegend tragen, doch gucktenvonallen Seiten neckische,verführerischeblonde Löckchendarunter hervor. Sie hattegrüne Augen...

GrüneAugen.Sieriefenmir dieGeschichtederschönenMariska in dieErinnerung zurück.Dasmußteihre Tochter sein,wenn sichdieAnmuthunddieVornehmheit auf sie vererbten. Im rothen Feuerschein nahm ichdie zarten, delikaten Eontouren einesfein geschnittenenMundes wahrundeinNäschen, so hübschgeformt,als hätteesCanova gemeißelt.Ich glaubtedie Mutter zuverstehen,indemichdieTochter sah sie mochte vonzufeiner Empfindung sein für ihre grobe Existenz...

Sieblickteauf,daichmichihr näherte; sie erbebte,wie einscheues Reh,dasman

überraschte.

»Wer bistDu?« fragte sierasch. »Was willstDu?Ich habe Dich hier noch nicht gesehen—«

,,Beruhige Dich,Kindl« sagteich freundlich. »IchbinIemand, derDirgut ge- sinntistundDich fragen will,warum Duweins

Eswaren ihre Augen noch feucht.

Sieblicktemich nochimmerscheuan.

,,MüssenSieeswissenfragtesiemitkindlichemTrotz,densieabersofortzu be- reuen schien. »Ichweinte ichweinte—«

Siehieltinneundsah michwiederan,prüfendan,alsfragte sie,obsiemirVer- trauen schenkendürfe.

Ich erspartemirjede Betheuerung. Ich fühlte,siewärevergebens gewesen,wenn ihrmeine Mienenichtvertrauenerweckend erschienenwäre.

»Ich weinte,«hub siewiederan,»WeilmichdasSpielderZigeuneranein anderes Spiel erinnerte,dasmichimmerzuThränenerschüttert.«

»Einanderes Spiel?«

»Einanderes Spiel.EinSpiel,dasmichverrücktmachenkönnte;einwirklichver- rücktesSpiell«

Sieschauderte zusammen.

»Kommfortvonhier,«sagte ich sanft, ,,es istdannnichtgutfür Dich,das zuhören.«

IchschlangmeinenArmumsieundzogsie fort.

(9)

YänjgWer-hul. 191

Sieblicktewieder erschreckt,mit fragendemBlickeauf. Dann ließ siedasschöne Haupt ausdieBrustherabsinkenundließ sichwillenlos leiten,wie ein Kind.

Wirgingen durchdenstillenverödetenHain. DasMondlicht fiel manchmal durch dasdichteLaubaufunsern PfadundüberströmtedasKind,dasich führte,mitseinem Glanze.DerWindrißab undzu ein Blatt vomBaumeundwehtees vorunsere Füße.

VereinzelteTönederZigeunermusik drangenuns alsschrilleKlänge nach sonst störte kein LautdietiefeStille um uns.

Am Ende desWäldchens setzte sie sich aufeinengroßenStein,der dalagund vielleichteinmalalsBankgedient haben mochte.

»WißtJhr,« begann sie langsam, jedochimmerschnellerimLaufederRedesprechend,

»WißtIhr- ich pflege nichtmitJedermann Armin Armzugehen. Auchwenn erfeine Kleiderträgt,wieIhr,undvornehmblickt. AberIhr habt gute Augen...Ichhalte was aufdieAugen... Ich glaube durchdieAugeninsHerz sehenzu können. Ich magmich ost irren,dennichbinunerfahrenundeindummes Mädchen... Jch wohne ganzalleinmit meinem Vater,ich sehekaumMenschen... Seht,da denkeichmirhalt besondersdie Leute unddieWelt... Sie sindimmer anders, als ich siemirdenke, immer anders, unddasthut mirweh...Aber EureAugen, seht,von Euren Augen habe ichgeträumt, EuereAugen habe ich mir. gedacht, so gute Augen..

»Für Dichblickensienur gut,Mädchen,«sagte ich, »denn ichbinDirherzlich zugethan.«

»Das ist gut.Dennmichliebt Niemand. MeinVater sollte mich wohl lieben,der aberversteht nichtsdavon...erist krank, sehrkrank....dieUebrigenkönnenmich nicht lieben, ich weißeswohl,dennsiedenkensoganzanders,alsich,undman mußsich verstehen,wennman sichliebensoll, nicht wahr?«

Jchnicktelächelndmit demKopfe.Dasarme KinddachteinihrernaivenSchüchtern- heitrichtig.Esistabernicht gut, richtigzudenken,dasthut weh...Freilichwar sie immer alleinundmußteimmerdenken...

»Und liebstDuauchNiemanden fragteich.

»Ich?Oja! IchliebemeinenVaterund dann...Dich.Duhast gute Augen..

DersüßeTonihrerStimme war berauschend.

»Ich habe Dich auch lieb,meinKindl«sagteichleise.

»Dasistgut ich sagte schon.DennmichliebtNiemandund und—«

»Und?«fragte ich.

,,Undichfürchtemich,«sagtesie,sichängstlichanmichschmiegend.»Ichfürchtemich..

»Undwarum?«·

»Ich habe KönigWerbul gesehen.«

,,KönigWerbul?«

»Ja wohl, WerbUl!«

»Wer istdas?«

SieblickteMichan, alsverstündesie mich nicht. »Werdasist? Habt Ihr noch nichts gehörtvomKönig Werbul,demGeistderHaide,demFeindeallerLiebenden..

»DerMann istmirfremd.«

»Er istmirheuteAbend erschienen. Ich sah ihn deutlichmitseinervielzackigen KroneaufdemHaupte, sein langer, weißerBartundsein Haar flattertenimWinde...

Erschwebteüber demWalde,den Armdrohend erhoben..

Cytaty

Powiązane dokumenty

bildet und in ,,Fernande« Alles glücklich löst, verwickelt in ,,Dora« ganz bedenklich die Sache. namentlich am Hochzeitsabend! Andre möchtebeinahe, als ihm seinejunge Frau in einem

ihnen entschlüpftist. Sie werden sich daher gewiß nicht wundern, daß ich so lange als möglich von dort fern bleibe und die Absicht habe, nicht vor dem Spätherbst

Jn den Brieer an seinen Freund Karl Mayer schreibt Lenau einmal: ,,Jn Amerika werden der Liebe leise die Adern geöffnet und sie ver- blutet ungesehen.« Und so wissen wir auch, wie

gedeihen, der all’ seine abgedanktenMaitressen in Wachs nachbilden läßt und in diesem ,,Museum«sein Leben verbringt und endet? Wo anders als im verkirchlichten Süd- spanien die

Was speciell den für uns wirklich letalen Ultramontanismus betrifft, so kann ja weder bei Mickiewicz, noch bei Slowacki von diesem die Rede sein, er war zu jener Zeit wenig expansiv

Bald sind es hundert Jahre, daß Voß mit seiner metrischen Uebersetzung der Odyssee hervortrat, und damit der Nation ein Werk von hohem Werthe bot. Mit dem Erstarken der

er im Moment seiner diplomatischenReise wohl nicht in Paris zurücklassen dürfte. Die Poraussicht des geniereichen Natars wird verwirklicht. Chåteaufortkehrt freudig zurück, gibt

veraltet. Es sind übertriebene Leidenschaften, verzerrte Gefühle. Der Anflug von ritterlicher Höflichkeit und Courtoisie erscheint ihm jetzt so lächerlich, wie er früher